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Document 52003DC0154

    Bericht der Kommission - Bewertung der Tätigkeiten des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung (OLAF) - Verordnungen des Europäischen Parlaments und des Rates (EG) Nr. 1073/1999 und des Rates (Euratom) Nr. 1074/1999 (Artikel 15)

    /* KOM/2003/0154 endg. */

    52003DC0154

    Bericht der Kommission - Bewertung der Tätigkeiten des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung (OLAF) - Verordnungen des Europäischen Parlaments und des Rates (EG) Nr. 1073/1999 und des Rates (Euratom) Nr. 1074/1999 (Artikel 15) /* KOM/2003/0154 endg. */


    BERICHT DER KOMMISSION - Bewertung der Tätigkeiten des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung (OLAF) - Verordnungen des Europäischen Parlaments und des Rates (EG) Nr. 1073/1999 und des Rates (Euratom) Nr. 1074/1999 (Artikel 15)

    INHALTSVERZEICHNIS

    Die Betrugsbekämpfung im Wandel: Kernpunkte der Reform

    Auftrag und Methode

    Aufbau des Bewertungsberichts

    1. DIE OPERATIVE UNABHÄNGIGKEIT DES AMTES: DAS NEUE KONZEPT

    1.1. Operative Aufgaben

    1.1.1. Interne Untersuchungen

    1.1.2. Externe Untersuchungen

    1.2. Operative Partnerschaft

    1.2.1. Partnerschaftliche Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten

    1.2.2. Unterstützung in Rechts- und Justizangelegenheiten

    1.2.3. Koordinierung der Maßnahmen auf Gemeinschaftsebene

    1.2.4. Kooperation auf Unions- und internationaler Ebene

    2. DIE ALLGEMEINEN AUFGABEN DER KOMMISSION: DAS BESONDERE FACHWISSEN DES AMTES

    2.1. Betrugsbekämpfungsstrategie

    2.2. Prävention

    2.2.1. Betrugssicherheit

    2.2.2. Berufsethische Regeln

    2.2.3. Erweiterung

    2.3. Gesetzgebung

    2.4. Stärkung der justiziellen Dimension

    2.5. Instrumente der technischen Unterstützung

    2.6. Vertretung der Kommission und Zusammenarbeit

    3. UNABHÄNGIGKEIT UND ADMINISTRATIVE ZUORDNUNG: GEMISCHTER STATUS

    3.1. Organisation und Personal

    3.1.1. Interne Organisation

    3.1.2. Personal

    3.2. Haushalt

    3.3. Information und Kommunikation

    3.3.1. Information

    3.3.2. Kommunikation

    3.3.3. Zugang zu Dokumenten

    3.4. Kontrolle der Untersuchungen

    3.4.1. Administrative Kontrolle

    3.4.2. Politische Kontrolle

    3.4.3. Gerichtliche Kontrolle

    3.5. Politische Verantwortlichkeit und Beziehungen zum Überwachungsausschuss

    3.5.1. Politische Verantwortlichkeit der Kommission

    3.5.2. Beziehungen zum Überwachungsausschuss

    PERSPEKTIVEN

    Konsolidierung der Reform

    Auf dem Weg zur Errichtung einer Europäischen Staatsanwaltschaft

    ANHÄNGE - Liste der Empfehlungen

    Die Betrugsbekämpfung im Wandel: Kernpunkte der Reform

    Die Verträge sehen vor, dass sowohl die Gemeinschaft als auch die Mitgliedstaaten für den Schutz der europäischen Finanzen zuständig sind. Vor diesem Hintergrund verfügt die Kommission über weitreichende Kompetenzen, um gegen Betrug, Korruption und sonstige rechtswidrige Handlungen zum Nachteil der Gemeinschaftsinteressen vorzugehen. Dazu hat sie schrittweise Kompetenzen in einem einzigen Betrugsbekämpfungsdienst gebündelt, was auch einem Anliegen des Europäischen Parlaments und des Rates entsprach. So wurde das System, das 1988 mit der Schaffung eines - im Generalsekretariat angesiedelten, aber dem Präsidenten der Kommission unterstehenden - Referats für die Koordinierung der Betrugsbekämpfung eingeführt wurde, schrittweise konsolidiert. [1] Diese Konsolidierung hat es ermöglicht, nach und nach den Wirkungskreis des Betrugsbekämpfungsdienstes zu erweitern und auf den Schutz anderer Gemeinschaftsinteressen sowie die Vorbereitung von Initiativen zur Bekämpfung bestimmter Erscheinungsformen der grenzüberschreitenden Wirtschafts- und Finanzkriminalität, z.B. Produktpiraterie und Euro-Fälschung, auszudehnen.

    [1] Das UCLAF selbst wurde von der Kommission mit dem Ziel eingerichtet, zu einer in sich schlüssigen Betrugsbekämpfungspolitik zu gelangen (Bericht der Kommission über die verstärkte Bekämpfung von Betrügereien, die zu Lasten des Gemeinschaftshaushalts begangen werden; KOM(1987) 572 endg.). Es sollte sich um eine stellenübergreifende Koordinierung, um eine Verschärfung der Rechtsvorschriften sowie eine intensivere Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten bemühen und die auf die einzelnen Generaldirektionen verstreuten Ressourcen effizienter organisieren. 1992 hat der Rechnungshof in seinem Sonderbericht Nr. 2/92 über die Prüfung der an ausgewählte Großhändler im Sektor Milcherzeugnisse gezahlten Ausfuhrerstattungen (ABl. C 101 vom 22.4.1992) "die Schaffung einer unabhängigen Kontrolleinheit der Gemeinschaft für Ad-hoc-Kontrollen" empfohlen. In einer Mitteilung des Präsidenten der Kommission über die Betrugsbekämpfung (SEK(1992) 2045 endg.) wurden die Aufgaben des UCLAF präzisiert, wobei zu seinen Koordinierungsaufgaben einige operative Aufgaben hinzukamen, die in erster Linie ausgerichtet waren auf Fälle, bei denen mehrere Finanzinstrumente betroffen waren. 1995 weist die Kommission dem UCLAF die Verantwortung für Betrugsbekämpfung insgesamt zu (zuständig für alle operativen Angelegenheiten im Zusammenhang mit der Betrugsbekämpfung und der Unterstützung der Betrugsbekämpfung); das UCLAF wird mit dem Schutz der finanziellen Interessen der Gemeinschaften, der Konzipierung einer Betrugsbekämpfungspolitik in allen Bereichen, der Entwicklung der dazu erforderlichen Strukturen sowie der Sammlung und Aufbereitung einschlägiger Daten beauftragt (Mitteilung der Kommission: Organisation der Betrugsbekämpfung in der Kommission, SEK(1995) 249 endg.). 1995 gelang es dem Gesetzgeber, einen Sockel horizontaler Rechtsvorschriften zu erarbeiten, in denen zum einen der Begriff Unregelmäßigkeit (1. Säule), zum anderen der Begriff Betrug (3. Säule) abgegrenzt wurde, wobei Betrug mehrere Straftaten umfasste (siehe im ABl. C 316 vom 27.11.1995 die Präambel zum Übereinkommen über den Schutz der finanziellen Interessen der Gemeinschaften, in der es heißt, dass "der Betrug im Zusammenhang mit den Einnahmen und Ausgaben der Gemeinschaften in vielen Fällen grenzüberschreitende Formen annimmt und häufig von kriminellen Organisationen begangen wird" sowie den Erwägungsgrund 7 der Verordnung (Euratom, EG) Nr. 2185/96 des Rates, der ebenfalls aus die Praktiken krimineller Organisationen abstellt (ABl. L 292 vom 15.11.1996)). Nachdem eine weite Definition von Betrug festgelegt worden war, konnte die Kommission die Aufgaben ihrer Betrugsbekämpfungsstelle sowohl unter operativem Gesichtspunkt als auch hinsichtlich der Vorbereitung ihrer Politik und ihrer Legislativvorschläge kohärent definieren. Gleichzeitig wandelte sie dieses Referat in eine "Task Force Koordinierung der Betrugsbekämpfung" um. Schließlich wurden deren Rolle bei den internen Untersuchungen präzisiert (Mitteilungen des Präsidenten, von Frau Gradin und Herrn Liikanen von Juli und Dezember 1988, C(1998) 2049 und C(1998) 3232).

    Diese Entwicklung mündete - vor dem Hintergrund der Krise, die im März 1999 zum Rücktritt der damaligen Kommission führte - in die Einrichtung des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung (OLAF). Die Verhandlungen über die von der Kommission vorgeschlagene Reform verliefen nach dem Zeitplan, den die Staats- und Regierungschefs im Dezember 1998 in Wien so festgelegt hatten, dass sie "vor der Tagung des Europäischen Rates in Köln" im Juni 1999 abgeschlossen werden konnten. Zur Erleichterung der interinstitutionellen Beratungen setzte der deutsche Ratsvorsitz im Januar 1999 eine hochrangige politische Gruppe mit Vertretern des Vorsitzes, des Europäischen Parlaments und der Kommission ein. [2] Die Reform, die in knapp sechs Monaten abgeschlossen wurde, war das Resultat eines Konsenses, der darauf abzielte, in dem sensiblen Bereich des Schutzes der europäischen öffentlichen Finanzen und der Betrugsbekämpfung Vertrauen wiederherzustellen. [3]

    [2] Drei Organe waren in der vom deutschen Vorsitz des Europäischen Rates eingesetzten hochrangigen politischen Gruppe vertreten: das Europäische Parlament (Vorstand des Haushaltskontrollausschusses), der Vorsitz des Rates "Wirtschaft und Finanzen" und die Kommission (Kommissionsmitglieder Van Miert, Gradin und Monti).

    [3] Siehe den ersten Bericht des Sachverständigenausschusses, in dem empfohlen wurde, das Betrugsbekämpfungssystem zu überdenken (Bericht vom 15. März 1999 über die Vorwürfe von Betrügereien, Missmanagement und Günstlingswirtschaft in der Kommission) sowie den zweiten Bericht dieses Ausschusses vom 10. September 1999 über die Reform der Kommission - Analyse der derzeitigen Praxis und Vorschläge zur Bekämpfung von Missmanagement, Unregelmäßigkeiten und Betrug).

    Die Kommission und der Gesetzgeber haben beschlossen, das Amt in der Kommission zu belassen und ihm - ohne das Gleichgewicht in der Verteilung der Verantwortung zwischen Mitgliedstaaten und Europäischer Gemeinschaft anzutasten - funktionale Unabhängigkeit für die Ausübung der Untersuchungsbefugnisse einzuräumen, die der Gemeinschaftsebene zugewiesen worden sind. Gleichzeitig erhielt das Amt den organübergreifenden Auftrag, schwerwiegenden Handlungen, durch die die Glaubwürdigkeit des europäischen öffentlichen Dienstes und der Organe zu Schaden kommt, vorzubeugen und sie zu bekämpfen.

    Die Einrichtung des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung war eine entscheidende Etappe in einer Entwicklung, die bereits 1976 in Gang gebracht wurde, um die finanziellen Interessen der Gemeinschaften zu schützen (Entwurf eines "Eurocrime"-Vertrags [4]). Die Reform von 1999 zeichnete die einzelnen Phasen nach, den der Betrugsbekämpfungsdienst in seiner Entwicklung zu einem effizienten und sichtbaren, auf die Bekämpfung von Kriminalität zum Nachteil der finanziellen Interessen der Gemeinschaften spezialisierten Dienst der Gemeinschaft durchlaufen hat.

    [4] ABl. C 222 vom 22.9.1976.

    Auftrag und Methode

    Artikel 15 der Verordnung (EG) Nr. 1073/1999 des Europäischen Parlaments und des Rates sowie die Verordnung (Euratom) Nr. 1074/1999 des Rates vom 25. Mai 1999 über die Untersuchungen des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung [5] sieht Folgendes vor: "Im Laufe des dritten Jahres nach Inkrafttreten dieser Verordnung legt die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat einen Bericht zur Bewertung der Tätigkeiten des Amtes vor, dem sie die Stellungnahme des Überwachungsausschusses und gegebenenfalls Vorschläge zur Anpassung oder Ausweitung seiner Aufgaben beifügt". Um diesem Auftrag des Gesetzgebers nachzukommen, hat die Kommission mit Beschluss vom 15. Januar 2002 eine hochrangige dienststellenübergreifende Gruppe eingesetzt. [6] Diese Gruppe hat sich eine Arbeitsmethode gegeben und die Erstellung dieses Berichts in regelmäßigen Sitzungen vorbereitet; dabei hat sie sich vornehmlich der Überprüfung der rechtlichen Grundlagen für die Tätigkeiten des Amtes gewidmet.

    [5] Vgl. auch den 20. Erwägungsgrund.

    [6] PV(2002) 1551. Siehe auch SEK (2002)33/2.

    Bei der Bewertungsarbeit wurden sämtliche Rechtsgrundlagen des Amtes [7], die Sektorregelungen [8] sowie zahlreiche andere Texte herangezogen, insbesondere die Berichte der Kommission über den Schutz der finanziellen Interessen der Gemeinschaften und die Betrugsbekämpfung [9], die Berichte des Überwachungsausschusses, des Rechnungshofs, des Europäischen Parlaments und des Rates (u.a. im Zuge des Entlastungsverfahrens) sowie die Berichte des Amtes selbst. Einige dieser Berichte, in denen vor allem die operativen Tätigkeiten im Einzelnen analysiert werden, waren für die Bewertungsarbeit unverzichtbar. Weil diese Analysen schon vorlagen, konnte die Gruppe sich auf die Rechtsgrundlagen, den Status und die Aufgaben des Amtes zu konzentrieren. So wird im vorliegenden Bericht denn auch darauf verzichtet, Zahlen oder Entwicklungen zu analysieren, da dies bereits in den Berichten des Amtes und denen der Kommission geschieht.

    [7] Beschluss der Kommission vom 28. April 1999, 1999/352/EG, EGKS, Euratom zur Errichtung des Amtes (ABl. L 136 vom 31.5.1999, S. 20), Verordnungen (EG) Nr. 1073 /1999 des Europäischen Parlamentes und des Rates sowie (Euratom) Nr. 1074/1999 des Rates (ABl. L 136 vom 31.5.1989, S. 1 und S.8), Interinstitutionelle Vereinbarung über die internen Untersuchungen des Amtes (ABl. L 136 vom 31.5.1999, S. 15) sowie Standardbeschluss.

    [8] An dieser Stelle können nicht sämtliche Rechtsgrundlagen und Instrumente des Amtes aufgezählt werden. Die mit den Politiken und Instrumenten der Gemeinschaft einhergehenden Bestimmungen zum Schutz ihrer finanziellen Interessen wurden schrittweise im Zuge des europäischen Aufbauwerks erlassen und nie zu einem einzigen Rechtsakt zusammengefasst.

    [9] Letzte Berichte: KOM(2000) 718 endg., KOM(2001) 255 endg., KOM(2002) 348 endg.

    Ziel ist vielmehr, ergänzend zu den Analysen des Amtes und des Überwachungsausschusses [10] über die Prüfung der Aufgaben des Amtes, seiner Mittel und seiner bisherigen Schwierigkeiten zu einer globalen Bewertung seiner Tätigkeiten zu gelangen. Die Auswirkung der Betrugsbekämpfungsarbeit wird unter dem Gesichtspunkt des Schutzes der Interessen der Gemeinschaften, der Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung und eines soliden Finanzmanagements betrachtet. Außerdem werden die Auswirkungen der Reform auf die Prävention, die Zusammenarbeit und die Abschreckung/Ahndung geprüft. Weitere maßgebliche Elemente sind u.a. die Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit, die Grundrechte des Einzelnen, das Transparenzgebot und der Kostenwirksamkeitsgrundsatz (Einsparungen). Selbstverständlich wurde die interinstitutionelle Dimension der Arbeit des Amtes (Glaubwürdigkeit der Institutionen, Integrität des europäischen öffentlichen Dienstes) ebenfalls berücksichtigt. Mit dieser umfassenden Bewertung soll die Beurteilung der Vor- und Nachteile der aus der Reform von 1999 hervorgegangenen Architektur erleichtert werden.

    [10] Überwachungsausschuss: ABl. C 360 vom 14.12.2000 für Juli 1999-Juli 2000, ABl. C 365 vom 20.12.2001 für Juli 2000-September 2001 und ABl. C 234 vom 30.9.2002 für September 2001-Juli 2002. Amt: Berichte vom 23.5.2000 (1. Juni 1999- 31. Mai 2000), vom 18.10.2001 (1. Juni 2000- 31. Mai 2001) und vom 17.10.2002 (für den Zeitraum bis Ende Juni 2002); der nächste Bericht wird in Kürze vorgelegt.

    Dieser Bericht betrifft den Zeitraum Juni 1999-Dezember 2002, d.h. also die - von Unsicherheiten [11] geprägte - Zeit des Übergangs vom alten Betrugsbekämpfungsdienst der Kommission zum Amt. Dennoch ist es möglich, eine erste Bewertung der derzeitigen Entwicklungen mit Blick auf die vom Gesetzgeber festgelegten Ziele vorzunehmen, die die Kommission etappenweise in Umsetzung ihrer neuen Betrugsbekämpfungsgesamtstrategie für den Zeitraum Juni 2000- Ende 2005 zu realisieren gedenkt. [12]

    [11] Juristische und politische Zwänge, Verzögerungen bei der Ernennung von Führungspersonal, Blockierung von Einstellungen, ressourcenaufwändige Verwaltung laufender Fälle, Verzögerungen bei der Einführung neuer Methoden usw.

    [12] Gesamtstrategie der Kommission für die Betrugsbekämpfung und den Schutz der finanziellen Interessen der Gemeinschaften vom Juni 2000. (KOM(2000) 358 endg.), Vgl. auch den Aktionsplan für 2001-2003. (KOM(2001) 254 endg.),

    Aufbau des Bewertungsberichts

    Die Gliederung des Berichts ergibt sich aus der Analyse der Reform von 1999 und der Tätigkeiten des Amtes, die entweder seinen operativen Aufgaben oder seinen allgemeineren Aufgaben im Zusammenhang mit der Konzipierung der politischen Strategie und der Vorbereitung von Legislativvorschlägen zugeordnet werden.

    Die Reform hat Neuerungen gebracht, die die Zuverlässigkeit und Effizienz der Untersuchungen erhöhen sollten. Die Übertragung der organübergreifenden Befugnis zur Durchführung interner Untersuchungen sowie der mit den Untersuchungen der Kommission verknüpften operativen Befugnisse auf das Amt ist mit einer wichtigen institutionellen Wende einhergegangen: dem Amt wurde funktionale Unabhängigkeit für alle operativen Tätigkeiten eingeräumt, die sich aus der Natur selbst der Untersuchungsfunktion ergeben (erster Teil).

    Kennzeichnend für das neue System ist auch, dass sowohl die Untersuchungstätigkeit, für die das Amt funktionale Unabhängigkeit genießt, als auch die Vorbereitung und Durchführung von Maßnahmen der Kommission in ihren grundlegenden, insbesondere legislativen Befugnisbereichen in ein und demselben Dienst angesiedelt geblieben sind (zweiter Teil).

    Unabhängigkeit der Untersuchungsfunktion und Bindung an die Kommission als Ausdruck der Neuerung und der Kontinuität bilden die Richtschnur für die ,Governance" des Amtes auf der Grundlage eines gemischten Status (dritter Teil).

    Bei dieser Gesamtbewertung wurde auch untersucht, welches die längerfristigen Perspektiven für eine Verstärkung des strafrechtlichen Schutzes der finanziellen Interessen sind. So wurden selbstverständlich künftige Entwicklungen, die insbesondere im Rahmen der Überlegungen zur Europäischen Staatsanwaltschaft und des Konvents zur Zukunft der Europäischen Union aufgezeigt worden sind, berücksichtigt und analysiert (Perspektiven).

    Die im Bericht verstreuten Empfehlungen werden in Anhang I aufgelistet und zum besseren Verständnis in Anhang II nach der zu ihrer Umsetzung erforderlichen Handlungsebene geordnet.

    *

    1. DIE OPERATIVE UNABHÄNGIGKEIT DES AMTES: DAS NEUE KONZEPT

    Bei der Wahrnehmung seiner operativen Aufgabe übt das Amt sowohl die neuen Befugnisse, die ihm durch den Gesetzgeber und mit der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 25. Mai 1999 (interne Untersuchungen) übertragen wurden, als auch die der Kommission schon vor längerer Zeit zugewiesenen Befugnisse (externe Untersuchungen) aus. Bei der Wahrnehmung seiner Untersuchungsaufgabe genießt das Amt funktionale Unabhängigkeit. Diese gilt für die internen und externen administrativen Untersuchungen (operative Aufgaben). Teilweise gilt sie auch für die Partnerschaft mit den Mitgliedstaaten, die Unterstützung und das Follow-up in Justizangelegenheiten sowie für die Abstimmung seiner Aufgaben mit denen seiner Partner auf Gemeinschafts- oder sonstiger Ebene (operative Partnerschaft).

    1.1. Operative Aufgaben

    Das Amt wurde mit der Wahrnehmung der Befugnisse beauftragt, die der Kommission für Kontrollen und Überprüfungen vor Ort in den Mitgliedstaaten oder in Drittländern zugewiesen worden sind (externe Untersuchungen); außerdem wurde ihm die Befugnis übertragen, in allen Organen, Einrichtungen, Ämtern und Agenturen der Europäischen Gemeinschaften interne Untersuchungen durchzuführen.

    Die dem Amt gewährte Unabhängigkeit in Bezug auf seine Untersuchungsfunktion ergibt sich aus den Artikeln 3, 4 und 5 des Beschlusses 1999/352/EG, EGKS, Euratom der Kommission zur Errichtung des Amtes und den Artikeln 11 und 12 der Verordnung (EG) Nr. 1073/1999 und (Euratom) Nr. 1074/1999 über die Untersuchungen des Amtes.

    Die primäre Funktion des Amtes ist die Untersuchungsfunktion, wie sie in Artikel 2 der Verordnungen (EG) Nr. 1073/1999 und (Euratom) Nr. 1074/1999 definiert wird. Die Untersuchungen des Amtes haben unter Umständen eine strafrechtliche Finalität und sind gegebenenfalls eine Vorstufe zu nationalen Strafverfahren (siehe 1.2.2).

    Artikel 2 Absatz 1 des Beschlusses der Kommission zur Errichtung des Amtes steckt den sachlichen Geltungsbereich der Untersuchungsfunktion ab. Außerdem sieht er in Unterabsatz 4 vor, dass die Kommission und die übrigen Organe sowie die Einrichtungen, Ämter und Agenturen das Amt mit Untersuchungen in anderen Bereichen beauftragen können. Diese Möglichkeit wurde noch nicht genutzt.

    1.1.1. Interne Untersuchungen

    Das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung ist befugt, interne administrative Untersuchungen in den Organen, Einrichtungen sowie Ämtern und Agenturen der Europäischen Gemeinschaften durchzuführen. Diese interinstitutionelle Aufgabe stellt eine wichtige Neuerung der Reform von 1999 dar. [13] Sie geht insbesondere auf eine Mitteilung der Kommission von 1997 sowie auf den Sonderbericht Nr. 8/98 des Rechnungshofs zurück, der darin feststellte, dass die Tatsache, dass das ehemalige Referat "Koordinierung der Betrugsbekämpfung" nicht befugt sei, innerhalb anderer Gemeinschaftsorgane als der Kommission Untersuchungen durchzuführen, "als gravierender Mangel im rechtlichen und organisatorischen Rahmen für die Betrugsbekämpfung angesehen werden [müsse]".

    [13] Mitteilung der Kommission :"Gezielteres Vorgehen gegen fachliche Unzulänglichkeiten, finanzielle Unregelmäßigkeiten, Betrug und Korruption" (Sek. (97) 2198). Sonderbericht über die mit der Betrugsbekämpfung befassten Dienststellen der Kommission, insbesondere die Einheit für die Koordinierung der Betrugsbekämpfung UCLAF - ABl. C 230 vom 22.7.1998.

    * Geltungsbereich

    Der sachliche Geltungsbereich der internen Untersuchungen ist in den vom Gesetzgeber erlassenen sowie in den zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission vereinbarten Bestimmungen (Interinstitutionelle Vereinbarung vom 25. Mai 1999 [14]) geregelt.

    [14] Eine Interinstitutionelle Vereinbarung ist ein Rechtsakt, der auf eine pragmatische Gestaltung der Zusammenarbeit zwischen zwei oder mehreren Organen in deren jeweiligen Kompetenzbereichen abstellt. Derartige Vereinbarungen werden als Verfahrensinstrument herangezogen, um die wechselseitigen Verpflichtungen der betreffenden Organe im Sinne einer loyalen Zusammenarbeit und eines gegenseitigen Vertrauens festzuschreiben. Im vorliegenden Fall ist die Interinstitutionelle Vereinbarung Ausdruck des Willens, über ein Instrument zu verfügen, mit dem diese Reform begleitet und ihre Umsetzung gesteuert werden kann, solange in das Beamtenstatut keine adäquaten Bestimmungen aufgenommen werden. In praktischer Hinsicht trägt sie zur besseren Anwendung der Verordnungen (EG) Nr. 1073/1999 und (Euratom) Nr. 1074/1999 bei. Politisch werden mit dieser Vereinbarung die Verpflichtung der drei unterzeichnenden Organen sowie das Ziel festgeschrieben, sie auf die anderen Organe, Einrichtungen sowie Ämter und Agenturen auszudehnen. Unter methodischem Gesichtspunkt schreibt sie ein Modell für eine reibungslose Zusammenarbeit und die interinstitutionelle Konzertierung fest. Schließlich trägt sie zu einer besseren Lesbarkeit und größeren Transparenz bei.

    Artikel 1 Absatz 3 der Verordnungen (EG) Nr. 1073/1999 und (Euratom) Nr. 1074/1999 regelt, dass die internen Untersuchungen dazu dienen "Betrug, Korruption und sonstige rechtswidrige Handlungen zum Nachteil der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaft zu bekämpfen" und "schwerwiegende Handlungen im Zusammenhang mit der Ausübung der beruflichen Tätigkeit aufzudecken, die eine Verletzung der Verpflichtungen der Beamten und Bediensteten der Gemeinschaften, die disziplinarisch und gegebenenfalls strafrechtlich geahndet werden kann, oder eine Verletzung der analogen Verpflichtungen der Mitglieder der Organe und Einrichtungen, der Leiter der Ämter und Agenturen und der Mitglieder des Personals der Organe, Einrichtungen sowie Ämter und Agenturen, die nicht dem Statut unterliegen, darstellen können".

    Die Interinstitutionelle Vereinbarung vom 25. Mai 1999 löst die Verknüpfung zwischen interner Untersuchung und dem Ziel des Schutzes der finanziellen Interessen der Gemeinschaften und dehnt somit den sachlichen Geltungsbereich dieser Untersuchungen auf sämtliche Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem Schutz der Gemeinschaftsinteressen gegen schwere rechtswidrige Handlungen aus (siehe 1.2.3 "Disziplinarinstanzen"). Damit ein einheitlicher Schutz gewährleistet ist, haben das Europäische Parlament, der Rat und die Kommission die anderen Einrichtungen sowie die Ämter und Agenturen aufgefordert, dieser Vereinbarung beizutreten und die gemeinsame Regelung durch einen Beschluss gemäß dem dieser Vereinbarung beigefügten Standardbeschluss anzunehmen. [15] Artikel 2 Absatz 1 des Beschlusses der Kommission zur Errichtung des Amtes steckt den materiellen Geltungsbereich der internen Untersuchungen analog zur Interinstitutionellen Vereinbarung ab.

    [15] Rat: Beschluss 1999/394/EG, Euratom (ABl. L 149 vom 16. Juni 1999, S. 36). Kommission: Beschluss 1999/396/EG, EGKS, Euratom (ABl. L 149 vom 16. Juni 1999, S. 57). Das Europäisches Parlament hat seinen Beschluss vom 18. November 1999 in seine Geschäftsordnung eingefügt (Anhang XI).

    Ein uneinheitliches System

    Abgesehen von den drei Organen, die die Vereinbarung geschlossen haben, ist kein weiteres Organ und keine weitere Einrichtung der Vereinbarung beigetreten.

    Hingegen haben die meisten Organe, Einrichtungen sowie Ämter und Agenturen ihre internen Vorschriften angepasst. Allerdings ergibt sich aus einer ersten Analyse der mit den Verordnungen (EG) Nr. 1073/1999 und (Euratom) Nr. 1074/1999 (Artikel 4 Absatz 6) und der Interinstitutionellen Vereinbarung eingeführten Bestimmungen, dass es offenbar an einer einheitlichen Auslegung mangelt. So finden sich bei einigen Organen und Einrichtungen Abweichungen, die nicht durch besondere Erfordernisse gemäß Ziffer 2 der Vereinbarung begründet sind, z.B. wenn die Beamten das OLAF nicht direkt unterrichten dürfen, sondern sich an ihre Vorgesetzten wenden müssen, oder wenn die internen Untersuchungen nur bei beruflichen Verfehlungen durchgeführt werden dürfen, die den finanziellen Interessen der Gemeinschaften schaden. Die Tragweite der Bestimmungen ist also restriktiver als im Standardbeschluss vorgesehen (siehe E.1).

    Rechtsstreitigkeiten

    Die neuen interinstitutionellen Bestimmungen haben zu einigen Rechtsstreitigkeiten geführt. 71 Abgeordnete des Europäischen Parlaments haben dessen Beschluss über die internen Untersuchungen u.a. mit dem Argument angefochten, er verletze ihre Immunität und die Unabhängigkeit ihres Mandats. In diesem Rechtsstreit erging zunächst ein Beschluss (Verfahren auf einstweilige Anordnung) und anschließend (am 26. Februar 2002) ein Urteil des Gerichts erster Instanz [16]. Dieses hat die Klage als unzulässig abgewiesen, weil die Kläger keine Umstände geltend gemacht haben, die sie in Bezug auf die angefochtene Handlung individualisiert hätten. Aus der Urteilsbegründung geht hervor, dass, obwohl das System der internen Untersuchungen als solches auch auf die Mitglieder des Europäischen Parlaments Anwendung findet, nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann, dass eine Handlung des Amtes im Rahmen einer Untersuchung die jedem Mitglied des Parlaments zustehende Immunität beeinträchtigt. In einem solchen Fall verfüge jedoch jedes Mitglied des Parlaments, das von einer Handlung dieser Art betroffen sei und sich dadurch belastet fühle, über den im EG-Vertrag vorgesehenen Rechtsschutz und die dort vorgesehenen Klagearten. [17] Sowohl die Europäische Zentralbank (EZB) als auch die Europäische Investitionsbank (EIB) haben einen internen Beschluss gefasst, den die Kommission geprüft und als mit den Verordnungen (EG) Nr. 1073/1999 und (Euratom) Nr. 1074/1999 nicht vereinbar befunden hat. Die Kommission hat Klage beim Gerichtshof erhoben; am 3. Oktober 2002 hat sich der Generalanwalt in seinen Schlussfolgerungen für die Annullierung der Beschlüsse der EZB und der EIB [18] ausgesprochen.

    [16] Rechtssache T-17/00R und T-17/00. Gegen dieses Urteil wurde ein Rechtsmittel beim EuGH eingebracht.

    [17] Randnr. 72 und 73 des Urteils.

    [18] Beschluss 1999/726/EG der Europäischen Zentralbank vom 7. Oktober 1999 über Betrugsbekämpfung (ABl. L 291 vom 13.11.1999, S. 36); Beschluss des Direktoriums der Europäischen Investitionsbank vom 10. November 1999 über die Zusammenarbeit mit dem Amt; Rechtssachen C-11/00 und C-15/00.

    Diese Rechtsstreitigkeiten sind für die Bewertung nützlich, denn sie haben deutlich gemacht, dass die neue interinstitutionelle Regelung kohärent ist und keine Ausnahmen zulässt. Ihr Geltungsbereich erfasst alle Organe, Einrichtungen sowie Ämter und Agenturen, die durch den EG- und den Euratom-Vertrag oder auf deren Grundlage geschaffen wurden. Da die internen Untersuchungen in allen Organen, Einrichtungen sowie Ämter und Agenturen unter den gleichen Bedingungen durchgeführt werden müssen, haben die Staats- und Regierungschefs in Köln angemahnt, dass alle der Interinstitutionellen Vereinbarung beitreten.

    Die Kommission ist der Auffassung, dass es gelingen muss, die Vorgabe des Gesetzgebers und der Interinstitutionellen Vereinbarung zu erfüllen, den internen Untersuchungen eine interinstitutionelle Dimension zu verleihen, damit ein einheitlicher Schutz der Integrität der Institutionen gewährleistet ist.

    Empfehlung Nr. 1 (E.1)

    Die Kommission fordert alle Organe, Einrichtungen sowie Ämter und Agenturen auf, rasch der Interinstitutionellen Vereinbarung beizutreten, die das Europäische Parlament, der Rat und die Kommission am 25. Mai 1999 unterzeichnet haben.

    Außerdem fordert die Kommission die Organe, Einrichtungen sowie Ämter und Agenturen auf, einen internen Beschluss zu erlassen, der dem Standardbeschluss im Anhang zu dieser Interinstitutionellen Vereinbarung entspricht.

    * Ausübung der Befugnis

    Die Befugnis zur Durchführung interner Untersuchungen wird nach Maßgabe von Artikel 4 der Verordnungen (EG) Nr. 1073/1999 und (Euratom) Nr. 1074/1999 ausgeübt. Sie beinhaltet Folgendes:

    - Vorbehaltlich Absatz 4 dieses Artikels [19] erhält das Amt "ohne Voranmeldung und unverzüglich Zugang zu sämtlichen Informationen und Räumlichkeiten der Organe, Einrichtungen sowie Ämter und Agenturen";

    [19] In diesem Absatz ist vorgesehen, dass die Organe, Einrichtungen sowie Ämter und Agenturen zu unterrichten sind, "wenn die Bediensteten des Amtes eine Untersuchung in ihren Räumlichkeiten durchführen und wenn sie Dokumente einsehen oder Informationen anfordern, die sich im Besitz dieser Organe, Einrichtungen sowie Ämter und Agenturen befinden".

    - das Amt kann "Kopien aller Dokumente und des Inhalts aller Datenträger (...) anfertigen oder Auszüge davon erhalten";

    - das Amt kann die Mitglieder der Organe und Einrichtungen, die Leiter der Ämter und Agenturen sowie die Mitglieder des Personals der Organe, Einrichtungen sowie Ämter und Agenturen um "mündliche Informationen" ersuchen;

    - das Amt kann nach Maßgabe der Verordnung (Euratom, EG) Nr. 2185/96 Kontrollen vor Ort bei Wirtschaftsteilnehmern vornehmen (siehe 1.1.2), die eventuell über Informationen zu einem im Rahmen einer internen Untersuchung geprüften Sachverhalt verfügen;

    - das Amt kann "von jedem Betroffenen" die Informationen anfordern, die es für sachdienlich hält.

    Entsprechend den obengenannten Verordnungen und den internen Beschlüssen der Organe, Einrichtungen sowie Ämter und Agenturen sind bei der Ausübung dieser Befugnisse die Rechte des Einzelnen (Unschuldsvermutung, Achtung des Privatlebens und der Rechte der Verteidigung, Recht auf eine sachliche Untersuchung) in vollem Umfang zu wahren. Diese Thematik ist in den anhängigen Rechtsstreitigkeiten, in den Tätigkeitsberichten des OLAF-Überwachungsausschusses sowie vom Bürgerbeauftragten zur Sprache gekommen.

    Zwecks besserer Regelung der Verfahren der internen Untersuchungen und zur Gewährleistung eines hohen Maßes an Garantien für die davon Betroffenen sollte das Amt nach Auffassung der Kommission interne Vorschriften mit dem Ziel erlassen, ein Korpus von Verwaltungsvorschriften aufzustellen, das den Rahmen für die Handlungen und Maßnahmen bei internen Untersuchungen bildet (siehe 3.4.1 und 1.1.2).

    Empfehlung Nr. 2 (E.2)

    Die Kommission empfiehlt dem Amt, in sein Verfahrenshandbuch ein Korpus von Verwaltungsvorschriften mit den Modalitäten der Handlungen und Maßnahmen bei internen und externen Untersuchungen einzufügen.

    * Modalitäten

    Für die internen Untersuchungen sind Verfahrensgarantien vorgesehen, die sich in der Praxis unterschiedlich gestalten. Das gilt insbesondere für die Informationsverfahren des Amtes (siehe 3.3 "Information und Kommunikation") und die Verfahren zu seiner Unterrichtung im Zusammenhang mit internen Untersuchungen.

    Verfahren zur Unterrichtung des Amtes

    Die Pflicht zur Unterrichtung des Amtes gemäß Artikel 2 des Standardbeschlusses im Anhang zur Interinstitutionellen Vereinbarung vom 25. Mai 1999 sollte wie in der Vereinbarung vorgesehen [20] im Statut festgeschrieben werden. Die Kommission hat in ihrem Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Festlegung des Statuts der Beamten der Europäischen Gemeinschaften und der Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten dieser Gemeinschaften einen Artikel vorgesehen, der die Pflicht zur Unterrichtung des Amtes vorsieht. Diese Verpflichtung fände dann unmittelbar Anwendung auf das gesamte Personal der Europäischen Gemeinschaften. Im Zuge der derzeitigen Beratungen über diesen Vorschlag [21] sollte auf die Vereinbarkeit des Statuts mit dem Standardbeschluss hingewirkt werden. Außerdem ist darauf zu achten, dass die Statutsbestimmungen, die das Amt betreffen [22], seine Befugnisse gemäß den Verordnungen (EG) Nr. 1073/1999 und (Euratom) Nr. 1074/1999 und der Interinstitutionellen Vereinbarung nicht einschränken.

    [20] Artikel 2 sieht vor, dass das Amt unverzüglich zu unterrichten ist, wenn ein Beamter oder Bediensteter eines Organs, einer Einrichtung sowie eines Amtes oder einer Agentur "Kenntnis von Tatsachen erhält, die mögliche Fälle von Betrug, Korruption oder sonstige rechtswidrige Handlungen (...) oder schwerwiegende Vorkommnisse im Zusammenhang mit der Ausübung beruflicher Tätigkeiten vermuten lassen (...)." Siehe den 7. Erwägungsgrund der Interinstitutionellen Vereinbarung (Änderung des Statuts).

    [21] (KOM(2002) 213 endg.), Vgl. insbesondere Artikel 22 des Vorschlags.

    [22] Artikel 86.

    Zunahme der internen Untersuchungen

    Die Kommission stellt anhand der Angaben in den jüngsten Berichten des Amtes und des Überwachungsausschusses fest, dass sich die Zahl der internen Untersuchungen erhöht hat. Dies erklärt sich zum einen daraus, dass die internen Untersuchungen im Zuge der Bemühungen um die Wahrung der Integrität und Glaubwürdigkeit des europäischen öffentlichen Dienstes an Bedeutung gewonnen haben, zum anderen aus der Tatsache, dass die Befugnisse des Amtes über die Kommission hinaus auf die anderen Organe, Einrichtungen sowie Ämter und Agenturen ausgedehnt wurden.

    * Abstimmung mit bestimmten Verwaltungsverfahren

    Die Kommission hat im Zuge ihrer Reform Bestimmungen erlassen, die sicherstellen sollen, dass die Beamten und Bediensteten der Gemeinschaften die berufsethischen Pflichten und die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung beachten. Diese Bestimmungen müssen auf die für die internen Untersuchungen geltenden Regeln abgestimmt sein (siehe 1.2.3 "Disziplinarinstanzen und Fachgremien für finanzielle Unregelmäßigkeiten").

    * Die besondere Frage der Immunität

    Während die Immunität der Beamten/Bediensteten der Gemeinschaften gegenüber administrativen Untersuchungen des Amtes nicht wirksam ist, da das Amt Teil der Organisationsgewalt der Gemeinschaften ist, stellt sich die Problematik der Aufhebung der Immunität hingegen bei Strafverfahren, die auf Grund interner Untersuchungen des Amtes von den nationalen Strafverfolgungsbehörden gegen Beamte oder Bedienstete der Gemeinschaften eingeleitet werden.

    In diesem Zusammenhang haben einige einzelstaatliche Behörden die Auffassung vertreten, dass die Verfahren zur Immunitätsaufhebung, die es den Justizbehörden ermöglichen, auf Grund von Untersuchungen des Amtes Klage gegen einen Beamten/Bediensteten zu erheben, langwierig und schwerfällig sind. In der Praxis wenden sich Justizbehörden, die auf Grund von Untersuchungen des Amtes ein Strafverfahren einleiten möchten, im Allgemeinen an das Amt, das dem Organ oder der betreffenden Einrichtung das Ersuchen übermittelt. Nach Angaben der nationalen Justizbehörden kommt es unweigerlich zu Verzögerungen, wenn die Antwort auf das betreffende Ersuchen über das Amt erfolgt.

    Nach Ansicht der Kommission lässt sich die derzeitige Praxis vereinfachen, indem bei der Weiterleitung des abschließenden Untersuchungsberichts an die Justizbehörde klar vermerkt wird, welche Behörde gegebenenfalls für die Aufhebung des Aussageverbots (Artikel 19 des Statuts) oder der Immunität zuständig ist.

    1.1.2. Externe Untersuchungen

    Bis 1995 waren die Vorschriften über die von den Gemeinschaften vor Ort durchgeführten Überprüfungen im Wesentlichen Bestandteil der Prüfung der Ordnungsmäßigkeit der Rechnungen, der Kontrolle der Anwendung des Gemeinschaftsrechts, der Kontrolle der Effizienz der von den Mitgliedstaaten eingerichteten Mittelverwaltungssysteme und der Tätigkeit der Kommission in ihrer Eigenschaft als Hüterin der Verträge. Jede Generaldirektion der Kommission musste für ihren Zuständigkeitsbereich die politischen Schwerpunkte und die maßgeblichen Rechtsvorschriften vorbereiten; jede Generaldirektion bestimmte - und bestimmt auch heute noch - die Kontrollbesuche auf der Grundlage von Sektorregelungen. Diese Kontrollen, ob routinemäßig oder aufgrund einer Risikoanalyse durchgeführt, zielten und zielen nach wie vor darauf ab, Mängel oder administrative Unregelmäßigkeiten festzustellen, nicht aber rechtswidrige Handlungen oder Verhaltensweisen aufzudecken, für die Einzelne verwaltungs- oder strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden können (Betrugsbekämpfungsuntersuchung). Dass die sektorbezogenen Regelungen nicht spezifisch der Betrugsbekämpfung dienten, bedeutete allerdings nicht, dass sie überhaupt nicht herangezogen werden konnten, um Verstöße im Wirtschafts- oder Finanzbereich aufzudecken.

    Ab 1995 wurde die Betrugsbekämpfungsaufgabe der Kommission präzisiert und auf einen horizontalen Sockel von Rechtsvorschriften (in der ersten und dritten Säule) gestellt, die administrative Untersuchungsmittel vorsehen, mit deren Hilfe die tatsächliche Existenz und die Schwere der Verstöße sowie die strafrechtliche Dimension schwerwiegender Handlungen zum Nachteil der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften festgestellt werden kann. Diese gezielt für die Betrugsbekämpfung einsetzbaren Rechtsvorschriften stützen sich auf eine verstärkte Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten nach Maßgabe des Subsidiaritätsprinzips und des Grundsatzes der geteilten Verantwortung für den Schutz der finanziellen Interessen der Gemeinschaften.

    1999 haben Kommission und Gesetzgeber dem Amt auch für die externen Untersuchungen funktionale Unabhängigkeit zuerkannt, um die Zuverlässigkeit und Effizienz der Gemeinschaftskontrollen in den Mitgliedstaaten zu verbessern. Durch diese wichtige Neuerung wird das Gleichgewicht der Zuständigkeitsverteilung zwischen nationaler und Gemeinschaftsebene indessen nicht berührt. Ebenso wenig berührt sie die allgemeine Zuständigkeit der Kommission für den Schutz der finanziellen Interessen und die Betrugsbekämpfungspolitik (Artikel 280 EG-Vertrag), die eng verknüpft ist mit ihrer in Artikel 274 EG-Vertrag festgeschriebenen Aufgabe, den Haushaltsplan auszuführen.

    Der Begriff der externen administrativen Untersuchung ist in den Artikeln 2 und 3 der Verordnungen (EG) Nr. 1073/1999 und (Euratom) Nr. 1074/1999 verhältnismäßig weit gefasst. Er bezeichnet zum einen Untersuchungen, die unter der Leitung der Gemeinschaft stattfinden, zum anderen Untersuchungen, die auf Wunsch oder unter Mitwirkung der Gemeinschaft von den Mitgliedstaaten durchgeführt werden. In den genannten Verordnungen wird außerdem die strafrechtliche Finalität der externen administrativen Untersuchungen herausgestellt. Die Untersuchungsberichte des Amtes sind daher gegebenenfalls eine Vorstufe zu nationalen Strafverfahren.

    Nach Ansicht der Kommission muss das Amt angesichts der bisherigen Entwicklungen des Gemeinschaftsrechts in den einzelnen Bereichen auch in Zukunft unbedingt je nach Situation auf die bestehenden Rechtsgrundlagen zurückgreifen können, um operativ tätig zu werden, sei es dass es Untersuchungen selbst durchführt, sei es, dass es ausgehend von ihm vorliegenden Informationen und auf der Grundlage einer Sektorregelung die Einleitung einer Untersuchung durch einen Mitgliedstaat beantragt, an der es sich gegebenenfalls beteiligen kann. Diese Rechtsvorschriften (horizontale Betrugsbekämpfungsverordnung und sektorbezogene Verordnungen für die Kontrolle der ordnungsgemäßen Anwendung des Gemeinschaftsrechts sowie der Ordnungsmäßigkeit der Rechnungen) erlauben es dem Amt, seine Betrugsbekämpfungsarbeit nach seinen Prioritäten, den Besonderheiten einer gegebenen Situation und den Befugnissen auszurichten, über die die Partnerbehörde im jeweiligen Mitgliedstaat verfügt.

    Nach Auffassung der Kommission muss das Amt seine operative Arbeit anpassen und die Instrumente der strategischen und operativen Intelligence ausbauen, um die bestehenden Rechtsinstrumente optimal zu nutzen, solange es kein gezieltes Instrument für die Zusammenarbeit gibt. Außerdem sollte es seine Fähigkeit, unabhängig zu handeln, voll ausschöpfen, zum einen ohne dass dies in die anderen Aufgaben hineinwirkt, die ihm die Kommission auf dem Gebiet der Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten gemäß Artikel 280 Absatz 3 EG-Vertrag zugewiesen hat, zum anderen unter Beachtung der Befugnisse der Kommissionsdienststellen für das verwaltungsrechtliche und finanzielle Follow-up der Untersuchungen, einschließlich unter dem Gesichtspunkt der Sanktionen. Diese Aufgaben nimmt das Amt nämlich ganz eindeutig im Rahmen der Befugnisse der Kommission und nicht im Rahmen seiner Unabhängigkeit wahr, die nur für die operativen Aufgaben im Zusammenhang mit der Untersuchungsfunktion gilt (siehe dazu insbesondere 1.2.1, 2.4 und 2.5).

    * Geltungsbereich

    Der sachliche Geltungsbereich der externen Untersuchungen wird in den einzelnen Rechtsinstrumenten je nach deren Ziel und Zweck anders definiert.

    Die Verordnungen (EG) Nr. 1073/1999 und (Euratom) Nr. 1074/1999 (Artikel 1 Absatz 1 und Artikel 3) sehen vor, dass das Amt die der Kommission übertragenen Befugnis zur Durchführung von Kontrollen und Überprüfungen vor Ort in den Mitgliedstaaten oder in Drittstaaten nach Maßgabe der geltenden Kooperationsabkommen ausübt, um gegebenenfalls den Beweis für Unregelmäßigkeiten der von ihnen kontrollierten Handlungen zu erbringen, wodurch aber (Artikel 2 dieser Verordnungen) die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten für die Strafverfolgung nicht berührt wird.

    Nach Artikel 2 der Verordnung (Euratom, EG) Nr. 2185/96 [23] dienen externe Untersuchungen, die auf Veranlassung des Amtes oder auf Wunsch eines Mitgliedstaates aufgrund dieser Verordnung eingeleitet werden, der Aufdeckung "schwerwiegender oder grenzüberschreitender" oder solcher Unregelmäßigkeiten, "an denen in mehreren Mitgliedstaaten handelnde Wirtschaftsteilnehmer beteiligt sein können", oder der Aufdeckung von Unregelmäßigkeiten, "wenn es sich aufgrund der Lage in einem Mitgliedstaat in einem Einzelfall als erforderlich erweist, die Kontrollen und Überprüfungen vor Ort zu verstärken, um einen wirksamen Schutz der finanziellen Interessen der Gemeinschaften zu erreichen und somit die Interessen innerhalb der Gemeinschaft in gleichem Umfang zu schützen". Das Amt kann gemäß der Verordnung Nr. (EG) 515/97 [24] gemeinsam mit den einzelstaatlichen Behörden Untersuchungsmissionen in Drittländern durchführen, um Verstöße oder Handlungen aufzudecken, die nicht mit den in dieser Verordnung genannten Regelungen vereinbar sind.

    [23] Verordnung (Euratom, EG) Nr. 2185/96 des Rates vom 11. November 1996 betreffend die Kontrollen und Überprüfungen vor Ort durch die Kommission zum Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften vor Betrug und anderen Unregelmäßigkeiten. ABl. L 292 vom 15.11.1996, S. 2. Die Kommissionsdienststellen haben im Oktober 1997 einen Leitfaden zur Anwendung dieser Verordnung vorgelegt.

    [24] Siehe insbesondere Artikel 20 dieser Verordnung (gegenseitige Amtshilfe zwischen Verwaltungsbehörden der Mitgliedstaaten und die Zusammenarbeit dieser Behörden mit der Kommission im Hinblick auf die ordnungsgemäße Anwendung der Zoll- und der Agrarregelung), ABl. L 82 vom 22.3.1997, S. 1.

    Die externen Untersuchungen betreffen "jeden Verstoß gegen eine Gemeinschaftsbestimmung als Folge einer Handlung oder Unterlassung eines Wirtschaftsteilnehmers, die einen Schaden für den Gesamthaushaltsplan der Gemeinschaften oder der Haushalte, die von den Gemeinschaften verwaltet werden, bewirkt hat bzw. haben würde, sei es durch die Verminderung oder den Ausfall von Eigenmitteleinnahmen, die direkt für Rechnung der Gemeinschaften erhoben werden, sei es durch eine ungerechtfertigte Ausgabe" (Artikel 1 Absatz 2 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95); das schließt rechtswidrige Handlungen oder Verstöße im Sinne der Amtshilfe-Bestimmungen ein (Artikel 20 der Verordnung (EG) Nr. 515/97).

    Vom Amt kontrolliert werden " natürliche oder juristische Personen sowie sonstige nach dem einzelstaatlichen Recht anerkannte Rechtssubjekte, die eine Unregelmäßigkeit begangen haben"(....) und "Personen, die an der Begehung einer Unregelmäßigkeit mitgewirkt haben, die für eine Unregelmäßigkeit zu haften haben oder die dafür zu sorgen haben, dass sie nicht begangen wird". Ebenfalls kontrolliert werden können Wirtschaftsteilnehmer, die über relevante Informationen zu Sachverhalten verfügen, die Gegenstand von Kontrollen und Überprüfungen vor Ort sind (vgl. Artikel 7 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 [25] und Artikel 5 der Verordnung (Euratom, EG) Nr. 2185/96).

    [25] Verordnung des Rates vom 18. Dezember 1995 über den Schutz der finanziellen Interessen der Gemeinschaften, ABl. L 312 vom 23.12.1995, S. 1.

    Artikel 9 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 verweist auf die Kontrollen und Überprüfungen vor Ort, die die Kommission unter den Bedingungen der Sektorverordnungen durchführen kann. Die durch diese Regelungen gebotenen Rechtsgrundlagen erlauben es weitgehend, alle Finanzbereiche der Gemeinschaft abzudecken, also z.B. die Eigenmittel der Gemeinschaften, die Strukturfonds, die Gemeinsame Agrarpolitik, die Handelspolitik und den Zollbereich. [26]

    [26] Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1150/2000 (Vgl. Artikel 18), ABl. L 130 vom 31.5.2000, S. 1; Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1260/1999 (Vgl. Artikel 38); siehe auch die Verordnung der Kommission (EG) Nr. 438/2001 (ABl. L 63 vom 3.3.2001, S.21) und Nr. 448/2001 (ABl. L 64 vom 6.3.2001, S.13) mit Durchführungsvorschriften zur Verordnung (EG) Nr. 1260/1999; Verordnung (EG, Euratom) Nr. 595/91 (Vgl. Artikel 6), ABl. L 67 vom 14.3.1991, S.11; Verordnung (EG, Euratom) Nr. 515/97(Vgl. Artikel 18).

    Die Tragweite dieser Bestimmungen wurde durch die Verordnungen (EG) Nr. 1073/1999 und (Euratom) Nr. 1074/1999 nicht angetastet. Die Reform von 1999 hat also nicht zu einer Ausweitung des sachlichen Geltungsbereichs der externen Untersuchungen geführt, wie das bei den internen Untersuchungen der Fall war.

    Nach Auffassung der Kommission sollte die Diskussion über den Geltungsbereich dieser Regelungen fortgesetzt werden, da sie auf der Grundlage der Arbeiten des Amtes gewisse Mängel feststellen konnte, und zwar einerseits Mängel bei der Zusammenarbeit und Koordinierung mit den einzelstaatlichen Behörden, die es unter dem Gesichtspunkt des Informationsaustauschs (siehe 1.2.2) und der Amtshilfe (in den Bereichen Mehrwertsteuer, Geldwäsche und Strukturfonds sowie gegebenenfalls in anderen Bereichen) auszubauen gilt, und andererseits - was die Untersuchungen des Amtes betrifft - Mängel hinsichtlich der Rechtsinstrumente, die der Gemeinschaft bei den direkten Ausgaben zur Verfügung stehen. [27]

    [27] Ein Verordnungsvorschlag betreffend die Amtshilfe und den Informationsaustausch zwischen Kommission und Mitgliedstaaten in den Bereichen MwSt. und Geldwäsche ist in Vorbereitung. Außerdem wird derzeit geprüft, ob es zweckmäßig wäre, einen Verordnungsvorschlag über die Anwendung verschiedener verwaltungsrechtlicher Maßnahmen im Bereich direkte Ausgaben auszuarbeiten.

    Empfehlung Nr. 3 (E.3)

    Die Kommission wird auf der Grundlage ihrer Betrugsbekämpfungsgesamtstrategie und ihres Arbeitsprogramms [28] Vorschläge unterbreiten, die darauf abzielen,

    [28] Legislativ- und Arbeitsprogramm der Kommission für 2003. KOM(2002) 590 endg./2.

    - die Kooperations-/Amtshilfevorschriften insbesondere auf die Bereiche MwSt. im grenzüberschreitenden Handel und Geldwäsche sowie gegebenenfalls auf andere Bereiche auszudehnen und für die Gemeinschaft die Möglichkeit vorzusehen, die für Prävention und Ermittlungen zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten um die Durchführung von Betrugsbekämpfungsermittlungen zu ersuchen;

    - die Befugnis der Gemeinschaft zur Durchführung von Betrugsbekämpfungsuntersuchungen (Verordnung (Euratom, EG) Nr. 2185/96) bei den direkten Ausgaben zu verstärken.

    * Ausübung der Befugnis

    Die Sektorverordnungen sehen vor, dass es den Kommissionsbediensteten in den jeweiligen Bereichen obliegt, bei den einzelstaatlichen Kontrolleinrichtungen, die für die Einrichtung der Mittelverwaltungssysteme oder die Erhebung der Eigenmittel zuständig sind, Überprüfungen vorzunehmen, um sich zu vergewissern, dass die Vorschriften ordnungsgemäß angewandt werden. Außerdem sehen diese Verordnungen vor, dass die Bediensteten die zuständigen innerstaatlichen Behörden bei ihren Untersuchungen unterstützen.

    Hingegen sieht die Verordnung (Euratom, EG) Nr. 2185/96 für die Untersuchungsbeauftragten der Gemeinschaft ähnliche Befugnisse wie die der einzelstaatlichen Ermittler vor. Das gilt auch für die administrativen Untersuchungsmissionen des Amtes in Drittstaaten aufgrund der Verordnung (EG) Nr. 515/97. So sieht Artikel 7 Absatz 1 der Verordnung (Euratom, EG) Nr. 2185/96 Folgendes vor: "Die Kontrolleure der Kommission haben unter denselben Bedingungen wie die Kontrolleure der einzelstaatlichen Verwaltungen und unter Einhaltung der einzelstaatlichen Vorschriften Zugang zu allen Informationen und Unterlagen über die betreffenden Vorgänge, die sich für die ordnungsgemäße Durchführung der Kontrollen und Überprüfungen vor Ort als erforderlich erweisen. Sie können dieselben materiellen Kontrollmittel benutzen wie die Kontrolleure der einzelstaatlichen Verwaltungen und insbesondere zweckdienliche Unterlagen kopieren." Dieser Bestimmung ist eine nichterschöpfende Liste aller Kontrollarten und -gegenstände angefügt. [29]

    [29] Die Kontrollen und Überprüfungen vor Ort können sich erstrecken auf: Bücher und Belege, wie Rechnungen, Lastenverzeichnisse, Lohnzettel, Begleitzettel, Bankkontoauszüge der Wirtschaftsteilnehmer; EDV-Daten; Systeme und Methoden für Produktion, Verpackung und Versand; die physische Kontrolle von Art und Umfang der Waren oder Leistungen; die Entnahme und Untersuchung von Stichproben; den Stand der finanzierten Arbeiten und Investitionen, die Nutzung und den Einsatz der abgeschlossenen Investitionen; Haushalts- und Buchungsbelege sowie die finanzielle und technische Durchführung subventionierter Vorhaben.

    Die Kommission hat im Jahr 2000 die Verordnung (Euratom, EG) Nr. 2185/96 bewertet und einige Probleme festgestellt, z.B. die Tatsache, dass Wirtschaftsteilnehmer die Zusammenarbeit verweigern (vorsätzliche Behinderung), sei es hinsichtlich des Zugangs zu Räumlichkeiten oder zu Unterlagen. [30]

    [30] Insbesondere die nicht direkt betroffenen Wirtschaftsteilnehmer. Arbeitspapier der Kommissionsdienststellen, SEK(2000) 844.

    Die Kommission nimmt zur Kenntnis, dass es nach Auffassung des Amtes zur Verbesserung der Ausübung der Untersuchungsbefugnis gegebenenfalls zweckmäßig wäre, in Anlehnung an das Gemeinschaftsrecht (Wettbewerb) sowie an einzelstaatliche Bestimmungen effizientere Mechanismen einzuführen, um den ordnungsgemäßen Ablauf der Kontrollen und Überprüfungen bei Wirtschaftsteilnehmern zu gewährleisten, die mit Verzögerungsabsicht die Durchführung der administrativen Untersuchungen ablehnen.

    Empfehlung Nr. 4 (E.4)

    Die Kommission empfiehlt dem Amt, eine vergleichende Analyse der bei vorsätzlicher Behinderung anwendbaren Bestimmungen zu erstellen, die es ihr gegebenenfalls ermöglicht, einen Vorschlag zu unterbreiten.

    * Modalitäten

    Die Modalitäten der externen Untersuchungen ergeben sich - entsprechend der jeweiligen Rechtsgrundlage - aus den Sektorbestimmungen, in denen geregelt ist, unter welchen Bedingungen die Kommissionsbediensteten an einer einzelstaatlichen Ermittlung teilnehmen oder mitwirken können, aus horizontalen Regelungen (Verordnung (Euratom, EG) Nr. 2185/96) sowie aus einzelstaatlichen Rechtsvorschriften.

    Bei den Gemeinschaftsvorschriften wäre beispielsweise Artikel 9 der Verordnung (Euratom, EG) Nr. 2185/96 zu nennen, der vorsieht, dass "der betreffende Mitgliedstaat den Kontrolleuren der Kommission (...) die erforderliche Unterstützung [gewährt]" und erforderlichenfalls "unter Einhaltung der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften etwaige notwendige Maßnahmen" trifft. Artikel 7 Absatz 2 dieser Verordnung sieht vor, dass die Kommission die Mitgliedstaaten ersuchen kann, "Sicherungsmaßnahmen zu ergreifen, um insbesondere Beweisstücke zu sichern".

    * Abstimmung mit einzelstaatlichen Verfahren

    Das Amt übt die Befugnis zur Durchführung externer Untersuchungen nach Maßgabe des Subsidiaritätsprinzips und des Verhältnismäßigkeitsprinzips aus. Das Amt ist bestrebt, seine Arbeit auf die der einzelstaatlichen Behörden abzustimmen und sie zu ergänzen; deshalb operiert es vor Ort im Rahmen einer engen Partnerschaft mit den Mitgliedstaaten (siehe 1.2.1). Dabei handelt es nicht nur im Rahmen seiner funktionalen Unabhängigkeit. Seine Handlungen müssen rechtmäßig und wirksam sein.

    * Rechtmäßigkeit

    Das Amt hat bei den Kontrollen und Überprüfungen vor Ort die Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten zu beachten. [31]Dies gilt auch für die Erstellung des abschließenden Untersuchungsberichts, bei der die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften zu berücksichtigen sind (Artikel 8 Absatz 1 der Verordnung (Euratom, EG) Nr. 2185/96). Die Vielfalt und die Komplexität der administrativen und justiziellen Verfahrensregeln erschweren häufig die Identifizierung der anwendbaren Regeln; ihre Anwendung auf einen Fall, der Gegenstand einer Untersuchung ist, bereitet oft Schwierigkeiten, insbesondere wenn es sich um eine länderübergreifend angelegte Untersuchung handelt. Bis zu einem gewissen Punkt können diese Probleme mithilfe des Fachwissens der im Amt tätigen Richter und Staatsanwälte bewältigt werden.

    [31] Die Beachtung des nationalen Rechts des von einer externen Untersuchung betroffenen Mitgliedstaats ist ein in Artikel 9 der Verordnungen (EG) Nr. 1073/1999 und (Euratom) Nr. 1074/1999 verankertes Gebot. Sie ist auch in Artikel 6 Absatz 1 dritter Unterabsatz der Verordnung (Euratom, EG) Nr. 2185/96 festgeschrieben.

    Nach Auffassung der Kommission sollte das Amt möglichst umfassend über die einzelstaatlichen Verfahrensregeln informiert sein. Deshalb muss es eine zentrale Datenbank einrichten, die es ihm erlaubt, die Informationen ständig zu aktualisieren, und diese seinen Bediensteten zur Verfügung zu stellen. Die Kommission ist außerdem der Ansicht, dass es in der Tat zweckmäßig wäre, die Diskussion darüber fortzusetzen, ob zur Verbesserung der Situation nicht ein Korpus von Verwaltungsvorschriften für externe länderübergreifende Untersuchungen in Verbindung mit dem Korpus von Verwaltungsvorschriften für die internen Untersuchungen ausgearbeitet werden sollte (siehe E.2).

    Wirksamkeit

    Da der Schutz der finanziellen Interessen der Gemeinschaften sowohl der Gemeinschaft als auch den Mitgliedstaaten obliegt, hängt die Wirksamkeit der Maßnahmen entscheidend davon ab, inwieweit die Gemeinschaftsebene und die einzelstaatliche Ebene aufeinander abgestimmt arbeiten. [32] Die Einrichtung einer für strategische und operative Intelligence zuständigen Stelle im Amt wird daher auf längere Sicht ein reeller Fortschritt sein, da sie es ermöglichen wird, die der Gemeinschaftsebene zugewiesenen Untersuchungsbefugnisse gezielter einzusetzen und damit mehr Komplementarität und Vereinbarkeit mit der Arbeit der einzelstaatlichen Behörden (siehe 1.2.1) sowie mehr Effizienz garantieren wird.

    [32] Der Überwachungsausschuss hat darauf hingewiesen, dass festgelegt werden müsse, in welcher Situation und in welcher Form das Amt vor Beginn der nationalen Ermittlungen handelt oder letztere begleitet (Transparenz gegenüber den nationalen Partnern).

    Darüber hinaus wird die neue Kanzlei, die das Amt derzeit einrichtet, zu einer größeren Transparenz der Arbeit des Amtes beitragen, was einem Anliegen des Überwachungsausschusses entspricht (siehe 3.4.1). Das Follow-up einer externen Untersuchung trägt entscheidend zu deren Effizienz bei und beinhaltet ganz klar die Verpflichtung, das Amt zu informieren (siehe 1.2.2).

    1.2. Operative Partnerschaft

    Bei der Wahrnehmung seiner operativen Aufgabe befolgt das Amt den Grundsatz der Subsidiaritätsprinzip und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Es trägt der Tatsache Rechnung, dass die primäre Zuständigkeit bei den Mitgliedstaaten liegt, die auch über zentrale Instrumente verfügen (externe Untersuchungen). Bei seiner operativen Arbeit muss es sich also notwendigerweise auf eine verstärkte Partnerschaft mit all jenen stützen, die zum Schutz der finanziellen Interessen und zur Bekämpfung von Wirtschaftskriminalität beitragen. Diese Partnerschaft betrifft den Informationsaustausch und die Datenauswertung (strategische und operative Intelligence) sowie die regelmäßige Zusammenarbeit mit den verschiedenen EG-, EU- und internationalen Instanzen.

    1.2.1. Partnerschaftliche Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten

    Die partnerschaftliche Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten trägt entscheidend zum Schutz der finanziellen Interessen und der Bekämpfung von Betrug bei. Sie umfasst sowohl die Zusammenarbeit im weitesten Sinne im Zusammenhang mit den aus eigener Initiative und in voller Unabhängigkeit durchgeführten Untersuchungen (siehe 1.1.1 und 1.1.2) als auch die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und der Kommission, die das Amt in seiner Eigenschaft als Dienst der Kommission in die Wege leitet (Artikel 280 Absatz 3 EG-Vertrag).

    In letzterem Fall gestaltet das Amt eine gezielt auf die ordnungsgemäße Anwendung des Gemeinschaftsrechts abstellende Zusammenarbeit mit den zuständigen einzelstaatlichen Behörden, um einen gleichwertigen Schutz in der gesamten Gemeinschaft sicherzustellen. Dabei stützt es sich auf die sektorbezogenen Regelungen, auf die in Artikel 9 Absätze 1 und 2 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 verwiesen wird, sowie auf die Sektorvorschriften über die Amtshilfe in den Politikbereichen oder im Zusammenhang mit Regelungen der Gemeinschaft, die unter die Verordnung (EG) Nr. 515/97 fallen (Landwirtschaft, Zoll, Handelspolitik usw.).

    Was die vom Amt geleitete Untersuchungen betrifft, so wurde die partnerschaftliche Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten auch mit der Verordnung (Euratom, EG) Nr. 2185/96 als zentrales Element des gesamten Systems der Kontrollen und Überprüfungen vor Ort festgeschrieben. Sie verhindert Überschneidungen (nach Artikel 3 Absatz 2 "berücksichtigt die Kommission die Kontrolle, die der betreffende Mitgliedstaat nach Maßgabe seines Rechts aus denselben Gründen bei den betreffenden Wirtschaftsteilnehmern durchführt oder bereits durchgeführt hat") und soll eine loyale Zusammenarbeit in allen Phasen einer Kontrolle vor Ort gewährleisten (Artikel 4 besagt, dass "die Kontrollen und Überprüfungen vor Ort von der Kommission vorbereitet und durchgeführt [werden]; dies erfolgt in enger Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden des betreffenden Mitgliedstaats, die rechtzeitig über Gegenstand, Ziel und Rechtsgrundlage der Kontrollen und Überprüfungen unterrichtet werden, damit sie die erforderliche Unterstützung gewähren können. Zu diesem Zweck können die Beauftragten des betreffenden Mitgliedstaats an den Kontrollen und Überprüfungen vor Ort teilnehmen. Darüber hinaus werden die Kontrollen und Überprüfungen vor Ort auf Wunsch des betreffenden Mitgliedstaats gemeinsam von der Kommission und dessen zuständigen Behörden durchgeführt."

    Die partnerschaftliche Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten gestaltet sich vor Ort nicht immer harmonisch, was insbesondere auf die unterschiedlichen Befugnisse der Verwaltungs- und Justizbehörden zurückzuführen ist. Gleichwohl konnten, wie in den Jahresberichten der Kommission zur Betrugsbekämpfung und den Tätigkeitsberichten des Amtes regelmäßig dargelegt wird, dank dieser partnerschaftlichen Zusammenarbeit nennenswerte operative Ergebnisse erzielt werden. Die Praxis der Task Groups, die in einigen Bereichen (Zigaretten, Alkohol, Olivenöl) als Krisenstäbe funktionieren, sollte weiterentwickelt werden. Gleiches gilt - mit Blick auf eine verstärkte Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität - für den Abschluss und die Nutzung der Protokolle zwischen dem Amt und einigen spezialisierten einzelstaatlichen Einrichtungen, beispielsweise der Direzione Nationale Antimafia (siehe E.5). Wie erfolgreich die Partnerschaft mit den Mitgliedstaaten sein kann, zeigen insbesondere einige komplizierte länderübergreifende Fälle, z.B. die illegale Einfuhr von Bananen in die Gemeinschaft mit falschen Ursprungsbescheinigungen sowie die Ermittlung gegen Nichtregierungsorganisationen wegen Urkundenfälschung und Verwendung gefälschter Urkunden im Bereich der direkten Ausgaben. [33] Veranschaulicht wird diese Zusammenarbeit auch durch die Teams, die für Untersuchungen in Drittländern eingesetzt werden, und in dem die am stärksten betroffenen Mitgliedstaaten vertreten sind. Das Partnerschaftsprinzip kommt außerdem in Fällen zum Tragen, die nicht nur für die finanziellen Interessen, sondern z.B. auch für die Ernährungssicherheit (BSE) oder den Schutz gegen Fälschungen (Zigaretten) bedeutsam sind. Schließlich kommt es zum Ausdruck in Kooperationsmaßnahmen, die im Rahmen sowohl der ersten als auch dritten Säule ergriffen werden. Das ist der Fall bei der technischen Hilfe, die das Amt den Mitgliedstaaten im Rahmen der gemeinsamen Seeüberwachungsoperationen (MARINFO) auf der Grundlage der Verordnung (EG) Nr. 515/97 und des Übereinkommens über das gemeinsame Zollinformationssystem (ZIS) erbringt.

    [33] Siehe insbesondere die Jahresberichte 1999, 2000 und 2001 der Kommission und den Tätigkeitsbericht des Amtes für den Zeitraum 1. Juni 2000 bis 31. Mai 2001.

    Diese partnerschaftliche Zusammenarbeit muss das Amt in die Lage versetzen, seine (strategische und operative) Intelligence-Funktion auszubauen und sich so gemeinsam mit den einzelstaatlichen Behörden besser auf die Mobilität der organisierten Kriminalität einzustellen, ohne dass ihm die Möglichkeit genommen wird, unangekündigte Aktionen vor Ort durchzuführen. Schließlich wird sie es auch den einzelstaatlichen Behörden ermöglichen, vor Ort gezielter vorzugehen.

    Die Kommission empfiehlt dem Amt, seine Überlegungen zur Intensivierung seiner Zusammenarbeit mit den einzelstaatlichen Behörden fortsetzen. In diesem Zusammenhang hält sie es für zweckmäßig, dem Amt die Befugnis zu übertragen, die für Prävention und Ermittlungen zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten zu ersuchen, Betrugsbekämpfungsermittlungen durchzuführen (siehe E.3). Eine entsprechende, auf die Aufdeckung schwerwiegender Verstöße abstellende Regelung wäre insofern von praktischem Nutzen als sie das Zusammenwirken von nationaler Ebene und Gemeinschaftsebene nach Maßgabe des Subsidiaritätsprinzips fördern würde.

    Die Kommission hält es in diesem Zusammenhang für zweckmäßig, dass das Amt seine Intelligence-Funktion ausbaut und das in seiner Gesamtstrategie vorgesehene Vorhaben einer "Serviceplattform" zur Präsentation seiner Funktionen realisiert. [34] Dieses Projekt zielt darauf ab, die Arbeit des Amtes in ihren zahlreichen Facetten besser darzustellen und das bei ihm angesiedelte Fachwissen anzubieten, um so zu verdeutlichen, welches der gemeinschaftliche Mehrwert insbesondere für nationale Behörden ist, die befugt sind, Ermittlungen durchzuführen oder über kriminalpolizeiliche Befugnisse verfügen. Ziel ist, den Austausch von Fachkenntnissen, Vorgehensweisen und Erfahrungen zu fördern, mit deren Hilfe der Schutz der Interessen der Gemeinschaft optimiert werden kann.

    [34] Siehe insbesondere Abschnitt 4.2 der Strategie ("Anwendungsbereich und Handlungsmöglichkeiten der Gemeinschaft").

    Ein derartiges Vorgehen könnte nach dem Vorbild der Vereinbarungen, die bereits mit einigen Behörden von Mitglied- oder Drittstaaten oder mit bestimmten Einrichtungen geschlossen wurden, auch bei anderen Behörden und Einrichtungen erwogen werden.

    Empfehlung Nr. 5 (E.5)

    Die Kommission empfiehlt dem Amt, die Funktion der strategischen und operativen Intelligence auszubauen, wie dies in der Gesamtstrategie 2000-2005 vorgesehen ist.

    Außerdem empfiehlt die Kommission dem Amt, zu prüfen, inwieweit es zweckmäßig ist, die mit einigen einzelstaatlichen Behörden geschlossenen Vereinbarungen auf andere zuständige einzelstaatliche Behörden auszudehnen.

    1.2.2. Unterstützung in Rechts- und Justizangelegenheiten

    Die Effizienz der administrativen Untersuchungen des Amtes hängt weitgehend davon ab, zu welchen Folgemaßnahmen nicht nur verwaltungs- (einschließlich disziplinarrechtlicher), sondern auch justizieller Art, sie führen; diese Folgemaßnahmen müssen auf eine enge Zusammenarbeit zwischen dem Amt und den nationalen Polizei- und Justizbehörden gestützt sein (Artikel 2 des Beschlusses der Kommission vom 28. April 1999). Deshalb hat die Kommission in ihrer Gesamtstrategie von Juni 2000 eine Verstärkung der strafrechtlichen Dimension vorgesehen.

    Das Effizienzgebot wurde durch die Einrichtung der Funktionen "Beratung und Follow-up in Rechtsangelegenheiten" (institutionelles und EG-Recht) sowie "Beratung und Follow-up in Justizangelegenheiten" (nationales Recht) konkret umgesetzt. So stellt das Amt von sich aus oder auf Anfrage Beratung und Unterstützung in multidisziplinären Rechtsfragen sowie - über das dem Generaldirektor (im Folgenden "Direktor") des Amtes unterstehende - Referat "Richter und Staatsanwälte" justizbezogenes Fachwissen zur Verfügung. Die Einrichtung der Serviceplattform müsste es ermöglichen, gemeinsam mit den nationalen Behörden den Beitrag dieser untersuchungsbezogenen Unterstützung besser zu nutzen. Die partnerschaftlichen Beziehungen, die das Amt mit den nationalen Strafverfolgungsbehörden zu entwickeln versucht, dürften die Erstellung eines - bereits im Konzept für eine Gesamtstrategie empfohlenen - Leitfadens bewährter Praktiken erleichtern. Dieser - nicht verbindliche - Leitfaden soll den einzelstaatlichen operativen Dienststellen an die Hand gegeben werden, um ihnen die Gestaltung und Verwaltung der Kooperationsmaßnahmen zu erleichtern und ihnen bei in ihren Bemühungen um eine möglichst optimale Nutzung der Ressourcen und der Expertise des Amtes zu helfen.

    * Geltungsbereich

    Die dem Amt in diesem Bereich übertragenen Aufgaben ergeben sich insbesondere aus dem Grundsatz der engen und regelmäßigen Zusammenarbeit gemäß Artikel 280 EG-Vertrag. Rechtsgrundlagen sind:

    - im Bereich der Amtshilfe: Artikel 2 Absatz 2 des Beschlusses der Kommission zur Errichtung des Amtes, wonach "das Amt den Auftrag .....hat, zur Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten im Bereich der Betrugsbekämpfung beizutragen" (diese Bestimmung wurde in Artikel 1 Absatz 2 der Verordnungen (EG) Nr. 1073/1999 und (Euratom) Nr. 1074/1999 übernommen); die Kommission orientiert sich außerdem an Artikel 7 Absatz 1 Unterabsatz 2 des (noch nicht ratifizierten) Zweiten Protokolls [35] zum Übereinkommen über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften, der Folgendes bestimmt: "Zu diesem Zweck leistet die Kommission die technische und operative Hilfe, die die zuständigen nationalen Behörden gegebenenfalls zur besseren Koordinierung ihrer Untersuchungen benötigen"; (diese Bestimmung wurde inhaltlich in einen von ihr vorgelegten Richtlinienvorschlag aufgenommen [36]).

    [35] ABl. C 221 vom 19.7.1997, S. 11.

    [36] Vorschlag für eine Richtlinie über den strafrechtlichen Schutz der finanziellen Interessen der Gemeinschaften. (KOM(2001) 272 endg.),

    - im Bereich justizielles Follow-up: Artikel 2 Absatz 6 des Beschlusses über die Errichtung des Amtes, wonach das Amt "direkter Ansprechpartner der Polizeibehörden" ist. Diese Befugnis wird durch die Artikel 9 und 10 sowie den Erwägungsgrund 16 der Verordnungen (EG) Nr. 1073/1999 und (Euratom) Nr. 1074/1999 noch verstärkt.

    Nach Auffassung der Kommission bedarf es zu einer angemessenen Lösung des Strafverfolgungsproblems einheitlicher Tatbestände und adäquater Strafverfahren; bis dies erreicht ist, muss mit den verfügbaren Mitteln versucht werden, die Zusammenarbeit zwischen dem Amt und den Justizbehörden der Mitgliedstaaten sowohl bei den externen Untersuchungen als auch hinsichtlich der gerichtlichen Folgemaßnahmen zu den internen Untersuchungen auszubauen. Im Zuge der Konsolidierung dieses Ansatzes gestaltet das Amt seine Aufgabe als Verbindungs- und Expertisestelle in Strafrechtsfragen weiter aus, um konkret zur Verwirklichung der Betrugs- und Korruptionsbekämpfungsziele beitragen zu können. Außerdem entwickelt es seine Beratungs-, Unterstützungs- und Koordinierungsrolle weiter, um das Vorgehen der Mitgliedstaaten bei der Strafverfolgung schwerwiegender Verstöße zum Nachteil der finanziellen Interessen der Gemeinschaften zu stützen.

    * Modalitäten

    Die Unterstützung und das Follow-up in Justizangelegenheiten erweisen sich als unerlässlich für die Optimierung der gerichtlichen Weiterverfolgung der Untersuchungen des Amtes. Gleichwohl ist festzustellen, dass das justizielle Follow-up auf Schwierigkeiten stößt. Ein erstes Hindernis, das die Arbeit des Amtes beeinträchtigt, ist die unzureichende Übermittlung gerichtlicher Informationen, zu deren Mitteilung die Mitgliedstaaten aufgrund der Sektorverordnungen verpflichtet sind (externe Untersuchungen), sowie die Schwierigkeiten, Zugang zu derartigen Informationen zu erhalten. Weder die Informationsübermittlung noch der Zugang zu den Informationen erfolgt systematisch und uneingeschränkt. Zum einen können gegebenenfalls die einzelstaatlichen Vorschriften über das Untersuchungsgeheimnis als Argument herangezogen werden, um die Mitteilungspflichten zu begrenzen; zum andern besteht Aktenzugang bei Strafverfahren nur bei Zivilklagen. Zu letzterem Punkt ist festzuhalten, dass die Verantwortung für die Betrugsbekämpfung bei den Mitgliedstaaten liegt und die Kommission daher bei den indirekten Gemeinschaftsausgaben nicht systematisch als Zivilklägerin auftritt - eine Möglichkeit, die im Übrigen nicht in allen Mitgliedstaaten vorgesehen ist; wenn sie es ist, kann sie nicht immer in Anspruch genommen werden.

    Obwohl diese Informationspflicht der Mitgliedstaaten in den Sektorregelungen festgeschrieben ist, bereitet ihre praktische Anwendung offenbar einige Schwierigkeiten, sobald die Verfahren die Phase der Strafverfolgung erreichen. So sehen die Verordnungen (EG) Nr. 1073/1999 und (Euratom) Nr. 1074/1999, anders als in Bezug auf die Organe, Einrichtungen sowie Ämter und Agenturen bei internen Untersuchungen (Artikel 9 Absatz 4 [37]), nicht vor, dass die Mitgliedstaaten das Amt davon in Kenntnis setzen müssen, welche Folgemaßnahmen sie zu seinen externen Untersuchungen getroffen haben.

    [37] Dieser Artikel sieht vor, dass die Organe, Einrichtungen sowie Ämter und Agenturen die gemäß den Ergebnissen der internen Untersuchungen erforderlichen Maßnahmen ergreifen und den Direktor des Amtes innerhalb der von ihm gesetzten Frist über diese Maßnahmen unterrichten.

    Nach Ansicht der Kommission sollte eine derartige, bereits in einigen Sektorverordnungen festgeschriebene Informationspflicht auf alle externen Untersuchungen und auf das justizielle Follow-up der internen Untersuchungen ausgeweitet werden (siehe E.6). Die Qualität der Folgemaßnahmen, für die insbesondere die Kommission verantwortlich ist, könnte so wesentlich verbessert werden.

    Eine weitere Schwierigkeit würde ausgeräumt, wenn die Rolle der OLAF-Bediensteten anerkannt würde. Die Anerkennung der Bediensteten des Amtes durch die einzelstaatlichen Justizbehörden dürfte durch die Anwendung des Zweiten Protokolls zum Übereinkommen über den Schutz der finanziellen Interessen der Gemeinschaften erleichtert werden. Diese Anerkennung würde es dem Amt erlauben, die beteiligten Justizbehörden zu unterstützen. Inwieweit eine solche Anerkennung möglich ist, muss anhand der nationalen Systeme geprüft werden.

    Angesichts fehlender Kompetenzen der Gemeinschaft im Bereich der Strafverfolgung müssen nach Auffassung der Kommission die Instrumente der Zusammenarbeit, wie die Serviceplattform sowie die Beratung/Unterstützung und das Follow-up in Justizangelegenheiten, insbesondere durch die beständige Weiterentwicklung des operativen Austauschs zwischen Richtern und Staatsanwälten des OLAF und ihren Amtskollegen in den Mitgliedstaaten auf der Grundlage eines Leitfadens bewährter Praktiken verstärkt werden. Beim gegenwärtigen Stand der Möglichkeiten, über die die Gemeinschaft derzeit verfügt, dürfte diese Verstärkung zu angemesseneren Reaktionen auf die strafrechtliche Dimension der Untersuchungsakten des Amtes beitragen.

    Auch die Tatsache, dass das Zweite Protokoll zum Übereinkommen über den Schutz der finanziellen Interessen nicht von allen Mitgliedstaaten ratifiziert worden ist, behindert nach Auffassung der Kommission die operative Unterstützung der nationalen Justizbehörden durch das Amt. [38] Dies ist einer der Gründe, warum die Kommission ihren Richtlinienvorschlag vorgelegt hat, in den die materielle Substanz von Artikel 7 des Zweiten Protokolls (vertikale Zusammenarbeit) übernommen wurde.

    [38] Lediglich das Übereinkommen und das Erste Protokoll sind am 17. Oktober 2002 in Kraft getreten.

    Deshalb mahnt die Kommission an, dass der Rat den ihm seit Mai 2001 vorliegenden Richtlinienvorschlag über den Schutz der finanziellen Interessen [39] verabschiedet und die Mitgliedstaaten das Zweite Protokoll zum Übereinkommen über den Schutz der finanziellen Interessen im Hinblick auf dessen verstärkte Anwendung ratifizieren. Im Übrigen ist sie der Auffassung, dass die Schwierigkeiten bei der gerichtlichen Weiterverfolgung der Fälle, die das Amt an die Strafverfolgungsbehörden verweist, ein gewichtiges Argument für die Schaffung einer Europäischen Staatsanwaltschaft darstellen (siehe E.13).

    [39] KOM (2001) 272. Die Kommission hat am 16.10.2002 einen geänderten Vorschlag vorgelegt. (KOM(2002) 577 endg.),

    Empfehlung Nr. 6 (E.6)

    Zwecks größerer Effizienz der Beratung/Unterstützung und des Follow-up in Justizangelegenheiten ersucht die Kommission,

    - die Mitgliedstaaten, das Zweite Protokoll zum Übereinkommen über den Schutz der finanziellen Interessen zu ratifizieren;

    - den Rat, die Richtlinie betreffend den Schutz der finanziellen Interessen anzunehmen.

    Die Kommission wird einen Vorschlag unterbreiten, der vorsehen wird, dass die Mitgliedstaaten die Gemeinschaft über die Folgemaßnahmen zu Untersuchungen des Amtes unterrichten.

    Sie empfiehlt dem Amt, den in ihrer Gesamtstrategie befürworteten Leitfaden bewährter Praktiken zu erstellen.

    1.2.3. Koordinierung der Maßnahmen auf Gemeinschaftsebene

    Die Maßnahmen des Amtes und anderer Dienststellen wurden im Sinne der Komplementarität im Hinblick auf einen wirksameren Schutz der Gemeinschaftsinteressen konzipiert, um dem Erfordernis einer ordnungsgemäßen Verwaltung zu genügen. Dies gilt für Maßnahmen bestimmter Kommissionsdienststellen, der Disziplinarinstanzen, der Fachgremien für finanzielle Unregelmäßigkeiten und des Rechnungshofs.

    * Dienststellen der Kommission

    Die täglichen Beziehungen zwischen dem Amt und den Kommissionsdienstellen, insbesondere im Rahmen ihrer Zuständigkeit als Anweisungsbefugte oder Verwalter von Gemeinschaftsmitteln oder im Rahmen ihrer Aufgaben als für die politische und legislative Konzeptionsarbeit zuständige Stellen, sind Teil der operativen Komplementarität im Bereich des Schutzes der finanziellen Interessen und der Betrugsbekämpfung. Diese komplementäre Zusammenarbeit funktioniert einigermaßen, sollte aber insbesondere hinsichtlich des Informationsaustauschs besser koordiniert werden. Zu diesem Punkt ist festzustellen, dass beide Seiten den Informationsfluss unterschiedlich gestalten. Nach Ansicht des Amtes sollten die an ihn gerichteten Informationen bereits im Vorfeld auf der Ebene der Dienststellen besser kanalisiert werden, damit ihm beispielsweise nur diejenigen Informationselemente übermittelt werden, die vorab festgelegten Kriterien oder Parametern entsprechen. Die Dienststellen wünschen ihrerseits, dass das Amt ihnen mehr Informationen liefert, damit sie ihre Aufgaben ausführen können. Eine bessere Praxis dürfte es dem Amt nicht nur ermöglichen, das ihm zur Verfügung stehende Untersuchungsinstrumentarium effizienter einzusetzen; auch würde dadurch die Komplementarität der Betrugsbekämpfungsmaßnahmen und der Vor-Ort-Kontrollen und -Überprüfungen gefördert, die die anweisungsbefugten und die Mittel verwaltenden Dienststellen gemäß den Sektorregelungen durchführen, um sich von der korrekten Durchführung der Gemeinschaftspolitiken, der Ordnungsmäßigkeit der Rechnungen sowie vom reibungslosen Funktionieren der innerstaatlichen Mittelverwaltungs- und Kontrollsysteme zu überzeugen.

    Außerdem ist im Bereich der direkten Ausgaben festzustellen, dass einige Anweisungsbefugte dazu tendieren, vorsichtshalber Zahlungen auszusetzen, wenn dem Amt Informationen übermittelt worden sind und/oder das Amt eine Untersuchung durchführt. Diese Haltung sollte nach Maßgabe konzertierter und besser strukturierter Verfahren im Hinblick auf mehr Kohärenz überprüft werden. [40] In diesem Zusammenhang ist insbesondere auf Artikel 106 Absatz 4 der Durchführungsbestimmungen zur neuen Haushaltsordnung [41] zu verweisen, der vorsieht, dass der zuständige Anweisungsbefugte eine Zahlungsfrist aussetzen kann, um ergänzende Prüfungen, einschließlich einer Kontrolle vor Ort, vorzunehmen, wenn ihm eine Information zur Kenntnis gebracht wird, die Zweifel an der Förderfähigkeit von in einem Zahlungsantrag ausgewiesenen Ausgaben zulässt.

    [40] Die Maßnahme 59 des Reform-Weißbuchs der Kommission (KOM (2000) 200 endg.) sieht in diesem Zusammenhang vor, dass klarzustellen ist, dass die Führungskräfte nicht davon entbunden sind, selbst die erforderlichen Abhilfemaßnahmen einzuleiten, wenn dem OLAF ein Fall zwecks Untersuchung gemeldet wurde.

    [41] Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2342/2002 der Kommission vom 23. Dezember 2002 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002. ABl. L 357 vom 31.12.2002, S. 1.

    Das Amt muss die verfügbaren Ressourcen rationell einsetzen und die operative Tätigkeit auf die signifikantesten Fälle, die gemäß dem Subsidiaritätsprinzip ein Eingreifen auf Gemeinschaftsebene rechtfertigen, konzentrieren. Die Auswahl der Fälle im Vorfeld im Rahmen einer regelmäßigen Zusammenarbeit mit den Dienststellen, denen es obliegt, die ordnungsgemäße Anwendung und Verwaltung der Politiken und Finanzinstrumente der Gemeinschaft zu kontrollieren, und eine enge Zusammenarbeit mit den einzelstaatlichen Behörden können dem Amt dabei helfen, sein Tätigkeitsprogramm gemäß Artikel 11 der Verordnungen (EG) Nr. 1073/1999 und (Euratom) Nr. 1074/1999 zu erstellen.

    Die Kommission ist der Ansicht, dass der Informationsaustausch zwischen dem Amt und den Dienststellen sowie die wechselseitige Unterstützung im Lichte der bisherigen Erfahrungen verbessert werden müssen. In diesem Zusammenhang sollten nach Ansicht der Kommission die Initiativen im Rahmen der Maßnahme 93 des Reform-Weißbuchs der Kommission, die auf eine Verbesserung der Koordinierung zwischen dem Amt und anderen Dienststellen zwecks wirksamerer Bekämpfung von Unregelmäßigkeiten, Betrug und Korruption sowie eines effizienteren Einsatzes der verfügbaren Mittel abzielen, auf andere Dienststellen als das OLAF ausgedehnt werden. Das OLAF hat eine Vereinbarung mit dem Dienst Internes Audit und der Gemeinsamen Forschungsstelle geschlossen. Über weitere Vereinbarungen wird derzeit u.a. mit der Generaldirektion Beschäftigung und Soziales sowie mit dem Amt für Zusammenarbeit AIDCO verhandelt. Außerdem wurden die Modalitäten der Zusammenarbeit und des Informationsaustauschs zwischen dem Amt und anderen Generaldirektion, z.B. der Generaldirektion Steuern und Zollunion geregelt. In diesem Sinne wird erwogen, wie im Aktionsplan 2001/2003 vorgesehen, zwecks praktischer Regelung einer engen und regelmäßigen Zusammenarbeit weitere Vereinbarungen zwischen dem Amt und den Dienststellen zu schließen, die beauftragt sind, die Wirksamkeit der innerstaatlichen Verwaltungssysteme zu kontrollieren.

    Empfehlung Nr. 7 (E.7)

    Die Kommission empfiehlt, wie im Aktionsplan 2001/2003 vorgesehen weitere Vereinbarungen, die die Zusammenarbeit zwischen dem Amt und den Kommissionsdienststellen, insbesondere den mittelbewirtschaftenden Stellen regeln, zu schließen und umzusetzen, damit das Amt seine operative Arbeit gezielter ausrichten kann.

    * Der Dienst Internes Audit der Kommission

    Sowohl die internen als auch die externen Untersuchungen erlauben es dem Amt unter Umständen, über seine Betrugsbekämpfungsaufgabe hinaus, Mängel in den internen Kontrollsystemen aufzudecken, die die Anwendung der geltenden Regelungen oder die reibungslose Verwaltungsorganisation möglicherweise beeinträchtigen. Diese Informationen müssen in erster Linie an die betreffende Dienstvorgesetzten weitergeleitet werden, damit sie Korrekturmaßnahmen ergreifen können. Außerdem kann das Amt dem Internen Prüfer der Kommission und gegebenenfalls der Dienststelle "Internes Audit" der betreffenden Generaldirektion oder des betreffenden Dienstes Informationen über etwaige Systemfehler in den internen Kontrollverfahren mitteilen, damit ein systematisches Follow-up gewährleistet werden kann. Umgekehrt informieren der Interne Prüfer der Kommission und die Dienststellen "Internes Audit" der Generaldirektionen das Amt über alle von ihnen gemachten Feststellungen, die einen Betrugsverdacht nähren.

    * Disziplinarinstanzen

    Nach Artikel 1 Absatz 3 der Verordnungen (EG) Nr. 1073/1999 und (Euratom) Nr. 1074/1999 sowie der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 25. Mai 1999 führt das Amt administrative Untersuchungen durch, die dazu dienen,

    - "Betrug, Korruption und sonstige rechtswidrige Handlungen zum Nachteil der finanziellen Interessen" der Gemeinschaften "zu bekämpfen";

    - und "schwerwiegende Handlungen aufzudecken, die eine Verletzung der Verpflichtungen der Beamten und Bediensteten der Gemeinschaften, die disziplinarisch und gegebenenfalls strafrechtlich geahndet werden kann, oder eine Verletzung der analogen Verpflichtungen der Mitglieder der Organe und Einrichtungen, der Leiter der Ämter und Agenturen und der Mitglieder des Personals der Organe, Einrichtungen sowie Ämter und Agenturen, die nicht dem Statut unterliegen, darstellen können".

    Die Kommission stellt fest, dass das Handeln der mit Ermittlungsbefugnissen ausgestatteten Disziplinarinstanzen, soweit solche vorhanden sind, auf das Organ, die Einrichtung, das Amt oder die Agentur, der sie angehören, beschränkt ist. Im Gegensatz dazu verfügt das Amt für Betrugsbekämpfung über umfassende Befugnisse zur Durchführung interner Untersuchungen, die es unterschiedslos in allen Organen, Einrichtungen, Agenturen und Ämtern wahrnehmen kann, und zwar auch in Bezug auf Mitglieder oder Bedienstete, die nicht dem Statut unterliegen. Da die Organe, Einrichtungen sowie Ämter und Agenturen über eine allgemeine Befugnis zur Durchführung von Disziplinarverfahren sowie über eine eigene Verantwortlichkeit verfügen [42], muss der Tätigkeitsbereich des Amtes abgegrenzt werden, damit seine Befugnisse im Falle sich überschneidender Zuständigkeiten nicht angetastet werden.

    [42] 6. Erwägungsgrund des Standardbeschlusses im Anhang zur Interinstitutionellen Vereinbarung vom 25. Mai 1999: "Diese Untersuchungen sind unter den gleichen Bedingungen bei allen Organen, Einrichtungen, Ämtern und Agenturen der Gemeinschaft durchzuführen, ohne dass die Tatsache, dass diese Aufgabe dem Amt zugewiesen wird, die Verantwortung der Organe, Einrichtungen, Ämter und Agenturen berührt (...)".

    Die Kommission hat das Untersuchungs- und Disziplinaramt (IDOC) [43]geschaffen, das gemäß Artikel 2 des Beschlusses der Kommission vom 19. Februar 2002 die Aufgabe hat, administrative Untersuchungen durchzuführen und für die Anstellungsbehörde Disziplinarverfahren vorzubereiten. Die anderen Organe, Einrichtungen, Ämter und Agenturen kennen eine derartige Einrichtung nicht. Die Kommission hat die Vorrangstellung des OLAF im Rahmen seiner Befugnisse (Schutz der finanziellen Interessen und schwerwiegende Verstöße) bestätigt. Teilt das Amt mit, dass es bereits eine Untersuchung eingeleitet hat oder einleiten wird, eröffnet das IDOC keine Paralleluntersuchung. Artikel 5 Absatz 2 des Beschlusses vom 19. Februar 2002 sieht Folgendes vor: "Vor Einleitung einer Untersuchung hält der Generaldirektor für Personal und Verwaltung Rücksprache mit dem [Amt], um festzustellen, ob dieses nicht eine Untersuchung eingeleitet hat oder plant." Aus diesem Beschluss sowie aus der Verwaltungspraxis leitet sich eine Restkompetenz des IDOC gegenüber dem Amt her, so dass bei den administrativen Untersuchungen Überschneidungen vermieden werden. Im Übrigen ist hier darauf hinzuweisen, dass die Effizienz von Disziplinarmaßnahmen im Anschluss an interne Untersuchungen entscheidend davon abhängt, inwieweit die Bediensteten des Amtes bei ihrer Untersuchung die Besonderheiten des Disziplinarrechts beachtet haben.

    [43] Beschluss der Kommission vom 19. Februar 2002. C(2002) 540.

    Damit Koordinierung und Komplementarität verbessert werden können ist es unverzichtbar, dass das Amt seinen Wirkungskreis anhand mehrerer Kriterien präziser absteckt. Einige Parameter ergeben sich zwingend aus dem Grundsatz der Spezialität, namentlich das Kriterium der Strafverfolgung oder der Expertise im Bereich der Bekämpfung schwerer Formen der Wirtschafts- und Finanzkriminalität. [44] Bei Dienstvergehen sollte das Amt insoweit eingeschaltet werden, als sein Fachwissen auf dem Gebiet der Wirtschafts- und Finanzkriminalität benötigt wird.

    [44] Außerdem ist zu bemerken, dass die Mitglieder der Organe nicht dem Statut und daher auch nicht der Kontrolle seitens der Disziplinarinstanzen unterliegen. Um diese Rechtslücke zu schließen, hat der Gesetzgeber die Zuständigkeit des Amtes vorgesehen.

    Nach Auffassung der Kommission könnte der Ermittlungsbereich des Amtes und der der Disziplinarinstanzen in Vereinbarungen abgegrenzt werden, die vorsehen würden, dass dem Amt die Aufdeckung schwerwiegender Handlungen vorbehalten bleibt, die Wirtschafts- und Finanzdelikte darstellen können. Des Weiteren könnte eine Verhaltenstypologie aufgestellt werden, an Hand deren die Kompetenzen genauer abgegrenzt werden könnten. Dazu bedarf es umfassender Arbeiten zur Definition und Einordnung der verschiedenen Arten von Dienstvergehen.

    Empfehlung Nr. 8 (E.8)

    Die Kommission empfiehlt den Abschluss von Vereinbarungen, mit denen die konkrete Verteilung der Aufgaben zwischen dem Amt und den Disziplinarinstanzen geklärt wird.

    * Fachgremien für finanzielle Unregelmäßigkeiten

    Die Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 des Rates vom 25. Juni 2002 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemeinschaften [45] berührt nicht die Bestimmungen der Verordnungen (EG) Nr. 1073/1999 und (Euratom) Nr. 1074/1999 und somit nicht die Befugnisse des Amtes.

    [45] ABl. L 248 vom 16.9.2002, S.1.

    Gleichwohl sieht die Haushaltsordnung vor, dass jedes Organ "ein funktional unabhängiges Fachgremium" einsetzt, das "über das Vorliegen einer finanziellen Unregelmäßigkeit und die etwaigen Konsequenzen befindet". Das Organ entscheidet auf der Grundlage der Stellungnahmen dieses Gremiums über die Einleitung eines Disziplinarverfahrens oder eines Verfahrens wegen einer finanziellen Haftung. [46]

    [46] Artikel 66 Absatz 4 der Haushaltsordnung.

    Es ist unerlässlich, eine angemessene Abstimmung der Interventionen dieser Gremien mit denen des Amtes sicherzustellen, ohne die Zuständigkeiten des Amtes anzutasten. Die Gremien bewerten in ihren Stellungnahmen das Vorliegen von Unregelmäßigkeiten, deren Schweregrad und etwaige Konsequenzen; ergibt die Analyse, dass das Amt zuständig ist, so wird dieses umgehend unterrichtet.

    Nach Ansicht der Kommission müssen mit dem System erst Erfahrungen gesammelt werden, um festzustellen zu können, ob Verbesserungsbedarf besteht.

    * Der Rechnungshof

    Gemäß den Artikeln 246 et 248 EG-Vertrag nimmt der Rechnungshof die Rechnungsprüfung wahr und prüft zu diesem Zweck die Rechnung über alle Einnahmen und Ausgaben der Gemeinschaft sowie deren Rechtmäßigkeit und Ordnungsmäßig und überzeugt sich von der Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung. Im Rahmen seines Prüfungsauftrags überprüft er die Zuverlässigkeit der Systeme, und zwar prinzipiell, ohne dass er zuvor Hinweise erhalten hat. Der Rechnungshof hat nicht vorrangig die Aufgabe, strafbare Handlungen aufzudecken; er verfügt nicht wie das Amt für Betrugsbekämpfung über die Zuständigkeiten, die es ihm erlauben, individuelle Verantwortlichkeiten festzustellen. Um die Zusammenarbeit mit dem Amt auf eine feste Grundlage zu stellen, wurde in einer Vereinbarung zwischen dem Amt und dem Rechnungshof festgeschrieben, dass Letzterer dem Amt die Elemente mitteilt, die einen Betrug darstellen könnten, und das Amt den Hof über die Folgemaßnahmen unterrichtet.

    Nach Ansicht der Kommission müsste es damit möglich sein, die Zusammenarbeit zwischen dem Amt und dem Rechnungshof zu festigen.

    In dem Maße wie diese Art von Regelung die Durchführung der internen Untersuchungen des Amtes unter gleichen Bedingungen in allen Organe, Einrichtungen, Agenturen und Ämtern erleichtern könnte, hält es die Kommission für angebracht, Überlegungen darüber anzustellen, ob spezifische Vereinbarungen zwischen dem Amt und den anderen Organen, Einrichtungen, Ämtern und Agenturen vorgesehen werden sollten.

    Empfehlung Nr. 9 (E.9)

    Die Kommission empfiehlt dem Amt, zu prüfen, inwieweit es zweckmäßig ist, die Praxis der Vereinbarungen auf andere Organe, Einrichtungen sowie Ämter und Agenturen auszudehnen.

    1.2.4. Kooperation auf Unions- und internationaler Ebene

    Angesichts des grenzüberschreitenden Charakters der Wirtschafts- und Finanzkriminalität und der Tragweite der Maßnahmen der Europäischen Gemeinschaft im Rahmen ihrer Kooperation mit Drittländern ist eine Verbesserung der Zusammenarbeit mit sämtlichen für die Bekämpfung dieser Kriminalität zuständigen Instanzen erforderlich. Auch gilt es, die Kompetenzen des Amtes mit denen von Europol und Eurojust zu verknüpfen und die Modalitäten ihrer Zusammenarbeit zu regeln. Die Verordnungen (EG) Nr. 1073/1999 und (Euratom) Nr. 1074/1999 enthalten keine diesbezügliche Vorschrift. Das Amt ist Teil eines Gemeinschaftsorgans, das Unabhängigkeit gegenüber der nationalen Ebene genießt; Europol und Eurojust nehmen als Einrichtungen der dritten Säule Aufgaben wahr, die auf die Koordinierung nationaler Maßnahmen ausgerichtet sind.

    * Europol

    Gemäß Artikel 2 Absatz 6 des Beschlusses über die Errichtung des Amtes ist das Amt direkter Ansprechpartner der Polizeibehörden. Mit dem Beschluss des Rates vom 6. Dezember 2001 [47] wurde das Mandat von Europol ausgedehnt auf die im Anhang zum Europol-Übereinkommen aufgeführten schwerwiegenden Formen internationaler Kriminalität. Das Europol-Mandat erfasst unter anderem Betrug und Korruption. In einem Erwägungsgrund dieses Beschlusses heißt es, dass die Rolle der Kommission nicht berührt wird. Gemäß einer im Anhang zu diesem Beschluss enthaltenen Erläuterung ".....kommt der .. Rat überein, dass bei der Aufnahme der Betrugsdelikte unter die im Anhang zum Europol-Übereinkommen genannten Kriminalitätsformen die Zuständigkeit von OLAF (...) für Betrugsdelikte (bei Steuern und Zöllen) berücksichtigt werden muss, weshalb Verhandlungen über ein Abkommen zwischen Europol und der Kommission aufzunehmen sind."

    [47] ABl. C 362 vom 18.12.2001, S. 1.

    Die von der Kommission und Europol am 18. Februar 2003 unterzeichnete Vereinbarung sieht vor, dass Europol und das OLAF in den Bereichen, in denen das Amt unabhängige Untersuchungsbefugnisse besitzt, Vereinbarungen direkt schließen kann.

    Die Kommission stellt fest, dass das Amt und Europol ebenfalls eine bessere Zusammenarbeit anstreben. Damit Europol dem Amt Informationen übermitteln und somit die Zusammenarbeit verbessert werden kann, bedarf es eines einstimmigen Beschlusses des Rates. Das ergibt sich aus Artikel 10 Absatz 4 und Artikel 18 des Europol-Übereinkommens. Angesichts dieser rechtlichen Beschränkungen findet zwischen Europol und dem Amt nach wie vor kein nennenswerter Austausch statt. Alle Optionen, um hier Abhilfe zu schaffen, sollten sondiert werden, beispielsweise eine regelmäßigere Beteiligung des Amtes an den Sitzungen des Europol-Verwaltungsrates, die persönliche Kontakte fördern und die Einsicht in die Nützlichkeit eines Informationsaustauschs zwischen Europol und dem Amt erhöhen würde.

    * Eurojust

    Gemäß Artikel 2 Absatz 6 des Beschlusses über die Errichtung des Amtes, ist das Amt direkter Ansprechpartner der Justizbehörden. In den Kompetenzbereichen der Gemeinschaft wie dem Schutz der finanziellen Interessen sollte sich die Abstimmung bei der operativen Zusammenarbeit (u.a. justizielles Follow-up der Untersuchungen des Amtes) direkt über die Funktion "Beratung und Follow-up in Justizangelegenheiten" des Amtes vollziehen.

    Eurojust ist eine ständige Einrichtung der Europäischen Union mit eigenen Prioritäten, die die justizielle strafrechtliche Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten koordiniert. Es wurde mit Beschluss des Rates vom 28. Februar 2002 [48] errichtet und ist an die Stelle der am 1. März 2001 als Vorläufer eingerichteten Stelle Pro-Eurojust getreten. Im Erwägungsgrund 8 des Beschlusses heißt es, dass "die Zuständigkeiten von Eurojust (...) die Zuständigkeiten der Gemeinschaft hinsichtlich des Schutzes ihrer finanziellen Interessen ... nicht .. berühren." Die Kommission hat sich veranlasst gesehen, dem Ratsbeschluss eine Erklärung im Sinne einer Bevorrechtigung des Acquis communautaire anzufügen. [49] Eurojust verfügt nicht über eigene Ermittlungsbefugnisse auf europäischer Ebene. Ziel von Eurojust als justizieller Einrichtung ist es, die Koordinierung und Zusammenarbeit zwischen den nationalen Strafverfolgungsbehörden zu verbessern und diesen dabei zu helfen, ihre Ermittlungen und Strafverfolgungen bei schweren Straftaten effizienter zu gestalten.

    [48] ABl. L 63 vom 6.3.2002, S. 1.

    [49] Diese Erklärung besagt, dass "die Gemeinschaft und die Mitgliedstaaten gemeinsam Verantwortung tragen für den Schutz der finanziellen Interessen der Gemeinschaften. Deshalb sei in Bezug auf die Verträge Artikel 280 EG-Vertrag die spezifische Rechtsgrundlage für Kooperationsmaßnahmen, die mit den zuständigen einzelstaatlichen Behörden durchgeführt würden (...) oder für Maßnahmen, die erforderlich seien, um Betrug und sonstige rechtswidrige Tätigkeiten zum Nachteil der finanziellen Interessen der Gemeinschaften zu bekämpfen. Die enge und regelmäßige Zusammenarbeit zwischen dem Amt und den innerstaatlichen Verfolgungsbehörden einerseits und der Kommission (OLAF) und Eurojust andererseits müsse insbesondere in diesem Rahmen sichergestellt werden. "

    Die Kommission stellt in diesem Zusammenhang fest, dass gegenwärtig über eine Vereinbarung zwischen dem Amt und Eurojust nach Artikel 22 der Eurojust-Geschäftsordnung verhandelt wird. In dieser Vereinbarung sollte geregelt werden, wie die Zusammenarbeit und der gegenseitige Austausch von Informationen in konkreten Fällen sowie über allgemeinere Themen, die sowohl für das Amt als auch für Eurojust von Interesse sind, gestaltet wird.

    Zu den Beziehungen zwischen den Einrichtungen der Union wie Europol oder Eurojust vertritt die Kommission die Ansicht, dass der besonderen Verantwortung der europäischen Organe für den Schutz der Gemeinschaftsinteressen, insbesondere den finanziellen Interessen, Rechnung getragen werden muss. Sowohl die Kommission als auch die beiden Teile der Haushaltsbehörde tragen in diesem Bereich eine große Verantwortung. [50] Es darf in diesem Bereich keinen Rückschritt gegenüber dem gemeinschaftlichen Besitzstand geben.

    [50] Der Schutz der finanziellen Interessen der Gemeinschaften ist verknüpft mit anderen Verpflichtungen der Organe und insbesondere der Kommission hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung (Artikel 274 bis 276 EG-Vertrag), in enger Verbindung mit der geteilten Verantwortung gemäß Artikel 280 EG-Vertrag.

    * Drittländer

    Auf Ebene der Kommissionsdienststellen ist das Amt zuständig für die Aushandlung von Abkommen oder Protokolle über die Amtshilfe in Zollangelegenheiten. Bislang wurden 41 Abkommen dieser Art geschlossen. Verhandlungen mit Syrien und China sind im Gange. Nach Ansicht der Kommission muss das OLAF seine Bemühungen um den Abschluss solcher Abkommen und Protokolle mit anderen Ländern fortsetzen und insbesondere den Informationsaustausch und die wechselseitige Kooperation intensivieren. Die Anwendung dieser Instrumente wird in den einschlägigen gemischten Ausschüssen überwacht.

    Außerdem laufen derzeit Verhandlungen mit der Schweiz über ein Abkommen zur Bekämpfung von Betrug und sonstigen rechtswidrigen Handlungen zum Nachteil der finanziellen Interessen beider Vertragsparteien (Amtshilfe und Zusammenarbeit der Justizbehörden).

    Wie wichtig die Zusammenarbeit mit den Drittländern ist, haben auch die Arbeiten im Zusammenhang mit dem Schutz des Euro gegen Fälschungen gezeigt (siehe 2.3). In diesem Zusammenhang muss Artikel 9 der Verordnung (EG) Nr. 1338/2001 dahingehend umgesetzt werden, dass in die Kooperations-, Assoziations- und Beitrittsvorbereitungsvereinbarungen Bestimmungen über die Bekämpfung der Geldfälschung aufgenommen werden.

    Schließlich ist die Kommission der Ansicht, dass ein derartiges Vorgehen nach dem Vorbild der Vereinbarungen, die bereits mit einigen Behörden von Drittstaaten oder mit bestimmten Behörden geschlossen wurden (z.B. mit der russischen Steuerpolizei), auch bei anderen Behörden und Einrichtungen erwogen werden könnte.

    Empfehlung Nr. 10 (E.10)

    Die Kommission empfiehlt, die Verhandlungen über weitere internationale Amtshilfe-Abkommen in Zollangelegenheiten fortzuführen, um insbesondere den Informationsaustausch und die Zusammenarbeit zwischen der Gemeinschaft und den Drittlandsbehörden zu intensivieren.

    Die Kommission empfiehlt ebenfalls Bestimmungen über den Informationsaustausch zwischen der Gemeinschaftsebene und den Behörden von Drittstaaten für den Bereich der Geldfälschung, insbesondere im Rahmen von Abkommen über die Zusammenarbeit, ihren Beitritt oder ihre Beitrittsvorbereitung.

    Schließlich empfiehlt die Kommission dem Amt die Zweckmäßigkeit einer Ausweitung der mit bestimmten Drittstaaten geschlossenen Abkommen auf weitere Drittstaaten zu prüfen.

    * Internationale Einrichtungen

    Das Amt unterhält einschlägige Kontakte zu verschiedenen international agierenden Akteuren wie Interpol, Weltzollorganisation (WZO), Weltbank. Die Zusammenarbeit beinhaltet insbesondere die Teilnahme an international zusammengesetzten Foren. So wird das Amt 2003 die Jahreskonferenz der internationalen Ermittler ausrichten. Das Amt hat die Möglichkeit, die Modalitäten einer verstärkten Zusammenarbeit mit diesen Partnern vorzusehen. In der Weltzollorganisation hat das Amt Beobachterstatus in mehreren Ausschüssen; in operativer Hinsicht findet ein Datenaustausch zwischen den Datenbanken des Amtes und der Datenbank der Weltzollorganisation statt, u.a. zum Zigarettenschmuggel. Wie die Praxis gezeigt hat, ist es z.B. nützlich, Interpol zu den Beratungen über den Schutz des Euro vor Fälschungen des Beratenden Ausschusses für Betrugsbekämpfung der Kommission (in dem das Amt den Vorsitz führt) hinzuziehen. Dabei lässt sich ein reeller Mehrwert für die Anwendung der internationalen Rechtsinstrumente zur Bekämpfung der Geldfälschung sowie für die Einbeziehung dieses Rechtsbestands in das Gemeinschaftssystem (Ämter oder zentrale nationale Kontaktstellen) erzielen.

    *

    2. DIE ALLGEMEINEN AUFGABEN DER KOMMISSION: DAS BESONDERE FACHWISSEN DES AMTES

    Das Amt hat wie die anderen Dienststellen der Kommission den Auftrag, Maßnahmen vorzubereiten, zu konzipieren und durchzuführen sowie Beschlüsse der Kommission umzusetzen. Gemäß den einschlägigen Vorschriften erstreckt sich die Verantwortung des Amtes über den Schutz der finanziellen Interessen der Gemeinschaften hinaus auf alle Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem Schutz von Gemeinschaftsinteressen vor rechtswidrigen Verhaltensweisen, die verwaltungs- oder strafrechtlich verfolgt werden könnten. [51] Die Aufgaben des Amtes umfassen somit "sämtliche bisher von der Task Force "Koordinierung der Maßnahmen zur Betrugsbekämpfung" wahrgenommenen Aufgaben, insbesondere die Vorbereitung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften im Tätigkeitsbereich des Amtes, einschließlich der Instrumente gemäß Titel VI des Vertrags über die Europäische Union". [52]

    [51] Siehe insbesondere Erwägungsgrund 6 des Beschlusses 1999/3527 EG, EGKS, Euratom und Erwägungsgrund 5 der Verordnungen (EG) Nr. 1073/1999 und (Euratom) Nr.° 1074/1999.

    [52] Artikel 2 Absätze 1 bis 7 und 7. Erwägungsgrund des Beschlusses 1999/352/EG, EGKS, Euratom..

    Im Rahmen der vom Gesetzgeber festgeschriebenen Ziele zum Schutz der finanziellen Interessen der Gemeinschaften hat die Kommission durch die Einrichtung des Europäischen Amt für Betrugsbekämpfung sowohl Konzeptionsarbeit als auch Arbeit vor Ort in einem Dienst zusammenzugefasst.

    Die Konzeptionsaufgaben, die sich u.a. aus den Zielen in Artikel 280 EG-Vertrag, Artikel 1 Absatz 2 der Verordnungen (EG) Nr. 1073/1999 und (Euratom) Nr. 1074/1999 sowie in Artikel 2 des Beschlusses 1999/352/EG, EGKS, Euratom zur Errichtung des Amtes herleiten, beinhalten im Wesentlichen: Vorbereitung der Betrugsbekämpfungspolitik (Strategie) und von Rechtsvorschriften zu Verhütung, Zusammenarbeit und Bekämpfung von Betrug [53], aber auch Ausbau der Infrastrukturen, technische Unterstützung, Datensammlung und -auswertung sowie Vertretung der Kommission und Zusammenarbeit mit den zuständigen einzelstaatlichen Behörden.

    [53] Siehe auch Artikel 1 Absatz 2 der Verordnungen (EG) Nr. 1073/1999 und (Euratom) Nr. 1074/1999: "Das Amt trägt zur Planung und Entwicklung der Methoden zur Bekämpfung von Betrug und sonstigen rechtswidrigen Handlungen zum Nachteil der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaft bei."

    Nachstehend wird anhand einiger Beispiele bewertet, wie sich die Nähe zwischen den allgemeinen, vom Amt wahrgenommenen Aufgaben der Kommission, und den operativen Aufgaben auswirkt.

    2.1. Betrugsbekämpfungsstrategie

    In der von der Kommission 1994 beschlossenen Strategie zum Schutz der finanziellen Interessen der Gemeinschaften und zur Bekämpfung von Betrug sowie in den späteren Arbeitsprogrammen der Kommission zur Betrugsbekämpfung, insbesondere dem Arbeitsprogramm für 1998/1999 kommt der Wille zum Ausdruck, auf den Erfahrungen der früheren Task Force zur Koordinierung der Betrugsbekämpfung aufzubauen. [54] Mithilfe dieses interdisziplinären Fachwissens konnte ein besonderes Know-how auch für andere Bereiche verfügbar gemacht werden, in denen es materiellrechtliche Bestimmungen gibt, deren Verletzung verwaltungs- oder strafrechtlich geahndet werden kann. So wurden zunächst die Task Force und in der Folge das Amt für Betrugsbekämpfung als Dienst der Kommission beauftragt, deren Betrugsbekämpfungsstrategie auszuarbeiten und entsprechend dazu beizutragen.

    [54] KOM(1994) 92 endg. und KOM(1998) 278 endg. Diese Strategie umfasste vier Schwerpunkte (verstärkte Präsenz vor Ort und Unterstützung der operativen Tätigkeit; Verstärkung der Partnerschaft zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten, einschließlich unter Entwicklung der Informationsnetze und Verbesserung der Auswertung der Informationen; Verbesserung des gemeinschaftlichen Rechtsrahmens und größere Vereinbarkeit der nationalen Rechtsvorschriften) siehe auch die Jahresberichte der Kommission über den Schutz der finanziellen Interessen und die Betrugsbekämpfung für die Jahre 1995, 1996 und 1997 (KOM(1996) 173 endg., KOM(1997) 200 endg., KOM(1998) 276 endg.).

    Mit den Schwerpunkten der im Juni 2000 beschlossenen Betrugsbekämpfungsstrategie [55], und den zu ihrer Durchführung aufgestellten Arbeitsprogrammen wird der Grundsatz, die Bereiche Untersuchung, strategische und operative Intelligence, Auswertung der operativen Ergebnisse und die allgemeinen Aufgaben der Kommission im Amt für Betrugsbekämpfung zusammenzuführen, konkret umgesetzt.

    [55] Globale Rechtsetzungspolitik auf dem Gebiet der Betrugsbekämpfung; die neue Kultur der operativen Zusammenarbeit; Interinstitutioneller Ansatz für die Bekämpfung von Korruption"; Stärkung der strafrechtlichen Dimension.

    Als Dienst der Kommission trägt das Amt im Rahmen dieser Strategie zu Initiativen bei, die darauf abstellen, die Mittel auszubauen, die für eine globales Verständnis des länderübergreifenden Betrugs erforderlich sind. Es fördert eine konkrete, enge und regelmäßige Zusammenarbeit und vermeidet dabei jegliche Zersplitterung und Abschottung des Wissens. Flankierend werden Instrumente, Mittel und Maßnahmen in den Bereichen Prävention, Kooperation und Ahndung von grenzüberschreitender Kriminalität entwickelt, z.B. ein Raster mit Auslegungskriterien für gemeldete Unregelmäßigkeiten, das es erlaubt, die Daten (Intelligence) und die Untersuchungen besser zu koordinieren, der Rückgriff auf das Fachwissen des Beratenden Ausschuss für die Betrugsbekämpfung (siehe 2.6) sowie die Verfahren zur Sicherstellung der Betrugssicherheit (siehe 2.2.1).

    Seine Arbeitsprogramme und jährlichen Bestandsaufnahmen (Berichte gemäß Artikel 280 EG-Vertrag) bieten der Gemeinschaft eine Orientierung und erlauben es, die Entwicklung der Betrugsbekämpfungspolitik der Kommission zu verfolgen.

    Die Kommission vertritt angesichts ihrer Zuständigkeit für den Haushaltsvollzug (Artikel 274 EG-Vertrag), die eng verknüpft ist mit ihrer Verantwortung für den Schutz der finanziellen Interessen (Artikel 280 EG-Vertrag) die Auffassung, dass sie - ohne die operative Unabhängigkeit des Amtes anzutasten - die Gründzüge der Betrugsbekämpfungspolitik festlegen und zur operativen Strategie des Amtes beitragen kann. Dadurch könnte auch den Empfehlungen der anderen Organe (Entschließungen des Europäischen Parlaments, Berichte des Rechnungshofs, Schlussfolgerungen des Rates) Rechnung getragen werden. Die Kommission wird für die Arbeit mit dem Amt Modalitäten festlegen (siehe 3.5.1), die es diesem erlauben werden, die Beiträge der Kommission und der anderen Organe bei der Aufstellung des Tätigkeitsprogramms gemäß Artikel 11 der Verordnungen (EG) Nr. 1073/1999 und (Euratom) Nr. 1074/1999 zu berücksichtigen.

    Empfehlung Nr. 11 (E.11)

    Die Kommission empfiehlt dem Amt, bei der Aufstellung seines Tätigkeitsprogramms den betrugsbekämpfungsbezogenen Leitlinien und Beiträgen der Organe Rechnung zu tragen und sich auf die strategische und operative Intelligence zu stützen.

    2.2. Prävention

    Einer der Schwerpunkte der im Juni 2000 beschlossenen Strategie ist die Prävention. Das Amt wirkt unmittelbar an der Konzipierung und Durchführung von Maßnahmen mit, die sich sowohl in diese Strategie als auch in die Reform der Kommission (Weißbuch) einfügen. Die Rolle, die dem Amt im Weißbuch zugewiesen wird, macht den politischen Willen der Kommission deutlich, mithilfe des Fachwissens des Amtes wirksam gegen Betrug vorzugehen.

    2.2.1. Betrugssicherheit

    Die Kommission konnte im Rahmen der Maßnahme 94 ihres Reform-Weißbuchs sowie der Strategie von Juni 2000 durch Maßnahmen zur Verbesserung der Betrugssicherheit auf Gemeinschaftsebene (Rechtsvorschriften und Vertragsmanagement) die Prävention kohärenter gestalten.

    Sie hat am 7. November 2001 eine Mitteilung [56] verabschiedet, in der vorgesehen ist, dass das Amt in allen Bereichen der Gemeinschaftsfinanzen die anderen Dienststellen regelmäßig unterstützt. Dabei kann es sich auf seine Erfahrungen mit den Untersuchungen stützen, bei denen es etwaige Schwachstellen der Rechtsvorschriften feststellen kann. Deshalb finden für neue Rechtsvorschläge mit nennenswerten politischen oder finanziellen Auswirkungen frühzeitig im Legislativverfahren Konsultationen statt, in deren Rahmen das Amt den zuständigen Dienststellen der Kommission dabei hilft, die Risikobereiche zu ermitteln. Die Konsultationen finden auch für die Verträge, öffentlichen Aufträge und Finanzhilfen statt, insbesondere im Bereich der direkten Ausgaben, die von der Kommission verwaltet werden.

    [56] Mitteilung der Kommission zur Betrugssicherheit der Rechtsvorschriften und des Vertragsmanagements. SEK(2001) 2029.

    Die Kommission stellt fest, dass das Europäische Parlament unlängst [57] die Vorteile eines solchen Vorgehens hervorgehoben hat, das eine effizientere Präventionskultur fördert, in die das Amt eingebunden ist, um den durch seine Expertise bewirkten Mehrwert einzubringen. Die Kommission setzt die Durchführung der Weißbuch-Maßnahme 94 konsequent fort.

    [57] Entschließung des Europäischen Parlaments vom 10. Oktober 2002 zu der vorstehend genannten Mitteilung der Kommission zur Betrugssicherheit. PE 323.627.

    2.2.2. Berufsethische Regeln

    Die Maßnahme 92 des Reform-Weißbuchs sieht Folgendes vor: "Es werden Leitlinien aufgestellt, um das Verhalten der Bediensteten während der gesamten Laufzeit der Programme und Vorhaben an leistungsorientierten Kriterien auszurichten. Sie werden darauf hingewiesen, welche Verhaltensweisen (.....) zu unbeabsichtigten Irrtümern, Interessenkonflikten und Unregelmäßigkeiten führen könnten" (siehe 1.2.3 "Disziplinarinstanzen").

    Auf dieser Grundlage hat das Amt ein operatives Instrument entwickelt, das die ethische Qualität der beruflichen Verhaltensweisen in der Kommission verbessern soll. Es handelt sich um einen Leitfaden, in dem berufsethische Normen dargelegt und anhand konkreter Beispiele erläutert werden.

    Dieser vom Kollegium noch zu billigende Leitfaden kann den anderen Organen und Einrichtungen, Ämtern und Agenturen übermittelt werden. Der Leitfaden kann als Grundlage für Schulungsmaßnahmen zu berufsethischen Fragen dienen.

    2.2.3. Erweiterung

    Die Kommission ist bestrebt, die Prävention noch vor den neuen Beitritten auszubauen und hat deshalb aufgelistet, in welchen Staaten noch Handlungsbedarf besteht. Die ordnungsgemäße Umsetzung des Acquis im Bereich der Bekämpfung von Betrug und Korruption erfordert nicht nur Gesetze; sie setzt auch voraus, dass die Bewerberstaaten operativ in der Lage sind, die finanziellen Interessen der Gemeinschaften so wirksam und in dem Maße zu schützen, wie dies im Prinzip in den Mitgliedstaaten der Fall ist. Das Amt hilft den zuständigen Behörden dieser Länder, einige strukturelle Orientierungen festzulegen (Ausbau der Institutionen), noch vor dem Beitritt effiziente präventionsorientierte Organisationsstrukturen zu entwickeln, und eine gezielte Ermittlungspolitik zum Schutz der finanziellen Interessen der Gemeinschaften zu erarbeiten.

    Nach Auffassung der Kommission kommt den Bewerberländern bei ihren Bemühungen, das Gemeinschaftssystem zur Verhütung und Bekämpfung von Betrug zu übernehmen, das Fachwissen des Amtes zugute. Die Kommission beabsichtigt, gemeinsam mit dem Amt die Tätigkeiten im Bereich der Betrugsprävention sowie der technischen und operativen Unterstützung in den Bewerberländern weiterzuführen. Wichtig sind hier auch die einschlägigen Schulungsmaßnahmen, die das Amt weiterhin aktiv mitgestalten muss.

    2.3. Gesetzgebung

    Die Kommission hat ausgehend von der Arbeit des früheren Betrugsbekämpfungsreferats und - seit 1999 - des Amtes mehrere Rechtsvorschläge unterbreitet, die die ersten Elemente eines globalen Konzepts darstellen, das auf der Komplementarität der Instrumente der ersten und dritten Säule beruht. Die Arbeit vor Ort und die in den Regelungen festgestellten Lücken und Unklarheiten waren Ausgangspunkt einer kontinuierlichen Legislativarbeit, die darauf abzielt, abschreckende, wirksame und verhältnismäßige Regeln aufzustellen und die Ziele von Artikel 280 EG-Vertrag zu verwirklichen.

    Was die verwaltungsrechtlichen Sanktionen der Gemeinschaft betrifft, so empfiehlt es sich, diese auszudehnen und die Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 zu ergänzen. Die Kommission weist ferner darauf hin, dass den Forderungen des Rechnungshofs, insbesondere nach Einführung eines angemesseneren Sanktionssystems im Forschungsbereich nachzukommen ist.

    Das beim Schutz der finanziellen Interessen der Gemeinschaften erworbene Fachwissen hat es der Kommission auch erlaubt, Vorschläge zum Schutz des Euro gegen Fälschungen zu unterbreiten, die rechtzeitig vor der Euro-Einführung angenommen wurden. [58] Nach Auffassung der Kommission erbringt das Amt mit seinem Fachwissen einen Mehrwert bei der Vorbereitung von Legislativvorschlägen im Bereich des Schutzes der finanziellen Interessen der Gemeinschaften sowie zur Konsolidierung des Rechtsrahmens für die operativen Aufgaben des Amtes (siehe E. 3).

    [58] Siehe insbesondere die Verordnungen des Rates (EG) Nr. 1338/2001 vom 28. Juni 2001 zur Festlegung von zum Schutz des Euro gegen Geldfälschung erforderlichen Maßnahmen sowie 1339/2001 zur Ausdehnung der Wirkungen der Verordnung zur Festlegung von zum Schutz des Euro gegen Geldfälschung erforderlichen Maßnahmen auf die Mitgliedstaaten, die den Euro nicht als einheitliche Währung eingeführt haben (ABl. L 181 vom 4.7.2001), sowie den Beschluss 2001/923/EG des Rates vom 17. Dezember 2001 über ein Aktionsprogramm in den Bereichen Austausch, Unterstützung und Ausbildung zum Schutz des Euro gegen Geldfälschung (Pericles-Programm) und den Beschluss 2001/924/EG über die Ausdehnung des vorgenannten Beschlusses auf die Mitgliedstaaten, die den Euro nicht als einheitliche Währung eingeführt haben (ABl. L 339 vom 21.12.2001).

    Empfehlung Nr. 12 (E.12)

    Die Kommission wird prüfen, inwieweit sie Vorschläge unterbreiten sollte, die erforderlichenfalls die Einführung verwaltungsrechtlicher Sanktionen der Gemeinschaft, wie sie in der gemeinsamen Agrarpolitik bestehen, in anderen Bereichen sowie die Vereinheitlichung der Sanktionen im Zollwesen vorsehen.

    2.4. Stärkung der justiziellen Dimension

    Bei seiner auf die Optimierung der strafrechtlichen Dimension und des justiziellen Follow-up seiner Untersuchungen abstellenden Tätigkeit hat das Amt einige Lücken festgestellt, die insbesondere auf die Zersplitterung des europäischen Strafrechtsraums (Aufrechterhaltung der nationalen Rechtsgrenzen), die Konflikte zwischen den verschiedenen Ansätzen im Bereich der Kriminalitätsbekämpfung sowie auf das Opportunitätsprinzip in der Strafverfolgung zurückzuführen sind. Diese Feststellung zeigt deutlich die Bedeutung der Gesamtstrategie der Kommission vom Juni 2000, die unter anderem auch auf die Stärkung der justiziellen Dimension abstellt.

    So hat das Amt nach und nach in Fortführung der Arbeit des ehemaligen Betrugsbekämpfungsreferats eine Expertise entwickelt in der operativen Zusammenarbeit mit den Polizeibehörden und den anderen Behörden, die im Rahmen der dritten Säule mit dem Schutz der finanziellen Interessen befasst sind: die Funktion Beratung und Folllow-up in Justizangelegenheiten [59] (siehe 1.2.2).

    [59] Das dem Direktor des Amtes unmittelbar unterstellte Referat "Richter und Staatsanwälte" trägt dazu bei, die Zusammenarbeit mit den nationalen Strafverfolgungsbehörden zu erleichtern.

    Dank der Analysen, die die Kommission seit geraumer Zeit gemeinsam mit mehreren hochqualifizierten Wissenschaftlern zum Thema Schutz der finanziellen Interessen durchgeführt hat, konnte ein entscheidender Reflexionsprozess in Gang gesetzt und dem Konvent zur Zukunft der Europäischen Union ein besonderer Beitrag zur Frage der Europäischen Staatsanwaltschaft vorgelegt werden. [60] Zum Sachstand in dieser Frage hat sie nunmehr auch einen Follow-up-Bericht zum Grünbuch über den strafrechtlichen Schutz der finanziellen Interessen der Gemeinschaften und zur Schaffung einer Europäischen Staatsanwaltschaft vorgelegt (siehe 3.4 letzter Absatz sowie den Abschnitt "Perspektiven").

    [60] Von Herrn Barnier und Herrn Vitorino übermittelter Beitrag von Frau Schreyer zur Schaffung einer Europäischen Staatsanwaltschaft. WD 27, 25.11.2002.

    Empfehlung Nr. 13 (E.13)

    Die Kommission ersucht den Konvent zur Zukunft Europas, im Sinne einer effizienteren Strafverfolgung ihren Vorschlag zu berücksichtigen, im Verfassungsteil des Vertrags die Errichtung einer Europäischen Staatsanwaltschaft festzuschreiben, die insbesondere zur Einhaltung der gerichtlichen Garantien beitragen und zugleich die Kontrolle der operativen Tätigkeiten des Amtes sicherstellen würde.

    2.5. Instrumente der technischen Unterstützung

    Gemäß Artikel 280 EG-Vertrag und Artikel 1 Absatz 2 der Verordnungen (EG) Nr. 1073/1999 und (Euratom) Nr. 1074/1999 leistet die Kommission den Mitgliedstaaten über das Amt Unterstützung im Hinblick auf eine enge und regelmäßige Zusammenarbeit und die etwaige Koordinierung der nationalen Maßnahmen zum effizienteren Schutz der Gemeinschaftsinteressen. Gegebenenfalls unterstützt sie auch intergouvernementale Maßnahmen im Rahmen der dritten Säule (siehe 1.2.1). Die Kommission hat das Amt beauftragt, die erforderlichen Betrugsbekämpfungsinfrastrukturen aufzubauen sowie die Sammlung und Auswertung von Informationen sicherzustellen. In diesem Rahmen hat sie dem Amt eine besondere Zuständigkeit für die Umsetzung der Maßnahme 96 des Reform-Weißbuchs im Bereich des Einziehung von Forderungen zugewiesen. [61] Gerade ein effizientes administratives und finanzielles Follow-up ist ein wichtiges Element, um den Schutz der finanziellen Interessen, insbesondere durch die Einziehung von Forderungen, zu verbessern. Die Instrumente der zentralen Erfassung und der Auswertung von Informationen sind Teil der der Kommission unterstellten Funktion des administrativen und finanziellen Follow-up. Ziel ist, eine effizientere Kontrolle der Realität und Ordnungsmäßigkeit der im Rahmen der verschiedenen Gemeinschaftspolitiken finanzierten Maßnahmen zu gewährleisten und betrugsbedingt entgangene Beträge wiedereinzuziehen. Um eine enge Zusammenarbeit mit den verschiedenen beteiligten Dienststellen zu ermöglichen, wurde innerhalb des Amtes ein Referat eingerichtet, das zuständig ist für die administrativen und finanziellen Folgemaßnahmen zu den Untersuchungen des Amtes im Bereich der direkten Ausgaben. [62] Außerdem kann das Amt die Kommission bei der Beurteilung der Frage beraten, ob auf nationaler oder Gemeinschaftsebene Finanzkorrekturen vorzunehmen sind. Dank der Erfahrungen, die das Amt im Rahmen der operativen Partnerschaft mit den nationalen Verwaltungs- und Justizbehörden (z.B. in den Vereinigten Staaten in einem vor den dortigen Bundesgerichten gegen amerikanische Zigarettenhersteller geführten Zivilprozess) sammeln konnte, hat die Kommission einige Instrumente entwickeln können, auf deren Grundlage die Gemeinschaft die Mitgliedstaaten vertritt.

    [61] Auf der Grundlage der Mitteilungen der Kommission vom 13. Dezember 2000 betreffend der Einziehung zu Unrecht gezahlter Mittel (SEK(2000)2204) sowie vom 3. Dezember 2002 (Verbesserung der Einziehung von Gemeinschaftsforderungen aus der direkten und der geteilten Verwaltung der Gemeinschaftsausgaben (KOM(2002) 671 endg.) hat die Kommission dem Amt die Zuständigkeit für die Einleitung zivilrechtlicher (oder nach innerstaatlichem Recht gleichwertiger) Maßnahmen zugewiesen, wenn die Untersuchungen des Amtes im Bereich der direkten Ausgaben in Gerichtsverfahren münden. Nach dem Willen der Kommission soll das Amt als Dienst der Kommission ebenso wie der Juristische Dienst als Nebenkläger in den anderen Bereichen auftreten können. Auf Ersuchen der anderen Kommissionsdienststellen kann das Amt im Rahmen seiner Möglichkeiten auch Unterstützung beim Aufspüren untergetauchter Schuldner leisten.

    [62] Die anweisungsbefugte Generaldirektion, der Rechnungsführer der Generaldirektion Haushalt und der Juristische Dienst der Kommission.

    Außerdem leistet das Amt technische Unterstützung insbesondere im Bereich der Fortbildung für die zuständigen nationalen Behörden, und zwar sowohl in Form von Seminaren, Zusammenkünften, Workshops und Besuchen als auch durch aktive Beteiligung an den von seinen Partnern durchgeführten Veranstaltungen. Das Amt kann Lehren aus seiner operativen Tätigkeit in den Bereichen Prävention, Zusammenarbeit und Ahndung ziehen und somit umfassende Informationen technischer, operativer und rechtlicher Art bieten; dies trägt dazu bei, die Adressaten dieser Fortbildungsveranstaltungen für die europäische Dimension ihrer Maßnahmen zu sensibilisieren. Das Amt verwaltet ebenfalls das vom Rat Ende 2001 angenommene Aktionsprogramm im Bereich Personalaustausch, Unterstützung und Fortbildung zum Schutz des Euro gegen Fälschung (Programm Perikles).

    Das Amt hat ein Netz von Kommunikationsbeauftragten für Betrugsbekämpfung (OAFCN [63]) eingerichtet. In diesem Netz sind die für Öffentlichkeitsarbeit zuständigen Personen der einzelstaatlichen Ermittlungsbehörden zusammengeschlossen, mit denen das Amt zusammenarbeitet. Ziel ist u.a., die Bedingungen für einen Dialog zu schaffen, die einzelstaatlichen Behörden sowie die Fachkreise unter Einschaltung des Netzes zu informieren und dafür zu sensibilisieren, dass es der Gemeinschaft ein Anliegen ist, zur Entwicklung einer Präventionskultur beizutragen.

    [63] OLAF Anti-Fraud Communicators Network.

    Nach Auffassung der Kommission leistet das Amt - neben seiner operativen Aufgabe - durch die Weiterentwicklung der ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten technische Unterstützung, um die anweisungsbefugten und die mittelbewirtschaftenden Dienststellen der Kommission oder, je nach Fall, die nationalen Behörden, in die Lage zu versetzen, ein angemesseneres administratives und finanzielles Follow-up zu gewährleisten und der Kommission in der Frage der Finanzkorrekturen Empfehlungen zu unterbreiten. Was die Mitgliedstaaten betrifft, so unterstützt das Amt gezielt die Ermittlungstätigkeit in den Mitgliedstaaten und trägt dazu bei, die Fortbildung der Bediensteten der Mitgliedstaaten, die im Bereich der Betrugsbekämpfung und des Schutz der finanziellen Interessen der Gemeinschaften eingesetzt sind, oder in diesem Bereich Informations- und Kommunikationsaufgaben wahrnehmen, zu verbessern.

    2.6. Vertretung der Kommission und Zusammenarbeit

    Gemäß dem Beschluss vom 28. April 1999 vertritt das Amt die Kommission bei den zuständigen einzelstaatlichen Behörden und in den für seine Zuständigkeitsbereiche maßgeblichen Gremien. Es obliegt ihm also, die Vorschläge der Kommission in den Verhandlungsgremien des Rates und des Europäischen Parlaments vorzustellen und zu vertreten.

    Ein weiterer Aspekt seiner Kooperations- und Koordinierungstätigkeit ist die Verwaltung einer Reihe beratender Ausschüsse beispielsweise in den Bereichen Landwirtschaft oder Zoll. Es führt ferner den Vorsitz im Beratenden Betrugsbekämpfungsausschuss der Kommission (Schutz der finanziellen Interessen und Schutz des Euro). [64] Ausgehend von der Feststellung, dass sie über ein möglichst breit gefächertes Sachverständigenwissen verfügen können muss (Finanzen, Zoll, Landwirtschaft und Strukturfonds, Polizei- und Justizwesen), hat die Kommission bei der Einsetzung dieses Ausschusses beschlossen, die Vertretung der Mitgliedstaaten interdisziplinär zu gestalten. [65]

    [64] Beschluss der Kommission 94/140/EG vom 23. Februar 1994 zur Einsetzung eines Beratenden Ausschusses für die Koordinierung der Betrugsbekämpfung. ABl. L 61 vom 4.3.1994, S. 27.

    [65] Jede einzelstaatliche Delegation kann nunmehr 4 Personen umfassen.

    Nach Ansicht der Kommission müssten die Arbeiten des Beratenden Betrugsbekämpfungsausschusses es ihr ermöglichen, die Zweckmäßigkeit neuer Initiativen in den einzelnen Betrugsbekämpfungsbereichen zu beurteilen, z.B. ob es sich empfiehlt, die beim EAGFL-Garantie vorgesehenen Sicherungsmaßnahmen bei potenziell unzuverlässigen Wirtschaftsteilnehmern (Regelung "Schwarze Liste") auf andere Bereiche auszudehnen.

    Die Kommission vertritt die Auffassung, dass das Amt gemeinsam mit den anderen Dienststellen der Kommission und den einzelstaatlichen Behörden im Beratenden Betrugsbekämpfungsausschuss bzw. in den verschiedenen Ausschüssen oder Arbeitsgruppen, in denen der Beratende Ausschuss den Vorsitz [66] führt, die in den Regelungen vorgesehenen Mechanismen regelmäßig bewerten sollte, damit die Kommission besser beurteilen kann, ob Anpassungen [67] dahingehend erforderlich sind, dass der Arbeitsaufwand für die Mitgliedstaaten besser auf den tatsächlichen Informationsbedarf der Kommission, der Organe und der anderen Mitgliedstaaten abgestimmt wird. In diesem Zusammenhang gilt es, bestimmte Begriffe z.B. den in Artikel 280 Absatz 1 EG-Vertrag verwendeten Begriff der rechtswidrigen Handlung zu klären, um den Informationsaustausch und die Zusammenarbeit zu verbessern, was sowohl für die operative Unabhängigkeit des Amtes als auch für die Durchführung der Verordnungen nützlich wäre.

    [66] Siehe insbesondere die Verordnungen (EG, Euratom) Nr. 1150/200 (Eigenmittel); (EG) Nr. 515/97 (Amtshilfe im Agrar- und Zollbereich); (EWG) Nr. 595/91; (EG) Nr. 1469/95 und Nr. 745/96 (EAGFL-Garantie); (EG) Nr. 1681/94 und Nr. 1831/94 (Strukturpolitische Maßnahmen) und (EG) Nr. 218/92 (indirekte Steuern).

    [67] über die Harmonisierung der Meldeschwellen hinaus; Schwelle, ab der die Mitgliedstaaten zur Meldung von Unregelmäßigkeiten verpflichtet sind: 10 000 Euro im Bereich Eigenmittel und 4 000 Euro in den Bereichen EAGFL-Garantie und strukturpolitische Maßnahmen.

    Die Kommission hält es für angebracht, zwecks Intensivierung der Zusammenarbeit mit den einzelstaatlichen Behörden den Beschluss zur Einrichtung des Beratenden Ausschusses für Betrugsbekämpfung zu aktualisieren, um die mit der Entwicklung der Aufgaben des Amtes (Schutz - einschließlich strafrechtlicher Schutz - der finanziellen Interessen und anderer Gemeinschaftsinteressen wie des Euro) einhergehenden Konsequenzen, insbesondere unter dem Aspekt der Hervorhebung seiner Rolle bei der Stärkung der justiziellen Dimension und seiner Funktion als Forum der Polizei- und Justizbehörden, besser zu verdeutlichen.

    Empfehlung Nr. 14 (E.14)

    Die Kommission empfiehlt, entsprechend ihrer Betrugsbekämpfungsgesamtstrategie und ihres Arbeitsprogramms, die Zusammenarbeit mit sämtlichen einzelstaatlichen Behörden, die zur Vorbeugung und Bekämpfung von Betrug und sonstigen rechtswidrigen Handlungen beitragen, auszubauen (multidisziplinäre Serviceplattform).

    Sie wird einen Vorschlag zur Aktualisierung ihres Beschlusses über den Beratenden Betrugsbekämpfungsausschuss unterbreiten, um seine justizielle Dimension zu stärken und ihn als Forum für die Polizei- und Justizbehörden zu etablieren.

    *

    3. UNABHÄNGIGKEIT UND ADMINISTRATIVE ZUORDNUNG: GEMISCHTER STATUS

    Das Amt wurde mit einem besonderen Status eingerichtet, um ihm die funktionale Unabhängigkeit zu garantieren, die es für seine Untersuchungen braucht, und gleichzeitig seine Zuordnung zur Kommission nicht anzutasten. Die Gründe dafür werden weiter oben, insbesondere in dem Teil, der der Entwicklung der Betrugsbekämpfung gewidmet ist, dargelegt. Ziel war es, möglichst rasch eine Lösung zu finden, die dazu beitragen könnte, die Betrugsbekämpfung effizienter und glaubwürdiger zu gestalten.

    Zunächst hatte die Kommission vorgeschlagen, eine externe Einrichtung zu schaffen. [68] Dieser Vorschlag entsprang dem Willen, dem Amt organisatorisch ein Höchstmaß an Unabhängigkeit zu verleihen. So erklärte Präsident Santer am 2. Dezember 1998 vor dem Europäischen Parlament [69]: "Es empfiehlt sich (...) eine deutliche Trennung zwischen Kontrolleuren und Kontrollierten. Damit völlige Klarheit geschaffen werden kann, sollten wir nicht auf halbem Wege stehen bleiben, sondern die Diskussion über die Auslagerung bestimmter Tätigkeiten auch wirklich zu Ende führen. Wie sind zu dem Schluss gelangt, dass die Schaffung eines völlig unabhängigen Amtes, das an keine Weisung der Kommission oder eines anderen Organs gebunden wäre, der naheliegendste und wirksamste Weg zur Verwirklichung des Ziels ist (...)".

    [68] Siehe Vorschlag der Kommission vom 1. Dezember 1998 für eine Verordnung zur Einrichtung eines Europäischen Amtes für Untersuchungen zur Betrugsbekämpfung. (KOM(1998) 717 endg.),

    [69] Nach einer Erklärung im Europäischen Parlament vom 6. Oktober 1998 : "(...) wenn die Bemühungen der Kommission im Bereich der Betrugsbekämpfung deshalb in Frage gestellt werden, weil die UCLAF in die Kommission eingebunden ist, ... dann ziehe ich es vor, die Untersuchungen auszulagern".

    Der Gesetzgeber hat diese Option verworfen. Über die politischen Aspekte dieser Reform hinaus galt es, vorrangig einige institutionelle und rechtliche Erwägungen zu berücksichtigen, so dass sich die Kommission veranlasst sah, ihren Vorschlag zu überarbeiten. Sie hat dann vorgeschlagen, in ihrer Dienststellen-Struktur ein Amt anzusiedeln, das ihr hinsichtlich der Wahrnehmung klassischer Kommissionsaufgaben verwaltungs- und haushaltsmäßig unterstellt, in seiner Untersuchungstätigkeit jedoch unabhängig sein sollte. Der Gesetzgeber hat diesen gemischten Status bestätigt und mehrere Mechanismen vorgesehen, um die operative Unabhängigkeit des Amtes und dessen reibungsloses Funktionieren innerhalb der Kommission zu gewährleisten, insbesondere die Befugnis des - nach besonderen Verfahren designierten - Direktors, unabhängig zu entscheiden, sowie einen Überwachungsausschuss, der die funktionale Unabhängigkeit des Amtes sicherstellt und den Direktor bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben unterstützt. [70]

    [70] Siehe Artikel 5 Absatz 1 des Beschlusses 1999/352/EG, EGKS, Euratom, zur Errichtung des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung und insbesondere Erwägungsgrund 17 der Verordnungen (EG) Nr. 1073/1999 und (Euratom) Nr. 1074/1999.

    Auch dieser besondere Status des Amtes muss bewertet werden, damit beurteilt werden kann, ob er den vorstehend genannten Aufgaben des Amtes angemessen ist. Deshalb wird er nachstehend unter den Aspekten Verwaltungsorganisation, Haushalt, Informations- und Kommunikationsstrategie, Kontrolle der Untersuchungsfunktion, politische Verantwortlichkeit der Kommission sowie Beziehungen zum Überwachungsausschuss analysiert.

    3.1. Organisation und Personal

    Da das Amt zwar Unabhängigkeit bei den Untersuchungen genießt, der Kommission jedoch verwaltungsmäßig unterstellt ist, weisen die interne Funktionsweise und die Personalorganisation einige Besonderheiten auf.

    3.1.1. Interne Organisation

    Artikel 6 Absatz 4 des Beschlusses 1999/352/EG, EGKS, Euratom zur Errichtung des Amtes bestimmt, dass die Beschlüsse der Kommission über ihre interne Organisation (...) insoweit auf das Amt Anwendung finden, als sie mit dem in Bezug auf das Amt erlassenen Rechtsrahmen vereinbar sind.

    Die Kommission hat hinsichtlich der für das Amt maßgeblichen allgemeinen Verwaltungsvorschriften die Konsequenzen aus ihrem Beschluss gezogen. Die infolge der Verwaltungsreform der Kommission auf die Generaldirektionen anwendbaren Verfahren, die diesen größere Autonomie verschaffen, sind grundsätzlich auch auf das Amt anwendbar. Dezentralisierung, Weiterübertragung von Befugnissen sowie interne Prüfung sind Konzepte bzw. Instrumente, die sich auch auf das Amt übertragen lassen. Die Kommission kann beim Amt (über den Dienst Internes Audit) Prüfungen durchführen, was auch in der Vereinbarung, die das Amt und der Dienst Internes Audit geschlossen haben, festgehalten ist. Nach dieser Vereinbarung darf allerdings nicht die Untersuchungsarbeit des Amtes oder der Inhalt der Informationen geprüft werden, die es im Zuge dieser Untersuchungen erhält, sondern nur seine interne Kontrolle und seine Verwaltung.

    Das Weißbuch zur Verwaltungsreform sieht eine Reihe von Finanzmanagement- und Verwaltungsmaßnahmen [71] sowie von Maßnahmen zur Planung der prioritären Arbeiten vor, die auf die Verbesserung der Funktionsweise der Kommission und eine kollektiv getragene Verbesserung der Aufgabenwahrnehmung abzielen. Diese Maßnahmen kommen auch dem Amt zugute, doch können sie sich nach Einschätzung des Amtes in Bezug auf seine funktionale Unabhängigkeit als problematisch erweisen. Die Kommission ist bereit, etwaige Probleme im Dialog mit dem Überwachungsausschuss zu analysieren.

    [71] Zur größeren Transparenz der Adäquatheit der Ressourcen im Verhältnis zu den Tätigkeiten der Kommission entsprechend den Grundsätzen des "activity based management" (ABM/maßnahmenbezogenes Management) und des "activity based budgeting" (ABB/ tätigkeitsbezogene Aufstellung des Haushaltsplans) sowie hinsichtlich einer besseren Planung der Tätigkeiten der Kommission im Rahmen der Jährlichen Strategieplanung und des jährlichen Arbeitsplans: die Kommission ist sich darüber im Klaren, dass die antizipierende Festlegung der politischen Prioritäten und des Verwendungszwecks der Mittel den Handlungsspielraum des Amtes nicht einschränken darf. Auch das Gebot eines effizienteren Finanzmanagements, in Verbindung u.a. mit der einschlägigen Erklärung, die die Generaldirektoren in ihrem jährlichen Tätigkeitsbericht abgeben müssen, muss unter dem Gesichtspunkt der besonderen Merkmale des Amtes bewertet werden. Im Zusammenhang mit dem System IRMS (Integrated Ressource Management System), das eine effizientere Verwaltung der Humanressourcen ermöglichen soll, achtet die Kommission darauf, dass die Unabhängigkeit des Amtes gewahrt bleibt.

    3.1.2. Personal

    Einem Anliegen der von der deutschen Präsidentschaft des Europäischen Rates eingesetzten hochrangigen Gruppe zur Begleitung der Reform von 1999 nachkommend, hat die Kommission einige Vorkehrungen getroffen, um es dem Amt zu ermöglichen, qualifizierte Mitarbeiter einzustellen und sich die zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderliche Expertise an die Hand zu geben, die Betrugsbekämpfung also effizienter zu gestalten. Denn die Organe und Einrichtungen verfügten damals weder über Fortbildungsinfrastrukturen, noch über Personal mit dem entsprechenden polizeilichen und justiziellen Fachwissen. Die Kommission hat dem Direktor des Amtes die Befugnisse übertragen, die im Statut der Anstellungsbehörde zugewiesen werden (Artikel 6 Absatz 1 des Beschlusses zur Errichtung des Amtes) und ihn dadurch in die Lage versetzt, selbst die Einstellungsvoraussetzungen und -modalitäten, insbesondere hinsichtlich der Dauer und der Verlängerung von Verträgen festzulegen. Er hat dabei einerseits das Statut und - unter bestimmten Bedingungen - die allgemeinen personalpolitischen Regeln der Kommission zu beachten und andererseits dem Bedarf des Amtes an besonderem Fachwissen Rechnung zu tragen.

    Die Umsetzung dieser politischen Strategie, in der sich die statusbedingten Besonderheiten des Amtes widerspiegeln, ist auf einige Schwierigkeiten gestoßen, für die sich zwei entscheidende Gründe anführen lassen: zum einen waren die Bediensteten der Vorgängerstruktur en bloc in das Amt übernommen worden, zum andern erlaubten die neuen Vorschriften es dem Direktor des Amtes, von den Verwaltungsregeln der Kommission abzuweichen.

    Die Entscheidung des Amtes, keine eigene "Personalabteilung" einzurichten, ist dadurch gerechtfertigt, dass die verfügbaren Stellen von der Haushaltsbehörde für die Betrugsbekämpfung vorgesehen werden. Das Amt musste aus Einsparungsgründen auf die Ressourcen und Erfahrungen der für seine Organisation und sein Personalmanagement zuständigen Generaldirektion Personal und Verwaltung zurückgreifen. Das hat anfangs zu divergierenden Auslegungen in Bezug auf den Status des Amtes und die Befugnisse seines Direktors geführt.

    Durch die von der vorgenannten hochrangigen Gruppe empfohlene Einstellung von Zeitbediensteten neben den Beamten sichert sich das Amt das erforderliche Fachwissen. Heute stellt sich indessen - auch mit Blick auf die Feststellungen des Rechnungshofs in seinem Sonderbericht Nr. 8/98 - die Frage, ob das derzeitige Verhältnis zwischen Dauer- und Zeitplanstellen sowie auch die Verteilung zwischen Bediensteten insbesondere der Laufbahngruppen A und B ausgewogen ist. Aus Kostengründen und um Aufgabenüberschneidungen zu vermeiden, nehmen zahlreiche Beamte und Bedienstete Aufgaben wahr, die sowohl der Zentralverwaltung als auch seiner funktionalen Unabhängigkeit zuzuordnen sind.

    Auch wenn das Amt zahlreiche Bedienstete auf der Grundlage eines von der Kommission durchgeführten Auswahlverfahrens einstellt, hindert das den Direktor in seiner Eigenschaft als bevollmächtigte Anstellungsbehörde nicht daran, erforderlichenfalls zu entscheiden, Fachauswahlverfahren oder besondere Einstellungsverfahren durchzuführen und gegebenenfalls die Eingangsbesoldungsgruppe zu bestimmen.

    Die unter Beachtung des Statuts auf das Personal des Amtes anwendbaren internen Verfahren müssen die spezifischen Anforderungen der Untersuchungstätigkeit und deren Unterstützung (Betrugsbekämpfungsstrategie, Gesetzgebung, Follow-up) berücksichtigen. So kann der Direktor des Amtes insbesondere die Verträge von Zeitbediensteten verlängern, damit das Amt durch Potenzierung der sich aus der Bündelung von Know-how ergebenden Synergieeffekte einen festen Sockel an Fachwissen aufbauen kann. Bei einer Vertragsverlängerung müsste auch die Möglichkeit gegeben sein, den Bediensteten neu einzustufen und ihm so im Sinne der Fairness eine Weiterentwicklung seiner Laufbahn zu ermöglichen.

    Die Neutralität der Auswahl leitender Bediensteter des Amtes wird garantiert durch die besondere Zusammensetzung des Beratenden Ausschusses für Ernennungen der Kommission, dem unter dem Vorsitz des Generalsekretärs der Generaldirektor für Personal und Verwaltung und - aufgrund des besonderen Status und organübergreifenden Auftrags des Amtes - auch Vertreter des Gerichtshofs, des Rechnungshofs, des Überwachungsausschusses sowie ein externer Berater angehören.

    Die Beamten und Bediensteten des Amtes müssen gegenwärtig keinen Amtseid ablegen. Eine derartige Verpflichtung, die vom Europäischen Parlament und vom Überwachungsausschuss befürwortet wird, müsste indessen daraufhin geprüft werden, ob sie gemeinschaftsrechtlich gesehen gegebenenfalls einen Mehrwert erbringt. Eine Vereidigung hätte keine Erweiterung der Befugnisse der Bediensteten zur Folge, doch könnte sie gegebenenfalls dazu beitragen, die Beweiskraft der Berichte des Amtes zu stärken, da diese dann von vereidigten Untersuchungsbeauftragten erstellt würden. Ob ein Amtseid angezeigt ist, ließe sich durch eine vergleichende Analyse der diesbezüglichen nationalen Systeme herausfinden.

    Ziel muss sein, die Regeln und Durchführungsmodalitäten so zu gestalten, dass sie dem Statut nicht entgegen stehen, damit das Amt auch Mitarbeiter aus den Dienststellen der Kommission oder der anderen Organe und Einrichtungen einstellen kann, ohne dass dies der von allen Organen und Einrichtungen anerkannten Mobilität der Beamten abträglich ist.

    Insoweit die im Amt tätigen Beamten und Bediensteten statutsmäßig nach wie vor Beamte oder Bedienstete der Kommission bleiben, die die Möglichkeit der dienststellenübergreifenden Mobilität in Anspruch nehmen können, muss das Amt nach Auffassung der Kommission stets in der Lage sein, zu begründen, warum es in Personalangelegenheiten besondere Vorschriften oder Modalitäten wünscht.

    Empfehlung Nr. 15 (E.15)

    Die Kommission empfiehlt dem Amt, soweit erforderlich unter Beachtung des Statuts und im Sinne der Transparenz intern besondere Modalitäten für die Personalverwaltung festzulegen.

    3.2. Haushalt

    Der gemischte Status des Amtes hat zur Folge, dass auch für seinen Haushalt besondere Vorschriften gelten.

    Artikel 13 der Verordnung (EG) Nr. 1073/1999 und (Euratom) Nr. 1074/1999, sieht vor, dass "die dem Amt zur Verfügung gestellten Mittel (...) in eine besondere Haushaltslinie des Teils A des Einzelplans "Kommission" des Gesamthaushaltsplans der Union eingestellt und in einem Anhang zu diesem Teil aufgeschlüsselt .. (werden) und die dem Amt zugewiesenen Planstellen (...) in einem Anhang zum Stellenplan er Kommission aufgelistet (werden)".

    Artikel 6 Absatz 2 und 3 des Errichtungsbeschlusses bestimmt Folgendes: "Der Direktor des Amtes leitet nach Anhörung des Überwachungsausschusses dem Generaldirektor für Haushalt rechtzeitig den Vorentwurf eines Haushalts für das Amt zu, der in den Gesamthaushaltsplan bei einer dafür vorgesehenen Linie eingestellt wird. Der Direktor ist Anweisungsbefugter für die das Amt betreffende Haushaltslinie im Teil A des Gesamthaushaltsplans sowie für die spezifisch die Betrugsbekämpfung betreffenden Haushaltslinien im Teil B. Er kann seine Befugnisse weiterübertragen".

    Im Zuge des Verfahrens zur Annahme der Haushaltsordnung hatte der Überwachungsausschuss gefordert, das Amt solle wie ein Organ behandelt werden und über eine größere Haushaltsautonomie verfügen. Diese Forderung hat er auch in seinem dritten Bericht erhoben und dabei auf den Bürgerbeauftragten verwiesen. Die neue Haushaltsordnung (Artikel 171 ff.) bestätigt hingegen die für das Amt geltende Regelung: Das Amt untersteht der Kommission, die Ansprechpartner der Haushaltsbehörde ist. Der Gesetzgeber war somit nicht gewillt, dem Amt in diesem Stadium eine größere Haushaltsautonomie zu gewähren.

    Zum Haushaltsvorentwurf (HVE) vertreten das Amt und der Überwachungsausschuss die Ansicht, dass die internen Haushaltsentscheidungen der Kommission nicht zu Ungunsten des Amtes ausfallen dürfen. Die Kommission muss indessen sämtlichen politischen Prioritäten Rechnung tragen. Aus Transparenzgründen fügt sie ihrem Haushaltsvorentwurf den Vorentwurf bei, den das Amt dem Generaldirektor für Haushalt übermittelt hat und legt die Gründe dar, die sie dazu bewogen haben, von diesem Vorentwurf abzuweichen. Dieses pragmatische Vorgehen ermöglicht es der Haushaltsbehörde, sich Aufschluss über etwaige Meinungsunterschiede zu verschaffen. In den ersten zwei Haushaltsjahren hatten sich die Kommission und das Europäische Parlament auf die Mittelausstattung geeinigt. Die Vereinbarung sah eine Verdoppelung des Personalbestands vor, ein Ziel das 2001 erreicht wurde. Für 2003 hat der Überwachungsausschuss dem Vorentwurf des Amtes zwar zugestimmt, dabei aber festgestellt, dass die operativen Prioritäten des Amtes für 2003 nicht hinreichend definiert waren, so dass sich weitere Anforderungen nicht rechtfertigten.

    Nach Ansicht der Kommission hat das Haushaltssystem des Amtes zwar in der Praxis zu einigen Missverständnissen geführt, es dem Amt aber ermöglicht, sich die Mittel an die Hand zu geben, die es zur Erfüllung seiner Aufgaben benötigt. Die am 1. Januar 2003 in Kraft getretene neue Haushaltsordnung bringt Klarheit in das Haushaltssystem des Amtes. Da aber noch keine praktischen Erfahrungen vorliegen, ist es verfrüht, eine Änderung des Beschlusses vom 28. April 1999 und der Verordnungen vom 25. Mai 1999 ins Auge zu fassen. Im Übrigen wird die von der Kommission eingegangene Verpflichtung zur Transparenz die Gewähr dafür bieten, dass das Amt über ein angemessenes Haushaltssystem verfügt.

    3.3. Information und Kommunikation

    Im Rahmen der Tätigkeiten des Amtes kommt der Frage der Informationskreisläufe und der Transparenz besondere Bedeutung zu. Wie festgestellt werden konnte, wendet das Amt bestimmte Bestimmungen in diesem Bereich unterschiedlich an, was in einigen Fällen zu Unsicherheiten in Bezug auf etwaige Folgemaßnahmen geführt hat. Außerdem können Untersuchungen des Amtes, insbesondere dann, wenn es sich um spektakuläre Fälle handelt, die Aufmerksamkeit nicht nur der Organe, sondern auch der Medien und der Öffentlichkeit auf sich ziehen.

    Die Verordnungen (EG) Nr. 1073/1999 und (Euratom) Nr. 1074/1999 sehen vor, dass das Amt in bestimmten Fällen Informationen direkt mitteilt. Das bedeutet, dass es u.a. die betroffenen Organen und Personen sowie die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten über laufende Untersuchungen unterrichtet. Problematischer und heikler ist die Frage, inwieweit die Öffentlichkeit und die Organe - für den Fall, dass sie nicht direkt betroffen sind - über Untersuchungen informiert werden sollen.

    3.3.1. Information

    Die für die Untersuchungen maßgeblichen Rechtsvorschriften sehen mehrere Verfahrensgarantien für die Unterrichtung der betroffenen Organe und Personen und der zuständigen einzelstaatlichen Behörden durch das Amt vor.

    * Verfahren zur Unterrichtung der betroffenen Organe und Personen durch das Amt

    Die Bediensteten des Amtes haben die Organe, Einrichtungen sowie Ämter und Agenturen zu unterrichten, wenn die Bediensteten des Amtes eine Untersuchung in ihren Räumlichkeiten durchführen und wenn sie Dokumente einsehen oder Informationen anfordern, die sich im Besitz dieser Organe, Einrichtungen sowie Ämter und Agenturen befinden (Artikel 4 Absatz 4 der Verordnungen (EG) Nr. 1073/1999 und (Euratom) Nr. 1074/1999). Darüber hinaus müssen die Untersuchungsbeauftragten eine schriftliche Ermächtigung sowie den schriftlichen Auftrag vorlegen, aus dem der Gegenstand der Untersuchung hervorgeht.

    Artikel 10 Absatz 3 der genannten Verordnungen vor, dass das Amt "dem betreffenden Organ, der betreffenden Einrichtung oder dem betreffenden Amt oder der betreffenden Agentur jederzeit Informationen übermittelt, die es im Laufe interner Untersuchungen erlangt hat".

    Offenbaren die Untersuchungen die Möglichkeit einer persönlichen Verwicklung eines Mitglieds, Leiters, Beamten oder Bediensteten, "so ist das Organ, die Einrichtung oder das Amt oder die Agentur, dem bzw. der er angehört, davon in Kenntnis zu setzen; allerdings kann diese Information zu einem späteren Zeitpunkt erteilt werden in "Fällen, in denen aus untersuchungstechnischen Gründen absolute Geheimhaltung gewahrt werden muss oder in denen der Rückgriff auf Untersuchungsmittel erforderlich ist, die in die Zuständigkeit einer innerstaatlichen Justizbehörde fallen" (Artikel 4 Absatz 5 der vorgenannten Verordnungen).

    Artikel 4 des Beschlusses der Kommission 1999/396/EG, EGKS, Euratom sieht außerdem gemäß dem Standardbeschluss im Anhang zur Interinstitutionellen Vereinbarung vom 25. Mai 1999 vor, dass der Betroffene zu unterrichten ist, wenn die Möglichkeit einer "persönlichen Implikation" besteht, und "sofern dies nicht die Untersuchung beeinträchtigt". Außerdem muss dem Betroffenen Gelegenheit gegeben werden, "sich zu den ihn betreffenden Tatsachen zu äußern", bevor Schlussfolgerungen gezogen werden, in denen diese Person mit Namen genannt wird. Eine Ausnahme von dieser Verpflichtung ist vorgesehen in den Fällen, in denen "aus ermittlungstechnischen Gründen absolute Geheimhaltung gewahrt werden muss und die die Hinzuziehung einer innerstaatlichen Justizbehörde erfordern". Ist das Amt der Ansicht, dass dem Betreffenden erst später Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben werden sollte, bedarf der entsprechende Beschluss der Zustimmung des Präsidenten der Kommission (für ein Mitglied der Kommission) oder des Generalsekretärs (für einen Beamten oder Bediensteten). Der Beschluss des Rates 1999/394/EG, Euratom vom 25. Mai 1999 sieht eine ähnliche Regelung vor (Zustimmung des Ratspräsidenten für ein Mitglied des Rates oder seiner Gremien bzw. des Generalsekretärs für einen Beamten oder Bediensteten). Gleiches gilt für das Europäische Parlament (Zustimmung des Präsidenten für einen Abgeordneten bzw. des Generalsekretärs für einen Beamten oder Bediensteten).

    Nach einer internen Untersuchung übermittelt das Amt dem Organ, der Einrichtung, dem Amt oder der Agentur einen Bericht, aus dem der festgestellte Sachverhalt, gegebenenfalls die ermittelte Schadenshöhe und die Ergebnisse der Untersuchung, einschließlich der Empfehlungen des Direktors des Amtes zu den zweckmäßigen Folgemaßnahmen, hervorgehen (Artikel 9 Absätze 1 und 4 der vorgenannten Verordnungen).

    * Verfahren zur Unterrichtung der zuständigen einzelstaatlichen Behörden durch das Amt

    Neben den Informationen, die das Amt bei Kontrollen und Überprüfungen vor Ort den zuständigen Behörden des betreffenden Mitgliedstaats zu übermitteln hat (siehe 1.1.2), muss das Amt Erkenntnisse über gegebenenfalls strafrechtlich zu ahndende Handlungen, zu denen es im Laufe interner Untersuchungen gelangt ist, den Justizbehörden des betreffenden Mitgliedstaats übermitteln. Vorbehaltlich der Untersuchungserfordernisse unterrichtet es gleichzeitig den betreffenden Mitgliedstaat (Artikel 10 Absatz 2 der vorgenannten Verordnungen).

    Nach einer externen Untersuchung übermittelt das Amt den zuständigen Behörden der betreffenden Mitgliedstaaten einen Bericht, aus dem der festgestellte Sachverhalt, gegebenenfalls die ermittelte Schadenshöhe die Ergebnisse der Untersuchung, einschließlich der Empfehlungen des Direktors des Amtes zu den zweckmäßigen Folgemaßnahmen, hervorgehen, sowie alle zweckdienlichen Schriftstücke (Artikel 9 Absätze 1 und 3 der vorgenannten Verordnungen).

    Die praktische Anwendung dieser Bestimmungen lässt seitens des Amtes einige Unsicherheiten und Schwierigkeiten erkennen:

    - Unterrichtung der betroffenen Organe: die Kommission ist z.B. nicht über den Abschluss einer bei ihr durchgeführten Untersuchung unterrichtet worden, während einer ihrer operativen Dienststellen zumindest teilweise darüber informiert war. Eine andere Praxis des Amtes hat darin bestanden, anlässlich einer Unterrichtung über eine bestimmte Untersuchung weitere Informationen zu einem späteren Zeitpunkt anzukündigen, doch diese Unterrichtung hat nicht stattgefunden.

    - Es ist vorgekommen, dass im Laufe einer Untersuchung ein Organ nicht hinreichend informiert worden ist, um die erforderlichen Vorbeugungsmaßnahmen ergreifen zu können.

    - Unterrichtung der betroffenen Personen: Der Europäische Bürgerbeauftragte wurde mit einer Beschwerde von einer Person befasst, die Gegenstand einer internen Untersuchung des Amtes war, ohne dass dieses sie über den gegen sie erhobenen Verdacht unterrichtet hätte. Der Bürgerbeauftragte hat in diesem Zusammenhang herausgestellt, dass der verdächtigten Person unbedingt Gelegenheit zur Äußerung gegeben werden muss, bevor Schlussfolgerungen aufgestellt werden.

    - Unterrichtung der betroffenen Person zu einem späteren Zeitpunkt: der Generalsekretär des betreffenden Organs, der sich zu dem entsprechenden Vorschlag des Amtes äußern soll, verfügt in der Regel nicht über Informationen, die es ihm erlauben würden, eine begründete Stellungnahme abgeben zu können, was darauf zurückzuführen ist, dass es sich bei diesen Informationen um hochsensible untersuchungsbezogene Informationen handelt.

    Was den Aufschub der Unterrichtung der jeweiligen Personen betrifft, so ist die Kommission der Ansicht, dass geregelt werden sollte, wie die zuständigen Behörden zu informieren sind, damit sie über ein Mindestmaß an Informationen verfügen, um ihre Zustimmung zu diesem Aufschub erteilen zu können, das Amt aber gleichzeitig eigenständig entscheiden kann, wann es die Akte an die Justizbehörden übergibt. Der Schutz der Integrität des europäischen öffentlichen Dienstes würde dadurch an Kohärenz gewinnen. Gelingt das nicht, muss die in Artikel 4 Absatz 2 des Standardbeschluss im Anhang zur Interinstitutionellen Vereinbarung sowie in den spezifischen Beschlüssen vorgesehene Verpflichtung zur Einholung der Zustimmung des Präsidenten bzw. Generalsekretärs der betreffenden Organe überprüft werden.

    Die Kommission begrüßt, dass das Amt zwecks Erfüllung seines Untersuchungsauftrags standardisierte Vorgehensweisen für den Umgang mit den Organen, Einrichtungen, Ämtern und Agenturen sowie den betroffenen Personen einführen wird, damit die Verfahren zur Informationsübermittlung einheitlich angewandt werden. Außerdem wird das Amt häufiger auf Artikel 10 Absatz 3 der Verordnungen (EG) Nr. 1073/1999 und (Euratom) Nr. 1074/1999 zurückgreifen und das betreffende Organ oder Amt bzw. die betreffende Einrichtung oder Agentur oder auch die zuständige einzelstaatliche Behörde unterrichten, wenn es erforderlich ist, und zwar insbesondere dann, wenn es sich empfiehlt, im Laufe der Untersuchung Sicherungsmaßnahmen zu ergreifen.

    Ausgehend von den jüngsten Erfahrungen hinsichtlich des Informationsaustauschs zwischen dem Amt und den Organen, Einrichtungen, Ämtern und Agenturen hält es die Kommission für erforderlich, dass der Informationsaustausch im Zusammenhang mit internen und externen Untersuchungen unter voller Beachtung der für die Arbeit des Amtes maßgeblichen Vorschriften verbessert werden muss.

    Empfehlung Nr. 16 (E.16)

    Die Kommission empfiehlt dem Amt, Vorgehensweisen einzuführen, die auf die Beachtung und einheitliche Anwendung einerseits der Verfahren zur Unterrichtung der zuständigen einzelstaatlichen Behörden und der jeweiligen Organe, Einrichtungen, Ämter und Agenturen, andererseits der Verfahren zur Unterrichtung der Betroffenen abzielen.

    3.3.2. Kommunikation

    Mit dem Begriff Kommunikation ist im Wesentlichen die einheitliche und objektive Behandlung von Informationsersuchen gemeint, welche Organe und sonstige Personen, die Anspruch auf Informationen haben, an das Amt richten. Die am 1.Januar 2001 in Kraft getretene Rahmenvereinbarung über die Beziehungen zwischen dem Europäischen Parlament und der Europäischen Kommission untersagt die Übermittlung bestimmter Informationen im Zusammenhang mit Untersuchungen des Amtes und verweist auf die für das Amt maßgebliche Regelung, d.h. die besonderen und restriktiveren Bestimmungen der Verordnungen (EG) Nr. 1073/1999 und (Euratom) Nr. 1074/1999.

    Das Amt hat 2002 unter Berücksichtigung der für die Übermittlung von Informationen, insbesondere operativer Art, geltenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften Leitlinien für den internen Dienstgebrauch festgelegt, die eine dauerhafte Basis sein sollen für eine Kommunikationspolitik, die sowohl den Aufgaben und Verantwortlichkeiten jedes Organs und Mitgliedstaats Rechnung trägt als auch auf die Wahrung der Rechte der betroffenen Personen achtet.

    Für die Übermittlung von Informationen stützt sich das Amt nicht nur auf die einschlägigen Bestimmungen der Verordnungen (EG) Nr. 1073/1999 und (Euratom) Nr. 1074/1999, insbesondere Artikel 12 Absatz 3 (Berichte an das Europäische Parlament, den Rat, die Kommission und den Rechnungshof über die Ergebnisse der Untersuchungen des Amtes), Artikel 8 (Vertraulichkeit und Datenschutz) und 10 (Übermittlung von Informationen, die das Amt im Laufe externer und interner Untersuchungen erlangt hat), sondern auch auf andere sekundärrechtliche Bestimmungen, insbesondere der Verordnung (Euratom, EG) Nr. 2185/96 (Artikel 8 Absatz 1).

    Die Leitlinien klären nicht nur die Art der mitzuteilenden Informationen, die Definition der Informationsberechtigten [72] und die Ausübung des Informationsrechts, sondern auch die für die nichtobligatorische Übermittlung von Informationen maßgeblichen Kriterien, die mit der Informationsweitergabe verknüpften Garantien, die rechtlichen Folgen der Unterrichtung, die Verantwortlichkeiten sowie die verschiedenen Arten der Informationsübermittlung, einschließlich der Unterrichtung unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Diese Leitlinien sind ausschließlich für den internen Dienstgebrauch des Amtes im Rahmen seiner Kommunikationspolitik bestimmt.

    [72] Es wird eine Unterscheidung getroffen zwischen Informationen im Zusammenhang mit der administrativen Natur der Arbeit des Amtes und Informationen im Zusammenhang mit strafrechtlichen Ermittlungen, die anders behandelt werden. Des Weiteren wird unterschieden zwischen institutionellen Informationsberechtigten und anderen Informationsberechtigten, insbesondere Wirtschaftsbeteiligten, gegen die eine externe Untersuchung, und Personen, gegen die eine interne Untersuchung eingeleitet wurde.

    Nach Meinung der Kommission dürften diese Leitlinien, die die Einrichtung einer Kommunikationsstelle im Amt vorsehen, die Regelung der Übermittlung von Informationen, insbesondere an die Organe und Einrichtungen, ermöglichen, damit diese ihren jeweiligen Aufgaben nachkommen können.

    Empfehlung Nr. 17 (E.17)

    Die Kommission empfiehlt die Einrichtung einer Kommunikationsstelle im Amt, die die Kommunikationspolitik des Amtes in die Praxis umsetzt und den Direktor auf der Grundlage der Leitlinien des Amtes unterstützt.

    3.3.3. Zugang zu Dokumenten

    Die Bestimmungen der Verordnungen (EG) Nr. 1073/1999 und (Euratom) Nr. 1074/1999 über den Zugang zu Informationen über Untersuchungen des Amtes sind gezielter gefasst als die spezifischen horizontalen Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission. [73] Es gilt, die Anwendung dieser Bestimmungen in der Praxis kohärenter zu gestalten. Art und Umfang der Informationen, zu denen die Organe auf der Grundlage der Verordnungen (EG) Nr. 1073/1999 und (Euratom) Nr. 1074/1999 Zugang haben, dürfen nicht hinter dem zurück bleiben, was nach der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 für die Öffentlichkeit vorgesehen ist. Einige Abgeordnete des Europäischen Parlaments beantragen häufig Zugang zu Dokumenten im Rahmen von Untersuchungen, die das OLAF auf der Grundlage der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 durchführt.

    [73] ABl. L 145 vom 31.5.2001, S. 43.

    In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass die Verordnung (EG) Nr. 1049/2001, insbesondere die für den Zugang zu Dokumenten maßgeblichen Ausnahmeregelungen, in vollem Umfang auf die Tätigkeiten des Amtes, einschließlich der Untersuchungen Anwendung findet. Rechtsgrundlage für diese Verordnung ist Artikel 255 EG-Vertrag, der den Grundsatz (und die Einschränkungen) des "Rechts jedes Unionsbürgers sowie jeder natürlichen oder juristischen Person mit Wohnsitz oder Sitz in einem Mitgliedstaat (....) auf Zugang zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und er Kommission" festschreibt. Die Ausnahmen in Artikel 4 dieser Verordnung betreffen insbesondere den Schutz der Privatsphäre und die Integrität des Einzelnen sowie den Schutz des Zwecks von Inspektions-, Untersuchungs- und Audittätigkeiten.

    Die Kommission hat mit dem zur Änderung ihrer Geschäftsordnung erlassenen Beschluss 2001/937/EG, EGKS, Euratom, vom 5. September 2001 [74] besondere Bestimmungen insbesondere zu dem Verfahren für den Zugang zu Dokumenten des Amtes eingeführt. Vorgesehen ist die Behandlung sowohl von Erst- als auch von Zweitanträgen.

    [74] ABl. L 345 vom 29.12.2001, S. 94.

    Wird Zugang zu einem Dokument im Zusammenhang mit Untersuchungen oder der operativen Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten beantragt, so entscheidet bei einem Erstantrag der innerhalb des Amtes zu diesem Zweck benannte Direktor oder Beamte. Bei einem Zweitantrag entscheidet der Direktor des Amtes. Diese Ausnahmeregelungen gelten nicht für die anderen Dokumentes des Amtes. Gemäß den Bestimmungen über die Übertragung von Befugnissen bedarf der Beschluss des Direktors in Bezug auf einen Zweitantrag der vorherigen Zustimmung des Juristischen Dienstes. Bei Divergenzen zwischen dem Juristischen Dienst und dem Direktor des Amtes entscheidet die Kommission.

    Dieser für das Amt eingeführten Regelung liegt der Gedanke zugrunde, dass die Einholung der vorherigen Zustimmung des Juristischen Dienstes der Kommission bei einem Zweitantrag nicht als Beeinträchtigung der funktionalen Unabhängigkeit ausgelegt werden kann, der Juristische Dienst aber die Kommission im Falle einer gegen sie angestrengten Klage vertreten muss. Nach Ansicht der Kommission, lassen sich die Bedenken des Amtes, das selbst beurteilen möchte, unter welchen Umständen ein Abweichen vom Grundsatz des Zugangs der Öffentlichkeit zu Dokumenten gerechtfertigt ist, durch eine mit dem Juristischen Dienst zu vereinbarende pragmatische Lösung für dessen Zugang zu den Untersuchungsdokumenten des Amtes ausräumen.

    3.4. Kontrolle der Untersuchungen

    Die Kontrolle der Untersuchungen ist eine logische Folge des gemischten Status des Amtes und daher von grundlegender Bedeutung. Sie betrifft die internen wie die externen Untersuchungen des Amtes, denn diese können die Rechte der betroffenen Personen berühren. Daher ist es wichtig, dass die im Zuge einer Untersuchung erfolgenden Vorgänge kontrolliert werden: sie müssen mehreren Anforderungen, insbesondere Rechtmäßigkeit, Transparenz und Effizienz, gleichermaßen genügen. Die Kontrolle, der die Arbeit des Amtes derzeit unterliegt, bietet die Gewähr für einen effektiven rechtlichen und administrativen Schutz. Sie vollzieht sich auf unterschiedlichen Ebenen.

    3.4.1. Administrative Kontrolle

    Die administrative Kontrolle wird durch die Hierarchie und den Überwachungsausschuss ausgeübt. Eine andere Art der Kontrolle kann durch den Bürgerbeauftragten, der mit Beschwerden befasst wird, oder durch den Rechnungshof erfolgen.

    * Kontrolle durch die Hierarchie

    Diese Art der Kontrolle wird durch die Leitungsebene der operativen Dienststellen des Amtes gemäß Artikel 5 Absatz 1 des Beschlusses vom 28. April 1999 unter der Verantwortung des Direktors ausgeübt. Der Ablauf der Untersuchungen ist im Wesentlichen durch die Artikel 5, 6 und 9 der Verordnungen (EG) Nr. 1073/1999 und (Euratom) Nr. 1074/1999 geregelt, die dem Direktor des Amtes eine Zuständigkeit in jeder wichtigen Phase einer Untersuchung (Einleitung, Durchführung, abschließender Untersuchungsbericht und Follow-up) zuweisen. Diese Verordnungen sehen außerdem eine besondere Zuständigkeit des Direktors dahingehend vor, dass er dafür Sorge trägt, dass die Bediensteten des Amtes "die gemeinschaftlichen und die innerstaatlichen Rechtsvorschriften über den Schutz personenbezogener Daten einhalten" (Artikel 8 Absätze 3 und 4) und die Artikel 286 et 287 EG-Vertrag sowie Artikel 194 EAG-Vertrag angewandt werden. Die materiellen Schwierigkeiten, die sich aus den umfangreichen Aufgaben des Direktors des Amtes [75] ergeben, haben diesen veranlasst, sich für die Einleitung der Untersuchungen [76] durch den im Amt angesiedelten Ausschuss für Untersuchungen und operative Tätigkeiten [77] unterstützen zu lassen. Zuständigkeit und Entscheidungsbefugnis des Direktors werden dadurch nicht angetastet. Dieser Ausschuss wird den Direktor des Amtes auch bei der Umsetzung des Untersuchungsprogramms des Amtes gemäß Artikel 11 Absatz 7 der Verordnungen (EG) Nr. 1073/1999 und (Euratom) Nr.° 1074/1999 unterstützen.

    [75] Im Case Management System (CMS) waren zum 30. Juni 2900 Fälle erfasst. Siehe Abschnitt 1.3 (Statistiken) des letzten Berichts des Amtes.

    [76] Die Verordnungen regeln genau, dass eine Untersuchung mit Beschluss des Direktors des Amtes eröffnet wird, enthalten aber weniger genaue Angaben zum Abschluss der Untersuchungen. Wenn eine Untersuchung abgeschlossen ist, wird der in Artikel 9 der Verordnungen vorgesehene Bericht "unter der Verantwortung des Direktors" erstellt. Im Verfahrenshandbuch des Amtes (ursprüngliche Fassung) wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es dem Direktor des Amtes obliegt, eine Untersuchung abzuschließen (formaler Parallelismus).

    [77] In diesem Ausschuss sind insbesondere die Funktionen "Untersuchungen", "Intelligence und operative Strategie" sowie Beratung/Unterstützung in Justizfragen vertreten.

    Bei der Wahrnehmung seiner Aufgabe der internen Kontrolle wird der Direktor außerdem von den mit Unterstützung und Beratung in Justizangelegenheiten betrauten Richtern und Staatsanwälten unterstützt. Die interne Kontrolle betrifft in erster Linie die Untersuchungstätigkeit des Amtes. Diese muss den Grundsätzen genügen, die sich aus der Grundrechtscharta der Europäischen Union, der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten ergeben, die im zehnten Erwägungsgrund der Verordnungen (EG) Nr.° 1073/1999 und (Euratom) Nr.° 1074/1999 sowie in Artikel 4 Absatz 6 dieser Verordnungen bekräftigt werden und in den einzelnen Beschlüssen der Organe, Einrichtungen sowie Ämter und Agenturen festgeschrieben sind. Das Amt bemüht sich, die Kontrolle der Ordnungsmäßigkeit der Maßnahmen und Handlungen im Rahmen der Untersuchungstätigkeit zu optimieren.

    Die Kommission empfiehlt, die Durchführungsvorschriften zu den Grundrechtsbestimmungen im Rahmen entweder eines Beschlusses des Direktors des Amtes oder der Neufassung des OLAF-Verfahrenshandbuchs [78] weiter zu entwickeln (siehe E.2). Eine entsprechende Initiative käme dem Anliegen des Überwachungsausschusses entgegen.

    [78] Erste Ausgabe vom Februar 2001. Die Kommission nimmt zur Kenntnis, dass das Amt ergänzend zu seinem allgemeinen Verfahrenshandbuch ein Handbuch der internen Verfahren mit Modalitäten für die Durchführung der Untersuchungen zu erstellen gedenkt.

    * Kontrolle durch den Überwachungsausschuss

    Bei dieser Kontrolle, die in erster Linie auf die Unabhängigkeit des Ausschusses und die Untersuchungsmethoden abstellt, handelt es sich um eine nachträgliche administrative Kontrolle: Gemäß Artikel 11 der Verordnungen (EG) Nr. 1073/1999 und (Euratom) Nr. 1074/1999" stellt der Überwachungsausschuss durch die regelmäßige Kontrolle, die er bezüglich der Ausübung der Untersuchungstätigkeit vornimmt, die Unabhängigkeit des Amtes sicher" und (...) "gibt an den Direktor gerichtete Stellungnahmen zu den Tätigkeiten des Amtes ab", greift jedoch nicht in den Ablauf der Untersuchungen ein. Er wird über die Fälle unterrichtet, die die Übermittlung von Informationen an die Justizbehörden eines Mitgliedstaats erfordern, und erhält das jährliche Tätigkeitsprogramm des Amtes (Artikel 11 Absatz 7). Dem Überwachungsausschuss fällt eine besondere Rolle bei der Kontrolle der Fristeneinhaltung [79], insbesondere der Einhaltung der in den Verordnungen für den Abschluss von Untersuchungen vorgesehenen Neunmonatsfrist zu. Gemäß Artikel 8 Absatz 4 sorgt er außerdem für die Einhaltung der Bestimmungen über die Vertraulichkeit und den Datenschutz (insbesondere für die Anwendung von Artikel 286 und 287 EG-Vertrag sowie 194 EAG-Vertrag)

    [79] Die Verpflichtung, die Untersuchungen ohne Unterbrechung und während eines Zeitraums durchzuführen, der den Umständen und der Komplexität des betreffenden Falls angemessen ist (Artikel 6 Absatz 5 der Verordnungen (EG) Nr. 1073/1999 und (Euratom) Nr. 1074/1999) ist mit der Verpflichtung verknüpft, dem Überwachungsausschuss die Gründe mitzuteilen, die es nicht erlauben, eine seit mehr als neun Monaten laufende Untersuchung nicht abzuschließen, sowie der für ihren Abschluss voraussichtlich notwendigen Frist (Artikel 11 Absatz 7).

    Nach Meinung der Kommission obliegt es dem Überwachungsausschuss, sich zu den Ergebnissen seiner Kontrollen und den vom Amt getroffenen Folgemaßnahmen zu äußern. So hat beispielsweise der Überwachungsausschuss (wie auch das Amt) festgestellt, dass die Untersuchungen häufig nicht innerhalb der in den Verordnungen (EG) Nr. 1073/1999 und (Euratom) Nr. 1074/1999 vorgesehenen Fristen abgeschlossen wurden ("Läuft eine Untersuchung seit mehr als neun Monaten...."). Es muss daher geklärt werden, ab wann oder mit welcher Handlung eine Untersuchung als eingeleitet gilt.

    Der Überwachungsausschuss hat empfohlen, innerhalb des Amtes eine Art Kanzlei einzurichten, um eine straffe Verwaltung der Untersuchungsakten und -unterlagen und eine größere Transparenz der operativen Tätigkeit des Amtes (Feststellung des Verfahrenskontexts in einem gegebenen Zeitpunkt) sicherzustellen. Diese Transparenz dürfte es der Leitung des Amtes ermöglichen, die operative Tätigkeit besser an den Prioritäten auszurichten, wodurch die Zahl der in der Evaluierungs-, aber noch nicht in der förmlichen Untersuchungsphase befindlichen Fälle verringert sowie die Kontrolle des Verfahrensablaufs verstärkt werden könnte. Die Kommission unterstützt diese Initiative, deren Umsetzung das Amt derzeit fortsetzt. [80]

    [80] Das Amt hat ein "Case Management System" (CMS) eingerichtet, das noch weiterentwickelt und um die Aspekte Intelligence und Follow-up ergänzt werden muss.

    * Der Europäische Bürgerbeauftragte

    Bei dieser Gemeinschaftsinstanz, deren Zuständigkeit auf Artikel 195 EG-Vertrag gründet, können Beschwerden über die Tätigkeiten des Amtes, einschließlich der Untersuchungen, eingereicht werden; durch die Bearbeitung der ihm zugegangenen Beschwerden wirkt der Bürgerbeauftragte ebenfalls mit an der auf den Aspekt der ordnungsgemäßen Verwaltung abstellenden Kontrolle der operativen Tätigkeiten des Amtes. [81]

    [81] So hat sich der Bürgerbeauftragte im Zusammenhang mit Erklärungen von Vertretern des Amtes in den Medien kritisch zu deren Wirkung in Bezug auf die Grundrechte geäußert. Siehe auch 1.1.1.

    * Der Rechnungshof

    Der Rechnungshof kontrolliert nicht nur die Bewirtschaftung der Haushaltslinien, für die das Amt anweisungsbefugt ist, sondern prüft auch, ob die Art und Weise, in der das Amt seine Untersuchungen durchführt, den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung entspricht (externe Rechnungsprüfung). Er kann in diesem Zusammenhang Sonderberichte erstellen. In seinem Jahresbericht für 2000 [82] hat er sich zu den Folgemaßnahmen zu seinem Sonderbericht 8/98 über die mit der Betrugsbekämpfung befassten Dienststellen der Kommission geäußert.

    [82] ABl. C 359 vom 15.12.2001.

    3.4.2. Politische Kontrolle

    Die allgemeine Kontrolle der Betrugsbekämpfungstätigkeiten wird vom Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission gewährleistet. Diese drei Organe sind an der Ernennung des Direktor des Amtes beteiligt und benennen die Mitglieder des Überwachungsausschusses.

    Der Rat erhält neben dem gemäß Artikel 280 EG-Vertrag vorgelegten Jahresbericht der Kommission über den Schutz der finanziellen Interessen der Gemeinschaften auch die Berichte des Rechnungshofs und des Amtes sowie die Berichte des Überwachungsausschusses. Diese Berichte bilden eine wichtige Bewertungsgrundlage für die Ausrichtung der Politik und der Maßnahmen zur Betrugsbekämpfung.

    Das Europäische Parlament übt gemeinsam mit dem Rat als Haushaltsbehörde eine Kontrolle nach dem Verfahren des Artikels 276 EG-Vertrag aus, im Zuge dessen er auf Empfehlung des Rates der Kommission Entlastung für die Ausführung des Haushalts erteilt.

    Das Europäische Parlament, die Kommission und der Rechnungshof werden regelmäßig, insbesondere durch die Berichte, die der Direktor des Amtes ihnen gemäß Artikel 12 Absatz 3 dritter Unterabsatz der Verordnungen (EG) Nr. 1073/1999 und (Euratom) Nr. 1074/1999 zuleitet, über die Tätigkeiten des Amtes unterrichtet. Die Kontrolle durch das Europäische Parlament erfolgt insbesondere im Rahmen von Artikel 197 EG-Vertrag (schriftliche und mündliche Anfragen an die Kommission). [83]

    [83] Siehe auch Artikel 194 EG-Vertrag zum Petitionsrecht.

    Diese parlamentarische Kontrolle erfolgt unter denselben Bedingungen wie die Kontrolle durch die Kommission, der das Amt verwaltungsmäßig unterstellt ist.

    Aus dieser Situation könnten Erwartungshaltungen entstehen, die das Amt nur mit Mühe gleichzeitig bedienen kann: Insbesondere im Kontext der Entlastung oder der parlamentarischen Anfragen muss es zum einen die Kommission dabei unterstützen, ihre Verpflichtungen gegenüber dem Europäischen Parlament zu erfüllen, indem es ihm die erbetenen Informationen erteilt, damit es seiner Aufgabe, das Finanzgebaren zu kontrollieren, nachkommen kann, zum anderen muss es die Rechtsvorschriften beachten, die die Kommunikation in Bezug auf seine Untersuchungen restriktiv regeln. Für die Kommission können sich insoweit heikle Situationen ergeben, als sie im Zusammenhang mit laufenden Untersuchungen einerseits dem Parlament Rede und Antwort stehen muss (obwohl sie in der Regel aufgrund der Unabhängigkeit des Amtes nicht über die erforderlichen Informationen verfügt), andererseits aber die Geheimhaltungspflicht beachten muss.

    Die Kommission vertritt die Auffassung, dass diese Probleme durchaus lösbar sind. Es ist Sache des Amtes, den Informationsbedarf zu beurteilen und die Normen seiner Kommunikationspolitik gegenüber den Organen festzulegen. Das Amt muss eine Trennungslinie ziehen können zwischen Informationen, die ausgetauscht werden können, und solchen, die seiner funktionalen Unabhängigkeit und somit den Kommunikationseinschränkungen unterliegen, die in den für die operative Arbeit maßgeblichen Rechtsvorschriften vorgesehen sind. Dabei sollte es sich auch auf seine diesbezüglichen Leitlinien stützen (siehe 3.3.2).

    3.4.3. Gerichtliche Kontrolle

    Gemäß Artikel 230 EG-Vertrag können Personen außerhalb der Organe, Einrichtungen sowie Ämter und Agenturen Klage gegen die Kommission erheben. Durch die jedem Beamten und Bediensteten mit Artikel 90 des Statuts gebotene Möglichkeit, Rechtsmittel einzulegen und außerdem vor dem Gericht erster Instanz Klage zu erheben, soll die Kontrolle der Rechtmäßigkeit der beschwerenden Maßnahmen und insbesondere die uneingeschränkte Achtung der Grundrechte des Einzelnen sichergesellt werden. Artikel 14 der Verordnungen (EG) Nr. 1073/1999 und (Euratom) Nr. 1074/1999 besagt, dass diese Regelung in Erwartung der Änderung des Statuts der Beamten und sonstigen Bediensteten der Gemeinschaften Anwendung findet. Die gegenwärtig laufende Verhandlung über die neue Verordnung (Statut) dürfte dazu führen, dass die Bestimmungen der Betrugsbekämpfungsverordnungen ergänzt werden, in ihrer Tragweite jedoch unangetastet bleiben. Es geht im Wesentlichen darum, dass die Modalitäten, die in der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 25. Mai 1999 und im Standardbeschluss vorgesehen worden waren, in das neue Statut Eingang finden.

    Die derzeitigen Verhandlungen über das neue Statut und die Entscheidungen des Gemeinschaftsrichters dürften dazu beitragen, etwaige Unklarheiten hinsichtlich der Tätigkeit des Amtes auszuräumen und insbesondere den Umfang der dem Amt zugewiesenen Befugnisse zu präzisieren. So wird in einem Beschluss des Gerichts erster Instanz [84] vom 17. Oktober 2002 darauf hingewiesen, dass der Kläger den Beweis für eine ihn namentlich betreffende beschwerende Maßnahme erbringen muss.

    [84] Rechtssache T-215/02 R.

    Wichtig ist ferner, dass, auch wenn die Tätigkeiten des Amtes nicht direkt von den nationalen Gerichten kontrolliert werden, die Ergebnisse der Vor-Ort-Kontrollen im Rahmen der nationalen Verfahren, insbesondere der Gerichtsverfahren, akzeptiert werden müssen. Die nationalen Gerichte haben somit die Konformität der Untersuchungsberichte mit den im nationalen Recht und im Gemeinschaftsrecht vorgesehenen Verfahren und Garantien zu prüfen.

    Der Gesetzgeber hat zwar Schutzmaßnahmen vorgesehen, die der administrativen Natur der Befugnisse des Amtes angemessen sind, denn diese müssen, wenn sie die Rechte des Einzelnen berühren, unter voller Wahrung der Menschenrechte und Grundfreiheiten ausgeübt werden (10. Erwägungsgrund der Verordnungen (EG) Nr. 1073/1999 und (Euratom) Nr. 1074/1999). Angesichts des Ausbaus der operativen Funktionen des Amtes bedarf es über die derzeitigen Schutzmaßnahmen hinaus einer Verstärkung der Regelungen dahingehend, dass ständige richterliche Verfahrensgarantien für die Untersuchungstätigkeiten vorgesehen werden. Insbesondere diese Tatsache hat die Kommission veranlasst, die Schaffung eines ständigen gemeinschaftlichen Justizorgans zu erwägen, das zuständig wäre für die Kontrolle der Handlungen und Maßnahmen des Amtes, die die Grundrechte der betroffenen Personen berühren.

    Dieser Fragenkomplex ist Teil der Überlegungen, die die Kommission - im Hinblick auf die Verankerung der Europäischen Staatsanwaltschaft im Verfassungsteil des Vertrags - zur öffentlichen Anhörung (Grünbuch) und zu den Beratungen in den Gremien des Konvents zur Zukunft der Europäischen Union beigetragen hat [85](siehe E.13 unter 2.4 sowie den Abschnitt "Perspektiven").

    [85] Grünbuch zum strafrechtlichen Schutz der finanziellen Interessen der Gemeinschaften und zur Schaffung einer Europäischen Staatsanwaltschaft. (KOM(2001) 715 endg.), Siehe auch den 3. Bericht des Überwachungsausschusses und dessen Stellungnahme zum Grünbuch sowie den Theato-Bericht vom 27. März 2003 des Europäischen Parlaments. A5.0048/2003).

    3.5. Politische Verantwortlichkeit und Beziehungen zum Überwachungsausschuss

    3.5.1. Politische Verantwortlichkeit der Kommission

    Die Unabhängigkeit des Amtes bei seinen Untersuchungen hat zur Folge, dass weder die Kommission noch das für die Betrugsbekämpfung zuständige Kommissionsmitglied dem Amt Weisungen in Bezug auf seine operative Handlungen oder Aufgaben erteilen dürfen. Zudem haben weder die Kommission noch das zuständige Kommissionsmitglied Zugang zu laufenden Untersuchungen.

    Die Kommission nimmt die politische Verantwortung für die Betrugsbekämpfung wahr, zu der das Amt beiträgt. Bei der Festlegung der politischen und legislativen Gesamtstrategie sowie bei der Vorbereitung einschlägiger Initiativen handelt das Amt als Dienst der Kommission, so dass die Verantwortlichkeit der Kommission keine Probleme aufwirft. In Bezug auf die Durchführung von Untersuchungen fordert das Amt keine Anweisungen an und nimmt auch keine Anweisungen entgegen. Mitunter muss die Kommission jedoch Anfragen der Organe und Einrichtungen oder der Mitgliedstaaten beantworten (Anfragen von Abgeordneten des Europäischen Parlaments, Anfragen im Zusammenhang mit der Entlastungsbefugnis des Europäischen Parlaments, Anfragen aus Anlass von Besuchen von Kommissionsmitgliedern in den Mitgliedstaaten), die sich auf laufende Untersuchungen des Amtes beziehen. Das Amt muss in diesen Fällen der Tatsache Rechnung tragen, dass die Kommission ihre diesbezügliche Verantwortung wahrnehmen muss, und sie in die Lage versetzen, solchen Informationsersuchen so weit wie möglich nachzukommen. Zur Vermeidung jeglicher Störung laufender Untersuchungen muss sich das Amt dabei auf die Verordnungen (EG) Nr. 1073/1999 und (Euratom) Nr.° 1074/1999 sowie auf die Leitlinien für die Kommunikationspolitik des Amtes stützen (siehe 3.3.2).

    Die Kommission, insbesondere das für Betrugsbekämpfung zuständige Kommissionsmitglied, kann zur Festlegung der Grundzüge der Untersuchungspolitik beitragen und es dem Amt so ermöglichen, seine Strategie und sein Tätigkeitsprogramm besser an den zentralen Zielen des Schutzes der Gemeinschaftsinteressen auszurichten. Der Kommission kommt bei der Bestimmung der Bekämpfungspolitik eine wichtige politische Rolle zu. Sie kann dem Amt empfehlen, einen bestimmten Bereich vorrangig in ihre Untersuchungen einzubeziehen. Auch kann sie, wie die anderen Organe, Einrichtungen, Ämter und Agenturen auch, das Amt auffordern, auf der Grundlage ihr vorliegender Informationen eine Untersuchung einzuleiten. Die lenkende Rolle der Kommission im Hinblick auf die Leitlinien der Betrugsbekämpfungspolitik, beeinträchtigt weder die Unabhängigkeit des Amtes, noch stellt es das Prinzip in Frage, dass es in seinem Ermessen und in seiner Verantwortung liegt, zu entscheiden, ob eine Untersuchung eingeleitet wird. Die Handlungskompetenz der Kommission ergibt sich aus der Rolle, die ihr durch den Vertrag, insbesondere durch Artikel 280 EG-Vertrag (Schutz der finanziellen Interessen der Gemeinschaften) in Verbindung mit Artikel 274 EG-Vertrag (Haushaltsvollzug) zugewiesen wird, sowie daraus, dass sie Hüterin des Allgemeininteresses ist (siehe 2.1).

    Wie die anderen Organe und Einrichtungen kann die Kommission das allgemeine Monitoring der Arbeit des Amtes dadurch gewährleisten, dass sie sich insbesondere auf die Empfehlungen stützt, die der Überwachungsausschuss in seinen Jahresberichten und Stellungnahmen formuliert. Im Rahmen dieses allgemeinen Monitoring kann sie beurteilen, ob die Arbeit des Amtes den Zielen des Schutzes der finanziellen Interessen entspricht.

    3.5.2. Beziehungen zum Überwachungsausschuss

    Der Überwachungsausschuss sichert die Unabhängigkeit des Amtes. Er ist verwaltungsmäßig in der Kommission angesiedelt und setzt sich aus unabhängigen externen Persönlichkeiten zusammen. Er kontrolliert die Untersuchungstätigkeit des Amtes nach Maßgabe der vom Gesetzgeber erlassenen Vorschriften (siehe 3.4.1). Darüber hinaus unterstützt er den Direktor des Amtes bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben. Er kann insbesondere Stellungnahmen namentlich zum Haushalt des Amtes abgeben. Er wirkt mit an der Erstellung der Liste von Bewerbern für das Amt des Direktors des OLAF und wird gegebenenfalls von der Kommission zu Rate gezogen, bevor diese eine Disziplinarstrafe gegen den Direktor des Amtes verhängt.

    Existenz und reibungsloses Funktionieren des Überwachungsausschusses werden durch das Europäische Parlament, den Rat und die Kommission garantiert, die alle in den Prozess zur Ernennung der Ausschussmitglieder eingebunden sind.

    Im Rahmen seines Auftrags hat der Ausschuss seine Anliegen und bevorzugten Optionen hinsichtlich der von ihm als notwendig erachteten Weiterentwicklung der Organisationsautonomie des Amtes zum Ausdruck gebracht. Die Kommission schätzt diesen Beitrag des Überwachungsausschusses, der darauf abstellt, praxisorientierte Lösungen zur Anpassung des Zwitterstatus des Amtes herbeizuführen. Sie will auch weiterhin den Dialog mit dem Ausschuss pflegen. Gleichwohl kann sie sich veranlasst sehen, andere Optionen zu wählen, um das gleiche Ziel, nämlich die Gewährleistung der vollen Effizienz der Arbeit des OLAF und der Unabhängigkeit seiner Untersuchungsfunktion zu erreichen.

    Die aufgetretenen organisatorischen Schwierigkeiten waren darauf zurückzuführen, dass der Überwachungsausschuss zwar seine Aufgaben in voller Unabhängigkeit wahrnimmt, die Sekretariatsgeschäfte indessen vom Amt geführt werden (Artikel 11 Absatz 6 der Verordnungen (EG) Nr. 1073/1999 und (Euratom) Nr. 1074/1999). Über die institutionellen Aspekte hinaus betrafen diese Schwierigkeiten neben der Ausführung der Verwaltungsmittel, die Frage des Arbeitsortes des Sekretariats. Die Kommission und der Überwachungsausschuss sollten diese Probleme unter Beachtung der Rechtsvorschriften konstruktiv und pragmatisch lösen.

    *

    PERSPEKTIVEN

    Die Beurteilung der Fortschritte bei der Verwirklichung der Reformziele auf der Grundlage der Aufgaben des Amtes stützt sich auf die globale Bewertung der Arbeit des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung. Obwohl eine Übergangs- und somit verhältnismäßig kurze Zeit bewertet wurde, konnten doch Vorteile und Schwierigkeiten herausgestellt und im Rahmen einer globalen Bewertung angemessen beurteilt werden. Auf dieser Grundlage kann die Kommission mehrere Empfehlungen formulieren.

    Die Empfehlungen in diesem Bericht sind Vorschläge zur Optimierung der Arbeit des Amtes. Vorgeschlagen werden unter anderem Verbesserungen der sekundärrechtlichen Vorschriften, der amtsinternen Praxis sowie der Mechanismen für die Zusammenarbeit zwischen dem Amt und seinen Partnern, insbesondere in den Mitgliedstaaten. Letztere wird, wie auch die Zusammenarbeit zwischen den zuständigen nationalen Behörden, über die geplante Serviceplattform weiter ausgebaut werden können.

    Doch auch wenn die Reformziele realisiert worden sind, und sich daraus positive Aspekte ergeben haben, dürfen die festgestellten Schwierigkeiten nicht unterschätzt werden. Letztere betreffen im Wesentlichen die politische und rechtliche Verantwortlichkeit der Kommission gegenüber dem Amt im Zusammenhang mit dessen funktionaler Unabhängigkeit bei der Wahrnehmung seiner operativen Tätigkeiten sowie die Entscheidungen in Bezug auf den Haushalt und die Personalpoltik des Amtes. Ein weiteres Problem betrifft die Wahrnehmung der Gefahr einer Störung aufgrund einer etwaigen Einflussnahme der Kommission auf die internen Untersuchungen des Amtes. Hierbei handelt es sich mehr um eine vermeintliche, denn um eine reale Gefahr. Bedeutsam ist in diesem Zusammenhang die Feststellung des Direktors des Amtes im Vorwort zum dritten OLAF-Tätigkeitsbericht für das im Juni 2002 endende Berichtsjahr, dass die Kommission seine operative Unabhängigkeit gewissenhaft respektiert hat. Zahlreiche Schwierigkeiten lassen sich zudem auf die Reformgeschwindigkeit, die Dauer der Übergangszeit und die unerlässliche Neuformierung des Personals zurückführen. Verschärft wurden diese Schwierigkeiten möglicherweise noch durch die Zunahme der operativen Tätigkeiten, insbesondere der internen Untersuchungen.

    Auf die vorerwähnten Schwierigkeiten ist regelmäßig, insbesondere im Rahmen des Dialogs zwischen den Organen und dem Überwachungsausschuss hingewiesen worden. Wie die derzeit anhängigen Streitsachen belegen, haben einige Organe, Einrichtungen, Ämter und Agenturen gewisse Bedenken hinsichtlich des Status des Amtes und seiner Befugnisse. Es liegt in der Natur der Untersuchungen, dass sie immer wieder zu Problemen zwischen dem Amt und den Organen, Einrichtungen sowie Ämtern und Agenturen führen können. Nach Auffassung der Kommission werden insbesondere die Einrichtung der Kanzlei, die Aufstellung eines Korpus von Verwaltungsvorschriften, die einheitliche Anwendung der in den Verordnungen (EG) Nr. 1073/1999 und (Euratom) Nr. 1074/1999 vorgesehenen Informationsverfahren, die Verbesserung der Arbeitsmethoden, die Stärkung der Rolle des Überwachungsausschusses sowie der Ausbau der Intelligence-Funktion dem Amt helfen, seine Leistungen zu verbessern und somit seine Aufgaben zu erfüllen.

    Die bislang aufgetretenen Schwierigkeiten haben die Externalisierung als Lösungsmöglichkeit erscheinen lassen. Diese 1998 von der Kommission vorgeschlagene und vom Gesetzgeber verworfene Option ist nach wie vor mit politischen, institutionellen und juristischen Unwägbarkeiten behaftet. Bereits die Reform von 1999 spiegelte die Grenzen des EG-Vertrags und die praktischen Schwierigkeiten wieder, zum damaligen Zeitpunkt eine Strafverfolgungsbehörde auf Gemeinschaftsebene einzurichten. Seitdem haben sich die Gegebenheiten nicht geändert, so dass bei unveränderten Verträgen die Option der Externalisierung auch heute noch als verfrüht gelten kann.

    KONSOLIDIERUNG DER REFORM

    Nach dieser hier vorgelegten Bewertung sollte man sich nicht darauf beschränken, jede Schwierigkeit einzeln auszuleuchten; wichtig ist, die Schwierigkeiten im Verhältnis zur Gesamtbilanz des 1999 gewählten Systems zu bewerten.

    Mehrere Argumente sprechen dafür, das System von 1999 zu konsolidieren. Zunächst ermöglicht das Amt, das verschiedene Aufgaben unter einem Dach vereint, Kosteneinsparungen gegenüber getrennten Arbeitsbereichen wie sie letztlich durch die Externalisierung geschaffen würden. Gerade das institutionelle Umfeld war maßgebend für die Entscheidung, dem Amt seinen jetzigen Status zu verleihen und die Synergien zwischen den operativen und den allgemeinen Aufgaben der Kommission, insbesondere der Konzipierung einer Betrugsbekämpfungsbekämpfungspolitik oder Legislativarbeit, aufrecht zu erhalten. Mit der von der neuen Kommission im Juni 2000 angenommenen Strategie wurde dieses Konzept in eine längerfristige Perspektive (2001-2005) gestellt. Jeglicher Strategiewandel wäre also verfrüht, kostenaufwändiger und könnte das System schwächen.

    Außerdem lässt die nach nunmehr drei Jahren vorgenommene Gesamtbewertung der Tätigkeiten des Amtes den Schluss zu, dass die Schwierigkeiten der Übergangszeit nicht mehr im gleichen Maße auftreten. Sobald Probleme auftauchen, werden sie pragmatisch gelöst. Die noch von der früheren Betrugsbekämpfungsstelle übernommenen Probleme konnten weitgehend behoben worden; die Leitung des Amtes setzt die Einführung neuer Organisationsstrukturen und neuer operativer Schwerpunkte fort, die in Verbindung mit der neuen Funktion der strategischen und operativen Intelligence festgelegt werden. Dabei gibt sie dem Amt das erforderliche Instrumentarium an die Hand, damit es seine Arbeit vor Ort gezielter ausrichten und im Rahmen einer Serviceplattform Unterstützung leisten kann.

    Bisher hat die Kommission auf Anregung des Europäischen Parlaments und mit Unterstützung des Rates stets einen pragmatischen Ansatz verfolgt: zum einen aktive Beteiligung ihres Betrugsbekämpfungsdienstes vor Ort im Rahmen einer engen Partnerschaft mit den für die Bekämpfung von Wirtschafts- und Finanzkriminalität zuständigen nationalen Behörden; zum anderen Hinwirken auf eine größere Vereinbarkeit der legislativen und operativen Instrumente der Mitgliedstaaten in diesem Bereich. Die Konsolidierung dieses Ansatzes erfolgte im Juni 2000 mit der neuen Gesamtstrategie, die die operative Zusammenarbeit, die Stärkung der strafrechtlichen Dimension und die interinstitutionelle Rolle des Amtes herausstellt.

    Bezeichnenderweise haben die beim Gericht Erster Instanz und beim Europäischen Gerichtshof eingereichten Klagen bisher zu keinen die Relevanz der Reform bestreitenden Entscheidungen oder Schlussfolgerungen geführt. Aus einer ersten Analyse dieser Entscheidungen und Schlussfolgerungen geht eindeutig hervor, dass das Amt hinsichtlich seiner klassischen Verwaltungsaufgaben ein Kommissionsdienst wie alle anderen ist. Hingegen übt es - obwohl administrativ und haushaltsmäßig in die Kommission eingebunden - seine besonderen operativen Aufgaben in voller funktionaler Unabhängigkeit aus. Die Schlussfolgerungen des Generalanwalts sind in dieser Hinsicht bedeutsam. [86]

    [86] Insbesondere in der Rechtssache C-11/00. In diesen Schlussfolgerungen wird festgehalten, dass "OLAF nicht ein Dienst wie die anderen ist, und die institutionellen sowie rechtlichen Bestimmungen ihm ein hohes Maß an funktionaler Unabhängigkeit garantieren, obwohl es verwaltungs- und haushaltsmäßig in die Kommission eingebunden ist".

    Zur Förderung einer dynamischen Zusammenarbeit bei der Betrugsbekämpfung unter Berücksichtigung der vielfältigen einzelstaatlichen, gemeinschaftlichen und völkerrechtlichen Rechtsnormen sind das pluridisziplinäre Fachwissen und die Rechtsinstrumente, über die die Kommission bereits verfügt, unverzichtbar. Durch den kombinierten Einsatz der Instrumente kann auf die unterschiedlichen Situationen, die vor Ort entstehen, angemessen reagiert und u.a. die Kontrolltätigkeit anderer Kommissionsdienststellen ergänzt werden. Das von der Kommission seit 1994 favorisierte Gesamtkonzept muss beibehalten und gefördert werden. [87] Diese Orientierung wird durch die Sichtbarkeit und Spezialisierung des Amtes auf dem Gebiet der Wirtschafts- und Finanzkriminalität noch verstärkt. Mehr noch als auf nationaler Ebene gilt es, die Möglichkeiten auf Gemeinschaftsebene zu bündeln, um Maßnahmen und Ressourcen auf dieser Ebene besser zu nutzen. Die Anbindung des Amtes an die Kommission ermöglicht es, hinsichtlich der Mittel die kritische Masse und den Größeneffekt zu erreichen, die erforderlich sind, um den Maßnahmen der Gemeinschaft europa- und weltweit mehr Durchschlagskraft und Sichtbarkeit zu verleihen.

    [87] Das Gesamtkonzept der Kommission findet offensichtlich Anklang bei den nationalen Behörden, die die Aufgabe haben, die innerstaatlichen Systeme zur Bekämpfung grenzüberschreitender Kriminalität zu verbessern. Dies wird deutlich in den internen Debatten oder an bestimmten Maßnahmen zur Umstrukturierung oder Zusammenlegung polizeilicher und justizieller Ressourcen.

    Unter den derzeitigen Umständen muss die Konsolidierung des Amtes demnach als Priorität betrachtet werden. Das Corpus juris [88] mit dem entsprechenden Follow-up, das Grünbuch zum Schutz der finanziellen Interessen und die Vorschläge der Kommission zur Schaffung einer Europäischen Staatsanwaltschaft sind ein gutes Beispiel für die Synergieeffekte, die sich aus der engen Verbindung zwischen der Arbeit vor Ort einerseits und der Legislativtätigkeit der Kommission andererseits ergeben. Die internen Reformmaßnahmen, namentlich im legislativen Bereich, und die Beiträge zum Konvent zur Zukunft der Europäischen Union sind der konkrete Ausdruck der Vorteile, die sich daraus ergeben, dass diese Synergien innerhalb der Kommission potenziert werden.

    [88] Corpus juris mit strafrechtlichen Bestimmungen zum Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Union, Verlag Economica, 1997.

    Die Kommission ist bestrebt, im Kampf gegen sämtliche Erscheinungsformen der Kriminalität zum Nachteil der Gemeinschaftsfinanzen Maßstäbe zu setzen. Beim gegenwärtigen Stand der Dinge hält sie es für verfrüht, die aus der Reform von 1999 hervorgegangene Situation in Frage zu stellen. Wie der Rechnungshof und der Überwachungsausschuss plädiert auch sie dafür, die derzeitige Struktur und die derzeitigen Rechtinstrumente weiterzuentwickeln. Die Konsolidierung des Amtes muss langfristig angelegt sein; eine gewisse Zeit institutioneller Stabilität ist notwendig. In ihrer Bewertung hat die Kommission Empfehlungen in diesem Sinne formuliert.

    Eine neue Perspektive wie die Einrichtung einer zentralen Ermittlungs- und Strafverfolgungsfunktion auf Gemeinschaftsebene unter der Verantwortung einer Justizbehörde, d.h. der Europäischen Staatsanwaltschaft, könnte der Weiterentwicklung des Amtes neuen Auftrieb geben.

    AUF DEM WEG ZUR ERRICHTUNG EINER EUROPÄISCHEN STAATSANWALTSCHAFT

    In seinem Sonderbericht Nr. 8/98 hatte der Rechnungshof bereits festgestellt, dass das UCLAF "Verwaltungsfunktionen (...) wahrnimmt. Ihm obliegen aber auch Zuständigkeiten im Zusammenhang mit gerichtlichen Untersuchungen (...) ohne Unterstützung durch eine unabhängige Europäische Justizbehörde, die Untersuchungen einleiten und führen sowie, wenn nötig, Strafverfolgung betreiben kann". Die der Gemeinschaftsebene übertragenen Untersuchungsbefugnisse sind administrativer Natur und stoßen immer dann an ihre Grenzen, wenn es darum geht, schwerwiegende Erscheinungsformen grenzüberschreitender - und häufig gut organisierter - Wirtschafts- und Finanzkriminalität zu bekämpfen. Auch weist die justizielle Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten Lücken auf; schließlich fehlt es an einheitlichen spezifischen Tatbeständen, um gegen Europa gerichtete Kriminalität bekämpfen zu können.

    Es bedarf neuer Lösungen, um im Rahmen der Revision der Verträge (Konvent, Regierungskonferenz) die institutionellen Grundlagen für den strafrechtlichen Schutz der Gemeinschaftsinteressen zu verstärken. Diese Lösungen sind dringlich, auch im Hinblick auf die bevorstehende Erweiterung. Seit der Regierungskonferenz von Nizza schlägt die Kommission vor, den EG-Vertrag zu ändern, damit eine Europäische Staatsanwaltschaft mit dem Auftrag geschaffen werden kann, gegen Täter von Straftaten, die sich gegen die finanziellen Interessen der Gemeinschaften richten, zu ermitteln, sie strafrechtlich zu verfolgen und wegen dieser Straftaten vor den zuständigen Gerichten der Mitgliedstaaten öffentliche Anklage zu erheben. [89] Sie hat ihren Vorschlag in ihrer Mitteilung vom 4. Dezember 2002 zur institutionellen Architektur erneut aufgegriffen. [90] In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass sie mit ihrem im Dezember 2001 veröffentlichten Grünbuch eine breite öffentliche Konsultation über die Funktionsweise der Europäischen Staatsanwaltschaft in Gang gesetzt hat. Auf der Grundlage der Reaktionen zu diesem Grünbuch sowie der darüber geführten öffentlichen Debatte hat sie am 19. März 2003 einen Follow-up-Bericht erstellt, der die Notwendigkeit der Schaffung der Europäischen Staatsanwaltschaft bestätigt.

    [89] KOM(2000) 608 endg.

    [90] KOM(2002) 728 endg.

    Aus Gründen der institutionellen und demokratischen Legitimität sollte das Amt des Europäischen Staatsanwalts im Verfassungsteil des Vertrags verankert werden, der auch seine materiellrechtlichen Befugnisse festschreiben sollte. Status und Funktionsweise könnten in einer zweiten Phase sekundärrechtlich geregelt werden. Diese unerlässliche, vordringliche Reform sollte nicht auf unbestimmte Zukunft verschoben werden, da sie dann in der erweiterten Union grundsätzlich ein zweites Mal bestätigt werden müsste. Diese Reform wird den Organen Gelegenheit bieten, sich eingehend mit der Frage zu befassen, in welchem Verhältnis das OLAF und eine Europäische Staatsanwaltschaft zueinander stehen sollen. Auch wird sie Anlass sein, nicht nur den Status des Amtes, sondern auch sein Verhältnis insbesondere zu Europol besser zu regeln, mit dem dann alle Formen der Zusammenarbeit möglich sein werden. Auch die Komplementarität und Konvergenz der Aufgaben von Eurojust und der Europäischen Staatsanwaltschaft sprechen für eine Zusammenarbeit beider Einrichtungen.

    Dann wird sich erneut die Frage der Externalisierung des Amtes stellen, das sich zu einem Hilfsorgan der Rechtspflege im Bereich sowohl der internen wie auch der externen Untersuchungen entwickeln könnte.

    Heute besteht Gelegenheit, ein Gesamtkonzept zu erarbeiten, um zu vermeiden, dass es zu einer Multiplikation von Stellen und damit zu Kompetenzüberschneidungen, Verquickungen und sogar zu Fehlentwicklungen kommt. Deshalb nimmt die Kommission diese Bewertung zum Anlass, um die Stärkung des OLAF sowie eine Weiterentwicklung der Rechtsinstrumente der Gemeinschaft anzumahnen und ihre Partnerorgane sowie die Mitgliedstaaten daran zu erinnern, dass es notwendig ist, gemeinsam, ohne Umwälzungen aber entschlossen, die Ziele und die Mittel festzulegen, die Europa braucht, um für die Bekämpfung der gegen seine Interessen gerichteten Wirtschafts- und Finanzkriminalität besser gerüstet zu sein.

    *

    LISTE DER EMPFEHLUNGEN

    ANHANG I

    E.1 Die Kommission fordert alle Organe, Einrichtungen sowie Ämter und Agenturen auf, rasch der Interinstitutionellen Vereinbarung beizutreten, die das Europäische Parlament, der Rat und die Kommission am 25. Mai 1999 unterzeichnet haben. Außerdem fordert die Kommission die Organe, Einrichtungen sowie Ämter und Agenturen auf, einen internen Beschluss zu erlassen, der dem Standardbeschluss im Anhang zu dieser Interinstitutionellen Vereinbarung entspricht.

    E.2 Die Kommission empfiehlt, dass das Amt in sein Verfahrenshandbuch ein Korpus von Verwaltungsvorschriften mit den Modalitäten der Handlungen und Maßnahmen bei internen und externen Untersuchungen einfügt.

    E.3 Die Kommission wird auf der Grundlage ihrer Betrugsbekämpfungsgesamtstrategie und ihres Arbeitsprogramms Vorschläge unterbreiten, die auf Folgendes abzielen:

    - die Kooperations-/Amtshilfevorschriften, insbesondere auf die Bereiche MwSt. im grenzüberschreitenden Handel, Geldwäsche sowie gegebenenfalls auf andere Bereiche auszudehnen und für die Gemeinschaft die Möglichkeit vorzusehen, die für Prävention und Ermittlungen zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten um die Durchführung von Betrugsbekämpfungsermittlungen zu ersuchen;

    - die Befugnis der Gemeinschaft zur Durchführung von Betrugsbekämpfungsuntersuchungen (Verordnung (Euratom, EG) Nr. 2185/96) bei den direkten Ausgaben zu verstärken.

    E.4 Die Kommission empfiehlt dem Amt, eine vergleichende Analyse der bei vorsätzlicher Behinderung anwendbaren Bestimmungen zu erstellen, die es ihr gegebenenfalls ermöglicht, einen Vorschlag zu unterbreiten.

    E.5 Die Kommission empfiehlt dem Amt, die Funktion der strategischen und operativen Intelligence auszubauen, wie dies in der Gesamtstrategie 2000-2005 vorgesehen ist.

    Außerdem empfiehlt die Kommission dem Amt, zu prüfen, inwieweit es zweckmäßig ist, die mit einigen einzelstaatlichen Behörden geschlossenen Vereinbarungen auf andere zuständige einzelstaatliche Behörden auszudehnen.

    E.6 Zwecks größerer Effizienz der Beratung/Unterstützung und des Follow-up in Justizangelegenheiten ersucht die Kommission,

    - die Mitgliedstaaten, das Zweite Protokoll zum Übereinkommen über den Schutz der finanziellen Interessen zu ratifizieren;

    - den Rat, die Richtlinie betreffend den Schutz der finanziellen Interessen anzunehmen.

    Die Kommission wird einen Vorschlag unterbreiten, der vorsehen wird, dass die Mitgliedstaaten die Gemeinschaft über die Folgemaßnahmen zu Untersuchungen des Amtes unterrichten.

    Sie empfiehlt dem Amt, den in seiner Gesamtstrategie befürworteten Leitfaden bewährter Praktiken zu erstellen.

    E.7 Die Kommission empfiehlt, wie im Aktionsplan vorgesehen weitere Vereinbarungen, die die Zusammenarbeit zwischen dem Amt und den Kommissionsdienststellen, insbesondere den mittelbewirtschaftenden Stellen regeln, zu schließen und umzusetzen, damit das Amt seine operative Arbeit gezielter ausrichten kann.

    E.8 Die Kommission empfiehlt den Abschluss von Vereinbarungen, mit denen die konkrete Verteilung der Aufgaben zwischen dem Amt und den Disziplinarinstanzen geklärt wird.

    E.9 Die Kommission empfiehlt dem Amt, zu prüfen, inwieweit es zweckmäßig ist, die Praxis der Vereinbarungen auf andere Organe, Einrichtungen sowie Ämter und Agenturen auszudehnen.

    E.10 Die Kommission empfiehlt, die Verhandlungen über weitere internationale Amtshilfe-Abkommen in Zollangelegenheiten fortzuführen, um insbesondere den Informationsaustausch und die Zusammenarbeit zwischen der Gemeinschaft und den Drittlandsbehörden zu intensivieren.

    Die Kommission empfiehlt ebenfalls Bestimmungen über den Informationsaustausch zwischen der Gemeinschaftsebene und den Behörden von Drittstaaten für den Bereich der Geldfälschung, insbesondere im Rahmen von Abkommen über die Zusammenarbeit, ihren Beitritt oder ihre Beitrittsvorbereitung.

    Schließlich empfiehlt die Kommission dem Amt die Zweckmäßigkeit einer Ausweitung der mit bestimmten Drittstaaten geschlossenen Abkommen auf weitere Drittstaaten zu prüfen.

    E.11 Die Kommission empfiehlt dem Amt, bei der Aufstellung seines Tätigkeitsprogramms den betrugsbekämpfungsbezogenen Leitlinien und Beiträgen der Organe Rechnung zu tragen und sich auf die strategische und operative Intelligence zu stützen.

    E.12 Die Kommission wir prüfen, inwieweit sie Vorschläge einbringen sollte, die erforderlichenfalls die Einführung verwaltungsrechtlicher Sanktionen der Gemeinschaft, wie sie in der gemeinsamen Agrarpolitik bestehen, in anderen Bereichen sowie die Vereinheitlichung der Sanktionen im Zollwesen vorsehen.

    E.13 Die Kommission ersucht den Konvent zur Zukunft Europas, im Sinne einer effizienteren Strafverfolgung ihren Vorschlag zu berücksichtigen, im Verfassungsteil des Vertrags die Errichtung einer Europäischen Staatsanwaltschaft festzuschreiben, die insbesondere zur Einhaltung der gerichtlichen Garantien beitragen und zugleich die Kontrolle der operativen Tätigkeiten des Amtes sicherstellen würde.

    E.14 Die Kommission empfiehlt entsprechend ihrer Betrugsbekämpfungsgesamtstrategie und ihres Arbeitsprogramms, die Zusammenarbeit mit sämtlichen einzelstaatlichen Behörden, die zur Vorbeugung und Bekämpfung von Betrug und sonstigen rechtswidrigen Handlungen beitragen, auszubauen (multidisziplinäre Serviceplattform).

    Sie wird einen Vorschlag zur Aktualisierung ihres Beschlusses über den Beratenden Betrugsbekämpfungsausschuss unterbreiten, um dessen justizielle Dimension zu stärken und ihn als Forum für die Polizei- und Justizbehörden zu etablieren.

    E.15 Die Kommission empfiehlt dem Amt, soweit erforderlich unter Beachtung des Statuts und im Sinne der Transparenz intern besondere Modalitäten für die Personalverwaltung festzulegen.

    E.16 Die Kommission empfiehlt dem Amt, Vorgehensweisen einzuführen, die auf die Beachtung und einheitliche Anwendung einerseits der Verfahren zur Unterrichtung der zuständigen einzelstaatlichen Behörden und der jeweiligen Organe, Einrichtungen, Ämter und Agenturen, andererseits der Verfahren zur Unterrichtung der Betroffenen abzielen.

    E.17 Die Kommission empfiehlt die Einrichtung einer Kommunikationsstelle im Amt, die die Kommunikationspolitik des Amtes in die Praxis umsetzt und den Direktor auf der Grundlage der Leitlinien des Amtes unterstützt.

    ANHANG II

    >PLATZ FÜR EINE TABELLE>

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