SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

GIOVANNI PITRUZZELLA

vom 14. Juli 2022 ( 1 )

Verbundene Rechtssachen C‑439/20 P und C‑441/20 P

Europäische Kommission

gegen

Jiangsu Seraphim Solar System Co. Ltd (C‑439/20 P)

und

Rat der Europäischen Union

gegen

Jiangsu Seraphim Solar System Co. Ltd (C‑441/20 P)

„Rechtsmittel – Dumping – Subventionen – Einfuhren von Fotovoltaik-Modulen aus kristallinem Silicium und Schlüsselkomponenten davon (Zellen) mit Ursprung in oder versandt aus der Volksrepublik China – Verordnung (EU) 2016/1036 – Art. 8 Abs. 1, 9 und 10 und Art. 10 Abs. 5 – Verordnung (EU) 2016/1037 – Art. 13 Abs. 1, 9 und 10 und Art. 16 Abs. 5 – Verletzung einer Verpflichtung – Wirkung des Widerrufs der Annahme einer Verpflichtung – Durchführungsverordnungen (EU) Nr. 1238/2013 und (EU) Nr. 1239/2013 – Zulässigkeit der Einrede der Rechtswidrigkeit – Durchführungsverordnung (EU) 2016/2146 – Nichtigerklärung von Verpflichtungsrechnungen“

1.

Gelten bereits eingeführte endgültige Antidumping- und Ausgleichszölle nach dem Widerruf der Annahme einer Verpflichtung durch die Kommission wegen Verletzung der Verpflichtung durch den ausführenden Hersteller, der sie übernommen hat, für die der verletzten Verpflichtung entsprechenden Einfuhren ab dem Zeitpunkt ihrer Einführung oder gelten sie nur für die nach der Rücknahme dieser Verpflichtung vorgenommenen Einfuhren? Kann die Kommission in diesem Zusammenhang die Rechnungen über die der verletzten Verpflichtung entsprechenden Einfuhren für nichtig erklären und den nationalen Behörden aufgeben, für diese Einfuhren endgültige Zölle zu erheben?

2.

Dies sind im Wesentlichen die Hauptfragen, die sich in den vorliegenden verbundenen Rechtssachen stellen, bei denen es um zwei Rechtsmittel geht, die von der Europäischen Kommission in der Rechtssache C‑439/20 P und vom Rat der Europäischen Union in der Rechtssache C‑441/20 P ( 2 ) (im Folgenden gemeinsam: Organe) eingelegt wurden und mit denen die Organe die Aufhebung des Urteils des Gerichts vom 8. Juli 2020, Jiangsu Seraphim Solar System/Kommission (T‑110/17, EU:T:2020:315, im Folgenden: angefochtenes Urteil), begehren. Mit diesem Urteil wurde der Klage der Jiangsu Seraphim Solar System Co. Ltd (im Folgenden: Jiangsu) auf teilweise Nichtigerklärung der Durchführungsverordnung (EU) 2016/2146 ( 3 ) (im Folgenden: streitige Verordnung), soweit diese Jiangsu betraf, stattgegeben.

I. Rechtlicher Rahmen

3.

Zum Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Verordnung wurde der Erlass von Antidumpingmaßnahmen durch die Union durch die Verordnung (EU) 2016/1036 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2016 über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Union gehörenden Ländern ( 4 ) (im Folgenden: Antidumping-Grundverordnung) geregelt.

4.

Art. 8 („Verpflichtungen“) dieser Verordnung bestimmte in seinen Abs. 1, 9 und 10:

„(1)   Wurde im Rahmen der vorläufigen Sachaufklärung das Vorliegen von Dumping und Schädigung festgestellt, kann die Kommission gemäß dem in Artikel 15 Absatz 2 vorgesehenen Beratungsverfahren zufriedenstellende freiwillige Verpflichtungsangebote annehmen, in denen sich ein Ausführer verpflichtet, seine Preise zu ändern oder die Ausfuhren zu Dumpingpreisen zu unterlassen, sofern sie davon überzeugt ist, dass die schädigenden Auswirkungen des Dumpings auf diese Weise beseitigt werden.

In diesem Fall gelten von der Kommission gemäß Artikel 7 Absatz 1 eingeführte vorläufige Zölle bzw. gemäß Artikel 9 Absatz 4 eingeführte endgültige Zölle während der Geltungsdauer dieser Verpflichtungen nicht für die Einfuhren der betroffenen Ware, die von den Unternehmen hergestellt werden, die im Beschluss der Kommission zur Annahme des Verpflichtungsangebots und in etwaigen späteren Änderungen dieses Beschlusses aufgeführt sind.

(9)   Wird eine Verpflichtung von einer Partei verletzt oder zurückgenommen, oder widerruft die Kommission die Annahme der Verpflichtung, so wird die Annahme der Verpflichtung durch einen Beschluss der Kommission oder gegebenenfalls eine Verordnung der Kommission widerrufen, und es gilt automatisch der von der Kommission gemäß Artikel 7 eingeführte vorläufige Zoll oder der gemäß Artikel 9 Absatz 4 eingeführte endgültige Zoll, sofern der betroffene Ausführer Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten hat, es sei denn, er hat die Verpflichtung selbst zurückgenommen. …

(10)   Ein vorläufiger Zoll kann gemäß Artikel 7 auf der Grundlage der besten verfügbaren Informationen eingeführt werden, sofern Grund zu der Annahme besteht, dass eine Verpflichtung verletzt worden ist, oder im Fall der Verletzung oder der Rücknahme einer Verpflichtung, sofern die Untersuchung, die zu der Verpflichtung führte, nicht abgeschlossen wurde.“

5.

Art. 10 („Rückwirkung“) der Verordnung (EU) 2016/1036 sah in seinem Abs. 5 vor:

„Im Fall der Verletzung oder Rücknahme von Verpflichtungen können endgültige Zölle auf Waren erhoben werden, die innerhalb von 90 Tagen vor der Anwendung vorläufiger Maßnahmen in den zollrechtlich freien Verkehr übergeführt wurden, sofern die Einfuhren gemäß Artikel 14 Absatz 5 zollamtlich erfasst wurden und eine solche rückwirkende Erhebung nicht für die Einfuhren gilt, die vor der Verletzung oder Kündigung der Verpflichtung in den zollrechtlich freien Verkehr überführt wurden.“

6.

Zum Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Verordnung wurde der Erlass von Antisubventionsmaßnahmen durch die Union durch die Verordnung (EU) 2016/1037 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2016 über den Schutz gegen subventionierte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Union gehörenden Ländern ( 5 ) (im Folgenden: Antisubventions-Grundverordnung) geregelt.

7.

Die Antisubventions-Grundverordnung enthält Bestimmungen über Verpflichtungen und über die Rückwirkung, die im Wesentlichen den gleichen Wortlaut haben wie die einschlägigen Bestimmungen der Antidumping-Grundverordnung. So entsprechen insbesondere Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 1 und 2, Abs. 9 und 10 sowie Art. 16 Abs. 5 der Antisubventions-Grundverordnung im Wesentlichen Art. 8 Abs. 1 Unterabs. 1 und 2, Abs. 9 und 10 bzw. Art. 10 Abs. 5 der Antidumping-Grundverordnung (beide Verordnungen gemeinsam im Folgenden: Grundverordnungen) ( 6 ).

II. Sachverhalt und streitige Verordnung

8.

Das Unternehmen Jiangsu stellt in China Fotovoltaik-Module aus kristallinem Silicium her und führt sie in die Union aus.

9.

Nachdem die Kommission einen vorläufigen Antidumpingzoll auf die Einfuhren von Fotovoltaik-Modulen aus kristallinem Silicium und Schlüsselkomponenten davon (Zellen und Wafer) mit Ursprung in oder versandt aus der Volksrepublik China (im Folgenden: fragliche Waren) eingeführt hatte ( 7 ), nahm sie mit dem Beschluss 2013/423/EU vom 2. August 2013 ( 8 ) ein von der chinesischen Handelskammer für die Ein- und Ausfuhr von Maschinen und Elektronikerzeugnissen u. a. im Namen von Jiangsu gemachtes Angebot einer Preisverpflichtung an (im Folgenden: Verpflichtung).

10.

Am 2. Dezember 2013 erließ der Rat die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1238/2013 ( 9 ), mit der ein endgültiger Antidumpingzoll auf die Einfuhren der fraglichen Waren eingeführt wurde. Am selben Tag erließ der Rat auch die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1239/2013 ( 10 ), mit der ein endgültiger Ausgleichszoll auf die Einfuhren dieser Waren eingeführt wurde.

11.

Art. 3 Abs. 2 Buchst. b der Durchführungsverordnung Nr. 1238/2013 und Art. 2 Abs. 2 Buchst. b der Durchführungsverordnung Nr. 1239/2013 sehen gleichlautend vor:

„(2)   Bei der Annahme der Anmeldung zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr entsteht eine Zollschuld,

b)

wenn die Kommission die Annahme der Verpflichtung nach [den Grundverordnungen] ( 11 ) auf dem Verordnungs- oder Beschlussweg widerruft und dabei Bezug auf die fraglichen Geschäftsvorgänge nimmt und die entsprechenden Verpflichtungsrechnungen für ungültig erklärt.“

12.

Mit dem Durchführungsbeschluss 2013/707/EU vom 4. Dezember 2013 ( 12 ) bestätigte die Kommission die Annahme des Verpflichtungsangebots der chinesischen ausführenden Hersteller.

13.

Nach Art. 3 Abs. 1 der Durchführungsverordnung Nr. 1238/2013 und Art. 2 Abs. 1 der Durchführungsverordnung Nr. 1239/2013 sind die unter den Durchführungsbeschluss 2013/707 fallenden Einfuhren im Zusammenhang mit der Verpflichtung von den durch diese Verordnungen eingeführten Antidumping- und Ausgleichszöllen befreit.

14.

Später stellte die Kommission allerdings fest, dass Jiangsu die Verpflichtung verletzt hatte, und erließ daraufhin die streitige Verordnung. In Art. 1 dieser Verordnung widerrief die Kommission die Annahme der Verpflichtung u. a. für Jiangsu. In Art. 2 Abs. 1 der Verordnung erklärte die Kommission die in Anhang 1 der Verordnung aufgeführten Verpflichtungsrechnungen für nichtig. In Art. 2 Abs. 2 der Verordnung beschloss sie, dass „[d]ie bei Annahme der Zollanmeldung zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr fälligen Antidumping- und Ausgleichszölle nach Artikel 3 Absatz 2 Buchstabe b der [Verordnung] Nr. 1238/2013 und Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe b der [Verordnung] Nr. 1239/2013 … vereinnahmt [werden]“.

III. Verfahren vor dem Gericht und angefochtenes Urteil

15.

Mit Klageschrift, die am 18. Februar 2017 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhob Jiangsu Klage auf Nichtigerklärung von Art. 2 der streitigen Verordnung. Die Klage wurde auf einen einzigen Klagegrund gestützt, mit dem ein Verstoß gegen mehrere Vorschriften der Grundverordnungen gerügt wurde. Dieser Klagegrund wurde auf die Einrede der Rechtswidrigkeit im Sinne von Art. 277 AEUV gegen Art. 3 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung Nr. 1238/2013 und Art. 2 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung Nr. 1239/2013 gestützt.

16.

Im angefochtenen Urteil hat das Gericht zunächst in den Rn. 28 bis 64 die Einwände der Kommission, unterstützt durch den Rat, in Bezug auf die Zulässigkeit der Klage sowie die Zulässigkeit der Einrede der Rechtswidrigkeit zurückgewiesen.

17.

Sodann hat das Gericht in den Rn. 65 bis 160 des angefochtenen Urteils dem einzigen Klagegrund und der Einrede der Rechtswidrigkeit von Jiangsu in der Sache stattgegeben und daher Art. 2 der streitigen Verordnung, soweit er Jiangsu betraf, für nichtig erklärt.

IV. Anträge der Parteien

18.

Die Kommission, unterstützt durch den Rat, beantragt mit ihrem Rechtsmittel in der Rechtssache C‑439/20 P, das angefochtene Urteil aufzuheben, die Klage im ersten Rechtszug für unzulässig zu erklären, hilfsweise, die Klage im ersten Rechtszug abzuweisen, und Jiangsu Seraphim die Kosten aufzuerlegen.

19.

Der Rat, unterstützt durch die Kommission, beantragt mit seinem Rechtsmittel in der Rechtssache C‑441/20 P, das angefochtene Urteil aufzuheben, die Klage im ersten Rechtszug abzuweisen und Jiangsu Seraphim die Kosten aufzuerlegen, hilfsweise, die Rechtssache an das Gericht zurückzuverweisen, und die Entscheidung über die Kosten sowohl im ersten Rechtszug als auch im Rahmen des Rechtsmittels vorzubehalten.

20.

Jiangsu beantragt, die Rechtsmittel abzuweisen und der Kommission und dem Rat die Kosten aufzuerlegen.

V. Würdigung der Rechtsmittel

21.

Die Kommission stützt ihr Rechtsmittel in der Rechtssache C‑439/20 P auf vier Rechtsmittelgründe. Diese Gründe überschneiden sich weitgehend mit den beiden Gründen, die der Rat zur Stützung seines Rechtsmittels in der Rechtssache C‑441/20 P angeführt hat. Die beiden Rechtsmittel sind daher gemeinsam zu prüfen.

A.   Zu den ersten Rechtsmittelgründen betreffend die Zulässigkeit

22.

Die Organe machen mit ihren ersten Rechtsmittelgründen geltend, das Gericht habe bei der Prüfung der Zulässigkeit der Klage von Jiangsu (erster Teil) und bei der Prüfung der Zulässigkeit und der Schlüssigkeit der von Jiangsu erhobenen Einrede der Rechtswidrigkeit (zweiter Teil) Rechtsfehler begangen.

1. Zum ersten Teil der ersten Rechtsmittelgründe betreffend die Klagebefugnis und das Rechtsschutzinteresse von Jiangsu

23.

Die Organe wenden sich mit dem ersten Teil ihrer ersten Rechtsmittelgründe gegen die vom Gericht vorgenommene Würdigung betreffend die Klagebefugnis und das Rechtsschutzinteresse von Jiangsu in Bezug auf die angefochtene Bestimmung der streitigen Verordnung, nämlich deren Art. 2.

a) Zur unmittelbaren Betroffenheit

24.

Die Organe werfen dem Gericht zunächst vor, in den Rn. 37, 38, 44 und 45 des angefochtenen Urteils mehrere Rechtsfehler begangen zu haben, indem es festgestellt habe, dass Jiangsu in Bezug auf die angefochtene Bestimmung der streitigen Verordnung im Sinne von Art. 263 Abs. 4 AEUV unmittelbar betroffen sei. Nicht Jiangsu als ausführender Hersteller habe die Zollanmeldungen für die Waren, für die die Rechnungen durch diese Verordnung für nichtig erklärt worden seien, abgegeben, sondern das mit ihr verbundene einführende Unternehmen Seraphim Solar System GmbH. Mithin habe die Seraphim Solar System GmbH – und nicht Jiangsu – die aufgrund der Nichtigerklärung der von Jiangsu ausgestellten Rechnungen geschuldeten Antidumping- und Ausgleichszölle zu entrichten. Die Entstehung dieser Zollschuld stelle eine – sich aus Art. 2 der streitigen Verordnung ergebende – Änderung der Rechtslage dar. Daraus folge, dass Art. 2 der streitigen Verordnung die Rechtsstellung von Jiangsu als ausführendem Hersteller nicht geändert habe und Jiangsu daher nicht im Sinne von Art. 263 Abs. 4 AEUV unmittelbar betroffen sei.

25.

Diesbezüglich ist nach ständiger Rechtsprechung die in Art. 263 Abs. 4 AEUV vorgesehene Voraussetzung, dass eine natürliche oder juristische Person von der mit der Klage angefochtenen Maßnahme unmittelbar betroffen ist, nur dann erfüllt, wenn zwei Kriterien kumulativ erfüllt sind, nämlich erstens, dass die beanstandete Maßnahme sich auf die Rechtsstellung dieser Person unmittelbar auswirkt, und zweitens, dass sie ihren Adressaten, die mit ihrer Durchführung betraut sind, keinerlei Ermessensspielraum lässt, ihre Umsetzung vielmehr rein automatisch erfolgt und sich allein aus der Unionsregelung ohne Anwendung anderer Durchführungsvorschriften ergibt ( 13 ).

26.

Im vorliegenden Fall hat Jiangsu Art. 2 der streitigen Verordnung in seiner Gesamtheit angefochten. Wie sich aus Nr. 14 der vorliegenden Schlussanträge ergibt und wie das Gericht in Rn. 44 des angefochtenen Urteils ausgeführt hat, hat die Kommission mit Art. 2 Abs. 1 dieser Verordnung u. a. die von Jiangsu für bestimmte Transaktionen ausgestellten Verpflichtungsrechnungen für nichtig erklärt und in Art. 2 Abs. 2 der Verordnung die Vereinnahmung der endgültigen Zölle, die für die von den Rechnungen betroffenen Transaktionen geschuldet waren, angeordnet. In dieser Randnummer des angefochtenen Urteils ist das Gericht zu dem Schluss gelangt, dass sich damit die von Jiangsu angefochtenen Bestimmungen unmittelbar auf ihre Rechtsstellung ausgewirkt hätten.

27.

Ich bin der Ansicht, dass sich die Nichtigerklärung von Rechnungen, die von einer Person ausgestellt wurden, unmittelbar auf die Rechtsstellung dieser Person auswirken kann. Die Nichtigerklärung der Rechnungen wirkt sich nämlich auf die vertraglichen Beziehungen in Bezug auf die bestimmten Transaktionen aus, die von den für nichtig erklärten Rechnungen betroffen sind – im vorliegenden Fall die Beziehungen zwischen Jiangsu und dem Einführer –, und kann sich auch auf die Beziehungen zwischen dem Rechnungssteller und den Steuerbehörden auswirken ( 14 ). Infolgedessen können die Organe meines Erachtens nicht mit Erfolg geltend machen, das Gericht habe einen Rechtsfehler begangen, indem es festgestellt habe, dass Jiangsu unmittelbar betroffen sei; das gilt zumindest in Bezug auf Art. 2 Abs. 1 der streitigen Verordnung.

28.

In Bezug auf Art. 2 Abs. 2 der streitigen Verordnung trifft es zu, dass – wie von den Organen geltend gemacht – die sich aus der Nichtigerklärung der Rechnungen ergebende Zollschuld gegen den Einführer, also die Seraphim Solar System GmbH – ein von Jiangsu rechtlich getrenntes, wenn auch mit ihr verbundenes Unternehmen –, entstanden ist. Allerdings ist nach meinem Dafürhalten dieser Umstand im Kontext des vorliegenden Falles nicht geeignet, zur Unzulässigkeit der Klage von Jiangsu mangels unmittelbarer Betroffenheit zu führen.

29.

Zunächst ist nämlich die Entstehung der Zollschuld die sofortige und unmittelbare Folge der Nichtigerklärung der fraglichen Rechnungen, und diese Nichtigerklärung – dies ergibt sich aus der streitigen Verordnung selbst ( 15 ) – ist die notwendige Voraussetzung für das Entstehen dieser Schuld. Die Nichtigerklärung der Rechnungen in Bezug auf die die Verpflichtung betreffenden Transaktionen und die Entstehung der Zollschuld im Zusammenhang mit diesen Vorgängen sind daher eng miteinander verbundene Wirkungen derselben Maßnahme, so dass es gekünstelt wäre, sie voneinander zu trennen. Außerdem beziehen sich die Zollschulden genau auf gerade die Transaktionen, die von den Rechnungen betroffen sind, so dass sie sich zwangsläufig auf diese Vorgänge – an denen Jiangsu beteiligt ist – und somit auf die Rechtsstellung von Jiangsu auswirken.

30.

Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass das Gericht meines Erachtens, entgegen dem Vorbringen der Organe, keinen Rechtsfehler begangen hat, indem es festgestellt hat, dass Jiangsu von Art. 2 der streitigen Verordnung unmittelbar betroffen war.

b) Zum Rechtsschutzinteresse

31.

Hilfsweise machen die Organe geltend, die Würdigung des Gerichts hinsichtlich des Rechtsschutzinteresses von Jiangsu an der Anfechtung von Art. 2 der streitigen Verordnung sei rechtsfehlerhaft.

32.

In diesem Zusammenhang hat das Gericht in Rn. 47 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass die Rechtsprechung implizit, aber notwendig von der Zulässigkeit der Klage eines ausführenden Herstellers gegen die Rechtsakte ausgehe, mit denen die Annahme einer Verpflichtung widerrufen und ein endgültiger Antidumpingzoll auf die von ihm hergestellten und auf den Markt der Union ausgeführten Erzeugnisse eingeführt werde ( 16 ). Daraus hat das Gericht – mit Verweis auf die Ähnlichkeit der Fallgestaltung – abgeleitet, dass auch die Klage eines solchen ausführenden Herstellers gegen die Erhebung dieses Zolls auf die Erzeugnisse zulässig sein müsse, die er bereits ausgeführt habe und für die die Verpflichtungsrechnungen von der Kommission für nichtig erklärt worden seien. Überdies hat das Gericht in Rn. 48 des angefochtenen Urteils entschieden, dass die angefochtenen Bestimmungen, da sie zur Verteuerung der Erzeugnisse von Jiangsu bei der Einfuhr beitrügen, nachteilige Auswirkungen auf ihre Handelsbeziehungen mit dem Einführer dieser Erzeugnisse hätten, die im Fall des Erfolgs ihrer Klage beseitigt werden könnten.

33.

Nach Ansicht der Organe ist diese Würdigung rechtsfehlerhaft. Die Erwägungen in Rn. 47 des angefochtenen Urteils seien unerheblich, da sie sich auf die Klagebefugnis bezögen und auf einer fehlerhaften Auslegung von Art. 263 Abs. 4 AEUV beruhten. Daher sei die in dieser Randnummer vorgenommene Analogie der Rechtsprechung falsch, da sie sich nicht auf eine Situation wie die des vorliegenden Falles beziehe. In Rn. 48 des angefochtenen Urteils werde der Begriff des Rechtsschutzinteresses entgegen der Rechtsprechung dahin ausgelegt, dass der Nachweis eines bloßen wirtschaftlichen Vorteils, der sich daraus ergebe, dass der Klage stattgegeben werde, genüge, während in Wirklichkeit eine Änderung der Rechtsstellung des Rechtsmittelführers erforderlich sei. Jiangsu tritt dem Vorbringen der Organe entgegen.

34.

Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs ist eine Nichtigkeitsklage einer natürlichen oder juristischen Person nur zulässig, wenn diese ein Interesse an der Nichtigerklärung der angefochtenen Handlung hat. Ein solches Interesse setzt voraus, dass die Nichtigerklärung dieser Handlung als solche Rechtswirkungen haben kann und dass der Rechtsbehelf der Partei, die ihn eingelegt hat, damit im Ergebnis einen Vorteil verschaffen kann. Das Rechtsschutzinteresse eines Klägers muss bestehend und gegenwärtig sein, es darf sich nicht auf eine zukünftige, hypothetische Situation beziehen ( 17 ).

35.

Im vorliegenden Fall ist die Argumentation des Gerichts im angefochtenen Urteil nicht frei von Kritik. Zum einen erscheint nämlich die Tragweite der vom Gericht in Rn. 47 dieses Urteils vorgenommenen Analogie zweifelhaft. Sie betrifft nicht speziell die Voraussetzung des Rechtsschutzinteresses, und ihre Relevanz wird in keiner Weise begründet. Ferner reichen meines Erachtens die Erwägungen in Rn. 48 des angefochtenen Urteils zu den nachteiligen Auswirkungen auf die Handelsbeziehungen von Jiangsu mit ihrem Einführer für sich genommen nicht aus, um darzutun, dass die Nichtigerklärung der Handlung derart vorteilhafte Auswirkungen auf die Rechtsstellung von Jiangsu hat, dass sie ein Rechtsschutzinteresse im Sinne der in Nr. 34 der vorliegenden Schlussanträge angeführten Rechtsprechung begründet.

36.

Gleichwohl dürfen diese Fehler meiner Ansicht nach nicht zur Aufhebung des angefochtenen Urteils führen, da die Schlussfolgerung, dass Jiangsu ein Rechtsschutzinteresse an der Nichtigerklärung von Art. 2 der streitigen Verordnung hatte, zutreffend ist ( 18 ).

37.

Wie in Nr. 26 der vorliegenden Schlussanträge ausgeführt, erklärte die Kommission im vorliegenden Fall mit Art. 2 der streitigen Verordnung zum einen die u. a. von Jiangsu ausgestellten Verpflichtungsrechnungen für nichtig und ordnete zum anderen die Vereinnahmung der endgültigen Zölle an, die für die von den Rechnungen betroffenen Transaktionen geschuldet waren.

38.

Unter diesen Umständen würde die Nichtigerklärung dieser Vorschrift dazu führen, dass die Ungültigkeit der von Jiangsu ausgestellten Rechnungen beseitigt würde; dies wiederum hätte Rechtsfolgen im Sinne der in Nr. 34 der vorliegenden Schlussanträge angeführten Rechtsprechung. Ein Vorteil, der sich für Jiangsu ergäbe, wenn der Klage stattgegeben würde, besteht darin, dass die Rechtsfolgen für sie beseitigt würden, und zwar insbesondere im Hinblick auf die vertraglichen Beziehungen im Zusammenhang mit den Transaktionen, die von den für nichtig erklärten Rechnungen betroffen sind. Die Nichtigerklärung von Art. 2 der streitigen Verordnung würde also zur Ungültigkeit der Anordnung der Vereinnahmung der endgültigen Zölle, die für die von den Rechnungen betroffenen Transaktionen geschuldet waren, führen, und an diesen Transaktionen war Jiangsu, wie bereits in Nr. 29 der vorliegenden Schlussanträge ausgeführt, in ihrer Eigenschaft als Verkäuferin beteiligt. Aus diesen Erwägungen ergibt sich meiner Meinung nach, dass Jiangsu ein Rechtsschutzinteresse in Bezug auf die Nichtigerklärung der angefochtenen Bestimmung der streitigen Verordnung hatte. Daraus folgt, dass auch dieses Vorbringen der Organe zurückzuweisen ist.

2. Zum zweiten Teil der ersten Rechtsmittelgründe betreffend die Zulässigkeit und die Schlüssigkeit der von Jiangsu erhobenen Einrede der Rechtswidrigkeit

39.

Der zweite Teil der ersten Rechtsmittelgründe der Organe richtet sich gegen die Würdigung des Gerichts in den Rn. 57 bis 64 des angefochtenen Urteils, in denen es die von Jiangsu erhobene, gegen Art. 3 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung Nr. 1238/2013 und Art. 2 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung Nr. 1239/2013 gerichtete Einrede der Rechtswidrigkeit (im Folgenden gemeinsam: von der Einrede der Rechtswidrigkeit erfasste Bestimmungen) im Sinne von Art. 277 AEUV für zulässig erklärt hat.

40.

Auf der Grundlage dieser Würdigung gelangte das Gericht zu dem Ergebnis, dass in Ermangelung eines Rechtsschutzinteresses bezüglich dieser Bestimmungen nicht von einem Recht von Jiangsu, sie nach Art. 263 AEUV sogleich nach ihrem Erlass zu beanstanden, habe ausgegangen werden können und dass Jiangsu sie daher mit einer Einrede der Rechtswidrigkeit nach Art. 277 AEUV habe beanstanden können ( 19 ).

41.

Nach Auffassung der Organe ist die Würdigung des Gerichts mit mehreren Rechtsfehlern behaftet und steht insbesondere im Widerspruch zur Rechtsprechung aus den Urteilen SolarWorld und Canadian Solar ( 20 ). Die Kommission stellt außerdem die Schlüssigkeit der Einrede der Rechtswidrigkeit in Frage.

42.

Zunächst sei daran erinnert, dass nach ständiger Rechtsprechung Art. 277 AEUV der Ausdruck eines allgemeinen Grundsatzes ist, der jeder Partei das Recht gewährleistet, zum Zweck der Nichtigerklärung einer sie unmittelbar und individuell betreffenden Entscheidung die Gültigkeit derjenigen früheren Rechtshandlungen der Unionsorgane zu bestreiten, die die Rechtsgrundlage für die angegriffene Entscheidung bilden, falls die Partei nicht das Recht hatte, gemäß Art. 263 AEUV unmittelbar gegen diese Rechtshandlungen zu klagen, deren Folgen sie nunmehr erleidet, ohne dass sie ihre Nichtigerklärung hätte beantragen können ( 21 ). Die Einrede der Rechtswidrigkeit kann nur erhoben werden, wenn keine anderen Rechtsbehelfe zur Verfügung stehen ( 22 ). Im Übrigen ergibt sich aus dem Wortlaut von Art. 277 AEUV selbst, dass im Fall, dass der Einrede stattgegeben wird, die Folge lediglich die inzident getroffene Feststellung der Rechtswidrigkeit der Handlung und der sich daraus ergebenden Unanwendbarkeit der für rechtswidrig erklärten Vorschriften im Innenverhältnis – nicht aber deren Nichtigerklärung – ist ( 23 ).

43.

Vorab ist auch darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof im Urteil SolarWorld festgestellt hat, dass sich Art. 2 der Verordnung Nr. 1239/2013 nicht vom Rest dieser Verordnung trennen lässt und dass die Nichtigerklärung dieser Bestimmung zwangsläufig Auswirkungen auf den Wesensgehalt der Verordnung hätte ( 24 ). In Anbetracht dieser Feststellung hat der Gerichtshof den Beschluss des Gerichts bestätigt, mit dem eine Klage auf Nichtigerklärung nur dieser Bestimmung und nicht der gesamten Verordnung für unzulässig erklärt worden war. Der Gerichtshof hat sich auf die ständige Rechtsprechung gestützt, wonach die teilweise Nichtigerklärung eines Unionsrechtsakts nur möglich ist, soweit sich die Teile, deren Nichtigerklärung beantragt wird, vom Rest des Rechtsakts trennen lassen ( 25 ). Im Urteil Canadian Solar hat der Gerichtshof diese Erwägungen im Wesentlichen auf Art. 3 der Verordnung Nr. 1238/2013 ausgedehnt ( 26 ).

44.

In diesem Zusammenhang ist erstens zu prüfen, ob – wie die Organe geltend machen – das Gericht einen Rechtsfehler begangen hat, indem es entschieden hat, dass Jiangsu kein Rechtsschutzinteresse bezüglich der von der Einrede der Rechtswidrigkeit erfassten Bestimmungen gehabt habe.

45.

Das Gericht hat in den Rn. 61 und 62 des angefochtenen Urteils zum einen festgestellt, dass zum Zeitpunkt des Erlasses dieser Bestimmungen die Frage, ob sie auf Jiangsu Anwendung finden werden würden, rein hypothetisch gewesen sei. Zum anderen hat es festgestellt, dass Jiangsu ein Rechtsschutzinteresse für eine Klage gegen die vorgenannten Bestimmungen nicht auf die bloße Möglichkeit habe stützen können, dass die Kommission ihr gegenüber einen Widerruf der Verpflichtungen, gefolgt von einer Nichtigerklärung der entsprechenden Rechnungen, aussprechen würde.

46.

Diese Erwägungen des Gerichts sind meines Erachtens fehlerfrei. Zum Zeitpunkt des Erlasses der Verordnungen Nr. 1238/2013 und Nr. 1239/2013 war nämlich die Anwendung der von der Einrede der Rechtswidrigkeit erfassten Bestimmungen – die, wie in Nr. 11 der vorliegenden Schlussanträge ausgeführt, die Entstehung einer Zollschuld für den Fall vorsahen, dass die Kommission die Annahme der Verpflichtung auf dem Verordnungs- oder Beschlussweg widerruft und dabei Bezug auf die fraglichen Geschäftsvorgänge nimmt und die entsprechenden Verpflichtungsrechnungen für ungültig erklärt – rein hypothetisch und hing von einem Umstand – nämlich der Feststellung der Verletzung der Verpflichtung – ab, der noch nicht eingetreten war und möglicherweise auch gar nicht eintreten würde.

47.

Die Erwägungen des Gerichts stehen daher im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs, wonach das Rechtsschutzinteresse eines Klägers bestehend und gegenwärtig sein muss, sich nicht auf eine zukünftige, hypothetische Situation beziehen darf und im Hinblick auf den Klagegegenstand bei Klageerhebung gegeben sein muss und die Klage andernfalls unzulässig ist ( 27 ). Im Übrigen ist auch darauf hinzuweisen, dass sich die Organe in ihren Rechtsmitteln nicht wirklich gegen die Erwägungen des Gerichts in den genannten Randnummern des angefochtenen Urteils wenden.

48.

Daraus folgt meiner Auffassung nach, dass das Gericht keinen Fehler begangen hat, indem es entschieden hat, dass Jiangsu – mangels Feststellung der Verletzung der Verpflichtung – zum Zeitpunkt des Erlasses der beiden genannten Verordnungen und während des anschließenden Zeitraums, in dem sie sie hätte anfechten können, kein Rechtsschutzinteresse bezüglich der von der Einrede der Rechtswidrigkeit erfassten Bestimmungen hatte.

49.

Die Organe vertreten zweitens die Ansicht, das Gericht habe einen Rechtsfehler begangen, indem es die Einrede der Rechtswidrigkeit nicht mit der Begründung für unzulässig erklärt habe, Jiangsu habe – aufgrund des Umstands, dass sich die von dieser Einrede erfassten Bestimmungen nicht von den übrigen Vorschriften der Verordnungen Nr. 1238/2013 und Nr. 1239/2013 trennen ließen – im Licht der Urteile SolarWorld und Canadian Solar die Verordnungen in ihrer Gesamtheit anfechten und in diesem Rahmen die Rechtswidrigkeit jeglicher ihrer Vorschriften geltend machen können. Da Jiangsu die Verordnungen nicht innerhalb der Rechtsmittelfrist angefochten habe, sei ihr die Erhebung der Einrede der Rechtswidrigkeit nunmehr verwehrt.

50.

Unabhängig von der Frage, ob sich die fraglichen Vorschriften vom Rest der Verordnungen trennen lassen, ergibt sich jedoch aus den Erwägungen in den Nrn. 45 bis 47 der vorliegenden Schlussanträge, dass Jiangsu, selbst wenn sie die Verordnungen Nr. 1238/2013 und Nr. 1239/2013 in ihrer Gesamtheit innerhalb der Rechtsmittelfrist angefochten hätte, kein Rechtsschutzinteresse an der Anfechtung der von der Einrede der Rechtswidrigkeit erfassten Bestimmungen gehabt hätte.

51.

Aus der Rechtsprechung ergibt sich nämlich, dass die in Nr. 47 der vorliegenden Schlussanträge genannten Grundsätze bezüglich des Erfordernisses, dass das Rechtsschutzinteresse bestehend, gegenwärtig und nicht hypothetisch ist, auch für die einzelnen Klagegründe gelten ( 28 ). Im Licht der in Nr. 45 der vorliegenden Schlussanträge angeführten Erwägungen des Gerichts hätte Jiangsu die in Rede stehenden Vorschriften mangels Rechtsschutzinteresses selbst dann nicht anfechten können, wenn sie die Verordnungen Nr. 1238/2013 und Nr. 1239/2013 in ihrer Gesamtheit angefochten hätte. Daher können die Organe nicht geltend machen, dass das Gericht insoweit einen Rechtsfehler begangen habe.

52.

Drittens ist jedoch das Vorbringen der Kommission zu prüfen, das Gericht habe insofern einen Rechtsfehler begangen, indem es die Einrede der Rechtswidrigkeit als zulässig angesehen habe, als es Jiangsu – angesichts der in den Urteilen SolarWorld und Canadian Solar getroffenen Feststellung, dass sich die von der Einrede der Rechtswidrigkeit erfassten Bestimmungen nicht vom Rest der Verordnungen Nr. 1238/2013 und Nr. 1239/2013 trennen ließen – verwehrt gewesen sei, diese Einrede nur in Bezug auf die von ihrer Einrede erfassten Bestimmungen zu erheben; vielmehr hätte sie die Einrede gegen die Verordnungen in ihrer Gesamtheit erheben müssen.

53.

Die Kommission stützt dieses Vorbringen auf die Annahme, dass sich der in Nr. 43 der vorliegenden Schlussanträge angeführte, in der Rechtsprechung zur Nichtigkeitsklage gemäß Art. 263 AEUV entwickelte Grundsatz, wonach die teilweise Nichtigerklärung eines Unionsrechtsakts nur möglich sei, soweit sich die Teile, deren Nichtigerklärung beantragt werde, vom Rest des Rechtsakts trennen ließen ( 29 ), auch auf die Einrede der Rechtswidrigkeit gemäß Art. 277 AEUV übertragen lasse. Daraus folge, dass eine Einrede der Rechtswidrigkeit, die nur in Bezug auf Bestimmungen erhoben werde, die sich nicht vom Rest des Rechtsakts trennen ließen, unzulässig sei.

54.

Unabhängig von der – zwischen den Parteien umstrittenen – Frage, ob sich die fraglichen Bestimmungen vom Rest der Verordnungen Nr. 1238/2013 und Nr. 1239/2013 trennen lassen ( 30 ), bin ich jedenfalls nicht von der Richtigkeit der Annahme der Kommission überzeugt.

55.

Der Hauptgrund, der der Rechtsprechung zugrunde liegt, wonach die teilweise Nichtigerklärung eines Unionsrechtsakts nur möglich ist, soweit sich die Teile, deren Nichtigerklärung beantragt wird, vom Rest des Rechtsakts trennen lassen, liegt nämlich darin, dass verhindert werden soll, dass durch die vom Kläger beantragte teilweise Nichtigerklärung eines Rechtsakts dessen Wesensgehalt verändert wird ( 31 ). Dies würde nämlich eine Überarbeitung des Rechtsakts bedeuten, die über die Befugnisse des Unionsrichters im Rahmen der Nichtigkeitsklage hinausginge und ein Urteil ultra petita darstellen würde ( 32 ).

56.

Diese Erwägungen gelten jedoch nicht für die Einrede der Rechtswidrigkeit. Wie nämlich in Nr. 42 der vorliegenden Schlussanträge angeführt, kann im Rahmen dieser Einrede nur die Unanwendbarkeit des inzident angefochtenen Rechtsakts geltend gemacht werden, nicht jedoch dessen Nichtigerklärung ( 33 ). Die lediglich inzident getroffene Feststellung der Rechtswidrigkeit der von der Einrede der Rechtswidrigkeit erfassten Bestimmungen und die sich daraus ergebende Unanwendbarkeit der für rechtswidrig erklärten Vorschriften zwischen den Parteien in einem laufenden Verfahren ist einzig deklaratorisch und nicht konstitutiv. Eine solche inzident getroffene Feststellung kann somit nicht zu einer Veränderung des Wesensgehalts eines Rechtsakts führen, die mit der Veränderung im Fall der Nichtigerklärung dieser Vorschriften vergleichbar wäre.

57.

So hat z. B. im vorliegenden Fall – selbst wenn man annähme, dass sich die von der Einrede der Rechtswidrigkeit erfassten Bestimmungen nicht vom Rest des jeweiligen Rechtsakts trennen lassen – die vom Gericht in Rn. 158 des angefochtenen Urteils inzident getroffene Feststellung der Rechtswidrigkeit und der sich daraus ergebenden Unanwendbarkeit dieser Vorschriften auf Jiangsu nicht zu einer Veränderung des Wesensgehalts der Verordnungen Nr. 1238/2013 und Nr. 1239/2013 geführt. Mithin sind die Erwägungen und die Schlussfolgerung des Gerichtshofs in den Urteilen SolarWorld und Canadian Solar, wonach sich die Nichtigerklärung dieser Vorschriften zwangsläufig auf den Wesensgehalt der Verordnungen auswirken würde, im vorliegenden Fall nicht anwendbar.

58.

Aus alledem folgt, dass das Gericht meines Erachtens keinen Rechtsfehler begangen hat, indem es die von Jiangsu erhobene Einrede der Rechtswidrigkeit als zulässig angesehen hat, obwohl sie nicht gegen die Verordnungen Nr. 1238/2013 und Nr. 1239/2013 in ihrer Gesamtheit erhoben wurde.

59.

Viertens macht die Kommission noch geltend, das Gericht habe in Rn. 63 des angefochtenen Urteils einen Rechtsfehler begangen, indem es festgestellt habe, dass die von der Einrede der Rechtswidrigkeit erfassten Bestimmungen allgemeinen Charakters seien. Diese Bestimmungen gälten jedoch nur für die Unternehmen, die Verpflichtungsangebote abgegeben hätten, und stellten daher ihnen gegenüber Einzelfallentscheidungen dar.

60.

Insoweit ergibt sich aus dem Wortlaut von Art. 277 AEUV, dass die Einrede der Rechtswidrigkeit in Rechtsstreitigkeiten zur Anwendung kommt, in denen es um die Rechtmäßigkeit eines „Rechtsakts mit allgemeiner Geltung“ geht. Daraus ergibt sich somit eine negative Abgrenzung der Rechtsakte, gegen die diese Einrede zulässig ist, und zwar unter Ausschluss von Rechtsakten mit individueller Geltung, gegen die der Kläger eine Nichtigkeitsklage nach Art. 263 Abs. 4 AEUV hätte erheben können. Mit dieser Voraussetzung soll verhindert werden, dass die Einrede der Rechtswidrigkeit dazu verwendet wird, die Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Nichtigkeitsklage zu umgehen und auf diesem Wege die Rechtmäßigkeit eines Rechtsakts in Frage zu stellen, auch wenn die in Art. 263 AEUV vorgesehenen Voraussetzungen nicht vorliegen.

61.

Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass ein Rechtsakt nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs allgemeine Geltung hat, wenn er für objektiv bestimmte Situationen gilt und Rechtswirkungen gegenüber allgemein und abstrakt umschriebenen Personengruppen erzeugt ( 34 ).

62.

Dies ist nach meinem Dafürhalten bei den von der Einrede der Rechtswidrigkeit erfassten Bestimmungen nicht der Fall. Wie sich nämlich ausdrücklich aus dem jeweiligen Abs. 1 der beiden in Rede stehenden Artikel ergibt, gelten diese Vorschriften nicht gegenüber allgemein und abstrakt umschriebenen Personengruppen, sondern ausschließlich gegenüber „Unternehmen …, deren Verpflichtungsangebote von der Kommission angenommen wurden und die namentlich im Anhang des Durchführungsbeschlusses 2013/707/EU genannt sind“.

63.

Ich stimme deshalb mit der Kommission überein, dass das Gericht somit einen Rechtsfehler begangen hat, indem es die fraglichen Vorschriften in Rn. 63 des angefochtenen Urteils als Rechtsakte mit allgemeiner Geltung angesehen hat.

64.

Gleichwohl bin ich der Ansicht, dass in einem speziellen Fall wie dem vorliegenden einem Wirtschaftsteilnehmer wie Jiangsu – der, wie sich aus den Nrn. 45 bis 47 und 50 der vorliegenden Schlussanträge ergibt, nicht die Möglichkeit hat, diese Vorschriften im Rahmen einer Klage nach Art. 263 AEUV anzufechten – die Möglichkeit gegeben werden muss, die Rechtmäßigkeit dieser Vorschriften inzident in Frage zu stellen.

65.

Der allgemeine Grundsatz, der in Art. 277 AEUV zum Ausdruck kommt und der in der Rechtsprechung, auf die in Nr. 42 der vorliegenden Schlussanträge verwiesen wurde, angeführt ist, soll nämlich jeder Partei das Recht gewährleisten, zum Zweck der Nichtigerklärung einer sie unmittelbar und individuell betreffenden Rechtshandlung die Gültigkeit derjenigen früheren Rechtshandlungen der Unionsorgane zu bestreiten, die die Rechtsgrundlage für die angegriffene Rechtshandlung bilden, falls die Partei nicht das Recht hatte, gemäß Art. 263 AEUV unmittelbar gegen diese Rechtshandlungen zu klagen, deren Folgen sie nunmehr erleidet, ohne dass sie ihre Nichtigerklärung hätte beantragen können. Dieser allgemeine Grundsatz ist meines Erachtens in einem Fall wie dem vorliegenden, wie in der vorstehenden Nr. 64 beschrieben, anzuwenden. Folglich ist nach meinem Dafürhalten – trotz des in Nr. 63 der vorliegenden Schlussanträge erwähnten Rechtsfehlers – die Schlussfolgerung des Gerichts bezüglich der Möglichkeit von Jiangsu, die Rechtmäßigkeit der von der Einrede der Rechtswidrigkeit erfassten Bestimmungen inzident in Frage zu stellen, zutreffend.

66.

Fünftens schließlich trägt die Kommission ebenfalls, und zwar hilfsweise, vor, dass der einzige von Jiangsu im ersten Rechtszug geltend gemachte Klagegrund ins Leere gehe, da er gegen Bestimmungen gerichtet sei, die nicht die Rechtsgrundlage der streitigen Verordnung bildeten. Diese Verordnung sei nämlich auf Art. 8 der Antidumping-Grundverordnung und Art. 13 der Antisubventions-Grundverordnung gestützt. Außerdem tragen die Organe vor, das Gericht habe den einzigen Klagegrund von Jiangsu falsch ausgelegt, und zwar dahin, dass mit ihm geltend gemacht werde, die streitige Verordnung verstoße unmittelbar gegen die einschlägigen Bestimmungen der Grundverordnungen; jedoch enthalte die Klageschrift diesen Klagegrund nicht. Das Gericht habe daher ultra petita entschieden.

67.

Dieses Vorbringen ist zurückzuweisen. Wie aus der Analyse des Wortlauts der Klageschrift hervorgeht, wird der einzige von Jiangsu vor dem Gericht geltend gemachte Klagegrund ausdrücklich auf einen Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1, 9 und 10 und Art. 10 Abs. 5 der Antidumping-Grundverordnung sowie gegen Art. 13 Abs. 1, 9 und 10 und Art. 16 Abs. 5 der Antisubventions-Grundverordnung in Verbindung mit einer Einrede der Rechtswidrigkeit gegen Art. 3 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung Nr. 1238/2013 und Art. 2 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung Nr. 1239/2013 gestützt. Infolgedessen hat das Gericht die Klageschrift von Jiangsu nicht falsch ausgelegt und nicht ultra petita entschieden. Zum Vorbringen, die Einrede der Rechtswidrigkeit gehe ins Leere, ist darauf hinzuweisen, dass sehr wohl eine gewisse Überschneidung zwischen dem einzigen Klagegrund, mit dem ein Verstoß gegen die einschlägigen Bestimmungen der Grundverordnungen gerügt wurde, und dieser Einrede besteht. Würde dem einzigen Klagegrund stattgegeben, hätte dies tatsächlich bereits für sich genommen die Nichtigerklärung der angefochtenen Verordnung zur Folge. Zum einen sind jedoch die genannten einschlägigen Bestimmungen der Grundverordnungen und die von der Einrede der Rechtswidrigkeit erfassten Bestimmungen eng miteinander verknüpft, und zwar in dem Sinne, dass – nach Ansicht der Organe, der Jiangsu entgegentritt – letztere eine Umsetzung der ersteren darstellen, wobei diese Umsetzung in der streitigen Verordnung ihren konkreten Ausdruck findet. In diesem Zusammenhang ist es daher klar, dass Jiangsu die Einrede der Rechtswidrigkeit gegen diese Bestimmungen erhoben hat. Zum anderen besteht ebenfalls kein Zweifel daran, dass die lediglich inzident getroffene Feststellung der Rechtswidrigkeit der von der Einrede der Rechtswidrigkeit erfassten Bestimmungen der Verordnungen Nr. 1238/2013 und Nr. 1239/2013 wegen Verstoßes gegen die genannten Vorschriften der Grundverordnungen zur Nichtigerklärung der streitigen Verordnung gegenüber Jiangsu führen würde. Daraus folgt meines Erachtens, dass diese Einrede nicht ins Leere geht.

68.

Nach alledem sind die ersten Rechtsmittelgründe der Organe zurückzuweisen.

B.   Zu den Rechtsmittelgründen betreffend die Begründetheit

69.

Mit dem zweiten, dem dritten und dem vierten Rechtsmittelgrund der Kommission und dem zweiten Rechtsmittelgrund des Rates wenden sich die Organe in der Sache gegen die Erwägungen, die das Gericht dazu veranlasst haben, Art. 2 der streitigen Verordnung gegenüber Jiangsu für nichtig zu erklären. Diese Rechtsmittelgründe lassen sich in zwei Teile untergliedern.

1. Zu den Rechtsmittelgründen betreffend einen Verstoß gegen die Grundverordnungen

70.

Der zweite und der dritte Rechtsmittelgrund der Kommission und der erste Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes des Rates richten sich gegen den Teil des angefochtenen Urteils (Rn. 115 bis 152), in dem das Gericht zu dem Ergebnis gelangt ist, dass die Grundverordnungen keine ausreichende Rechtsgrundlage für den Erlass von Art. 2 der streitigen Verordnung darstellten.

a) Angefochtenes Urteil

71.

Im angefochtenen Urteil hat das Gericht in den Rn. 115 bis 118 festgestellt, dass im vorliegenden Fall weder Art. 8 Abs. 10 der Antidumping-Grundverordnung und Art. 13 Abs. 10 der Antisubventions-Grundverordnung noch Art. 10 Abs. 5 der Antidumping-Grundverordnung und Art. 16 Abs. 5 der Antisubventions-Grundverordnung anwendbar seien.

72.

Das Gericht hat die Ansicht vertreten, dass diese Bestimmungen die einzigen in den Grundverordnungen seien, die die zeitliche Erhebung von Antidumping- und Antisubventionszöllen regelten, die ohne eine zwischenzeitlich verletzte oder widerrufene Verpflichtung geschuldet worden wären, und dass der vorliegende Fall insoweit keiner der ausdrücklich in den Grundverordnungen vorgesehenen Fallgestaltungen entspreche. Unter diesen Umständen sei zu prüfen, ob es keine andere Rechtsgrundlage für den Erlass von Art. 2 der streitigen Verordnung gebe ( 35 ).

73.

Aus der Systematik und dem Zweck der Grundverordnungen gehe zum einen hervor, dass der Gesetzgeber beabsichtigt habe, Rechtsvorschriften betreffend die Verfahren zur Bestimmung der Folgen eines Widerrufs der Annahme einer Verpflichtung durch die Kommission zu erlassen, und zum anderen, dass er diese Absicht durch die in Nr. 71 der vorliegenden Schlussanträge angeführten (beiden Paare von) Bestimmungen umgesetzt habe. Daher gebe es in den Grundverordnungen keine anderen Vorschriften, aus denen die Befugnis der Unionsorgane abgeleitet werden könne, im Rahmen ihrer Befugnis zur Durchführung der Grundverordnungen von den betreffenden Unternehmen die Entrichtung der Gesamtheit der Zölle zu fordern, die für die Transaktionen geschuldet seien, auf die sich die in der Zwischenzeit für nichtig erklärten Verpflichtungsrechnungen bezögen ( 36 ).

74.

Insbesondere hat das Gericht in Rn. 138 des angefochtenen Urteils die Ansicht vertreten, eine solche Befugnis lasse sich nicht aus Art. 8 Abs. 9 der Antidumping-Grundverordnung und Art. 13 Abs. 9 der Antisubventions-Grundverordnung ableiten, nach denen die Zölle nach dem Widerruf der Annahme von Verpflichtungen automatisch gälten. Eine solche automatische Geltung sei nur innerhalb der Grenzen vorgesehen, die in den in Nr. 71 der vorliegenden Schlussanträge genannten Bestimmungen der Grundverordnungen ausdrücklich festgelegt seien. In den darauffolgenden Rn. 139 bis 151 des angefochtenen Urteils hat das Gericht sodann die übrigen Argumente der Organe zurückgewiesen.

b) Vorbringen der Parteien

75.

Die Organe beanstanden die Auslegung der einschlägigen Bestimmungen der Grundverordnungen durch das Gericht und dessen Schlussfolgerung, die Grundverordnungen enthielten keine Rechtsgrundlage für die Vereinnahmung der Zölle auf Einfuhren, die unter Verletzung der Verpflichtung noch vor deren förmlichem Widerruf erfolgt seien. Insbesondere habe das Gericht die Änderungen des Verpflichtungssystems völlig außer Acht gelassen, die sich aus den mit der Verordnung Nr. 461/2004 eingeführten Änderungen ergäben ( 37 ).

76.

Erstens ( 38 ) habe das Gericht Rechtsfehler begangen, indem es im vorliegenden Fall die Vereinnahmung der Zölle auf die genannten Einfuhren als „rückwirkend“ angesehen habe. Zum einen gebe das Gericht keine Begründung für diese angebliche Rückwirkung an. Zum anderen verkenne eine solche Annahme den Begriff der Rückwirkung, wie er in der Rechtsprechung ( 39 ) ausgelegt werde, und stelle einen Verstoß gegen Art. 10 Abs. 1 der Antidumping-Grundverordnung und Art. 16 Abs. 1 der Antisubventions-Grundverordnung dar.

77.

Zweitens macht die Kommission, unterstützt durch den Rat ( 40 ), geltend, das angefochtene Urteil sei mit Rechtsfehlern behaftet, was die Auslegung von Art. 8 Abs. 1, 9 und 10 sowie Art. 10 Abs. 5 der Antidumping-Grundverordnung und Art. 13 Abs. 1, 9 und 10 sowie Art. 16 Abs. 5 der Antisubventions-Grundverordnung betreffe. Diese Bestimmungen der Grundverordnungen, wie sie sich aus den Änderungen der Antidumpingregelungen durch die Verordnung Nr. 461/2004 ergäben, böten eine hinreichende Rechtsgrundlage für die Vereinnahmung von Zöllen auf Einfuhren, bezüglich derer ein Verstoß gegen die Verpflichtung festgestellt worden sei.

78.

Jiangsu tritt diesen Rechtsmittelgründen entgegen. Erstens erlege die streitige Verordnung rückwirkend Zölle auf und gehe damit über das hinaus, was nach den Grundverordnungen zulässig sei. Das Gericht habe daher zu Recht entschieden, dass die Grundverordnungen keine hinreichende Rechtsgrundlage für den Erlass der Vorschriften der streitigen Verordnung darstellten.

79.

Zweitens ergebe sich aus Art. 8 Abs. 9 der Antidumping-Grundverordnung bzw. aus Art. 13 Abs. 9 der Antisubventions-Grundverordnung, dass bei der Verletzung einer Verpflichtung die Zölle, die als Folge der Annahme der Verpflichtung nicht gegolten hätten, automatisch für Einfuhren gälten, die ab dem Zeitpunkt der Rücknahme der Verpflichtung erfolgten, und nicht für frühere Einfuhren. Wie das Gericht festgestellt habe, lasse es das durch die Grundverordnungen geschaffene System nicht zu, Zölle wegen der Verletzung von Verpflichtungen rückwirkend außerhalb der verfahrensrechtlichen Grenzen zu erheben, die die in Nr. 71 der vorliegenden Schlussanträge genannten Bestimmungen setzten. Das Unionsrecht ermächtige die Kommission in keiner Weise, Rechnungen für ungültig zu erklären und den Zollbehörden aufzugeben, rückwirkend Zölle auf frühere Einfuhren zu erheben, die in den zollrechtlich freien Verkehr überführt worden seien, ohne dass eine zollamtliche Erfassung und eine Erhebung vorläufiger Zölle erfolgt sei. Die im Jahr 2004 vorgenommenen Änderungen hätten ausschließlich dem Zweck gedient, zum einen – durch die Abschaffung des bis dahin geltenden aufwendigen doppelten Verfahrens, das ein Tätigwerden sowohl der Kommission als auch des Rates vorgesehen habe –, die Rücknahme einer Verpflichtung und die Einführung von Zöllen durch einen einzigen Rechtsakt zu ermöglichen, und zum anderen, verbindliche Fristen für den Abschluss der Untersuchungen über mutmaßliche Verletzungen der Verpflichtungen festzulegen.

c) Rechtliche Würdigung

80.

Vorab ist darauf hinzuweisen, dass im Rahmen des durch Art. 8 der Antidumping-Grundverordnung und Art. 13 der Antisubventions-Grundverordnung eingeführten Systems der Verpflichtungsangebote aus dem jeweiligen Abs. 1 dieser Vorschriften hervorgeht, dass die Kommission, wenn das Vorliegen von Dumping bzw. einer Subvention und einer Schädigung vorläufig festgestellt worden ist, das Verpflichtungsangebot eines Ausführers annehmen kann, sofern sie der Auffassung ist, dass die Schädigung auf diese Weise beseitigt wird ( 41 ).

81.

Die Wirkungen der Annahme der Verpflichtung sind in Art. 8 Abs. 1 Unterabs. 2 der Antidumping-Grundverordnung bzw. Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 2 der Antisubventions-Grundverordnung ausdrücklich geregelt. Gemäß diesen Unterabsätzen gelten in diesem Fall die von der Kommission eingeführten vorläufigen bzw. endgültigen Zölle während der Geltungsdauer der Verpflichtungen nicht für die Einfuhren der betroffenen Ware, die von den Unternehmen hergestellt wird, die in dem Beschluss der Kommission zur Annahme des Verpflichtungsangebots aufgeführt sind ( 42 ).

82.

Art. 8 Abs. 9 der Antidumping-Grundverordnung bzw. Art. 13 Abs. 9 der Antisubventions-Grundverordnung regeln die Fälle, in denen eine Partei, die eine Verpflichtung übernommen hat, diese verletzt oder zurücknimmt oder in denen die Kommission die Annahme einer Verpflichtung widerruft. Diese Bestimmungen sehen vor, dass in solchen Fällen die Kommission die Annahme der Verpflichtung widerruft und die von der Kommission eingeführten vorläufigen bzw. – wie im vorliegenden Fall einschlägig – endgültigen Antidumping- bzw. Ausgleichszölle (automatisch) gelten ( 43 ).

83.

Diese Bestimmungen der Grundverordnungen in ihrer gegenwärtigen Form ergeben sich aus einer mittels der Verordnung Nr. 461/2004 vorgenommenen Reform.

84.

In den vorliegenden Rechtssachen geht es hauptsächlich um die Frage, wie weit genau die Wirkungen des Widerrufs der Annahme der Verpflichtung durch die Kommission reichen, insbesondere im Fall einer Verletzung der Verpflichtung durch das Unternehmen, das sie übernommen hat. Zu klären ist deshalb die Tragweite von Art. 8 Abs. 9 der Antidumping-Grundverordnung und Art. 13 Abs. 9 der Antisubventions-Grundverordnung, wonach in einem solchen Fall die von der Kommission eingeführten endgültigen Antidumping- bzw. Ausgleichszölle automatisch „gelten“. Die Klärung der Tragweite dieser Bestimmungen dient der Feststellung, ob nach der Rücknahme die bereits eingeführten endgültigen Zölle von Anfang an für die der verletzten Verpflichtung entsprechenden, ab dem Zeitpunkt der Einführung des endgültigen Zolls erfolgten Einfuhren des Ausführers gelten (Auffassung der Organe) oder nur für die nach dem förmlichen Widerruf der Verpflichtung erfolgten Einfuhren (Auffassung von Jiangsu, der das Gericht gefolgt ist).

85.

Diese Frage ist für die angefochtene Bestimmung der streitigen Verordnung, nämlich deren Art. 2, von grundlegender Bedeutung, denn wenn die endgültigen Antidumping- und Ausgleichszölle, wie Jiangsu geltend macht, nur für die Zukunft – d. h. nur für Einfuhren, die ab dem Zeitpunkt erfolgen, zu dem die Kommission die Annahme der Verpflichtung widerrufen hat – gelten, hätte die Kommission die Verpflichtungsrechnungen für die vor dem Widerruf erfolgten Einfuhren nicht für nichtig erklären und mangels einschlägiger Rechtsgrundlage nicht die Erhebung der mit den Verordnungen Nr. 1238/2013 und Nr. 1239/2013 eingeführten Ausgleichs- und Antidumpingzölle anordnen können.

86.

Daher sind speziell Art. 8 Abs. 9 der Antidumping-Grundverordnung und Art. 13 Abs. 9 der Antisubventions-Grundverordnung auszulegen. Nach ständiger Rechtsprechung sind bei der Auslegung einer Unionsvorschrift nicht nur ihr Wortlaut, sondern auch ihr Zusammenhang und die Ziele zu berücksichtigen, die mit der Regelung, zu der sie gehört, verfolgt werden ( 44 ). Auch die Entstehungsgeschichte einer Vorschrift des Unionsrechts kann relevante Anhaltspunkte für ihre Auslegung liefern ( 45 ).

87.

Mit einer wörtlichen Auslegung der in Rede stehenden Bestimmungen lässt sich die in Nr. 84 der vorliegenden Schlussanträge genannte grundlegende Frage – d. h., ob nach dem Widerruf der Annahme der Verpflichtung die endgültigen Zölle von Anfang an oder nur für Einfuhren nach dem Widerruf gelten – nicht eindeutig klären. In diesen Bestimmungen heißt es nämlich lediglich, dass die Zölle (automatisch) gelten; eine weitere Spezifizierung findet nicht statt.

88.

Bei wörtlicher Auslegung erscheint jedoch Art. 9 Abs. 4 der Antidumping-Grundverordnung (wonach die Kommission einen endgültigen Zoll „[ein]führt“) in Verbindung mit ihrem Art. 8 Abs. 1 Unterabs. 2 (wonach während der Geltungsdauer der Verpflichtung die endgültigen Zölle für die betreffenden Einfuhren „[nicht] gelten“) und mit ihrem Art. 8 Abs. 9 (wonach der Zoll bei Widerruf der Annahme der Verpflichtung „automatisch [gilt]“) mit einer Auslegung, wonach die Geltung der ursprünglich „eingeführte[n]“ endgültigen Zölle aufgrund der Annahme der Verpflichtung ausgesetzt ist („gelten … nicht“), uneingeschränkt vereinbar. Bei Widerruf der Annahme wegen Verletzung dieser Verpflichtung wäre eine solche Aussetzung für die von der Verletzung erfassten Einfuhren nicht mehr gerechtfertigt, so dass der bereits eingeführte Zoll, dessen Anwendung ausgesetzt wurde, automatisch gilt. Die gleichen Erwägungen gelten für die entsprechenden Vorschriften der Antisubventions-Grundverordnung.

89.

Des Weiteren ist kurz auf die Entstehungsgeschichte dieser Vorschriften einzugehen, zu der sich die Parteien ausführlich geäußert haben. Wie bereits ausgeführt, ergeben sich die in den vorliegenden Rechtssachen einschlägigen Fassungen der in Art. 8 Abs. 1 und 9 der Antidumping-Grundverordnung und Art. 13 Abs. 1 und 9 der Antisubventions-Grundverordnung enthaltenen Bestimmungen aus der mittels der Verordnung Nr. 461/2004 vorgenommenen Reform.

90.

In diesem Zusammenhang ist der 18. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 461/2004 von Bedeutung. Dieser enthält einschlägige Auslegungselemente in Bezug auf die mit dieser Verordnung eingeführten und in späteren Fassungen der Grundverordnungen bestätigten Bestimmungen ( 46 ).

91.

Aus dem Erwägungsgrund geht hervor, dass die Reform zum Ziel hatte, ein umständliches Verfahren zu vereinfachen, das im Fall des Widerrufs der Annahme der Verpflichtung den Erlass von zwei Rechtsakten vorsah, nämlich einen der Kommission (Widerruf) und einen des Rates (die Einführung der Zölle).

92.

Eine sorgfältige Lektüre dieses Erwägungsgrundes zeigt jedoch, dass die Reform tatsächlich zu einer wesentlichen Änderung geführt hat. Während im früheren System nach dem Widerruf der Annahme der Verpflichtung der Zoll vom Rat „wieder eingeführt“ wurde, existiert nach der Reform der Zoll bereits und wird durch den neuen einzigen Rechtsakt der Kommission lediglich seine Geltung anerkannt. So war es im früheren System klar, dass der Zoll, der eingeführt werden musste und daher zum Zeitpunkt des Widerrufs der Annahme der Verpflichtung nicht existierte, objektiv nicht für vor diesem Widerruf erfolgte Einfuhren gelten konnte (da er noch nicht eingeführt worden war). Im System nach der Reform ist dies jedoch nicht mehr der Fall; in diesem existiert der Zoll bereits, und lediglich seine Geltung wird nach dem Widerruf der Annahme der Verpflichtung durch den genannten einzigen Rechtsakt anerkannt.

93.

Daraus folgt, dass die Entstehungsgeschichte der in Rede stehenden Vorschriften nicht nur mit der in Nr. 88 der vorliegenden Schlussanträge erwähnten Auslegung dieser Vorschriften vereinbar erscheint, sondern sogar für eine solche Auslegung spricht.

94.

Ferner spielte die Analyse des Zusammenhangs der fraglichen Bestimmungen bei der Prüfung des Gerichts eine grundlegende Rolle. In dem angefochtenen Urteil hat das Gericht nämlich seine Schlussfolgerung, dass die Grundverordnungen keine Rechtsgrundlage für den Erlass von Art. 2 der streitigen Verordnung enthielten, im Wesentlichen auf die Feststellung gestützt, dass die in der vorliegenden Rechtssache aufgeworfene Frage – d. h., nach seiner Auffassung, die „Geltung der Antidumping- und der Ausgleichszölle, die ohne eine in der Zwischenzeit verletzte oder widerrufene Verpflichtung fällig gewesen wären“ – ausschließlich durch die in Nr. 71 der vorliegenden Schlussanträge genannten Bestimmungen der Grundverordnungen, d. h. Art. 8 Abs. 10 und Art. 10 Abs. 5 der Antidumping-Grundverordnung sowie Art. 13 Abs. 10 und Art. 16 Abs. 5 der Antisubventions-Grundverordnung, geregelt sei ( 47 ). Auf dieser Grundlage hat das Gericht sodann in Rn. 138 des angefochtenen Urteils die in Nr. 88 der vorliegenden Schlussanträge angeführte Auslegung der betreffenden Bestimmungen zurückgewiesen.

95.

Diese Erwägungen des Gerichts überzeugen mich allerdings nicht.

96.

Zunächst findet das Ergebnis, zu dem das Gericht gelangt ist, meines Erachtens keine Grundlage in den Erwägungsgründen der Grundverordnungen, die in den Rn. 133 bis 136 des angefochtenen Urteils genannt sind. Erstens können sich diese Erwägungsgründe, wie die Kommission zu Recht geltend macht, nicht auf die Änderungen beziehen, die mit der durch die Verordnung Nr. 461/2004 vorgenommenen Reform eingeführt wurden, da sie bereits vor dieser Reform in den Grundverordnungen enthalten waren. Teile von ihnen beziehen sich dagegen auf die in Nr. 94 der vorliegenden Schlussanträge erwähnten Vorschriften und geben insoweit Hinweise zur Auslegung.

97.

Was Art. 8 Abs. 10 der Antidumping-Grundverordnung und den ihm entsprechenden Art. 13 Abs. 10 der Antisubventions-Grundverordnung anbelangt, so geht aus dem 14. bzw. 12. Erwägungsgrund der jeweiligen Grundverordnung hervor, dass diese Bestimmungen ausdrücklich in zwei Fällen gelten, nämlich bei einer „mutmaßlichen Verletzung“ bzw. einem „Verdacht einer Verletzung“ oder „wenn eine weitere Untersuchung zur Vervollständigung der Sachaufklärung erforderlich ist“. Diese Bestimmungen erlauben in diesen Fällen die Einführung vorläufiger Zölle. Entgegen der Ansicht des Gerichts regeln sie nicht die rückwirkende Geltung der Antidumping- und der Ausgleichszölle, die ohne eine in der Zwischenzeit verletzte und widerrufene Verpflichtung fällig gewesen wären ( 48 ). Sie ermöglichen es lediglich, in den beiden genannten Fällen einstweilige Maßnahmen, sozusagen „vorsorglich“, anzuordnen. Ein Beweis dafür, dass diese Bestimmungen nicht die rückwirkende Geltung der Zölle regeln, ist der Umstand, dass sie sich nicht in den Artikeln der Verordnungen über die Rückwirkung, nämlich Art. 10 der Antidumping-Grundverordnung bzw. Art. 16 der Antisubventions-Grundverordnung, befinden. Folglich können diese Bestimmungen entgegen der Auffassung des Gerichts nicht die Absicht des Gesetzgebers verwirklichen, „Rechtsvorschriften betreffend die Verfahren zur Bestimmung der Folgen eines Widerrufs der Annahme einer Verpflichtung … zu erlassen“ ( 49 ).

98.

Hingegen regeln Art. 10 Abs. 5 der Antidumping-Grundverordnung und der ihm entsprechende Art. 16 Abs. 5 der Antisubventions-Grundverordnung ausdrücklich die rückwirkende Geltung der Zölle im Fall der Verletzung oder Rücknahme der Verpflichtung. Diese Bestimmungen erlauben ausnahmsweise im Fall der Verletzung oder Rücknahme von Verpflichtungen die rückwirkende Erhebung endgültiger Zölle auf innerhalb von höchstens 90 Tagen vor der Einführung der vorläufigen Zölle getätigte Einfuhren, sofern diese zollamtlich erfasst wurden. Sie erlauben daher ausnahmsweise im Fall der Verletzung oder Rücknahme von Verpflichtungen die Erhebung endgültiger Zölle nicht nur vor dem Zeitpunkt ihrer Einführung, sondern deutlich davor, nämlich sogar 90 Tage vor der Erhebung der vorläufigen Zölle. Mithin stehen diese Bestimmungen der in Nr. 88 der vorliegenden Schlussanträge angeführten Auslegung von Art. 8 Abs. 1 und 9 der Antidumping-Grundverordnung und Art. 13 Abs. 1 und 9 der Antisubventions-Grundverordnung nicht nur nicht entgegen, sondern scheinen eher für eine solche Auslegung zu sprechen. Sie erlauben nämlich im Fall der Verletzung oder Rücknahme von Verpflichtungen die rückwirkende Erhebung endgültiger Zölle zu einem viel früheren Zeitpunkt als dem Zeitpunkt ihrer Einführung. Aus systematischer Sicht folgt daraus, dass Art. 8 Abs. 1 und 9 der Antidumping-Grundverordnung und Art. 13 Abs. 1 und 9 der Antisubventions-Grundverordnung a fortiori dahin auszulegen sind, dass im Fall der Verletzung einer Verpflichtung die endgültigen Zölle als vom Zeitpunkt ihrer Einführung an anwendbar anzusehen sind.

99.

Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass die in den Rn. 130, 137, 138, 141 und 144 des angefochtenen Urteils vorgenommene Auslegung von Art. 8 Abs. 10 und Art. 10 Abs. 5 der Antidumping-Grundverordnung sowie von Art. 13 Abs. 10 und Art. 16 Abs. 5 der Antisubventions-Grundverordnung rechtsfehlerhaft ist.

100.

Das Argument, das mich jedoch endgültig davon überzeugt, dass Art. 8 Abs. 1 und 9 der Antidumping-Grundverordnung und Art. 13 Abs. 1 und 9 der Antisubventions-Grundverordnung wie in Nr. 88 der vorliegenden Schlussanträge angeführt auszulegen sind, ist ein teleologisches.

101.

Meines Erachtens nimmt die von Jiangsu vorgenommene Auslegung dieser Vorschriften, der sich das Gericht angeschlossen hat, dem in den Grundverordnungen vorgesehenen System der Verpflichtungsangebote seine praktische Wirksamkeit, indem sie im Fall der Verletzung einer Verpflichtung die wirtschaftlichen Folgen für die Unternehmen, die diese Verpflichtung übernommen haben, erheblich verringert. In einem solchen Fall wären diese Unternehmen nur für die Zukunft, nicht aber für die Vergangenheit betroffen. Durch eine solche Auslegung wird die abschreckende Wirkung, die die nachteiligen Folgen der Verletzung einer Verpflichtung auf die die Verpflichtung anbietenden Unternehmen haben sollten, erheblich gemindert und somit der Anreiz zur Einhaltung der Verpflichtung stark verringert. Welches Interesse kann ein Unternehmen an der Einhaltung einer Verpflichtung haben, wenn es weiß, dass es im Fall ihrer Verletzung keine Folgen für die Vergangenheit zu befürchten hat?

102.

Ich stimme daher nicht mit den Ausführungen des Gerichts in Rn. 151 des angefochtenen Urteils überein, mit denen es sich dem Argument von Jiangsu angeschlossen hat ( 50 ), dass der Widerruf der Verpflichtung für sich genommen eine hinreichend erhebliche Sanktion für deren Verletzung darstelle. Ich stimme im Gegenteil der Kommission darin zu, dass sich der ausführende Hersteller und der Einführer im vorliegenden Fall der Verletzung voll bewusst waren und es daher keinen Grund gibt, sie vor der Einführung von Zöllen zu schützen.

103.

Im Übrigen hat die Rechtsprechung bereits eindeutig festgestellt, dass zum einen das mit den Grundverordnungen im Bereich der Verpflichtungsangebote verfolgte grundlegende Ziel darin besteht, die Beseitigung der schädigenden Wirkungen des Dumpings für den Wirtschaftszweig der Union zu gewährleisten, und zum anderen dieses Ziel im Wesentlichen auf der Pflicht des Ausführers zur Zusammenarbeit sowie auf der Kontrolle der ordnungsgemäßen Durchführung der von diesem eingegangenen Verpflichtung – und zwar im Rahmen des Vertrauensverhältnisses, auf das die Annahme einer solchen Verpflichtung durch die Kommission gestützt ist – beruht ( 51 ).

104.

Eine Auslegung der Grundverordnungen, die durch eine deutliche Verringerung der Folgen im Fall der Verletzung der übernommenen Verpflichtung den Anreiz zur Einhaltung dieser Verpflichtung und zur Zusammenarbeit im Rahmen eines Vertrauensverhältnisses mit der Kommission erheblich verringert, ist daher meines Erachtens mit dieser Rechtsprechung nicht vereinbar.

105.

Nach alledem sind Art. 8 Abs. 1 Unterabs. 2 und Abs. 9 der Antidumping-Grundverordnung und Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 2 und Abs. 9 der Antisubventions-Grundverordnung meines Erachtens dahin auszulegen, dass die nach Art. 9 Abs. 4 der Antidumping-Grundverordnung bzw. Art. 15 Abs. 1 der Antisubventions-Grundverordnung eingeführten endgültigen Antidumping- bzw. Ausgleichszölle in Bezug auf die der Verpflichtung entsprechenden Einfuhren aufgrund der Annahme des Verpflichtungsangebots durch die Kommission ausgesetzt werden. Bei Widerruf der Annahme durch die Kommission wegen Verletzung dieser Verpflichtung ist eine solche Aussetzung für die von der Verletzung erfassten Einfuhren nicht mehr gerechtfertigt, so dass der bereits eingeführte Zoll, dessen Anwendung ausgesetzt wurde, automatisch gilt. Daraus folgt, dass der Widerruf der Annahme der Verpflichtung infolge ihrer Verletzung dazu führt, dass die ursprünglich eingeführten endgültigen Zölle automatisch für die der verletzten Verpflichtung entsprechenden Einfuhren gelten, so dass die endgültigen Antidumping- und Ausgleichszölle für diese Einfuhren automatisch von Anfang an fällig werden.

106.

Diese Auslegung wird meines Erachtens durch das Vorbringen von Jiangsu nicht in Frage gestellt, wonach für den Fall, dass dieser Auslegung gefolgt würde, die endgültigen Zölle nach der Rücknahme der Verpflichtung nicht nur dann von Anfang an erhoben werden könnten, wenn das Unternehmen die Verpflichtung verletzt, sondern auch dann, wenn die Kommission – im Rahmen des ihr von der Rechtsprechung eingeräumten weiten Ermessens – beschließen sollte, die Verpflichtung aus anderen Gründen zurückzunehmen, z. B. wenn sie nicht mehr praktikabel ist, oder sogar dann, wenn der ausführende Hersteller die Rücknahme der Verpflichtung begehren sollte.

107.

Hierzu stelle ich fest, dass die Kommission nach der Rechtsprechung ( 52 ) zwar über ein Ermessen bei der Entscheidung verfügt, ob die Annahme der Verpflichtung zu widerrufen ist oder nicht; allerdings geht aus der Rechtsprechung auch hervor, dass dieses Ermessen im Einklang mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit auszuüben ist. Dies bedeutet, dass die (nachteiligen) Folgen der Ausübung des Ermessens in einem angemessenen Verhältnis zu dem Interesse stehen müssen, zugunsten dessen das Ermessen ausgeübt wird. Wie sich aus den Erwägungen in den Nrn. 101 bis 104 der vorliegenden Schlussanträge ergibt, wäre es im vorliegenden Fall verhältnismäßig, die endgültigen Zölle von Anfang an auf die der verletzten Verpflichtung entsprechenden Einfuhren zu erheben, weil das Unternehmen die von ihm angebotene Verpflichtung verletzt hat.

108.

Zusammenfassend ergibt sich aus dem Vorstehenden erstens, dass im vorliegenden Fall im Licht der in Nr. 105 der vorliegenden Schlussanträge angeführten Auslegung infolge des Widerrufs der Annahme des Verpflichtungsangebots von Jiangsu wegen der Verletzung der Verpflichtung die endgültigen Antidumping- und Ausgleichszölle keine rückwirkende Geltung entfaltet haben. Daraus folgt, dass die Rn. 129 bis 132, 138 und 141 des angefochtenen Urteils mit Rechtsfehlern behaftet sind und dass dem zweiten Rechtsmittelgrund der Kommission und dem ersten Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes des Rates stattzugeben ist.

109.

Zweitens ist das angefochtene Urteil mit Rechtsfehlern behaftet, was die Auslegung von Art. 8 Abs. 1, 9 und 10 sowie Art. 10 Abs. 5 der Antidumping-Grundverordnung und Art. 13 Abs. 1, 9 und 10 sowie Art. 16 Abs. 5 der Antisubventions-Grundverordnung betrifft, so dass auch dem dritten Rechtsmittelgrund der Kommission stattzugeben ist.

2. Zu den Rechtsmittelgründen betreffend die Einrede der Rechtswidrigkeit

110.

Mit dem vierten Rechtsmittelgrund der Kommission und dem zweiten Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes des Rates wenden sich die Organe gegen die Rn. 153 bis 158 des angefochtenen Urteils, in denen das Gericht der von Jiangsu erhobenen Einrede der Rechtswidrigkeit gegen Art. 3 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung Nr. 1238/2013 und Art. 2 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung Nr. 1239/2013 stattgegeben und diese Vorschriften für auf den vorliegenden Fall unanwendbar erklärt hat. Insbesondere in Rn. 157 des Urteils hat das Gericht diese Stattgabe auf zwei Erwägungen gestützt und dabei auf die Überlegungen in den Rn. 128 bis 140 des Urteils verwiesen.

111.

Das Gericht hat in seiner ersten Erwägung die Auffassung vertreten, dass die von der Einrede der Rechtswidrigkeit erfassten Bestimmungen nicht von den Fallgestaltungen erfasst würden, die in den in Nr. 94 der vorliegenden Schlussanträge genannten Bestimmungen vorgesehen seien und die ausschließlich die Einführung von Antidumping- und Antisubventionszöllen regelten, die ohne eine in der Zwischenzeit verletzte oder widerrufene Verpflichtung fällig gewesen wären. Insoweit geht jedoch aus den Nrn. 95 bis 99 der vorliegenden Schlussanträge hervor, dass diese Analyse des Gerichts meines Erachtens mit Rechtsfehlern behaftet ist. Infolgedessen kann sie nicht die Grundlage für die Einrede der Rechtswidrigkeit bilden. Aus denselben Gründen ist die zweite in Rn. 157 des angefochtenen Urteils enthaltene – auf die allgemeine Systematik der Grundverordnungen gestützte – Erwägung ebenfalls zurückzuweisen. Auch diese Erwägung beruht auf der zuvor vom Gericht vorgenommenen, mit Rechtsfehlern behafteten Analyse.

112.

Dagegen bin ich der Ansicht, dass, wie die Kommission geltend macht, die Ermächtigung zum Erlass der von der Einrede der Rechtswidrigkeit erfassten Bestimmungen in den Rahmen der Befugnis fällt, in der Verordnung zur Einführung von Antidumping- oder Ausgleichszöllen die „sonstigen Modalitäten“ in Bezug auf die Erhebung dieser Zölle festzulegen, wie in Art. 14 Abs. 1 der Antidumping-Grundverordnung sowie Art. 24 Abs. 1 der Antisubventions-Grundverordnung in ihrer Auslegung durch die Rechtsprechung vorgesehen ( 53 ).

113.

Nach alledem ist dem vierten Rechtsmittelgrund der Kommission und dem zweiten Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes des Rates stattzugeben, so dass das angefochtene Urteil in seiner Gesamtheit aufzuheben ist.

VI. Zur Klage im ersten Rechtszug

114.

Gemäß Art. 61 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union kann der Gerichtshof den Rechtsstreit im Fall der Aufhebung der Entscheidung des Gerichts selbst endgültig entscheiden, wenn dieser zur Entscheidung reif ist.

115.

Ich bin der Auffassung, dass dies vorliegend der Fall ist. Aus allen Erwägungen und insbesondere aus der Auslegung von Art. 8 Abs. 1 und 9 der Antidumping-Grundverordnung sowie Art. 13 Abs. 1 und 9 der Antisubventions-Grundverordnung, die ich in Nr. 105 der vorliegenden Schlussanträge dargelegt habe, ergibt sich nämlich, dass entgegen der Feststellung des Gerichts der einzige von Jiangsu in der ersten Instanz geltend gemachte – auf die Einrede der Rechtswidrigkeit gegen Art. 3 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung Nr. 1238/2013 und Art. 2 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung Nr. 1239/2013 gestützte – Klagegrund in Bezug auf einen Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1, 9 und 10 und Art. 10 Abs. 5 der Antidumping-Grundverordnung sowie gegen Art. 13 Abs. 1, 9 und 10 und Art. 16 Abs. 5 der Antisubventions-Grundverordnung zurückzuweisen ist.

VII. Kosten

116.

Der Gerichtshof entscheidet gemäß Art. 184 Abs. 2 seiner Verfahrensordnung über die Kosten, wenn das Rechtsmittel begründet ist und er den Rechtsstreit selbst endgültig entscheidet. Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung, der nach ihrem Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Unter diesen Umständen schlage ich dem Gerichtshof vor, Jiangsu als unterliegende Partei entsprechend den Anträgen der Kommission und des Rates zur Tragung der Kosten zu verurteilen, die der Kommission und dem Rat im ersten Rechtszug und im Rahmen des vorliegenden Rechtsmittels entstanden sind.

VIII. Ergebnis

117.

In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen schlage ich dem Gerichtshof vor, wie folgt zu entscheiden:

Das Urteil des Gerichts der Europäischen Union vom 8. Juli 2020, Jiangsu Seraphim Solar System/Kommission (T‑110/17, EU:T:2020:315), wird aufgehoben;

die von der Jiangsu Seraphim Solar System Co. Ltd beim Gericht in der Rechtssache T‑110/17 erhobene Klage wird abgewiesen;

die Jiangsu Seraphim Solar System Co. Ltd trägt die Kosten, die der Europäischen Kommission und dem Rat der Europäischen Union im ersten Rechtszug und im Rechtsmittelverfahren entstanden sind.


( 1 ) Originalsprache: Italienisch.

( 2 ) Diese beiden Rechtssachen sind durch Entscheidung des Präsidenten des Gerichtshofs vom 7. Januar 2021 verbunden worden.

( 3 ) Durchführungsverordnung (EU) 2016/2146 der Kommission vom 7. Dezember 2016 zum Widerruf der mit dem Durchführungsbeschluss 2013/707/EU bestätigten Annahme eines Verpflichtungsangebots im Zusammenhang mit dem Antidumping- und dem Antisubventionsverfahren betreffend die Einfuhren von Fotovoltaik-Modulen aus kristallinem Silicium und Schlüsselkomponenten davon (Zellen) mit Ursprung in oder versandt aus der Volksrepublik China für die Geltungsdauer der endgültigen Maßnahmen im Hinblick auf zwei ausführende Hersteller (ABl. 2016, L 333, S. 4).

( 4 ) ABl. 2016, L 176, S. 21.

( 5 ) ABl. 2016, L 176, S. 55.

( 6 ) Darüber hinaus haben die einschlägigen Vorschriften der Grundverordnungen im Wesentlichen den gleichen Wortlaut wie die Vorschriften der Verordnung (EG) Nr. 1225/2009 des Rates vom 30. November 2009 über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Gemeinschaft gehörenden Ländern (ABl. 2009, L 343, S. 51, berichtigt in ABl. 2016, L 44, S. 20), die zum Zeitpunkt der Einführung der fraglichen Antidumpingzölle galt, sowie der Verordnung (EG) Nr. 597/2009 des Rates vom 11. Juni 2009 über den Schutz gegen subventionierte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Gemeinschaft gehörenden Ländern (ABl. 2009, L 188, S. 93), die zum Zeitpunkt der Einführung der fraglichen Ausgleichszölle galt. Folglich wird für die Prüfung der vorliegenden Rechtsmittel, wie im angefochtenen Urteil, auf die Grundverordnungen Bezug genommen, es sei denn, die Verordnungen Nr. 1225/2009 und Nr. 597/2009 weichen von diesen ab oder es ist nach dem Kontext erforderlich.

( 7 ) Vgl. Nachweise in Rn. 2 des angefochtenen Urteils.

( 8 ) Beschluss 2013/423/EU vom 2. August 2013 zur Annahme eines Verpflichtungsangebots im Zusammenhang mit dem Antidumpingverfahren betreffend die Einfuhren von Fotovoltaik-Modulen aus kristallinem Silicium und Schlüsselkomponenten davon (Zellen und Wafer) mit Ursprung in oder versandt aus der Volksrepublik China (ABl. 2013, L 209, S. 26).

( 9 ) Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1238/2013 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls und zur endgültigen Vereinnahmung des vorläufigen Zolls auf die Einfuhren von Fotovoltaikmodulen aus kristallinem Silicium und Schlüsselkomponenten davon (Zellen) mit Ursprung in oder versandt aus der Volksrepublik China (ABl. 2013, L 325, S. 1).

( 10 ) Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1239/2013 zur Einführung eines endgültigen Ausgleichszolls auf die Einfuhren von Fotovoltaikmodulen aus kristallinem Silicium und Schlüsselkomponenten davon (Zellen) mit Ursprung in oder versandt aus der Volksrepublik China (ABl. 2013, L 325, S. 66).

( 11 ) Vgl. Fn. 6 der vorliegenden Schlussanträge.

( 12 ) Durchführungsbeschluss 2013/707/EU vom 4. Dezember 2013 zur Bestätigung der Annahme eines Verpflichtungsangebots im Zusammenhang mit dem Antidumping- und dem Antisubventionsverfahren betreffend die Einfuhren von Fotovoltaik-Modulen aus kristallinem Silicium und Schlüsselkomponenten davon (Zellen) mit Ursprung in oder versandt aus der Volksrepublik China für die Geltungsdauer der endgültigen Maßnahmen (ABl. 2013, L 325, S. 214).

( 13 ) Vgl. u. a. Urteil vom 28. Februar 2019, Rat/Growth Energy und Renewable Fuels Association (C‑465/16 P, EU:C:2019:155, Rn. 69 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 14 ) Zu Beispielen von Rechtssachen vor den Unionsgerichten, die Fragen im Zusammenhang mit der Nichtigerklärung von Rechnungen betreffen, vgl. u. a. Urteil vom 21. Oktober 2021, Wilo Salmson France (C‑80/20, EU:C:2021:870), oder Urteil des Gerichts vom 2. Oktober 2014, Spraylat/ECHA (T‑177/12, EU:T:2014:849, insbesondere Rn. 21).

( 15 ) Vgl. 32. Erwägungsgrund und im Umkehrschluss letzter Satz des 33. Erwägungsgrundes der streitigen Verordnung.

( 16 ) Das Gericht bezieht sich auf das Urteil vom 9. September 2010, Usha Martin/Rat und Kommission (T‑119/06, EU:T:2010:369), das im Rechtsmittelverfahren durch Urteil vom 22. November 2012, Usha Martin/Rat und Kommission (C‑552/10 P, EU:C:2012:736), bestätigt wurde.

( 17 ) Vgl. u. a. Urteile vom 17. September 2015, Mory u. a./Kommission (C‑33/14 P, EU:C:2015:609, Rn. 55 und 56 und die dort angeführte Rechtsprechung), und vom 27. März 2019, Canadian Solar Emea u. a./Rat (C‑236/17 P, EU:C:2019:258, Rn. 91 und 92 und die dort angeführte Rechtsprechung, im Folgenden: Urteil Canadian Solar).

( 18 ) Wenn nämlich die Gründe einer Entscheidung des Gerichts eine Verletzung des Unionsrechts erkennen lassen, die Urteilsformel sich aber aus anderen Rechtsgründen als richtig erweist, hat eine solche Verletzung nach ständiger Rechtsprechung nicht die Aufhebung dieser Entscheidung zur Folge; vielmehr ist eine Auswechslung der Begründung vorzunehmen. Vgl. u. a. Urteil vom 11. Mai 2017, Dyson/Kommission (C‑44/16 P, EU:C:2017:357, Rn. 55 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 19 ) Vgl. Rn. 64 des angefochtenen Urteils.

( 20 ) Urteil vom 9. November 2017, SolarWorld/Rat (C‑205/16 P, EU:C:2017:840, im Folgenden: Urteil SolarWorld), und in Fn. 17 der vorliegenden Schlussanträge angeführtes Urteil Canadian Solar.

( 21 ) Vgl. Urteile vom 6. März 1979, Simmenthal/Kommission (92/78, EU:C:1979:53, Rn. 39), und zuletzt vom 17. Dezember 2020, BP/FRA (C‑601/19 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2020:1048, Rn. 26 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 22 ) Vgl. u. a. Urteil vom 15. Februar 2001, Nachi Europe (C‑239/99, EU:C:2001:101, Rn. 37), sowie die weitere in Rn. 56 des angefochtenen Urteils angeführte Rechtsprechung.

( 23 ) Zur notwendigen Unterscheidung zwischen der Wirkung einer inzident getroffenen Feststellung der Rechtswidrigkeit und einem Nichtigkeitsurteil vgl. die einschlägigen Überlegungen auf S. 195 der Schlussanträge des Generalanwalts Trabucchi in den verbundenen Rechtssachen Kortner u. a./Rat u. a. (15/73 bis 33/73, 52/73, 53/73, 57/73 bis 109/73, 116/73, 117/73, 123/73, 132/73 und 135/73 bis 137/73, nicht veröffentlicht, EU:C:1973:164).

( 24 ) Vgl. Rn. 44, 55 und 57 des Urteils SolarWorld. Der Gerichtshof hat insbesondere in Rn. 46 dieses Urteils festgestellt, dass der Unionsgesetzgeber mit dem Erlass der Verordnung Handelsschutzmaßnahmen eingeführt hat, die eine Gesamtheit oder ein „Paket“ darstellen. Die Verordnung schreibt nämlich zwei gesonderte und einander ergänzende Maßnahmen vor, mit denen ein gemeinsames Ziel erreicht werden soll, und zwar die Beseitigung der schädigenden Auswirkungen der chinesischen Subventionen bezüglich der fraglichen Waren auf den Wirtschaftszweig der Union unter gleichzeitiger Wahrung der Interessen dieses Wirtschaftszweigs.

( 25 ) Vgl. Rn. 38 des Urteils SolarWorld und die dort angeführte Rechtsprechung.

( 26 ) Vgl. Rn. 64 des Urteils Canadian Solar.

( 27 ) Vgl. u. a. Urteile vom 17. September 2015, Mory u. a./Kommission (C‑33/14 P, EU:C:2015:609, Rn. 56), und Canadian Solar (Rn. 91 und 92 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

( 28 ) Gerade im Urteil Canadian Solar hat der Gerichtshof entschieden, dass ein Nichtigkeitsgrund wegen fehlenden Rechtsschutzinteresses unzulässig ist, wenn – selbst wenn er begründet wäre – die Nichtigerklärung der angefochtenen Rechtshandlung aufgrund dieses Klagegrundes nicht geeignet wäre, dem Kläger Genugtuung zu verschaffen. Vgl. Rn. 93 dieses Urteils und die dort angeführte Rechtsprechung.

( 29 ) Vgl. Urteil SolarWorld, Rn. 38 und die dort angeführte Rechtsprechung.

( 30 ) Jiangsu macht geltend, die Urteile SolarWorld und Canadian Solar bezögen sich allgemein auf Art. 3 der Verordnung Nr. 1238/2013 bzw. auf Art. 2 der Verordnung Nr. 1239/2013 und nicht speziell auf den jeweiligen Abs. 2 dieser Artikel, der sich jedoch vom Rest des jeweiligen Artikels trennen lasse. Die Organe treten dieser Auslegung der in Rede stehenden Bestimmungen entgegen.

( 31 ) Vgl. hierzu u. a. Urteile vom 16. Februar 2022, Ungarn/Parlament und Rat (C‑156/21, EU:C:2022:97, Rn. 293 und die dort angeführte Rechtsprechung), sowie SolarWorld, Rn. 38 und die dort angeführte Rechtsprechung.

( 32 ) Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 28. Juni 1972, Jamet/Kommission (37/71, EU:C:1972:57, Rn. 11 und 12), und Schlussanträge des Generalanwalts Bot in der Rechtssache Spanien/Rat (C‑442/04, EU:C:2008:58, Nr. 83).

( 33 ) Vgl. hierzu neben der obigen Fn. 23 auch Schlussanträge des Generalanwalts Bot in der Rechtssache Spanien/Rat (C‑442/04, EU:C:2008:58, Nr. 83).

( 34 ) Vgl. Urteil vom 6. November 2018, Scuola Elementare Maria Montessori/Kommission, Kommission/Scuola Elementare Maria Montessori und Kommission/Ferracci (C‑622/16 P bis C‑624/16 P, EU:C:2018:873, Rn. 29 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 35 ) Vgl. Rn. 119 und 130 des angefochtenen Urteils.

( 36 ) Vgl. Rn. 132 bis 137 des angefochtenen Urteils.

( 37 ) Verordnung (EG) Nr. 461/2004 des Rates vom 8. März 2004 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 384/96 über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Gemeinschaft gehörenden Ländern und der Verordnung (EG) Nr. 2026/97 über den Schutz gegen subventionierte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Gemeinschaft gehörenden Ländern (ABl. 2004, L 77, S. 12).

( 38 ) Vgl. den zweiten Rechtsmittelgrund der Kommission und den ersten Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes des Rates, die sich gegen die Rn. 119, 129 bis 132, 138, 140 bis 147 und 151 des angefochtenen Urteils richten.

( 39 ) Die Organe verweisen auf die Urteile vom 15. März 2018, Deichmann (C‑256/16, EU:C:2018:187, Rn. 78), und vom 19. Juni 2019, C & J Clark International (C‑612/16, nicht veröffentlicht, EU:C:2019:508, Rn. 52 bis 58).

( 40 ) Vgl. dritter Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C‑439/20 gegen die Rn. 119, 130 bis 138, 140 bis 147 und 151 des angefochtenen Urteils.

( 41 ) Das Verpflichtungsangebot wird also grundsätzlich vor der Einführung des endgültigen Antidumping- oder Ausgleichszolls angenommen.

( 42 ) Hervorhebung nur hier.

( 43 ) In Wirklichkeit wird [in der italienischen Sprachfassung der Grundverordnungen] allein in Art. 8 Abs. 9 der Antidumping-Grundverordnung das Adverb „automatisch“ verwendet.

( 44 ) Vgl. u. a. Urteil vom 2. Dezember 2021, Kommission und GMB Glasmanufaktur Brandenburg/Xinyi PV Products (Anhui) Holdings (C‑884/19 P und C‑888/19 P, EU:C:2021:973, Rn. 70 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 45 ) Vgl. zuletzt Urteil vom 2. Juni 2022, SR (Übersetzungskosten in einem Zivilverfahren) (C‑196/21, EU:C:2022:427, Rn. 33 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 46 ) Gemäß diesem Erwägungsgrund sieht „Artikel 8 Absatz 9 der [bisher geltenden] Antidumpinggrundverordnung … unter anderem vor, dass im Falle der Rücknahme einer Verpflichtung durch eine Partei ein endgültiger Zoll gemäß Artikel 9 einzuführen ist, und zwar auf der Grundlage der Feststellungen im Rahmen der Untersuchung, die zu der Verpflichtung geführt hat. Diese Bestimmung hat zu einem zeitaufwändigen doppelten Vorgehen geführt, denn die Kommission muss die Annahme der Verpflichtung durch einen Beschluss widerrufen und der Rat den Zoll durch eine Verordnung wieder einführen. Angesichts der Tatsache, dass diese Bestimmung dem Rat keinen Ermessensspielraum lässt, was die Einführung eines Zolls nach Verletzung oder Rücknahme einer Verpflichtung oder dessen Höhe angeht, wird es als angemessen angesehen, Artikel 8 Absätze 1, 5 und 9 zu ändern, um klar zum Ausdruck zu bringen, dass die Kommission zuständig ist und nur ein einziger Rechtsakt notwendig ist, um die Annahme der Verpflichtung zu widerrufen und den Zoll wiedereinzuführen“. Ich halte es daher für falsch, dass das Gericht in Rn. 144 des angefochtenen Urteils diesen Erwägungsgrund als nicht ausschlaggebend erachtet hat.

( 47 ) Vgl. Rn. 130, 137 und 141 des angefochtenen Urteils.

( 48 ) Vgl. Rn. 130 des angefochtenen Urteils.

( 49 ) Vgl. Rn. 137 des angefochtenen Urteils.

( 50 ) Vgl. Rn. 151 des angefochtenen Urteils, in der auf dessen Rn. 125 Bezug genommen wird.

( 51 ) Vgl. zu Art. 8 der Antidumping-Grundverordnung Urteil vom 22. November 2012, Usha Martin/Rat und Kommission (C‑552/10 P, EU:C:2012:736, Rn. 36 in Verbindung mit Rn. 24).

( 52 ) Vgl. Urteil vom 22. November 2012, Usha Martin/Rat und Kommission (C‑552/10 P, EU:C:2012:736, Rn. 32).

( 53 ) Vgl. zu Art. 14 Abs. 1 der Antidumping-Grundverordnung Urteil vom 15. März 2018, Deichmann (C‑256/16, EU:C:2018:187, Rn. 57 bis 60).