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Document 52008XC0416(08)

Konsolidierte Mitteilung der Kommission zu Zuständigkeitsfragen gemäß der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen

ABl. C 95 vom 16.4.2008, p. 1–48 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

16.4.2008   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 95/1


Konsolidierte Mitteilung der Kommission zu Zuständigkeitsfragen gemäß der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen

(2008/C 95/01)

INHALT

A.

EINLEITUNG

B.

DER BEGRIFF DES ZUSAMMENSCHLUSSES

I.

Fusion zuvor unabhängiger Unternehmen

II.

Erwerb der Kontrolle

1.

Kontrollbegriff

1.1.

Kontrolle erlangende Person bzw. Kontrolle erlangendes Unternehmen

1.2.

Mittel der Kontrolle

1.3.

Gegenstand der Kontrolle

1.4.

Dauerhafter Wechsel der Kontrolle

1.5.

Zusammenhängende Transaktionen

1.5.1.

Beziehung zwischen Artikel 3 und Artikel 5 Absatz 2 Unterabsatz 2

1.5.2.

Voneinander abhängige Transaktionen nach Artikel 3

1.5.3.

Abfolge von Wertpapiergeschäften

1.5.4.

Artikel 5 Absatz 2 Unterabsatz 2

1.6.

Interne Reorganisation

1.7.

Zusammenschluss unter Beteiligung staatlicher Unternehmen

2.

Alleinige Kontrolle

3.

Gemeinsame Kontrolle

3.1.

Gleiche Stimmrechte oder Besetzung der Entscheidungsgremien

3.2.

Vetorechte

3.3.

Gemeinsame Ausübung der Stimmrechte

3.4.

Sonstige Überlegungen zur gemeinsamen Kontrolle

III.

Änderung der Art der Kontrolle

1.

Eintritt neuer kontrollierender Gesellschafter

2.

Verringerung der Anzahl der Gesellschafter

IV.

Gemeinschaftsunternehmen — Begriff der Vollfunktion

1.

Ausreichende Ressourcen für eine eigenständige Marktpräsenz

2.

Mehr als eine spezifische Funktion für die Muttergesellschaften

3.

Verkaufs-/Kaufbeziehungen zu den Muttergesellschaften

4.

Auf Dauer angelegte Wirtschaftstätigkeit

5.

Änderung der Tätigkeit des Gemeinschaftsunternehmens

V.

Ausnahmen

VI.

Aufgabe von Zusammenschlüssen

VII.

Änderungen von Zusammenschlüssen nach deren Genehmigung durch die Kommission

C.

GEMEINSCHAFTSWEITE BEDEUTUNG

I.

Schwellenwerte

II.

Der Begriff der beteiligten Unternehmen

1.

Allgemeines

2.

Fusionen

3.

Erwerb der Kontrolle

III.

Stichtag für die Feststellung der Zuständigkeit

IV.

Umsatz

1.

Der Begriff des Umsatzes

2.

Der normale geschäftliche Tätigkeitsbereich

3.

Der „Nettoumsatz“

3.1.

Abzug von Rabatten, Steuern und Abgaben

3.2.

Die Behandlung des „konzerninternen“ Umsatzes

4.

Umsatzberechnung und Finanzabschlüsse

4.1.

Allgemeine Regel

4.2.

Anpassungen nach dem Datum der letzten Abschlussprüfung

5.

Zuordnung des Umsatzes nach Artikel 5 Absatz 4

5.1.

Feststellung der Unternehmen, deren Umsatz berücksichtigt wird

5.2.

Zuordnung des Umsatzes der ermittelten Unternehmen

5.3.

Zuordnung des Umsatzes im Falle von Investmentfonds

5.4.

Zuordnung des Umsatzes im Falle staatlicher Unternehmen

V.

Geografische Zuordnung des Umsatzes

VI.

Umrechnung des Umsatzes in Euro

VII.

Vorschriften für Kredit- und andere Finanzinstitute und Versicherungsunternehmen

1.

Anwendungsbereich

2.

Berechnung des Umsatzes

2.1.

Berechnung des Umsatzes von Kredit- und sonstigen Finanzinstituten (mit Ausnahme von Finanzholdings)

2.1.1.

Allgemeines

2.1.2.

Umsatz von Leasingunternehmen

2.2.

Versicherungsunternehmen

2.3.

Finanzholdings


A.   EINLEITUNG

(1)

Diese Mitteilung dient als Orientierungshilfe für Zuständigkeitsfragen in Fusionskontrollsachen gemäß der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates (ABl. L 24 vom 29.1.2003, S. 1, nachstehend „Fusionskontrollverordnung“ oder „FKVO“) (1). Anhand dieses verbindlichen Leitfadens können Unternehmen schneller feststellen, ob und inwieweit ihre Vorhaben unter die Fusionskontrollvorschriften der Gemeinschaft fallen, noch bevor sie Kontakt mit der Kommission aufnehmen.

(2)

Diese Mitteilung ersetzt die Mitteilung über den Begriff des Zusammenschlusses (2), die Mitteilung über den Begriff des Vollfunktionsgemeinschaftsunternehmens (3), die Mitteilung über den Begriff der beteiligten Unternehmen (4) und die Mitteilung über die Berechnung des Umsatzes (5).

(3)

Gegenstand dieser Mitteilung sind die Begriffe „Zusammenschluss“, „Vollfunktionsgemeinschaftsunternehmen“, „beteiligte Unternehmen“ und „Berechnung des Umsatzes“, wie sie in den Artikeln 1, 3 und 5 FKVO verwendet werden. Die Frage der Verweisung wird in der Mitteilung über die Verweisung von Fusionssachen behandelt (6). Die von der Kommission in dieser Mitteilung vorgenommene Auslegung der Artikel 1, 3 und 5 lässt etwaige Auslegungen des Gerichtshofs oder des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften unberührt.

(4)

Die in dieser Mitteilung dargelegten Leitlinien stützen sich auf die Erfahrungen, die die Kommission mit der Anwendung der alten und der neuen Fusionskontrollverordnung gesammelt hat, seit erstere am 21. September 1990 in Kraft trat. Die allgemeinen Grundsätze für den Umgang mit den in dieser Mitteilung behandelten Fragen haben sich durch das Inkrafttreten der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 nicht geändert; wo sich dennoch Änderungen ergeben haben, wird darauf ausdrücklich hingewiesen. Die in dieser Mitteilung dargelegten Grundsätze werden von der Kommission in den einzelnen Fusionsfällen angewandt und weiterentwickelt.

(5)

Nach Artikel 1 gilt die Fusionskontrollverordnung nur für Transaktionen, die zwei Anforderungen erfüllen. Erstens muss ein Zusammenschluss von zwei oder mehr Unternehmen im Sinne des Artikels 3 FKVO vorliegen, und zweitens muss der nach Artikel 5 berechnete Umsatz der beteiligten Unternehmen die in Artikel 1 FKVO genannten Schwellenwerte erreichen bzw. übersteigen. Der Begriff des Zusammenschlusses (einschließlich der besonderen Anforderungen für Gemeinschaftsunternehmen) und damit die erste Anforderung wird in Teil B behandelt. Der Begriff der beteiligten Unternehmen und die Berechnung ihres Umsatzes — beides für die zweite Anforderung von Belang — sind Gegenstand von Teil C.

(6)

Die Kommission stellt ihre Zuständigkeit für einen Zusammenschluss in Entscheidungen nach Artikel 6 FKVO fest (7).

B.   DER BEGRIFF DES ZUSAMMENSCHLUSSES

(7)

Nach Artikel 3 Absatz 1 FKVO gelten ausschließlich solche Vorgänge als Zusammenschluss, die in den beteiligten Unternehmen eine dauerhafte Veränderung der Kontrolle bewirken. Erwägungsgrund 20 FKVO ergänzt in diesem Zusammenhang, dass der Begriff des Zusammenschlusses nur Vorgänge erfassen soll, die zu einer dauerhaften Veränderung der Marktstruktur führen. Da der zentrale Begriff in Artikel 3 der Begriff der Kontrolle ist, sind es eher qualitative als quantitative Kriterien, die den Ausschlag dafür geben, ob ein Zusammenschluss vorliegt oder nicht.

(8)

Nach Artikel 3 Absatz 1 FKVO gibt es zwei Kategorien von Zusammenschlüssen:

den Zusammenschluss durch Fusion zuvor unabhängiger Unternehmen (Buchstabe a) und

den Zusammenschluss durch Erwerb der Kontrolle (Buchstabe b).

Diese werden in den Abschnitten I und II eingehender behandelt.

I.   FUSION ZUVOR UNABHÄNGIGER UNTERNEHMEN

(9)

Eine Fusion im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a FKVO liegt vor, wenn zwei oder mehr bisher voneinander unabhängige Unternehmen so miteinander verschmelzen, dass sie ihre Rechtspersönlichkeit verlieren. Eine Fusion kann auch dann vorliegen, wenn ein Unternehmen in einem anderen aufgeht, wobei letzteres seine Rechtspersönlichkeit behält, während ersteres als juristische Person untergeht (8).

(10)

Eine Fusion im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a kann aber auch dann vorliegen, wenn zuvor unabhängige Unternehmen ihre Aktivitäten so zusammenlegen, dass eine wirtschaftliche Einheit entsteht, ohne dass rechtlich von einer Fusion gesprochen werden kann (9). Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn zwei oder mehr Unternehmen vertraglich vereinbaren, sich einer gemeinsamen wirtschaftlichen Leitung (10) zu unterstellen oder ein zweifach börsennotiertes Unternehmen (11) zu bilden, ohne ihre Rechtspersönlichkeit aufzugeben. Wenn dies faktisch dazu führt, dass die beteiligten Unternehmen zu einer einzigen wirtschaftlichen Einheit verschmelzen, ist der Vorgang als Fusion anzusehen. Eine Grundvoraussetzung für das Vorliegen einer solchen faktischen Fusion ist die Existenz einer dauerhaften gemeinsamen wirtschaftlichen Leitung. Weitere wichtige Kriterien können ein interner Gewinn- und Verlustausgleich oder eine Gewinnabführungsvereinbarung zwischen einzelnen Konzernunternehmen sein sowie ihre gesamtschuldnerische Haftung oder die Verteilung externer Risiken. Die faktische Verschmelzung kann lediglich vertraglich vereinbart (12) sein, sie kann aber auch durch eine Überkreuzbeteiligung der die wirtschaftliche Einheit bildenden Unternehmen untermauert werden.

II.   ERWERB DER KONTROLLE

1.   Kontrollbegriff

1.1.   Kontrolle erlangende Person bzw. Kontrolle erlangendes Unternehmen

(11)

Nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe b liegt ein Zusammenschluss vor, wenn die Kontrolle über ein anderes Unternehmen erworben wird, wobei es keine Rolle spielt, ob die Kontrolle von einem Unternehmen allein oder von mehreren gemeinsam handelnden Unternehmen erworben wird.

(12)

Die Kontrolle kann auch von Personen erworben werden, die (allein oder gemeinsam mit anderen) bereits mindestens ein anderes Unternehmen kontrollieren, oder aber von einer Kombination aus Personen (die ein anderes Unternehmen kontrollieren) und Unternehmen. Als „Person“ gelten in diesem Zusammenhang nicht nur juristische Personen des privaten und öffentlichen Rechts (13), sondern auch natürliche Personen. Der Kontrollerwerb natürlicher Personen wird nur dann als Erwerb angesehen, der eine dauerhafte Änderung der Struktur der beteiligten Unternehmen bewirkt, wenn diese Personen weitere wirtschaftliche Tätigkeiten für eigene Rechnung durchführen oder noch mindestens ein weiteres Unternehmen kontrollieren (14).

(13)

Die Kontrolle wird normalerweise von den Personen oder Unternehmen erworben, die aus den jeweiligen Rechten und Verträgen selbst berechtigt sind (Artikel 3 Absatz 3 Buchstabe a). Es kann jedoch auch vorkommen, dass der Inhaber der Kontrollbeteiligung nicht identisch ist mit der Person, die diese Rechte tatsächlich ausübt. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn ein Unternehmen eine andere Person oder ein Unternehmen vorschiebt, um eine Kontrollbeteiligung zu erwerben, und dann über die vorgeschobene Person/das vorgeschobene Unternehmen selbst die Rechte ausüben kann, die die Kontrolle begründen. In diesem Fall ist die vorgeschobene Person/das vorgeschobene Unternehmen zwar formal der Rechteinhaber, faktisch erworben wird die Kontrolle über das Zielunternehmen aber von dem Unternehmen im Hintergrund (Artikel 3 Absatz 3 Buchstabe b). Das Gericht erster Instanz entschied auf der Grundlage dieser Bestimmung, dass im Falle von Handelsgesellschaften die Kontrolle dem Allein- oder Mehrheitsgesellschafter oder den Gesellschaftern, die eine Gesellschaft gemeinsam kontrollieren, zugeordnet werden kann, da solche Gesellschaften auf jeden Fall den Entscheidungen dieser Gesellschafter folgen (15). Eine Kontrollbeteiligung, die von verschiedenen Gesellschaften eines Konzerns gehalten wird, wird normalerweise dem Unternehmen zugeordnet, das die einzelnen formalen Rechteinhaber kontrolliert. In anderen Fällen müssen entweder einzeln oder kombiniert weitere Faktoren wie Beteiligungen, Vertragsbeziehungen, Finanzierungsquellen oder Verwandtschaftsbeziehungen berücksichtigt und in jedem Einzelfall bewertet werden, um diese Art der indirekten Kontrolle nachzuweisen (16).

(14)

Besondere Fragen können sich stellen, wenn Investmentfonds die Kontrolle erwerben. Auch wenn die Kommission Strukturen mit Investmentfonds in jedem Einzelfall prüfen wird, sind ihnen doch erfahrungsgemäß einige Eigenschaften gemein.

(15)

Investmentfonds sind oft als Kommanditgesellschaften organisiert, an der die Investoren nur als Kommanditisten beteiligt sind und normalerweise weder einzeln noch zusammen eine Kontrolle ausüben. Gewöhnlich sind es die Investmentfonds, die die Anteile und Stimmrechte erwerben, die die Kontrolle über die Portfoliogesellschaften verleihen. Wie die Kontrolle ausgeübt wird, hängt von den jeweiligen Umständen ab. Normalerweise liegt die Kontrolle bei der Investmentgesellschaft, die den Fonds betreibt, und der Fonds selbst ist ein reines Anlageinstrument. Unter besonderen Umständen kann die Kontrolle auch von dem Fonds selbst ausgeübt werden. Die Investmentgesellschaft übt die Kontrolle normalerweise über die organisatorische Struktur aus, z. B. durch Kontrolle des Komplementärs im Falle von Fonds, die als Kommanditgesellschaften organisiert sind, durch vertragliche Vereinbarungen (z. B. Beraterverträge) oder durch eine Kombination von beidem. Dies kann auch dann der Fall sein, wenn die Investmentgesellschaft die als Komplementär fungierenden Unternehmen nicht selbst besitzt, sondern deren Anteile von natürlichen Personen (die mit der Investmentgesellschaft verbunden sein können) oder einer Treuhandgesellschaft gehalten werden. Vertragliche Vereinbarungen mit der Investmentgesellschaft, vor allem Beratungsverträge, spielen eine umso wichtigere Rolle, wenn der Komplementär nicht selbst über Finanz- und Humanressourcen für die Führung der Portfoliogesellschaften verfügt, sondern nur die gesellschaftsrechtliche Struktur darstellt, deren Handlungen von mit der Investmentgesellschaft verbundenen Personen ausgeführt werden. Unter diesen Umständen erwirbt gewöhnlich die Investmentgesellschaft die indirekte Kontrolle im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe b und Artikel 3 Absatz 3 Buchstabe b FKVO und kann selbst die Rechte ausüben, die sich in Besitz des Investmentfonds befinden (17).

1.2.   Mittel der Kontrolle

(16)

In Artikel 3 Absatz 2 FKVO wird Kontrolle definiert als die Möglichkeit, einen bestimmenden Einfluss auf die Tätigkeit eines Unternehmens auszuüben. Es ist also nicht unbedingt notwendig nachzuweisen, dass ein bestimmender Einfluss tatsächlich ausgeübt wird oder in Zukunft ausgeübt werden wird. Die Möglichkeit, diesen Einfluss auszuüben, muss jedoch tatsächlich gegeben sein (18). Artikel 3 Absatz 2 legt weiter fest, dass die Kontrolle begründet werden kann durch Rechte, Verträge oder andere Mittel, die einzeln oder zusammen unter Berücksichtigung aller tatsächlichen oder rechtlichen Umstände die Möglichkeit gewähren, einen bestimmenden Einfluss auf ein Unternehmen auszuüben. Ein Zusammenschluss kann also auf rechtlicher oder faktischer Grundlage basieren, durch den Erwerb alleiniger oder gemeinsamer Kontrolle erfolgen und die Gesamtheit oder Teile eines oder mehrerer Unternehmen betreffen (vgl. Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe b).

(17)

Ob eine Transaktion einen Kontrollerwerb bewirkt, hängt folglich von rechtlichen und/oder faktischen Elementen ab. In der Regel wird die Kontrolle übernommen durch einen Erwerb von Anteilsrechten, im Falle gemeinsamer Kontrolle eventuell in Kombination mit einer Aktionärsvereinbarung, oder durch den Erwerb von Vermögenswerten.

(18)

Kontrolle kann auch auf vertraglicher Grundlage erlangt werden. Damit tatsächlich ein Kontrollerwerb vorliegt, muss der Vertrag eine ähnliche Kontrolle über Unternehmensleitung und Ressourcen des anderen Unternehmens bewirken wie der Erwerb von Anteilsrechten oder Vermögenswerten. Der Vertrag muss nicht nur die Kontrolle über Leitung und Ressourcen des anderen Unternehmens begründen, sondern auch sehr langfristig angelegt sein (in der Regel ohne die Möglichkeit der Kündigung durch die Partei, die die vertraglichen Rechte gewährt). Nur solche Verträge können eine strukturelle Veränderung auf dem Markt bewirken (19). Ein Beispiel für solche Verträge sind Organisationsverträge nach nationalem Gesellschaftsrecht (20) oder andere Arten von Verträgen wie Betriebspachtverträge, die dem Erwerber die Kontrolle über Unternehmensleitung und Ressourcen übertragen, obwohl keine Eigentumsrechte oder Anteile übertragen werden. Diesbezüglich präzisiert Artikel 3 Absatz 2 Buchstabe a, dass die Kontrolle auch durch Nutzungsrechte am Vermögen eines Unternehmens begründet sein kann (21). Solche Verträge können zu einer gemeinsamen Kontrolle führen, wenn sowohl der Eigentümer der Vermögenswerte als auch das Unternehmen, das die Unternehmensleitung kontrolliert, bei strategischen Unternehmensentscheidungen über ein Vetorecht verfügen (22).

(19)

Dementsprechend verleihen Franchiseverträge als solche dem Franchisegeber normalerweise keine Kontrolle über das Unternehmen des Franchisenehmers. Der Franchisenehmer nutzt in der Regel die Unternehmensressourcen für eigene Rechnung, selbst wenn wesentliche Teile des Vermögens dem Franchisegeber gehören (23). Rein finanzielle Vereinbarungen wie der Verkauf mit gleichzeitiger Rückvermietung in Verbindung mit Vereinbarungen über den Rückkauf der Vermögenswerte nach Vertragsablauf erfüllen normalerweise nicht die Voraussetzungen eines Zusammenschlusses, da sie keine Änderung der Kontrolle über Unternehmensleitung und Ressourcen nach sich ziehen.

(20)

Die Kontrolle kann aber auch auf andere Weise übernommen werden. So können rein wirtschaftliche Beziehungen den Ausschlag geben. Unter bestimmten Umständen kann auch eine wirtschaftliche Abhängigkeit zur einen faktischen Kontrolle führen, wenn beispielsweise langfristige große Lieferverträge oder Kredite von Lieferanten oder Kunden zusammen mit strukturellen Verflechtungen einen bestimmenden Einfluss gewähren (24). In solchen Fällen wird die Kommission genau prüfen, ob diese wirtschaftlichen Beziehungen zusammen mit anderen Verflechtungen ausreichen, um die Kontrollstruktur dauerhaft zu verändern (25).

(21)

Ein Kontrollerwerb kann auch dann vorliegen, wenn dieser nicht das erklärte Ziel der Parteien ist oder der Erwerber nur eine passive Rolle spielt und der Erwerb der Kontrolle durch Handlungen Dritter ausgelöst wird. Dies ist z. B. der Fall, wenn die Änderung der Kontrolle — vor allem der Wechsel von gemeinsamer zu alleiniger Kontrolle — die Folge einer Erbschaft oder des Ausscheidens eines Gesellschafters ist (26). Dieser Sachverhalt ist durch Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe b mit der Formulierung abgedeckt, dass Kontrolle auch „in sonstiger Weise“ erworben werden kann.

(22)

Das innerstaatliche Recht eines Mitgliedstaats kann spezifische Vorschriften bezüglich der Struktur der Organe enthalten, die in einem Unternehmen die Entscheidungen treffen. Während der nationale Gesetzgeber auch Personen mit Kontrollbefugnissen ausstatten kann, die keine Anteilseigner sind, insbesondere die Arbeitnehmervertreter, bezieht sich der Begriff der Kontrolle in der Fusionskontrollverordnung nicht auf derartige Mittel der Einflussnahme, sondern auf die letztlich ausschlaggebende Einflussnahme auf der Grundlage von Rechten, Vermögenswerten oder vertraglichen Vereinbarungen oder faktisch gleich wirkenden Mitteln. Auch wenn die Gesellschaftssatzung oder die Rechtslage einschränkt, welche Personen Mitglied der Unternehmensleitung sein können, und beispielsweise vorsieht, dass die Mitglieder unabhängig sein müssen bzw. bei der Muttergesellschaft keine Funktion innehaben und nicht beschäftigt sein dürfen, so schließt dies doch eine Kontrolle nicht aus, solange die Anteilseigner über die Zusammensetzung des Leitungsorgans entscheiden (27). Ebenso liegt trotz etwaiger innerstaatlicher Vorschriften, dass in einem Unternehmen die Entscheidungen von dessen Organen im Interesse des Unternehmens zu treffen sind, die tatsächliche Entscheidungsbefugnis bei denjenigen Personen, die die Stimmrechte halten und somit die Möglichkeit haben, bestimmenden Einfluss auszuüben (28).

(23)

Der Kontrollbegriff der Fusionskontrollverordnung kann sich von dem Kontrollbegriff in anderen Bereichen des einzelstaatlichen sowie des Gemeinschaftsrechts — z. B. Aufsichtsregeln, Steuerrecht, Luftverkehr, Medien usw. — unterscheiden. Wie dieser Begriff in anderen Bereichen ausgelegt wird, ist für den Kontrollbegriff in der Fusionskontrollverordnung nicht unbedingt von Belang.

1.3.   Gegenstand der Kontrolle

(24)

Gemäß Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe b und Absatz 2 FKVO kann sich die Kontrolle auf ein oder mehrere Unternehmen oder Teile von Unternehmen mit eigener Rechtspersönlichkeit erstrecken oder aber auf das Unternehmensvermögen oder Teile davon. Die Erlangung der Kontrolle über Vermögenswerte kann nur dann als Zusammenschluss angesehen werden, wenn diese die Gesamtheit oder einen Teil eines Unternehmens bilden, d. h. einen Geschäftsbereich mit eigener Marktpräsenz, dem eindeutig ein Marktumsatz zugeordnet werden kann (29). Die Übertragung des Kundenstamms eines Geschäftsbereichs kann diese Kriterien erfüllen, wenn dadurch ein Geschäftsbereich mit Marktumsatz übertragen wird (30). Eine Transaktion, die nur immaterielles Vermögen wie Marken, Patente oder Urheberrechte betrifft, kann ebenfalls als Zusammenschluss eingestuft werden, wenn dieses Vermögen einen Geschäftsbereich mit Marktumsatz bildet. Die Übertragung von Lizenzen für Marken, Patente oder Urheberrechte ohne zusätzliche Vermögenswerte kann diese Kriterien allerdings nur erfüllen, wenn es sich um Exklusivlizenzen zumindest für ein bestimmtes Gebiet handelt und mit der Übertragung der Lizenzen eine Übertragung Umsatz generierender Tätigkeiten einhergeht (31). Bei anderen Lizenzen ist auszuschließen, dass sie für sich genommen einen Geschäftsbereich bilden, dem ein Marktumsatz zugerechnet werden kann.

(25)

Besondere Fragen stellen sich, wenn ein Unternehmen interne Tätigkeiten wie bestimmte Dienstleistungen oder Fertigungstätigkeiten an einen Dienstleister auslagert (Outsourcing). Ein typischer Fall ist das Outsourcing von IT-Dienstleistungen an spezialisierte IT-Gesellschaften. Outsourcing-Verträge können ganz unterschiedlich aussehen, gemeinsam ist ihnen jedoch allen, dass der Outsourcing-Dienstleister an den Kunden die Dienstleistungen erbringen soll, die dieser zuvor intern selbst ausführte. Bei einfachem Outsourcing werden keine Vermögenswerte auf den Outsourcing-Dienstleister übertragen, sondern die Vermögenswerte und Beschäftigten bleiben in aller Regel beim Kunden. Ein solcher Outsourcing-Vertrag ähnelt einem normalen Dienstleistungsvertrag, und selbst wenn der Outsourcing-Dienstleister befugt ist, über diese Vermögenswerte und die Beschäftigten zu bestimmen, liegt doch kein Zusammenschluss vor, solange Vermögenswerte und Beschäftigte ausschließlich für die Dienstleistung an den Kunden eingesetzt werden.

(26)

Anders sieht es aus, wenn der Outsourcing-Dienstleister nicht nur eine bestimmte Tätigkeit übernimmt, die zuvor intern durchgeführt wurde, sondern auch die damit verbundenen Vermögenswerte und/oder Personal. Unter diesen Umständen liegt nur dann ein Zusammenschluss vor, wenn die übertragenen Vermögenswerte ein Unternehmen oder einen Teil eines Unternehmens, d. h. einen Geschäftsbereich mit eigener Marktpräsenz, bilden. Dies setzt voraus, dass die zuvor für die interne Tätigkeit des veräußernden Unternehmens verwendeten Vermögenswerte es dem Outsourcing-Dienstleister ermöglichen, Dienstleistungen entweder sofort oder innerhalb kurzer Zeit nach dem Transfer nicht nur an den Outsourcing-Kunden zu erbringen, sondern auch an Dritte. Dies ist dann der Fall, wenn eine interne Geschäftseinheit oder eine Tochtergesellschaft, die bereits zuvor Dienstleistungen an Dritte erbracht hat, übertragen wird. Wurden bisher keine Dienstleistungen an Dritte erbracht, müssten im Falle von Fertigungstätigkeiten Vermögenswerte übertragen werden wie Produktionsanlagen, Produkt-Know-how (es reicht aus, wenn die übertragenen Vermögenswerte es ermöglichen, solche Fähigkeiten zügig zu entwickeln) und — falls noch keine Marktpräsenz besteht — die Mittel, die der Käufer benötigt, um rasch in den Markt einzutreten (z. B. bestehende Verträge und Marken) (32). Im Falle von Dienstleistungen sollten die übertragenen Vermögenswerte das notwendige Know-how (z. B. Personal und geistiges Eigentum) und die für den Markteintritt erforderlichen Strukturen (z. B. Marketingstrukturen) umfassen (33). Die übertragenen Vermögenswerte müssen also mindestens die Kernelemente enthalten, die es einem Käufer ermöglichen, innerhalb eines Zeitrahmens, der in etwa der Anlaufphase für Gemeinschaftsunternehmen entspricht (vgl. Nummern 97 und 100) eine Marktpräsenz aufzubauen. Wie im Falle von Gemeinschaftsunternehmen wird sich die Kommission auch bei der Bewertung derartiger Sachverhalte auf die Geschäftspläne stützen und die allgemeinen Marktmerkmale berücksichtigen.

(27)

Ermöglichen die übertragenen Vermögenswerte es dem Käufer nicht wenigstens, eine Marktpräsenz zu entwickeln, werden sie wahrscheinlich nur dazu verwendet werden, für den Outsourcing-Kunden die gewünschten Dienstleistungen zu erbringen. Der Vorgang bewirkt keine dauerhafte Änderung der Marktstruktur, und der Outsourcing-Vertrag ist auch in diesem Fall einem Dienstleistungsvertrag gleichzusetzen. Es liegt kein Zusammenschluss vor. Unter welchen Bedingungen ein Gemeinschaftsunternehmen, das zur Erbringung von Outsourcing-Dienstleistungen gegründet wird, als Zusammenschluss anzusehen ist, wird in dem Abschnitt über Vollfunktionsgemeinschaftsunternehmen erörtert.

1.4.   Dauerhafter Wechsel der Kontrolle

(28)

In Artikel 3 Absatz 1 FKVO wird der Begriff des Zusammenschlusses so definiert, dass er nur Vorgänge erfasst, die zu einer dauerhaften Veränderung der Kontrolle der beteiligten Unternehmen und, wie Erwägungsgrund 20 ergänzt, der Marktstruktur führen. Die Fusionskontrollverordnung gilt also nicht für Transaktionen, die lediglich eine vorübergehende Veränderung der Kontrolle bewirken. Dass die getroffenen Vereinbarungen nur für einen begrenzten Zeitraum gelten, bedeutet nicht automatisch, dass keine dauerhafte Veränderung der Kontrolle stattfindet, wenn die Vereinbarungen verlängert werden können. Ein Zusammenschluss kann selbst dann vorliegen, wenn die Geltungsdauer der Vereinbarungen ausdrücklich begrenzt ist, sofern diese ausreicht, um zu einer dauerhaften Veränderung der Kontrolle der beteiligten Unternehmen zu führen (34).

(29)

Die Frage, ob ein Vorgang zu einer dauerhaften Veränderung der Marktstruktur führt, ist auch von Belang, wenn eine Abfolge von Transaktionen zu prüfen ist, deren erste nur Übergangscharakter hat. In einem solchen Fall sind mehrere Szenarios denkbar.

(30)

Denkbar ist z. B., dass sich mehrere Unternehmen nur zusammentun, um ein anderes Unternehmen zu erwerben und die erworbenen Vermögenswerte unmittelbar nach Vollzug dieser ersten Transaktion nach einem im Voraus vereinbarten Plan untereinander aufzuteilen. In diesem Fall wird in einem ersten Schritt das gesamte Zielunternehmen durch ein oder mehrere Unternehmen übernommen. In einem zweiten Schritt werden die übernommenen Vermögenswerte zwischen mehreren Unternehmen aufgeteilt. Die Frage ist dann, ob die erste Transaktion als eigener Zusammenschluss zu werten ist, bei dem (im Falle eines einzigen Erwerbers) die alleinige Kontrolle oder (bei mehreren Erwerbern) die gemeinsame Kontrolle über das gesamte Zielunternehmen erworben wird, oder ob nur die Transaktionen im zweiten Schritt Zusammenschlüsse darstellen, bei denen jedes der erwerbenden Unternehmen seinen Teil am Zielunternehmen erwirbt.

(31)

Nach Ansicht der Kommission stellt die erste Transaktion keinen Zusammenschluss dar und sie prüft den Erwerb der Kontrolle durch den endgültigen Erwerber, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind: So muss zum einen die spätere Aufteilung zwischen den Erwerbern rechtsverbindlich vereinbart sein und zum anderen darf kein Zweifel bestehen, dass der zweite Schritt — die Aufteilung des erworbenen Vermögens — innerhalb einer kurzen Zeitspanne nach dem ersten Erwerbsvorgang folgen wird. Nach Auffassung der Kommission sollte die Vermögensaufteilung normalerweise spätestens nach einem Jahr abgeschlossen sein (35).

(32)

Sind beide Bedingungen erfüllt, bewirkt der erste Erwerbsvorgang keine strukturelle Veränderung der Kontrolle. Es findet kein tatsächlicher Zusammenschluss wirtschaftlicher Macht zwischen dem/den erwerbenden Unternehmen und dem Zielunternehmen als Ganzes statt, da das erworbene Vermögen nicht dauerhaft in einer Hand ist, sondern nur für die Zeit, die erforderlich ist, um dieses Vermögen unverzüglich aufzuteilen. Unter diesen Umständen gelten nur die Erwerbe von Unternehmensteilen im zweiten Schritt als Zusammenschlüsse, wobei die einzelnen Erwerbe der verschiedenen Käufer jeweils einen Zusammenschluss darstellen. Dabei spielt es keine Rolle, ob der erste Erwerb nur von einem Unternehmen durchgeführt wurde (36) oder von dem auch am zweiten Schritt beteiligten Unternehmen gemeinsam (37). Auf jeden Fall aber wird die Übernahme des gesamten Zielunternehmens nur dann genehmigt werden, wenn dessen Aufteilung unverzüglich durchgeführt werden kann und die einzelnen Teile des Zielunternehmens unmittelbar an die eigentlichen Erwerber veräußert werden.

(33)

Sind diese Bedingungen jedoch nicht erfüllt und ist insbesondere nicht sicher, ob der zweite Schritt kurze Zeit nach dem ersten folgt, wird die Kommission die erste Transaktion als separaten Zusammenschluss mit dem gesamten Zielunternehmen ansehen. Dies geschieht z. B. dann, wenn die erste Transaktion auch ohne die zweite vollzogen werden kann (38) oder die Spaltung des Zielunternehmens längere Zeit benötigt (39).

(34)

Ein weiteres denkbares Szenario wäre ein Vorgang, der zunächst dazu führt, dass während einer Anlaufzeit gemeinsame Kontrolle vorliegt, wobei aber später auf der Grundlage rechtsverbindlicher Vereinbarungen ein Anteilseigner alleine die Kontrolle übernimmt. Da der Erwerb der gemeinsamen Kontrolle unter Umständen keine dauerhafte Veränderung der Kontrolle darstellt, kann der gesamte Vorgang als Erwerb der alleinigen Kontrolle angesehen werden. In der Vergangenheit akzeptierte die Kommission Anlaufzeiten von bis zu drei Jahren (40). Dies erscheint jedoch zu lang, um zuverlässig ausschließen zu können, dass die gemeinsame Kontrolle Auswirkungen auf die Marktstruktur hat. Dieser Zeitraum sollte deshalb generell höchstens ein Jahr betragen, und die gemeinsame Kontrolle sollte nur vorübergehender Natur sein (41). Nur bei einem solch relativ kurzen Zeitraum ist die Wahrscheinlichkeit gering, dass die Phase der gemeinsamen Kontrolle merkliche Auswirkungen auf die Marktstruktur hat und folglich als nicht dauerhafte Veränderung der Kontrolle angesehen werden kann.

(35)

In einem dritten Szenario wird ein Unternehmen auf der Grundlage einer Vereinbarung über den künftigen Weiterverkauf an den endgültigen Erwerber vorübergehend bei einem Käufer, häufig einer Bank, „geparkt“. Der zwischengeschaltete Käufer erwirbt im Allgemeinen Aktien „im Namen“ des endgültigen Erwerbers, der häufig den größten Teil des wirtschaftlichen Risikos trägt und auch spezifische Rechte erhalten kann. Unter solchen Umständen dient die erste Transaktion nur dazu, die zweite zu erleichtern, und der erste Käufer steht in einer direkten Beziehung zum endgültigen Erwerber. Anders als in dem in den Nummern 30 bis 33 beschriebenen ersten Szenario ist kein weiterer Käufer beteiligt, das Zielunternehmen bleibt unverändert bestehen und die Abfolge von Transaktionen wird allein von dem endgültigen Erwerber eingeleitet. Nach Annahme dieser Mitteilung wird die Kommission den Kontrollerwerb durch den endgültigen Erwerber, wie er in den Vereinbarungen zwischen den Parteien vorgesehen ist, prüfen. Die Transaktion, durch die der zwischengeschaltete Käufer unter solchen Umständen die Kontrolle erwirbt, wird sie als ersten Schritt eines einzigen Zusammenschlusses ansehen, zu dem auch der dauerhafte Erwerb der Kontrolle durch den endgültigen Käufer gehört.

1.5.   Zusammenhängende Transaktionen

1.5.1.   Beziehung zwischen Artikel 3 und Artikel 5 Absatz 2 Unterabsatz 2

(36)

Nach der Fusionskontrollverordnung können mehrere Transaktionen entweder auf Grund der allgemeinen Regel in Artikel 3 — weil sie miteinander zusammenhängen — oder auf Grund der besonderen Bestimmung in Artikel 5 Absatz 2 Unterabsatz 2 als ein einziger Zusammenschluss behandelt werden.

(37)

Artikel 5 Absatz 2 Unterabsatz 2 FKVO regelt einen anderen Aspekt als Artikel 3 FKVO. In Artikel 3 wird in allgemeiner und sachlicher Hinsicht definiert, wann ein „Zusammenschluss“ vorliegt, aber nicht direkt die Frage der Zuständigkeit der Kommission berührt. Artikel 5 hingegen präzisiert den Anwendungsbereich der Fusionskontrollverordnung, vor allem durch Definition des Umsatzes, der bei Beurteilung der Frage, ob ein Zusammenschluss gemeinschaftsweite Bedeutung hat, zu berücksichtigen ist. Artikel 5 Absatz 2 Unterabsatz 2 ermöglicht es der Kommission, in diesem Zusammenhang zum Zwecke der Ermittlung des Umsatzes der beteiligten Unternehmen zwei oder mehr Erwerbsvorgänge als einen Zusammenschluss zu behandeln. Logischerweise muss also zunächst festgestellt werden, ob in Anwendung von Artikel 3 mehrere angemeldete Zusammenschlussvorhaben einen einzigen Zusammenschluss bewirken oder aber mehrere, bevor die in Artikel 5 Absatz 2 Unterabsatz 2 behandelte Frage zu beantworten ist (42).

1.5.2.   Voneinander abhängige Transaktionen nach Artikel 3

(38)

Die allgemeine ergebnisorientierte Definition des Zusammenschlusses — Ergebnis ist die Kontrolle eines oder mehrerer Unternehmen — bedeutet, dass es unerheblich ist, ob der unmittelbare oder mittelbare Erwerb der Kontrolle in einem, zwei oder mehr Schritten durch eine, zwei oder mehr Transaktionen erfolgt, sofern das Ergebnis ein einziger Zusammenschluss ist. Zwei oder mehr Transaktionen sind für die Zwecke des Artikels 3 als ein einziger Zusammenschluss anzusehen, wenn sie einheitlichen Charakter haben. Es sollte daher geprüft werden, ob im Ergebnis ein oder mehrere Unternehmen die unmittelbare oder mittelbare wirtschaftliche Kontrolle über die Tätigkeit eines oder mehrerer anderer Unternehmen übernehmen. Für die Würdigung ist die den Vorgängen zugrunde liegende wirtschaftliche Realität zu ermitteln und infolgedessen der von den Beteiligten verfolgte wirtschaftliche Zweck festzustellen. Oder anders ausgedrückt: Um festzustellen, ob die fraglichen Transaktionen einheitlichen Charakter haben, muss in jedem Einzelfall geprüft werden, ob diese Transaktionen so voneinander abhängig sind, dass die eine nicht ohne die andere durchgeführt worden wäre (43).

(39)

In Erwägungsgrund 20 FKVO heißt es hierzu, dass Erwerbsvorgänge, die eng miteinander verknüpft sind, weil sie durch eine Bedingung miteinander verbunden sind, als ein einziger Zusammenschluss behandelt werden sollten. Die vom Gericht erster Instanz in seinem Cementbouw-Urteil (44) formulierte Anforderung, dass die Vorgänge voneinander abhängig sein müssen, entspricht somit der Erläuterung in Erwägungsgrund 20, dass sie durch eine Bedingung miteinander verbunden sind.

(40)

Dieser allgemeine Grundsatz zeigt, dass einerseits nach der Fusionskontrollverordnung Transaktionen, die angesichts des von den Beteiligten verfolgten wirtschaftlichen Zwecks zusammengehören, auch in einem Verfahren geprüft werden sollten. In diesen Fällen wird die Änderung der Marktstruktur durch die Gesamtheit dieser Transaktionen bewirkt. Wenn jedoch andererseits mehrere Transaktionen nicht voneinander abhängig sind und die Beteiligten eine Transaktion auch ohne die anderen durchführen würden, sollten die Transaktionen jeweils einzeln auf der Grundlage der Fusionskontrollverordnung geprüft werden.

(41)

Allerdings können mehrere voneinander abhängige Transaktionen nur dann als ein einziger Zusammenschluss behandelt werden, wenn letztlich die Kontrolle von dem- bzw. denselben Unternehmen übernommen wird. Nur in diesem Fall können zwei oder mehr Transaktionen von einheitlichem Charakter sein und infolgedessen für die Zwecke des Artikels 3 als ein einziger Zusammenschluss behandelt werden (45). Dies schließt Spaltungen von Gemeinschaftsunternehmen, bei denen die einzelnen Teile eines Unternehmens zwischen den bisherigen Muttergesellschaften aufgeteilt werden, aus. Diese Vorgänge wird die Kommission als separate Zusammenschlüsse behandeln (46). Dasselbe gilt auch für den Fall, dass zwei oder mehr Unternehmen bei Transaktionen zur Spaltung von Gemeinschaftsunternehmen oder zur Übertragung von Vermögenswerten durch Swapgeschäfte Vermögenswerte austauschen. Obwohl die Beteiligten in der Regel diese Transaktionen als voneinander abhängig ansehen, erfordert die Fusionskontrollverordnung eine separate Bewertung der Ergebnisse jedes einzelnen Vorgangs: Mehrere Unternehmen erwerben die Kontrolle über unterschiedliche Vermögenswerte; bei jedem erwerbenden Unternehmen erfolgt eine separate Zusammenlegung von Ressourcen; und die Auswirkungen jedes einzelnen Erwerbsvorgangs auf den Markt muss anhand der Fusionskontrollverordnung separat untersucht werden.

(42)

Der Erwerb unterschiedlicher Arten der Kontrolle (z. B. gemeinsame Kontrolle über einen Geschäftsbereich und alleinige Kontrolle über einen anderen) wirft bestimmte Fragen auf. Nach der Fusionskontrollverordnung werden grundsätzlich Vorgänge, bei denen die gemeinsame Kontrolle über einen Unternehmensteil und alleinige Kontrolle über einen anderen übernommen wird, als zwei separate Zusammenschlüsse angesehen (47). Solche Transaktionen bewirken nur dann einen einzigen Zusammenschluss, wenn sie sich gegenseitig bedingen und das Unternehmen, das die alleinige Kontrolle erwirbt, identisch ist mit dem Unternehmen, das die gemeinsame Kontrolle erwirbt. Ein solcher Vorgang wird auf jeden Fall dann als ein einziger Zusammenschluss behandelt, wenn ein Unternehmen erworben wird, dem sowohl das allein kontrollierte als auch das gemeinsam kontrollierte Unternehmen gehört. Genauso ist nach der Auslegung in Erwägungsgrund 20 der Sachverhalt zu behandeln, dass dasselbe Unternehmen durch gegenseitig bedingte Vereinbarungen die alleinige und gemeinsame Kontrolle über andere Unternehmen erwirbt. Diese Transaktionen stellen also, wenn sie sich gegenseitig bedingen, einen einzigen Zusammenschluss dar.

(43)

Gegenseitige Abhängigkeit bedeutet, dass keine der Transaktionen ohne die anderen durchgeführt würde, so dass diese Transaktionen einen einzigen Vorgang bilden (48). Eine solche gegenseitige Abhängigkeit gilt normalerweise dann als erwiesen, wenn die Transaktionen rechtlich miteinander verbunden sind, d. h. wenn die Vereinbarungen selbst sich gegenseitig bedingen. Auch wenn eine faktische Abhängigkeit hinreichend nachgewiesen werden kann, kann dies ausreichen, um mehrere Transaktionen als einen einzigen Zusammenschluss zu behandeln. Dies erfordert eine wirtschaftliche Würdigung der Frage, ob jede einzelne Transaktion notwendigerweise vom Abschluss der anderen abhängt (49). Weitere Anhaltspunkte für die gegenseitige Abhängigkeit mehrerer Transaktionen können auch entsprechende Erklärungen der Beteiligten selbst sein oder die Gleichzeitigkeit ihres Abschlusses. Eine faktische gegenseitige Abhängigkeit mehrerer Transaktionen dürfte nur schwer festzustellen sein, wenn die Transaktionen nicht gleichzeitig erfolgen. Ebenso stellt sich bei weitgehendem Fehlen von Gleichzeitigkeit rechtlich voneinander abhängiger Transaktionen die Frage, ob sie tatsächlich voneinander abhängig sind.

(44)

Der Grundsatz, dass unter den genannten Umständen mehrere Transaktionen als ein einziger Zusammenschluss behandelt werden können, gilt nur, wenn dadurch bewirkt wird, dass dieselben Personen oder Unternehmen die Kontrolle über ein oder mehrere Unternehmen übernehmen. Dies kann erstens der Fall sein, wenn ein einziger Geschäftsbereich oder ein einziges Unternehmen im Wege mehrerer Transaktionen erworben wird. Zweitens können auch Transaktionen zum Erwerb der Kontrolle über mehrere Unternehmen so miteinander verbunden sein, dass ein einziger Zusammenschluss vorliegt, wobei jeder Erwerbsvorgang einen Zusammenschluss darstellen könnte. Nach der Fusionskontrollverordnung ist es jedoch nicht zulässig, verschiedene Transaktionen, die nur zum Teil den Erwerb der Kontrolle betreffen, zum Teil aber auch den Erwerb von anderen Vermögenswerten, z. B. Minderheitsbeteiligungen ohne Kontrollbefugnisse an anderen Unternehmen, gemeinsam zu behandeln. Es würde nicht dem allgemeinen Rahmen und der Zielsetzung der Fusionskontrollverordnung entsprechen, wenn verschiedene einander bedingende Transaktionen gemäß der Fusionskontrollverordnung als Einheit behandelt würden, obwohl nur einige davon eine Änderung der Kontrolle bei einem bestimmten Zielunternehmen bewirken.

(45)

Es kann sich also um einen einzigen Zusammenschluss handeln, wenn dieselbe Person/dieselben Personen die Kontrolle über einen einzigen Geschäftsbereich, d. h. eine einzige wirtschaftliche Einheit, im Wege mehrerer Transaktionen übernehmen, die sich gegenseitig bedingen. Dies gilt unabhängig davon, ob der Geschäftsbereich in einer Unternehmensstruktur erworben wird, die aus einem oder mehreren Unternehmen besteht, oder ob verschiedene Vermögenswerte erworben werden, die einen Geschäftsbereich bilden, d. h. eine wirtschaftliche Einheit mit einer Leitung und einem gemeinsamen wirtschaftlichen Zweck, für den sämtliche Vermögenswerte eingesetzt werden. Ein solcher Geschäftsbereich kann Mehrheits- und Minderheitsbeteiligungen an Unternehmen sowie materielle und immaterielle Vermögenswerte umfassen. Wenn für die Übernahme eines solchen Geschäftsbereichs mehrere voneinander abhängige Transaktionen erforderlich sind, stellen diese Transaktionen einen einzigen Zusammenschluss dar (50).

(46)

In den folgenden Fällen hat die Kommission in der Vergangenheit mehrere Erwerbsvorgänge als einen einzigen Zusammenschluss behandelt: Im Falle des parallelen Erwerbs der Kontrolle, d. h. Unternehmen A erwirbt parallel die Kontrolle über die Unternehmen B und C von unterschiedlichen Verkäufern unter der Bedingung, dass A nur kauft und die Verkäufer nur verkaufen, wenn beide Transaktionen tatsächlich vollzogen werden (51), und bei einer Abfolge von Erwerbsvorgängen wie im Kingfisher-Fall (52), d. h. Unternehmen A erwirbt die Kontrolle über Unternehmen B unter der Bedingung, dass B zuvor oder gleichzeitig Unternehmen C erwirbt.

(47)

Ähnlich wie beim Kingfisher-Szenario geht die Kommission in Fällen vor, in denen ein Unternehmen eine Reihe von Transaktionen vereinbart, wobei es zunächst die alleinige Kontrolle über ein Zielunternehmen erwirbt, um dann anschließend Teile der am Zielunternehmen erworbenen Beteiligung an ein anderes Unternehmen weiterzuverkaufen, wodurch letztlich die beiden erwerbenden Unternehmen die gemeinsame Kontrolle über das Zielunternehmen erlangen. Wenn die beiden Erwerbe voneinander abhängig sind, bewirken sie zusammen einen einzigen Zusammenschluss, und die Kommission wird nur den Erwerb der gemeinsamen Kontrolle — das Endresultat beider Transaktionen — prüfen (53).

1.5.3.   Abfolge von Wertpapiergeschäften

(48)

In Erwägungsgrund 20 der Fusionskontrollverordnung wird außerdem erläutert, dass auch in Fällen, in denen die Kontrolle über ein Unternehmen durch mehrere innerhalb eines gebührend kurzen Zeitraums getätigte Wertpapiergeschäfte erlangt wird, ein einziger Zusammenschluss vorliegt. Der Zusammenschluss ist in diesen Fällen nicht begrenzt auf den Erwerb der „einen entscheidenden Aktie“, sondern umfasst alle Wertpapierkäufe innerhalb eines gebührend kurzen Zeitraums.

1.5.4.   Artikel 5 Absatz 2 Unterabsatz 2

(49)

Artikel 5 Absatz 2 Unterabsatz 2 enthält eine spezielle Regel, wonach die Kommission eine Abfolge von Transaktionen innerhalb eines bestimmten Zeitraums für Zwecke der Ermittlung des Umsatzes der beteiligten Unternehmen als einen Zusammenschluss behandeln kann. Diese Bestimmung soll sicherstellen, dass dieselben Personen eine Transaktion nicht in eine ganze Reihe von Vermögensveräußerungen über einen gewissen Zeitraum aufteilen, um die Zuständigkeit der Kommission nach der Fusionskontrollverordnung zu vermeiden (54).

(50)

Wenn innerhalb von zwei Jahren zwischen denselben Personen oder Unternehmen zwei oder mehr Transaktionen stattfinden (von denen jede einen Kontrollerwerb zur Folge hat), sind diese als ein Zusammenschluss zu behandeln (55), und zwar unabhängig davon, ob diese Transaktionen Teile ein und desselben Geschäftsbereichs oder ein und denselben Sektor betreffen oder nicht. Dies gilt nicht, wenn dieselben Personen oder Unternehmen sich nur für einige der betreffenden Transaktionen mit anderen Personen/Unternehmen zusammentun. Die Transaktionen müssen nicht unbedingt zwischen denselben Unternehmen durchgeführt werden, vielmehr reicht es aus, wenn sie von Unternehmen jeweils desselben Konzerns durchgeführt werden. Dies gilt auch für zwei oder mehr Transaktionen zwischen denselben Personen bzw. Unternehmen, wenn diese gleichzeitig durchgeführt werden. Wann immer sie im Ergebnis dazu führen, dass ein und dasselbe Unternehmen die Kontrolle erwirbt, bilden solche gleichzeitig durchgeführten Transaktionen derselben Parteien einen einzigen Zusammenschluss — auch wenn sie nicht voneinander abhängig sind (56). Artikel 5 Absatz 2 Unterabsatz 2 dürfte dagegen nicht anwendbar sein, wenn an mindestens einer der Transaktionen ein anderes Unternehmen beteiligt ist als die Verkäufer und Käufer bei den anderen Transaktionen. Wenn von zwei Transaktionen eine zu alleiniger und die andere zu gemeinsamer Kontrolle führt, ist Artikel 5 Absatz 2 Unterabsatz 2 demnach nicht anwendbar, es sei denn, bei der (den) anderen an der zweiten Transaktion beteiligten, die gemeinsame Kontrolle ausübenden Muttergesellschaft(en) handelt es sich um den (die) Verkäufer der alleinigen Kontrollbeteiligung aus der ersten Transaktion.

1.6.   Interne Reorganisation

(51)

Ein Zusammenschluss im Sinne der Fusionskontrollverordnung liegt nur dann vor, wenn die Kontrolle in andere Hände übergeht. Eine interne Reorganisation in einer Unternehmensgruppe ist kein Zusammenschluss. Dies gilt beispielsweise für den Ausbau einer Beteiligung, der nicht zu einer Änderung der Kontrollverhältnisse führt, oder für Reorganisationsmaßnahmen wie die Fusion einer doppelt börsennotierten Gesellschaft zu einer einzigen juristischen Person oder die Fusion von Tochtergesellschaften. Ein Zusammenschluss könnte nur dann vorliegen, wenn der Vorgang zu einer Änderung der Art der Kontrolle in einem Unternehmen führt und infolgedessen nicht länger als intern anzusehen ist.

1.7.   Zusammenschluss unter Beteiligung staatlicher Unternehmen

(52)

Ein Sonderfall liegt vor, wenn beide Unternehmen, das übernehmende wie das übernommene, demselben Staat (oder derselben öffentlich-rechtlichen Körperschaft oder Gemeinde) gehören. In diesem Fall hängt die Entscheidung, ob der Vorgang als interne Reorganisation anzusehen ist, wiederum davon ab, ob beide Unternehmen zuvor Teil derselben wirtschaftlichen Einheit waren. Wenn die Unternehmen zuvor verschiedenen wirtschaftlichen Einheiten angehörten, die eine autonome Entscheidungsbefugnis besaßen, dann liegt ein Zusammenschluss vor und keine interne Reorganisation (57). Wenn jedoch die einzelnen wirtschaftlichen Einheiten auch nach dem Vorgang weiterhin eine autonome Entscheidungsbefugnis besitzen, wird der Vorgang lediglich als interne Reorganisation angesehen, selbst wenn sich die Anteile der Unternehmen, die unterschiedliche wirtschaftliche Einheiten bilden, im Besitz eines einzigen Unternehmens wie z. B. einer reinen Holdinggesellschaft befinden (58).

(53)

Schließlich liegt auch keine Kontrolle im Sinne der FKVO vor, wenn der Staat seine hoheitsrechtlichen Befugnisse zum Schutz des Gemeininteresses wahrnimmt (d. h. nicht als Gesellschafter auftritt), soweit mit diesen Befugnissen weder bezweckt noch bewirkt wird, dass der Staat einen bestimmenden Einfluss auf die Tätigkeit des Unternehmens ausübt (59).

2.   Alleinige Kontrolle

(54)

Die alleinige Kontrolle wird erworben, wenn ein Unternehmen alleine bestimmenden Einfluss auf ein Unternehmen ausüben kann. Es gibt zwei allgemeine Szenarios, in denen ein Unternehmen die alleinige Kontrolle hat. Im einen Fall kann das Unternehmen, das die alleinige Kontrolle hat, über das strategische Wirtschaftsverhalten des anderen Unternehmens bestimmen. Diese Befugnis wird typischerweise durch die Übernahme der Stimmrechtsmehrheit in einem Unternehmen erworben. Ein Erwerb der alleinigen Kontrolle liegt auch dann vor, wenn ein Gesellschafter allein strategische Entscheidungen in einem Unternehmen durch Veto verhindern, nicht aber derartige Entscheidungen allein durchsetzen kann (so genannte negative alleinige Kontrolle). Unter diesen Umständen besitzt ein einzelner Gesellschafter genauso viel Einfluss wie normalerweise ein Gesellschafter, der gemeinsam mit anderen ein Unternehmen kontrolliert, d. h. er kann die Annahme strategischer Entscheidungen blockieren. Im Unterschied zu der Situation in einem gemeinsam kontrollierten Unternehmen gibt es keine anderen Gesellschafter mit derselben Möglichkeit der Einflussnahme und der Gesellschafter, der die negative alleinige Kontrolle ausübt, muss bei der Festlegung des strategischen Verhaltens des kontrollierten Unternehmens nicht unbedingt mit bestimmten anderen Gesellschaftern zusammenarbeiten. Da er aber Entscheidungen blockieren kann, erwirbt er bestimmenden Einfluss im Sinne des Artikels 3 Absatz 2 und somit die Kontrolle im Sinne der Fusionskontrollverordnung (60).

(55)

Die alleinige Kontrolle kann auf rechtlicher und auf faktischer Grundlage erworben werden.

(56)

Rechtlich gesehen übernimmt ein Unternehmen die alleinige Kontrolle in der Regel dadurch, dass es die Stimmrechtsmehrheit in einem anderen Unternehmen erwirbt. Wenn nicht andere Faktoren hinzukommen, führt der Erwerb einer Beteiligung ohne Stimmrechtsmehrheit in der Regel nicht zur Übernahme der Kontrolle, selbst wenn die Anteilsmehrheit erworben wird. Wenn die Gesellschaftssatzung für strategische Entscheidungen Einstimmigkeit vorschreibt, reicht der Erwerb der einfachen Stimmrechtsmehrheit unter Umständen nicht aus, um strategische Entscheidungen zu beeinflussen; er kann aber genügen, um dem Erwerber die Möglichkeit zur Blockade strategischer Entscheidungen und damit zur negativen Kontrolle zu bieten.

(57)

Selbst eine Minderheitsbeteiligung kann die alleinige Kontrolle begründen, wenn diese Beteiligung mit besonderen Rechten ausgestattet ist. Dabei kann es sich um Vorzugsaktien handeln, an die besondere Rechte geknüpft sind, die es dem Minderheitsgesellschafter ermöglichen, die Geschäftsstrategie des Zielunternehmens zu bestimmen, zum Beispiel das Recht, mehr als die Hälfte der Aufsichtsrats- oder Vorstandsmitglieder zu ernennen. Die alleinige Kontrolle kann auch ein Minderheitsgesellschafter haben, der aufgrund der Organisationsstruktur (z. B. als Komplementär einer Kommanditgesellschaft, der oft nichtmals an der Gesellschaft beteiligt ist) befugt ist, die Tätigkeit des Unternehmens zu leiten und die Geschäftspolitik zu bestimmen.

(58)

Ein typischer Fall negativer alleiniger Kontrolle liegt vor, wenn ein Gesellschafter eine 50%ige Beteiligung an einem Unternehmen hält, während die restlichen 50 % auf mehrere andere Gesellschafter verteilt sind (sofern dies nicht faktisch zu einer positiven alleinigen Kontrolle führt), oder wenn für strategische Entscheidungen Einstimmigkeit vorgeschrieben ist, was in der Praxis dazu führt, dass ein Gesellschafter allein ungeachtet des Umfangs seiner Beteiligung ein Vetorecht ausüben kann (61).

(59)

Ein Minderheitsgesellschafter kann auch faktisch allein ein Unternehmen kontrollieren. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn es angesichts des Umfangs seiner Beteiligung und unter Berücksichtigung der Anzahl der Gesellschafter, die in früheren Jahren an der Hauptversammlung teilgenommen haben, sehr wahrscheinlich ist, dass er in der Hauptversammlung eine Mehrheit bekommen wird (62). Anhand des früheren Abstimmungsverhaltens wird die Kommission eine zukunftsgerichtete Analyse durchführen, bei der sie berücksichtigen wird, welche Änderungen bei der Präsenz der Gesellschafter nach dem Vorgang zu erwarten sind (63). Die Kommission wird auch die Standpunkte anderer Gesellschafter analysieren und ihre Rolle bewerten. Ausschlaggebend bei einer solchen Bewertung ist insbesondere, ob die verbleibenden Anteile weit gestreut sind, ob andere wichtige Gesellschafter strukturelle, wirtschaftliche oder familiäre Beziehungen zu dem großen Minderheitsgesellschafter haben und ob andere Gesellschafter ein strategisches oder rein finanzielles Interesse an dem Zielunternehmen haben. Diese Kriterien werden in jedem Einzelfall geprüft (64). Wenn wahrscheinlich ist, dass der Minderheitsgesellschafter angesichts seiner Beteiligung, des früheren Stimmverhaltens und der Position anderer Gesellschafter in der Hauptversammlung über eine stabile Stimmenmehrheit verfügen wird, um eine solche Mehrheit zu erzielen, dann kann davon ausgegangen werden, dass er die alleinige Kontrolle über das Unternehmen besitzt (65).

(60)

Eine Option, die zum Kauf oder zur Umwandlung von Aktien berechtigt, verleiht an sich noch keine Kontrolle, solange die Option nicht in naher Zukunft aufgrund einer rechtsverbindlichen Vereinbarung ausgeübt wird (66). Ausnahmsweise jedoch kann eine Option zusammen mit anderen Elementen zu dem Schluss führen, dass faktisch eine alleinige Kontrolle vorliegt (67).

(61)

Abgesehen vom durch die Stimmrechte begründeten Erwerb der alleinigen Kontrolle gelten die Erwägungen in Abschnitt 1.2 zum Erwerb der alleinigen Kontrolle durch den Kauf von Vermögenswerten, Verträge oder andere Mittel.

3.   Gemeinsame Kontrolle

(62)

Gemeinsame Kontrolle ist dann gegeben, wenn zwei oder mehr Unternehmen oder Personen die Möglichkeit haben, in einem anderen Unternehmen bestimmenden Einfluss auszuüben. Bestimmender Einfluss bedeutet hier in der Regel die Möglichkeit, Aktionen zu blockieren, die das strategische Wirtschaftsverhalten eines Unternehmens bestimmen. Im Unterschied zur alleinigen Kontrolle, bei der ein einzelner Gesellschafter die strategischen Entscheidungen des Unternehmens bestimmen kann, können bei einer gemeinsamen Kontrolle Pattsituationen entstehen, weil zwei oder mehr der Muttergesellschaften die Möglichkeit haben, strategische Entscheidungen zu blockieren. Diese Gesellschafter müssen folglich die Geschäftspolitik des Gemeinschaftsunternehmens einvernehmlich festlegen und zusammenarbeiten (68).

(63)

Wie im Falle der alleinigen Kontrolle kann der Erwerb der gemeinsamen Kontrolle rechtlich oder faktisch begründet sein. Eine gemeinsame Kontrolle liegt dann vor, wenn die Gesellschafter (Muttergesellschaften) bei allen wichtigen Entscheidungen, die das beherrschte Unternehmen (Gemeinschaftsunternehmen) betreffen, Übereinstimmung erzielen müssen.

3.1.   Gleiche Stimmrechte oder Besetzung der Entscheidungsgremien

(64)

Am deutlichsten ist eine gemeinsame Kontrolle, wenn es nur zwei Muttergesellschaften mit gleichen Stimmrechten in dem Gemeinschaftsunternehmen gibt. In diesem Fall benötigen die beiden Unternehmen keine formelle Vereinbarung. Gibt es jedoch eine solche Vereinbarung, dann darf sie dem Prinzip der Gleichheit der beherrschenden Unternehmen nicht entgegenstehen, die zum Beispiel darin zum Ausdruck kommt, dass jedes Unternehmen die gleiche Zahl von Vertretern in die Unternehmensleitung entsendet und dass keines der Mitglieder mit seiner Stimme den Ausschlag geben kann (69). Gleichheit lässt sich auch in der Weise erreichen, dass beide Muttergesellschaften das Recht erhalten, die gleiche Zahl von Mitgliedern in die Entscheidungsorgane des Gemeinschaftsunternehmens zu entsenden.

3.2.   Vetorechte

(65)

Gemeinsame Kontrolle kann auch vorliegen, wenn die beiden beherrschenden Unternehmen nicht die gleichen Stimmrechte haben oder gleich stark in den Entscheidungsgremien vertreten sind, oder wo es mehr als zwei Muttergesellschaften gibt. Dies ist dann der Fall, wenn Minderheitsgesellschafter zusätzliche Rechte haben, die es ihnen ermöglichen, gegen Entscheidungen, die für das strategische Wirtschaftsverhalten des Gemeinschaftsunternehmens wesentlich sind, ein Veto einzulegen (70). Diese Vetorechte können in der Satzung des Gemeinschaftsunternehmens verankert sein oder auf einer Vereinbarung der Muttergesellschaften beruhen. Die Vetorechte selbst können darin bestehen, dass für Entscheidungen der Hauptversammlung oder der Unternehmensleitung, soweit die Muttergesellschaften darin vertreten sind, eine bestimmte Stimmenzahl erforderlich ist. Möglicherweise müssen strategische Entscheidungen aber auch von einem Gremium (z. B. Aufsichtsrat) genehmigt werden, in dem ohne die Stimmen der darin vertretenen Minderheitsaktionäre keine Entscheidung getroffen werden kann.

(66)

Diese Vetorechte müssen sich auf strategische geschäftspolitische Entscheidungen in dem Gemeinschaftsunternehmen beziehen. Sie müssen über das hinausgehen, was in der Regel Minderheitsgesellschaftern an Vetorechten eingeräumt wird, um ihre finanziellen Interessen als Kapitalgeber des Gemeinschaftsunternehmens zu schützen. Dieser übliche Rechtsschutz für Minderheitsgesellschafter gilt für Entscheidungen, die das Wesen des Gemeinschaftsunternehmens berühren, wie Satzungsänderungen, Kapitalerhöhungen, Kapitalherabsetzungen oder Liquidation. Ein Vetorecht beispielsweise, mit dem ein Verkauf oder eine Abwicklung des Gemeinschaftsunternehmens verhindert werden kann, gibt dem Minderheitsgesellschafter noch keine gemeinsame Kontrolle (71).

(67)

Vetorechte, die eine gemeinsame Kontrolle begründen, betreffen hingegen in der Regel Entscheidungen über Budget, Geschäftsplan, größere Investitionen und die Besetzung der Unternehmensleitung. Zur Erlangung gemeinsamer Kontrolle ist es jedoch nicht erforderlich, dass der Erwerber einen bestimmenden Einfluss auf das Tagesgeschäft des Unternehmens ausüben kann. Entscheidend ist, dass die Vetorechte der Muttergesellschaften ausreichen, um das strategische Wirtschaftsverhalten zu beeinflussen. Es ist auch nicht der Nachweis erforderlich, dass der Erwerber der gemeinsamen Kontrolle von seinem bestimmenden Einfluss tatsächlich Gebrauch macht. Die Möglichkeit, diesen Einfluss auszuüben, d. h. die bloße Existenz der Vetorechte, reicht aus.

(68)

Um die gemeinsame Kontrolle zu erlangen, braucht ein Minderheitsgesellschafter nicht alle obengenannten Vetorechte zu haben. Es genügt möglicherweise, dass er nur einige oder nur ein einziges Recht besitzt. Ob dies der Fall ist oder nicht, hängt vom Inhalt des Vetorechts ab und auch von dessen Bedeutung für die geschäftlichen Aktivitäten des betreffenden Gemeinschaftsunternehmens.

(69)

Von besonders großer Bedeutung sind die Vetorechte, die Entscheidungen über die Ernennung oder Entlassung von Mitgliedern der Unternehmensleitung und die Genehmigung der Finanzplanung betreffen. Das Recht, die Zusammensetzung der Unternehmensleitung (z. B. des Vorstands) mitzubestimmen, sichert normalerweise dessen Inhaber einen bestimmenden Einfluss auf die Geschäftspolitik des Unternehmens. Das gleiche gilt für Entscheidungen über die Finanzplanung, denn die Finanzplanung entscheidet über den Umfang der Tätigkeit des Gemeinschaftsunternehmens und vor allem über die Höhe der Investitionen.

(70)

Der Geschäftsplan zeigt normalerweise in allen Einzelheiten auf, welche Ziele das Unternehmen verfolgt und mit welchen Mitteln sie verwirklicht werden sollen. Ein Vetorecht für diese Art von Geschäftsplan reicht unter Umständen aus, um eine gemeinsame Kontrolle zu begründen, selbst wenn es sonst keine anderen Vetorechte gibt. Wenn hingegen der Geschäftsplan nur Grundsatzerklärungen zu den Geschäftszielen des Gemeinschaftsunternehmens enthält, ist das Vetorecht nur ein Punkt unter anderen bei der generellen Beurteilung der Frage, ob eine gemeinsame Kontrolle vorliegt, reicht aber für sich allein nicht aus, um eine gemeinsame Kontrolle zu begründen.

(71)

Welche Bedeutung ein Vetorecht im Fall von Investitionen hat, hängt davon ab, ab welcher Höhe Investitionen der Genehmigung durch die Muttergesellschaften bedürfen, und dann davon, inwieweit Investitionen auf dem Markt, auf dem das Gemeinschaftsunternehmen tätig ist, von Bedeutung sind. Wenn die Muttergesellschaften nur ganz große Investitionen genehmigen müssen, läuft das Vetorecht auf einen üblichen Schutz der Interessen des Minderheitsgesellschafters hinaus und hat nur wenig mit einem Mitbestimmungsrecht an der Geschäftspolitik des Gemeinschaftsunternehmens zu tun. Die Investitionspolitik ist in der Regel ein wichtiges Kriterium für die Beurteilung, ob eine gemeinsame Kontrolle vorliegt. Es gibt allerdings auch Märkte, auf denen das Marktverhalten eines Unternehmens nicht wesentlich von den Investitionen bestimmt wird.

(72)

Abgesehen von den typischen Vetorechten, die vorstehend behandelt wurden, gibt es eine Reihe anderer möglicher Vetorechte, die mit bestimmten Entscheidungen zu tun haben, die für den Markt, auf dem das Gemeinschaftsunternehmen tätig ist, wichtig sind. Ein Beispiel hierfür ist die Entscheidung darüber, mit welcher Technologie das Gemeinschaftsunternehmen arbeiten soll, wenn die Technologie eine Schlüsselrolle im Geschäft des Gemeinschaftsunternehmens spielt. Ein anderes Beispiel liefern Märkte, die durch Produktdifferenzierung und ein hohes Maß an Innovation gekennzeichnet sind. Auf solchen Märkten kann ein Vetorecht bei Entscheidungen über die Entwicklung neuer Produkte durch das Gemeinschaftsunternehmen ein wichtiges Indiz für das Vorliegen gemeinsamer Kontrolle sein.

(73)

Sofern es mehrere Vetorechte gibt, sollten sie bei der Bewertung ihrer relativen Bedeutung nicht isoliert betrachtet werden. Ob eine gemeinsame Kontrolle vorliegt oder nicht, ist nur daran zu messen, wie diese Rechte als Ganzes wirken. Ein Vetorecht, das weder bei der Geschäftspolitik und -strategie, der Besetzung der Unternehmensleitung noch bei der Finanzplanung und dem Geschäftsplan zum Tragen kommt, verleiht dem Inhaber auch keine gemeinsame Kontrolle (72).

3.3.   Gemeinsame Ausübung der Stimmrechte

(74)

Selbst ohne besondere Vetorechte können zwei oder mehr Unternehmen, die eine Minderheitsbeteiligung an einem anderen Unternehmen erwerben, die gemeinsame Kontrolle erlangen. Dies ist dann der Fall, wenn die Minderheitsbeteiligungen zusammen die Grundlage für eine Kontrolle über das Zielunternehmen bilden. Dies bedeutet, dass die Minderheitsgesellschafter zusammen eine Stimmenmehrheit haben und bei der Ausübung der Stimmrechte gemeinsam handeln. Dies kann das Ergebnis einer rechtsverbindlichen Vereinbarung sein oder sich faktisch aus den Verhältnissen ergeben.

(75)

Die gemeinsame Ausübung der Stimmrechte lässt sich rechtlich über eine (gemeinsam kontrollierte) Holdinggesellschaft absichern, der die Minderheitsgesellschafter ihre Rechte übertragen, oder durch eine Vereinbarung, in der sie sich verpflichten, in der gleichen Weise zu handeln (Pooling-Vereinbarung).

(76)

Ganz selten ist die Möglichkeit eines gemeinsamen Handelns de facto dort gegeben, wo starke gemeinsame Interessen der Minderheitsgesellschafter bewirken, dass sie bei der Ausübung ihrer Stimmrechte in dem Gemeinschaftsunternehmen nicht gegeneinander handeln. Je größer die Zahl der Muttergesellschaften, umso geringer ist jedoch die Wahrscheinlichkeit, dass es hierzu kommt.

(77)

Ein Anhaltspunkt für das Vorliegen solcher gemeinsamer Interessen ist ein hoher Grad gegenseitiger Abhängigkeit der Muttergesellschaften bei der Verwirklichung der strategischen Ziele des Gemeinschaftsunternehmens. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn jede einzelne Muttergesellschaft einen lebenswichtigen Beitrag zu dem Gemeinschaftsunternehmen leistet (zum Beispiel Technologie, Kenntnis der örtlichen Marktverhältnisse oder Lieferverträge) (73). Unter diesen Umständen können die Muttergesellschaften die strategischen Entscheidungen des Gemeinschaftsunternehmens blockieren, was bedeutet, dass sie dieses Unternehmen nur dann erfolgreich betreiben können, wenn Einvernehmen über die strategischen Entscheidungen besteht, auch wenn nicht ausdrücklich Vetorechte vorgesehen sind. Die Muttergesellschaften werden deshalb zur Zusammenarbeit gezwungen sein (74). Weitere Faktoren sind Entscheidungsverfahren, die so beschaffen sind, dass die Muttergesellschaften die gemeinsame Kontrolle auch dann ausüben können, wenn nicht ausdrücklich Vetorechte vereinbart wurden oder andere Beziehungen zwischen den Minderheitsgesellschaftern des Gemeinschaftsunternehmens bestehen (75).

(78)

Ein solcher Fall kann nicht nur eintreten, wenn zwei oder mehr Minderheitsgesellschafter faktisch gemeinsam ein Unternehmen kontrollieren, sondern auch, wenn ein Mehrheitsgesellschafter in starkem Maße von einem Minderheitsgesellschafter abhängig ist. Dies kann der Fall sein, wenn das Gemeinschaftsunternehmen wirtschaftlich und finanziell vom Minderheitsgesellschafter abhängig ist oder wenn nur der Minderheitsgesellschafter das für den Betrieb des Gemeinschaftsunternehmens erforderliche Know-how erworben hat und dabei eine wichtige Rolle spielen wird, während der Mehrheitsgesellschafter ein reiner Kapitalgeber ist (76). Unter diesen Umständen wird der Mehrheitsgesellschafter nicht in der Lage sein, sich durchzusetzen, der Partner im Gemeinschaftsunternehmen kann jedoch vielleicht strategische Entscheidungen blockieren, so dass die beiden Muttergesellschaften zu einer dauerhaften Zusammenarbeit gezwungen sind. Dies führt faktisch zu einer gemeinsamen Kontrolle, die Vorrang vor der rein rechtlich begründeten Feststellung einer alleinigen Kontrolle seitens des Mehrheitsgesellschafters hat.

(79)

Diese Kriterien gelten bei der Bildung eines neuen Gemeinschaftsunternehmens genauso wie beim Erwerb von Minderheitsbeteiligungen, die zusammen die gemeinsame Kontrolle begründen. Beim Erwerb von Beteiligungen sind gemeinsame Interessen wahrscheinlicher, wenn die Beteiligungen in einem abgestimmten Vorgehen erworben werden. Der Erwerb durch abgestimmtes Vorgehen allein reicht jedoch als Nachweis für eine faktische gemeinsame Kontrolle nicht aus. Im Allgemeinen ist das gemeinsame Interesse der Kapitalgeber (oder Gläubiger) eines Unternehmens an einer Rendite nicht als gemeinsames Interesse anzusehen, das faktisch zu einer gemeinsamen Kontrolle führt.

(80)

In Ermangelung einer starken Interessengemeinschaft wird in der Regel die Möglichkeit wechselnder Koalitionen unter den Minderheitsgesellschaftern die Entstehung einer gemeinsamen Kontrolle verhindern. Wenn es im Entscheidungsprozess keine feste Mehrheit gibt und die Mehrheit von Fall zu Fall unter den Minderheitsgesellschaftern verschieden ausfallen kann, ist nicht zu vermuten, dass die Minderheitsgesellschafter (oder eine Gruppe von Minderheitsgesellschaftern) das Unternehmen gemeinsam kontrollieren (77). In diesem Zusammenhang reicht es nicht aus, wenn es Absprachen gibt unter zwei oder mehr Parteien mit einer gleich hohen Kapitalbeteiligung an dem Unternehmen, die identische Rechte und Machtbefugnisse unter den Parteien begründen, wenn diese keine strategischen Vetorechte haben. Wenn beispielsweise in einem Unternehmen drei Gesellschafter jeweils ein Drittel des Kapitals besitzen und jeder ein Drittel der Posten in der Unternehmensleitung besetzt, haben die Gesellschafter keine gemeinsame Kontrolle, da die Entscheidungen mit einfacher Mehrheit getroffen werden müssen.

3.4.   Sonstige Überlegungen zur gemeinsamen Kontrolle

(81)

Gemeinsame Kontrolle heißt nicht, dass nicht eine der Muttergesellschaften ein spezifisches Know-how oder besondere Erfahrung in dem Geschäftsbereich des Gemeinschaftsunternehmens besitzen kann. In diesem Fall kann sich die andere Muttergesellschaft im Tagesgeschäft des Gemeinschaftsunternehmens mit einer bescheidenen Rolle begnügen oder überhaupt nicht in Aktion treten, wenn der Grund für ihre Präsenz in diesem Unternehmen eine langfristige Finanzstrategie, das Marken-Image oder Überlegungen grundsätzlicher Art sind. Sie muss jedoch immer die reale Möglichkeit haben, Entscheidungen der anderen Muttergesellschaft aufgrund gleicher Stimmrechte, gleicher Rechte bei der Besetzung der die Unternehmensentscheidungen treffenden Organe oder eines Vetorechts bei strategischen Fragen abzulehnen. Andernfalls handelt es sich um eine alleinige Kontrolle.

(82)

Im Falle gemeinsamer Kontrolle sollte keine der Muttergesellschaften über eine ausschlaggebende Stimme verfügen, da ansonsten das Unternehmen mit der ausschlaggebenden Stimme die alleinige Kontrolle innehätte. Es kann jedoch von gemeinsamer Kontrolle ausgegangen werden, wenn diese ausschlaggebende Stimme in der Praxis von begrenzter Bedeutung und Wirkung ist. Dies könnte der Fall sein, wenn die ausschlaggebende Stimme nur nach einer Reihe von Schlichtungs- und Einigungsversuchen oder nur in einem sehr begrenzten Bereich eingesetzt werden darf oder wenn der Gebrauch dieser Stimme an eine Verkaufsoption geknüpft ist, die einen erheblichen finanziellen Nachteil bedeuten würde, oder wenn die gegenseitige Abhängigkeit der Muttergesellschaften einen Einsatz der ausschlaggebenden Stimme unwahrscheinlich erscheinen lässt. (78)

III.   ÄNDERUNG DER ART DER KONTROLLE

(83)

Die Fusionskontrollverordnung erfasst Vorgänge, die zum Erwerb alleiniger oder gemeinsamer Kontrolle führen, darunter auch Vorgänge, die eine Änderung der Art der Kontrolle bewirken. Eine solche einen Zusammenschluss bewirkende Änderung der Art der Kontrolle liegt erstens dann vor, wenn ein Wechsel zwischen alleiniger und gemeinsamer Kontrolle stattfindet, und zweitens dann, wenn zwar vor und nach der Transaktion gemeinsame Kontrolle gegeben ist, sich durch die Transaktion aber die Anzahl der kontrollierenden Gesellschafter erhöht und ihre Identität ändert. Bei einem Wechsel von negativer zu positiver alleiniger Kontrolle hingegen handelt es sich nicht um eine Änderung der Art der Kontrolle. Ein solcher Wechsel wirkt sich weder auf die Interessenlage des die negative Kontrolle ausübenden Gesellschafters aus noch auf die Art der Kontrollstruktur, da der kontrollierende Gesellschafter auch zuvor, als er die negative Kontrolle besaß, nicht unbedingt mit anderen Gesellschaftern zusammenarbeiten musste. Ändert sich lediglich der Umfang der Beteiligungen der kontrollierenden Gesellschafter, ohne dass sich dies auf ihre Befugnisse im Unternehmen und die Zusammensetzung der Kontrollstruktur auswirkt, liegt keine Änderung der Art der Kontrolle und folglich auch kein anmeldungspflichtiger Zusammenschluss vor.

(84)

In den folgenden Ausführungen werden zwei Möglichkeiten der Änderung der Art der Kontrolle unterschieden: erstens der Eintritt eines oder mehrerer neuer kontrollierender Gesellschafter unabhängig davon, ob sie bisherige kontrollierende Gesellschafter ablösen oder nicht, und zweitens eine Verringerung der Anzahl der kontrollierenden Gesellschafter.

1.   Eintritt neuer kontrollierender Gesellschafter

(85)

Der Eintritt neuer kontrollierender Gesellschafter und das daraus resultierende Szenario der gemeinsamen Kontrolle kann entweder einen Wechsel von alleiniger zu gemeinsamer Kontrolle bedeuten oder aber, dass in einem bereits gemeinsam kontrollierten Unternehmen ein neuer Gesellschafter hinzukommt oder einen früheren Gesellschafter ersetzt.

(86)

Im Falle des Wechsels von alleiniger zu gemeinsamer Kontrolle liegt ein anmeldungspflichtiger Vorgang vor, da sich die Art der Kontrolle des Gemeinschaftsunternehmens ändert. Erstens erwirbt ein Gesellschafter, der in das kontrollierte Unternehmen eintritt, neu die Kontrolle über das betreffende Unternehmen. Zweitens wird das kontrollierte Unternehmen erst durch diesen Vorgang zu einem Gemeinschaftsunternehmen, was nach der Fusionskontrollverordnung auch die Sachlage für das verbleibende kontrollierende Unternehmen entscheidend verändert: In Zukunft muss es die Interessen von einem oder mehr anderen kontrollierenden Gesellschaftern mit berücksichtigen und muss mit diesen dauerhaft zusammenarbeiten. Vorher konnte es entweder das strategische Verhalten des kontrollierten Unternehmens allein bestimmen (alleinige Kontrolle) oder war jedenfalls nicht gezwungen, die Interessen bestimmter anderer Gesellschafter zu berücksichtigen und mit diesen dauerhaft zusammenzuarbeiten.

(87)

Der Eintritt eines neuen Gesellschafters in ein gemeinsam kontrolliertes Unternehmen — wobei der neue Gesellschafter entweder zu den bereits kontrollierenden Gesellschaftern hinzukommt oder einen von ihnen ersetzt — ist ebenfalls ein anmeldungspflichtiger Zusammenschluss, auch wenn das Unternehmen schon vor und auch nach dem Vorgang gemeinsam kontrolliert wird (79). Erstens gibt es auch in diesem Szenario einen Gesellschafter, der neu Kontrolle in dem Gemeinschaftsunternehmen erwirbt. Zweitens wird die Art der Kontrolle des Gemeinschaftsunternehmens durch die Identität der kontrollierenden Gesellschafter bestimmt. Im Falle gemeinsamer Kontrolle liegt es in der Natur der Sache, dass die gemeinsam kontrollierenden Gesellschafter den Interessen der anderen Rechnung tragen müssen und mit diesen bei der Festlegung der strategischen Ausrichtung des Gemeinschaftsunternehmens zusammenarbeiten müssen, da jeder Gesellschafter alleine strategische Entscheidungen blockieren kann (80). Die Art der gemeinsamen Kontrolle ist also nicht nur das Ergebnis einer rein rechnerischen Addition der Vetorechte mehrerer Gesellschafter, sondern richtet sich auch nach der Zusammensetzung der Gruppe der Gesellschafter, die das Unternehmen gemeinsam kontrollieren. Ganz besonders offenkundig ist die Veränderung der Art der Kontrollstruktur eines gemeinsam kontrollierten Unternehmens, wenn in einem Gemeinschaftsunternehmen, das von einem seiner Wettbewerber und einem Finanzinvestor gemeinsam kontrolliert wird, der Finanzinvestor durch einen anderen Wettbewerber ersetzt wird. Unter diesen Umständen können sich die Kontrollstruktur und die Anreize des Gemeinschaftsunternehmens völlig ändern, und zwar nicht nur wegen des Eintritts eines neuen kontrollierenden Gesellschafters, sondern auch, weil sich das Verhalten des verbleibenden Gesellschafters ändert. Es liegt also immer eine Änderung der Art der Kontrolle vor, wenn in einem gemeinsam kontrollierten Unternehmen ein kontrollierender Gesellschafter ersetzt wird oder ein neuer hinzukommt. (81)

(88)

Der Eintritt neuer Gesellschafter bewirkt jedoch nur dann einen anmeldungspflichtigen Zusammenschluss, wenn einer bzw. mehrere Gesellschafter durch den Vorgang die alleinige bzw. gemeinsame Kontrolle erwerben. Der Eintritt neuer Gesellschafter kann jedoch auch zu einer Situation führen, in der eine gemeinsame Kontrolle weder rechtlich noch faktisch nachgewiesen werden kann, weil dieser Eintritt zur Folge hat, dass wechselnde Mehrheiten zwischen den Minderheitsgesellschaftern möglich werden (82).

2.   Verringerung der Anzahl der Gesellschafter

(89)

Eine Verringerung der Anzahl der kontrollierenden Gesellschafter verändert die Art der Kontrolle und ist infolgedessen als Zusammenschluss anzusehen, sofern das Ausscheiden eines oder mehrerer kontrollierender Gesellschafter zu einem Wechsel von gemeinsamer zu alleiniger Kontrolle führt. Es ist ein wesentlicher Unterschied, ob bestimmender Einfluss alleine oder gemeinsam ausgeübt wird, da im zweiten Falle die Gesellschafter, die gemeinsam die Kontrolle ausüben, die möglicherweise anders gelagerten Interessen der anderen beteiligten Parteien berücksichtigen müssen (83).

(90)

Verringert sich durch den Vorgang die Anzahl der Gesellschafter, die gemeinsam die Kontrolle ausüben, ohne dass ein Wechsel von gemeinsamer zu alleiniger Kontrolle stattfindet, liegt normalerweise kein anmeldungspflichtiger Zusammenschluss vor.

IV.   GEMEINSCHAFTSUNTERNEHMEN — BEGRIFF DER VOLLFUNKTION

(91)

Gemäß Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe b wird ein Zusammenschluss bewirkt, wenn ein oder mehrere Unternehmen die Kontrolle über die Gesamtheit oder Teile eines anderen Unternehmens übernehmen. Der Erwerb eines anderen Unternehmens durch mehrere Unternehmen, die gemeinsam die Kontrolle ausüben, stellt daher einen Zusammenschluss im Sinne der Fusionskontrollverordnung dar. Wie auch beim Erwerb der alleinigen Kontrolle über ein Unternehmen wird ein solcher Erwerb gemeinsamer Kontrolle die Marktstruktur verändern, selbst wenn nach den Plänen der erwerbenden Unternehmen das übernommene Unternehmen nach dem Vorgang nicht mehr als Vollfunktionsunternehmen anzusehen wäre (z. B. weil es künftig nur noch an die Muttergesellschaften verkaufen wird). Eine Transaktion, bei der mehrere beteiligte Unternehmen gemeinsam von Dritten die Kontrolle über ein anderes Unternehmen oder Teile eines anderen Unternehmens erwerben und die die unter Nummer 24 aufgeführten Kriterien erfüllt, wird einen Zusammenschluss im Sinne des Artikels 3 Absatz 1 darstellen, ohne dass das Vollfunktionskriterium geprüft werden müsste (84).

(92)

Artikel 3 Absatz 4 legt außerdem fest, dass die Bildung eines Gemeinschaftsunternehmens, das auf Dauer alle Funktionen einer selbstständigen wirtschaftlichen Einheit erfüllt (ein so genanntes Vollfunktionsgemeinschaftsunternehmen), einen Zusammenschluss im Sinne der Fusionskontrollverordnung darstellt. Das Kriterium der Vollfunktion ist also ausschlaggebend dafür, ob die Fusionskontrollverordnung anwendbar ist, wenn die Parteien ein Gemeinschaftsunternehmen bilden, unabhängig davon, ob es sich bei diesem Gemeinschaftsunternehmen um ein gänzlich neues Unternehmen handelt oder ob die Parteien Vermögenswerte in das Gemeinschaftsunternehmen einbringen, die sie zuvor alleine besaßen. Unter diesen Umständen muss das Gemeinschaftsunternehmen das Vollfunktionskriterium erfüllen, um einen Zusammenschluss darzustellen.

(93)

Die Tatsache, dass es sich bei einem Gemeinschaftsunternehmen um ein Vollfunktionsunternehmen handelt hat und es infolgedessen in operativer Hinsicht wirtschaftlich völlig selbstständig ist, bedeutet nicht, dass es auch seine strategischen Entscheidungen selbstständig treffen kann. Andernfalls könnte ein gemeinsam kontrolliertes Unternehmen niemals als Vollfunktionsgemeinschaftsunternehmen angesehen werden und die Anforderung des Artikels 3 Absatz 4 wäre niemals erfüllt (85). Um das Kriterium der Vollfunktion zu erfüllen, reicht es also aus, wenn das Gemeinschaftsunternehmen in operativer Hinsicht selbstständig ist.

1.   Ausreichende Ressourcen für eine eigenständige Marktpräsenz

(94)

Vollfunktion bedeutet im Wesentlichen, dass das Gemeinschaftsunternehmen auf einem Markt tätig sein und die Funktionen ausüben muss, die auch von den anderen Unternehmen in diesem Markt wahrgenommen werden. Deshalb muss das Gemeinschaftsunternehmen über ein sich dem Tagesgeschäft widmendes Management und ausreichende Ressourcen wie finanzielle Mittel, Personal sowie materielle und immaterielle Vermögenswerte verfügen, um im Rahmen der dem Gemeinschaftsunternehmen zugrunde liegenden Vereinbarung langfristig seine Tätigkeiten ausüben zu können (86). Das Personal muss nicht notwendigerweise von dem Gemeinschaftsunternehmen selbst beschäftigt werden. Ist dies in dem Wirtschaftszweig, in dem das Gemeinschaftsunternehmen tätig ist, üblich, kann es ausreichen, wenn Dritte das Personal im Rahmen einer Betriebsvereinbarung bereitstellen oder wenn das Personal von einer Zeitarbeitsagentur vermittelt wird. Es kann auch ausreichen, wenn die Muttergesellschaften Personal abstellen, solange dies nur während der Anlaufphase geschieht oder das Gemeinschaftsunternehmen zu den Mutterunternehmen ähnliche Beziehungen unterhält wie zu Dritten. In letztgenanntem Fall muss das Gemeinschaftsunternehmen mit den Muttergesellschaften marktübliche Beziehungen auf der Grundlage der üblichen Geschäftsbedingungen unterhalten; außerdem muss es dem Gemeinschaftsunternehmen freistehen, eigenes Personal einzustellen oder Personal über Dritte zu erhalten.

2.   Mehr als eine spezifische Funktion für die Muttergesellschaften

(95)

Übernimmt ein Gemeinschaftsunternehmen nur eine bestimmte Funktion in der Geschäftstätigkeit der Muttergesellschaften und hat keinen eigenen Marktzugang bzw. keine eigene Marktpräsenz, handelt es sich nicht um ein Vollfunktionsgemeinschaftsunternehmen. Dies ist z. B. der Fall bei Gemeinschaftsunternehmen, die auf Forschung und Entwicklung oder Produktionstätigkeiten beschränkt sind. Derartige Gemeinschaftsunternehmen haben Hilfsfunktionen in der Geschäftstätigkeit ihrer Muttergesellschaften. Dies ist auch der Fall, wenn ein Gemeinschaftsunternehmen im Wesentlichen auf den Vertrieb bzw. den Verkauf der Erzeugnisse der Muttergesellschaften beschränkt und damit überwiegend als Verkaufsagentur tätig ist. Ein Gemeinschaftsunternehmen, das sich der Vertriebs- und Verteilungseinrichtungen einer oder mehrerer seiner Muttergesellschaften bedient, verliert jedoch nicht seinen Charakter als Vollfunktionsgemeinschaftsunternehmen, solange die Muttergesellschaften nur als Verkaufsvertreter des Gemeinschaftsunternehmens tätig sind (87).

(96)

Ein häufiges Beispiel für diesen Sachverhalt sind Gemeinschaftsunternehmen mit Immobilienbeteiligungen, die in der Regel aus steuerlichen und anderen finanziellen Gründen gebildet werden. Solange das Gemeinschaftsunternehmen lediglich dem Zweck dient, mit Hilfe der finanziellen Ressourcen der Muttergesellschaften Immobilien für die Muttergesellschaften zu erwerben und/oder zu halten, wird es normalerweise nicht als Vollfunktionsgemeinschaftsunternehmen angesehen werden, da es keine eigene auf Dauer angelegte Geschäftstätigkeit auf dem Markt ausübt und typischerweise auch nicht über die notwendigen Ressourcen für eine unabhängige Tätigkeit verfügt. Hiervon zu unterscheiden sind Gemeinschaftsunternehmen, die aktiv ein Immobilienportfolio verwalten und in eigenem Namen auf dem Markt tätig sind, was in der Regel ein Anhaltspunkt für Vollfunktion ist (88).

3.   Verkaufs-/Kaufbeziehungen zu den Muttergesellschaften

(97)

Eine starke Präsenz der Muttergesellschaften in vorgelagerten oder nachgelagerten Märkten, die zu umfangreichen Käufen bzw. Verkäufen zwischen den Muttergesellschaften und dem Gemeinschaftsunternehmen führt, ist bei der Untersuchung der Frage, ob es sich um ein Vollfunktionsgemeinschaftsunternehmen handelt, zu berücksichtigen. Hängt das Gemeinschaftsunternehmen nur in der Anlaufphase fast vollständig von den Verkäufen an die bzw. den Käufen bei den Muttergesellschaften ab, wird dies in der Regel seinen Charakter als Vollfunktionsgemeinschaftsunternehmen nicht beeinträchtigen. Die Anlaufphase kann erforderlich sein, damit das Gemeinschaftsunternehmen auf dem Markt Fuß fassen kann. Sie wird allerdings normalerweise je nach den auf dem betreffenden Markt vorherrschenden Bedingungen einen Zeitraum von drei Jahren nicht überschreiten (89).

(98)

Sollen die Verkäufe des Gemeinschaftsunternehmens an die Muttergesellschaften auf dauerhafter Grundlage erfolgen, ist die entscheidende Frage, ob das Gemeinschaftsunternehmen trotz dieser Verkäufe dazu bestimmt ist, eine aktive Rolle im Markt zu spielen, und in operativer Hinsicht als wirtschaftlich selbstständig angesehen werden kann. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, welchen Anteil die Verkäufe an die Muttergesellschaften an der Gesamtproduktion des Gemeinschaftsunternehmens ausmachen. Da jeder Einzelfall anders gelagert ist, lässt sich unmöglich eine spezifische Kennzahl für den Umsatz festlegen, um Vollfunktionsgemeinschaftsunternehmen von anderen Gemeinschaftsunternehmen abzugrenzen. Erzielt das Gemeinschaftsunternehmen mehr als die Hälfte seines Umsatzes mit Dritten, ist dies typischerweise ein Indiz für Vollfunktion. Unterhalb dieser Schwelle muss in jedem Einzelfall untersucht werden, ob die Beziehungen zwischen dem Gemeinschaftsunternehmen und seinen Muttergesellschaften echten geschäftlichen Charakter haben und das Gemeinschaftsunternehmen in operativer Hinsicht selbstständig ist. Zu diesem Zweck ist nachzuweisen, dass das Gemeinschaftsunternehmen seine Waren oder Dienstleistungen demjenigen verkauft, der sie am höchsten bewertet und am meisten dafür bezahlt, und dass es auch mit seinen Muttergesellschaften marktübliche Beziehungen auf der Grundlage der üblichen Geschäftsbedingungen unterhält (90). Unter diesen Umständen, d. h., wenn das Gemeinschaftsunternehmen seine Muttergesellschaften geschäftlich genauso behandelt wie Dritte, kann es ausreichen, dass wenigstens 20 % des voraussichtlichen Umsatzes des Gemeinschaftsunternehmens mit Dritten erzielt werden. Allerdings ist es umso wichtiger, den rein geschäftlichen Charakter der Beziehungen zu den Muttergesellschaften zu beweisen, je größer der Umsatzanteil ist, der auf die Muttergesellschaften entfällt.

(99)

Bei der Ermittlung der Umsatzanteile, die auf die Muttergesellschaften und auf Dritte entfallen, stützt sich die Kommission auf alte Abschlüsse und auf die Geschäftspläne. Vor allem wenn umfangreiche Umsätze mit Dritten nicht ohne weiteres abzusehen sind, wird die Kommission ihre Feststellungen auch auf die allgemeine Marktstruktur stützen. Dies kann auch für die Beurteilung der Frage von Belang sein, ob das Gemeinschaftsunternehmen mit seinen Muttergesellschaften marktübliche Beziehungen unterhalten wird.

(100)

Diese Fragen stellen sich häufig bei Outsourcing-Vereinbarungen, bei denen ein Unternehmen ein Gemeinschaftsunternehmen mit einem Dienstleister bildet (91), der Funktionen übernehmen wird, die bis dahin von dem Unternehmen selbst wahrgenommen wurden. In den folgenden Fällen kann ein Gemeinschaftsunternehmen typischerweise nicht als Vollfunktionsgemeinschaftsunternehmen angesehen werden: Es erbringt seine Dienstleistungen ausschließlich an das Kundenunternehmen und ist hierfür auf Input seitens des Dienstleisters angewiesen. Die Tatsache, dass der Geschäftsplan des Gemeinschaftsunternehmens häufig zumindest nicht ausschließt, dass das Gemeinschaftsunternehmen seine Dienstleistungen auch an Dritte erbringen kann, ändert nichts an dieser Bewertung, da bei typischen Outsourcing-Strukturen jeglicher Umsatz mit Dritten im Vergleich zu der Haupttätigkeit des Gemeinschaftsunternehmens für das Kundenunternehmen wahrscheinlich von untergeordneter Bedeutung sein wird. Diese allgemeine Regel schließt jedoch nicht aus, dass es Fälle von Outsourcing gibt, in denen die Partner, z. B. zur Erzielung von Größenvorteilen, ein Gemeinschaftsunternehmen gründen, das erhebliche Marktpräsenz erreichen soll. Dabei könnte es sich um ein Vollfunktionsgemeinschaftsunternehmen handeln, wenn erheblicher Umsatz mit Dritten angestrebt wird, die Beziehung zwischen dem Gemeinschaftsunternehmen und seinen Muttergesellschaften echten geschäftlichen Charakter hat und die Geschäfte auf der Grundlage normaler Marktbedingungen erfolgen.

(101)

Was die Käufe des Gemeinschaftsunternehmens bei den Muttergesellschaften angeht, so ist es umso unwahrscheinlicher, dass es sich um ein Vollfunktionsgemeinschaftsunternehmen handelt, je geringer die Wertschöpfung der von ihm hergestellten Waren oder erbrachten Dienstleistungen ist. Bei einer nur geringen Wertschöpfung wird das Gemeinschaftsunternehmen eher als eine gemeinsame Verkaufsagentur anzusehen sein.

(102)

Ist das Gemeinschaftsunternehmen dagegen in einem Handelsmarkt tätig und nimmt die üblichen Funktionen eines Handelsunternehmens in diesem Markt wahr, dürfte es sich in der Regel nicht um eine Verkaufsagentur, sondern vielmehr um ein Vollfunktionsgemeinschaftsunternehmen handeln. Ein Handelsmarkt ist dadurch gekennzeichnet, dass neben möglicherweise bestehenden vertikal integrierten Unternehmen auch Unternehmen vorhanden sind, die sich auf den Verkauf und den Vertrieb von Produkten beschränken und nicht vertikal integriert sind, und dass unterschiedliche Lieferquellen für die betreffenden Erzeugnisse zur Verfügung stehen. Außerdem erfordern viele Handelsmärkte besondere Investitionen für z. B. Verkaufsräume, Lagerbestände, Großhandelslager, Depots, Fuhrpark sowie Verkaufs- und Service-Personal. Ein Vollfunktionsgemeinschaftsunternehmen in einem Handelsmarkt muss über die nötigen Einrichtungen verfügen und einen wesentlichen Teil seiner Lieferungen nicht nur bei den Muttergesellschaften, sondern auch bei anderen Wettbewerbern beziehen können (92).

4.   Auf Dauer angelegte Wirtschaftstätigkeit

(103)

Die Tätigkeit des Gemeinschaftsunternehmens muss außerdem auf Dauer angelegt sein. Die Tatsache, dass die Muttergesellschaften die vorgenannten Ressourcen dem Gemeinschaftsunternehmen übertragen, gilt in der Regel als entsprechender Nachweis. Häufig enthalten die Vereinbarungen zur Gründung von Gemeinschaftsunternehmen Bestimmungen für Unvorhergesehenes, z. B. die Insolvenz des Gemeinschaftsunternehmens oder grundlegende Meinungsverschiedenheiten zwischen den Muttergesellschaften (93). Dies können Bestimmungen sein über die mögliche Auflösung des Gemeinschaftsunternehmens oder den möglichen Rückzug der Muttergesellschaften aus dem Gemeinschaftsunternehmen. Derartige Bestimmungen berechtigen jedoch nicht zu der Annahme, das Gemeinschaftsunternehmen sei nicht auf Dauer angelegt. Dasselbe gilt, wenn in der Vereinbarung eine Frist für die Dauer des Gemeinschaftsunternehmens festgelegt ist, sofern diese Frist ausreicht, um eine dauerhafte Veränderung in der Struktur der betroffenen Unternehmen herbeizuführen (94), oder wenn die Vereinbarung vorsieht, dass das Gemeinschaftsunternehmen auch über diesen Zeitraum hinaus fortbestehen kann.

(104)

Gemeinschaftsunternehmen, die lediglich für einen kurzen, begrenzten Zeitraum gegründet werden, sind hingegen nicht als auf Dauer angelegt anzusehen. Dies ist z. B. der Fall, wenn ein Gemeinschaftsunternehmen für ein bestimmtes Vorhaben wie etwa den Bau eines Kraftwerks gegründet, nach Abschluss des Baus jedoch nicht mehr am Betrieb dieses Kraftwerks beteiligt sein wird.

(105)

Ein Gemeinschaftsunternehmen hat auch dann keine ausreichend dauerhafte operative Tätigkeit, wenn die Aufnahme dieser Tätigkeit wesentlich von noch ausstehenden Entscheidungen Dritter abhängt. Von Belang sind in einem solchen Szenario nur Entscheidungen, die über reine Formalitäten hinausgehen und deren Ausgang normalerweise unsicher ist. Sie betreffen beispielsweise die Auftragsvergabe (z. B. bei öffentlichen Ausschreibungen), die Lizenzerteilung (z. B. im Telekom-Sektor) oder die Gewährung des Zugangs zu Grundstücken (z. B. Rechte für die Exploration von Erdöl- und Erdgasvorkommen). Solange diese Entscheidungen noch nicht vorliegen, ist unklar, ob das Gemeinschaftsunternehmen seine Tätigkeit überhaupt aufnehmen können wird. Bei einer solchen Sachlage kann folglich nicht davon ausgegangen werden, dass das Gemeinschaftsunternehmen auf Dauer eine wirtschaftliche Funktion übernimmt, und es kann folglich auch nicht als Vollfunktionsgemeinschaftsunternehmen angesehen werden. Sobald jedoch eine Entscheidung zugunsten des Gemeinschaftsunternehmens gefallen ist, ist dieses Kriterium erfüllt und es liegt ein Zusammenschluss vor (95).

5.   Änderung der Tätigkeit des Gemeinschaftsunternehmens

(106)

Die Muttergesellschaften können beschließen, den Tätigkeitsbereich eines bereits bestehenden Gemeinschaftsunternehmens auszuweiten. Dies wird als weiterer Zusammenschluss angesehen und kann bedeuten, dass eine Anmeldung erforderlich ist, sofern diese Ausweitung den Erwerb der Gesamtheit oder eines Teils eines anderen Unternehmens von den Muttergesellschaften nach sich zieht, was für sich genommen als Zusammenschluss im Sinne von Nummer 24 dieser Mitteilung gelten würde (96).

(107)

Ein Zusammenschluss kann auch dann vorliegen, wenn die Muttergesellschaften erhebliche zusätzliche Vermögenswerte, Verträge, zusätzliches Know-how oder andere Rechte auf das Gemeinschaftsunternehmen übertragen und diese Vermögenswerte und Rechte die Grundlage oder den Kern für eine Ausdehnung der Geschäftstätigkeit auf andere sachliche oder räumliche Märkte bilden, die nicht Ziel des ursprünglichen Gemeinschaftsunternehmens waren, und wenn das Gemeinschaftsunternehmen solche Tätigkeiten als Vollfunktionsunternehmen durchführt. Da die Übertragung der Vermögenswerte oder Rechte zeigt, dass die Muttergesellschaften die eigentlichen Akteure bei der Ausweitung der Tätigkeiten des Gemeinschaftsunternehmens sind, kann diese Ausweitung genauso behandelt werden wie ein neues Gemeinschaftsunternehmen im Sinne von Artikel 3 Absatz 4 (97).

(108)

Wird der Tätigkeitsbereich eines Gemeinschaftsunternehmens ausgeweitet, ohne dass zusätzliche Vermögenswerte, Verträge, zusätzliches Know-how oder weitere Rechte übertragen werden, wird dieser Vorgang nicht als Zusammenschluss angesehen.

(109)

Ein Zusammenschluss liegt auch dann vor, wenn sich die Tätigkeit eines bestehenden Teilfunktionsgemeinschaftsunternehmens so ändert, dass es zu einem Vollfunktionsgemeinschaftsunternehmen im Sinne von Artikel 3 Absatz 4 wird. Beispiele hierfür wären die Änderung der organisatorischen Struktur eines Gemeinschaftsunternehmens, so dass es das Vollfunktionskriterium erfüllt (98), ein Gemeinschaftsunternehmen, das bisher nur die Muttergesellschaften belieferte, dann aber eine signifikante Tätigkeit auf dem Markt entwickelt, oder Fälle wie die unter Nummer 105 beschriebenen, wo ein Gemeinschaftsunternehmen seine Tätigkeit auf dem Markt erst dann aufnehmen kann, wenn ein wichtiger Input (z. B. die Lizenz für ein Gemeinschaftsunternehmen im Telekom-Sektor) vorliegt. Voraussetzung für eine solche Änderung der Tätigkeit des Gemeinschaftsunternehmens ist meistens ein entsprechender Beschluss seiner Gesellschafter oder der Unternehmensleitung. Sobald der Beschluss gefasst ist, der dazu führt, dass das Gemeinschaftsunternehmen das Vollfunktionskriterium erfüllt, liegt ein Zusammenschluss vor.

V.   AUSNAHMEN

(110)

Artikel 3 Absatz 5 nennt drei Ausnahmen, in denen der Erwerb einer Kontrollbeteiligung keinen Zusammenschluss im Sinne der Fusionskontrollverordnung darstellt.

(111)

Erstens ist der Erwerb von Wertpapieren durch Unternehmen, deren normale Tätigkeit Geschäfte und den Handel mit Wertpapieren für eigene oder fremde Rechnung einschließt, kein Zusammenschluss, wenn der Erwerb im Rahmen dieser Geschäfte erfolgt und die Wertpapiere nur vorübergehend erworben werden (Artikel 3 Absatz 5 Buchstabe a). Diese Ausnahme gilt unter folgenden Voraussetzungen:

Der Erwerb muss von einem Kreditinstitut, einem sonstigen Finanzinstitut oder einer Versicherungsgesellschaft im Rahmen der oben beschriebenen Tätigkeit vorgenommen werden.

Die Wertpapiere müssen zum Zwecke ihrer Weiterveräußerung erworben werden.

Das erwerbende Unternehmen darf seine Stimmrechte nicht ausüben, um das strategische Marktverhalten des Zielunternehmens zu bestimmen, oder nur, um die Veräußerung der Gesamtheit oder von Teilen des Unternehmens oder seiner Vermögenswerte oder die Veräußerung der Anteile vorzubereiten.

Das erwerbende Unternehmen muss seine Kontrollbeteiligung innerhalb eines Jahres nach dem Erwerb veräußern, d. h. es muss seine Beteiligung innerhalb Jahresfrist mindestens so weit verringern, dass keine Kontrolle mehr gegeben ist. Die Kommission kann die Frist jedoch verlängern, wenn das erwerbende Unternehmen nachweisen kann, dass die Veräußerung innerhalb der vorgeschriebenen Frist unzumutbar war.

(112)

Zweitens ist keine Veränderung der Kontrolle und mithin auch kein Zusammenschluss im Sinne der Fusionskontrollverordnung gegeben, wenn ein Träger eines öffentlichen Mandats aufgrund der Gesetzgebung eines Mitgliedstaats über die Auflösung von Unternehmen, die Insolvenz, die Zahlungseinstellung, den Vergleich oder ähnliche Verfahren die Kontrolle erwirbt (Artikel 3 Absatz 5 Buchstabe b).

(113)

Drittens liegt kein Zusammenschluss vor, wenn eine Beteiligungsgesellschaft im Sinne des Artikels 5 Absatz 3 der Richtlinie 78/660/EWG des Rates (99) die Kontrolle erlangt. Der Begriff „Beteiligungsgesellschaft“ bezeichnet also nur solche Gesellschaften, deren einziger Zweck darin besteht, Beteiligungen an anderen Unternehmen zu erwerben, ohne unmittelbar oder mittelbar in die Verwaltung dieser Unternehmen einzugreifen, unbeschadet ihrer Rechte als Gesellschafter. Solche Investmentgesellschaften müssen außerdem so aufgebaut sein, dass die Einhaltung dieser Beschränkungen durch eine Verwaltungs- oder Justizbehörde überwacht werden kann. Laut Fusionskontrollverordnung muss noch eine weitere Voraussetzung erfüllt sein, damit diese Ausnahme gilt: Die fraglichen Gesellschaften üben ihre Stimmrechte in anderen Unternehmen nur zur Erhaltung des vollen Werts der Investitionen aus und benutzen sie nicht dazu, direkt oder indirekt das strategische Marktverhalten des kontrollierten Unternehmens zu bestimmen.

(114)

Die Ausnahmen nach Artikel 3 Absatz 5 FKVO haben einen sehr begrenzten Anwendungsbereich. Sie sind zum einen nur anwendbar, wenn der Vorgang andernfalls ein eigenständiger Zusammenschluss wäre, nicht jedoch, wenn die Transaktion Teil eines umfassenderen einzigen Zusammenschlusses ist in Fällen, in denen der endgültige Erwerber der Kontrolle nicht unter Artikel 3 Absatz 5 fällt (vgl. z. B. Nummer 35). Zum anderen gelten die Ausnahmen nach Artikel 3 Absatz 5 Buchstabe a nur für Kontrollerwerbe durch den Kauf von Anteilen, nicht durch den Kauf von Vermögenswerten.

(115)

Die Ausnahmen gelten nicht für typische Investmentfondsstrukturen. Entsprechend ihrer Zielsetzung beschränken sich diese Fonds in der Regel nicht in der Ausübung ihrer Stimmrechte, sondern entscheiden über die Zusammensetzung der Unternehmensleitung und der Aufsichtsorgane der Unternehmen oder sogar über die Umstrukturierung dieser Unternehmen. Dies wäre nicht mit der Anforderung nach Artikel 3 Absatz 5 Buchstaben a und c vereinbar, dass die erwerbenden Unternehmen ihre Stimmrechte nicht ausüben, um das Wettbewerbsverhalten des anderen Unternehmens zu bestimmen (100).

(116)

Es kann sich die Frage stellen, ob ein Vorgang zur Rettung eines Unternehmens vor der Insolvenz einen Zusammenschluss im Sinne der Fusionskontrollverordnung darstellt. Bei einer solchen Rettungsaktion werden typischerweise die Altschulden in ein neues Unternehmen eingebracht, wodurch ein Bankenkonsortium die gemeinsame Kontrolle erlangen kann. Wenn der Vorgang nach den obengenannten Kriterien zu gemeinsamer Kontrolle führt, wird er in der Regel als Zusammenschluss angesehen (101). Obgleich die Banken in erster Linie auf eine Umstrukturierung der Unternehmensfinanzen bedacht sind, um das Unternehmen anschließend verkaufen zu können, greift die Ausnahme nach Artikel 3 Absatz 5 Buchstabe a in einem solchen Fall normalerweise nicht. Ähnlich wie bei den Investmentfonds sieht das Umstrukturierungsprogramm in der Regel vor, dass die kontrollierenden Banken das strategische Wirtschaftsverhalten des geretteten Unternehmens bestimmen. Außerdem ist es in der Regel unrealistisch zu erwarten, dass sich ein Unternehmen innerhalb der zulässigen Jahresfrist wieder sanieren und verkaufen lässt. Wie viel Zeit hierfür gebraucht wird, ist oft so ungewiss, dass es schwierig wäre, eine Verlängerung der Veräußerungsfrist zu bewilligen.

VI.   AUFGABE VON ZUSAMMENSCHLÜSSEN

(117)

Es liegt kein Zusammenschluss mehr vor und die Fusionskontrollverordnung ist nicht mehr anwendbar, wenn die beteiligten Unternehmen den Zusammenschluss aufgeben.

(118)

Diesbezüglich führt die neue Fusionskontrollverordnung (EG) Nr. 139/2004 eine neue Bestimmung ein, wonach Fusionskontrollverfahren, die die Kommission nach Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe c Satz 2 eingeleitet hat, ohne Entscheidung eingestellt werden können. Dieser Satz hat folgenden Wortlaut: „Diese Verfahren werden unbeschadet des Artikels 9 durch eine Entscheidung nach Artikel 8 Absätze 1 bis 4 abgeschlossen, es sei denn, die beteiligten Unternehmen haben der Kommission gegenüber glaubhaft gemacht, dass sie den Zusammenschluss aufgegeben haben.“ Vor Einleitung der Verfahren gelten keine derartigen Anforderungen.

(119)

Grundsätzlich muss der Nachweis, dass der Zusammenschluss aufgegeben wurde, u. a. formal und inhaltlich dem ursprünglichen Akt entsprechen, der als hinreichend angesehen wurde, um die Anmeldungspflicht des Zusammenschlusses zu begründen. Sollten die Parteien im Laufe des Verfahrens ihre vertraglichen Beziehungen enger gestalten, indem sie beispielsweise eine rechtsverbindliche Vereinbarung schließen, nachdem sie den Zusammenschluss zunächst auf der Grundlage einer Absichtserklärung angemeldet hatten, muss der Nachweis für die Aufgabe des Zusammenschlusses von seiner Art her auch der letzten Rechtshandlung entsprechen.

(120)

Im Einklang mit diesem Grundsatz muss auch nachgewiesen werden, dass die Situation vor dem Zusammenschluss wiederhergestellt wurde, falls der Zusammenschluss bereits vor einer Entscheidung der Kommission vollzogen wurde. Die bloße Rücknahme der Anmeldung reicht nicht als Beweis dafür aus, dass der Zusammenschluss im Sinne von Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe c aufgegeben wurde. Ebenso können auch geringfügige Änderungen des Zusammenschlusses, die keine Änderung der Kontrolle oder der Art der Kontrolle bewirken, nicht als Aufgabe des ursprünglichen Zusammenschlusses gewertet werden (102).

Rechtsverbindliche Vereinbarung: In diesem Fall ist der Nachweis zu erbringen, dass die Vereinbarung in der in der ursprünglichen Vereinbarung vorgesehenen Weise (in der Regel durch ein von allen Parteien unterzeichnetes Dokument) rechtsverbindlich aufgehoben wurde. Die reine Erklärung der Absicht, die Vereinbarung aufzuheben oder den angemeldeten Zusammenschluss nicht zu vollziehen, sowie einseitige Erklärungen (einer) der Parteien werden nicht als ausreichend angesehen (103).

Erklärung der Absicht, eine Vereinbarung zu schließen: Im Falle einer Absichtserklärung oder Übereinkunft, in der eine solche Absicht nach Treu und Glauben bekundet wird, müssen Dokumente vorgelegt werden, die beweisen, dass die Grundlage für die bekundete Absicht entfällt. Wird die Absicht nach Treu und Glauben in anderer Form bekundet, muss die Aufgabe des Zusammenschlusses diese Absichtsbekundung aufheben und formal und inhaltlich der ursprünglichen Absichtserklärung entsprechen.

Bekanntmachung eines Übernahmeangebots oder der Absicht, ein Übernahmeangebot zu unterbreiten: In einem solchen Fall muss öffentlich bekannt gegeben werden, dass das Übernahmeverfahren beendet ist bzw. auf ein Übernahmeangebot verzichtet wird. Diese Erklärung muss nach Form und Verbreitungsgrad mit der ursprünglichen Bekanntmachung vergleichbar sein.

Vollzogene Zusammenschlüsse: Wurde der Zusammenschluss bereits vor einer Entscheidung der Kommission vollzogen, müssen die Parteien nachweisen, dass die Situation, die vor dem Zusammenschluss herrschte, wiederhergestellt wurde.

(121)

Die Parteien müssen die zur Erfüllung dieser Anforderungen erforderlichen Unterlagen fristgerecht vorlegen.

VII.   ÄNDERUNGEN VON ZUSAMMENSCHLÜSSEN NACH DEREN GENEHMIGUNG DURCH DIE KOMMISSION

(122)

In manchen Fällen wollen die Parteien u. U. den Zusammenschluss nicht in der von der Kommission genehmigten Form vollziehen. Dann stellt sich die Frage, ob die Genehmigung der Kommission auch die veränderte Transaktionsstruktur abdeckt.

(123)

Generell lässt sich sagen, dass in Fällen, in denen die Transaktionsstruktur vor Vollzug des genehmigten Zusammenschlusses so verändert wird, dass kein Kontrollerwerb nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe b mehr vorliegt, sondern eine Fusion nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a (oder umgekehrt), davon ausgegangen wird, dass ein neuer Zusammenschluss im Sinne der FKVO vorliegt und folglich eine neuerliche Anmeldung erforderlich ist (104). Weniger einschneidende Änderungen der Transaktionsstruktur hingegen, z. B. geringfügige Änderungen des Umfangs der Beteiligungen ohne Auswirkungen auf die Kontrolle oder die Art der Kontrolle, Änderungen des angebotenen Preises bei Übernahmenangeboten oder Änderungen der Gesellschaftsstruktur, die dazu führen, dass der Vollzug der Transaktion keine Änderung der Kontrolle im Sinne der Fusionskontrollverordnung bewirkt, gelten als durch die Kommissionsentscheidung zur Genehmigung des Zusammenschlusses abgedeckt.

C.   GEMEINSCHAFTSWEITE BEDEUTUNG

I.   SCHWELLENWERTE

(124)

Die Zuständigkeit der Kommission im Rahmen der Fusionskontrollverordnung wird anhand von zwei Kriterien geprüft. Zum einen muss es sich bei dem betreffenden Vorgang um einen Zusammenschluss im Sinne von Artikel 3 handeln. Zum anderen müssen die Umsatzschwellenwerte nach Artikel 1 überschritten sein, mit denen die Vorgänge ermittelt werden, die Auswirkungen auf die Gemeinschaft haben und von „gemeinschaftsweiter Bedeutung“ sein können. Der Umsatz stellt die in einem Zusammenschluss kombinierten wirtschaftlichen Ressourcen dar und ist geografisch zugeordnet, um die geografische Verteilung dieser Ressourcen widerzuspiegeln.

(125)

Artikel 1 sieht zwei Gruppen von Schwellenwerten vor, anhand derer zu prüfen ist, ob der Vorgang gemeinschaftsweite Bedeutung hat. Artikel 1 Absatz 2 nennt drei verschiedene Kriterien: Mit dem Schwellenwert für den weltweiten Umsatz soll die Gesamtgröße der beteiligten Unternehmen erfasst werden; die Schwellenwerte für den gemeinschaftsweiten Umsatz dienen der Feststellung, ob die Tätigkeiten der Unternehmen einen Mindestumfang in der Gemeinschaft erreichen; die Zwei-Drittel-Regel dient allein dazu, rein inländische Transaktionen von der Gemeinschaftszuständigkeit auszuschließen.

(126)

Die zweite Gruppe von Schwellenwerten in Artikel 1 Absatz 3 zielt auf diejenigen Zusammenschlüsse ab, die die gemeinschaftsweite Bedeutung gemäß Artikel 1 Absatz 2 nicht erreichen, aber in mindestens drei Mitgliedstaaten erhebliche Auswirkungen hätten, so dass sie nach den Wettbewerbsregeln der jeweiligen Mitgliedstaaten mehrfach angemeldet werden müssten. Zu diesem Zweck sieht Artikel 1 Absatz 3 niedrigere weltweite und gemeinschaftsweite Umsatzschwellenwerte sowie ein Mindestgeschäftsvolumen der beteiligten Unternehmen — zusammen und einzeln — in mindestens drei Mitgliedstaaten vor. Artikel 1 Absatz 3 enthält gleichfalls eine Zwei-Drittel-Regel, die derjenigen in Artikel 1 Absatz 2 ähnlich ist und überwiegend innerstaatliche Transaktionen ausschließen soll (105).

(127)

Die Schwellenwerte als solche dienen zur Feststellung der Zuständigkeit und nicht dazu, die Stellung, die die an dem Zusammenschluss beteiligten Unternehmen auf dem Markt innehaben, oder die Auswirkungen der Fusion zu bewerten. Dabei werden Umsätze aus allen Tätigkeitsbereichen der Beteiligten — und somit auch die hierauf verwendeten Ressourcen — herangezogen und nicht nur die Umsätze bzw. Ressourcen, die in unmittelbarer Beziehung zu dem Zusammenschluss stehen. Die Schwellenwerte sind rein quantitative Kriterien, denn sie beruhen ausschließlich auf einer Berechnung des Umsatzes und es fließen keine anderen Aspekte wie z. B. der Marktanteil ein. Sie sollen einen einfachen und objektiven Mechanismus bieten, den die an einem Zusammenschluss beteiligten Unternehmen leicht anwenden können, um festzustellen, ob ihre Transaktion gemeinschaftsweite Bedeutung hat und daher angemeldet werden muss.

(128)

Während in Artikel 1 die zahlenmäßigen Schwellenwerte zur Feststellung der Zuständigkeit dargelegt sind, bestimmt Artikel 5, wie der Umsatz zu berechnen ist, damit gewährleistet ist, dass die sich ergebenden Zahlen ein getreues Abbild der wirtschaftlichen Realität darstellen.

II.   DER BEGRIFF DER BETEILIGTEN UNTERNEHMEN

1.   Allgemeines

(129)

Im Hinblick auf die Feststellung der Zuständigkeit sind die beteiligten Unternehmen die Teilnehmer an einem Zusammenschluss, d. h. an einer Fusion oder einem Kontrollerwerb nach Artikel 3 Absatz 1. Der von diesen Unternehmen einzeln und gemeinsam erzielte Umsatz gibt den Ausschlag dafür, ob die Schwellenwerte erreicht werden.

(130)

Sobald die an einem bestimmten Vorhaben beteiligten Unternehmen ermittelt worden sind, muss ihr Umsatz gemäß Artikel 5 FKVO berechnet werden, damit die Zuständigkeit festgestellt werden kann. Artikel 5 Absatz 4 enthält ausführliche Kriterien zur Ermittlung von Unternehmen, deren Umsatz dem beteiligten Unternehmen infolge direkter oder indirekter Verbindungen mit letzterem zugerechnet werden kann. Der Gesetzgeber wollte konkrete Regeln festlegen, die zusammengenommen verwendet werden können, um für die Anwendung der Umsatzschwellenwerte in der Fusionskontrollverordnung den Begriff „Konzern“ zu definieren. Der Begriff „Konzern“ bezeichnet nachfolgend ausschließlich eine Gruppe von Unternehmen, deren Beziehungen zu einem beteiligten Unternehmen unter einen oder mehrere Teilabsätze von Artikel 5 Absatz 4 FKVO fallen.

(131)

Es ist wichtig, bei der Bezugnahme auf die verschiedenen Unternehmen, die an einem Verfahren beteiligt sein können, den Begriff der „beteiligten Unternehmen“ gemäß Artikel 1 und 5 klar zu unterscheiden von den Begriffen, die an anderer Stelle in der Fusionskontrollverordnung und in der Verordnung (EG) Nr. 802/2004 der Kommission vom 7. April 2004 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen (nachfolgend „Durchführungsverordnung“ genannt) (106) für die verschiedenen Unternehmen, die an einem Verfahren beteiligt sein können, verwendet werden. Diese Begriffe beziehen sich auf die Anmelder, andere Beteiligte, Dritte und Beteiligte, gegen die Geldbußen oder Zwangsgelder festgesetzt werden können und die in Kapitel IV der Durchführungsverordnung unter Nennung ihrer jeweiligen Rechte und Pflichten definiert werden.

2.   Fusionen

(132)

Bei einer Fusion sind die beteiligten Unternehmen die einzelnen fusionierenden Unternehmen.

3.   Erwerb der Kontrolle

(133)

In den anderen Fällen werden die beteiligten Unternehmen durch den Begriff des „Kontrollerwerbs“ bestimmt. Auf der übernehmenden Seite können ein oder mehrere Unternehmen allein oder gemeinsam die Kontrolle erwerben. Die zu übernehmende Seite kann aus einem oder mehreren Unternehmen in ihrer Gesamtheit oder aus Teilen von Unternehmen bestehen. Grundsätzlich wird jedes dieser Unternehmen als beteiligtes Unternehmen im Sinne der Fusionskontrollverordnung angesehen.

(134)

Der Erwerb der alleinigen Kontrolle über das gesamte Unternehmen ist die direkteste Form des Kontrollerwerbs. Die beteiligten Unternehmen sind das übernehmende Unternehmen und das Zielunternehmen.

(135)

Wenn ein Konzern das Zielunternehmen über eine seiner Tochtergesellschaften erwirbt, sind die beteiligten Unternehmen das Zielunternehmen und die übernehmende Tochtergesellschaft, sofern letztere nicht nur zum Zwecke der Übernahme gegründet wurde. Wenngleich die Tochtergesellschaft zum Zweck der Umsatzberechnung normalerweise als beteiligtes Unternehmen betrachtet wird, wird der Umsatz aller Unternehmen, mit denen das beteiligte Unternehmen die in Artikel 5 Absatz 4 angegebenen Verbindungen hat, in die Schwellenwertberechnungen einbezogen. In dieser Hinsicht wird der Konzern als eine einzige wirtschaftliche Einheit betrachtet, und die demselben Konzern angehörenden Unternehmen können im Hinblick auf die Bestimmung der Zuständigkeit im Rahmen der Fusionskontrollverordnung nicht als verschiedene beteiligte Unternehmen betrachtet werden. Die Anmeldung kann von der betroffenen Tochtergesellschaft oder von ihrer Muttergesellschaft vorgenommen werden.

(136)

Artikel 5 Absatz 2 Unterabsatz 1 FKVO sieht vor, dass auf Seiten des Veräußerers nur der Umsatz berücksichtigt wird, der auf die veräußerten Teile entfällt, wenn der Zusammenschluss durch den Erwerb von Teilen eines oder mehrerer Unternehmen bewirkt wird. Die möglichen Auswirkungen der Fusion auf den Markt werden allein von der Verbindung der betrieblichen und finanziellen Ressourcen, die Gegenstand der Transaktion sind, mit den Ressourcen des Käufers abhängen und nicht von den verbleibenden Geschäftsbereichen des Veräußerers. Die beteiligten Unternehmen sind in diesem Fall das/die übernehmende(n) Unternehmen und die übernommenen Teile des Zielunternehmens ohne die verbleibenden Geschäftsbereiche des Verkäufers.

(137)

Artikel 5 Absatz 2 Unterabsatz 2 sieht eine besondere Regelung für aufeinander folgende Erwerbsvorgänge vor. Die (innerhalb von zwei Jahren) getätigten früheren Zusammenschlüsse, an denen dieselben Beteiligten mitwirkten, müssen zusammen mit der zuletzt getätigten Transaktion (erneut) angemeldet werden, sofern ein Zusammenschluss die Folge ist, wenn die Schwellenwerte bei einer oder mehreren der Transaktionen einzeln oder zusammengenommen erreicht werden. In diesem Fall sind die beteiligten Unternehmen die übernehmenden Unternehmen und die verschiedenen zu übernehmenden Teile des Zielunternehmens insgesamt.

(138)

Erfolgt der Erwerb der Kontrolle durch einen Übergang von der gemeinsamen zur alleinigen Kontrolle, erwirbt in der Regel ein Anteilseigner den Anteil der anderen Anteilseigner. Die beteiligten Unternehmen sind in dieser Konstellation der übernehmende Anteilseigner und das Gemeinschaftsunternehmen. Wie jeder andere Veräußerer ist auch der „ausscheidende“ Anteilseigner kein beteiligtes Unternehmen (107).

(139)

Beteiligte Unternehmen beim Erwerb der gemeinsamen Kontrolle über ein neu gegründetes Unternehmen sind alle Unternehmen, die die Kontrolle über das neu zu gründende Gemeinschaftsunternehmen erwerben (das nicht als beteiligtes Unternehmen angesehen werden kann, da es noch nicht besteht und darüber hinaus noch keinen eigenen Umsatz erzielt). Dieselbe Regel gilt, wenn ein Unternehmen eine zuvor bestehende Tochtergesellschaft oder einen Geschäftsbereich (über den es zuvor die alleinige Kontrolle ausübte) in das neu gegründete Gemeinschaftsunternehmen einbringt. Unter diesen Umständen wird jedes der gemeinsam kontrollierenden Unternehmen als beteiligtes Unternehmen betrachtet, während die in das Gemeinschaftsunternehmen eingebrachten Unternehmen oder Geschäftsbereiche keine beteiligten Unternehmen sind und ihr Umsatz Teil des Umsatzes der anfänglichen Muttergesellschaft ist.

(140)

Anders sieht es aus, wenn Unternehmen neu die gemeinsame Kontrolle über ein bereits bestehendes Unternehmen oder einen bereits vorhandenen Geschäftsbereich erwerben. Die beteiligten Unternehmen sind einerseits die Unternehmen, die die gemeinsame Kontrolle erwerben, und andererseits die zuvor vorhandenen übernommenen Unternehmen oder Geschäftsbereiche.

(141)

Der Erwerb eines Unternehmens im Hinblick auf die sofortige Aufteilung der Vermögenswerte wird, wie unter Nummer 32 erläutert, meistens nicht als Übernahme der gemeinsamen Kontrolle über das gesamte Zielunternehmen betrachtet, sondern als Übernahme der alleinigen Kontrolle durch diejenigen Unternehmen, die letztlich die jeweiligen Teile des Zielunternehmens übernehmen. In Übereinstimmung mit den Überlegungen zum Erwerb der alleinigen Kontrolle sind die beteiligten Unternehmen die übernehmenden Unternehmen und die bei jeder der Transaktionen erworbenen Teile.

(142)

Wie weiter oben erläutert, kann ein anmeldungspflichtiger Zusammenschluss vorliegen, wenn sich bei einer gemeinsamen Kontrollstruktur die Art der Kontrolle durch den Eintritt neuer kontrollierender Anteilseigner ändert, wobei es keine Rolle spielt, ob diese an die Stelle kontrollierender Anteilseigner treten oder nicht.

(143)

Wenn ein oder mehrere Anteilseigner die Kontrolle erwerben, indem sie entweder neu in das Unternehmen eintreten oder einen oder mehrere Anteilseigner ersetzen, sind die beteiligten Unternehmen die (vorhandenen und neuen) Anteilseigner, die die gemeinsame Kontrolle ausüben, und das Gemeinschaftsunternehmen selbst, sofern sowohl vor als auch nach der Transaktion eine gemeinsame Kontrolle vorliegt (108). Einerseits kann — ähnlich wie beim Erwerb der gemeinsamen Kontrolle über ein vorhandenes Unternehmen — das Gemeinschaftsunternehmen selbst als beteiligtes Unternehmen betrachtet werden, da es ein bereits zuvor bestehendes Unternehmen ist. Andererseits stellt der Eintritt eines neuen Anteilseigners nicht nur an sich einen neuen Kontrollerwerb dar, sondern führt für die verbleibenden kontrollierenden Anteilseigner auch zu einer Änderung der Art der Kontrolle, da die Art der Kontrolle des Gemeinschaftsunternehmens durch die Identität und Zusammensetzung der kontrollierenden Anteilseigner und damit auch durch das Verhältnis zwischen ihnen bestimmt wird. Darüber hinaus betrachtet die Fusionskontrollverordnung ein Gemeinschaftsunternehmen als Verbindung der wirtschaftlichen Ressourcen der Muttergesellschaften; dazu gehört auch das Gemeinschaftsunternehmen, wenn es auf dem Markt bereits Umsatz erzielt. Aus diesen Gründen stellen die neu hinzukommenden kontrollierenden Anteilseigner neben den verbleibenden kontrollierenden Anteilseignern beteiligte Unternehmen dar. Aufgrund der Änderung der Art der Kontrolle wird davon ausgegangen, dass sie alle einen Kontrollerwerb vornehmen.

(144)

Da Artikel 4 Absatz 2 Satz 1 FKVO vorsieht, dass jeder Erwerb gemeinsamer Kontrolle von den die gemeinsame Kontrolle erwerbenden Unternehmen gemeinsam anzumelden ist, müssen die vorhandenen und neuen Anteilseigner Zusammenschlüsse, die sich aus derartigen Änderungen von Fällen der gemeinsamen Kontrolle ergeben, grundsätzlich gemeinsam anmelden.

(145)

Bei Transaktionen, bei denen ein Gemeinschaftsunternehmen die Kontrolle über ein anderes Unternehmen erwirbt, stellt sich die Frage, ob das Gemeinschaftsunternehmen als beteiligtes Unternehmen (dessen Umsatz den Umsatz seiner Muttergesellschaften umfassen würde) betrachtet werden sollte oder ob jede einzelne Muttergesellschaft als beteiligtes Unternehmen anzusehen ist. Diese Frage kann für die Bestimmung der Zuständigkeit entscheidend sein (109). Während das am Kontrollerwerb unmittelbar beteiligte Gemeinschaftsunternehmen im Prinzip als beteiligtes Unternehmen anzusehen ist, kann es Umstände geben, unter denen Unternehmen „Mantelgesellschaften“ gründen und die Muttergesellschaften einzeln als beteiligte Unternehmen betrachtet werden. In einem derartigen Fall wird die Kommission den wirtschaftlichen Sachverhalt des Vorhabens untersuchen, um die beteiligten Unternehmen zu ermitteln.

(146)

Ist der Erwerber ein Vollfunktionsgemeinschaftsunternehmen mit den vorstehend aufgeführten Merkmalen, das bereits auf demselben Markt tätig ist, wird die Kommission normalerweise das Gemeinschaftsunternehmen selbst und das Zielunternehmen als beteiligte Unternehmen betrachten (und nicht die Muttergesellschaften des Gemeinschaftsunternehmens).

(147)

Ist hingegen das Gemeinschaftsunternehmen als reines Instrument für die Erwerbszwecke der Muttergesellschaften einzuschätzen, wird die Kommission statt des Gemeinschaftsunternehmens jede der Muttergesellschaften und das Zielunternehmen als beteiligte Unternehmen ansehen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn das Gemeinschaftsunternehmen speziell für den Erwerb des Zielunternehmens gegründet wird oder seine Geschäftstätigkeit noch nicht aufgenommen hat, wenn ein bestehendes Gemeinschaftsunternehmen kein wie oben beschriebenes Vollfunktionsgemeinschaftsunternehmen ist oder wenn das Gemeinschaftsunternehmen eine Vereinigung von Unternehmen darstellt. Dasselbe gilt, wenn anhand bestimmter Elemente nachgewiesen werden kann, dass die Muttergesellschaften die eigentlichen Akteure bei dem Vorhaben sind. Solche Elemente wären eine erhebliche Beteiligung der Muttergesellschaften an der Einleitung, Organisation und Finanzierung des Vorhabens. In diesen Fällen werden die Muttergesellschaften als die beteiligten Unternehmen angesehen.

(148)

Wenn zwei (oder mehr) Unternehmen ein Gemeinschaftsunternehmen entflechten und die Vermögenswerte (die Geschäftsbereiche darstellen) unter sich aufteilen, so wird dies, wie in Nummer 41 erläutert, in der Regel als mehr als ein Kontrollerwerb betrachtet. Gesetzt den Fall, die Unternehmen A und B bilden ein Gemeinschaftsunternehmen und teilen es dann auf, wobei es insbesondere zu einer Neuverteilung der Vermögenswerte kommt. Die Entflechtung des Gemeinschaftsunternehmens umfasst einen Übergang von der gemeinsamen Kontrolle über die gesamten Vermögenswerte des Gemeinschaftsunternehmens zur alleinigen Kontrolle über die aufgeteilten Vermögenswerte durch jedes der übernehmenden Unternehmen (110).

(149)

Bei jedem Entflechtungsvorgang sind die beteiligten Unternehmen — gemäß der Erwägung bezüglich des Erwerbs der alleinigen Kontrolle — einerseits das übernehmende Unternehmen und andererseits die von diesem übernommenen Vermögenswerte.

(150)

Vergleichbar mit dem Entflechtungsfall ist die Situation, in der zwei (oder mehr) Unternehmen Vermögenswerte tauschen, die auf beiden Seiten einen Geschäftsbereich darstellen. In diesem Fall wird jeder Kontrollerwerb als unabhängiger Erwerb der alleinigen Kontrolle betrachtet. Die beteiligten Unternehmen sind daher bei jeder Transaktion die übernehmenden Unternehmen und das übernommene Unternehmen bzw. die übernommenen Vermögenswerte.

(151)

Die Kontrolle kann auch von natürlichen Personen im Sinne von Artikel 3 FKVO übernommen werden, wenn diese Personen selbst weitere wirtschaftliche Tätigkeiten ausüben (und daher als eigenständige Wirtschaftsunternehmen betrachtet werden) oder wenn sie ein oder mehrere andere Wirtschaftsunternehmen kontrollieren. In einem derartigen Fall sind die beteiligten Unternehmen das Zielunternehmen und der einzelne Erwerber (wobei der Umsatz der von dieser natürlichen Person kontrollierten Unternehmen in die Berechnung des Umsatzes der natürlichen Person einbezogen wird, sofern die Bedingungen nach Artikel 5 Absatz 4 erfüllt sind) (111).

(152)

Wenn die Unternehmensleitung die Kontrolle über ein Unternehmen erwirbt, so ist auch dies ein Erwerb durch natürliche Personen, und die Ausführungen in Nummer 151 kommen zum Tragen. Die Mitglieder der Unternehmensleitung können aber ihre Beteiligungen mit Hilfe eines zwischengeschalteten Unternehmens zusammenlegen, um geschlossen aufzutreten und die Entscheidungsfindung zu erleichtern. Ein solches Unternehmen kann, muss aber nicht beteiligtes Unternehmen sein. Die weiter oben in Nummer 145 bis 147 dargelegten allgemeinen Regeln für den Kontrollerwerb durch ein Gemeinschaftsunternehmen gelten auch hier.

(153)

Wie vorstehend beschrieben kann eine Fusion oder ein Kontrollerwerb zwischen zwei demselben Staat (oder derselben öffentlich-rechtlichen Körperschaft) gehörenden Unternehmen einen Zusammenschluss darstellen, wenn die Unternehmen zuvor verschiedenen wirtschaftlichen Einheiten angehörten, die eine autonome Entscheidungsbefugnis besaßen. Dann gelten beide als beteiligte Unternehmen, auch wenn sie demselben Staat gehören (112).

III.   STICHTAG FÜR DIE FESTSTELLUNG DER ZUSTÄNDIGKEIT

(154)

Die Rechtslage in Bezug auf die Feststellung der Zuständigkeit der Kommission hat sich unter der neuen Fusionskontrollverordnung geändert. Nach der alten Fusionskontrollverordnung war der Stichtag das die Anmeldung auslösende Ereignis nach Artikel 4 Absatz 1 der Verordnung — die Unterzeichnung eines Vertrags oder die Bekanntgabe eines öffentlichen Übernahmeangebots oder des Erwerbs einer Kontrollbeteiligung — oder spätestens der Zeitpunkt, zu dem die Beteiligten anmelden mussten (d. h. eine Woche nach dem die Anmeldung auslösenden Ereignis) (113).

(155)

Nach der neuen Fusionskontrollverordnung sind die Beteiligten nicht länger zur Anmeldung innerhalb eines bestimmten zeitlichen Rahmens verpflichtet (sofern die Beteiligten den geplanten Zusammenschluss nicht vor der Anmeldung vollziehen). Eine Anmeldung ist nach Artikel 4 Absatz 1 Unterabsatz 2 auch dann möglich, wenn die beteiligten Unternehmen der Kommission gegenüber glaubhaft machen, dass sie gewillt sind, einen Vertrag zu schließen, oder wenn sie im Fall eines Übernahmeangebots öffentlich ihre Absicht zur Angabe eines solchen Angebots bekundet haben. Spätestens zum Zeitpunkt der Anmeldung muss die Kommission — ebenso wie die nationalen Wettbewerbsbehörden — in der Lage sein, über ihre Zuständigkeit zu befinden. Nach Artikel 4 Absatz 1 Unterabsatz 1 FKVO müssen Zusammenschlüsse nach Vertragsabschluss, Veröffentlichung des Übernahmeangebots oder Erwerb einer Kontrollbeteiligung grundsätzlich angemeldet werden. Die Daten dieser Ereignisse sind daher auch nach der neuen Fusionskontrollverordnung noch entscheidend, um den Stichtag für die Festlegung der Zuständigkeit zu bestimmen, wenn eine Anmeldung nicht vorher auf der Grundlage einer Absichtserklärung erfolgt (114).

(156)

Stichtag für die Feststellung der Zuständigkeit der Gemeinschaft für einen Zusammenschluss ist deshalb das Datum des zuerst eintretenden der folgenden Ereignisse: Abschluss des rechtsverbindlichen Vertrags, Veröffentlichung des Übernahmeangebots, Erwerb einer Kontrollbeteiligung oder erste Anmeldung (115). Eine Anmeldung kann bei der Kommission oder bei der Behörde eines Mitgliedstaats erfolgen. Der Stichtag ist vor allem für die Frage von Belang, ob nach dem durch die jeweiligen Abschlüsse abgedeckten Zeitraum, aber vor dem Stichtag getätigte Erwerbe oder Verkäufe gemäß den in Nummer 172 und 173 dargelegten Grundsätzen Anpassungen dieser Abschlüsse erforderlich machen.

IV.   UMSATZ

1.   Der Begriff des Umsatzes

(157)

Der Begriff des Umsatzes im Sinne des Artikels 5 FKVO bezieht sich auf „die Umsätze […] mit Waren und Dienstleistungen“. Diese Beträge erscheinen in den Jahresabschlüssen von Unternehmen im Allgemeinen unter der Überschrift „Umsatzerlöse“. Bei Waren bereitet die Bestimmung des Umsatzes keinerlei Probleme. Hier sind alle Handelsgeschäfte zu ermitteln, die eine Eigentumsübertragung implizieren.

(158)

Grundsätzlich unterscheidet sich die Umsatzberechnungsmethode bei Dienstleistungen nicht von der bei Waren: Die Kommission berücksichtigt den Gesamtbetrag der Umsatzerlöse. Die Berechnung der mit Dienstleistungen erzielten Umsätze kann jedoch komplexer sein, da sie von der erbrachten Dienstleistung und den rechtlichen und wirtschaftlichen Gegebenheiten des jeweiligen Wirtschaftszweigs abhängt. Wird die gesamte Dienstleistung direkt von einem Unternehmen an seinen Kunden erbracht, so besteht der Umsatz des betreffenden Unternehmens aus dem Gesamtbetrag der Erlöse aus Dienstleistungsverkäufen im letzten Geschäftsjahr.

(159)

In anderen Fällen muss dieser allgemeine Grundsatz an die besonderen Umstände der erbrachten Leistungen angepasst werden. In bestimmten Gewerbezweigen (wie Pauschalreisen und Werbung) können die Dienstleistungen über Vermittler erbracht werden (116). Selbst wenn der Vermittler dem Endkunden den gesamten Betrag in Rechnung stellt, besteht der Umsatz des als Vermittler auftretenden Unternehmens einzig und allein aus der Höhe seiner Provision. Bei Pauschalreisen wird der gesamte vom Endkunden gezahlte Betrag dem Reiseveranstalter zugerechnet, der das Reisebüro als Vertriebsnetz einsetzt. Bei der Werbung werden nur die eingenommenen Beträge (ohne die Provision) als Umsatz des Fernsehsenders oder der Zeitschrift betrachtet, da die als Vermittler auftretenden Medienagenturen nicht den Vertriebskanal der Verkäufer von Werbefläche darstellen, sondern von den Kunden, d. h. den Unternehmen, die die Werbung platzieren möchten, gewählt werden.

(160)

Die angeführten Beispiele zeigen, dass sich in Anbetracht der Vielfalt der Dienstleistungen viele verschiedene Situationen ergeben können, so dass die zugrunde liegenden rechtlichen und wirtschaftlichen Beziehungen sorgfältig untersucht werden müssen. Desgleichen können im Kredit-, Finanzdienstleistungs- und Versicherungssektor in Bezug auf die Umsatzberechnung besondere Fälle auftreten. Diese Aspekte werden in Abschnitt VI behandelt.

2.   Der normale geschäftliche Tätigkeitsbereich

(161)

Nach Artikel 5 Absatz 1 müssen die bei der Berechnung des Gesamtumsatzes zu berücksichtigenden Umsätze aus dem „normalen geschäftlichen Tätigkeitsbereich“ der betreffenden Unternehmen stammen. Dies ist der Umsatz, der im Rahmen ihrer normalen Geschäftstätigkeit aus dem Verkauf von Waren oder der Erbringung von Dienstleistungen erzielt wird. Er umfasst im Allgemeinen nicht diejenigen Posten, die in den Jahresabschlüssen von Unternehmen unter der Überschrift „Finanzerträge“ oder „außerordentliche Erträge“ aufgeführt sind. Derartige außerordentliche Erträge können aus dem Verkauf von Geschäftsbereichen oder von Anlagevermögen stammen. In den Jahresabschlüssen werden die aus dem normalen geschäftlichen Tätigkeitsbereich stammenden Erträge jedoch nicht unbedingt in der Weise abgegrenzt, die für die Umsatzberechnung im Rahmen der Fusionskontrollverordnung erforderlich ist. In einigen Fällen muss die Bezeichnung der Posten in den Abschlüssen möglicherweise an die Anforderungen der Fusionskontrollverordnung angepasst werden (117).

(162)

Die Erträge müssen nicht notwendigerweise vom Kunden der Produkte oder Dienstleistungen stammen. Bei Beihilfen, die Unternehmen seitens öffentlicher Stellen erhalten, verhält es sich so, dass alle Beihilfen in die Umsatzberechnung einbezogen werden müssen, wenn das Unternehmen die jeweilige Beihilfe selbst empfängt und die Beihilfe direkt an den Verkauf von Waren und die Erbringung von Dienstleistungen durch das Unternehmen geknüpft ist. Die Beihilfe ist daher ein Ertrag des Unternehmens aus dem Verkauf von Waren oder der Erbringung von Dienstleistungen, der zu dem vom Verbraucher gezahlten Preis hinzukommt (118).

(163)

Bestimmte Fragen haben sich in Bezug auf die Umsatzberechnung einer Unternehmenseinheit ergeben, die bisher nur konzerninterne Erträge hatte. Dies mag insbesondere für Transaktionen gelten, in deren Rahmen Dienstleistungen durch Übertragung einer Unternehmenseinheit ausgelagert werden. Wenn eine derartige Transaktion einen Zusammenschluss im Sinne der unter Nummer 25 ff. dieser Mitteilung dargelegten Erwägungen darstellt, verfährt die Kommission so, dass der Umsatz in der Regel auf der Grundlage des vorherigen konzerninternen Umsatzes oder der öffentlich notierten Preise, sofern diese existieren (z. B. in der Ölindustrie), berechnet wird. Wenn der vorherige konzerninterne Umsatz nicht einer Marktbewertung der fraglichen Tätigkeiten (und damit dem erwarteten künftigen Umsatz auf dem Markt) zu entsprechen scheint, können die Erträge, die im Rahmen einer Vereinbarung mit der ehemaligen Muttergesellschaft voraussichtlich erzielt werden, einen geeigneten Ersatz darstellen.

3.   Der „Nettoumsatz“

(164)

Der zu berücksichtigende Umsatz ist ein „Nettoumsatz“, da einige in der Verordnung genannte Elemente abgezogen werden. Das Ziel besteht darin, den Umsatz in der Weise zu bereinigen, dass er die reale wirtschaftliche Stärke des Unternehmens widerspiegelt.

3.1.   Abzug von Rabatten, Steuern und Abgaben

(165)

Nach Artikel 5 Absatz 1 erfolgt ein „Abzug der Erlösschmälerungen, der Mehrwertsteuer und anderer unmittelbar auf den Umsatz bezogener Steuern“. Der Ausdruck „Erlösschmälerungen“ bezeichnet die Gesamtheit aller Abschläge, Rabatte und Vergütungen, die die Unternehmen ihren Kunden gewähren und die den Verkaufserlös direkt beeinflussen.

(166)

Was den Abzug von Steuern und Abgaben betrifft, so nennt die Fusionskontrollverordnung die Mehrwertsteuer und „andere unmittelbar auf den Umsatz bezogene Steuern“. Der Begriff „andere unmittelbar auf den Umsatz bezogene Steuern“ bezieht sich auf die auf den Umsatz bezogene indirekte Besteuerung, wie z. B. die Steuern auf alkoholische Getränke oder Zigaretten.

3.2.   Die Behandlung des „konzerninternen“ Umsatzes

(167)

Nach Artikel 5 Absatz 1 Unterabsatz 1 „werden bei der Berechnung des Gesamtumsatzes eines beteiligten Unternehmens Umsätze zwischen den in Absatz 4 genannten Unternehmen [d. h. des Konzerns, dem das beteiligte Unternehmen angehört] nicht berücksichtigt“. Hierbei geht es darum, den Erlös aus Handelsbeziehungen innerhalb eines Konzerns auszunehmen, um dem tatsächlichen wirtschaftlichen Gewicht der einzelnen Einheiten in Form des Marktumsatzes Rechnung zu tragen. Das heißt, die von der Fusionskontrollverordnung berücksichtigten „Beträge“ spiegeln lediglich die Geschäftsvorgänge zwischen den Konzernunternehmen einerseits und Dritten andererseits wider.

(168)

Artikel 5 Absatz 5 Buchstabe a FKVO sieht vor, dass eine doppelte Verbuchung besonders dann vermieden werden soll, wenn zwei oder mehr an einem Zusammenschluss beteiligte Unternehmen gemeinsam in einem anderen Unternehmen die in Artikel 5 Absatz 4 Buchstabe b aufgeführten Rechte oder Einflussmöglichkeiten haben. Nach dieser Bestimmung sind die Umsätze aus Lieferungen und Leistungen zwischen dem Gemeinschaftsunternehmen und jedem der beteiligten Unternehmen (sowie jedem anderen mit einem von diesen im Sinne des Artikels 5 Absatz 4 verbundenen Unternehmen) nicht einzubeziehen. Was Gemeinschaftsunternehmen zwischen beteiligten Unternehmen und Dritten betrifft, wird — sofern ihr Umsatz wie unter Nummer 181 dargelegt nach Artikel 5 Absatz 4 Buchstabe b berücksichtigt wird — der durch Verkäufe zwischen dem Gemeinschaftsunternehmen und dem beteiligten Unternehmen (sowie den Unternehmen, die mit dem beteiligten Unternehmen gemäß Artikel 5 Absatz 4 verbunden sind) erzielte Umsatz nach Artikel 5 Absatz 1 nicht berücksichtigt.

4.   Umsatzberechnung und Finanzabschlüsse

4.1.   Allgemeine Regel

(169)

Die Kommission ist bestrebt, sich auf die genauesten und zuverlässigsten Zahlen zu stützen, die verfügbar sind. Im Allgemeinen zieht die Kommission Abschlüsse heran, die sich auf das Geschäftsjahr beziehen, das dem Datum der Transaktion am nächsten liegt, und die nach dem Standard geprüft wurden, der auf das jeweilige Unternehmen anwendbar und für das jeweilige Steuerjahr vorgeschrieben ist (119). Eine Bereinigung der geprüften Zahlen sollte nur erfolgen, wenn dies aufgrund der Bestimmungen der Fusionskontrollverordnung notwendig ist — unter anderem in den Fällen, die unter Nummer 172 näher erläutert sind.

(170)

Von außergewöhnlichen Umständen abgesehen ist die Kommission nicht bereit, sich auf von der Geschäftsleitung erstellte oder sonstige vorläufige Abschlüsse zu stützen (120). Findet ein Zusammenschluss in den ersten Monaten eines Kalenderjahres statt und liegen für das zurückliegende Geschäftsjahr daher noch keine geprüften Abschlüsse vor, so sind die Zahlen für das Jahr davor zu verwenden. Gibt es größere Abweichungen zwischen den Abschlüssen der beiden Jahre, die auf erhebliche, dauerhafte Veränderungen in dem betroffenen Unternehmen zurückzuführen sind, so kann die Kommission — vor allem, wenn die letzten vorläufigen Zahlen für das letztere Jahr vom Verwaltungsorgan des Unternehmens genehmigt worden sind — beschließen, diese vorläufigen Zahlen zu berücksichtigen.

(171)

In Fällen, in denen größere Abweichungen zwischen den Grundsätzen der Rechnungslegung der Gemeinschaft und denen eines Drittlandes festzustellen sind, kann es die Kommission — ungeachtet der allgemeinen Regel — für erforderlich halten, die Abschlüsse gemäß den Grundsätzen der Gemeinschaft in Bezug auf den Umsatz neu festzustellen.

4.2.   Anpassungen nach dem Datum der letzten Abschlussprüfung

(172)

Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen ist stets eine Anpassung vorzunehmen, um dauerhaften Änderungen der wirtschaftlichen Realität der beteiligten Unternehmen wie Übernahmen und Veräußerungen, die sich in den geprüften Abschlüssen nicht voll niederschlagen, Rechnung zu tragen. Derartige Änderungen müssen berücksichtigt werden, um die Ressourcen zu ermitteln, die tatsächlich Gegenstand des Zusammenschlusses sind, und die wirtschaftliche Lage der beteiligten Unternehmen besser widerzuspiegeln. Diese Anpassungen sind nur selektiver Art und stellen nicht den Grundsatz in Frage, dass es einen einfachen und objektiven Mechanismus für die Feststellung der Zuständigkeit der Kommission geben sollte, da sie keine vollständige Überarbeitung der geprüften Abschlüsse erfordern (121). Dies gilt zunächst für Übernahmen, Veräußerungen oder Stilllegungen einzelner Geschäftsbereiche, die nach Prüfung des Abschlusses stattfanden. Dies ist relevant, wenn ein Unternehmen eine Veräußerung oder Stilllegung eines Teils seiner Geschäftsbereiche vor dem Stichtag für die Feststellung der Zuständigkeit (vgl. Nummer 154) abschließt, oder wenn eine derartige Veräußerung oder Stilllegung eines Geschäftsbereichs eine Voraussetzung für die Transaktion ist (122). In diesem Fall muss der dem jeweiligen Geschäftsbereich zuzurechnende Umsatz vom Umsatz des Anmelders, der in dessen letzten geprüften Abschlüssen ausgewiesen ist, abgezogen werden. Wenn eine Vereinbarung über den Verkauf eines Teils seiner Geschäftsbereiche geschlossen wurde, der Abschluss des Verkaufs (das heißt seine rechtliche Umsetzung und die Übertragung des Eigentumsrechts an den erworbenen Aktien oder Vermögenswerten) aber noch nicht erfolgt ist, wird eine derartige Änderung nicht berücksichtigt (123), es sei denn, der Verkauf ist eine Voraussetzung für den angemeldeten Vorgang. Umgekehrt ist der Umsatz derjenigen Geschäftsbereiche, deren Erwerb nach der Erstellung des letzen geprüften Abschlusses, aber vor dem Stichtag für die Ermittlung der Zuständigkeit vollzogen wurde, im Hinblick auf die Anmeldung dem Umsatz des Unternehmens hinzuzufügen.

(173)

Zweitens kann eine Anpassung auch bei Übernahmen, Veräußerungen oder Stilllegung von Teilen von Geschäftsbereichen notwendig sein, die während des Geschäftsjahres erfolgt sind, für das die geprüften Abschlüsse erstellt wurden. Wenn es innerhalb dieses Zeitraums zur Übernahme, Veräußerung oder Stilllegung von Teilen des Geschäftsbereichs kommt, so ist es möglich, dass die Änderungen der wirtschaftlichen Ressourcen in den geprüften Abschlüssen des beteiligten Unternehmens nur teilweise zum Ausdruck kommen. Da der Umsatz der übernommenen Geschäftsbereiche unter Umständen erst ab dem Zeitpunkt ihrer Übernahme in die Abschlüsse einbezogen wird, wird der volle Jahresumsatz des übernommenen Geschäftsbereichs möglicherweise nicht wiedergegeben. Umgekehrt kann der Umsatz der veräußerten oder stillgelegten Geschäftsbereiche bis zum Zeitpunkt ihrer tatsächlichen Veräußerung oder Stilllegung noch in den geprüften Abschlüssen enthalten sein. In diesen Fällen müssen Anpassungen vorgenommen werden, um den Umsatz, den die veräußerten oder stillgelegten Geschäftsbereiche bis zur Entflechtung erzielt haben, aus den geprüften Abschlüssen zu entfernen, und den Umsatz, den die übernommenen Geschäftsbereiche in dem Jahr bis zu ihrer Konsolidierung erzielt haben, in den Abschlüssen hinzuzufügen. Folglich ist der Umsatz der veräußerten oder stillgelegten Geschäftsbereiche vollständig unberücksichtigt zu lassen, während der Jahresumsatz der übernommenen Geschäftsbereiche in vollem Umfang zu berücksichtigen ist

(174)

Andere Faktoren, die den Umsatz vorübergehend beeinflussen können, wie z. B. nachlassende Auftragseingänge oder eine Verlangsamung des Produktionsprozesses in der Zeit vor der Transaktion, werden bei der Berechnung des Umsatzes nicht berücksichtigt. Die maßgeblichen Jahresabschlüsse werden nicht im Hinblick auf diese Faktoren bereinigt.

5.   Zuordnung des Umsatzes nach Artikel 5 Absatz 4

5.1.   Feststellung der Unternehmen, deren Umsatz berücksichtigt wird

(175)

Wenn ein an einem Zusammenschluss beteiligtes Unternehmen einem Konzern angehört, so wird nicht nur der Umsatz des beteiligten Unternehmens berücksichtigt, sondern nach der Fusionskontrollverordnung ist bei der Feststellung, ob die in Artikel 1 FKVO aufgeführten Schwellenwerte erreicht werden, auch der Umsatz derjenigen Unternehmen zu berücksichtigen, mit denen das beteiligte Unternehmen Verbindungen in Form der in Artikel 5 Absatz 4 genannten Rechte und Einflussmöglichkeiten hat. Auch hier geht es darum, den Gesamtumfang der durch die Transaktion zusammengelegten wirtschaftlichen Ressourcen zu erfassen, unabhängig davon, ob die Wirtschaftstätigkeiten direkt von dem beteiligten Unternehmen durchgeführt werden oder ob sie indirekt über Unternehmen durchgeführt werden, mit denen das beteiligte Unternehmen in der in Artikel 5 Absatz 4 beschriebenen Weise verbunden ist.

(176)

Die Fusionskontrollverordnung fasst den Begriff des Konzerns nicht in eine einzige abstrakte Definition, sondern nennt in Artikel 5 Absatz 4 Buchstabe b bestimmte Rechte und Einflussmöglichkeiten. Wenn ein beteiligtes Unternehmen unmittelbar oder mittelbar derartige Verbindungen mit anderen Unternehmen unterhält, sind diese zu Zwecken der Umsatzberechnung nach der Fusionskontrollverordnung als Teil seines Konzerns zu betrachten.

(177)

Artikel 5 Absatz 4 FKVO lautet wie folgt:

„Der Umsatz eines beteiligten Unternehmens im Sinne dieser Verordnung setzt sich unbeschadet des Absatzes 2 [Erwerb von Unternehmensteilen] zusammen aus den Umsätzen:

a)

des beteiligten Unternehmens

b)

der Unternehmen, in denen das beteiligte Unternehmen unmittelbar oder mittelbar entweder

i)

mehr als die Hälfte des Kapitals oder des Betriebsvermögens besitzt oder

ii)

über mehr als die Hälfte der Stimmrechte verfügt oder

iii)

mehr als die Hälfte der Mitglieder des Aufsichtsrats, des Verwaltungsrats oder der zur gesetzlichen Vertretung berufenen Organe bestellen kann oder

iv)

das Recht hat, die Geschäfte des Unternehmens zu führen;

c)

der Unternehmen, die in einem beteiligten Unternehmen die unter Buchstabe b bezeichneten Rechte oder Einflussmöglichkeiten haben;

d)

der Unternehmen, in denen ein unter Buchstabe c genanntes Unternehmen die unter Buchstabe b bezeichneten Rechte oder Einflussmöglichkeiten hat;

e)

der Unternehmen, in denen mehrere der unter den Buchstaben a bis d genannten Unternehmen jeweils gemeinsam die in Buchstabe b bezeichneten Rechte oder Einflussmöglichkeiten haben.“

Ein Unternehmen, das in einem anderen Unternehmen die in Artikel 5 Absatz 4 Buchstabe b bezeichneten Rechte oder Einflussmöglichkeiten hat, wird in diesem Abschnitt dieser Mitteilung als „Muttergesellschaft“ des letzteren bezeichnet, während das letztere „Tochtergesellschaft“ des ersteren genannt wird. Kurz gesagt, Artikel 5 Absatz 4 sieht vor, dass der Umsatz des am Zusammenschluss beteiligten Unternehmens (Buchstabe a) seine Tochtergesellschaften (Buchstabe b), seine Muttergesellschaften (Buchstabe c), die übrigen Tochtergesellschaften seiner Muttergesellschaften (Buchstabe d) und alle anderen Tochtergesellschaften, die von zwei oder mehr der unter a bis b erfassten Unternehmen gemeinsam gehalten werden (Buchstabe e), umfasst.

(178)

Als Beispiel hierzu folgendes Schaubild:

Das beteiligte Unternehmen und sein Konzern:

Image

a

:

das beteiligte Unternehmen (124)

b

:

seine Tochtergesellschaften, mit Dritten gemeinsam gehaltene Unternehmen (b3) und deren eigenen Tochtergesellschaften (b1 und b2)

c

:

seine Muttergesellschaften und deren Muttergesellschaften (c1)

d

:

andere Tochtergesellschaften der Muttergesellschaften des beteiligten Unternehmens

e

:

von zwei oder mehr Konzernunternehmen gemeinsam gehaltene Unternehmen

x

:

Dritter

Hinweis: Die Buchstaben a bis e entsprechen den jeweiligen Unterabsätzen von Artikel 5 Absatz 4. Die in der Grafik genannten Prozentsätze beziehen sich auf den Prozentsatz der von der jeweiligen Muttergesellschaft gehaltenen Stimmrechte.

(179)

Die in Artikel 5 Absatz 4 Buchstabe b Ziffern i bis iii genannten Rechte und Befugnisse lassen sich recht direkt feststellen, da sie sich auf quantitative Schwellenwerte beziehen. Diese Schwellenwerte sind erreicht, wenn das beteiligte Unternehmen mehr als die Hälfte des Kapitals oder des Betriebsvermögens besitzt, über mehr als die Hälfte der Stimmrechte verfügt oder in anderen Unternehmen mehr als die Hälfte der Mitglieder der zur gesetzlichen Vertretung berufenen Organe bestellen kann. Die Schwellenwerte sind jedoch auch erreicht, wenn das beteiligte Unternehmen in anderen Unternehmen faktisch die Befugnis hat, mehr als die Hälfte der Stimmrechte in der Aktionärsversammlung wahrzunehmen oder über die Hälfte der Mitglieder der zur gesetzlichen Vertretung berufenen Organe einzusetzen (125).

(180)

Die Bestimmung in Artikel 5 Absatz 4 Buchstabe b Ziffer iv bezieht sich auf das Recht, die Geschäfte des Unternehmens zu führen. Ein derartiges Geschäftsführungsrecht besteht nach dem Gesellschaftsrecht insbesondere auf der Grundlage von Organisationsverträgen wie dem Beherrschungsvertrag deutschen Rechts, auf der Grundlage von Betriebspachtverträgen oder auf der Grundlage der Organisationsstruktur für den Komplementär in einer GmbH (126). Das „Geschäftsführungsrecht“ kann auch auf dem Besitz von Stimmrechten beruhen (allein oder in Verbindung mit vertraglichen Vereinbarungen wie etwa einer Aktionärsvereinbarung), die eine stabile rechtliche Grundlage dafür bilden, das strategische Verhalten eines Unternehmens zu bestimmen.

(181)

Das Geschäftsführungsrecht deckt auch Fälle ab, in denen das beteiligte Unternehmen die Befugnis hat, die Geschäfte eines Unternehmens zusammen mit Dritten zu führen (127). Dem zugrunde liegt die Erwägung, dass die die gemeinsame Kontrolle ausübenden Unternehmen gemeinsam das Recht haben, die Geschäfte der kontrollierten Unternehmen zu führen, auch wenn jedes von ihnen allein diese Rechte nur in negativem Sinne, d. h. in Form von Vetorechten auszuüben vermag. In dem Beispiel wird das Unternehmen (b3), das gemeinsam von dem beteiligten Unternehmen (a) und einem Dritten (x) kontrolliert wird, berücksichtigt, da sowohl (a) als auch (x) angesichts ihrer gleich hohen Kapitalbeteiligung an (b3) über Vetorechte bei (b3) verfügen (128). Nach Artikel 5 Absatz 4 Buchstabe b Ziffer iv berücksichtigt die Kommission nur diejenigen Gemeinschaftsunternehmen, bei denen das beteiligte Unternehmen und Dritte auf der Grundlage rechtlicher Befugnisse, die ein eindeutiges Geschäftsführungsrecht begründen, einen derartigen Einfluss haben. Die Einbeziehung von Gemeinschaftsunternehmen ist folglich auf Fälle beschränkt, bei denen das beteiligte Unternehmen und Dritte ein gemeinsames Geschäftsführungsrecht auf der Grundlage einer Vereinbarung, z. B. einer Aktionärsvereinbarung haben, oder bei denen das beteiligte Unternehmen und ein Dritter die gleichen Stimmrechte haben, so dass sie dazu befugt sind, die gleiche Zahl von Mitgliedern der Entscheidungsgremien des Gemeinschaftsunternehmens zu ernennen.

(182)

Üben zwei oder mehr Unternehmen gemeinsam die Kontrolle über das beteiligte Unternehmen aus, so dass jedes einzelne von ihnen der Geschäftsführung des Unternehmens zustimmen muss, ist der Umsatz all dieser Unternehmen miteinzubeziehen. In dem Beispiel werden die beiden Muttergesellschaften (c) des beteiligten Unternehmens (a) sowie deren Muttergesellschaften (c1) berücksichtigt. Diese Auslegung ergibt sich aus dem Verweis von Artikel 5 Absatz 4 Buchstabe c, der diesen Fall behandelt, zu Artikel 5 Absatz 4 Buchstabe b, der gemäß dem vorstehenden Absatz auf gemeinsam kontrollierte Unternehmen anwendbar ist.

(183)

Wenn eines der auf der Grundlage von Artikel 5 Absatz 4 ermittelten Unternehmen auch im Sinne des Artikels 5 Absatz 4 Verbindungen mit anderen Unternehmen hat, so sind diese ebenfalls in die Berechnung einzubeziehen. In dem Beispiel hat eine der Tochtergesellschaften des beteiligten Unternehmens a (b genannt) wiederum ihre eigenen Tochtergesellschaften b1 und b2, und eine der Muttergesellschaften (c genannt) hat ihre eigene Tochtergesellschaft (d).

(184)

Artikel 5 Absatz 4 enthält spezifische Kriterien für die Ermittlung von Unternehmen, deren Umsatz dem beteiligten Unternehmen zugerechnet werden kann. Diese Kriterien einschließlich des Kriteriums des Rechts zur Führung der Geschäfte des Unternehmens sind nicht völlig deckungsgleich mit dem Kontrollbegriff nach Artikel 3 Absatz 2. Es gibt erhebliche Unterschiede zwischen Artikel 3 und Artikel 5, da diese Artikel unterschiedlichen Zwecken dienen. Am deutlichsten zeigen sich diese Unterschiede im Bereich der faktischen Kontrolle. Während nach Artikel 3 Absatz 2 sogar eine wirtschaftliche Abhängigkeit faktisch zur Erlangung der Kontrolle führen kann (vgl. oben), wird eine allein kontrollierte Tochtergesellschaft nach Artikel 5 Absatz 4 Buchstabe b faktisch nur berücksichtigt, wenn eindeutig nachgewiesen wird, dass das beteiligte Unternehmen das Recht hat, über die Hälfte der Stimmrechte auszuüben oder mehr als die Hälfte der zur gesetzlichen Vertretung berufenen Organe einzusetzen. Was die Fälle der gemeinsamen Kontrolle betrifft, so deckt Artikel 5 Absatz 4 Buchstabe b Ziffer iv diese Fälle, wenn die kontrollierenden Unternehmen gemeinsam das Recht haben, die Geschäfte auf der Grundlage individueller Vetorechte zu führen. Artikel 5 Absatz 4 würde sich aber nicht auf Fälle erstrecken, bei denen wegen starker gemeinsamer Interessen zwischen verschiedenen Minderheitsanteilseignern des Gemeinschaftsunternehmens auf der Grundlage der Beteiligung der Anteilseigner faktisch eine gemeinsame Kontrolle erfolgt. Der Unterschied spiegelt sich in der Tatsache wieder, dass Artikel 5 Absatz 4 Buchstabe b Ziffer iv sich auf das Recht, die Geschäfte zu führen, bezieht und nicht auf eine Einflussmöglichkeit (wie Buchstabe b Ziffern ii und iii), und beruht auf der Notwendigkeit, bei der Umsatzermittlung präzise, zuverlässige Kriterien zu Grunde zu legen, um die Zuständigkeit leicht festzustellen zu können. Nach Artikel 3 Absatz 3 kann die Frage, ob ein Zusammenschluss entsteht, jedoch in viel umfassenderer Weise untersucht werden. Darüber hinaus ist eine negative Einzelkontrolle nur in Ausnahmefällen abgedeckt (wenn die Bedingungen nach Artikel 5 Absatz 4 Buchstabe b Ziffern i bis iii in dem spezifischen Fall erfüllt sind); das „Recht, die Geschäfte zu führen“ nach Artikel 5 Absatz 4 Buchstabe b Ziffer iv deckt Fälle negativer Kontrolle nicht ab. Artikel 5 Absatz 4 Buchstabe b Ziffer i beispielsweise erfasst schließlich Fälle, in denen möglicherweise nach Artikel 3 Absatz 2 keine Kontrolle vorliegt.

5.2.   Zuordnung des Umsatzes der ermittelten Unternehmen

(185)

Solange das Kriterium nach Artikel 5 Absatz 4 Buchstabe b erfüllt ist, wird im Allgemeinen der gesamte Umsatz der jeweiligen Tochtergesellschaft berücksichtigt, und zwar unabhängig von den Anteilen, die das beteiligte Unternehmen an der Tochtergesellschaft hält. In dem Schaubild wird der gesamte Umsatz der b genannten Tochtergesellschaften des beteiligten Unternehmens a mit einbezogen.

(186)

Die Fusionskontrollverordnung enthält jedoch spezielle Regeln für Gemeinschaftsunternehmen. Artikel 5 Absatz 5 Buchstabe b sieht für Gemeinschaftsunternehmen zwischen zwei oder mehr beteiligten Unternehmen vor, dass der Umsatz des Gemeinschaftsunternehmens (sofern der Umsatz aus Tätigkeiten mit Dritten nach Nummer 168 weiter oben erzielt wird) zwischen den beteiligten Unternehmen — unabhängig von ihrem Anteil am Kapital oder den Stimmrechten — gleich aufgeteilt werden soll.

(187)

Das in Artikel 5 Absatz 5 Buchstabe b enthaltene Prinzip wird in Analogie für die Zuordnung des Umsatzes für Gemeinschaftsunternehmen zu den beteiligten Unternehmen und Dritten angewandt, wenn ihr Umsatz gemäß Artikel 5 Absatz 4 Buchstabe b nach den Ausführungen in Nummer 181 weiter oben einbezogen wird. Bisher hat die Kommission dem beteiligten Unternehmen den Umsatz des Gemeinschaftsunternehmens nach der Zahl der Unternehmen, die die gemeinsame Kontrolle ausüben, pro Kopf zugerechnet. In dem Beispiel wird die Hälfte des Umsatzes von b3 einbezogen.

(188)

Die Regeln von Artikel 5 Absatz 4 müssen auch beim Wechsel von gemeinsamer zu alleiniger Kontrolle angepasst werden, um die doppelte Verbuchung des Umsatzes des Gemeinschaftsunternehmens zu vermeiden. Selbst wenn das übernehmende Unternehmen Rechte oder Einflussmöglichkeiten in dem Gemeinschaftsunternehmen hat, die die Anforderungen des Artikels 5 Absatz 4 erfüllen, muss der Umsatz des übernehmenden Anteilseigners ohne den Umsatz des Gemeinschaftsunternehmens berechnet werden, und der Umsatz des Gemeinschaftsunternehmens ohne den Umsatz des übernehmenden Anteilseigners.

5.3.   Zuordnung des Umsatzes im Falle von Investmentfonds

(189)

Wie in Nummer 15 dargelegt, erwirbt normalerweise die Investmentgesellschaft die indirekte Kontrolle über Portfoliogesellschaften, die von einem Investmentfonds gehalten werden. Es lässt sich also die Auffassung vertreten, dass die Investmentgesellschaft indirekt über die in Artikel 5 Absatz 4 Buchstabe b genannten Rechte und Befugnisse verfügt, und zwar insbesondere über die Befugnis, die Stimmrechte auszuüben, die der Investmentfonds an den Portfoliogesellschaften hält.

(190)

Die in Artikel 3 dargelegten Überlegungen (vgl. Nummer 15) können auch zutreffen, wenn eine Investmentgesellschaft mehrere Investmentfonds mit möglicherweise unterschiedlichen Investoren auflegt. Typischerweise wird die Investmentgesellschaft aufgrund der Organisationsstruktur, d. h. vor allem aufgrund der Verbindungen zwischen der Investmentgesellschaft und dem Komplementär der einzelnen als Kommanditgesellschaften organisierten Fonds, oder aufgrund vertraglicher Vereinbarungen — insbesondere Beratungsverträge zwischen dem Komplementär bzw. dem Investmentfonds und der Investmentgesellschaft — indirekt die Befugnis haben, die Stimmrechte auszuüben, die der Investmentfonds an den Portfoliogesellschaften hält, oder indirekt über andere in Artikel 5 Absatz 4 Buchstabe b genannte Befugnisse oder Rechte verfügen. Unter diesen Umständen kann die Investmentgesellschaft eine gemeinsame Kontrollstruktur für die einzelnen von ihr unterhaltenen Fonds betreiben; ein Anhaltspunkt für einen solchen gemeinsamen „Betrieb“ mehrerer Fonds ist häufig ein gemeinsamer Markenname der einzelnen Fonds.

(191)

Eine solche Organisation mehrerer Fonds durch die Investmentgesellschaft kann dazu führen, dass der Umsatz aller von den Fonds gehaltenen Portfoliogesellschaften bei der Prüfung der Frage herangezogen wird, ob die Umsatzschwellen nach Artikel 1 erreicht werden, wenn die Investmentgesellschaft über einen der Fonds die indirekte Kontrolle über eine Portfoliogesellschaft erwirbt.

5.4.   Zuordnung des Umsatzes im Falle staatlicher Unternehmen

(192)

Was die Berechnung des Umsatzes staatlicher Unternehmen anbelangt, so sollte Artikel 5 Absatz 4 in Verbindung mit Erwägungsgrund 22 FKVO gesehen werden. In dem Erwägungsgrund heißt es, dass zur Vermeidung von Diskriminierung zwischen dem öffentlichen und privaten Sektor „im öffentlichen Sektor bei der Berechnung des Umsatzes eines am Zusammenschluss beteiligten Unternehmens unabhängig von den Eigentumsverhältnissen oder von den für sie geltenden Regeln der verwaltungsmäßigen Zuordnung die Unternehmen zu berücksichtigen [sind], die eine mit einer autonomen Entscheidungsbefugnis ausgestattete wirtschaftliche Einheit bilden“ (129).

(193)

In diesem Erwägungsgrund wird klargestellt, dass die Mitgliedstaaten (oder andere öffentliche Stellen) im Sinne von Artikel 5 Absatz 4 nicht schon als „Unternehmen“ betrachtet werden, bloß weil sie Beteiligungen an anderen Unternehmen haben, die den Bedingungen nach Artikel 5 Absatz 4 entsprechen. Bei der Berechnung des Umsatzes staatlicher Unternehmen werden nur diejenigen Unternehmen berücksichtigt, die zu derselben wirtschaftlichen Einheit gehören und dieselbe autonome Entscheidungsbefugnis besitzen.

(194)

Unterliegt also ein staatliches Unternehmen keiner Koordinierung mit anderen vom Staat kontrollierten Holdings, so ist es im Sinne von Artikel 5 als unabhängig zu behandeln, und der Umsatz anderer Unternehmen, die sich im Besitz des betreffenden Staates befinden, ist nicht zu berücksichtigen. Werden hingegen für mehrere staatliche Unternehmen Geschäftsentscheidungen von derselben unabhängigen Stelle getroffen, dann gelten diese Geschäftsbereiche als dem Konzern des beteiligten Unternehmens im Sinne von Artikel 5 zugehörig.

V.   GEOGRAFISCHE ZUORDNUNG DES UMSATZES

(195)

Durch die Schwellenwerte in Artikel 1 Absätze 2 und 3, die sich auf den gemeinschaftsweit und in dem jeweiligen Mitgliedstaat erzielten Umsatz beziehen, sollen diejenigen Fälle ermittelt werden, in denen ein ausreichend hoher Umsatz innerhalb der Gemeinschaft vorliegt, um ein gemeinschaftliches Interesse zu begründen, und in denen die Unternehmen im wesentlichen in mehreren Ländern tätig sind. Sie machen eine geografische Zuordnung des Umsatzes zur Gemeinschaft und einzelnen Mitgliedstaaten erforderlich. Da geprüfte Abschlüsse häufig keine geografische Aufschlüsselung aufweisen, die den Anforderungen der Fusionskontrollverordnung entspricht, stützt sich die Kommission auf die am besten geeigneten Zahlen, die von den Unternehmen zur Verfügung gestellt werden. Nach Artikel 5 Absatz 1 Unterabsatz 2 richtet sich der Ort des Umsatzes danach, wo sich der Kunde zur Zeit der Transaktion befindet:

„Der in der Gemeinschaft oder in einem Mitgliedstaat erzielte Umsatz umfasst den Umsatz, der mit Waren und Dienstleistungen für Unternehmen oder Verbraucher in der Gemeinschaft oder in diesem Mitgliedstaat erzielt wird.“

(196)

Die Fusionskontrollverordnung unterscheidet hinsichtlich der geografischen Zuordnung des Umsatzes nicht zwischen „verkauften Waren“ und „erbrachten Dienstleistungen“. In beiden Fällen gilt die allgemeine Regel, dass der Umsatz dem Ort zuzurechnen ist, an dem sich der Kunde befindet. Dem liegt das Prinzip zu Grunde, dass der Umsatz dem Ort zuzurechnen ist, an dem der Wettbewerb mit alternativen Lieferanten stattfindet. Dieser Ort ist in der Regel auch der Ort, an dem die charakteristische Handlung im Rahmen des fraglichen Vertrags durchgeführt werden muss, d. h. an dem die Dienstleistungen tatsächlich erbracht und die Waren tatsächlich ausgeliefert werden. Im Falle von Internetgeschäften ist es für die Unternehmen unter Umständen schwierig, den Ort des Kunden zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses per Internet zu bestimmen. Wird die fragliche Ware oder Dienstleistung nicht über das Internet geliefert, sind solche Schwierigkeiten dadurch zu vermeiden, dass der Ort, an dem die charakteristische Handlung im Rahmen des fraglichen Vertrags durchgeführt wird, zu Grunde gelegt wird. Im Folgenden werden der Verkauf von Waren und die Erbringung von Dienstleistungen getrennt behandelt, da sie in Bezug auf die Zuordnung des Umsatzes einige unterschiedliche Merkmale aufweisen.

(197)

Beim Verkauf von Waren können sich besondere Situationen ergeben, wenn sich der Ort, an dem sich der Kunde zur Zeit des Abschlusses des Kaufvertrags befindet, von der Rechnungsanschrift und/oder dem Ort der Lieferung unterscheidet. In diesen Fällen sind der Ort, an dem der Verkaufsvertrag geschlossen wurde, und der Ort der Lieferung wichtiger als die Rechnungsanschrift. Da die Lieferung im Allgemeinen die charakteristische Handlung für den Verkauf von Waren ist, kann der Ort der Lieferung sogar über den Ort, an dem sich der Kunde zur Zeit des Abschlusses des Kaufvertrags befand, dominieren. Dies hängt davon ab, ob der Ort der Lieferung als der Ort zu betrachten ist, an dem der Wettbewerb beim Verkauf der Waren stattfindet, oder ob der Wettbewerb eher beim Sitz des Kunden stattfindet. Beim Verkauf mobiler Waren wie etwa Kraftfahrzeugen an einen Endverbraucher ist der Ort, an dem das Fahrzeug an den Kunden geliefert wird, entscheidend, auch wenn der Vertrag zuvor per Telefon oder Internet geschlossen wurde.

(198)

Eine besondere Situation entsteht, wenn ein multinationales Unternehmen eine gemeinschaftsweite Einkaufsstrategie verfolgt und seinen gesamten Bedarf an einer Ware von einem Standort aus deckt. Da eine zentrale Einkaufsorganisation verschiedene Formen annehmen kann, muss ihre konkrete Form betrachtet werden, weil sie für die Zuordnung des Umsatzes den Ausschlag geben kann. Wenn Waren von einer zentralen Einkaufsorganisation erworben und an diese geliefert werden, um anschließend intern an verschiedene Standorte in mehreren Mitgliedstaaten geliefert zu werden, wird der Umsatz nur dem Mitgliedstaat zugerechnet, in dem sich die zentrale Einkaufsorganisation befindet. In diesem Fall findet der Wettbewerb am Ort der zentralen Einkaufsorganisation statt, und dies ist auch der Ort, an dem die charakteristische Handlung nach dem Verkaufsvertrag stattfindet. Anders sieht es aus bei direkten Verbindungen zwischen dem Verkäufer und den verschiedenen Tochtergesellschaften. Dies umfasst den Fall, dass die zentrale Einkaufsorganisation einen reinen Rahmenvertrag schließt, die einzelnen Aufträge aber von den Tochtergesellschaften in den einzelnen Mitgliedstaaten erteilt werden und die Waren direkt an die Tochtergesellschaften in den einzelnen Mitgliedstaaten geliefert werden, sowie den Fall, dass die einzelnen Aufträge über die zentrale Einkaufsorganisation erteilt werden, die Waren aber direkt an die Tochtergesellschaften geliefert werden. In beiden Fällen ist der Umsatz den verschiedenen Mitgliedstaaten zuzurechnen, in denen sich die Tochtergesellschaften befinden, und zwar unabhängig davon, ob die zentrale Einkaufsorganisation oder die Tochtergesellschaften die Rechnungen erhalten und die Zahlung ausführen. Der Grund besteht darin, dass in beiden Fällen ein Wettbewerb mit alternativen Lieferanten um die Lieferung der Waren an die verschiedenen Tochtergesellschaften stattfindet, auch wenn der Vertrag zentral geschlossen wird. Im ersten Fall entscheiden die Tochtergesellschaften darüber hinaus selbst über die zu liefernden Mengen und über ein für den Wettbewerb wesentliches Element.

(199)

In Bezug auf Dienstleistungen sieht die Fusionskontrollverordnung vor, dass der Ort ihrer Erbringung an den Kunden relevant ist. Dienstleistungen, die grenzüberschreitende Elemente aufweisen, lassen sich in drei allgemeine Kategorien einteilen. Die erste Kategorie umfasst Fälle, in denen der Dienstleister seinen Ort verändert, die zweite Kategorie Fälle, in denen der Kunde seinen Ort verändert. Die dritte Kategorie umfasst diejenigen Fälle, in denen eine Dienstleistung erbracht wird, ohne dass der Dienstleister oder der Kunde ihren Ort verändern müssen. Bei den ersten beiden Kategorien ist der erzielte Umsatz dem Bestimmungsort desjenigen zuzurechnen, der seinen Ort verändert, d. h. dem Ort, an dem die Dienstleistung tatsächlich an den Kunden erbracht wird. In der dritten Kategorie wird der Umsatz im Allgemeinen dem Ort des Kunden zugerechnet. Für die zentrale Beschaffung von Dienstleistungen gelten die vorstehend für den zentralen Erwerb von Waren dargelegten Grundsätze analog.

(200)

Ein Beispiel für die erste Kategorie wäre der Fall, dass ein nichteuropäisches Unternehmen für ein Luftfahrtunternehmen in einem Mitgliedstaat spezielle Dienstleistungen im Bereich der Flugzeugwartung erbringt. In diesem Fall begibt sich der Dienstleister in die Gemeinschaft, in der die Dienstleistung erbracht wird und wo auch der Wettbewerb um die Dienstleistung stattfindet. Wenn ein europäischer Tourist ein Auto direkt in den Vereinigten Staaten mietet oder ein Hotel direkt in den Vereinigten Staaten bucht, so fällt dies in die zweite Kategorie, da die Dienstleistung außerhalb der Gemeinschaft erbracht wird, und auch der Wettbewerb zwischen den Hotels und den Mietwagengesellschaften am gewählten Ort stattfindet. Bei Pauschalreisen liegt der Fall jedoch anders. Bei dieser Art von Reisen beginnt die Dienstleistung mit dem Verkauf des Pakets durch ein Reisebüro am Ort des Kunden, und der Wettbewerb um den Verkauf von Reisen durch Reisebüros findet — wie beim Einzelhandel — lokal statt, obwohl Teile der Dienstleistung möglicherweise an weit entfernten Orten zu erbringen sind. Der Fall fällt daher in die dritte Kategorie, und der erzielte Umsatz ist dem Ort des Kunden zuzurechnen. Die dritte Kategorie umfasst auch Fälle wie die Lieferung von Software oder den Vertrieb von Filmen, die außerhalb der Gemeinschaft produziert, aber an Kunden in einem Mitgliedstaat geliefert werden, so dass die Dienstleistung in Wirklichkeit in der Gemeinschaft an den Kunden erbracht wird.

(201)

Anders verhält es sich bei der Beförderung von Waren, da der Kunde, an den diese Dienstleistung erbracht wird, nicht reist und die Beförderungsleistung für ihn an seinem Standort erbracht wird. Diese Fälle fallen unter die dritte Kategorie und der Ort des Kunden ist das relevante Kriterium für die Zuordnung des Umsatzes.

(202)

Im Bereich der Telekommunikation kann die Einordnung der Anrufzustellungsdienste Probleme bereiten. Obwohl die Anrufzustellung in die dritte Kategorie zu fallen scheint, gibt es Gründe, sie anders zu behandeln. Anrufzustellungsdienste werden z. B. in Fällen erbracht, in denen ein von einem europäischen Betreiber stammender Anruf in den Vereinigten Staaten zugestellt wird. Obwohl weder der europäische noch der US-amerikanische Betreiber seinen Standort verändert, bewegt sich das Signal, und die Dienstleistung wird vom Betreiber des US-Netzes an den europäischen Betreiber in den Vereinigten Staaten erbracht. Dies ist auch der Ort, an dem der Wettbewerb (sofern vorhanden) stattfindet. Der Umsatz ist daher als nicht in der Gemeinschaft erzielter Umsatz zu betrachten (130).

(203)

In bestimmten Wirtschaftszweigen stellen sich bei der geografischen Zurechnung des Umsatzes ganz besondere Probleme. Diese werden in Abschnitt VI behandelt.

VI.   UMRECHNUNG DES UMSATZES IN EURO

(204)

Bei der Umrechnung der Umsatzzahlen in Euro ist beim verwendeten Umrechnungskurs größte Sorgfalt geboten. Der Jahresumsatz eines Unternehmens ist zum Durchschnittskurs der jeweiligen zwölf Monate umzurechnen, der der Website der GD Wettbewerb entnommen werden kann (131). Die geprüften jährlichen Umsatzzahlen sind als solche umzurechnen und nicht in vierteljährliche oder monatliche Zahlen aufzuschlüsseln, die dann einzeln umgerechnet werden.

(205)

Fallen beim Unternehmen Umsätze in verschiedenen Währungen an, so wird in derselben Weise vorgegangen. Der Gesamtumsatz, der im geprüften konsolidierten Abschluss in der Währung des Abschlusses des Unternehmens angegeben ist, wird zum jährlichen Durchschnittskurs in Euro umgerechnet. Die Umsätze in den einzelnen Währungen sollten nicht direkt in Euro umgerechnet werden, da diese Zahlen nicht aus den geprüften konsolidierten Abschlüssen des Unternehmens stammen.

VII.   VORSCHRIFTEN FÜR KREDIT- UND ANDERE FINANZINSTITUTE UND VERSICHERUNGSUNTERNEHMEN

1.   Anwendungsbereich

(206)

Angesichts der besonderen Art des Sektors enthält Artikel 5 Absatz 3 spezifische Regeln zur Berechnung des Umsatzes von Kredit- und anderen Finanzinstituten sowie von Versicherungsgesellschaften.

(207)

Um die Begriffe „Kreditinstitute und andere Finanzinstitute“ im Sinne der Fusionskontrollverordnung zu definieren, hat die Kommission bislang durchgängig die im einschlägigen Gemeinschaftsrecht aufgeführten Begriffsbestimmungen im Bankensektor angewendet. In der Richtlinie über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute sind folgende Definitionen zu finden (132):

„Kreditinstitut: ein Unternehmen, dessen Tätigkeit darin besteht, Einlagen oder andere rückzahlbare Gelder des Publikums entgegenzunehmen und Kredite für eigene Rechnung zu gewähren.“

„Finanzinstitut: ein Unternehmen, das kein Kreditinstitut ist und dessen Haupttätigkeit darin besteht, Beteiligungen zu erwerben oder eines oder mehrere der Geschäfte zu betreiben, die unter den Nummern 2 bis 12 der in Anhang I enthaltenen Liste aufgeführt sind.“

(208)

Finanzinstitute im Sinne des Artikels 5 Absatz 3 FKVO sind demnach einerseits Holdinggesellschaften und andererseits Unternehmen, deren regelmäßig ausgeübte Haupttätigkeit einer oder mehreren der im Anhang der Bankenrichtlinie unter den Nummern 2 bis 12 aufgeführten Tätigkeiten entspricht. Diese Tätigkeiten umfassen:

Ausleihungen (einschließlich Tätigkeiten wie Konsumentenkredite, Hypothekendarlehen, Factoring),

Finanzierungsleasing

Dienstleistungen zur Durchführung des Zahlungsverkehrs

Ausgabe und Verwaltung von Zahlungsmitteln (z. B. Kreditkarten, Reiseschecks und Bankschecks)

Bürgschaften und Eingehung von Verpflichtungen

Handel für eigene Rechnung oder im Auftrag der Kundschaft: Geldmarktinstrumente (Schecks, Wechsel, Depositenzertifikate usw.), Geldwechselgeschäfte, Termin- („Financial futures“) und Optionsgeschäfte, Wechselkurs- und Zinssatzinstrumente, Wertpapiergeschäfte

Teilnahme an der Wertpapieremission und den diesbezüglichen Dienstleistungen

Geldmaklergeschäfte

Portfolioverwaltung und -beratung und

Wertpapieraufbewahrung und -verwaltung

2.   Berechnung des Umsatzes

(209)

Die Umsatzberechnungsverfahren für Kredit- und sonstige Finanzinstitute und für Versicherungsunternehmen sind in Artikel 5 Absatz 3 FKVO zu finden. Im folgenden Abschnitt werden einige zusätzliche Fragen bezüglich der Umsatzberechnung für die genannten Unternehmensarten behandelt.

2.1.   Berechnung des Umsatzes von Kredit- und sonstigen Finanzinstituten (mit Ausnahme von Finanzholdings)

2.1.1.   Allgemeines

(210)

Normalerweise treten bei der Anwendung des Kriteriums der Bankerträge für die Bestimmung des weltweiten Umsatzes von Kreditinstituten und anderen Finanzinstituten keine besonderen Probleme auf.

Für die geografische Zurechnung des Umsatzes zur Gemeinschaft und zu einzelnen Mitgliedstaaten findet die spezifische Bestimmung in Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe a Unterabsatz 2 Anwendung. Danach ist der Umsatz der Zweig- oder Geschäftsstelle in der Gemeinschaft oder in dem Mitgliedstaat zuzuordnen, die diesen Ertrag verbucht.

2.1.2.   Umsatz von Leasingunternehmen

(211)

Es ist ein grundsätzlicher Unterschied zwischen Finanzierungsleasing und Operating-Leasing zu treffen. Finanzierungsleasing-Verträge haben normalerweise eine längere Laufzeit als Operating-Leasing-Verträge, und nach Ablauf der vereinbarten Mietzeit geht das Eigentum im Allgemeinen auf den Leasingnehmer über, der eine vertragliche Kaufoption besitzt. Beim Operating-Leasing dagegen geht das Eigentum nach Ablauf der Mietzeit nicht auf den Leasingnehmer über, und Wartungs-, Reparatur- und Versicherungskosten für die gemietete Anlage sind in den Leasingzahlungen enthalten. Das bedeutet, dass ein Finanzierungsleasing als Ausleihung fungiert, mit der der Leasinggeber den Leasingnehmer in die Lage versetzt, einen Anlagegegenstand zu erwerben.

(212)

Wie bereits weiter oben erwähnt ist ein Unternehmen, dessen Haupttätigkeit das Finanzierungsleasing ist, ein Finanzinstitut im Sinne des Artikels 5 Absatz 3 Buchstabe a, und sein Umsatz ist nach den dort dargelegten besonderen Regeln zu berechnen. Alle Zahlungen im Rahmen von Finanzierungsleasing-Verträgen mit Ausnahme des Tilgungsteils sind einzubeziehen; ein zu Refinanzierungszwecken erfolgender Verkauf künftiger Leasingzahlungen zu Beginn des Vertrags ist nicht relevant.

(213)

Operating-Leasing-Vorgänge werden jedoch nicht als von Finanzinstituten ausgeführt betrachtet, so dass die allgemeinen Umsatzberechnungsregeln nach Artikel 5 Absatz 1 greifen (133).

2.2.   Versicherungsunternehmen

(214)

Als Maßstab für den Umsatz von Versicherungsunternehmen sieht Artikel 5 Absatz 3 Buchstabe b FKVO die Bruttoprämien vor. Die Bruttoprämien sind der Gesamtbetrag aller vereinnahmten Prämien, zu denen die vereinnahmten Rückversicherungsprämien zählen, wenn das Unternehmen im Rückversicherungsbereich tätig ist. Ausgaben für Rückversicherungsprämien, d. h. alle Beträge, die das Unternehmen zum Zwecke der Rückversicherung gezahlt oder zu zahlen hat, sind nur Kosten für die Gewährung von Rückversicherungen und damit nicht von den Bruttoprämien abzuziehen.

(215)

Die zu berücksichtigenden Prämien beziehen sich nicht nur auf während des Geschäftsjahres abgeschlossene neue Versicherungsverträge, sondern auch auf alle Prämien aufgrund von Verträgen, die in den zurückliegenden Jahren abgeschlossen wurden und in dem betreffenden Zeitraum noch laufen.

(216)

Um geeignete Rücklagen für Entschädigungsleistungen zu bilden, besitzen Versicherungsunternehmen normalerweise ein Portfolio an Aktien und festverzinslichen Wertpapieren, Grundstücken und anderen Vermögenswerten, die ein Jahreseinkommen erwirtschaften. Die Jahreseinnahmen aus diesen Quellen werden nicht als Umsatz der Versicherungsunternehmen nach Artikel 5 Absatz 3 Buchstabe b angesehen. Es ist jedoch zu unterscheiden zwischen reinen Finanzinvestitionen, die dem Versicherungsunternehmen nicht die in Artikel 5 Absatz 4 genannten Rechte und Einflussmöglichkeiten in den Unternehmen, in die investiert wurde, gewähren, und denjenigen Investitionen, die zum Erwerb einer Beteiligung führen, die den in Artikel 5 Absatz 4 Buchstabe b festgelegten Kriterien entspricht. In letzterem Fall greift Artikel 5 Absatz 4 FKVO, so dass der Umsatz dieses Unternehmens bei der Feststellung, ob die Schwellenwerte der Fusionskontrollverordnung überschritten werden, zu dem Umsatz des Versicherungsunternehmens nach Artikel 5 Absatz 3 Buchstabe b zu addieren ist (134).

2.3.   Finanzholdings

(217)

Da es sich bei einer Finanzholding um ein „sonstiges Finanzinstitut“ im Sinne des Artikels 5 Absatz 3 Buchstabe a FKVO handelt, ist ihr Umsatz nach den in dieser Bestimmung dargelegten spezifischen Regeln zu berechnen. Ebenso wie weiter oben für Versicherungsunternehmen dargelegt, gilt Artikel 5 Absatz 4 jedoch für Beteiligungen, die die in Artikel 5 Absatz 4 Buchstabe b genannten Kriterien erfüllen. Deshalb wird der Umsatz einer Finanzholding grundsätzlich gemäß Artikel 5 Absatz 3 berechnet, aber es kann sich als notwendig erweisen, den Umsatz von Unternehmen hinzuzufügen, die unter die in Artikel 5 Absatz 4 aufgeführten Kategorien fallen („Artikel-5-Absatz-4-Unternehmen“) (135).

(218)

In der Praxis muss zunächst der (nicht konsolidierte) Umsatz der Finanzholding berücksichtigt werden. Danach muss der Umsatz der Artikel-5-Absatz-4-Unternehmen hinzugefügt werden, wobei Dividenden und andere Erträge, die von diesen Unternehmen an die Finanzholding gezahlt wurden, abzuziehen sind. Nachfolgend ein Beispiel für diese Berechnungsweise:

Mio. Euro

1.

Umsatz aus Finanztätigkeiten (aus nicht konsolidiertem G & V)

3 000

2.

Umsatz von Artikel-5-Absatz-4-Versicherungsunternehmen (Bruttoprämien)

300

3.

Umsatz von Artikel-5-Absatz-4-Industrieunternehmen

2 000

4.

Abzug von Dividenden und anderen Erträgen der Artikel-5-Absatz-4-Unternehmen 2 und 3

<200>

Gesamtumsatz Finanzholding und Konzern

5 100

(219)

Bei derartigen Berechnungen sind möglicherweise unterschiedliche Rechnungslegungsregeln zu berücksichtigen. Während diese Erwägung für alle Formen von der Fusionskontrollverordnung unterliegenden Unternehmen gilt, ist sie ganz besonders wichtig für Finanzholdings (136), bei denen die Anzahl und Vielfalt der kontrollierten Unternehmen und das Ausmaß der Kontrolle der Holding über ihre Tochtergesellschaften, über verbundene Unternehmen und über andere Unternehmen, an denen sie Beteiligungen hält, eine sorgfältige Prüfung erfordern.

(220)

Diese Umsatzberechnung für Finanzholdings kann sich in der Praxis als kostspielig erweisen. Eine strenge und ausführliche Anwendung dieser Methode ist daher nur dann notwendig, wenn es als wahrscheinlich erscheint, dass der Umsatz einer Finanzholding in der Nähe der Schwellenwerte der Fusionskontrollverordnung liegt; in anderen Fällen mag leicht abzusehen sein, dass der Umsatz bei Weitem nicht an die Schwellenwerte der Fusionskontrollverordnung heranreicht, so dass die veröffentlichten Abschlüsse für die Feststellung der Zuständigkeit ausreichen.


(1)  Wann immer in dieser Mitteilung zwischen der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates und der Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 des Rates (ABl. L 395 vom 30.12.1989, Berichtigung in ABl. L 257 vom 21.9.1990, S. 13, Verordnung zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1310/97, ABl. L 180 vom 9.7.1997, S. 1, Berichtigung in ABl. L 40 vom 13.2.1998, S. 17) unterschieden werden muss, wird erstere als „neue Fusionskontrollverordnung“ und letztere als „alte Fusionskontrollverordnung“ bezeichnet. Artikelangaben ohne ausdrücklichen Verweis auf eine Verordnung beziehen sich auf die neue Fusionskontrollverordnung.

(2)  ABl. C 66 vom 2.3.1998, S. 5.

(3)  ABl. C 66 vom 2.3.1998, S. 1.

(4)  ABl. C 66 vom 2.3.1998, S. 14.

(5)  ABl. C 66 vom 2.3.1998, S. 25.

(6)  ABl. C 56 vom 5.3.2005, S. 2.

(7)  Vgl. auch Schlussantrag von Generalanwältin Kokott in der Rechtssache C-202/06 Cementbouw/Kommission vom 26. April 2007, Rn. 56 (noch nicht in der Sammlung veröffentlicht).

(8)  Vgl. z. B. Sache COMP/M.1673, Veba/VIAG (13. Juni 2000); Sache COMP/M.1806, AstraZeneca/Novartis (26. Juli 2000); Sache COMP/M.2208, Chevron/Texaco (26. Januar 2001); Sache IV/M.1383, Exxon/Mobil (29. September 1999). Eine Fusion im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a liegt nicht vor, wenn ein Zielunternehmen mit einer Tochtergesellschaft des übernehmenden Unternehmens so fusioniert, dass die Muttergesellschaft die Kontrolle über das Zielunternehmen gemäß Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe b erwirbt, vgl. Sache COMP/M.2510, Cendant/Galileo (24. September 2001).

(9)  Für die Beantwortung der Frage, ob ein Unternehmen vorher unabhängig war, können die Kontrollverhältnisse wichtig sein, denn bei der Fusion könnte es sich auch einfach um eine konzerninterne Reorganisation handeln. In diesem spezifischen Kontext folgt die Bewertung der Kontrollverhältnisse — und zwar der rechtlichen wie der faktischen — ebenfalls dem weiter unten dargelegten allgemeinen Konzept.

(10)  Nach deutschem Recht wäre dies z. B. bei einem Gleichordnungskonzern der Fall sowie bei bestimmten „Groupements d’Intérêt Économique“ des französischen Rechts und der Verschmelzung von „partnerships“ wie in der Sache IV/M.1016 — Price Waterhouse/Coopers & Lybrand (20. Mai 1998).

(11)  Sache IV/M.660, RTZ/CRA (7. Dezember 1995); Sache COMP/M.3071, Carnival Corporation/P.O Princess II (24. Juli 2002).

(12)  Vgl. Sache IV/M.1016, Price Waterhouse/Coopers & Lybrand (20. Mai 1998); Sache COMP/M.2824, Ernst & Young/Andersen Germany (27. August 2002).

(13)  Einschließlich des Staates wie in der Sache IV/M.157, Air France/Sabena (5. Oktober 1992) der belgische Staat oder andere öffentlich-rechtliche Körperschaften wie z. B. die Treuhand in Sache IV/M.308, Kali und Salz/MDK/Treuhand (14. Dezember 1993). Vgl. aber auch Erwägungsgrund 22 FKVO.

(14)  Sache IV/M.82, Asko/Jakobs/Adia (16. Mai 1991), mit einer natürlichen Person als beteiligtem Unternehmen; Sache COMP/M3762, Apax/Travelex (16. Juni 2005), in diesem Fall wurde eine natürliche Person, die die gemeinsame Kontrolle erwarb, nicht als beteiligtes Unternehmen angesehen.

(15)  Urteil in der Rechtssache T-282/02 Cementbouw/Kommission, Randnr. 72, Slg. 2006, II-319.

(16)  Sache IV/M.754, Anglo American/Lonrho (23. April 1997).

(17)  Diese Struktur wirkt sich auch darauf aus, wie der Umsatz in Situationen berechnet wird, an denen Investmentfonds beteiligt sind, vgl. Nummer 189 ff.

(18)  Urteil in der Rechtssache T-282/02 Cementbouw/Kommission, Randnr. 58, Slg. 2006, II-319.

(19)  Vgl. Sache COMP/M.3858, Lehman Brothers/SCG/Starwood/Le Meridien (20. Juli 2005). In diesem Fall liefen die Managementvereinbarungen 10-15 Jahre; in der Sache COMP/M.2632, Deutsche Bahn/ECT International/United Depots/JV (11. Februar 2002), betrug die Vertragslaufzeit 8 Jahre.

(20)  Z. B. der deutsche „Beherrschungsvertrag“ oder der portugiesische „Contrato de subordinação“. Solche Verträge gibt es nicht in allen Mitgliedstaaten.

(21)  Vgl. hierzu die Sachen COMP/M.2060, Bosch/Rexroth (12. Januar 2001), betreffend einen Beherrschungsvertrag in Verbindung mit einem Betriebspachtvertrag; COMP/M.3136, GE/Agfa NDT (5. Dezember 2003) betreffend einen Vertrag zur Übertragung der Kontrolle über Ressourcen, Leitung und Risiken des Unternehmens; COMP/M.2632, Deutsche Bahn/ECT International/United Depots/JV (11. Februar 2002) betreffend einen Betriebspachtvertrag.

(22)  Sache COMP/M.3858, Lehman Brothers/SCG/Starwood/Le Meridien (20. Juli 2005); vgl. auch Sache IV/M.126, Accor/Wagon-Lits (28. April 1992) in Bezug auf Artikel 5 Absatz 4 Buchstabe b FKVO.

(23)  Sache M.940, UBS/Mister Minit in Bezug auf Artikel 5 Absatz 4 Buchstabe b FKVO. Zur wettbewerbsrechtlichen Behandlung von Franchisingbeziehungen vgl. Sache COMP/M.4220, Food Service Project/Tele Pizza (6. Juni 2006). Der Sachverhalt in der Sache IV/M.126, Accor/Wagon-Lits (28. April 1992) ist von Franchiseverträgen zu unterscheiden. In diesem Fall (ebenfalls Artikel 5 Absatz 4 Buchstabe b) hatte die Hotelgesellschaft das Recht, auch Hotels zu verwalten, an denen sie nur eine Minderheitsbeteiligung hielt, weil sie langfristige Managementverträge abgeschlossen hatte, die ihr bestimmenden Einfluss über das Tagesgeschäft einschließlich der Entscheidung über die finanziellen Belange dieser Hotels verschafften.

(24)  Vgl. Sache IV/M.794, Coca-Cola/Amalgamated Beverages GB (22. Januar 1997); Sache IV/ECSC.1031, US/Sollac/Bamesa (28. Juli 1993); Sache IV/M.625, Nordic Capital/Transpool (23. August 1995); zu den Kriterien vgl. auch Sache IV/M.697, Lockheed Martin Corporation/Loral Corporation (27. März 1996).

(25)  Vgl. Sache IV/M.258, CCIE/GTE (25. September 1992). Hier stellte die Kommission wegen der kurzen Geltungsdauer der betreffenden Vereinbarungen keine Kontrolle fest.

(26)  Vgl. Sache COMP/M.3330, RTL/M6 (12. März 2004); Sache COMP/M.452, Avesta II (29. Juni 1994).

(27)  Urteil in der Rechtssache T-282/02, Cementbouw/Kommission, Randnrn. 70, 73, 74, Slg. 2006, II-319.

(28)  Urteil in der Rechtssache T-282/02, Cementbouw/Kommission, Randnr. 79, Slg. 2006, II-319.

(29)  Vgl. z. B. Sache COMP/M.3867, Vattenfall/Elsam und E2 Assets (22. Dezember 2005).

(30)  Sache COMP/M.2857, ECS/IEH (23. Dezember 2002).

(31)  Die Gewährung von Lizenzen und die Übertragung von Patentlizenzen ist nur dann als Zusammenschluss anzusehen, wenn sie auf Dauer angelegt ist. Diesbezüglich gelten dieselben Überlegungen wie unter Nummer 18 für den Kontrollerwerb durch (langfristige) Vereinbarungen dargelegt.

(32)  Vgl. Sache COMP/M.1841, Celestica/IBM (25. Februar 2000); Sache COMP/M.1849, Solectron/Ericsson (29. Februar 2000); Sache COMP/M.2479, Flextronics/Alcatel (29. Juni 2001); Sache COMP/M.2479, Flextronics/Xerox (12. November 2001).

(33)  Vgl. in Bezug auf Gemeinschaftsunternehmen die Sachen IV/M.560 EDS/Lufthansa (11. Mai 1995) und COMP/M.2478, IBM/Business Solutions/JV (29. Juni 2001).

(34)  Vgl. im Falle von Gemeinschaftsunternehmen: Sache COMP/M.2903, DaimlerChrysler/Deutsche Telekom/JV (30. April 2003), in diesem Fall wurde ein Zeitraum von 12 Jahren als ausreichend angesehen; Sache COMP/M.2632, Deutsche Bahn/ECT International/United Depots/JV (11. Februar 2002) — in diesem Fall betrug die Vertragslaufzeit 8 Jahre. In der Sache COMP/M.3858, Lehman Brothers/Starwood/Le Meridien (20. Juli 2005) erachtete die Kommission einen Zeitraum von mindestens 10-15 Jahren für ausreichend, nicht jedoch einen Zeitraum von drei Jahren. Für den Kontrollerwerb durch den Kauf von Aktien oder Vermögenswerten ist normalerweise kein solcher Zeitraum festgelegt, so dass in diesen Fällen von einer dauerhaften Änderung der Kontrolle ausgegangen wird. Nur in den in Nummer 29 ff. beschriebenen Fällen wird ausnahmsweise davon ausgegangen, dass ein Kontrollerwerb durch den Erwerb von Aktien oder Vermögenswerten vorübergehend ist und folglich nicht zu einer dauerhaften Änderung der Kontrolle in den beteiligten Unternehmen führt.

(35)  Vgl. Z. B. Sachen COMP/M.3779, Pernod Ricard/Allied Domecq (24. Juni 2005) und COMP/M.3813, Fortune Brands/Allied Domecq (10. Juni 2005), wo vereinbart wurde, dass die Aufteilung des Vermögens innerhalb von sechs Monaten nach der Übernahme vollzogen wird.

(36)  Erster Erwerb nur durch ein Unternehmen vgl. Sache COMP/M.3779, Pernod Ricard/Allied Domecq (24. Juni 2005) und Sache COMP/M.3813, Fortune Brands/Allied Domecq/Pernod Ricard (10. Juni 2005); Sache COMP/M.2060, Bosch/Rexroth (12. Januar 2001).

(37)  Erster Erwerb durch mehrere Unternehmen vgl. Sache COMP/M.1630, Air Liquide/BOC (18. Januar 2000); Sache COMP/M.1922, Siemens/Bosch/Atecs (11. August 2000); Sache COMP/M.2059, Siemens/Dematic/VDO Sachs (29. August 2000).

(38)  Vgl. Sache COMP/M.2498, UPM-Kymmene/Haindl (21. November 2001) und Sache COMP/M.2499, Norske Skog/Parenco/Walsum (21. November 2001).

(39)  Sache COMP/M.3372, Carlsberg/Holsten (16. März 2004).

(40)  Sache IV/M.425, British Telecom/Banco Santander (28. März 1994).

(41)  Vgl. Sache M.2389, Shell/DEA (20. Dezember 2001) — in diesem Fall hatte der endgültige Erwerber der alleinigen Kontrolle bereits während der Phase der gemeinsamen Kontrolle erheblichen Einfluss auf das operative Management; Sache M.2854, RAG/Degussa (18. November 2002) — hier diente der Übergangszeitraum dazu, die interne Umstrukturierung nach dem Zusammenschluss zu erleichtern.

(42)  Urteil in der Rechtssache T-282/02, Cementbouw/Kommission, Randnrn. 113-119, Slg. 2006, II-319.

(43)  Urteil in der Rechtssache T-282/02, Cementbouw/Kommission, Randnrn. 104-109, Slg. 2006, II-319.

(44)  Urteil in der Rechtssache T-282/02, Cementbouw/Kommission, Randnrn. 106-109, Slg. 2006, II-319.

(45)  Dies umfasst auch Situationen, in denen ein Unternehmen einen Geschäftsbereich an einen Käufer veräußert und dann diesen zusammen mit dem verkauften Geschäftsbereich erwirbt, vgl. Sache COMP/M.4521, LGI/Telenet (26. Februar 2007).

(46)  Vgl. Parallele Sachen COMP/M.3293, Shell/BEB und COMP/M.3294, ExxonMobil/BEB (20. November 2003); Sache IV/M.197, Solvay/Laporte (30. April 1992).

(47)  Vgl. Sache IV/M.409, ABB/Renault Automation (9. März 1994).

(48)  Urteil in der Rechtssache T-282/02, Cementbouw/Kommission, Randnr. 127 ff., Slg. 2006, II-319.

(49)  Urteil in der Rechtssache T-282/02, Cementbouw/Kommission, Randnr. 131 ff., Slg. 2006, II-319. Vgl. Sache COMP/M.4521, LGI/Telenet (26. Februar 2007) — hier stützte sich die Feststellung der gegenseitigen Abhängigkeit auf die Tatsache, dass die beiden Transaktionen gleichzeitig beschlossen und durchgeführt wurden und dass angesichts der wirtschaftlichen Ziele der Parteien keine der Transaktionen ohne die andere durchgeführt worden wäre.

(50)  Vgl. Sache IV/M.470, Gencor/Shell (29. August 1994); COMP/M.3410, Total/Gaz de France (8. Oktober 2004); Sache IV/M.957, L’Oreal/Procasa/Cosmetique Iberica/Albesa (19. September 1997); Sache IV/M.861, Textron/Kautex (18. Dezember 1996) — in diesem Fall wurden alle Vermögenswerte auf demselben Produktmarkt verwendet. Dies gilt auch, wenn mehrere Unternehmen ein Gemeinschaftsunternehmen bilden, das einen einzigen Geschäftsbereich darstellt, vgl. Sache M.4048, Sonae Industria/Tarkett (12. Juni 2006), wo die gegenseitige Abhängigkeit der Transaktionen, durch die ein Produktions- und ein Vertriebsgemeinschaftsunternehmen gebildet wurden, notwendig war, um nachzuweisen, dass es sich um einen einzigen Zusammenschluss handelte, der zu einem Vollfunktionsgemeinschaftsunternehmen führen würde.

(51)  Sache COMP/M.2926, EQT/H & R/Dragoco (16. September 2002); die gleichen Erwägungen gelten auch, wenn mehrere Fusionen einen Zusammenschluss im Sinne des Artikels 3 Absatz 1 Buchstabe a darstellen, vgl. Sache COMP/M.2824, Ernst & Young/Andersen Germany (27. August 2002).

(52)  Sache IV/M.1188, Kingfisher/Wegert/ProMarkt (18. Juni 1998); Sache COMP/M.2650, Haniel/Cementbouw/JV (CVK) (26. Juni 2002).

(53)  Sache COMP/M.2420, Mitsui/CVRD/Caemi (30. Oktober 2001).

(54)  Urteil in der Rechtssache T-282/02, Cementbouw/Kommission, Randnr. 118, Slg. 2006, II-319.

(55)  Vgl. Sache COMP/M.3173, E.ON/Fortum Burghausen/Smaland/Endenderry (13. Juni 2003). Dies gilt auch in Fällen, in denen die alleinige Kontrolle erworben wird, wenn das erwerbende Unternehmen zuvor nur die gemeinsame Kontrolle über Teile des Unternehmens hatte, Sache COMP/M.2679, EdF/TXU/Europe/24 Seven (20. Dezember 2001).

(56)  Sache IV/M.1283, Volkswagen/RollsRoyce/Cosworth (24. August 1998).

(57)  Sache IV/M.097, Péchiney/Usinor (24. Juni 1991); Sache IV/M.216, CEA Industrie/France Telecom/Finmeccanica/SGS-Thomson (22. Februar 1993). Sache IV/M.931, Neste/IVO (2. Juni 1998). Vgl. auch Erwägungsgrund 22 FKVO.

(58)  Spezifische Aspekte der Umsatzberechnung im Falle staatlicher Unternehmen vgl. Nummer 192-194.

(59)  Sache IV/M.493, Tractebel/Distrigaz II (1. September 1994).

(60)  Da dieser Gesellschafter als einziger einen beherrschenden Einfluss erwirbt, ist nur er zur Anmeldung des Zusammenschlusses nach der Fusionskontrollverordnung verpflichtet.

(61)  Vgl. die aufeinander folgenden Sachen COMP/M.3537, BBVA/BNL (20. August 2004) und M.3768, BBVA/BNL (27. April 2005), Sache M.3198, VW-Audi/VW-Audi Vertriebszentren (29. Juli 2003); Sache COMP/M.2777, Cinven Limited/Angel Street Holdings (8. Mai 2002); Sache IV/M.258, CCIE/GTE (25. September 1992). In der Sache COMP/M.3876, Diester Industrie/Bunge/JV (30. September 2005) hielt ein Gemeinschaftsunternehmen eine Beteiligung an einem anderen Unternehmen und erlangte damit eine negative alleinige Kontrolle über dieses Unternehmen.

(62)  Sache IV/M.343, Société Générale de Belgique/Générale de Banque (3. August 1993); Sache COMP/M.3330, RTL/M6 (12. März 2004); Sache IV/M.159, Mediobanca/Generali (19. Dezember 1991).

(63)  Vgl. Sache COMP/M.4336, MAN/Scania (20. Dezember 2007) zu der Frage, ob Volkswagen die Kontrolle bei MAN übernommen hatte.

(64)  Sache IV/M.754, Anglo American/Lonrho (23. April 1997); Sache IV/M.025, Arjomari/Wiggins Teape (10. Februar 1990).

(65)  Vgl. Sache COMP/M.2574, Pirelli/Edizione/Olivetti/Telecom Italia (20. September 2001), Sache IV/M.1519, Renault/Nissan (12. Mai 1999).

(66)  Rechtssache T-2/93, Air France/Kommission, Urteil vom 19. Mai 1994, EuGH Slg. 1994, II-323. Auch wenn eine Option an sich normalerweise keinen Zusammenschluss nach sich zieht, kann sie bei der materiellen Würdigung eines anderen Zusammenschlusses berücksichtigt werden, vgl. Sache COMP/M.3696, E.ON/MOL (21. Dezember 2005), Erwägungsgründe 12-14, 480, 762 ff.

(67)  Sache IV/M.397, Ford/Hertz (7. März 1994).

(68)  Urteil in der Rechtssache T-282/02, Cementbouw/Kommission, Randnrn. 42, 52, 67, Slg. 2006, II-319.

(69)  Sache COMP/M.3097, Maersk Data/Eurogate IT; Global Transport Solutions JV (12. März 2003); Sache IV/M.272, Matra/CAP Gemini Sogeti (17. März 1993).

(70)  Rechtssache T-2/93, Air France/Kommission, EuGH Slg. 1994, S. II-323. Sache IV/M.010, Conagra/Idea (3. Mai 1991).

(71)  Sache IV/M.062, Eridania/ISI (30. Juli 1991).

(72)  Sache IV/M.295, SITA-RPC/SCORI (19. März 1993).

(73)  Sache COMP/JV.55, Hutchison/RCPM/ECT (3. Juli 2001); vgl. auch Sache IV/M.553, RTL/Veronica/Endemol (20. September 1995).

(74)  Urteil in der Rechtssache T-282/02 Cementbouw/Kommission, Randnrn. 42, 52, 67, Slg. 2006, II-319.

(75)  Sache COMP/JV.55, Hutchison/RCPM/ECT (3. Juli 2001); vgl. auch Sache IV/M.553, RTL/Veronica/Endemol (20. September 1995).

(76)  Sache IV/M.967, KLM/Air UK (22. September 1997); Sache COMP/M.4085, Arcelor/Oyak/Erdemir (13. Februar 2006).

(77)  Sache IV/JV.12, Ericsson/Nokia/Psion/Motorola (22. Dezember 1998).

(78)  Vgl. Sache COMP/M.2574, Pirelli/Edizione/Olivetti/Telecom Italia (20. September 2001), vgl. auch Sache IV/M.553, RTL/Veronica/Endemol (20. September 1995). Sache IV/M.425, British Telecom/Banco Santander (28. März 1994).

(79)  Vgl. z. B. Sache COMP/M.3440, ENI/EDP/GdP (9. Dezember 2004).

(80)  Urteil in der Rechtssache T-282/02, Cementbouw/Kommission, Randnr. 67, Slg. 2006, II-319.

(81)  Generell wird die Kommission in einem Szenario mit gemeinsamer Kontrolle nicht von einem separaten Zusammenschluss ausgehen, wenn ein kontrollierender Gesellschafter indirekt ersetzt wird, weil eine der Muttergesellschaften die Kontrolle erwirbt. Die Kommission prüft jede Veränderung der Wettbewerbssituation des Gemeinschaftsunternehmens vor dem Hintergrund des Gesamtkontrollerwerbs der Muttergesellschaft. Unter diesen Umständen gelten die anderen kontrollierenden Gesellschafter des Gemeinschaftsunternehmens bei dem Zusammenschluss, der ihre Muttergesellschaft betrifft, nicht als beteiligte Unternehmen.

(82)  Sache IV/JV.12, Ericsson/Nokia/Psion/Motorola (22. Dezember 1998).

(83)  Sache IV/M.023, ICI/Tioxide (28. November 1990) und Nummer 5 Buchstabe d der Mitteilung der Kommission über ein vereinfachtes Verfahren für bestimmte Zusammenschlüsse gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 139/2004 des Rates.

(84)  Für Artikel 2 Absatz 4 gelten diese Überlegungen nicht in gleicher Weise. Während die Auslegung des Artikels 3 Absätze 1 und 4 die Anwendbarkeit der Fusionskontrollverordnung auf Gemeinschaftsunternehmen betrifft, betrifft Artikel 2 Absatz 4 die materielle Analyse von Gemeinschaftsunternehmen. Die „Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens, das einen Zusammenschluss gemäß Artikel 3 darstellt“ im Sinne des Artikels 2 Absatz 4 beinhaltet den Erwerb der gemeinsamen Kontrolle gemäß Artikel 3 Absätze 1 und 4.

(85)  Urteil in der Rechtssache T-282/02, Cementbouw/Kommission, Randnr. 62, Slg. 2006, II-319.

(86)  Sache IV/M.527, Thomson CSF/Deutsche Aerospace (2. Dezember 1994) — Rechte an geistigem Eigentum; Sache IV/M.560, EDS/Lufthansa (11. Mai 1995) — Outsourcing; Sache IV/M.585,  Voest Alpine Industrieanlagenbau GmbH/Davy International Ltd (7. September 1995) — Recht des Gemeinschaftsunternehmens, zusätzliches Know-how und Personal von den Muttergesellschaften zu verlangen; Sache IV/M.686, Nokia/Autoliv (5. Februar 1996) — Möglichkeit des Gemeinschaftsunternehmens, „Dienstleistungsverträge“ mit der Muttergesellschaft aufzulösen und deren Betriebsstätte zu verlassen; Sache IV/M.791 — British Gas Trading Ltd/Group 4 Utility Services Ltd (7. Oktober 1996) — die zukünftigen Vermögensteile werden vom Gemeinschaftsunternehmen einem Leasingunternehmen übertragen und vom Gemeinschaftsunternehmen geleast.

(87)  Sache IV/M.102, TNT/Canada Post u. a. (2. Dezember 1991).

(88)  Vgl. Sache IV/M.929, DIA/Veba Immobilien/Deutschbau (23. Juni 1997), Sache COMP/M.3325, Morgan Stanley/Glick/Canary Wharf (23. Januar 2004).

(89)  Sache IV/M.560, EDS/Lufthansa (11. Mai 1995), Sache IV/M.686, Nokia/Autoliv (5. Februar 1996), im Gegensatz zur Sache IV/M.904, RSB/Tenex/Fuel Logistics (2. April 1997) und Sache IV/M.979, Preussag/Voest-Alpine (1. Oktober 1997). Ein besonderer Fall liegt vor, wenn Verkäufe des Gemeinschaftsunternehmens an seine Muttergesellschaft auf ein nachgelagertes, rechtlich begründetes Monopol des Gemeinschaftsunternehmens zurückzuführen sind (Sache IV/M.468, Siemens/Italtel vom 17. Februar 1995) oder wenn die Verkäufe an eine Muttergesellschaft Nebenprodukte betreffen, die für das Gemeinschaftsunternehmen nicht sehr wichtig sind (Sache IV/M.550, Union Carbide/Enichem vom 13. März 1995).

(90)  Sache IV/M.556, Zeneca/Vanderhave (9. April 1996), Sache IV/M.751, Bayer/Hüls (3. Juli 1996).

(91)  Unter welchen Umständen eine Outsourcing-Vereinbarung einen Zusammenschluss bewirkt, wird in Nummer 25 ff. dieser Mitteilung erörtert.

(92)  Sache IV/M.788, AgrEVO/Marubeni (3. September 1996).

(93)  Sache IV/M.891, Deutsche Bank/Commerzbank/J.M. Voith (23. April 1997).

(94)  Vgl. Sache COMP/M.2903, DaimlerChrysler/Deutsche Telekom/JV (30. April 2003) — in diesem Fall wurde ein Zeitraum von 12 Jahren als ausreichend angesehen; Sache COMP/M.2632, Deutsche Bahn/ECT International/United Depots/JV (11. Februar 2002) — in diesem Fall betrug die Vertragslaufzeit 8 Jahre. In der Sache COMP/M.3858, Lehman Brothers/Starwood/Le Meridien (20. Juli 2005) erachtete die Kommission einen Zeitraum von mindestens 10-15 Jahren für ausreichend, nicht jedoch einen Zeitraum von drei Jahren.

(95)  Sofern die anderen in diesem Abschnitt der Mitteilung genannten Kriterien erfüllt sind.

(96)  Sache COMP/M.3039, Soprol/Céréol/Lesieur (30. Januar 2003).

(97)  Ausgelöst wird die Anmeldepflicht in einem solchen Fall durch die Vereinbarung über die Übertragung der Vermögenswerte, der Verträge, des Know-hows oder anderer Rechte bzw. durch jeden anderen entsprechenden Rechtsakt.

(98)  Sache COMP/M.2276, The Coca-Cola Company/Nestlé/JV (27. September 2001).

(99)  Vierte Richtlinie 78/660/EWG des Rates vom 25. Juli 1978 aufgrund von Artikel 54 Absatz 3 Buchstabe g des Vertrages über den Jahresabschluss von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen, ABl. L 222 vom 14.8.1978, S. 11. Richtlinie zuletzt geändert durch die Richtlinie 2003/51/EG vom 18. Juni 2003, ABl. L 178 vom 17.7.2003, S. 16. Artikel 5 Absatz 3 dieser Richtlinie definiert Beteiligungsgesellschaften als „Gesellschaften, deren einziger Zweck darin besteht, Beteiligungen an anderen Unternehmen zu erwerben sowie die Verwaltung und Verwertung dieser Beteiligungen wahrzunehmen, ohne dass diese Gesellschaften unmittelbar oder mittelbar in die Verwaltung dieser Unternehmen eingreifen, unbeschadet der Rechte, die den Beteiligungsgesellschaften in ihrer Eigenschaft als Aktionärin oder Gesellschafterin zustehen. Die Einhaltung der für die Tätigkeit dieser Gesellschaften bestehenden Beschränkungen muss durch ein Gericht oder eine Verwaltungsbehörde überwacht werden können.“

(100)  Sache IV/M.669, Charterhouse/Porterbrook (11. Dezember 1995).

(101)  Sache IV/M.116, Kelt/American Express (28. August 1991).

(102)  Dies greift der Frage, ob die Änderung es erforderlich macht, der Kommission zusätzliche Informationen nach Artikel 5 Absatz 3 der Verordnung (EG) 802/2004 vorzulegen, nicht vor.

(103)  Vgl. die Sache COMP/M.4381 — JCI/VB/FIAMM vom 10. Mai 2007, Erwägungsgrund 15, wo nur eine Partei von der Vereinbarung Abstand nehmen wollte, während die andere Partei die Vereinbarung weiterhin als bindend und rechtswirksam betrachtete.

(104)  Sachen COMP/M.2706, Carnival Corporation/P & O Princess (11. April 2002) und COMP/M.3071, Carnival Corporation/P & O Princess (10. Februar 2003). Unter solchen Umständen ändert sich die Identität der anmeldenden Parteien, da beide Parteien einer Fusion diese anmelden müssen, während im Falle des Kontrollerwerbs die Anmeldung durch eine Person ausreicht. Erwerben hingegen die Parteien die Kontrolle über eine Zielgesellschaft und beschließen erst später, mit der neu erworbenen Tochtergesellschaft zu fusionieren, wäre dies eine interne Umstrukturierung, die keine Änderung der Kontrolle herbeiführt und infolgedessen nicht unter Artikel 3 FKVO fällt.

(105)  Darüber hinaus wird davon ausgegangen, dass ein Zusammenschluss von gemeinschaftsweiter Bedeutung ist, wenn er nach Artikel 4 Absatz 5 FKVO an die Kommission verwiesen wird. Diese Fälle werden in der Mitteilung der Kommission über die Verweisung von Fusionssachen behandelt (ABl. C 56 vom 5.3.2005, S. 2).

(106)  ABl. L 133 vom 30.4.2004, S. 1.

(107)  Sache IV/M.023, ICI/Tioxide (28. November 1990).

(108)  Sache IV/M.376, Synthomer/Yule Catto (22. Oktober 1993).

(109)  Gehen wir von folgendem Fall aus: Das Zielunternehmen hat einen Gemeinschaftsumsatz von insgesamt weniger als 250 Mio. EUR, während die übernehmenden Unternehmen zwei (oder mehr) Unternehmen mit einem Gemeinschaftsumsatz von jeweils über 250 Mio. EUR sind. Wird das Zielunternehmen von einer „Mantelgesellschaft“ erworben, die die übernehmenden Unternehmen gegründet haben, so gäbe es nur ein Unternehmen (die „Mantelgesellschaft“) mit einem Gemeinschaftsumsatz von über 250 Mio. EUR, und es wäre eine der Voraussetzungen für die Zuständigkeit der Gemeinschaft, dass nämlich mindestens zwei Unternehmen einen Gemeinschaftsumsatz von jeweils über 250 Mio. EUR erzielen, nicht erfüllt. Wenn hingegen die übernehmenden Unternehmen keine „Mantelgesellschaft“ einsetzen, sondern das Zielunternehmen selbst erwerben, dann würde die Umsatzschwelle erreicht und das Vorhaben in den Anwendungsbereich der Fusionskontrollverordnung fallen. Ähnliche Überlegungen gelten für die nationalen Umsatzschwellen nach Artikel 1 Absatz 3.

(110)  Vgl. Parallele Sachen COMP/M.3293, Shell/BEB und COMP/M.3294, ExxonMobil/BEB (20. November 2003); Sache IV/M.197 — Solvay/Laporte (30. April 1992).

(111)  Vgl. Sache IV/M.082 — Asko/Jacobs/Adia (16. Mai 1991), bei der eine Privatperson mit anderen wirtschaftlichen Tätigkeiten die gemeinsame Kontrolle über ein Unternehmen erwarb und als beteiligtes Unternehmen betrachtet wurde.

(112)  Vgl. Erwägungsgrund 22 FKVO, der unmittelbar die Berechnung des Umsatzes beteiligter staatlicher Unternehmen nach Artikel 5 Absatz 4 betrifft.

(113)  Vgl. Sache COMP/M.1741 — MCI Worldcom/Sprint (28. Juni 2000).

(114)  Die Alternative, dass der Umsatz am letzten Tag, an dem die Beteiligten zur Anmeldung verpflichtet sind (nach der alten Fusionskontrollverordnung sieben Tage nach dem die Anmeldung „auslösenden Ereignis“), festzulegen ist, kann im Rahmen der neuen Fusionskontrollverordnung nicht beibehalten werden, da es keine Anmeldungsfrist gibt.

(115)  Vgl. Schlussantrag von Generalanwältin Kokott in der Sache C-202/06 Cementbouw/Kommission vom 26. April 2007, Randnr. 46 (noch nicht veröffentlicht). Nur im Rahmen der neuen Fusionskontrollverordnung besteht die Möglichkeit, die erste Anmeldung zu Grunde zu legen, wenn diese vor Abschluss des rechtsverbindlichen Vertrags, Veröffentlichung des Übernahmeangebots oder Erwerb einer Kontrollbeteiligung erfolgte, vgl. Fußnote 35 des Schlussantrags.

(116)  Ein Unternehmen wird normalerweise nicht als Vermittler tätig, wenn es Waren im Wege von Handelsgeschäften verkauft, die eine Eigentumsübertragung implizieren, Urteil in der Rechtssache T-417/05, Endesa/Kommission, Randnr. 213, Slg. 2006, II-2533.

(117)  In der Sache IV/M.126 — Accor/Wagons-Lits vom 28. April 1992 beschloss die Kommission, bestimmte Erlöse aus dem Autovermietungsgeschäft als Erträge aus dem normalen geschäftlichen Tätigkeitsbereich zu betrachten, obwohl sie in der Gewinn- und Verlustrechnung von Wagon-Lits unter der Rubrik „sonstige Betriebsergebnisse“ erschienen.

(118)  Vgl. Sache IV/M.156 — Cereol/Continentale Italiana vom 27. November 1991. In diesem Fall hat die Kommission die gemeinschaftliche Beihilfe aus der Umsatzberechnung ausgenommen, da die Beihilfe nicht der Stützung des Verkaufs von Waren diente, die eines der an dem Zusammenschluss beteiligten Unternehmen herstellte, sondern für die Erzeuger der Grundstoffe (Getreide) bestimmt war, die dieses auf das Schroten von Getreide spezialisierte Unternehmen benutzte.

(119)  Vgl. Sache COMP/M.3986 — Gas Natural/Endesa (15. November 2005); bestätigt durch das Urteil in der Rechtssache T-417/05, Endesa/Kommission, Randnrn. 128, 131, Slg. 2006, II-2533.

(120)  Vgl. Sache COMP/M.3986 — Gas Natural/Endesa (15. November 2005); bestätigt durch das Urteil in der Rechtssache T-417/05, Endesa/Kommission, Randnrn. 176, 179, Slg. 2006, II-2533.

(121)  Urteil in der Rechtssache T-417/05 Endesa/Kommission, Randnr. 209, Slg. 2006, II-2533.

(122)  Vgl. Urteil in der Rechtssache T-3/93, Air France/Kommission, [1994] Slg. II-121 Randnrn. 100 ff. in Bezug auf Sache IV/M.278 — British Airways/Dan Air; Sache IV/M.588 — Ingersoll-Rand/Clark Equipment.

(123)  Sache IV/M.632 — Rhône Poulenc Rorer/Fisons (21. September 1995); Sache COMP/M.1741 — MCI Worldcom/Sprint (28. Juni 2000).

(124)  Für die Grafik wurde angenommen, dass das Gemeinschaftsunternehmen selbst gemäß den in Nummer dargelegten Kriterien (Erwerb durch ein auf demselben Markt tätiges Vollfunktionsgemeinschaftsunternehmen) das beteiligte Unternehmen ist.

(125)  Sache IV/M.187 — Ifint/Exor (2. März 1992); Sache IV/M.062 — Eridania/ISI (30. Juli 1991).

(126)  Sache IV/M.126 — Accor/WagonLits (28. April 1992).

(127)  Sache COMP/M.1741 — MCI Worldcom/Sprint; Sache IV/M. 187 — Ifint/Exor; Sache IV/M.1046 — Ameritech/Tele Danmark.

(128)  Es wird jedoch nur die Hälfte des von b3 erzeugten Umsatzes berücksichtigt, vgl. Nummer 187.

(129)  Vgl. auch Sache IV/M.216, CEA Industrie/France Telecom/Finmeccanica/SGS-Thomson (22. Februar 1993).

(130)  Dies berührt nicht den Umsatz, den der europäische Betreiber durch diesen Anruf mit seinem eigenen Kunden erzielt.

(131)  Vgl. http://europa.eu.int/comm/competition/mergers/others/exchange_rates.html#footnote_1. Diese Website verweist auf den Monatsbericht der Europäischen Zentralbank.

(132)  Die Definitionen finden sich in Artikel 1 Absätze 1 und 5 der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. März 2000 über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute, ABl. L 126 vom 26.5.2000, S. 1.

(133)  Siehe Sache IV/M.234, GECC/Avis Lease (15. Juli 1992).

(134)  Siehe Sache IV/M.018, AG/AMEV (21. November 1990).

(135)  Die Grundsätze für Finanzholdings können in gewissem Ausmaß auf Investmentfonds angewendet werden.

(136)  Siehe beispielsweise Sache IV/M.166, Torras/Sarrió (24. Februar 1992).


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