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Document 52002DC0748

Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Eurpäischen wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen - Implementierung des Gender-Mainstreaming in den Strukturfonds-Programmplanungsdokumenten 2000-2006

/* KOM/2002/0748 endg. */

52002DC0748

Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Eurpäischen wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen - Implementierung des Gender-Mainstreaming in den Strukturfonds-Programmplanungsdokumenten 2000-2006 /* KOM/2002/0748 endg. */


MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DEN RAT, DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN EURPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN - Implementierung des Gender-Mainstreaming in den Strukturfonds-Programmplanungsdokumenten 2000-2006

1. Zweck der Mitteilung

Die vorliegende Mitteilung gibt einen Überblick darüber, in welchem Umfang das Gender-Mainstreaming in die Programmplanung der Strukturfonds für den Zeitraum 2000-2006 Eingang gefunden hat. Es wird eine Bilanz der Fortschritte gezogen, es werden einige Good-Practice-Beispiele vorgestellt, und es wird aufgezeigt, in welchen Bereichen die Entwicklung nur langsam vorankommt.

In der Mitteilung geht es um alle vier Fonds [1] und um die Programme für die Ziele 1, 2 und 3. Die Informationen wurden im Wesentlichen dem Dokument ,Überblick über die vorgeschlagene Umsetzung der ESF-Verordnung in der EU" und der Studie zur Integration der Chancengleichheit in die Strukturfonds-Programmplanungsdokumente für die Ziele 1 und 2 entnommen, stammen zum Teil aber auch aus anderen Dokumenten [2].

[1] Europäischer Sozialfonds (ESF), Europäischer Fonds für regionale Entwicklung (EFRE), Europäischer Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft (EAGFL), Finanzierungsinstrument für die Ausrichtung der Fischerei (FIAF).

[2] Siehe: http://europa.eu.int/comm/regional-policy/sources/docgener

Die in den genannten Dokumenten dargelegten Erkenntnisse wurden auf mehreren Konferenzen, Seminaren und Workshops bekräftigt, auf denen sich Strukturfonds-Akteure und Gleichstellungsexperten auf verschiedenen Ebenen über ihre Erfahrungen, Ideen und Strategien austauschten. Die dritte europäische Konferenz über Gender-Mainstreaming in den Strukturfonds, die im Juni 2002 in Santander/Spanien stattfand [3], nationale oder regionale Veranstaltungen wie die Konferenz über ,Gender Mainstreaming" in den Strukturfonds im Vereinigten Königreich und in Irland, die im Mai 2002 in Wales abgehalten wurde, die Konferenz über Geschlechtergleichstellung, Beschäftigung und Strukturfonds in Griechenland Ende Februar 2002 und ein Workshop mit einem externen Experten, an dem für die Strukturfonds zuständige Beamte der Kommission teilnahmen, machten deutlich, dass sich trotz der großen Bandbreite der Themen immer wieder dieselben zentralen Punkte herauskristallisieren.

[3] Die Dokumentation wird auf der Website bereitgestellt, siehe Fußnote 1.

Mit dem vorliegenden Dokument soll ein Beitrag geleistet werden zur Halbzeitüberprüfung der Strukturfonds, bei der über die Zuweisung der leistungsgebundenen Reserve sowie über ggf. erforderliche Anpassungen hinsichtlich der Mittelzuweisungen, Ziele, Prioritäten und Maßnahmen beschlossen wird.

2. Hintergrund

Die Strukturfonds sind die wichtigsten Finanzinstrumente zum Abbau von Entwicklungsunterschieden und zur Förderung des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts in der Europäischen Union. Das Gesamtbudget für den Zeitraum 2000-2006 beläuft sich auf 195 Mrd. Euro. 69,7 % der Mittel entfallen auf Ziel 1, 11,5 % auf Ziel 2 und 12,3 % auf Ziel 3.

Die Strukturfonds erfuellen eine wichtige Katalysatorfunktion für die gemeinschaftlichen und nationalen Politiken im Bereich der Geschlechtergleichstellung. Die allgemeine Strukturfondsverordnung [4] (2000-2006) definiert die Gleichstellung von Frauen und Männern als eines der Hauptziele der Fonds und sieht vor, dass die Gleichstellungsdimension in sämtliche von den Fonds kofinanzierten Maßnahmen zu integrieren ist. In 10 der insgesamt 56 Artikel der Verordnung wird der Aspekt der Geschlechtergleichstellung ausdrücklich angesprochen. In der Verordnung finden die im Vertrag von Amsterdam festgelegten Verpflichtungen ihren Niederschlag, mit denen der duale Ansatz, der auf einer Verknüpfung des Gender-Mainstreaming mit spezifischen Maßnahmen beruht, formell auf EU-Ebene verankert wurde. Dieser duale Ansatz liegt auch der ESF-Verordnung [5] zugrunde.

[4] Verordnung (EG) Nr. 1260/1999 des Rates vom 21. Juni 1999 mit allgemeinen Bestimmungen über die Strukturfonds.

[5] Verordnung (EG) Nr. 1784/1999 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juli 1999 betreffend den Europäischen Sozialfonds, Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe e und Absatz 2 Buchstabe c.

Die Verordnungen über den EFRE [6] und den EAGFL [7] enthalten ebenfalls Hinweise auf die Gleichstellung der Geschlechter. Ferner ist die Gleichstellung von Frauen und Männern ein Ziel aller vier Gemeinschaftsinitiativen im Zeitraum 2000-2006: EQUAL, INTERREG III, URBAN II und LEADER+.

[6] Verordnung (EG) Nr. 1783/1999 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juli 1999 über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe f.

[7] Verordnung (EG) Nr. 1257/1999 des Rates vom 17. Mai 1999 über die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums durch den Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft (EAGFL) und zur Änderung bzw. Aufhebung bestimmter Verordnungen, Artikel 2.

Die Strukturfonds - insbesondere der ESF - sind die wichtigsten Finanzinstrumente zur Unterstützung der europäischen Beschäftigungsstrategie (EBS). Die Dimension der Geschlechtergleichstellung wurde als horizontale Priorität in alle Pfeiler der EBS integriert. Zusätzlich wurde eigens ein Pfeiler ,Chancengleichheit" mit spezifischen beschäftigungspolitischen Leitlinien zur Gleichstellung von Frauen und Männern vorgesehen.

Die Verpflichtung der Strukturfonds auf das Ziel der Geschlechtergleichstellung ist keine neue Entwicklung. Bereits in der Verordnung für den Zeitraum 1994-1999 war die Chancengleichheit für Männer und Frauen auf dem Arbeitsmarkt als ein Ziel der Gemeinschaft und als ein prioritäres Anliegen des ESF verankert worden. Im Jahr 1996 nahm der Ministerrat eine Entschließung zur Einbeziehung der Chancengleichheit für Frauen und Männer in die Strukturfondsmaßnahmen an. [8]

[8] Entschließung des Rates vom 2. Dezember 1996 betreffend die Einbeziehung der Chancengleichheit von Männern und Frauen in die Maßnahmen der Europäischen Strukturfonds (96/C 386/01).

Bislang wurden im Rahmen der Fonds in erster Linie spezifische Frauenfördermaßnahmen oder Pilotprojekte finanziert, deren Bedeutung zwar nicht zu unterschätzen ist, die jedoch nichts gegen strukturelle Ungleichheiten ausrichten können. Im Übrigen wird die Gleichstellung der Geschlechter in erster Linie als Aufgabe des ESF angesehen. Doch zeigen die Schlussfolgerungen der ESF-Schlussbewertungen für den Zeitraum 1994-1999 [9], die auf länderspezifischen Ergebnissen beruhen, dass sowohl die Maßnahmen als auch die nach Abschluss der Maßnahmen besetzten Arbeitsplätze ein Spiegel der bestehenden beruflichen Segregation und der gängigen geschlechterspezifischen Stereotype sind.

[9] ,Schlussfolgerungen der ESF-Schlussbewertungen", Europäische Kommission, Oktober 2001.

Einen Wendepunkt markierte die im Rahmen der Gemeinschaftsinitiative Beschäftigung durchgeführte Initiative NOW (,New Opportunities for Women") - ein Vorläufer der späteren Maßnahmen zum Abbau der vertikalen und horizontalen Segregation. Die erfolgreiche Entwicklung unternehmerischer Tätigkeit bei den Frauen und die Maßnahmen zum Abbau der geschlechtsspezifischen Arbeitsmarktteilung bilden ein gutes Fundament für die derzeitigen Maßnahmen der Fonds.

In Anknüpfung an diese Initiativen wurde die Dimension der Geschlechtergleichstellung in die methodischen Arbeitspapiere für die Vorbereitung des Programmplanungszeitraums 2000-2006 integriert. Dabei wurden die Aspekte Programmplanung, Ex-ante-Bewertung, Begleitung und Bewertung abgedeckt. [10] Darüber hinaus hat die Kommission ein technisches Papier [11] erstellt, das praktische Hinweise zur Umsetzung des Gender-Mainstreaming im Rahmen der von den Strukturfonds kofinanzierten Interventionen enthält und in dem der Begriff ,Gender-Mainstreaming" im Kontext der Strukturfonds definiert wird:

[10] Arbeitspapier 2: ,Die Ex-ante-Bewertung der Strukturfondsinterventionen", Anhang IV, Europäische Kommission; Arbeitspapier 3: ,Indikatoren für die Begleitung und Bewertung: Eine indikative Methode", Anhang 2, Blatt I, Europäische Kommission.

[11] Technisches Papier 3: ,Einbeziehung der Chancengleichheit von Frauen und Männern in die Strukturfondsmaßnahmen", Europäische Kommission, März 2000.

,Gender Mainstreaming" bedeutet, dass bei der Vorbereitung, Durchführung, Begleitung und Bewertung aller allgemeinen Maßnahmen und Tätigkeiten die Auswirkungen auf die jeweiligen Situationen der Frauen und Männer erkennbar und aktiv berücksichtigt werden. Dazu gehören auch die Planung, Durchführung, Begleitung und Bewertung von gezielten Maßnahmen und Tätigkeiten zur Förderung der Gleichstellung und zur Unterstützung von Frauen, damit diese gleichberechtigt teilnehmen und profitieren können.

Die Pläne und Programme sollen insgesamt zur Gleichstellung von Männern und Frauen beitragen und so gestaltet sein, dass ihre Wirkung vor, während und nach der Durchführung erkennbar wird.

3. Gender-Mainstreaming in den Programmplanungsdokumenten für die Ziele 1, 2 und 3

3.1. Thematische Schwerpunkte der Maßnahmen zur Förderung der Geschlechtergleichstellung

Die Gleichstellung von Frauen und Männern wird in den laufenden Strukturfondsprogrammen wirksamer angegangen als im vorhergehenden Programmplanungszeitraum. Jedoch konzentriert man sich, wie bereits im vorangegangenen Programmplanungszeitraum, auf die Bereiche Beschäftigung und Humanressourcenentwicklung, wobei die Finanzierung zum großen Teil vom ESF übernommen wird. Dagegen werden andere Bereiche vernachlässigt, wie z. B. Umwelt, Verkehr, Entwicklung des ländlichen Raums, Forschung und Entwicklung usw. Eine Verknüpfung von Geschlechtergleichstellung und anderen horizontalen Themen, wie nachhaltige Entwicklung oder Förderung der Wissensgesellschaft, fehlt in den meisten Programmen.

3.1.1. Vom ESF geförderte Maßnahmen: Schwerpunkt Humanressourcenentwicklung

Der ESF spielt eine wichtige Rolle beim Abbau der geschlechtsspezifischen Unterschiede im Beschäftigungsbereich und bei der Verwirklichung der bis zum Jahr 2010 zur erreichenden Ziele der EBS. Eine besondere Rolle fällt ihm zu im Hinblick auf die Erfuellung der vom Europäischen Rat in Lissabon gemachten Zielvorgabe, die Beschäftigungsquote der Frauen auf 60 % anzuheben, sowie der in Barcelona vereinbarten Ziele, Betreuungsplätze für mindestens 90 % der Kinder zwischen drei Jahren und dem Schulpflichtalter und für mindestens 33 % der Kinder unter drei Jahren zur Verfügung zu stellen.

Im Jahr 2001 sind die Beschäftigungsquoten der Frauen in fast allen Mitgliedstaaten gestiegen. Doch liegt die Beschäftigungsquote der Frauen in der EU (54,9 %) nach wie vor 18 Prozentpunkte unter der der Männer (73 %) und 5,1 Prozentpunkte unter der vom Europäischen Rat in Lissabon festgelegten Zielmarke. Außerdem stellen die Frauen immer noch den überwiegenden Teil der Teilzeitbeschäftigten. Die Arbeitslosenquote der Frauen liegt derzeit im EU-Durchschnitt um 2,4 Prozentpunkte über der der Männer. Das Vorhandensein von Kindern wirkt sich auf den Beschäftigungsstatus der Frauen stärker aus als auf den der Männer. Die Beschäftigungsquote kinderloser Frauen im Alter von 20 bis 50 Jahren (68 %) ist um 12 Prozentpunkte höher als die der Frauen mit Kindern unter 6 Jahren (56 %).

Geschlechtsspezifische Unterschiede im Bereich Beschäftigung [12]

[12] Arbeitspapier der Kommissionsdienststellen: Beurteilung der Umsetzung der beschäftigungspolitischen Leitlinien 2001 - Begleitdokument zum Gemeinsamen Beschäftigungsbericht 2002.

>PLATZ FÜR EINE TABELLE>

In den meisten ESF-Programmen stellen die für den Bereich Geschlechtergleichstellung definierten Prioritäten auf zwei Hauptziele ab: Verbesserung des Zugangs der Frauen zu Beschäftigung und Ausbildung sowie Erhöhung der Beschäftigungsquote und der Bildungsbeteiligung der Frauen einerseits und Vereinbarkeit von Familie und Beruf andererseits.

Bei den Maßnahmen zur Erhöhung der Erwerbs- und Bildungsbeteiligung der Frauen geht es zumeist um die Förderung der Beschäftigungsfähigkeit von erwerbslosen Frauen und Frauen mit einem besonders hohen Risiko, arbeitslos zu werden, sowie um die Überwindung der Qualifikationsbarrieren für neu in den Arbeitsmarkt eintretende oder in den Arbeitsmarkt zurückkehrende Frauen. Somit geht es hier um Berufsbildungs- und Beratungsmaßnahmen sowie um Sensibilisierungs- und Informationsmaßnahmen.

In begrenztem Umfang werden Anstrengungen unternommen zur Verbesserung der Arbeitsplatzqualität, zum ,Empowerment" der Frauen und zur Förderung ihrer beruflichen Entwicklung. Lediglich einige wenige Maßnahmen zielen auf den Abbau des geschlechtsspezifischen Lohngefälles oder auf die Förderung des Zugangs der Frauen zu Management-Positionen oder zu traditionell männerdominierten, hochqualifizierten Berufen in den Bereichen Information und Technologie ab. Auch die Förderung und Unterstützung der unternehmerischen Tätigkeit von Frauen und von Unternehmensgründungen durch Frauen wird nur in wenigen Programmen als Priorität genannt.

Bei den Maßnahmen, die auf eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf abstellen, geht es in erster Linie um die Unterstützung von Kinderbetreuungseinrichtungen. Der Betreuung älterer Menschen und anderer betreuungsbedürftiger Personen wird nur sehr geringe Aufmerksamkeit geschenkt. Einige Aktivitäten zielen auf die Einführung flexiblerer Arbeitszeitregelungen ab, doch fehlt es häufig an flankierenden Maßnahmen.

Das Hauptproblem, das sich im vorangegangenen Programmplanungszeitraum abzeichnete, dass nämlich viele Maßnahmen bestehende geschlechtsspezifische Muster und die geschlechtsspezifische Segregation verstärken, setzt sich im aktuellen Programmplanungszeitraum fort. Maßnahmen zur Förderung des Zugangs der Frauen zum traditionellen Dienstleistungssektor, Beratungsangebote, Qualifizierungs- und Ausbildungsmaßnahmen oder Investitionen in die Kinderbetreuung sind häufiger anzutreffen als Maßnahmen zum Abbau der Geschlechtersegregation auf dem Arbeitsmarkt, zur Beseitigung des geschlechtsspezifischen Lohngefälles oder zur Förderung des Aufstiegs von Frauen in Führungspositionen.

Die Gefahr einer Verschärfung der Geschlechtersegregation scheint besonders hoch zu sein in Wachstumssektoren wie z. B. in der Informationstechnologie. Die meisten Maßnahmen in den entsprechenden Bereichen tragen den geschlechtsspezifischen Ungleichheiten keine Rechnung, und Ansätze zur Förderung einer gleichen Beteiligung von Frauen und Männern sucht man vergebens.

Die Programme in Spanien liefern gute Beispiele für ein breit gefächertes Spektrum von Maßnahmen zur Erhöhung der Erwerbsbeteiligung der Frauen. Bei insgesamt 12 Interventionen in Ziel-1-Regionen wurden in acht Fällen folgende Maßnahmen genannt: Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit der Frauen; Förderung der unternehmerischen Tätigkeit von Frauen (z. B. durch Unterstützung von Unternehmensgründungen); Bekämpfung von vertikaler und horizontaler Segregation und Lohndiskriminierung; Förderung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Jede Region sieht hier eine ganze Palette verschiedener Maßnahmen vor: Aus- und Weiterbildung (insbesondere in Sektoren, in denen Frauen unterrepräsentiert sind); Finanzhilfen für Unternehmen, die arbeitslose Frauen einstellen; Gründung und Konsolidierung von Frauenunternehmen (von Frauen gegründete / betriebene / geleitete Unternehmen); Informations- und Verbreitungskampagnen; Forschung; Förderung des Aufstiegs von Frauen in Entscheidungspositionen usw.

Das portugiesische Ziel-1-Programm ,Beschäftigung, Ausbildung und soziale Entwicklung" enthält eine Maßnahme zur ,Förderung der Chancengleichheit für Frauen und Männer", die die verschiedensten Akteure und Aktionen abdeckt und sich in drei Gruppen von Projekten untergliedert:

1) strukturelle Maßnahmen, einschließlich Studien und Statistiken, Sensibilisierung und Ausbildung, Verleihung von Auszeichnungen an Unternehmen und öffentliche Einrichtungen, Einrichtung einer Beobachtungsstelle für Gender-Mainstreaming

2) Unterstützung von Interventionen zur Förderung der Geschlechtergleichstellung, z. B. Unterstützung von Arbeitgebern, die neue Arbeitsmodelle einführen, Förderung des Zugangs von Frauen zur Ausbildung im Bereich Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) und zu männerdominierten Berufen

3) Unterstützung von im Bereich der Geschlechtergleichstellung tätigen NRO (Entwicklung von Handlungskompetenzen)

3.1.2. Vom EFRE geförderte Gleichstellungsmaßnahmen

Nur wenige der vom EFRE finanzierten Programme enthalten spezifische Maßnahmen zur Förderung der Geschlechtergleichstellung. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um Programme für Ziel-1-Regionen - beispielsweise in Italien, im Vereinigten Königreich und in Finnland -, die im Bereich der Förderung der lokalen Entwicklung oder der Stadtentwicklung oder im Bereich Innovation und Forschung und Entwicklung angesiedelt sind.

Eine Gruppe der im Rahmen dieser Programme geförderten Projekte stellt ab auf die Unterstützung des Dienstleistungssektors, wie z. B. auf die Entwicklung neuer Dienstleistungsstrukturen oder die Erprobung von Sozialdiensten, die zur Erhöhung der Erwerbsbeteiligung beitragen.

Mehrere Aktionen betreffen den Bereich Gesundheit, so z. B. Maßnahmen zur gesundheitlichen Aufklärung, einschließlich Kampagnen zur Vermeidung von Teenager-Schwangerschaften oder zur Bekämpfung von Alkohol- und Drogenmissbrauch.

Einige Projekte zielen ab auf die Verbesserung der Lebens- und Umweltbedingungen auf lokaler Ebene und in städtischen Gebieten. Hier wären Projekte zu nennen zur Entwicklung neuer Beteiligungskonzepte, zur Förderung eines aktiven Engagements der Bürgerinnen und Bürger für ihre Umwelt oder zur Förderung des Wohlergehens von Kindern und Jugendlichen. Bei anderen Projekten geht es um kommunale Bauplanung und Immobilienverwaltung, insbesondere um Strategien, mit denen bezweckt wird, geschlechtsspezifische, behinderungsbedingte oder altersbedingte Probleme bezüglich Mobilität, Zugang zu Dienstleistungen und Sicherheit anzugehen.

Eine weitere Gruppe von Aktionen betrifft den Bereich Innovation und Informationsgesellschaft. Zu diesen Aktionen zählen Initiativen zur Förderung der Frauenbeteiligung in den Bereichen Innovation und Forschung und Entwicklung oder Initiativen zur Einbeziehung der Geschlechterperspektive bei Fördermaßnahmen im Bereich Planung und Management von Wissenschaftsparks, Innovationszentren und Zentren für Technologie und neue Medien.

Ferner laufen einige Aktionen zur Unterstützung von Kinderbetreuungsprojekten bzw. -einrichtungen und zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Insbesondere auf dem Gebiet der Kinderbetreuung werden die Fonds im Vergleich zum vorangegangen Programmplanungszeitraum verstärkt tätig und haben ihre Zusammenarbeit intensiviert, so beispielsweise in Irland, Griechenland und Italien, wo sowohl der ESF als auch der EFRE Kinderbetreuungseinrichtungen unterstützen.

Ein gutes Beispiel ist hier das Ziel-1-Programm für Ostfinnland. Zweck der Maßnahme ,Entwicklung der Strukturen des täglichen Lebens" in der Ergänzung zur Programmplanung ist es, neue Formen der Beteiligung sowie innovative Dienstleistungsstrukturen und -tätigkeiten zu entwickeln. Dabei soll das Potenzial der Zivilgesellschaft genutzt werden, und es sollen neue Formen der Interaktion zwischen verschiedenen Personengruppen und zwischen Arbeitsleben und Freizeit entstehen. Was den Aspekt der Geschlechtergleichstellung anbelangt, sollen durch diese Aktivitäten insbesondere neue Arbeitsplätze für Frauen geschaffen werden. Durch die Integration der Informationstechnologie in das tägliche Leben wird das technische Interesse von Frauen gefördert und die Marktnachfrage nach den Qualifikationen der Frauen im IT-Sektor gesteigert.

Mit der Ergänzung zur Programmplanung des italienischen Ziel-1-Programms für die Region Mezzogiorno wird bezweckt, im Rahmen der Förderung von Kompetenzzentren insbesondere unternehmerische Initiativen von Frauen im Bereich Umweltschutz zu unterstützen.

3.1.3. Vom EAGFL und vom FIAF geförderte Gleichstellungsmaßnahmen

Die geschlechtsspezifische Dimension ist bei den meisten der vom EAGFL und vom FIAF finanzierten Maßnahmen weniger deutlich sichtbar, als dies bei den ESF-Programmen der Fall ist.

Bei der Durchführung der EAGFL-Verordnung [13] sind gewisse Hindernisse zu Tage getreten, durch die eine Integration des Grundsatzes der Geschlechtergleichstellung erschwert wird. Die meisten Fördermittel kommen dem Agrarsektor zugute, in dem die Frauen unterrepräsentiert sind. Die Maßnahmen konzentrieren sich auf landwirtschaftliche Betriebe, und die Begünstigten sind die Eigentümer der Betriebe. Angesichts der Tatsache, dass nur in einem von fünf Fällen der Eigentümer eine Frau ist, sind die Chancen für Frauen, dass ihnen die Projekte direkt zugute kommen, deutlich geringer. Ehefrauen von Landwirten und weibliche Beschäftigte gehören bei dieser Art der Förderung nicht zu den Begünstigten.

[13] Siehe Fußnote 7.

Bei den meisten Programmen ist zu beklagen, dass es nicht nur an geschlechterdifferenzierten Statistiken fehlt, sondern auch an Analysen der geschlechtsspezifischen Ungleichheiten in ländlichen Regionen, in der Landwirtschaft und im Fischersektor ebenso wie an Bewertungen der geschlechtsspezifischen Auswirkungen der Maßnahmen. In einigen Programmen werden zwar ausdrücklich die Benachteiligungen der Frauen genannt, doch werden keine gezielten Maßnahmen ergriffen, um sicherzustellen, dass Frauen in gleicher Weise einbezogen werden und in gleicher Weise von den Maßnahmen profitieren. Geschlechtsspezifische Ungleichgewichte können sich sogar verstärken, wenn beispielsweise - wie dies bei einer Maßnahme der Fall war, mit der junger Landwirte ermutigt werden sollten, einen landwirtschaftlichen Betrieb zu übernehmen oder zu sanieren - ausdrücklich vorgesehen ist, dass weniger als 6 % der Begünstigten Frauen sein werden. Nur in Ausnahmefällen werden Mittel bereitgestellt für die Frauenförderung durch Festlegung von Quoten. Einige Regionen (z. B. die Region Provence-Alpes-Côte d'Azur in Frankreich) sind dazu übergegangen, die Geschlechtergleichstellung als ein Kriterium bei der Projektauswahl zugrunde zu legen.

Maßnahmen in Bereichen, in denen Frauen stärker vertreten sind, machen in den Programmen lediglich einen ganz geringen Prozentsatz aus. Maßnahmen, die sich positiv auf die Geschlechtergleichstellung auswirken können, betreffen im Wesentlichen die Aspekte Diversifizierung, Ausbildung, neue Beschäftigungsmöglichkeiten, Gründung von Kleinunternehmen im Bereich des regionalen Tourismus, Herstellung und Verkauf regionaler Produkte, Kinderbetreuung.

Einige der Entwicklungspläne für den ländlichen Raum bekräftigen zwar den Grundsatz der Geschlechtergleichstellung, verweisen hier jedoch auf andere Fonds, insbesondere auf den ESF, der in ländlichen Gebieten tätig wird, wenn es um Berufsbildung und Beschäftigung geht, und auf den EFRE, der zuständig ist, wenn es um Ausrüstung, Dienstleistungen oder kleine und mittlere Unternehmen geht. Während alle Regionen in den Genuss von ESF-Zuschüssen kommen können, haben zu den EFRE-Fördermitteln ausschließlich diejenigen Regionen Zugang, die als Ziel-1- oder Ziel-2-Regionen eingestuft sind.

Im Rahmen der vom EAGFL finanzierten Gemeinschaftsinitiative LEADER+ haben einige Mitgliedstaaten für die Partnerschaften innerhalb der lokalen Aktionsgruppen Frauenquoten festgelegt: 40 % in Schweden - mit dem Ziel einer Erhöhung auf 50 %; 20 % in den Niederlanden. In den im Rahmen von LEADER+ vorgelegten Programmen werden die spezifischen Bedürfnisse der Frauen in ländlichen Gebieten berücksichtigt. Da die Programme jedoch gerade erst angelaufen sind, ist es noch verfrüht, Aussagen darüber zu machen, inwieweit die Festlegung dieser neuen Priorität den Frauen in ländlichen Regionen zugute kommen wird.

Die unzureichende Berücksichtigung der Geschlechterperspektive wurde im Mai 2002 auf der Tagung der Landwirtschaftsminister thematisiert. In seinen Schlussfolgerungen forderte der Rat eine Förderung der Chancengleichheit von Frauen und Männern auf europäischer Ebene und ihre Einbeziehung in sämtliche Programme, denen Mittel aus den Strukturfonds gewährt werden. Die entsprechenden Zusagen sollten nunmehr in konkrete Ziele, Aktionen und Maßnahmen umgesetzt werden. [14]

[14] 2428. Tagung des Rates - Landwirtschaft - Brüssel, 27. Mai 2002, 8959/02 (Presse 148).

Die Programmplanung 2000-2006 im Bereich der Gemeinsamen Fischereipolitik trägt dem Gender-Mainstreaming und den Lebens- und Arbeitsbedingungen und Bedürfnissen der Frauen im Fischereisektor Rechnung. Dabei stützt man sich auf die in der Studie zur Rolle der Frauen im Fischereisektor in den 15 Mitgliedstaaten enthaltenen Empfehlungen sowie auf nationale/regionale Initiativen. Das Gender-Mainstreaming hat auch Eingang in die Verordnung Nr. 2792/1999 [15] gefunden:

[15] Verordnung (EG) Nr. 2792/1999 des Rates vom 17. Dezember 1999 zur Festlegung der Modalitäten und Bedingungen für die gemeinschaftlichen Strukturmaßnahmen im Fischereisektor (siehe Fußnote 2).

- In Anknüpfung an die mit dem vorangegangenen Programm gemachten Erfahrungen werden mit Artikel 11 die Tätigkeiten der Fischerfamilien, Umschulungs- und Fortbildungsmaßnahmen sowie die Verbesserung der Hygiene- und Arbeitsbedingungen in der handwerklichen Küstenfischerei in die Aktivitäten des FIAF integriert.

- Mit Artikel 15 trägt die Verordnung Maßnahmen von allgemeinem Interesse Rechnung, ,die über das normale Maß privaten Unternehmertums hinausgehen", - ein Bereich, in dem Frauen eine wichtige Rolle spielen. Vorgesehen ist unter anderem die Finanzierung von Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen an Land oder die Einrichtung von Gewerbehöfen (Frauen können auch einer anderen wirtschaftlichen Tätigkeit an Land nachgehen).

Positive Beispiele einer tatsächlichen Umsetzung des Gender-Mainstreaming finden sich aber nur selten. Im Bestreben, für eine stärkere Berücksichtigung der Geschlechterperspektive zu sorgen, wird die Kommission im Januar 2003 in Brüssel eine Konferenz zur Rolle der Frau im Fischereisektor veranstalten, auf der Erfahrungen und Good Practice ausgetauscht und vielversprechende Benchmarking-Initiativen vorgestellt werden sollen.

3.2. Strategie zur Verwirklichung der Geschlechtergleichstellung

Der für den Zeitraum 2000-2006 festgelegte rechtliche Rahmen hat dazu beigetragen, dass dem Aspekt der Geschlechtergleichstellung in den Programmplanungsdokumenten nunmehr größere Beachtung geschenkt wird. Die Mitgliedstaaten haben sich das Ziel der Geschlechtergleichstellung zwar zu Eigen gemacht, doch lassen viele Programme eine konkrete Umsetzung vermissen. In den meisten Programmen fällt die große Diskrepanz zwischen Analyse und Programmstrategie auf. Eine Analyse der unterschiedlichen sozioökonomischen Situation von Frauen und Männern - zum Zwecke der Definition der zu überwindenden Hindernisse - findet sich nur in einigen wenigen Plänen und Programmen. Aber auch da, wo in der Analyse eindeutig geschlechtsspezifische Unterschiede diagnostiziert werden, wird die Strategie zum Abbau dieser Unterschiede und zur Verwirklichung der Geschlechtergleichstellung nicht immer der Analyse gerecht. So werden beispielsweise die an den Daten ablesbaren ernsthaften Probleme und Benachteiligungen hinsichtlich der Situation der Frauen am Arbeitsmarkt und im Wirtschaftsleben häufig in der Strategie, in den Prioritäten und in den Maßnahmen nicht aufgegriffen. Die in den Programmen enthaltenen Analysen münden nicht immer in die Definition strategischer Gleichstellungsziele oder in die Festlegung konkreter Maßnahmen in den Ergänzungen zur Programmplanung ein.

3.2.1. Sichtbarkeit der Doppelstrategie: Gender-Mainstreaming und spezifische Maßnahmen

Die Gemeinschaftlichen Förderkonzepte (GFK) und Einheitlichen Programmplanungsdokumente (EPPD) zielen häufig darauf ab, die Geschlechtergleichstellung zur Querschnittsaufgabe bei allen Aktionen und Programmprioritäten zu machen und gleichzeitig gezielte Maßnahmen zum Abbau geschlechtsspezifischer Benachteiligungen zu treffen. Wir bereits in den vorangegangenen Programmplanungszeiträumen, ist der ESF der Fonds, bei dem dieser duale Ansatz am deutlichsten sichtbar wird.

Viele der Interventionen im Rahmen von Ziel 1 und Ziel 2 sehen unter anderem spezifische Maßnahmen zur Förderung der Geschlechtergleichstellung vor. Obwohl solche spezifischen Maßnahmen - klar und deutlich als Teil der Gender-Mainstreaming-Strategie ausgewiesen - bereits seit über zehn Jahren im Rahmen der Strukturfondsprogramme und -initiativen propagiert werden, finden sie in etwa einem Drittel der Programme keinerlei Erwähnung.

Instrumente oder Verfahren zur Gewährleistung der Geschlechtergleichstellung in den Maßnahmen und Prioritäten im Rahmen der Regelförderung sind - in gewissem Umfang - bei 70 % der Ziel-2-Interventionen vorgesehen, aber nur bei den wenigsten Ziel-1-Interventionen. [16]

[16] Die Zahlenangaben zu den Ziel-1- und Ziel-2-Programmen in Kapitel III stammen aus der Studie ,Integration of equal opportunities in Objective 1 and Objective 2 Structural Fund programme documents".

Zwar wird häufig die Absicht bekundet, die Gender-Problematik als Querschnittsthema anzugehen, doch wird die geschlechtsspezifische Dimension bei der Darstellung der Prioritäten und Maßnahmen ausgespart, beispielsweise in den Ergänzungen zur Programmplanung. Nur in wenigen Programmen ist ein echter ,Querschnittsansatz" erkennbar. Entsprechende Programme sehen eine systematische Bewertung der geschlechtsspezifischen Auswirkungen sowie ein Instrumentarium vor, mit dem sichergestellt wird, dass der Aspekt der Geschlechtergleichstellung ein Kriterium bei Auswahl, Begleitung und Bewertung der Projekte ist. Positive Beispiele finden sich in Deutschland (Ziel-2-Programme für Bayern, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen; Ziel-1-Programme für Berlin, Brandenburg und Sachsen-Anhalt), im Vereinigten Königreich (Ziel-2-Programme für Nordwestengland und Yorkshire & Humber; Ziel-1-Programme für Süd-Yorkshire und West-Wales und the Valleys) und in Finnland (Ziel-1-Programm für Ostfinnland).

Das Ziel-2-Programm für Nordwestengland präsentiert eine ausgefeilte, umfassende Gender-Mainstreaming-Strategie als Querschnittsthema. Für die drei vertikalen Prioritäten wurden spezifische Chancengleichheitsziele definiert. Dabei geht es insbesondere um die Zahl der neu geschaffenen oder der gesicherten Arbeitsplätze, um die Zahl der unterstützten Unternehmensgründungen und KMU und um die positiven Auswirkungen in Bezug auf Lernen, Beschäftigung, selbständige Erwerbstätigkeit und Gründung von Kleinstunternehmen. Die Chancengleichheitsstrategie stützt sich auf drei Instrumente: Kriterien für die Bewertung von Projekten (unter Zugrundelegung eines Punktesystems), eine Equal Opportunities Advisory Group und Unterstützung und Beratung für Projektträger.

- Empfehlung / Erforderliche Maßnahmen:

Die Programmverantwortlichen auf allen Ebenen müssen deutlich ihre Entschlossenheit bekunden, das Gender-Mainstreaming als durchgängige Priorität im Rahmen aller Fonds und aller Ziele voranzubringen.

3.2.2. Zielvorgaben, Daten und Indikatoren

Konkrete Zielvorgaben für den Abbau der Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern (z. B. Verringerung der vertikalen oder horizontalen Segregation auf dem Arbeitsmarkt oder Abbau des geschlechtsspezifischen Lohngefälles) und für die Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern (z. B. Erhöhung der Frauenerwerbsquote, Erhöhung der Zahl der Unternehmensgründerinnen) werden nur selten gemacht. Für alle Ziele finden sich quantifizierte Zielvorgaben nur für wenige Interventionen, für Ziel 1 beispielsweise in den Programmen für das Burgenland (Österreich), für Thüringen (Deutschland) und für Nordfinnland, im portugiesischen Programm für Berufsbildung und soziale Integration und im Programm für Süd-Yorkshire (Vereinigtes Königreich).

Das Programm für Guadeloupe (Frankreich) enthält gleich mehrere quantifizierte Zielvorgaben: Abbau der Arbeitslosigkeit bei den Frauen um 25 % bis zum Jahr 2006; Ausbildungsmaßnahmen für 60 500 Frauen (= 55 %); Schulungen für 125 Unternehmerinnen (= 50 %); Bildungsmaßnahmen für 1947 Analphabetinnen (= 59 %).

In Übereinstimmung mit Artikel 36 Absatz 2 der allgemeinen Verordnung werden für die überwiegende Mehrheit der Interventionen im Rahmen aller drei Ziele zumindest einige Basisdaten nach Geschlecht aufgeschlüsselt, soweit es um die Diagnose der Situation geht. Einige Programme enthalten gar systematische und umfassende nach Geschlecht aufgeschlüsselte Statistiken.

Eine bestimmte Anzahl von nach Geschlecht aufgeschlüsselten Daten ist Voraussetzung für die Entwicklung von Gleichstellungsindikatoren, also von Indikatoren zur Beobachtung von geschlechtsspezifischen Unterschieden und zur Messung der Fortschritte auf dem Weg zur Geschlechtergleichstellung.

Tatsächlich wird bei etwa 50 % der Ziel-1-Interventionen und bei etwa 30 % der Ziel-2-Interventionen auf jegliche geschlechterdifferenzierten Indikatoren bzw. Gleichstellungsindikatoren verzichtet. Lediglich bei einer sehr geringen Anzahl von Interventionen werden systematisch entsprechende Indikatoren verwendet, zum Beispiel in Deutschland, Spanien, Finnland, Portugal und im Vereinigten Königreich.

In Irland nennt das RTDI [17] für die Teilmaßnahme Forschung im Bereich Forstwirtschaft (Ergänzung zur Programmplanung für Ziel 1) folgende Indikatoren zur Messung der Geschlechtergleichstellung:

[17] Research, Technological Development and Innovation (Forschung, technologische Entwicklung und Innovation).

- jeweiliger Frauen- und Männeranteil bei kurzfristigen Forschungsaufträgen (Zielvorgabe für 2006: jeweils mindestens 45 %);

- jeweiliger Frauen- und Männeranteil beim Personal des COFORD [18] (Zielvorgabe für 2006: jeweils mindestens 40-50 %).

[18] Irish National Council for Forest Research and Development (Irischer nationaler Beirat für Forschung und Entwicklung in der Forstwirtschaft).

- Empfehlung / Erforderliche Maßnahmen:

Die systematische Verfügbarmachung und Nutzung von geschlechterdifferenzierten Daten und quantifizierten Indikatoren und Zielvorgaben ist erforderlich, um die Wirksamkeit der Strukturfondsmaßnahmen im Bereich der Geschlechtergleichstellung zu bewerten, insbesondere mit Blick auf die Halbzeitüberprüfung. Für die Halbzeitbewertung - eine zentrale Komponente der Halbzeitüberprüfung - sind geeignete Gleichstellungsindikatoren erforderlich, die - anstelle einer rein zahlenmäßigen Erfassung - den Abbau von Disparitäten oder Verbesserungen hinsichtlich der Gleichstellung von Frauen und Männern als konkrete Ergebnisse bzw. Auswirkungen erfassen.

3.3. Instrumente zur Implementierung des Gender-Mainstreaming in Programmplanung und -durchführung

Gender-Mainstreaming ist eine relativ neue Methode. Das Gender-Mainstreaming in den nationalen Politiken und Programmen zu implementieren ist keine leichte Aufgabe. Daher ist es von entscheidender Bedeutung, dass sämtliche Ressourcen und die gesamte Fachkompetenz mobilisiert werden. In den Strukturfonds kann dies an verschiedenen Stellen geschehen: Ex-ante-Bewertung, Partnerschaften, Begleitausschüsse, Schulungsmaßnahmen, Ressourcenallokation, Kriterien für die Projektauswahl, Information und Publizität.

Ex-ante-Bewertung der geschlechtsspezifischen Dimension

Trotz der klar formulierten Vorgaben in Artikel 41 Absatz 2 Buchstabe c der allgemeinen Strukturfondsverordnung ist in einem Großteil der Programme keine Ex-ante-Bewertung der Gleichstellungssituation vorgesehen.

Ein positives Beispiel ist die Ex-ante-Bewertung im Rahmen des spanischen Ziel-1-Programms für Andalusien. Der eigentlichen Bewertung geht eine umfassende Analyse/Diagnose der Situation der Frauen auf dem Arbeitsmarkt voraus - unter Berücksichtigung der Faktoren Branche, Alter, Lohn/Gehalt, in Aus- und Weiterbildung, in den Unternehmen, in ländlichen Gebieten, Vereinbarkeit von Familie und Beruf usw. Die Analyse beruht auf aktuellen, nach Geschlecht aufgeschlüsselten Daten. Eine derartige Analyse gibt Aufschluss über die Ursachen der diagnostizierten Geschlechterungleichgewichte, gegen die es anzugehen gilt. Die Ex-ante-Bewertung fasst die Schlussfolgerungen in einer Matrix zusammen, in der der Grad der Übereinstimmung jeder einzelnen Priorität und jeder einzelnen Maßnahme des Programms mit den Prioritäten der EU im Bereich der Chancengleichheit dargestellt wird. Die Auswirkungen werden mit folgenden ,Noten" bewertet: ,hohe Wirkung", ,mittlere Wirkung", ,geringe Wirkung", ,Bewertung nicht möglich". Darüber hinaus werden die angestrebten Ergebnisse quantifiziert in Form konkreter Angaben zur Zahl der Frauen, denen die Maßnahmen zugute kommen sollen. Um sicherzustellen, dass die angestrebten Ergebnisse auch erreicht werden, werden einige in die Ergänzung zur Programmplanung aufzunehmende Maßnahmen und Indikatoren vorgeschlagen sowie die Einrichtung einer Beobachtungsstelle. Bedauerlicherweise wurden Diagnose, Bewertung und Empfehlungen nicht in vollem Umfang in der Ergänzung zur Programmplanung umgesetzt.

Gleichstellungspartnerschaften

Artikel 8 Absatz 1 der allgemeinen Verordnung bestimmt ausdrücklich, dass beim Aufbau einer Partnerschaft der Förderung der Chancengleichheit für Männer und Frauen Rechnung zu tragen ist. Einschlägige Kenntnisse und Kompetenzen auf dem Gebiet der Geschlechtergleichstellung - zum richtigen Zeitpunkt und auf der richtigen Ebene eingesetzt - sind entscheidend für den Erfolg von Plänen und Programmen.

So ist in der Mehrzahl der Programmplanungsdokumente zu Ziel 2 und Ziel 3 auch eine Konsultation mit den für Gleichstellungsfragen zuständigen Stellen bei der Ausarbeitung der Programme vorgesehen. In den meisten Fällen beschränkte man sich jedoch auf formale Konsultationen mit nationalen oder regionalen Gleichstellungsgremien oder -stellen. Nur selten wurden im Bereich der Geschlechtergleichstellung engagierte Organisationen, einschließlich NRO, systematisch eingebunden, wie beispielsweise bei den Ziel-2-Programmen in Österreich, Deutschland und Spanien. Hingegen war in etwa vier von fünf Ziel-1-Programmen keine Rede von Konsultationen mit Gleichstellungsstellen.

In Regionen, in denen bereits im vorangegangenen Programmplanungszeitraum Partnerschaften mit im Bereich der Geschlechtergleichstellung tätigen Organisationen bestanden, spielen diese eine wichtige Rolle und werden auch im laufenden Programmplanungszeitraum in allen Phasen einbezogen, so die Regionalstellen ,Frau und Beruf" in Nordrhein-Westfalen (Deutschland) und die Arbeitsgruppe ,Frauen und Wirtschaft" in Berlin. In Berlin wurde Ende 2000 unter Federführung des zuständigen Ministeriums ein ,Gender-Beirat" eingerichtet, der die weitere Implementierung des Gender-Mainstreaming bei allen Strukturfondsinterventionen begleitet und beratend tätig wird.

- Empfehlung / Erforderliche Maßnahmen:

Verwaltungsbehörden, Begleitausschüsse, Programmverwalter auf lokaler Ebene und Projektträger sind aufgefordert, auf allen Ebenen und in allen Phasen der Durchführung eine partnerschaftliche Zusammenarbeit mit Experten für Fragen der Geschlechtergleichstellung anzustreben und zu praktizieren, z. B. in Form von regelmäßigen Treffen oder Konsultationen, Ad-hoc-Zusammenkünften zu bestimmten Themen, Arbeitsgruppen usw.

Begleitausschüsse

Ausgewogene Beteiligung von Frauen und Männern

Mehrere Mitgliedstaaten haben ihre Absicht bekundet, in Übereinstimmung mit Artikel 35 Absatz 1 der allgemeinen Strukturfondsverordnung eine ausgewogene Beteiligung von Frauen und Männern in den Begleitausschüssen anzustreben. Bei den entsprechenden Erklärungen scheint es sich jedoch häufig eher um eine Empfehlung als um eine Verpflichtung zu handeln. Nur 16 % der Ziel-2-Programme und 14 % der Ziel-1-Programme enthalten eine klare Absichtserklärung, für ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis in den Begleitausschüssen zu sorgen. Am schlechtesten schneiden Belgien, Spanien, Frankreich, Italien, Portugal und die Niederlande ab, wo dieser Aspekt in den Ziel-1- und Ziel-2-Regionen praktisch gar nicht erwähnt wird.

Berücksichtigung des Aspekts der ausgewogenen Beteiligung von Frauen und Männern in den Begleitausschüssen (gemäß den Programmplanungsdokumenten für Ziel 1 und Ziel 2)

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Einbeziehung von Gender-Experten

Für die meisten Ziel-1- und Ziel-3-Interventionen gilt, dass die für Geschlechtergleichstellung zuständigen nationalen bzw. regionalen Organisationen und Stellen formell in den Begleitausschüssen vertreten sind. Hingegen findet sich bei fast 60 % der Ziel-2-Interventionen keinerlei Hinweis auf eine Einbeziehung entsprechender Organisationen. Eine lobenswerte Ausnahme bilden hier einige Ziel-1- und Ziel-2-Programme in Deutschland und im Vereinigten Königreich, wo sehr präzise Angaben gemacht werden.

Im Ziel-2-Programm für Bayern (Deutschland) werden ausdrücklich sämtliche Gleichstellungsinstanzen genannt, die in den Begleitausschüssen vertreten sind: zuständige Behörden, Frauen-NRO, zuständige Stellen für Familienfragen sowie mehrere Vertreter der lokalen Ebene.

Im Ziel-2-Program für Yorkshire & Humber (Vereinigtes Königreich) wird ausdrücklich auf die Mitwirkung des Equal Opportunities Council und des Women's Training Network hingewiesen.

Arbeitsgruppen zum Thema Geschlechtergleichstellung

Bei der überwiegenden Mehrheit - fast drei Viertel - der Ziel-1- und Ziel-2-Interventionen - findet sich keinerlei Hinweis auf die Einrichtung von Arbeitsgruppen für Fragen der Geschlechtergleichstellung. Nur in ganz wenigen Fällen wird die Einsetzung solcher Gruppen ausdrücklich erwähnt.

Die im Rahmen des Begleitausschusses für das Ziel-3-Programm in Schweden eingesetzte Arbeitsgruppe für Fragen der Geschlechtergleichstellung beobachtet das gesamte Programm unter dem Aspekt der Gender-Problematik und kann erforderlichenfalls Änderungen vorschlagen. Unter anderem kann sie Vorschläge unterbreiten für die Verwendung der speziell für die Förderung der Geschlechtergleichstellung vorgesehenen Mittel. Die Arbeitsgruppe hat für sämtliche am Ziel-3-Programm beteiligten Akteure (sofern das Ziel-3-Programm nicht der Gleichstellungsproblematik gewidmet ist) eine nationale Konferenz über Geschlechtergleichstellung veranstaltet und erstellt - in Zusammenarbeit mit der nationalen Ombudsstelle für Geschlechtergleichstellung - einen Ratgeber zum Umgang mit der Gleichstellungsproblematik, der sich insbesondere an kleine Betriebe mit weniger als 10 Beschäftigten wendet.

- Empfehlung / Erforderliche Maßnahmen:

Die Begleitausschüsse sind die zentralen Akteure bei der Überwachung der Durchführung der Programme und der Zielerreichung. Die Kenntnis der Gleichstellungsziele und der Gender-Mainstreaming-Instrumente ist daher von grundlegender Bedeutung und muss sichergestellt werden durch die Einrichtung spezieller Arbeitsgruppen, durch die Einbeziehung von Gender-Experten sowie durch ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis in den Ausschüssen.

Schulungen zum Thema Gender-Mainstreaming

Die konsequente Implementierung des Gender-Mainstreaming ist keine leichte Aufgabe und erfordert eine Schulung in der Nutzung der verschiedenen Instrumente. Bei 85 % der Interventionen sind jedoch keinerlei Sensibilisierungs- oder Schulungsmaßnahmen für die Mitarbeiter der für die Strukturfonds zuständigen Behörden oder für die Mitglieder der Begleitausschüsse vorgesehen. Positive Beispiele finden sich hier nur in einigen wenigen Programmen, zum Beispiel in Deutschland, im Vereinigten Königreich und in Irland.

In Irland werden Gender-Mainstreaming-Schulungen angeboten für die Mitglieder der Begleitausschüsse und all diejenigen, die tagtäglich mit der Durchführung des ESF-Maßnahmen befasst sind. Die ,NDP Gender Equality Unit" beim Ministerium für Justiz, Gleichberechtigung und Rechtsreform führt Schulungen durch für politische Entscheidungsträger und Durchführungsstellen, z. B. zum Thema ,Gender-Mainstreaming und Stadtentwicklung".

- Empfehlung / Erforderliche Maßnahmen:

Abgesehen von den in Programmplanung und -durchführung einbezogenen Gender-Experten benötigen auch diejenigen eine Schulung, die Einfluss nehmen auf die Durchführung der Programme: dabei gilt es, den Nutzen des Gender-Mainstreaming zu verdeutlichen und die wichtigsten Instrumente für ein effektives Gender-Mainstreaming vorzustellen. Geschult werden müssen die Mitglieder der Begleitausschüsse, die Verwaltungs- und Zahlstellen, diejenigen, die für die Bewertung der Projekte zuständig sind, die Mitarbeiter der Programmsekretariate, Antragsteller und Projektträger.

Ressourcenallokation für spezifische Maßnahmen zur Förderung der Geschlechtergleichstellung

Die für spezifische Maßnahmen zur Förderung der Geschlechtergleichstellung bereitgestellten Finanzmittel fallen von einem Mitgliedstaat zum anderen und von einem Programm zum anderen unterschiedlich hoch aus.

Innerhalb des ESF werden für den Politikbereich e (Arbeitsmarktzugang und -beteiligung der Frauen) lediglich 6 % - und damit im Vergleich zu den übrigen Politikbereichen der geringste Anteil - der insgesamt eingesetzten Fördermittel aufgewandt. Auf Bereich a (aktive Arbeitsmarktpolitik) entfällt mit 24 % der größte Anteil, gefolgt von Bereich d (Anpassungsfähigkeit der Arbeitskräfte) mit 24 %, Bereich c (lebensbegleitendes Lernen) mit 21 % und Bereich b (soziale Eingliederung) mit 15 %. [19]

[19] Die Zahlenangaben wurden der Studie ,Überblick über die vorgeschlagene Umsetzung der ESF-Verordnung in der EU" entnommen.

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Lediglich drei Mitgliedstaaten - nämlich Österreich, Italien und Deutschland - liegen mit ihren Aufwendungen für den Politikbereich e über dem EU-Durchschnitt. Ein Vergleich der jeweils für diesen Bereich bereitgestellten Mittel ist jedoch problematisch, da eine relativ geringe Mittelzuweisung in einem Mitgliedstaat nicht zwangsläufig bedeutet, dass der Geschlechterfrage ein geringer Stellenwert beigemessen wird, sondern auch ein Indiz dafür sein kann, dass im Rahmen der übrigen Politikbereiche Maßnahmen zur Förderung der Geschlechtergleichstellung unterstützt werden.

Bei einer Gegenüberstellung der geschlechtsspezifischen Unterschiede bei den Beschäftigungsquoten und der ins Auge gefassten ESF-Ausgaben für spezifische Maßnahmen zugunsten von Frauen könnte man den Eindruck gewinnen, dass einige Mitgliedstaaten, in denen die geschlechtsspezifischen Unterschiede stark ausgeprägt sind, deutlich weniger Mittel aufwenden als andere Mitgliedstaaten mit einer wesentlich geringer ausgeprägten geschlechtsspezifischen ,Beschäftigungslücke". [20]

[20] Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament und den Wirtschafts- und Sozialausschuss: Unterstützung der Europäischen Beschäftigungsstrategie durch den Europäischen Sozialfonds, 23.01.2001, KOM(2001) 16 endgültig/2, Anhang 5.

>VERWEIS AUF EIN SCHAUBILD>

Den im Arbeitspapier der Kommissionsdienststellen zu den Ergebnissen der Programmplanung im Rahmen der Strukturfonds für den Zeitraum 2000-2006 (Ziel 1 - Technische Anhänge) enthaltenen Angaben zufolge entfallen 29,63 % der Mittel auf die Förderung der Humanressourcen, davon 4,6 % auf spezifische Maßnahmen zur Frauenförderung am Arbeitsmarkt. [21]

[21] SEK(2001) 1140/2 vom 18. Juli 2001.

- Empfehlung / Erforderliche Maßnahmen:

Im Rahmen der Halbzeitüberprüfung sollte bewertet werden, ob die Mittelausstattung für Maßnahmen zur Förderung der Geschlechtergleichstellung angemessen ist. Eine ausreichende Mittelzuweisung ist eine wesentliche Voraussetzung für den Erfolg des dualen Ansatzes, der auf eine Kombination von Gender-Mainstreaming und spezifischen Maßnahmen setzt.

Geschlechtergleichstellung als Kriterium für die Projektauswahl

In weniger als 25 % der Programme wird die Geschlechtergleichstellung konsequent als eines der Kriterien für die Projektauswahl im Rahmen des gesamten Programms oder der meisten Prioritäten und Maßnahmen herangezogen. Bei einigen Programmen werden bei der Projektauswahl Punktesysteme angewandt. Als positive Beispiele können verschiedene Programme in Deutschland, Spanien, Griechenland, Finnland, Portugal und im Vereinigten Königreich angeführt werden.

Im Ziel-1-Programm für Campania (Italien) sind die Auswirkungen mit Blick auf die Geschlechtergleichstellung bei verschiedenen Maßnahmen eines der Hauptauswahlkriterien. Beispiele:

- Förderung der Entwicklung von Kleinstunternehmen in nationalen und regionalen Industrieparks

- Förderung von Einrichtungen zur Erzeugung erneuerbarer Energien und zur Verbesserung der Stromversorgung in Gewerbegebieten

- Förderung der Entwicklung von Kompetenzen und unternehmerischer Tätigkeit in den Bereichen Kultur und Freizeit

- Empfehlung / Erforderliche Maßnahmen:

Die für die Fondsverwaltung zuständigen Stellen sollten klare Projektauswahlkriterien im Hinblick auf die Geschlechtergleichstellung definieren. Die Bewerter sollten Projektvorschläge ablehnen, die diese Kriterien nicht ausreichend berücksichtigen. Mit der Festlegung von Auswahlkriterien allein ist es aber nicht getan, auch die letztlich ausgewählten Projekte müssen einer eingehenden Prüfung unterzogen werden, und die Durchführungsberichte sollten beispielsweise Angaben enthalten zur Zahl der Gleichstellungsprojekte, zur Höhe der dafür aufgewandten Mittel, zu den spezifischen Bereichen, in denen die betreffenden Projekte angesiedelt sind, usw.

Information und Publizität im Bereich Geschlechtergleichstellung

Obwohl in Artikel 46 Absatz 2 Buchstabe a der allgemeinen Verordnung ausdrücklich vorgesehen, bleiben in der Mehrzahl der Programme Maßnahmen in den Bereichen Information und Publizität, die auf Frauen oder Frauenorganisationen abstellen, unerwähnt. Nur ein geringer Prozentsatz - regionale Programme in Österreich, Spanien, Deutschland und im Vereinigten Königreich - geht darauf ein, welche Maßnahmen zu treffen sind, um die mit Frauen- und Gleichstellungsbelangen befassten Organisationen und Gremien zu informieren.

Noch schlechter fallen die Zahlen aus, wenn man die Maßnahmen der technischen Hilfe betrachtet, zu denen gemäß Artikel 23 der allgemeinen Strukturfondsverordnung Erfahrungsaustausch und Weitergabe von Informationen gehören, die für die Partner, die Endbegünstigten und die Öffentlichkeit bestimmt sind. Weniger als 8 % der Ziel-1 und Ziel-2-Programme, namentlich Programme in Österreich, Deutschland und im Vereinigten Königreich, sehen auf Frauen- oder Gleichstellungseinrichtungen abzielende Maßnahmen der technischen Hilfe vor. Zwar wird dies in der Verordnung nicht ausdrücklich verlangt, doch kann der Umfang der technischen Hilfe als Indikator dafür herangezogen werden, inwieweit die Programme um eine Einbeziehung der Frauen und eine Nutzung der Erfahrung und des fachlichen Know-how der einschlägigen Organisation bemüht sind.

In Österreich wurde eine Koordinationsstelle für Gender-Mainstreaming im ESF eingerichtet. Aufgabe dieser Stelle ist es, sämtliche ESF-Akteure bei der Umsetzung des Gender-Mainstreaming zu unterstützen durch Vernetzung (Rundtischgespräche in allen Bundesländern, internationale Kontakte), Beratung und Bereitstellung und Verbreitung von -auch für eine breitere Öffentlichkeit bestimmten - Informationen (Website, Datenbank usw.). [22]

[22] www.gem.or.at

- Empfehlung / Erforderliche Maßnahmen:

Die Verbreitung von Informationen und insbesondere auch von bewährten Verfahren, einschließlich solcher aus vorangegangenen Programmplanungszeiträumen, ist für ein effektives Gender-Mainstreaming unverzichtbar. Kommission und nationale Behörden sollten zusammenarbeiten, um Mechanismen für eine systematische Sammlung und Verbreitung von Informationen und bewährten Verfahren zu entwickeln, beispielsweise in Form von Good-Practice-Leitfäden oder -Handbüchern. Darüber hinaus erfordert die Umsetzung des Gender-Mainstreaming in der Strukturfondsprogrammplanung eine Einbeziehung der Geschlechterperspektive bei Maßnahmen in den Bereichen technische Hilfe und allgemeine Information sowie die Finanzierung von speziell auf Frauen abzielenden Informationsmaßnahmen.

4. Ergebnisse / Empfehlungen

Die Gleichstellung von Frauen und Männern ist eine wesentliche Komponente des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts. Zur effektiven Förderung der Geschlechtergleichstellung verfolgt die EU seit der Vierten Weltfrauenkonferenz in Peking im Jahr 1995 einen dualen Ansatz, der auf einen ausgewogenen Mix von spezifischen Maßnahmen zur Förderung des unterrepräsentierten Geschlechts einerseits und auf das Gender-Mainstreaming - also die durchgängige Einbeziehung der Geschlechterdimension in alle Gemeinschaftspolitiken - andererseits setzt. Dieser Ansatz liegt auch den im Rahmen der Strukturfonds durchgeführten Maßnahmen zur Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern zugrunde.

Gender-Mainstreaming im Rahmen der Strukturfonds bedeutet, dass bei der Vorbereitung, Durchführung, Begleitung und Bewertung aller allgemeinen Maßnahmen und Tätigkeiten die Auswirkungen auf die jeweiligen Situationen der Frauen und Männer erkennbar und aktiv berücksichtigt werden. Dazu gehören auch die Planung, Durchführung, Begleitung und Bewertung von gezielten Maßnahmen und Tätigkeiten zur Förderung der Gleichstellung und zur Unterstützung von Frauen, damit diese gleichberechtigt an den Strukturfondsmaßnahmen teilnehmen und von den Strukturfondsmaßnahmen - und generell vom wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt - profitieren können.

Die Erfahrung zeigt, dass die Gleichstellung der Geschlechter ein komplexer Politikbereich ist und dass der erfolgreichen Umsetzung eines dualen Ansatzes, der spezifische Maßnahmen mit dem Mainstreaming verknüpft, noch eine Reihe von Hindernissen im Wege steht.

Im Folgenden werden einige Empfehlungen formuliert, die darauf abzielen, die Beseitigung dieser Hindernisse unverzüglich in Angriff zu nehmen.

Sofort einzuleitende Maßnahmen

1. Spezifische Fördermaßnahmen für die Angehörigen des unterrepräsentierten Geschlechts sind ein wichtiger erster Schritt. Hierfür sind in deutlich sichtbarer Form entsprechende Finanzmittel bereitzustellen. Die Mitgliedstaaten und ihre zuständigen Verwaltungsbehörden sind aufgefordert, darauf hinzuwirken, dass in sämtlichen Strukturfondsprogrammen die Bedeutung der Gender-Dimension deutlicher herausgestellt und das Bewusstsein für die Problematik geschärft wird. Dies könnte insbesondere dadurch geschehen, dass bereits bei der Festlegung der Kriterien für die Projektauswahl die Vergabe zusätzlicher Punkte für Projekte vorgesehen wird, die zur Geschlechtergleichstellung beitragen, z. B. durch eine ausgewogene Vertretung von Frauen und Männern.

2. Einige Mitgliedstaaten haben den Schwerpunkt auf das Gender-Mainstreaming gelegt. Dies birgt die Gefahr, dass es schwer nachvollziehbar und schwer kontrollierbar wird, wie hoch die tatsächlich hierfür aufgewandten Mittel sind. Daher sind die Mitgliedstaaten aufgefordert, genauestens zu ermitteln, wie hoch die Mittelzuweisungen für spezifische Maßnahmen im Bereich Geschlechtergleichstellung sind und welche Programme und Projekte allgemein einen Beitrag zur Geschlechtergleichstellung leisten (Gender-Mainstreaming). Im Rahmen der ab 2003 anstehenden Halbzeitüberprüfung der Strukturfonds sollten die Mitgliedstaaten - unter Heranziehung präziser Indikatoren - hierzu konkrete Angaben liefern.

3. Ein effektives Gender-Mainstreaming zu praktizieren ist eine anspruchsvolle Aufgabe, deren Bewältigung eine spezifische Fachkompetenz erfordert. Da es sich hier um ein relativ neues Terrain handelt, insbesondere im Kontext der Strukturfonds, werden die Mitgliedstaaten aufgefordert,

a) über ihre Verwaltungsbehörden, Begleitausschüsse, lokalen Programm- und Projektleiter vor allem kurzfristig die Nutzung von Gender-Kompetenz zu forcieren und dafür zu sorgen, dass in den für die Strukturfonds eingesetzten Begleitausschüssen Gleichstellungsstellen und Forschungseinrichtungen vertreten sind;

b) für Verwaltungsbehörden, Mitglieder der Begleitausschüsse, Programm- und Projektleiter und Partner Sensibilisierungs- und Schulungsmaßnahmen zum Gender-Mainstreaming auf den Weg zu bringen.

4. Eine Ex-ante-Bewertung und eine Bewertung der geschlechtsspezifischen Auswirkungen ist für jede Politik ein Gewinn. Voraussetzung für eine Ex-ante-Bewertung im Kontext des Gender-Mainstreaming ist die Verfügbarkeit einschlägiger Analysen, die sich auf geschlechterdifferenzierte Statistiken stützen. Für die Bewertung der geschlechtsspezifischen Auswirkungen bedarf es klar definierter qualitativer und quantitativer Gleichstellungsindikatoren, mit deren Hilfe die Ergebnisse überwacht und evaluiert werden. Die Mitgliedstaaten werden dringend gebeten, dafür Sorge zu tragen, insbesondere über ihre Verwaltungsbehörden, dass nach Geschlecht aufgeschlüsselte Statistiken wie auch die Bewertung geschlechtsspezifischer Auswirkungen zu einem festen Bestandteil der Strukturfondsinterventionen werden, auch in Bereichen, die traditionell weniger im Blickpunkt der Gleichstellungspolitik standen, wie z. B. Infrastruktur, Verkehr oder Umwelt.

5. Alle Mitgliedstaaten sind aufgefordert, einen hochrangigen Vertreter zu benennen, dessen Aufgabe es sein wird, die nationale Strategie für Geschlechtergleichstellung zu koordinieren, zur Koordinierung der EU-Strategie beizutragen und an den Arbeiten einer hochrangigen Gruppe für die Implementierung des Gender-Mainstreaming in den Strukturfondsinterventionen mitzuwirken.

Halbzeitüberprüfung

Die Halbzeitüberprüfung wird Gelegenheit bieten, festzustellen, inwieweit gegebenenfalls eine Neuausrichtung der Programmplanung erforderlich ist, um die ursprünglich formulierten Zielsetzungen im Bereich Geschlechtergleichstellung zu realisieren. Die Halbzeitbewertung, die ab Mitte des Jahres 2003 vorliegen soll, wird eine wichtige Grundlage für die Halbzeitüberprüfung sein und ein nützliches Instrument, um aufzuzeigen, was im Hinblick auf die Einbeziehung der Geschlechtergleichstellung in die Programmdurchführung bereits erreicht wurde und welche Hindernisse noch bestehen, und um Good-Practice-Beispiele zu ermitteln. [23]

[23] In den Leitlinien der Kommission für die Bewertung der Strukturfondsmaßnahmen - ,Arbeitspapier Nr. 8: Die Halbzeitbewertung der Strukturfondsinterventionen" (Dezember 2000) - wird die Notwendigkeit unterstrichen, zu bewerten, in welchem Umfang die geschlechtsspezifische Dimension bei den verschiedenen Interventionsformen berücksichtigt wird.

Die Halbzeitüberprüfung der Strukturfonds wird auf den in der vorliegenden Mitteilung enthaltenen Erkenntnissen und Empfehlungen aufbauen. Ziel ist es, die Perspektive der Geschlechtergleichstellung bei der Durchführung der Programme im laufenden Programmplanungszeitraum zu stärken und das Fundament für künftige Maßnahmen zu legen.

Im ersten Halbjahr 2003 wird die Kommission Leitlinien für die Halbzeitüberprüfung festlegen. Dabei wird sie den in der vorliegenden Mitteilung enthaltenen Empfehlungen Rechnung tragen.

Weitere Überlegungen

Die im laufenden Programmplanungszeitraum der Strukturfonds gewonnenen Erkenntnisse und die daraus abgeleiteten Empfehlungen betreffen tief verwurzelte Probleme, die nur längerfristig angegangen werden können und somit ihre Gültigkeit auch für künftige Strukturfondsinterventionen bewahren. Insbesondere sollte es bei den spezifischen Mittelzuweisungen für Maßnahmen im Bereich Geschlechtergleichstellung bleiben. Bei den meisten Programmen wird eine Aufstockung der Mittel erforderlich sein.

Bei einer weitergehende Analyse werden mit Blick auf die künftige Entwicklung der Gleichstellungspolitik in der Union verschiedene Fragen anzugehen sein. Folgende Punkte sind nach Auffassung der Kommission von besonderer Relevanz:

- Die Chancengleichheit von Frauen und Männern muss auch künftig eine Priorität bleiben. Dabei sollte der duale Ansatz - Gender-Mainstreaming in Kombination mit spezifischen Maßnahmen -, der sich als wirksam erwiesen hat, weiterverfolgt werden.

- Die Grundlage für ein langfristiges Wachstum in Europa sind Investitionen in das Humankapital und das soziale Kapital in der Wissensgesellschaft. Bei künftigen Interventionen sollte es somit in erster Linie darum gehen, zu verhindern, dass Frauen aus den entsprechenden Bereichen ausgeschlossen werden. Daher sollte der Förderung einer hochwertigen Ausbildung und der Schaffung hochwertiger Arbeitsplätze in den Bereichen Informations- und Kommunikationstechnologie und Forschung und Entwicklung besondere Aufmerksamkeit gelten ebenso wie einem weitergehenden Engagement zur Förderung des weiblichen Unternehmertums, des lebenslangen Lernens, der Aus- und Weiterbildung und der Qualifizierung von Frauen in Bereichen, die traditionell nicht zu den Frauendomänen gehören.

- Die Strukturfonds sollten eine wichtige Rolle im spezifischen Kontext der anstehenden Erweiterung der Union spielen, insbesondere wenn es darum geht, den potenziellen Risiken für Frauen in den neuen Mitgliedstaaten entgegenzuwirken, insbesondere für diejenigen, die von den negativen Auswirkungen einer wirtschaftlichen und sozialen Umstrukturierung betroffen sein werden, wie beispielsweise von einem Anstieg der Arbeitslosigkeit oder einem Abbau der Kinderbetreuungsangebote.

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