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Document 52011IP0072

    Zwischenfälle an der Grenze zwischen Thailand und Kambodscha Entschließung des Europäischen Parlaments vom 17. Februar 2011 zu den Grenzkonflikten zwischen Thailand und Kambodscha

    ABl. C 188E vom 28.6.2012, p. 57–59 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

    28.6.2012   

    DE

    Amtsblatt der Europäischen Union

    CE 188/57


    Donnerstag, 17. Februar 2011
    Zwischenfälle an der Grenze zwischen Thailand und Kambodscha

    P7_TA(2011)0072

    Entschließung des Europäischen Parlaments vom 17. Februar 2011 zu den Grenzkonflikten zwischen Thailand und Kambodscha

    2012/C 188 E/12

    Das Europäische Parlament,

    unter Hinweis auf seine Entschließungen vom 13. Januar 2005 (1), 10. März 2005 (2), 19. Januar 2006 (3), 15. März 2007 (4) und 21. Oktober 2010 zu Kambodscha (5) und seine Entschließungen vom 20. Mai 2010 zu Thailand (6) und vom 1. Dezember 2005 zur Menschenrechtslage in Kambodscha, Laos und Vietnam (7),

    unter Hinweis auf das Urteil des Internationalen Gerichtshofs vom 15. Juni 1962 in der Rechtssache betreffend den Tempel von Preah Vihear (Kambodscha gegen Thailand),

    unter Hinweis auf die Haager Konvention von 1954 zum Schutz von Kulturgut bei bewaffneten Konflikten, die von Thailand und Kambodscha unterzeichnet wurde,

    in Kenntnis der Erklärung des Generalsekretärs der ASEAN vom 5. Februar 2011,

    in Kenntnis der am 7. Februar 2011 abgegebenen Erklärung der Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, Catherine Ashton,

    in Kenntnis der Erklärung des Generalsekretärs der Vereinten Nationen, Ban Ki-moon, vom 7. Februar 2011,

    gestützt auf Artikel 122 Absatz 5 seiner Geschäftsordnung,

    A.

    in der Erwägung, dass seit Anfang Februar 2011 zwischen den Streitkräften von Thailand und Kambodscha an der kambodschanisch-thailändischen Grenze – unter anderem in der Nähe des Tempels von Preah Vihear – Kämpfe stattgefunden haben,

    B.

    in der Erwägung, dass die Zusammenstöße an der Grenze begannen, nachdem ein kambodschanisches Gericht zwei thailändische Staatsangehörige zu acht Jahren Freiheitsstrafe verurteilt hatte, nachdem sie im Dezember 2010 nach dem Eindringen in das streitige Gebiet der Spionage und der illegalen Einreise schuldig gesprochen worden waren, und in der Erwägung, dass das Urteil unmittelbar auf den erfolgreichen Abschluss der 7. Sitzung des Gemischten Ausschusses zur bilateralen Zusammenarbeit zwischen Thailand und Kambodscha am 3. und 4. Februar 2011 folgte, in der beide Staaten übereinkamen, ihre Zusammenarbeit auf allen Gebieten auszubauen und in der nächsten Zukunft eine Sitzung des Gemischten Ausschusses zur Demarkation der Landgrenzen in Thailand durchzuführen,

    C.

    in der Erwägung, dass der Tempel von Preah Vihear im letzten Jahrhundert im Mittelpunkt wiederkehrender Grenzstreitigkeiten zwischen Thailand und Kambodscha gestanden hat,

    D.

    in der Erwägung, dass der Internationale Gerichtshof in seinem Urteil vom 15. Juni 1962 feststellte, dass sich der Tempel von Preah Vihear auf dem Hoheitsgebiet und unter der Hoheitsgewalt von Kambodscha befindet,

    E.

    in der Erwägung, dass der Tempel von Preah Vihear am 7. Juli 2008 von der UNESCO in die Liste des Weltkulturerbes aufgenommen wurde und während der jüngsten Grenzkonflikte angeblich durch Beschuss beschädigt wurde,

    F.

    in der Erwägung, dass die internationale Gemeinschaft eine besondere Verantwortung hat, die in die Liste des Weltkulturerbes aufgenommenen Denkmäler zu bewahren,

    G.

    in der Erwägung, dass Berichten zufolge auf beiden Seiten Todesopfer sowie verletzte Soldaten und Zivilisten zu beklagen sind und dass im umliegenden Gebiet tausende Zivilisten evakuiert werden mussten,

    H.

    in der Erwägung, dass verschiedenen Nachrichten zufolge Streumunition verwendet worden sein könnte, und in der Erwägung, dass weder Thailand noch Kambodscha das Übereinkommen über Streumunition ratifiziert haben,

    I.

    in der Erwägung, dass die Verschlechterung der Lage an der Grenze zwischen Thailand und Kambodscha den Frieden und die Stabilität in der Region bedroht,

    J.

    in der Erwägung, dass der derzeitige Vorsitz der ASEAN, Indonesien, seine diplomatischen Bemühungen intensiviert hat, um beide Seiten darin zu unterstützen, eine vorläufige Lösung zu erreichen, um einen bilateralen Mechanismus zur Verwirklichung des Ziels der Grenzdemarkation und des allgemeinen Friedens in der Region einzurichten; in der Erwägung, dass der Vorsitz der ASEAN beide Staaten ermutigt, im bestehenden Rahmen des thailändisch-kambodschanischen Gemischten Ausschusses zur Demarkation der Landgrenzen Gespräche zu führen,

    K.

    in der Erwägung, dass die ASEAN-Charta die Schaffung eines Mechanismus für die Beilegung von Streitigkeiten vorsieht, der den Raum für die Unterstützung bei der Lösung von bilateralen Streitigkeiten vergrößern würde,

    L.

    in der Erwägung, dass die Generaldirektorin der UNESCO, Irina Bokova, ihre Absicht bekundete, eine Mission zur Bewertung des Zustands des Tempels von Preah Vihear zu entsenden,

    1.

    verurteilt die Zusammenstöße an der Grenze zwischen den Streitkräften des Königreichs Kambodscha und des Königreichs Thailand und fordert alle Parteien nachdrücklich auf, äußerste Zurückhaltung zu wahren und die notwendigen Schritte zu unternehmen, um die Spannungen zu reduzieren und ihren Dialog wiederaufzunehmen, um ihre Differenzen friedlich zu lösen und die Unterstützung der ASEAN und der Vereinten Nationen anzunehmen;

    2.

    beklagt den Verlust von Menschenleben während der jüngsten Grenzkonflikte und drückt den Familien der Opfer seine aufrichtige Anteilnahme aus;

    3.

    fordert beide Regierungen nachdrücklich auf, die notwendige Hilfe für die durch die bewaffneten Konflikte vertriebene Zivilbevölkerung sicherzustellen;

    4.

    fordert beide Staaten auf, das Urteil des Internationalen Gerichtshofs von 1962 zu respektieren und eine friedliche Beilegung der Streitigkeiten betreffend das Grenzgebiet in der Nähe des Tempels von Preah Vihear zu erreichen;

    5.

    fordert beide Staaten auf, dafür Sorge zu tragen, dass ihre Handlungen nicht Artikel 4 Absatz 1 der Haager Konvention zum Schutz von Kulturgut bei bewaffneten Konflikten verletzen, der es Staaten verbietet, Kulturgut, das sich auf ihrem eigenen Hoheitsgebiet oder auf dem Hoheitsgebiet anderer Hoher Vertragsparteien befindet, für Zwecke zu benutzen, die es im Falle bewaffneter Konflikte der Vernichtung oder Beschädigung aussetzen könnten, und von allen gegen dieses Gut gerichteten feindseligen Handlungen Abstand zu nehmen;

    6.

    fordert die Staatsorgane Thailands und Kambodschas auf, den Vertrag über Freundschaft und Zusammenarbeit in Südasien einzuhalten, insbesondere im Hinblick auf seine wesentlichen Grundsätze der Beilegung von Differenzen oder Streitigkeiten mit friedlichen Mitteln, des Verzichts auf Androhung oder Anwendung von Gewalt und der effizienten Zusammenarbeit zwischen den Hohen Vertragsparteien;

    7.

    begrüßt die Anstrengungen des Außenministers Indonesiens, das derzeit den ASEAN-Vorsitz innehat, Marty Natalegawa, zur Erleichterung des Dialogs zwischen den beiden Staaten, damit die Streitigkeiten friedlich beigelegt werden können;

    8.

    begrüßt die Tatsache, dass Thailand und Kambodscha übereingekommen sind, an einer Dringlichkeitssitzung der südostasiatischen Staaten teilzunehmen, um den Grenzkonflikt zu erörtern;

    9.

    begrüßt die Entscheidung der Generaldirektorin der UNESCO, einen Sonderbeauftragten zu einer Gute-Dienste-Mission nach Bangkok und Phnom Penh zu entsenden; fordert beide Seiten nachdrücklich auf, mit einer UNESCO-Mission zur Bewertung des Schadens am Tempel von Preah Vihear zusammenzuarbeiten;

    10.

    fordert beide Staaten auf, eine Lösung zu finden, die einen unmittelbaren Zugang von ihrem jeweiligen Hoheitsgebiet zum Tempel von Preah Vihear ermöglicht, und Bürger des jeweils anderen Staates nicht am Betreten des Tempels oder des Grenzgebiets zu hindern;

    11.

    äußert seine Besorgnis über die angebliche Nutzung von Streumunition und fordert beide Staaten auf, unter allen Umständen von der Verwendung dieser Munition Abstand zu nehmen;

    12.

    beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung der Vizepräsidentin der Kommission/Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, dem Europäischen Auswärtigen Dienst, den Regierungen und Parlamenten der EU-Mitgliedstaaten, der Regierung des Königreichs Kambodscha, der Regierung des Königreichs Thailand, dem Generalsekretär der Vereinten Nationen, der Generaldirektorin der UNESCO und den Regierungen der ASEAN-Mitgliedstaaten zu übermitteln.


    (1)  ABl. C 247 E vom 6.10.2005, S. 161.

    (2)  ABl. C 320 E vom 15.12.2005, S. 280.

    (3)  ABl. C 287 E vom 24.11.2006, S. 334.

    (4)  ABl. C 301 E vom 13.12.2007, S. 258.

    (5)  Angenommene Texte, P7_TA(2010)0389.

    (6)  Angenommene Texte, P7_TA(2010)0195.

    (7)  ABl. C 285 E vom 22.11.2006, S. 129.


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