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Document 52004DC0220

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat über die Ziele der Kommission im Rahmen der Beziehungen zwischen der Europäischen Union und Lateinamerika im Hinblick auf das dritte Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union, Lateinamerikas und der Karibik am 28. Mai 2004 in Guadalajara (Mexiko)

/* KOM/2004/0220 endg. */

52004DC0220

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat über die Ziele der Kommission im Rahmen der Beziehungen zwischen der Europäischen Union und Lateinamerika im Hinblick auf das dritte Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union, Lateinamerikas und der Karibik am 28. Mai 2004 in Guadalajara (Mexiko) /* KOM/2004/0220 endg. */


MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT über die Ziele der Kommission im Rahmen der Beziehungen zwischen der Europäischen Union und Lateinamerika im Hinblick auf das dritte Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union, Lateinamerikas und der Karibik am 28. Mai 2004 in Guadalajara (Mexiko)

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT

über die Ziele der Kommission im Rahmen der Beziehungen zwischen der Europäischen Union und Lateinamerika im Hinblick auf das dritte Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union, Lateinamerikas und der Karibik am 28. Mai 2004 in Guadalajara (Mexiko)

1. DIE BEZIEHUNGEN ZWISCHEN DER EUROPÄISCHEN UNION UND LATEINAMERIKA

Diese Mitteilung definiert die Ziele der Kommission im Rahmen der Beziehungen zwischen der Europäischen Union und Lateinamerika im Hinblick auf das dritte Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union und Lateinamerikas am 28. Mai 2004 in Guadalajara (Mexiko). Darüber hinaus nimmt die Mitteilung an einigen Stellen Bezug auf die Karibikstaaten, deren Teilnahme am Gipfel von größter Bedeutung für die Stärkung der Partnerschaft zwischen den beiden Regionen ist.

Dies wird das erste Gipfeltreffen von Staats- und Regierungschefs sein, auf dem die erweiterte Europäische Union und Länder Lateinamerikas Gelegenheit haben, den derzeitigen Stand der Beziehungen zwischen beiden Regionen zu bewerten.

Diese Beziehungen, die den Frieden, die politische Stabilität und die wirtschaftliche Entwicklung in der Region fördern sollen, sind für die Europäische Union äußerst wichtig.

Die soziale und politische Stabilität in Lateinamerika ist unabdingbar für Frieden und Sicherheit weltweit. Durch politischen Dialog, Zusammenarbeit und Wirtschaftsbeziehungen trägt die Europäische Union zur Schaffung und Konsolidierung struktureller Stabilität in Lateinamerika bei.

Die Europäische Union ist an einer politischen Partnerschaft mit Lateinamerika interessiert, welche die Global Governance und den Multilateralismus fördert. Darüber hinaus möchte sie den Dialog mit der Region über die zentralen Themen der wichtigen UN-Veranstaltungen und -Sitzungen vertiefen. Lateinamerikas klares Bekenntnis zum Multilateralismus wurde auf dem letzten Präsidentengipfel der Rio-Gruppe in Cusco (Peru) bekräftigt, bei dem ,die Notwendigkeit einer Wiederbelebung der Initiativen für die Reform und Erneuerung des Systems der Vereinten Nationen, insbesondere in Fragen der kollektiven Sicherheit" hervorgehoben wurde.

Die Europäische Union ist Lateinamerikas zweitwichtigster Handelspartner. Durch den allmählichen Ausbau ihrer Wirtschafts- und Handelsbeziehungen mit Lateinamerika hat sich der Handelsumfang zwischen 1990 und 2002 mehr als verdoppelt. Bei den Einfuhren in die Europäische Union aus Lateinamerika war ein Anstieg von 26,7 Mrd. EUR auf 53,7 Mrd. EUR und bei den Ausfuhren in diese Region ein Anstieg von 17,1 Mrd. EUR auf 57,5 Mrd. EUR zu verzeichnen. [1] Diese positive Entwicklung wird sich dank der Erweiterung der Europäischen Union, die ab dem 1. Mai 2004 ein Binnenmarkt mit 455 Mio. Einwohnern sein wird, weiter fortsetzen. Damit wird die Europäische Union zum weltweit größten Markt mit enormen Möglichkeiten für die lateinamerikanischen Länder, den Absatz ihrer Erzeugnisse zu erhöhen.

[1] Mit eingeschlossen sind hierbei die Andengemeinschaft, der karibische Raum, Mittelamerika, Chile, Kuba, die Dominikanische Republik, Haiti, Mercosur und Mexiko.

Darüber hinaus ist die Europäische Union Lateinamerikas wichtigste Quelle ausländischer Direktinvestitionen. Die europäischen Direktinvestitionen in Lateinamerika erreichten im Jahr 2000 ihren höchsten Stand und gingen seitdem wieder zurück. Insgesamt war jedoch eine Zunahme der europäischen Investitionen in Lateinamerika von 176,5 Mrd. EUR im Jahr 2000 auf 206,1 Mrd. EUR im Jahr 2002 zu verzeichnen. [2]

[2] Mit eingeschlossen sind hierbei die Andengemeinschaft, der karibische Raum, Mittelamerika, Chile, Kuba, die Dominikanische Republik, Haiti, Mercosur und Mexiko.

Und schließlich ist die Europäische Union der größte Geber von Entwicklungshilfe an Lateinamerika. Zusätzlich zu den Beiträgen der Mitgliedstaaten wurden seit 1996 jährlich insgesamt mehr als 500 Mio. EUR [3] aus dem Gemeinschaftshaushalt für Lateinamerika bereitgestellt. Außerdem hat die Europäische Investitionsbank in den Jahren 2000 bis 2003 Investitionen in Höhe von 1 104 Mio. EUR in Form von Darlehen für Vorhaben von gemeinsamem Interesse an die Länder der Europäischen Union und Lateinamerikas getätigt.

[3] MIT EINGESCHLOSSEN SIND HIERBEI DIE ANDENGEMEINSCHAFT, DER KARIBISCHE RAUM, MITTELAMERIKA, CHILE, KUBA, MERCOSUR UND MEXIKO.

2. DIE GIPFELTREFFEN VON RIO DE JANEIRO UND MADRID

Rio de Janeiro

Das erste Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs Lateinamerikas, der Karibik und der Europäischen Union fand am 28. und 29. Juni 1999 in Rio de Janeiro statt.

Der Gipfel war Ausdruck des politischen Willens, die Beziehungen zwischen beiden Regionen zu vertiefen; erreicht werden sollte ein besseres gegenseitiges politisches, wirtschaftliches und kulturelles Verständnis mit dem Ziel einer strategischen Partnerschaft.

Diese Partnerschaft umfasst die folgenden drei strategischen Dimensionen: einen fruchtbaren politischen Dialog, basierend auf der Achtung des Völkerrechts und dem klaren Bekenntnis beider Regionen zum Multilateralismus; solide Wirtschafts- und Finanzbeziehungen auf der Grundlage einer umfassenden, ausgewogenen Liberalisierung des Handels und der Kapitalströme; eine dynamischere, kreativere Zusammenarbeit in Bildung, Wissenschaft, Technologie, Kultur sowie im menschlichen und sozialen Bereich.

Die Partnerschaft gründet auf gemeinsamen Werten und dient der Förderung gemeinsamer Ziele wie zum Beispiel Stärkung der repräsentativen, partizipativen Demokratie und der Freiheit des Einzelnen, Rechtsstaatlichkeit, verantwortungsvolle Staatsführung, Pluralismus, Frieden und Sicherheit weltweit, politische Stabilität sowie Vertrauensbildung zwischen den Völkern.

Madrid

Am 17. Mai 2002, drei Jahre nach dem Gipfel von Rio de Janeiro, fand in Madrid das zweite Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union, Lateinamerikas und der Karibik statt. Auf diesem Gipfel wurde der in Rio de Janeiro eingeleitete Prozess konsolidiert und der Wille beider Regionen zur Entwicklung der biregionalen strategischen Partnerschaft bekräftigt.

Die Entscheidung, den politischen Dialog effizienter zu gestalten, um die Standpunkte beider Regionen in internationalen Fragen aneinander anzunähern, unterstreicht die strategische Dimension dieser Partnerschaft. Auf dem Gipfel von Madrid wurden neue Modalitäten für den Dialog und Konsultationen festgelegt, wie etwa regelmäßige Zusammenkünfte der Missionsleiter in New York, Genf und Wien.

Die auf dem Gipfel angenommenen Schlussfolgerungen spiegeln die Konvergenz zwischen beiden Regionen wider, was Themen wie Sicherheit, Abrüstung, Terrorismus, Bekämpfung des Drogenhandels und des organisierten Verbrechens sowie Ächtung von Kleinwaffen angeht.

Ein besonders wichtiges Ergebnis des Gipfels von Madrid war der Abschluss des Assoziationsabkommens mit Chile.

Die Staats- und Regierungschefs nahmen außerdem die Fortschritte in den Verhandlungen mit Mercosur zur Kenntnis und beschlossen ein Treffen auf Ministerebene, um den Verhandlungen neue Impulse zu geben.

Eines der zentralen Themen des Gipfels waren die künftigen Beziehungen zwischen der Europäischen Union und den Ländern der Andengemeinschaft und Mittelamerikas. In der Erklärung des Madrider Gipfels wurde ein politisches Mandat für die Verhandlung von Abkommen über den politischen Dialog und die Zusammenarbeit mit diesen beiden Regionen erteilt. Darüber hinaus eröffnete der Gipfel von Madrid auch die Aussicht auf eine Verhandlung von Assoziationsabkommen, einschließlich Freihandelszonen. In dieser Hinsicht wurden zwei Vorbedingungen gestellt: Abschluss der multilateralen Entwicklungsrunde von Doha und eine ausreichende regionale Integration. Die Abkommen über den politischen Dialog und die Zusammenarbeit wurden als verstärkte Unterstützung seitens der EU im Hinblick auf eine bessere regionale Integration gesehen, was auch dazu beitrage, dass die Vorbedingung der regionalen Integration erfuellt werden könne.

Schließlich bekräftigten auf dem Gipfel beide Seiten ihr großes Interesse an einer Vertiefung der biregionalen Zusammenarbeit. In diesem Zusammenhang hoben die Staats- und Regierungschefs die Bedeutung der Programme @LIS und ALBAN hervor. Ziel dieser Programme ist die Stärkung der Beziehungen zwischen der Europäischen Union und Lateinamerika in den Bereichen Informationsgesellschaft bzw. Hochschulbildung.

Im Anschluss an den Gipfel von Madrid

In Guadalajara werden beide Regionen über die seit dem Gipfel von Madrid im Rahmen der Beziehungen zwischen der EU und Lateinamerika durchgeführten Maßnahmen und die erzielten Fortschritte berichten. Wesentliche Fortschritte wurden bei der Erfuellung der Verpflichtungen von Madrid verzeichnet.

Die Europäische Union und Chile unterzeichneten im November 2002 ein Assoziationsabkommen.

Ferner schloss die Europäische Union die Verhandlungen über den Politischen Dialog und Kooperationsabkommen mit Zentralamerika und der Andengemeinschaft, die von beiden Seiten im Dezember 2003 in Rom unterzeichnet wurden.

Im Hinblick auf die EU-Mercosur-Verhandlungen fanden zwei Treffen auf Ministerebene sowie mehrere Verhandlungsrunden statt. Bei diesen Treffen einigten sich die Minister auf ein Arbeitsprogramm, das den Abschluss der Verhandlungen bis Ende dieses Jahres ermöglichen sollte, sofern es die Rahmenbedingungen auf dem Gipfel gestatten.

In Bezug auf die Zusammenarbeit sei darauf hingewiesen, dass seit der Annahme des ALBAN-Stipendienprogramms auf dem Gipfel von Madrid insgesamt 251 Stipendien an Hochschulabsolventen aus Lateinamerika vergeben wurden. Im Rahmen des Programms zur Förderung der Informationstechnologie sind im Oktober 2003 insgesamt 19 Demonstrationsprojekte angelaufen, an denen 103 Organisationen aus der Europäischen Union und 109 Organisationen aus Lateinamerika teilnehmen.

Ferner wurden sowohl auf regionaler als auch auf subregionaler Ebene neue Initiativen gestartet:

Auf subregionaler Ebene konzentrierte sich die Zusammenarbeit mit der EU auf die Förderung der regionalen Integration. Dies umfasst unter anderem ein Projekt zur "Harmonisierung technischer Standards, technischer Verordnungen und Konformitätsbewertungsverfahren", das den freien Warenverkehr zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten des Mercosur und zwischen den Mercosur-Mitgliedstaaten und der Europäischen Union erleichtern soll; ferner umfasst es ein handelsbezogenes technisches Hilfeprogramm zur Förderung der Schaffung eines Gemeinsamen Anden-Marktes sowie ein Programm zur Förderung der zentralamerikanischen Integration, das zur Förderung und Vertiefung des Integrationsprozesses und der Zusammenarbeit konkret darauf abzielt, die Kapazitäten des Zentralamerikanischen Integrationssystems (SICA) und der Zivilgesellschaft zu stärken.

Auf regionaler Ebene beschloss die Kommission, einen Beitrag zu dem vom UNDP geleiteten Programm für eine Demokratische Regierung in Lateinamerika (PRODDAL) zu leisten. Ferner hat die Kommission ein Programm angenommen, das die Einrichtung einer Beobachtungsstelle für die Beziehungen zwischen der Europäischen Union und Lateinamerika zum Ziel hat, dabei soll zum besseren Verständnis der regionalen und sektoralen Herausforderungen im Rahmen unserer Beziehungen ein Netz aus europäischen und lateinamerikanischen Einrichtungen aufgebaut werden. Zu diesem Zwecke hat die Kommission für die Präsentation und Verbreitung von biregionalen Projekten der EU, Lateinamerikas und der Karibik einen Web-Mechanismus eingerichtet.

Darüber hinaus wurde in Quito im Einklang mit dem von den Staats- und Regierungschefs auf dem Gipfel von Madrid gefassten Beschluss ein biregionales Seminar zur Durchführung einer integrierten Analyse der verschiedenen Aspekte der Migration zwischen den beiden Regionen abgehalten.

Auch die Zivilgesellschaft spielte mit ihrem Beitrag zur Stärkung der biregionalen Partnerschaft eine bedeutende Rolle, indem sie die bestehenden Verbindungen zwischen den Organisationen der Zivilgesellschaft beider Regionen stärkte und dem Gipfel ihre Ansichten zu den wichtigsten Aspekten unserer Partnerschaft darlegte.

3. DIE PRIORITÄTEN DER KOMMISSION FÜR DEN GIPFEL VON GUADALAJARA

Der Gipfel von Guadalajara wird in einem wirtschaftlich günstigeren Klima stattfinden, als der Gipfel von Madrid im Jahr 2002; damals musste Lateinamerika ein negatives Wirtschaftswachstum (-0,4%) verzeichnen. Nach Angaben der Wirtschaftskommission für Lateinamerika und die Karibik der UN (ECLAC) lag im Jahr 2003 das Wachstum in Lateinamerika bei 1,5%, stiegen die Ausfuhren um 8 %, sank die Inflation auf 8,5% gegenüber 12,2% im Jahr 2002, und wies die Leistungsbilanz Lateinamerikas insgesamt zum ersten Mal in 50 Jahren einen Überschuss (0,4 % des BIP).

Für 2004 wird mit einem Wachstum der regionalen Wirtschaft um 3,5 % gerechnet, womit Lateinamerika die vorausgegangen sechs ,verlorenen" Jahre hinter sich lassen und allmählich in eine Phase der Expansion eintreten würde. Zum ersten Mal seit 1997 wird für keine Wirtschaft Lateinamerikas mit einem Negativwachstum gerechnet.

Diese Zahlen geben jedoch keinen Grund zur Selbstzufriedenheit. Im Jahr 2003 fiel das Wachstum in Lateinamerika verglichen mit dem Wachstum in anderen Regionen wie Ostasien (6,1 % Wachstum im selben Zeitraum) bescheiden aus. Außerdem verteilt sich die wirtschaftliche Erholung nicht gleichmäßig über Lateinamerika: das kräftige Wachstum in Argentinien und Costa Rica steht beispielsweise in starken Kontrast zu dem langsameren Wachstum in Brasilien und Mexiko.

Das erneute Auftreten sozialer Spannungen in mehreren Ländern der lateinamerikanischen Region und die steigende Zahl der in Armut lebenden Menschen warfen ihren Schatten auf die Aussicht, dass sich die wirtschaftliche Erholung in den kommenden Jahren festigen könnte.

Darüber hinaus geben andere Probleme, wie die zunehmende politische Instabilität in der Andenregion, Anlass zur Sorge. Nach der Krise von Oktober 2003 und dem Rücktritt des ehemaligen Präsidenten Sanchez de Lozada ist die Lage in Bolivien kritisch; die Gesellschaft in Venezuela ist streng geteilt in glühende Anhänger von Präsident Chavez und die, die ihn am liebsten entmachtet sähen; in Ecuador hat Präsident Gutierrez die Unterstützung der mächtigen indigenen Bewegung des Landes verloren, und Kolumbien kämpft immer noch gegen Guerillakräfte sowie gegen paramilitärische Gruppierungen, die sich durch Erpressungsgelder, Entführungen und Drogengelder finanzieren und manches Mal kaum von Drogengangs zu unterscheiden sind.

Die Wirtschaften Zentralamerikas weisen im Schnitt eine bessere Leistung auf, als die der übrigen lateinamerikanischen Länder. Demokratisch gefasste politische Entscheidungen werden jedoch durch kriminelle Gewalt und Korruption gefährdet.

Auf dem Gipfel von Madrid wurde besonders betont, dass die oberste gemeinsame Priorität beider Regionen die Stärkung des multilateralen Systems auf Grundlage der Ziele und Grundsätze der Charta der Vereinten Nationen und des Völkerrechts ist. Wir möchten in diesem Zusammenhang vor allem die Bedeutung der WTO hervorheben, als dem wichtigsten Forum zur Förderung der Handelsliberalisierung und der Festlegung grundlegender Regeln und Disziplinen für die erforderliche Regulierung des internationalen Handels.

Die Abschaffung der Handelsschranken auf Grundlage von strengeren transparenteren Regeln, ermöglicht allen Beteiligten, aus den Wettbewerbsvorteilen ihrer jeweiligen Wirtschaft Nutzen zu ziehen, sie stärkt die wettbewerbsgerechte Integration der Wirtschaftsbeteiligten in den Welthandel und beschränkt den Spielraum für Protektionismus. Die 2001 auf den Weg gebrachte Entwicklungsagenda von Doha dürfte für alle WTO-Mitglieder von Vorteil sein, da durch sie der internationale Handel und das Wirtschaftswachstum gestärkt werden. Diese neue Verhandlungsrunde sollte unter anderem durch Bestimmungen über eine besondere und differenzierte Behandlung zur Integration der Entwicklungsländer in die Weltwirtschaft beitragen, wobei die Prioritäten und Sorgen unserer Bürger in vollem Umfang berücksichtigt und die nachhaltige Entwicklung gefördert wird. Daher unterstützten beide Regionen nach dem auf dem Ministertreffen in Cancun (September 2003) erlittenen Rückschlag die im Dezember 2003 beschlossene Wiederaufnahme der Verhandlungen über die Entwicklungsagenda von Doha. Angesichts der im Dezember 2003 angenommenen Mitteilung über "Neubelebung der DDA-Verhandlungen aus der Sicht der EU" und die jüngsten Erklärungen der lateinamerikanischen Regierungen rechnet die Kommission damit, dass der Gipfel von Guadalajara den laufenden Verhandlungen neuen politischen Schwung verleiht, der sich bis zum Sommer in bedeutenden Fortschritten äußern dürfte.

Sozialer Zusammenhalt

Laut ECLAC ist die Zahl der in Armut lebenden Menschen in Lateinamerika im Jahr 2003 auf 227 Millionen gestiegen, was 44,4 % der Bevölkerung entspricht [4]. Dieser Prozentsatz ist höher als der in Osteuropa, im Nahen Osten und Nordafrika obgleich Lateinamerikas BIP pro Kopf über dem dieser Regionen liegt.

[4] " 2003 Vorläufiger Überblick über die Wirtschaften Lateinamerikas und der Karibik"

Politische Instabilität und soziale Spannungen sind untrennbar miteinander verbunden. Teilweise sind sie das Ergebnis des hohen Maßes an Ungleichheit, Armut und Ausgrenzung in Lateinamerika. Ungleichheit, Armut und Ausgrenzung schwächen die Demokratie und bedrohen den Frieden und die Stabilität. Wirtschaftliche Ausgrenzung führt zu politischer Ausgrenzung und umgekehrt. Durch die Gefährdung der sozialen Gerechtigkeit bedingte Unterschiede rufen soziale Unruhen und Unzufriedenheit hervor.

Auch die sozialen Spannungen und die wirtschaftliche Leistung sind eng miteinander verknüpft, denn Ungewissheit in jeglicher Form hat einen negativen Einfluss auf das Verhalten der Finanzmärkte und der Investoren.

Die auf einen gesteigerten sozialen Zusammenhalt ausgerichtete Lösung dieser Probleme ist für Lateinamerika von vorrangiger Bedeutung. Lateinamerika darf nicht mehr zögern, vielmehr muss es in den Bereichen Soziales und Steuern mutige politische Maßnahmen ergreifen, um auf die von einem bedeutenden Teil der Bevölkerung ausgesandten Hilfesignale zu reagieren.

Die Kommission rechnet damit, dass auf dem Gipfel von Guadalajara im Bereich des sozialen Zusammenhalt konkrete Entscheidungen getroffen werden. Auf dieses Thema wird in Abschnitt 4 dieser Mitteilung genauer eingegangen.

Regionale Integration

Um die günstigen Aussichten, die die Wirtschaftskommission für Lateinamerika und die Karibik herausgestellt hat, auch in vollem Umfang nutzen zu können, ist ein höheres Maß an wirtschaftlicher Integration der Länder dieser Region erforderlich.

Die geringe wirtschaftliche Integration in Lateinamerika lässt sich besonders gut an dem Anteil des intraregionalen Handels am gesamten Handelsvolumen verdeutlichen. Während in Lateinamerika nur 15,4 % des Gesamthandelsvolumens auf den intraregionalen Handel entfallen, liegt der entsprechende Anteil in Nordamerika bei 40,3 %, in Asien bei 48,9 % und in Westeuropa bei 67,3 %.

Diese noch unzureichende regionale Integration stellt eine maßgebliche Hürde für die Entwicklung der Region dar. Nur mit einer weiteren Integration wird es Lateinamerika gelingen, die Bedingungen für mehr ausländische Direktinvestitionen (ADI) zu schaffen (2003 investierten ausländische Direktinvestoren nur 29 Mrd. USD in die Region, d. h. 25 % weniger als im Vorjahr und erheblich weniger als im Zeitraum 1990 - 2002, als der Durchschnitt bei 38 Mrd. USD lag) und sich besser gegen außenwirtschaftliche Einwirkungen zu wappnen und diese angemessen aufzufangen.

Eine unzulängliche regionale Integration erschwert aber auch die Vertiefung der Beziehungen zwischen der Europäischen Union und Lateinamerika. Die Europäische Union hat die Integrationsprozesse in Mercosur, Zentralamerika und der Andengemeinschaft immer unterstützt und wird sie auch weiterhin unterstützen. Was Zentralamerika und die Andengemeinschaft anbetrifft, so setzt die Erklärung von Madrid eine weitere regionale Integration als eine der zentralen Voraussetzungen für die Aufnahme von Verhandlungsgesprächen über mögliche Assoziationsabkommen voraus. Auch für den erfolgreichen Abschluss der derzeitigen Verhandlungen mit Mercosur müssen derartige Fortschritte erzielt worden sein.

Das Gipfeltreffen in Guadalajara sollte ein klares Signal im Hinblick auf die im Bereich der regionalen Integration erforderlichen Fortschritte setzen und den Integrationsprozessen auf subregionaler Ebene neuen Elan verleihen. Diese Aspekte sind in Abschnitt 5 eingehender erläutert.

4. SOZIALER ZUSAMMENHALT

In den 1990er Jahren begann in den Ländern Lateinamerikas ein Prozess der wirtschaftlichen Umstrukturierung und politischen Reform, der auch den Demokratisierungsprozess voranbrachte. Aber leider sind die positiven Aspekte der Demokratie und Entwicklung für große Teile der Bevölkerung noch nicht spürbar. Soziale Ungleichheit, Armut und Ausgrenzung bestimmen weiterhin das soziale Gefüge aller lateinamerikanischen Länder und erschweren nicht nur die wirtschaftliche Entwicklung, sondern führen in der gesamten Region zu Instabilität und Spannungen.

Diese Probleme müssen unbedingt gelöst werden, wenn mehr politische und soziale Stabilität in der Region geschaffen werden soll.

Soziale Ungleichheit und Ausgrenzung in Lateinamerika

Nach Angaben der Interamerikanischen Entwicklungsbank [5] weist Lateinamerika im Durchschnitt beständig das größte Sozialgefälle aller Regionen der Welt auf. Im Vergleich zu anderen Regionen sind die Disparitäten in der Einkommensverteilung besonders groß. Der Gini-Koeffizient, mit dem Armut in Bezug auf die Einkommensverteilung gemessen wird, liegt in Lateinamerika mit 0,51 erheblich über jenem für Südasien (0,37) oder Osteuropa (0,29). So entfielen in den späten 1990er Jahren 60 % des Einkommens auf die reichsten 20 % und nur 3 % auf die ärmsten 20 % der lateinamerikanischen Bevölkerung.

[5] Die Interamerikanische Entwicklungsbank (IADB) hat für das Seminar der EU und der IADB über sozialen Zusammenhalt in Lateinamerika und in der Karibik ein Hintergrundpapier mit dem Titel ,Soziale Ungleichheit, Ausgrenzung und Armut in Lateinamerika und im Karibischen Raum: Auswirkungen auf die Entwicklung" vorbereitet.

Weiter verschärft wird diese Problematik durch das Phänomen der sozialen Ausgrenzung. Die in der Region aufgrund von Geschlecht, Alter, Rasse, ethnischer Herkunft, Behinderung, HIV/Aids sowie wegen ihres Einwandererstatus oder anderer Faktoren sozial ausgegrenzten Bevölkerungsgruppen leiden unter Armut, vielfachen und kumulativen Benachteilungen sowie Stigmatisierung und Diskriminierung. Die sozial ausgegrenzten Gruppen haben niemanden, der ihre Interessen vertritt, und keinen Einfluss auf die politischen Prozesse, die für die Strukturreformen bestimmend sind.

Die Kosten der sozialen Ungleichheit und Ausgrenzung

Soziale Ungleichheit und Ausgrenzung sind eine große Bürde für die Region. Sie erschweren nicht nur die Bemühungen um Armutsminderung und eine nachhaltige Entwicklung, sondern sind auch Quelle politischer und sozialer Instabilität.

So hat die Interamerikanische Entwicklungsbank festgestellt, dass eine hohe Einkommensungleichheit auch zu größerer Armut führen kann, weil auf die armen Bevölkerungsschichten einen geringerer Teil des Gesamteinkommens entfällt. Wenn die lateinamerikanischen Länder eine ihrem Entwicklungsstand entsprechende Einkommensverteilung erreichten, wären nur halb so viele Menschen von Armut betroffen. Eine Verringerung des Sozialgefälles würde bedeuten, dass durch wirtschaftliches Wachstum ein deutlicherer Beitrag zur Armutsminderung geleistet werden könnte.

Aufgrund von sozialer Ungleichheit und Ausgrenzung können breite Teile der Gesellschaft nicht zum wirtschaftlichen Wachstum ihres Landes beitragen, weil sie nicht über die nötigen Mittel für Konsum, Ersparnisse oder Investitionen verfügen. Dies wiederum wirkt sich negativ auf das Wachstum der Binnenmärkte aus. Soziale Ungleichheit und Ausgrenzung schwächen das wirtschaftliche Wachstum, da es für die arme Bevölkerung und für arme Regionen kaum Chancen gibt, ihre Produktivität und Einnahmen zu verbessern, und auch der Wettbewerb, die internationale Wettbewerbsfähigkeit und die Effizienz der Ressourcenverteilung nicht ausgebaut werden können.

Der Verbesserung der geringen Produktivität von armen und sozial ausgegrenzten Arbeitskräften, die in vielen Ländern mehr als die Hälfte der Erwerbsbevölkerung stellen, sollte bei den Bemühungen um bessere Wachstumschancen in Lateinamerika eine zentrale Stellung eingeräumt werden. Groben Schätzungen zufolge würde sich zum Beispiel eine Verbesserung der Ausbildungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten für sozial ausgegrenzte Bevölkerungsgruppen deutlich auf das wirtschaftliche Wachstum auswirken; konkret auf das Bruttoinlandsprodukt bezogen würde dies für Bolivien einen BIP-Zuwachs von 36 %, für Brasilien von 13 % und für Guatemala von 14 % bedeuten.

In lateinamerikanischen Ländern wie auch in anderen Regionen gehen soziale Ungleichheit und Ausgrenzung mit sozialer Unruhe und einer Bedrohung der öffentlichen Sicherheit einher, insbesondere in Ländern, in denen Menschen verschiedener Rassen und ethnischer Herkunft leben. Wird das Problem der sozialen Ungleichheit und Ausgrenzung nicht direkt angesprochen, kann sich dies in sozialer und politischer Instabilität und geringem Wachstum niederschlagen. Soziale Ungleichheit und Ausgrenzung sind eng miteinander verknüpft und bergen die Gefahr größerer Armut, geringeren Wachstums und sozialer und politischer Krisen.

Die Initiative der Kommission

Auf dem letzten Treffen der Minister der Europäischen Union und der Rio-Gruppe im März 2003 in Vouliagmeni schlug die Kommission vor, den sozialen Zusammenhalt in den Mittelpunkt der biregionalen Beziehungen zwischen der Europäischen Union und Lateinamerika zu stellen und diesen Aspekt auch auf dem Gipfeltreffen in Guadalajara als eines der Hauptthema zu erörtern. Außerdem kündigte die Kommission an, dass die Europäische Union und die Interamerikanische Entwicklungsbank gemeinsam ein Seminar zu diesem Thema organisieren und die Kommission ein Regionalprogramm zur Förderung des Austausches einschlägiger Erfahrungen und guter Durchführungspraktiken zwischen den beiden Regionen verabschieden werde.

In Verbindung mit dem Gipfeltreffen in Guadalajara und im Rahmen der engen Zusammenarbeit mit der Interamerikanischen Entwicklungsbank schlägt die Kommission vor, dass die Staats- und Regierungschefs konkrete Entscheidungen treffen, die folgenden Zielen dienen:

A. Die Länder Lateinamerikas sollten ermutigt werden, stimmige und wirksame Konzepte zur Verbesserung des sozialen Zusammenhalts durch Bekämpfung von Armut, sozialen Ungleichheiten und Ausgrenzung anzunehmen.

In diesem Zusammenhang sind besonders folgende drei Sektoren betroffen:

Demokratische Staatsführung

Die letzte Latinobarometro-Umfrage hat ergeben, dass nur einer von fünf Lateinamerikanern dem Rechtssystem seines Landes vertraut, lediglich 17 % ihrem Parlament oder Kongress und nicht mehr als 11 % politischen Parteien vertrauen. Es herrscht die Auffassung, dass es der Demokratie nicht gelungen ist, mehr Menschen Zugang zu öffentlichen Gütern wie z. B. der Gleichheit vor dem Gesetz zu verschaffen. Es ist nicht möglich, eine Gesellschaft ohne Armut, soziale Ungleichheiten und Ausgrenzung aufzubauen, wenn sich große Teile der Bevölkerung vom politischen System ausgeschlossen fühlen. In dieser Hinsicht sollten die Regierungen der Länder Lateinamerikas u. a. ihre Wahlsysteme verbessern, eine unabhängige Justiz gewährleisten und dafür sorgen, dass die politischen Parteien besser funktionieren und die Bevölkerung repräsentieren.

Sozialpolitik

Der Interamerikanischen Entwicklungsbank zufolge sind im letzten Jahrzehnt im Bereich der Sozialprogramme bedeutende Ergebnisse erzielt worden. Die Reformen im sozialen Bereich konnten die Schwierigkeiten bei der Programmumsetzung jedoch nicht lösen. Auch haben sie das Ziel verfehlt, bedeutend mehr Menschen Zugang zu einer qualitativ hochwertigen Gesundheitsversorgung zu verschaffen, wozu auch sauberes Trinkwasser, eine gute Nahrungsmittelversorgung sowie Bildungs- und Wohnungsdienstleistungen für die ärmeren Bevölkerungsteile gehören. Viele Menschen werden auf diese Weise weiterhin ausgegrenzt.

Daher sollten schnellstmöglich stimmige und wirksame sozialpolitische Konzepte umgesetzt werden, die dazu führen, dass sich der Zugang zu einer qualitativ hochwertigen Gesundheitsversorgung, Bildungs- und Wohnungsdienstleistungen sowie das Sozialversicherungssystem verbessern und außerdem durch eine entsprechende Beschäftigungspolitik Segregation und Diskriminierung auf den Arbeitsmärkten reduziert werden.

Über einen universellen Zugang zu Dienstleistungen hinaus müssen Sozialpolitik und -programme für gerechter verteilte, hochwertigere Leistungen im Bildungs-, Gesundheits- und Wohnungsbereich insbesondere für ärmere und ausgegrenzte Bevölkerungsschichten sorgen. Ungleichheit besteht nicht nur zwischen Menschen, die Zugang zu Dienstleistungen haben, und solchen, die keinen Zugang haben, sondern auch zwischen denjenigen, die Zugang zu guten Dienstleistungen haben, und denjenigen, die lediglich minderwertige Dienstleistungen erhalten.

Die sozialen Konzepte sollten besser verwaltet und die öffentliche Ausgabenpolitik effektiver und wirksamer gestaltet werden.

Öffentliche Finanzen und Steuerpolitik

In großem Ausmaß bestehende soziale Ungleichheiten hängen eng mit einer unfairen und unwirksamen Steuerpolitik zusammen. Die Steuerpolitik ist in den Ländern Lateinamerikas besonders wichtig, weil sie zur Entwicklung demokratischer Systeme, die ärmere und benachteiligte Bevölkerungsschichten wirksam integrieren, wesentlich beitragen könnte. Ein schwacher Staat wird als eines der größten Mankos der Länder in der Region angeführt. Tatsächlich ist das Ausgabenniveau der Regierungen in Lateinamerika niedrig, was zum Teil an der begrenzten Kapazität der Institutionen zur Steuerbeitreibung und wirksamen Steuererhebung liegt. Im Vergleich zu den Industrieländern stammt in den lateinamerikanischen Ländern ein verhältnismäßig großer Teil der öffentlichen Einnahmen aus der Mehrwertsteuer, während die Einkommen- bzw. Körperschaftssteuer und die Vermögenssteuer eine geringere Rolle spielen. Die Umverteilungsfunktion des Steuersystems wird dadurch beeinträchtigt.

Die Regierungen der Länder Lateinamerikas sollten Steuerreformen in Erwägung ziehen, um nicht nur die Bemessungsgrundlage zu vergrößern, sondern insbesondere für mehr Gleichheit zu sorgen und höhere Sozialausgaben zu ermöglichen.

B. Die internationale Gemeinschaft - einschließlich der internationalen Finanzinstitutionen - sollte ermutigt werden, die genannten Maßnahmen zu unterstützen.

Im Rahmen der internationalen Zusammenarbeit sollten diese Maßnahmen unterstützt werden. Dabei ist jedoch auch das Prinzip der Eigenverantwortung zu beachten, dem zufolge die betroffenen Länder - Regierung, Unternehmenssektor und Zivilgesellschaft - bei der Verbesserung des sozialen Zusammenhalts die Führungsrolle spielen müssen. Die Länder Lateinamerikas sollten alle Maßnahmen zur Bekämpfung von Armut, sozialen Ungleichheiten und Ausgrenzung in ihre nationalen Pläne aufnehmen. Internationale Unterstützung und Zusammenarbeit sollte dann auf diesen Plänen aufbauen. Von der internationalen Gemeinschaft und besonders von den internationalen Finanzinstitutionen unterstützte Reformprogramme sollten genau auf ihre Folgen für den sozialen Zusammenhalt und die gesellschaftliche Stabilität untersucht werden. Außerdem müssen sich alle Geber - einschließlich der EU-Mitgliedstaaten - untereinander besser abstimmen.

Die internationalen Finanzinstitutionen und Geber sollten antizyklische steuer- und geldpolitische Maßnahmen zur Bekämpfung der negativen Folgen von Rezessionen stärker unterstützen und Investitionen im sozialen Bereich fördern, die der langfristigen Beseitigung sozialer Ungleichheiten dienen. Sollen wachsende Volkswirtschaften den sozialen Zusammenhalt durch die Bekämpfung von Armut, Ausgrenzung und sozialen Ungleichheiten verbessern und somit die Grundlage für nachhaltiges, beständiges Wachstum legen, müssen die internationalen Finanzinstitutionen bei der Aushandlung makroökonomischer Stabilitätsziele für jedes Land auf diese Aspekte achten.

C. Die Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und Lateinamerika im Bereich des sozialen Zusammenhalts sollte ausgebaut werden.

Das Prinzip des sozialen Zusammenhalts ist Kernpunkt der Werte der Europäischen Union. Auf den Tagungen des Europäischen Rates in Lissabon und Feira wurde die Förderung des sozialen Zusammenhalts daher als wesentliches Element der Strategie festgehalten, die die EU verfolgt, um ihr Ziel, bis 2010 zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensbasierten Wirtschaftsraum der Welt zu werden, auch zu erreichen.

Die Erweiterung der EU um 10 neue Mitgliedstaaten am 1. Mai 2004 wird neuerliche Anstrengungen zur Förderung des sozialen Zusammenhalts innerhalb der Union erforderlich machen. Die EU hat im Sozialbereich erfolgreiche Konzepte und Arbeitsmethoden entwickelt, und die von der Europäischen Kommission und den Mitgliedstaaten auf diesem Gebiet gesammelten Erfahrungen könnten für Lateinamerika von großem Nutzen sein.

Die Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und Lateinamerika sollte sich darauf konzentrieren, diese Erfahrungen und das europäische Know-how weiterzugeben. Besondere Aufmerksamkeit verdienen dabei Erfahrungen mit der Entwicklung, Umsetzung und Evaluierung sozial- und steuerpolitischer Maßnahmen zur Förderung des sozialen Zusammenhalts.

Vor dem Gipfeltreffen wird der Kommission ein Programm im Wert von 30 Millionen EUR vorgelegt werden, das darauf ausgerichtet ist, den Austausch von Erfahrung und Know-how in den Bereichen Gesundheit, Bildung, Steuern und Justiz zwischen den öffentlichen Verwaltungen der beiden Regionen zu erleichtern. Besondere Unterstützung soll dem Aufbau von Verbindungen zwischen den für diese Politikbereiche zuständigen öffentlichen Verwaltungen gelten.

Der Europäische Rat von Lissabon beschloss bei seiner Entscheidung darüber, wie eine europäische Perspektive in Bezug auf Themen wie Armut und soziale Ausgrenzung zu entwickeln sei, auf die Erfahrungen aufzubauen, die mit der seit 1997 verfolgten Europäischen Beschäftigungsstrategie gewonnen wurden. Er nahm die so genannte offene Koordinierungsmethode an, die in zur Bekämpfung der Ausgrenzung wichtigen Bereichen vorsieht, dass ein Dialog entsteht, Erfahrungen ausgetauscht, gemeinsame Ziele gesetzt und Konzepte bewertet werden. Die Kommission würde es begrüßen, wenn die Länder Lateinamerikas in ihrer Region einen Prozess einleiten würden, durch den Dialog und Erfahrungsaustausch angestoßen werden, so dass sich die Länder der Region über ihre jeweiligen Erfolge und Misserfolge austauschen und voneinander lernen können. Sollten sich die Länder Lateinamerikas entscheiden, einen solchen Mechanismus einzurichten, wäre die Kommission bereit, technische Hilfe zu leisten und zu finanzieren. In diesem Zusammenhang sollte außerdem auf die wichtige Rolle des sozialen Dialogs hingewiesen werden.

Die Arbeitsgruppe

Diese Ziele sind in der Arbeitsgruppe zum sozialen Zusammenhalt diskutiert worden, die von der Kommission und der Interamerikanischen Entwicklungsbank nach dem im Juni 2003 in Brüssel abgehaltenen Seminar über sozialen Zusammenhalt eingerichtet wurde. An der Arbeitsgruppe haben auch andere Institutionen wie das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen und die Wirtschaftskommission für Lateinamerika und die Karibik sowie verschiedene Sachverständige aus Lateinamerika, dem Karibischen Raum und Europa teilgenommen.

Die Arbeitsgruppe hat sich zweimal getroffen (im Oktober 2003 in Mexiko und im Februar 2004 in Brüssel) und eine Reihe von Empfehlungen formuliert, auf denen die oben beschriebenen Empfehlungen der Kommission beruhen. Diese Vorschläge sind den mit der Vorbereitung des Gipfeltreffens beauftragten führenden Mitarbeitern zugeleitet worden. Deren Einverständnis vorausgesetzt, sollen sie beim Gipfeltreffen von Guadalajara den Staats- und Regierungschefs vorgelegt werden.

Die Kommission würde es begrüßen, wenn die Staats- und Regierungschefs die Vorschläge während des Gipfeltreffens annehmen würden, denn sie bilden ein auf klaren Leitlinien beruhendes Programm für den sozialen Zusammenhalt und führen zu zusätzlicher politischer Unterstützung bei der Ausarbeitung von Konzepten für stärkeren sozialen Zusammenhalt.

5. REGIONALE INTEGRATION

Die Bedeutung der regionalen Integration in Lateinamerika

Die andere zentrale Frage, mit der sich das Gipfeltreffen in Guadalajara nach Ansicht der Kommission befassen sollte, ist die Bedeutung einer vertieften regionalen Integration in ganz Lateinamerika. Aus Sicht der Kommission stellt die Vertiefung der regionalen Zusammenarbeit allerdings keinen Selbstzweck dar. In wirtschaftlicher Hinsicht wird dieser Prozess vielmehr die Region in die Lage versetzen, ihr volles Potential auszuschöpfen, und die Eingliederung der einzelnen Länder in die internationalen Märkte erleichtern. In politischer Hinsicht wird Lateinamerika dadurch seinen Einfluss auf der Weltbühne stärker zur Geltung bringen können.

Der EU kann der Fortschritt der regionalen Integration nicht gleichgültig sein: Sie wird daraus Nutzen ziehen, dass ihr jenseits des Atlantiks ein starker Partner erwächst, mit dem sie ihre strategische Allianz weiter ausbauen kann.

Die EU hat aus eigener Erfahrung gelernt, dass die regionale Integration erhebliche wirtschaftliche Vorteile mit sich bringt: Größere Märkte ziehen verstärkt ausländische Investitionen an, die wirtschaftliche Integration steigert die Wettbewerbsfähigkeit, die Fähigkeit der Region zur Bewältigung externer wirtschaftlicher Schocks wird gestärkt.

Doch auch im Hinblick auf Stabilität und Krisenprävention ist die regionale Integration von Bedeutung. Eine engere Zusammenarbeit kann als Katalysator für Demokratie und Stärkung der Menschenrechte wirken. Durch die regionale Integration haben die beteiligten Länder die Möglichkeit, die Rolle fremdbestimmter Zuschauer aufzugeben und als aktive Partner die politische, wirtschaftliche und soziale Entwicklung auf globaler Ebene mitzugestalten.

Da es an einem die gesamte Region Lateinamerika umspannenden System der regionalen Integration noch fehlt, ist es zum Entstehen mehrerer subregionaler Initiativen gekommen. Neben Mercosur gilt dies auch für die Subregionen, die wie Zentralamerika und die Andengemeinschaft bisher eher durch politische Instabilität, interne und externe Konflikte sowie extreme Armut und soziale Ausgrenzung gekennzeichnet waren.

Die EU hat diese Initiativen zur Stärkung der regionalen Integration stets aus der Überzeugung unterstützt, dass sie maßgeblich zur politischen Stabilität, zur sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung und zum sozialen Zusammenhalt in der jeweiligen Subregion beitragen können. Weitere Fortschritte in Richtung einer vertieften Integration sind nach Ansicht der EU ein Zeichen der politischen und wirtschaftlichen Reife und zeugen von der Fähigkeit zur Reform. Die EU wird diese Prozesse weiterhin unterstützen und daran mitarbeiten.

Die Maßnahmen der EU zur Unterstützung der subregionalen Integration betreffen vor allem die Entwicklung des Humankapitals, den Aufbau von Institutionen, die Unterstützung bei der Errichtung von Zollunionen sowie die Formulierung gemeinsamer Politiken. Neben der Kommission, die bei diesen Maßnahmen eine Schlüsselrolle spielt, sind auch andere Institutionen der EU wie das Europäische Parlament, der Europäische Gerichtshof und der Wirtschafts- und Sozialausschuss an diesem Erfahrungsaustausch beteiligt. Als wichtige Komponente der wirtschaftlichen Integration stellt die makroökonomische Konvergenz weiterhin eine Herausforderung für die Subregionen Lateinamerikas dar. Die Gemeinschaft ist bereit, durch technische Hilfe die Bemühungen um wirtschaftliche Konvergenz in Lateinamerika auch weiterhin zu unterstützen.

Ziel dabei ist es nicht - und wird es auch nie sein -, ein europäisches Modell zu empfehlen. Es geht vielmehr darum, dort, wo es sinnvoll ist, die Erfahrungen Europas mit daran interessierten Ländern Lateinamerikas zu teilen.

In Bezug auf Zentralamerika und die Andengemeinschaft bekräftigten die Staats- und Regierungschefs auf dem Gipfeltreffen in Madrid die Bedeutung substantieller Fortschritte im jeweiligen Integrationsprozess. In der Madrider Erklärung, in der die künftigen Beziehungen mit den beiden Regionen skizziert werden, wird darauf hingewiesen, dass jeder weitere Schritt in Richtung eines Assoziierungsabkommens (einschließlich eines Freihandelsabkommens) vom Abschluss der Doha-Runde und von der Verwirklichung einer hinreichenden Integration in den beiden Regionen abhängt.

Damit wurde auf dem Madrider Gipfel klargestellt, dass die Vertiefung der Beziehungen zwischen der EU und Zentralamerika bzw. der Andengemeinschaft auf biregionaler Ebene erfolgen soll. Die Kommission ist nach wie vor der Auffassung, dass sich angesichts der Unterschiede in Punkto Wirtschaftskraft und wirtschaftliche Entwicklung nur biregionale Abkommen (in Gegensatz zu bilateralen Abkommen) als dauerhaft und für beide Regionen vorteilhaft erweisen werden. In diesem Zusammenhang war der Abschluss von Abkommen über politischen Dialog und Zusammenarbeit mit Zentralamerika und der Andengemeinschaft ein wichtiger Schritt nach vorne. Damit unterstrichen die EU und ihre Partner in Lateinamerika ihre Entschlossenheit, bei der Förderung der bestehenden Integrationsprozesse zusammenzuarbeiten.

Die Regierungen, die an den Integrationsprozessen in Zentralamerika und der Andengemeinschaft teilnehmen, haben ihren Willen zur Vertiefung der Integration bekräftigt. Doch die konkreten Maßnahmen zur weiteren Integration entsprachen bisher nicht immer dem Engagement auf politischer Ebene. Manchmal werden bilaterale Regelungen wie z.B. Freihandelsabkommen mit Drittstaaten angestrebt - zum Nachteil des regionalen Integrationsprozesses. Wie die politische Debatte innerhalb der Andengemeinschaft in jüngster Zeit gezeigt hat, gehen die Meinungen über den Nutzen einer vertieften Integration auseinander. In Zentralamerika steht eher die Frage nach dem angemessensten Integrationsmodell im Mittelpunkt der Debatte.

Zentralamerika

In den letzten zehn Jahren ist Zentralamerika in den Bereichen Konfliktbewältigung, Demokratie und wirtschaftliche Entwicklung ein gutes Stück vorangekommen. Seit 2002 ist überdies die Wiederbelebung des regionalen Integrationsprozesses zu einem prioritären Ziel der zentralamerikanischen Regierungen geworden. Dank ihrer Unterstützung für den Befriedungsprozess und die Rückkehr zur Demokratie im Rahmen des 1984 eingeleiteten Dialogs von San José und dank auch der umfangreichen Entwicklungshilfe der letzten 20 Jahre genießt die EU ein hohes Maß an Glaubwürdigkeit in dieser Subregion Lateinamerikas. Darauf muss die EU bei der weiteren Unterstützung der regionalen Integration in Zentralamerika aufbauen.

In Zentralamerika reicht der Integrationsprozess zwar bis ins Jahr 1950 zurück, doch die ersten vier Jahrzehnte waren von schweren Versäumnissen und Rückschlägen geprägt. Seit der Einrichtung des Zentralamerikanischen Integrationssystems als neuen Integrationsrahmens im Jahr 1993 kommt der Prozess der regionalen Integration allerdings stetig voran. Dabei wird vor allem auf der Stabilität aufgebaut, die die Lösung der in einigen Ländern lange schwelenden Konflikte gebracht hat. Die Notwendigkeit weiterer Schritte zur wirtschaftlichen Integration wurde im März 2002 von den Staatschefs der zentralamerikanischen Länder anerkannt, als sie sich dazu verpflichteten, bis Dezember 2003 einen Aktionsplan zur Vollendung der Zollunion zu verabschieden. Zum Teil aufgrund der Handelsverhandlungen mit zahlreichen Drittstaaten, die in jüngster Zeit insbesondere zum Abschluss eines Freihandelsabkommen mit den USA (CAFTA) führten, ist es allerdings nicht gelungen, dieses Ziel zu verwirklichen. In einzelnen Bereichen kam es trotzdem zu weiteren Fortschritten. Dazu zählen die Harmonisierung eines Großteils (92 %) der Zollpositionen, die Unterzeichnung eines Investitions- und Dienstleistungsabkommens sowie die Einführung eines Streitbeilegungsmechanismus. Auf ihrem Gipfeltreffen am 19. Dezember 2003 verpflichteten sich die Staatspräsidenten erneut dazu, bis Ende 2004 bei der Errichtung der Zollunion weiter voranzukommen. Dazu sind u.a. Fortschritte beim Abbau nichttarifärer Handelshemmnisse, beim Aufbau einer gemeinsamen Zollverwaltung, bei der Umsetzung gemeinsamer Normen usw. notwendig. Darüber hinaus lehrt die bisherige Erfahrung, dass echte Fortschritte bei der regionalen Integration nur dann möglich sind, wenn für die effektive Anwendung und Durchsetzung der vereinbarten Maßnahmen gesorgt wird. Der Mangel an wirksamer regionaler Integration lässt sich an den makroökonomischen Daten ablesen - bei einzelnen Indikatoren wie dem Volumen des intraregionalen Handels sind weitere Verbesserungen erforderlich.

Zentralamerika scheint die Ära der internen Konflikte und der politischen Instabilität hinter sich gebracht zu haben. Es besteht ein hohes Maß an Engagement für die regionale Integration, die als Voraussetzung für erhöhte Wettbewerbsfähigkeit und wirksame Konfliktprävention betrachtet wird. Ein Land (Costa Rica) hegt allerdings Bedenken im Hinblick auf die gewählte Form der wirtschaftlichen Integration, und ein anderes (Panama) zweifelt überhaupt am Sinn des wirtschaftlichen Integrationsprojekts (das Land hat aufgrund seiner stark dienstleistungsorientierten Volkswirtschaft sein Interesse an einem Beitritt zur Zollunion noch nicht bestätigt). Auf institutioneller Ebene beteiligen sich noch nicht alle Länder an Parlacen und dem Zentralamerikanischen Gerichtshof (CCJ).

Andengemeinschaft

Die EU hat den regionalen Integrationsprozess in der Andenregion seit jeher unterstützt. Mit der Gründung des Andenpakts im Jahr 1969 wurde in Lateinamerika zum ersten Mal eine Form der regionalen Integration geschaffen. Die Andenregion war auch die erste Region Lateinamerikas, die ein Kooperationsabkommen mit der EU geschlossen hat (1983).

Der Integrationsprozess hat seit seiner Aufnahme vor 35 Jahren Höhen und Tiefen durchlaufen. Ein wichtiger Erfolg war der Abschluss des Protokolls von Trujillo im Jahr 1996, durch das der Andenpakt in die Andengemeinschaft umgewandelt, eine Vielzahl verschiedener regionaler Institutionen eingerichtet und in die bis dahin vorrangig auf Wirtschaft und Handel ausgerichtete Agenda um die Zusammenarbeit in politischen und sozialen Bereichen erweitert wurde. Besonders erwähnenswert ist, dass in dem Protokoll neben dem Aufbau einer gemeinsamen Außenpolitik und der Errichtung einer Friedenszone in der Andenregion auch die Schaffung eines gemeinsamen Marktes bis 2005 als Ziel verankert ist.

Die politische Agenda wird oft von gravierenden internen Problemen der Andenländer bestimmt, die sich daher nicht immer vorrangig der regionalen Integration und dem damit verbundenen langfristigen Nutzen widmen konnten, so dass der Integrationsprozess weiterhin nur schleppend voranschreitet. Dennoch wurden in den letzten Jahren einige wichtige neue Initiativen auf politischer Ebene eingeleitet, die z.B. die Konfliktvorbeugung, die grenzübergreifende Zusammenarbeit sowie die Bekämpfung des illegalen Handels mit Drogen und Waffen betreffen. Deutliche Erfolge wurden auch bei den Bestrebungen erzielt, der Andengemeinschaft für ihre Bürger reale Gestalt zu verleihen, u.a. durch die Einführung eines einheitlichen Passes, die Einrichtung von Arbeitsgruppen, die sich mit Problemen der Verbraucher und der einheimischen Bevölkerung befassen, und durch die direkten Wahlen zum Andenparlament (die noch nicht in allen Mitgliedstaaten der Andengemeinschaft durchgeführt wurden)..

Besonders schwierig gestaltet sich für die Andengemeinschaft die wirtschaftliche Integration, die oft durch große strukturelle Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern und mangelnden politischen Willen beeinträchtigt wird. Nach der Liberalisierung des Handels zwischen vier der fünf Mitgliedstaaten der Andengemeinschaft Mitte der 90er Jahre (mit Ausnahme von Peru), wurde auf dem Gipeltreffen im Juni 2003 in Quirama bekräftigt, dass alle fünf Andenstaaten weiterhin die Schaffung eines gemeinsamen Marktes anstreben. Diesbezüglich wurde 2003 durch die Annahme des Beschlusses zur Harmonisierung des gemeinsamen Außenzolls für 62% der Waren (95% wenn Peru nicht berücksichtigt wird) ein erheblicher Fortschritt erzielt. Allerdings wurde der Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Beschlusses erst kürzlich verschoben. Die fünf Länder haben einen Gemeinsamen Zolltarif angenommen, der Anfang 2005 in Kraft treten soll, sie verfügen jedoch noch nicht über eine gemeinsame Zollverwaltung. Der Handel innerhalb der Region hat zwar geringfügig zugenommen, bewegt sich insgesamt aber mit 10-12% immer noch auf einem sehr niedrigen Niveau - ein Zeichen dafür, dass weiterhin erhebliche Handelshindernisse bestehen. Einzelne der fünf Mitgliedstaaten bemühen sich außerdem um den Abschluss separater bilateraler Freihandelsabkommen außerhalb der Andengemeinschaft, was den Integrationsprozess unterlaufen könnte.

Auf dem Weg zu Assoziationsabkommen mit Zentralamerika und der Andengemeinschaft.

Die Erklärung von Madrid öffnete den Weg für die Aufnahme von Verhandlungen über Assoziationsabkommen mit der Andengemeinschaft und Zentralamerika, wobei zunächst zwei Voraussetzungen zu erfuellen sind: der Abschluss des Entwicklungsprogramms von Doha und ein ausreichender Grad regionaler Integration.

In Anbetracht der dargelegten Fortschritte und zur Bekräftigung des positiven Signals, das grundsätzlich von der Erklärung von Madrid ausgeht, sollte nach Auffassung der Kommission das Gipfeltreffen in Guadalajara den Weg zur Aufnahme von Verhandlungen über Assoziationsabkommen einschließlich Freihandelsabkommen ebnen. In dieser Hinsicht müssen von beiden Seiten sämtliche Anstrengungen unternommen werden, um 2004 größtmögliche Fortschritte im Hinblick auf einen schnellen Abschluss der Doha-Verhandlungsrunde zu erzielen, da alle künftig zu schließenden Freihandelsabkommen auf dem Ergebnis der Doha-Entwicklungsagenda basieren werden. Durch einen ausreichenden Grad an regionaler Integration könnten dann Verhandlungen angestoßen werden.

Um den Prozess voranzubringen und optimalen Nutzen aus den knappen Ressourcen und der eng bemessenen Zeit zu ziehen, schlägt die Kommission vor, durch ein gemeinsames Monitoring der bei der regionalen Integration erzielten Fortschritte bereits in diesem Stadium Vorbereitungen für die Eröffnung von Verhandlungen zu treffen. Die Kommission hofft, dass die Aussicht auf Verhandlungen über Assoziationsabkommen einschließlich Freihandelsabkommen einen erheblichen Anreiz für diese Regionen zur Fortsetzung ihres regionalen Integrationsprozesses darstellt.

Nach Ansicht der Kommission sind klare Kriterien erforderlich, an denen der Fortschritt beider Regionen gemessen wird. Wenn diese Kriterien erfuellt sind, ist der Grad der Integration als ausreichend zu betrachten.

Ein für die Aufnahme von Verhandlungen über Freihandelsabkommen zufriedenstellender Grad der regionalen Integration umfasst nach Auffassung der Kommission:

1. Einen in vollem Umfang einsatzfähigen institutionellen Rahmen. Dies erfordert u.a. die Ermittlung wirksamer Mechanismen für die Förderung des Projekts der regionalen Integration und zur Gewährleistung der Umsetzung und Durchsetzung von Beschlüssen, einschließlich eines Streitbeilegungsverfahrens, die Beteiligung aller Länder an allen Institutionen und die Entwicklung eines tragfähigen Finanzierungsmechanismus für die Unterstützung des institutionellen Aufbaus.

2. Die Schaffung einer Zollunion, die mit Art. XXIV des GATT im Einklang steht und der WTO notifiziert wird (einschließlich gemeinsamem Außenzoll, gemeinsamer Zollverwaltung und gemeinsamer Außenhandelspolitik). Außerdem muss die Effizienz der Zollunion bewertet werden [wobei als Indikator die Zunahme des intraregionalen Handels dienen könnte].

3. Die Beseitigung nichttarifärer Hemmnisse für den intraregionalen Handel. Der Handel wird in zunehmendem Maße durch nichttarifäre Hemmnisse behindert. Daher muss großes Gewicht auf wirksame Bestimmungen zur Beseitigung dieser Hemmnisse (durch Harmonisierung und gegenseitige Anerkennung) gelegt werden, insbesondere im Bereich der technischen Vorschriften und Standards und in den Bereichen Gesundheits- und Pflanzenschutz. Darüber hinaus müssen die betreffenden Länder dazu ermutigt werden, regionale Regulierungssysteme für Dienstleistungen und Investitionen einzuführen, die künftige Verhandlungen über Freihandelsabkommen mit der Europäischen Union erleichtern, und ihre Rechtsvorschriften darauf hin zu überprüfen, ob sie den Schutz des geistigen Eigentums gewährleisten, ob Vorschriften für das öffentliche Auftragswesen bestehen und ob Fortschritte bei dem Aufbau einer regionalen Wettbewerbspolitik erzielt wurden.

Um den Prozess zu beschleunigen und die Aufnahme von Verhandlungen vorzubereiten, schlägt die Kommission vor, die bestehenden institutionellen Strukturen einzusetzen und das Monitoringverfahren zur Bewertung der bei der regionalen Integration erzielten Fortschritte entsprechend den oben genannten Vorgaben einzuleiten. Dazu würden sich Bedienstete beider Seiten regelmäßig treffen, um den Stand der Integration zu prüfen und zu beurteilen, ob die erzielten Ergebnisse die Aufnahme von Verhandlungen rechtfertigen. Dieses Verfahren würde gleichzeitig, aber unabhängig voneinander sowohl mit der Andengemeinschaft als auch mit Zentralamerika durchgeführt.

Gemäß den Schlussfolgerungen von Madrid, soll sich das künftige Freihandelsabkommen auf die Ergebnisse der Entwicklungsagenda von Doha stützen. Die EU sowie Zentralamerika und die Andengemeinschaft haben ein gemeinsames Interesse daran, sich mit ganzer Kraft für den Fortschritt der Verhandlungen über die Entwicklungsagenda von Doha einzusetzen. Der Geltungsbereich eines Freihandelsabkommen muss in jedem Fall einen Mehrwert für das multilaterale System gewährleisten.

Was die unmittelbare Zukunft unserer Handelsbeziehungen mit Zentralamerika und der Andengemeinschaft betrifft, so erinnert die Kommission daran, dass für diese Regionen derzeit die APS-Sonderregelung zur Bekämpfung der Herstellung illegaler Drogen gilt, die ihnen einen besonders präferenzbegünstigten Zugang zum EU-Markt einräumt. Diese Regelung hat zusätzlich an Attraktivität gewonnen, da durch die kürzlich angenommenen Änderung des APS die Anwendung des Graduierungsmechanismus auf die wichtigsten durch das APS begünstigten Länder beschränkt wurde. Aufgrund des Beschlusses über die Verlängerung des derzeit geltenden APS um ein weiteres Jahr können die Länder der Andengemeinschaft und Zentralamerikas auf die Fortsetzung der Sonderregelung bis Ende 2005 vertrauen. Die Kommission überarbeitet derzeit das APS der EU und prüft, wie Einfuhrwaren aus Zentralamerika und der Andengemeinschaft auch nach 2005 ein präferenzbegünstigter Marktzugang gewährt werden könnte.

Mercosur

Die Europäische Union tritt für eine stärkere regionale Integration im Rahmen des Mercosur ein und fördert diese Initiative deshalb von ihrem Beginn im Jahre 1991 an. Die EU setzt sich weiter für engere Beziehungen mit dem Mercosur und eine Vertiefung des internen Einigungsprozesses im Hinblick auf den Aufbau eines echten gemeinsamen Marktes ein. So zielen die laufenden Arbeiten von EU und Mercosur sowie die Verhandlungen über ein Assoziierungsabkommen zwischen EU und Mercosur unter anderem darauf ab, den Mercosur bei seinen internen Bemühungen um die Schaffung eines gemeinsamen Marktes zum 1. Januar 2006 zu unterstützen.

Ziel der Verhandlungen zwischen der EU und dem Mercosur ist eine Assoziierung zweier integrierter Regionen. Eine solche interregionale Assoziierung wurde bereits kurz nach der Gründung des Mercosur und der Festlegung konkreter Ziele im Hinblick auf die Integration der beteiligten Länder in einen gemeinsamen Markt erstmals erwogen.

Die interregionale Dimension dieses Abkommens stellt somit beide Seiten insofern vor neue Herausforderungen, als sie nun Regeln für den Umgang miteinander entwerfen müssen, zugleich aber noch an ihren jeweiligen intraregionalen Regelwerken arbeiten. Angesichts des engen Zusammenhangs zwischen der Integration im Rahmen des Mercosur und den laufenden Verhandlungen können letztere nur dann erfolgreich abgeschlossen und ein tragfähiges Abkommen erzielt werden, wenn die Vertiefung der Integration Fortschritte macht, insbesondere in Bezug auf die institutionellen Aspekte und die Handelsaspekte des Abkommens, das derzeit ausgehandelt wird.

Politische bzw. institutionelle Aspekte

Das erste Ziel des intensiveren politischen Dialogs zwischen der EU und dem Mercosur erfordert die Schaffung der neuen institutionellen Mechanismen, die in dem Abkommensentwurf in dem Kapitel über den politischen Dialog bereits vorgesehen sind. Die EU begrüßt die Mercosur-Initiative, in der Person von Präsident Duhalde eine bekannte Politikerpersönlichkeit als Präsident des Ausschusses der Ständigen Vertreter beim Mercosur zu bestellen, da dies zu der allgemein angestrebten weiteren Stärkung der Mercosur-Institutionen beiträgt. Die Aufwertung des Mercosur-Sekretariats, die Schaffung eines Ständigen Schlichtungshofes und die Bemühungen um Straffung der Entscheidungsprozesse im Rahmen des Mercosur stellen weitere wichtige Schritte dar. Die Kommission hofft, dass durch diese institutionelle Stärkung Beschlüsse besser durchgeführt werden und dass politische Zusagen in Bezug auf die regionale Integration tatsächlich umgesetzt werden.

Handelsaspekte

Nach Ansicht der EU bildet die Vollendung der Mercosur-Zollunion eine wesentliche Voraussetzung für den Abschluss dieses Abkommen. Die Integration im Rahmen des Mercosur sollte aber auch im Sinne der Schaffung eines Binnenmarktes und damit des freien Verkehrs von Waren, Dienstleistungen und Kapital betrieben werden. Ein erfolgreicher Abschluss der Verhandlungen setzt daher voraus, dass für denjenigen Bereiche, über die derzeit interregional verhandelt wird, intraregionale Regelungen vorhanden sind. Die EU wird mit dem Mercosur in allen diesen Bereichen mit dem Ziel weiterverhandeln, ein wirklich anspruchsvolles, umfassendes Abkommen zu schließen, das über die beiderseitigen WTO-Verpflichtungen hinausgeht.

Im Hinblick darauf wurden in dem Arbeitsprogramm, das am 12. November 2003 in der letzten Sitzung der für das Handelskapitel zuständigen Verhandlungsführer auf Ministerebene vereinbart wurde, mehrere umfassende Verhandlungsrunden und zwei Ministertreffen festgelegt. Dieses Programm sieht vor, dass das umfassende Handelskapitel des Abkommens auch ein Freihandelsabkommen in Bezug auf Waren und Dienstleistungen umfasst. Außerdem enthält es Vereinbarungen über den Marktzugang und das öffentliche Beschaffungswesen, Investitionen, Rechte an geistigem Eigentum, Wettbewerbspolitik, Tier- und Pflanzengesundheit, technische Handelshemmnisse, Handel mit Wein und Branntwein, Erleichterung der Unternehmenstätigkeit, handelspolitische Schutzmaßnahmen, Schlichtungsverfahren u.a.m. Der durch das Ministertreffen vermittelte politische Impuls müsste die Verhandlungsgruppen eigentlich in die Lage versetzen, die in den einzelnen Bereichen erforderlichen Fortschritte zu erzielen, damit die Verhandlungen nach Möglichkeit im Oktober dieses Jahres abgeschlossen werden können.

Die Kommission erwartet, dass die Staats- und Regierungschefs in Bezug auf das in der letzten Sitzung der für das Handelskapitel zuständigen Verhandlungsführer auf Ministerebene vom 12. November 2003 vereinbarte Arbeitsprogramm für die Verhandlungen zwischen der EU und dem Mercosur über ein Assoziierungsabkommen zu weiteren Fortschritten ermutigen, sodass die Verhandlungen unter entsprechenden Bedingungen im Oktober dieses Jahres abgeschlossen werden können.

Karibik

Wie bei Lateinamerika tritt die Europäische Union auch im Falle der Karibik für die regionale Integration ein. Die im Jahre 1973 gegründete Karibische Gemeinschaft (CARICOM) beschloss 1989 ihre Weiterentwicklung zu einem Gemeinsamen Markt und Wirtschaftsraum für die Karibik (CARICOM Single Market and Economy - CSME). Nach Vollendung des CSME werden innerhalb der Karibischen Gemeinschaft freier Verkehr für Waren, Dienstleistungen, Kapital und Arbeitnehmer sowie Niederlassungsfreiheit herrschen und außerdem harmonisierte handelsrechtliche Vorschriften gelten. Dieses Ziel soll am 31. Dezember 2005 erreicht sein. Die gleichzeitigen Bemühungen der CARICOM um eine weitere Integration der Dominikanischen Republik führten 2001 zur Schaffung einer Freihandelszone.

Die EU trägt zum Aufbau und zur Stärkung der regionalen Integration in der Karibik bei, indem sie ihre regionalen Finanzhilfen im Rahmen des 9. Regionalen EEF-Richtprogramms (2003-2007) auf intra- und interregionale Integrationsprozesse konzentriert, die u.a. ein Abkommen über Wirtschaftspartnerschaft (EPA) der EU mit der Region umfassen. Die EPA-Verhandlungen sollen im April 2004 beginnen. Bei diesen Abkommen handelt es sich um neue, WTO-kompatible Handelsvereinbarungen zur allmählichen Beseitigung der Handelshemmnisse in der Region und zur Stärkung der Zusammenarbeit in allen handelsrelevanten Bereichen. Der EPA-Prozess ist für die Konsolidierung und Stärkung der Integration in der Karibik von wesentlicher Bedeutung und schafft die Grundlage für engere wirtschaftliche Beziehungen zwischen der EU und einer stärkeren, wettbewerbsfähigeren Karibik.

6. SCHLUSSFOLGERUNG

Die Kommission misst einem erfolgreichen Abschluss des Gipfeltreffens von Guadalajara, dem ersten, an dem die EU in ihrer erweiterten Form teilnimmt, große Bedeutung bei. Im Hinblick darauf hat die Kommission entsprechende Initiativen ergriffen, Abkommen ausgehandelt, Programme verabschiedet sowie Seminare und Sitzungen veranstaltet und kofinanziert.

Der Erfolg des Gipfeltreffens wird jedoch in hohem Maße davon abhängen, inwieweit es den Staats- und Regierungschefs gelingt, konkrete, weitreichende Beschlüsse zu fassen, die unseren Beziehungen neuen Schwung verleihen und den künftigen Weg vorzeichnen.

In dieser Mitteilung macht die Kommission deutlich, dass im Mittelpunkt dieser Beschlüsse vor allem der soziale Zusammenhalt und die regionale Integration stehen sollten, da diesen beiden Aspekten sowohl für die Entwicklung und Stabilität unserer Regionen als auch für die Stärkung unserer Beziehungen wesentliche Bedeutung zukommt.

Die Kommission schlägt den Staats- und Regierungschefs vor, konkrete Beschlüsse im Hinblick auf die nachstehend genannten Ziele zu fassen:

Sozialer Zusammenhalt

- Ermutigung der lateinamerikanischen Länder, in Bezug auf demokratisches Regieren, soziale Aspekte sowie öffentliche Finanzen und Steuern eine korrekte und effiziente Politik zu verfolgen, um den sozialen Zusammenhalt durch Reduzierung von Armut, Ungleichheit und Ausschluss zu fördern;

- Ermutigung der internationalen Gemeinschaft und der internationalen Finanzinstitutionen zur Unterstützung derartiger Maßnahmen zur Förderung des sozialen Zusammenhalts;

- Intensivierung der Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und Lateinamerika in Fragen des sozialen Zusammenhalts;

- Annahme der Vorschläge der Arbeitsgruppe über den sozialen Zusammenhalt, die die Kommission zusammen mit der Interamerikanischen Entwicklungsbank im Anschluss an das Seminar über sozialen Zusammenhalt vom Juni 2003 in Brüssel eingesetzt hat, damit eine einschlägige Agenda auf der Grundlage klarer Leitlinien vorliegt.

Regionale Integration

- Bekräftigung des mit der Erklärung von Madrid an Zentralamerika und die Andengemeinschaft ausgesandten grundsätzlich positiven Signals sowie Ebnung des Wegs zur Aufnahme von Verhandlungen über Assoziationsabkommen einschließlich Freihandelsabkommen, die auf dem Ergebnis der Doha-Entwicklungsagenda basieren werden. Durch einen ausreichenden Grad an regionaler Integration könnte dann Verhandlungen angestoßen werden.

- Ermutigung zu weiteren Fortschritten in Bezug auf das in der letzten Sitzung der für das Handelskapitel zuständigen Verhandlungsführer auf Ministerebene vom 12. November 2003 vereinbarte Arbeitsprogramm für die Verhandlungen zwischen der EU und dem Mercosur über ein Assoziierungsabkommen, sodass die Verhandlungen unter entsprechenden Bedingungen im Oktober dieses Jahres abgeschlossen werden können.

Die Kommission hofft, dass die Staats- und Regierungschefs ihre Vorschläge in diesen beiden Bereichen positiv aufnehmen und dass sich diese in den Schlussfolgerungen des Gipfeltreffens angemessen widerspiegeln.

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