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Document 52003DC0726

    Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament und den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss - Ein Binnenmarkt ohne unternehmenssteuerliche Hindernisse: Ergebnisse, Initiativen, Herausforderungen

    /* KOM/2003/0726 endg. */

    52003DC0726

    Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament und den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss - Ein Binnenmarkt ohne unternehmenssteuerliche Hindernisse: Ergebnisse, Initiativen, Herausforderungen /* KOM/2003/0726 endg. */


    MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DEN RAT, DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS - Ein Binnenmarkt ohne unternehmenssteuerliche Hindernisse Ergebnisse, Initiativen, Herausforderungen

    INHALTSVERZEICHNIS

    1. Einleitung

    2. Die Anpassung der Unternehmensbesteuerung in der EU bleibt eine Notwendigkeit

    3. Fortschritte bei gezielten Maßnahmen zur Beseitigung der steuerlichen Hindernisse im Binnenmarkt

    3.1. Orientierungshilfe zur Umsetzung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und zur Überwachung der Umsetzung der EU-Steuervorschriften in den Mitgliedstaaten

    3.2. Überarbeitung der Fusionsrichtlinie und der Mutter-/Tochter-Richtlinie

    3.3. Grenzübergreifender Verlustausgleich

    3.4. Das "Gemeinsame EU-Verrechnungspreisforum"

    3.5. Doppelbesteuerungsabkommen

    4. Initiativen im Hinblick auf eine konsolidierte Steuerbemessungsgrundlage für die grenzüberschreitende Unternehmenstätigkeit in der EU

    4.1. Ein neuer Impuls für die Debatte in der EU

    4.2. Sitzlandbesteuerung Möglichkeit für kleine und mittlere Unternehmen (KMU)

    4.3. Schaffung einer einheitlichen Steuerbemessungsgrundlage in der EU

    4.4. Aufteilung der Steuerbemessungsgrundlage unter den Mitgliedstaaten

    4.5. Eine europäische Steuerregelung für die Societas Europaea?

    5. Schlussfolgerungen und Prioritäten für die kommenden Jahre

    1. Einleitung

    Die Unternehmens besteuerung ist für den wirt schaftlichen Fortschritt in der EU von zentraler Bedeutung. // Die Europäische Union arbeitet daran, ihr selbst gestecktes Ziel zu erreichen und zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensbasierten Wirtschaftsraum der Welt zu werden - einem Wirtschaftsraum, der fähig ist bis 2010, dauerhaftes Wirtschaftswachstum mit mehr und besseren Arbeitsplätzen und größerem sozialem Zusammenhalt zu verbinden. Dieses strategische Ziel, das der Europäische Rat von Lissabon im März 2000 [1] formulierte, wurde später mehrfach bekräftigt. Die Unternehmensbesteuerung in der EU ist für die Verwirklichung dieses Ziels und die Schaffung der erforderlichen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen von zentraler Bedeutung.

    [1] Punkt 5 der Schlussfolgerungen des Vorsitzes, Europäischer Rat (Lissabon), 23./24. März 2000.

    Die "zweiglei sige" Strategie der Kommission weist den Weg.

    // Vor diesem Hintergrund präsentierte die Kommission in ihrer Mitteilung [2] vom Oktober 2001 eine zweigleisige Strategie, die darauf abzielt, steuerbedingte Ineffizienzen und Hindernisse für die grenzüberschreitende Wirtschaftstätigkeit im Binnenmarkt zu beseitigen. In dieser Mitteilung, die sich auf die Ergebnisse einer umfassenden Studie der Kommissionsdienststellen [3] stützte, wurden gezielte kurzfristige Lösungen und auch längerfristig angelegte Maßnahmen zur Schaffung einer einheitlichen konsolidierten Steuerbemessungsgrundlage für die Unternehmenstätigkeit innerhalb der EU ausführlich präsentiert.

    [2] KOM(2001)582: "Ein Binnenmarkt ohne steuerliche Hindernisse - Strategie zur Schaffung einer konsolidierten Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage für die grenzüberschreitende Unternehmenstätigkeit in der EU"

    [3] Unternehmensbesteuerung im Binnenmarkt [SEK(2001)1681]. Diese Studie wurde auch als Buch veröffentlicht und ist beim Amt für amtliche Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaften in Luxemburg (für 31 EUR) erhältlich (ISBN 92-894-1695-5). Zusätzliche Informationen siehe http://publications.eu.int/general/en/ publications_en.htm

    Die Diskussion ist wieder in Schwung ge kommen, und es wurden gute Fortschritte gemacht ...

    ... aber bei der Umsetzung der Strategie sind jetzt neue Gege benheiten und Herausforde rungen zu berücksichtigen. // Diese Mitteilung und die daran anschließenden Maßnahmen haben der Reform der Unternehmensbesteuerung in der EU einen neuen Anstoß vermittelt. Während viele Initiativen gut vorangekommen sind, ist es in manchen anderen Bereichen schwieriger, Fortschritte zu erzielen. Zudem gab es seit 2001 auch neue Entwicklungen. Die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGh) zu Steuerfragen gewinnt zunehmend an Bedeutung. Und die Aussicht, dass auch in Zukunft über EU-Steuerangelegenheiten einstimmig entschieden werden muss, wird weitere Fortschritte erschweren, vor allem nach der Erweiterung.

    In dieser Mitteilung sollen die bisherigen Ergebnisse der Kommissionsstrategie bewertet und die Aussichten auf Durchführung ihrer einzelnen Bestandteile erörtert werden. Mit der Vorlage dieser Mitteilung erfuellt die Kommission ihre Zusage aus der Mitteilung von 2001, dass sie "[...] 2003 über ihre Schlussfolgerungen für die Politik in diesem Bereich berichten [will]".

    2. Die Anpassung der Unternehmensbesteuerung in der EU bleibt eine Notwendigkeit

    Die Unterneh mensteuerstra tegie von 2001 gibt immer noch richtige Ant worten auf die steuerbedingten Probleme im Binnenmarkt und allgemeinere wirtschaftliche Entwicklungen. // Die von der Kommission 2001 vorgeschlagene Unternehmensteuer strategie basierte auf zwei grundlegenden Erwägungen. Erstens: Die Wirtschaftsbeteiligten können wegen mancher steuerlicher Vorschriften immer noch nicht den vollen Nutzen aus dem Binnenmarkt ziehen - dies muss sich ändern. Zweitens: Die allgemeinen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen haben sich in den letzten Jahren erheblich verändert, z. B. durch das Aufkommen des elektronischen Geschäfts verkehrs und die zunehmende Internationalisierung der Unternehmen durch grenzüberschreitende Fusionen und andere Umstrukturierungs vorgänge. Diese Überlegungen haben erhebliche Folgen für die Funktionsweise der Körperschaftsteuersysteme in der EU und sind immer noch gültig und aktuell. Die bevorstehende Erweiterung der EU wird die Probleme weiter verschärfen. Deshalb gibt es keine Veranlassung, den Grundansatz der Kommissionsstrategie in Frage zu stellen, und die Kommission hält folglich an dieser Strategie fest.

    Die Befolgungs kosten und erhebliche steuerliche Hindernisse sind immer noch die Hauptsorge der Wirtschaftsbe teiligten im Binnenmarkt. // Die steuerbedingten Hindernisse, die die Kommission 2001 beschrieb, sind immer noch hochaktuell. Insbesondere die Tatsache, dass sich Unternehmen mit fünfzehn - und bald fünfundzwanzig - verschiedenen Steuersystemen auseinandersetzen müssen, bleibt im Endeffekt eindeutig Ursache der meisten steuerbedingten Probleme im Binnenmarkt und der hohen Befolgungskosten. Die Kommission ist deshalb nach wie vor der Ansicht, dass die zweigleisige Strategie notwendig ist, und dass insbesondere eine einheitliche konsolidierte Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage für die grenzüberschrei tende Unternehmenstätigkeit in der EU der einzige Weg ist, diese Hindernisse im Binnenmarkt systematisch zu überwinden und im Körperschaftsteuerbereich echte Binnenmarktverhältnisse zu schaffen. Soweit möglich sollte im Rahmen der diesbezüglichen Arbeiten auch versucht werden, eine Lösung für die spezifischen steuerlichen Probleme von nicht körperschaftsteuerpflichtigen Unternehmen ohne Rechtspersönlichkeit zu finden.

    Umfrage zum Thema Unternehmensbesteuerung und Mehrwertsteuer

    Die Kommission startete unlängst eine sehr umfangreiche Umfrage über die Befolgungskosten unter mehr als 2000 EU-Unternehmen. Diese Umfrage hat zwei Ziele: zum einen ein besseres Verständnis davon, wie sich die Existenz von fünfzehn verschiedenen Steuersystemen auf die Unternehmen, vor allem auf ihre Befolgungskosten und Entscheidungsprozesse, auswirkt, und zum anderen eine Quantifizierung der Kosten und eine Differenzierung nach Unternehmen und Tätigkeitsbereichen. Die Kommission hofft, auf diese Weise viele nützliche Informationen über die Unternehmensbesteuerung und die Mehrwertsteuer zusammenzutragen, die dann sorgfältig und genau analysiert werden müssen.

    Nach Beendigung der Umfrage und Analyse der Ergebnisse wird ein separater umfassender Bericht veröffentlicht. Die Umfrageergebnisse dürften einen allgemeinen Eindruck davon geben, ob, und wenn ja, in welchem Maße, es den Unternehmen schwieriger erscheint, die administrativen Aspekte der Unternehmensbesteuerung und der MwSt zu bewältigen, wenn sie grenzüberschreitend tätig werden. Die Ergebnisse dürften außerdem zeigen, ob, und wenn ja, in welchem Maße, das Fehlen eines grenzübergreifenden Verlustausgleichs und die Schwierigkeiten mit Verrechnungspreisen, Fusionen und Übernahmen als Hindernisse angesehen werden. Und schließlich dürfte erkennbar werden, inwieweit, wenn überhaupt, unternehmenssteuerliche Aspekte die Unternehmensentscheidungen über Gesellschafts- und Finanzstruktur beeinflussen, was selbstverständlich gesamtwirtschaftlich gesehen zu suboptimalen Ergebnissen führen kann.

    Es war schon immer äußerst schwierig, Befolgungskosten zu quantifizieren, und zwar vor allem, weil nicht ohne Weiteres alle erforderlichen Daten eingeholt werden können, da diese häufig als Geschäftsgeheimnis angesehen werden. Bei der Umfrage werden umfassende und detaillierte Angaben erfragt, aber keine unternehmensspezifischen Daten veröffentlicht. Die Kommission ist deshalb zuversichtlich, dass genügend Daten erhoben werden können, so dass sich nach der Analyse ein umfassendes und genaues Bild davon ergeben wird, welche Kosten den Unternehmen in der EU durch die Befolgung unternehmen- und mehrwertsteuerlicher Vorschriften entstehen.

    Das Grundkonzept der langfristigen Kommissions strategie wird im Großen und Ganzen akzeptiert ...

    ... aber der politische Prozess ist langwierig. // Der Gedanke einer einheitlichen konsolidierten Steuerbemessungs grundlage in der EU fand rasch weitgehende Zustimmung und wurde von Unternehmenskreisen und Steuerfachleuten als logische, schlüssige Ergänzung zum Binnenmarkt sogar begrüßt, zumindest längerfristig. Inzwischen werden infolge der Reaktionen auf die Kommissions strategie von 2001 jedoch neue politische Erwägungen angestellt, und viele Mitgliedstaaten sind jetzt skeptisch - aus politischen wie technischen Gründen. Manch einer äußert jetzt sogar Zweifel am Grundprinzip des Konzepts. Obwohl die Kommission diese Auffassung nicht teilt, räumt sie doch ein, dass die erwogenen umfassenden Lösungsansätze politisch ehrgeizig sind und gewisse technische Schwierigkeiten bereiten. Dennoch ist die Kommission weiterhin der Überzeugung, dass die einheitliche Steuerbemessungsgrundlage zur Verbesserung des Binnenmarkts notwendig ist und idealerweise mit qualifizierter Mehrheit beschlossen werden sollte. Das Einstimmig keitserfordernis darf jedoch nicht als Vorwand dafür dienen, die Hindernisse, die sich aus dem Fehlen einer gemeinsamen Steuer bemessungsgrundlage ergeben, nicht anzugehen. Die Kommission wird das Vorhaben weiter verfolgen und nicht nur Maßnahmen erwägen, für die Einstimmigkeit erforderlich ist, sondern auch andere Vorgehens weisen. Einige Mitgliedstaaten haben anscheinend Vorbehalte gegen konkrete Schritte in Richtung auf das langfristige Ziel. Diesbezüglich räumt die Kommission ein, dass es nötig ist, die praktischen Auswirkungen der verschiedenen Maßnahmen auf die Mitgliedstaaten und die Wirtschaftsbeteiligten so genau wie möglich zu beurteilen.

    Wichtig ist eine konstruktive Haltung der Mitgliedstaaten! // Letztlich kann jede Maßnahme in diesem Bereich nur von den Mitgliedstaaten beschlossen und durchgeführt werden. Dafür ist es jetzt höchste Zeit. Schließlich galt das Hauptaugenmerk der EU-Steuerpolitik in den vergangenen Jahren der Stabilisierung der Steuereinnahmen der Mitgliedstaaten. Insbesondere der Verhaltenskodex "Unternehmensbe steuerung" wurde im Wesentlichen umgesetzt, und vergleichbare Bemühungen laufen jetzt in Bezug auf die Beitrittsländer. Gegen die schädlichen und wirtschaftlich nicht wünschenswerten Formen des Steuerwettbewerbs (und nur diese) wird also vorgegangen. Gerade solche schädlichen Steuerpraktiken waren aber ein Hauptgrund für das Zögern der Mitgliedstaaten, die steuerlichen Hindernisse im Binnenmarkt in Angriff zu nehmen - dieses Argument ist jetzt nicht mehr stichhaltig. Deshalb müssen jetzt andere wichtige, allgemein akzeptierte Ziele der EU-Steuerpolitik Vorrang haben, z. B. das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts und die Förderung von Beschäftigung, nachhaltigem Wirtschaftswachstum und Wohlstand in der EU [4]. Wie die Kommission in ihrer Mitteilung zur Steuerpolitik im Mai 2001 betonte [5], ist es "höchste Zeit, dass die Anliegen der Steuerzahler in der EU stärker in den Mittelpunkt rücken."

    [4] Diese allgemeinen Ziele wurden ursprünglich auf der informellen Tagung des Rates "Wirtschaft und Finanzen" in Verona im April 1996 vereinbart. Zur weiteren Information siehe die Mitteilung der Kommission "Maßnahmenpaket zur Bekämpfung des schädlichen Steuerwettbewerbs in der Europäischen Union [KOM(1997) 564].

    [5] "Steuerpolitik in der Europäischen Union - Prioritäten für die nächsten Jahre" [KOM(2001)260]

    Ohne grundle gende Reform könnte das Steueraufkom men in den Mitgliedstaaten sinken. // Die Kommission ist davon überzeugt, dass eigentlich nur das vor geschlagene systematische Vorgehen die legitimen finanziellen Interessen der Mitgliedstaaten in geeigneter Weise schützen kann und es den Mitgliedstaaten ermöglicht, eine ihrer Fähigkeit zur Erzielung von Steuereinnahmen entsprechende Steuerpolitik durchzuführen. Potenzielle Probleme gibt es derzeit in einigen Mitgliedstaaten, deren Steuerpolitik in mancher Hinsicht den Grundsätzen des EG-Vertrages zuwiderzulaufen scheint. Wenn einzelne Mitgliedstaaten korrigierende Maßnahmen hinausschieben, bis der EuGH diese Verstöße in seinen Urteilen moniert, kommen sie dann in eine Situation, in der sie ihre Steuersysteme überstürzt und unkoordiniert ändern müssen. Dieses Vorgehen ist ineffizient, trägt nicht zur Lösung der eigentlichen Probleme bei und lässt häufig Spielraum für Steuerplanung. In dem Maße, in dem Investitionsentscheidungen eher durch solche "steuer gestalterischen" Erwägungen gesteuert werden als durch die rein ökonomische Ertragserwartung, verhindert ein solches Verhalten außerdem eine optimale Kapitalallokation und läuft damit den bereits erwähnten "Zielen von Lissabon" zuwider.

    Ohne politische Koordinierung wird der EuGH gegen die steuerbedingten Hindernisse vorgehen. // Auch wenn die Mitgliedstaaten nicht tätig werden, werden schließlich viele der besagten Hindernisse dem EuGH unterbreitet werden. In den letzten Jahren hat sich die Anzahl der wichtigen Körperschaftsteuer verfahren vor dem EuGH beträchtlich erhöht. In seinen Urteilen hat der EuGH darauf bestanden, dass in der EU die "vier Freiheiten" (freier Waren-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehr sowie Freizügigkeit der Personen einschließlich Niederlassungsrecht) bei der direkten Besteuerung gewahrt werden. Das Gemeinschaftsrecht in der Auslegung des EuGH, in fast allen Fällen mit der Unterstützung der Kommission, untersagt nicht nur jede Form der Diskriminierung, sondern auch jegliche Beschränkung. In der Vergangenheit wurden die Rechtfertigungen der Mitgliedstaaten vom EuGH nur selten akzeptiert. Wie dem auch sei, ein solches punktuelles gerichtliches Vorgehen gegen steuerbedingte Hindernisse könnte für das Steuerrecht der Mitgliedstaaten neue Probleme aufwerfen und - schlechtestenfalls - der Vollendung des Binnenmarkts sogar schaden.

    3. Fortschritte bei gezielten Massnahmen zur Beseitigung der steuerlichen Hindernisse im Binnenmarkt

    Die Kommission hat ihr Arbeits programm durch geführt. // In ihrer Mitteilung vom Oktober 2001 präsentierte die Kommission ein Arbeitsprogramm und stellte die spezifischen Maßnahmen vor, die sie nach einem klaren Zeitplan in den Jahren 2002 bis 2004 durchzuführen beabsichtigte. Die Kommission hat dieses Programm wie angekündigt durchgeführt und beträchtliche Ressourcen in die notwendigen, oft komplizierten und langwierigen technischen Vorarbeiten investiert. Der folgende Abschnitt gibt einen Überblick über den Stand der einzelnen Initiativen (in der Reihenfolge, in der sie in der Mitteilung von 2001 aufgeführt sind); außerdem werden einige Schlussfolgerungen für die kommenden Jahre gezogen [6].

    [6] Ausführliche Informationen enthalten auch die "Company Taxation Pages" der einschlägigen Kommissionswebsite: http://europa.eu.int/comm/ taxation_customs/taxation/company_tax/index.htm. Diese Website wird regelmäßig auf den neuesten Stand gebracht.

    3.1. Orientierungshilfe zur Umsetzung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und zur Überwachung der Umsetzung der EU-Steuervorschriften in den Mitgliedstaaten

    Die Entwicklun gen im EU-Steuerrecht erfordern eine konstruktive politische Reaktion. // Die Entscheidungen des EuGH haben manchmal asymmetrische Wirkung. Die volle Tragweite einer Entscheidung, die nur die Rechtsvorschriften eines Landes betrifft, für andere Mitgliedstaaten, ist nicht immer offensichtlich, so dass die Mitgliedstaaten dazu neigen, ihre Vorschriften in jeweils unterschiedlicher Weise anzupassen, was den Zielen des Binnenmarkts nicht unbedingt zuträglich ist. Zur Lösung dieses Problems schlug die Kommission in ihren Mitteilungen von 2001 über die Steuerpolitik und die Unternehmensbesteuerung in Bezug auf diejenigen Elemente der einzelstaatlichen Steuersysteme, die dem EU-Recht zuwiderlaufen oder zuwiderlaufen könnten, eine aktive Koordinierung vor.

    Im Bereich der Unternehmens besteuerung stehen einige "heiße" Fragen an. // Zum ersten Mal beschritt die Kommission diesen Weg bei der steuerlichen Behandlung der betrieblichen Altersversorgung [7] und von Investmentfonds [8]. Im Körperschaftsteuerbereich zeigte eine unver bindliche Diskussion auf Arbeitsgruppenebene über die Konsequenzen des Urteils in der Rechtssache Lankhorst-Hohorst (C-324/00) zu den Gesellschafterfremdfinanzierungsvorschriften, dass manche Mitgliedstaaten der Koordinierung immer noch ablehnend gegenüber stehen, auch wenn dieses Konzept inzwischen mehr Unterstützung findet. Und dies, obwohl allgemein davon ausgegangen wird, dass dieses Urteil nicht nur für den direkt betroffenen Mitgliedstaat, sondern auch für die Körperschaftsteuersysteme der meisten anderen Mitgliedstaaten weitreichende Auswirkungen haben wird. So überlegen auch viele andere Mitgliedstaaten jetzt, wie sie ihre Gesellschafterfremdfinanzierungsvorschriften neu gestalten können, um das Urteil umzusetzen und die Ungleichbehandlung gebietsansässiger und gebietsfremder EU-Gesellschaften zu beenden.

    [7] Vgl. Mitteilung KOM(2001)214 und die von der Kommission nach dem Scheitern vorangegangener Gespräche gegen mehrere Mitgliedstaaten eingeleiteten Vertragsverletzungsverfahren.

    [8] Nach Gesprächen mit den Mitgliedstaaten, die nicht zu den notwendigen Gesetzesänderungen führten, wurden gegen mehrere Mitgliedstaaten Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet.

    // Die Vorbehalte mancher Mitgliedstaaten gegen eine Koordinierung ihrer Steuersysteme kann nur dazu führen, dass der EuGH immer mehr Urteile fällt, die die betroffenen Mitgliedstaaten möglicherweise als "destruktiv" empfinden. Die Kommission wird jedenfalls auch künftig darüber wachen, dass der EG-Vertrag bei der Besteuerung uneingeschränkt gewahrt wird, und bei der Einleitung entsprechender Vertragsverletzungsverfahren gezielter und aktiver vorgehen. Die Kommission hat deshalb die Hoffnung, dass ihre künftigen Initiativen zur Förderung einer aktiven Diskussion zwischen den Mitgliedstaaten über wichtige steuerrechtliche Fragen und zur Erarbeitung von Orientierungshilfen bezüglich der allgemeineren Auswirkungen der EuGH-Urteile konstruktiv aufgenommen werden. Die Reaktion auf die Mitteilung über die Dividendenbesteuerung [9], die die Kommission bald vorlegen wird, wird hierfür der erste Testfall sein.

    [9] Nach der Rechtsprechung des EuGH ist es fraglich, ob bestimmte Arten von Systemen zur Dividendenbesteuerung bei grenzübergreifenden Sachverhalten mit dem EG-Vertrag vereinbar sind (z. B. Rechtssachen Verkooijen (C-35/98), Manninen (C-319/02), Schmid (C-516/99), Lenz (315/02) in Bezug auf den freien Kapitalverkehr).

    Aktuelle Rechtsfragen und anhängige Rechtssachen mit möglicherweise weitreichenden Folgen für die Steuersysteme der Mitgliedstaaten

    Vor kurzem hat der EuGH sein Urteil in der Rechtssache Bosal Holding BV (C-168/01) gefällt. Danach verstößt eine niederländische Regelung, derzufolge die Finanzierungskosten für eine Tochtergesellschaft in einem anderen Mitgliedstaat nur dann steuerlich abzugsfähig sind, wenn diese Kosten mittelbar der Erzielung von Gewinnen in den Niederlanden dienen, gegen den Grundsatz der Niederlassungsfreiheit. Tatsächlich haben aber vielleicht auch viele andere Mitgliedstaaten ähnlich restriktive Vorschriften, so dass dieses Urteil neue legale Möglichkeiten der Steuerplanung eröffnet und den Mitgliedstaaten weitere Schwierigkeiten bringen könnte. Es dürfte auf der Hand liegen, dass ein Meinungsaustausch über die Auswirkungen dieses Falles und eine koordinierte Reaktion auf das Urteil für alle Mitgliedstaaten von Vorteil sein könnte. Ein anderer Bereich, in dem der Ansatz der Kommission wohl gute Ergebnisse zeitigen könnte, ist die Rechtsprechung zum grenzübergreifenden Verlustausgleich (s. u.). Weitere wichtige Fragen sind derzeit beim EuGH anhängig, so z. B. die Rechtssache CLT-UFA S.A. (C-253/03) betreffend möglicherweise diskriminierende Körperschaftsteuersätze für Betriebsstätten und die Rechtssache De Baeck (C-268/03) betreffend die potenziell diskriminierende Behandlung der Veräußerung einer wesentlichen Beteiligung an einer ausländischen Gesellschaft.

    Ebenfalls von Interesse in diesem Zusammenhang ist die aktuelle Diskussion über die "Wegzugbesteuerung". Die meisten Mitgliedstaaten betrachten die Verlegung des Gesellschaftssitzes in einen anderen Mitgliedstaat als Steuertatbestand und erheben entweder eine "Wegzugsteuer", oder aber sie besteuern die nicht realisierten Wertzuwächse auf der Grundlage einer steuerlichen Veräußerungsfiktion. In der anhängigen Rechtssache "de Lasteyrie du Saillant" (C-9/02) plädiert der Generalanwalt jedoch für die uneingeschränkte Gültigkeit des Grundsatzes der Freizügigkeit im Bereich der persönlichen Einkommensteuer. Schließt sich der EuGH dieser Auffassung an, ist nicht auszuschließen, dass in Bezug auf die Körperschaftsteuern ähnlich argumentiert wird. In der Diskussion sind derzeit auch die steuerlichen Auswirkungen der gesellschaftsrechtlichen Fälle "Überseering BV" (C-208/00) und "Inspire Art" (C-167/01) (Niederlassungsrecht).

    3.2. Überarbeitung der Fusionsrichtlinie und der Mutter-/Tochter-Richtlinie

    Die Fusions- und die Mutter-/ Tochter-Richtlinie werden erheblich verbessert. // Es gibt immer noch zahlreiche steuerbedingte Hindernisse für grenzüberschreitende Unternehmensumstrukturierungen und Dividendenzahlungen zwischen verbundenen Unternehmen im Binnenmarkt. Nach intensiven vorbereitenden Gesprächen mit den Mitgliedstaaten legte die Kommission deshalb unlängst Vorschläge zur Änderung der Fusionsrichtlinie (90/434/EG) und der Mutter-/Tochter-Richtlinie (90/435/EG) [10] vor. Die Änderungen zielen darauf ab, den Anwendungsbereich beider Richtlinien zu erweitern, die Anforderungen zu lockern, die Unternehmen erfuellen müssen, um die Rechtsvorteile der Richtlinie in Anspruch nehmen zu können, und einige Schwächen zu beseitigen, die sich bei der Anwendung der Richtlinien zeigten.

    [10] KOM(2003)462 und KOM(2003)613.

    Die steuerlichen Probleme der Europäischen Gesellschaft werden gelöst. // In den Änderungsvorschlägen ist auch vorgesehen, die Europäische Gesellschaft (Societas Europaea - SE) [11] und die Europäische Genossenschaft (Societas Cooperativa Europaea - SCE) [12] in den Anwendungsbereich der beiden Richtlinien aufzunehmen. Die geänderte Fusionsrichtlinie würde dann auch eine geeignete steuerliche Regelung für den Fall der Sitzverlegung durch eine SE oder eine SCE in einen anderen Mitgliedstaat enthalten, wodurch eines der dringendsten steuerlichen Probleme dieser neuen Rechtsformen geregelt wäre. Damit hat die Kommission die vorerst wichtigsten steuerlichen Probleme insbesondere der SE gelöst [13].

    [11] Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates und Richtlinie 2001/86/EG hinsichtlich der Beteiligung der Arbeitnehmer.

    [12] Verordnung (EG) Nr. 1435/2003 des Rates und Richtlinie 2003/72/EG hinsichtlich der Beteiligung der Arbeitnehmer.

    [13] Der Anwendungsbereich der jüngst verabschiedeten Richtlinie über eine gemeinsame Steuerregelung für die Zahlung von Zinsen und Lizenzgebühren (49/2003/EG) wird ebenfalls entsprechend angepasst.

    Es wurde ein pragmatischer Ansatz gewählt, um schnell Fortschritte zu erzielen. // Die Kommission musste bei der Abfassung der Vorschläge zwischen zwei Erfordernissen abwägen: der Schaffung optimaler steuerlicher Voraussetzungen für die Unternehmenstätigkeit im Binnenmarkt auf der einen Seite und dem Schutz der legitimen finanziellen Interessen der Mitgliedstaaten und ihrer Fähigkeit zur Erzielung von Steuereinnahmen auf der anderen. Deshalb enthalten beide Vorschläge für die Unternehmen zahlreiche Verbesserungen, ohne jedoch alle Schwierig keiten zu beseitigen, die vielen Steuerexperten in diesem Bereich wichtig erscheinen. Dieses Vorgehen wird hoffentlich dazu führen, dass die beiden Richtlinienvorschläge rasch, im Wesentlichen rechtzeitig vor Inkrafttreten des Statuts der Europäischen Gesellschaft im Oktober 2004, einstimmig angenommen werden.

    3.3. Grenzübergreifender Verlustausgleich

    Ein grenzüber greifender Ver lustausgleich mag für die Mitgliedstaaten schwer zu akzeptieren sein, für die Unternehmen aber bleibt er von eminenter Bedeutung ... // Die derzeitige Beschränkung des grenzübergreifenden Verlustaus gleichs in der EU, vor allem im Falle von Tochtergesellschaften, kann zu (wirtschaftlicher) Doppelbesteuerung führen und ein erhebliches Hindernis für die Wirtschaftstätigkeit in mehr als einem Mitgliedstaat darstellen. Dennoch zeigt die Erfahrung, dass die Mitgliedstaaten es ablehnen, eine EU-Initiative in diesem Bereich zu erwägen. Die Kommission hat ihren Vorschlag zum grenzübergreifenden Verlustausgleich von 1991 zurückgezogen; der Rat war nicht bereit, ihn anzunehmen, und er bedurfte außerdem nach über zehn Jahren in einigen Punkten der technischen Überarbeitung.

    ... und der EG-Vertrag muss auch in dieser Hinsicht respektiert werden!

    Eine Kommissions initiative ist für 2004 geplant. // Trotzdem ist die Kommission nach wie vor entschlossen, auf technischer Ebene eine neue Runde von Vorbereitungssitzungen mit den Mitgliedstaaten zu organisieren, um neue Wege des Umgangs mit dieser Problematik zu finden, die immer noch als ein grundlegendes Hindernis für das ordnungsgemäße Funktionieren des Binnenmarkts im Steuerbereich angesehen wird. Die Kommissionsdienststellen haben begonnen, intern zu prüfen, welche rechtlichen Möglichkeiten es in diesem Bereich gibt, und eine einschlägige Kommissionsinitiative ist jetzt für 2004 geplant. Die Kommission hofft vor allem, dass jüngste und künftige Entscheidungen innerstaatlicher Gerichte [14] und des EuGH [15] zur Klärung der Rechtslage beitragen und bewirken, dass sich in der europäischen Steuerpolitik die Einsicht durchsetzt, dass Handlungs bedarf besteht. Schwerpunkt der Kommissionsinitiative wird es daher sein, die Analyse der Sachlage zu vertiefen und zu versuchen, den Mitgliedstaaten Orientierungshilfen für ihre jeweiligen Verpflichtungen nach dem EG-Vertrag an die Hand zu geben.

    [14] Z. B. Pirelli (High Court des VK, Rechtssache Nr. HC01C02529) und Ö VwGH (Österreichischer Verwaltungsgerichtshof, Rechtssache Nr. 99/14/0217)

    [15] Z. B. Urteile in den Rechtssachen Futura (C-250/95), Baars (C-251/98), AMID (C-141/99), Mertens (C-431/01) und die noch anhängigen Rechtssachen Ritter (C-152/03) und Marks&Spencer (C-446/03).

    Eine "EU-Konzernbe steuerung" wäre vielleicht ein Fortschritt. // Die EU-Konzernbesteuerung nach dem Vorbild des dänischen Systems der gemeinsamen Besteuerung ist nach wie vor ein Modell, das aus Sicht der Kommission Aufmerksamkeit verdient. Nach diesem System ist es in bestimmten Fällen möglich, dass dänische Muttergesell schaften, ihre Niederlassungen und auch ihre ausländischen Tochter gesellschaften in Dänemark gemeinsam besteuert werden, was bedeutet, dass die Muttergesellschaft nicht nur die Verluste ihrer Auslandsnieder lassungen, sondern auch die ihrer Auslandstochtergesellschaften steuerlich geltend machen kann. Einige andere Ideen wurden von Steuerexperten präsentiert. So wurde beispielsweise angeregt, durch umfassende Anwendung eines Anrechnungsmechanismus ein EU-weites Konsolidierungssystem in Form eines "European Tax Allocation System" (ETAS) [16] zu entwickeln. Die Kommission wird auch diese Anregungen prüfen.

    [16] Hernler, Jörg, ETAS - Das European Tax Allocation System für eine einheitliche Ertragsbesteuerung Europäischer Unternehmen, in: Der Betrieb 2003, p.60-65.

    3.4. Das "Gemeinsame EU-Verrechnungspreisforum"

    Im Verrechnungs preisbereich werden Fort schritte erzielt. // Das in der Mitteilung von 2001 angekündigte "Gemeinsame EU-Verrechnungspreisforum" wurde inzwischen gebildet und arbeitet intensiv. Das Forum hat für die Zeit bis 2004 ein Arbeitsprogramm aufgestellt und ist bereits zu mehreren Sitzungen zusammengetroffen. Die Kommission betrachtet diese völlig neue Art der gemischten Arbeitsgruppe, bestehend aus hochrangigen Steuerexperten aus den Verwaltungen der Mitgliedstaaten und aus der Wirtschaft, als vielversprechende und erfolgreiche Entwicklung. Tatsächlich wurde damit zum ersten Mal überhaupt auf EU-Ebene im Steuerbereich eine solche gemischte Arbeitsgruppe gebildet.

    Ein Zwischenbericht des Forums über seine bisherige Tätigkeit mit pragmatischen, nicht bindenden Empfehlungen zur Lösung der Probleme mit der Anwendung des Schiedsübereinkommens und den Verständigungsverfahren nach den Doppelbesteuerungsabkommen ist für Anfang 2004 geplant. Das Forum diskutierte auch über die praktischen Probleme, die sich für die Unternehmen dadurch ergeben, dass das Schiedsübereinkommen seit dem 1. Januar 2000 nicht mehr in Kraft ist, da nicht alle Mitgliedstaaten das 1999 unterzeichnete Verlängerungsprotokoll ratifiziert haben. Im Mittelpunkt der künftigen Tätigkeit werden die Dokumentationspflichten und mögliche Maßnahmen zur Verhinderung von Doppelbesteuerung im Zusammenhang mit Verrechnungspreisen (z. B. so genannte Advance Pricing Agreements - APA) stehen. Auch wenn die Kommission die konstruktive und professionelle Arbeitsatmosphäre des Forums begrüßt, beobachtet sie doch mit Besorgnis den - gemessen an dem vom Forum 2002 selbst beschlossenen Arbeitsprogramm - recht schleppenden Fortschritt. Es wird hoffentlich möglich sein, die Arbeit an den noch verbleibenden Punkten auf dem Arbeitsplan des Forums zu beschleunigen.

    3.5. Doppelbesteuerungsabkommen

    Doppelbesteue rungsabkommen werden eine Priorität der kommenden Jahre sein. // Die Kommissionsdienststellen untersuchen die vielfältigen und vielschichtigen Probleme im Zusammenhang mit den bilateralen und multilateralen Doppelbesteuerungsabkommen im Binnenmarkt sehr genau und arbeiten derzeit an einer Bewertung der verschiedenen, in der Studie von 2001 dargelegten Lösungsmöglichkeiten. Eine diesbezügliche Initiative, die eine Analyse der Rechtslage und eine Auslegung der einschlägigen EuGH-Urteile [17] umfassen wird, ist für 2004 geplant. Mögliche Ansätze für einen Fortschritt in diesem Bereich wären unter anderem die Erarbeitung eines EU-Musterabkommens oder der Abschluss eines multilateralen Doppelbesteuerungsabkommens zwischen allen EU-Mitgliedstaaten. Von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang auch, dass viele der gezielten Maßnahmen bis zu einem gewissen Grad zusammenhängen. Dies könnte sich auch auf die Doppelbesteuerungsabkommen der Mitgliedstaaten auswirken.

    [17] Z.B. in der Rechtssache Saint-Gobain (C-307/97), vgl. auch anhängige Rechtssachen wie D. v. Rijksbelastingdienst (C-376/03).

    Besonders wichtig ist in diesem Zusammenhang die Durchsetzung des im EG-Vertrag verankerten Grundsatzes der Gleichbehandlung, dem die derzeitige Unterscheidung zwischen Gebietsansässigen und Gebietsfremden in vielen Doppelbesteuerungsabkommen der Mitgliedstaaten, auch mit Drittländern, zuwiderzulaufen scheint. Das Gleiche gilt auch für Dreieckssachverhalte. Es wird notwendig genau zu prüfen sein, ob in der Zukunft nicht eine Art "Meist begünstigungsklausel" zwischen den EU-Mitgliedstaaten notwendig wird. Über diese Fragen werden bald auf Arbeitsgruppenebene erste Diskussionen mit den Mitgliedstaaten stattfinden.

    Fortschritt durch Koordinierung // Die Doppelbesteuerungsabkommen der Mitgliedstaaten werden auch in Zukunft vom EuGH überprüft. Vor allem die Probleme, die durch die derzeitige mangelnde Koordinierung der Doppelbesteuerungs abkommen, vor allem in Bezug auf Dreieckssachverhalte und Drittländer, verursacht sind, werden noch zunehmen. Wird die Gemeinschaft hier nicht aktiv, kann dies erhebliche politische und wirtschaftliche Folgen für die Politik der Mitgliedstaaten haben. Die Kommission hofft deshalb, dass ihr Konzept einer schrittweisen, maßvollen Koordinierung der Abkommenspolitik der Mitgliedstaaten letztlich Unterstützung findet und in den Mitgliedstaaten konstruktiv aufgenommen wird.

    4. Initiativen im Hinblick auf eine konsolidierte Steuerbemessungsgrundlage für die grenzüberschreitende Unternehmenstätigkeit in der EU

    4.1. Ein neuer Impuls für die Debatte in der EU

    Die Strategie der Kommission hat eine intensive Debatte über die Reform der Unternehmens besteuerung in der EU ausgelöst. // Die steuerpolitische Debatte in der EU wird von der Notwendigkeit einer fundamentalen Reform der Unternehmensbesteuerung in der EU und insbesondere dem Dringen der Kommission auf eine einheitliche konsolidierte Steuerbemessungsgrundlage dominiert. Die von der Kommission im April 2002 veranstaltete Europäische Unternehmen steuerkonferenz [18] wurde zur konstruktiven Diskussion der einschlägigen Fragen genutzt und steht am Beginn einer Reihe ähnlicher Veranstaltungen von Fachverbänden [19] und Forschungs einrichtungen [20]. Außerdem wurden die Kommissions konzepte in der Fachliteratur und von unabhängigen Arbeitsgruppen aufgegriffen.

    [18] Weitere Informationen (Programm, Unterlagen, Zusammenfassung usw.) siehe: http://europa.eu.int/comm/ taxation_customs/taxation/company_tax/conference.htm

    [19] Z.B. Round Table "Company Taxation and Europe - Today and tomorrow" der European Federation of Accountants (FEE) am 16. Oktober 2002 und Forum "Direct Taxation: IAS - a way to harmonize taxation in Europe?" der Confédération Fiscale Européenne (CFE) am 10. April 2003 (beide Veranstaltungen in Brüssel).

    [20] Z.B. einschlägige Veranstaltungen und Arbeitsgruppen des Centre for European Policy Studies (CEPS).

    Die Strategie der Kommission ist mit konkreten Initiativen verbunden. // Seit Anfang 2002 wird an verschiedenen Initiativen gearbeitet, um dieses längerfristige Vorhaben voranzubringen. Die Kommissions dienststellen haben umfangreiche Konsultationen zu den beiden folgenden Themen durchgeführt: [21]

    [21] Detaillierte Informationen siehe: http://europa.eu.int/comm/ taxation_customs/taxation/company_tax/consultations.htm

    (i) Etwaige versuchsweise Anwendung der "Sitzlandbesteuerung" auf kleine und mittlere Unternehmen in der EU und

    (ii) Anwendung der International Accounting Standards (IAS) und ihre Implikationen für die Schaffung einer konsolidierten Steuerbemessungsgrundlage für die grenzüberschreitende Unternehmenstätigkeit in der EU.

    "Der Teufel steckt im Detail" - auch bei der einheit lichen Steuer bemessungs grundlage. // Trotz großen Interesses und intensiver Erörterung gehen die Ansichten darüber, wie eine einheitliche konsolidierte Steuerbemessungsgrundlage in der EU erreicht werden kann, nach wie vor auseinander. In Bezug auf bestimmte Aspekte oder Vorhaben (z.B. die Pilotregelung zur Sitzlandbesteuerung) nähern sich die Auffassungen zwar einander an, aber selbst unter Vertretern der Unternehmen und innerhalb der Wirtschaftsverbände herrscht in wichtigen Fragen noch Uneinigkeit. Es ist daher notwendig, sich intensiver mit den technischen Aspekten der längerfristigen steuerpolitischen Agenda der EU zu befassen.

    4.2. Sitzlandbesteuerung Möglichkeit für kleine und mittlere Unternehmen (KMU)

    KMU sollte versuchsweise gestattet werden, in der gesamten EU nach den Regeln der Sitzland besteuerung zu verfahren. // In der Unternehmensteuerstudie von 2001 wurde unter den vier Modellen für eine einheitliche Steuerbemessungsgrundlage in der EU die Sitzlandbesteuerung als diejenige Möglichkeit genannt, die für die KMU besonders vorteilhaft wäre. [22] Daher wurde in dieser Studie angeregt, dieses Modell zunächst im Rahmen einer Pilotregelung versuchsweise auf KMU anzuwenden. Ziel einer solchen Pilotregelung wären Vereinfachung und Reduzierung der Befolgungskosten. Bei den Erörterungen nach der Vorstellung der Kommissionsstrategie fand dieser Gedanke breite Unterstützung. Sowohl der daraufhin von den Kommissionsdienststellen veranstaltete Workshop als auch die ebenfalls von den Kommissionsdienststellen durchgeführte öffentliche Konsultation vermittelten wichtige technische Anregungen und ergaben weitgehende Übereinstimmung hinsichtlich der Grund annahmen und der Wünschbarkeit einer solchen Pilotregelung. Die Ergebnisse des Workshops und der Konsultation sind öffentlich zugänglich. [23]

    [22] Siehe z.B. Abschnitt IV.B.11.1 und Abschnitt IV.C.15.6 und 16.5.2.

    [23] Detaillierte Informationen siehe: http://europa.eu.int/comm/ taxation_customs/taxation/consultations/home_state_sme.htm

    "Sitzlandbesteuerung" bei kleinen und mittleren Unternehmen in der EU - Grundüberlegungen zu der Pilotregelung und potenzieller Nutzen für KMU und die Wirtschaft in der EU

    Das Konzept der "Sitzlandbesteuerung" ("Home State Taxation") [24] wendet das Binnenmarktprinzip der gegenseitigen Anerkennung auf die Unternehmensbesteuerung an. Einfach ausgedrückt bedeutet dies, dass der Gewinn einer Unternehmensgruppe, die in mehr als einem Mitgliedstaat tätig ist, nach den Vorschriften nur eines Körperschaftsteuersystems ermittelt wird, nämlich dem des Staates, in dem die Muttergesellschaft oder die Hauptverwaltung der Gruppe ihren Sitz hat. Jeder teilnehmende Mitgliedstaat würde aber den Gewinnanteil, der auf die Geschäftstätigkeit der Gruppe in seinem Gebiet entfällt, weiterhin mit dem eigenen Körperschaftsteuersatz belegen.

    [24] Lodin, S.-O. and Gammie, M., Home State Taxation, IBFD Publications, Amsterdam, 2001.

    Dieses Konzept löst genau die steuerlichen Probleme, die die grenzüberschreitende Tätigkeit von KMU am meisten behindern. Die durch Steuer- und Rechnungslegungsvorschriften usw. hervorgerufenen Befolgungskosten sind bei größeren Unternehmen vergleichsweise geringer und belasten daher KMU häufig unverhältnismäßig stark. Auch von den Schwierigkeiten beim grenzübergreifenden Verlustausgleich sind KMU besonders stark betroffen, zumal bei den Anlaufverlusten, die sich bei Auslandsinvestitionen in den ersten Jahren fast zwangsläufig ergeben. Viele der mit der Sitzlandbesteuerung verbundenen Probleme spielen in der Praxis bei KMU nur eine geringe oder überhaupt keine Rolle (z.B. bei Doppelbesteuerungsabkommen). Die Steuerplanung stellt keine Gefahr dar, da im Falle von KMU das "Sitzland" in der Regel leicht festzustellen und ein Wechsel des Sitzlands weniger wahrscheinlich ist.

    KMU, die derzeit nur in ihrem Heimatmarkt tätig sind und erstmals in einem anderen Mitgliedstaat tätig werden möchten, würden von der Einführung der Pilotregelung vergleichsweise am meisten profitieren. Außerdem wären diese Fälle sowohl für die Verwaltungen als auch für die Unternehmen selbst leichter zu handhaben und würden keine Umstellungsprobleme hervorrufen. Die Pilotregelung würde also de facto vorzugsweise auf KMU abzielen, die erstmals außerhalb ihres Heimatmarktes tätig werden wollen. Grundsätzlich gibt es jedoch keinen Anlass, diejenigen KMU, die bereits in mehr als einem Mitgliedstaat tätig sind, von der Möglichkeit der Teilnahme an dem Pilotprojekt auszuschließen - dies könnte sogar als diskriminierend angesehen werden.

    Die Kommission wird versuchen, die Pilot regelung in einen größeren Zusammenhang zu stellen. // Das Pilotprojekt wurde in den interessierten Kreisen geradezu enthusiastisch begrüßt und sowohl Verbände als auch Wissenschaftler haben ihre aktive Kooperation zugesagt. Diese Gruppen heben generell die mit der Pilotregelung für KMU verbundenen Effizienzgewinne und Vereinfachungen hervor, was wiederum die Kommission in ihrer Entschlossenheit bestärkt, die Regelung weiterzuverfolgen und sich um die Unterstützung durch die Mitgliedstaaten zu bemühen. Dies steht auch in Einklang mit den beschäftigungspolitischen Leitlinien zur Schaffung von Arbeitsplätzen und zur Förderung des Unternehmertums, die gezielte Initiativen zur Vereinfachung der Regeln und zur Reduzierung der Verwaltungslasten für KMU verlangen. Ein besonderes Beispiel in diesem Zusammenhang sind FuE-Aktivitäten, die häufig in kleinen Unternehmen betrieben werden.

    Welche Relevanz hat die Frage der Diskriminierung wirklich? // Die Pilotregelung kann jedoch Probleme hinsichtlich der Diskriminierung und/oder des Wettbewerbs aufwerfen. [25] Die Kommissionsdienststellen prüfen diesen Aspekt eingehend, um insbesondere potenzielle Fragen im Zusammenhang mit staatlichen Beihilfen zu lösen.

    [25] Einige Beobachter befürchten in manchen Mitgliedstaaten sogar verfassungsrechtliche Probleme.

    Es bedarf eines pragmatischen Ansatzes. // Auf der Grundlage der eingegangenen Beiträge und Informationen hält es die Kommission für besser, eine relativ eng gefasste, dafür aber realistische Pilotregelung anzustreben, als das Vorhaben zu überladen und dadurch sowohl seine Akzeptanz als auch seinen Erfolg zu gefährden. Nach Auffassung der Kommission sollte sich die Konzeption einer Pilotregelung an folgenden Schlüsselelementen orientieren:

    Schlüsselelemente für die Konzeption einer Pilotregelung zur Sitzlandbesteuerung für KMU

    1) Die Pilotregelung muss als praktischer Versuch konzipiert werden. Nur anhand von realen Daten können Erfahrungen gesammelt und die mit der Pilotregelung verbundenen Anstrengungen gerechtfertigt werden. [26]

    [26] Falls gewünscht, könnten auf der Ebene der Mitgliedstaaten weitere wirtschaftliche Simulationen durchgeführt werden, da nur die nationalen Steuerverwaltungen Zugang zu den dafür notwendigen Daten haben.

    2) Der Anwendungsbereich der Regelung sollte anhand der geltenden EU-Definition der KMU festgelegt werden. [27] Da der Kommission jedoch bewusst ist, dass die Mitgliedstaaten wohl einen engen Anwendungsbereich der Regelung vorziehen würden, könnten die der genannten Definition zugrunde liegenden Zahlenwerte eventuell proportional gesenkt werden.

    [27] Empfehlung 2003/361/EG der Kommission vom 6. Mai 2003 betreffend die Definition der Kleinstunternehmen sowie der kleinen und mittleren Unternehmen. Darin wird unterschieden zwischen - mittleren Unternehmen (Beschäftigtenzahl < 250, Umsatz „ 50 Mio. EUR oder Bilanzsumme „ 43 Mio. EUR pro Jahr); - kleinen Unternehmen (Beschäftigtenzahl < 50, Umsatz „ 10 Mio. EUR oder Bilanzsumme „ 10 Mio. EUR pro Jahr); Kleinstunternehmen (Beschäftigtenzahl < 10, Umsatz „ 2 Mio. EUR oder Bilanzsumme „ 2 Mio. EUR pro Jahr). Unternehmen, die zu einer größeren Gruppe gehören und daher wirtschaftlich stärker sind als echte KMU, fallen nicht unter diese Definition.

    3) Der Versuchszeitraum sollte ausreichend lang sein, um die Anwendung der Regelung sorgfältig zu analysieren und die Umstellungskosten zu rechtfertigen. Die Kommission hält einen Zeitraum von mindestens fünf Jahren für angemessen.

    4) Beschränkungen anderer Art (z.B. räumlicher Art) erscheinen weder wünschenswert noch notwendig. [28] Einkünfte aus Drittstaaten unterlägen nicht der Pilotregelung und wären nach den normalen Vorschriften zu erfassen.

    [28] Z.B. ist es nicht notwendig, bestimmte Sektoren auszuschließen, außer denjenigen, die in jedem Falle spezifischen Steuervorschriften unterliegen, wie Schifffahrt, Banken und Versicherungen.

    5) Für außergewöhnliche Fälle (z.B. Eigentümerwechsel, Geschäftsschwankungen, Unternehmensexpansion) wären besondere Vorschriften notwendig. Ein Unternehmen, das während seiner Teilnahme an dem Pilotprojekt organisch über die Grenzwerte der Definition der KMU hinauswächst, sollte deshalb aber nicht von der weiteren Teilnahme an dem Projekt ausgeschlossen werden.

    6) Angesichts der technischen Probleme erscheint es angebracht, Personengesellschaften, wenn überhaupt, nur in Ausnahmefällen in den Anwendungsbereich der Regelung einzubeziehen.

    7) Andere als Körperschaftsteuern (v.a. MwSt und lokale Ertragsteuern) sollten nicht in die Regelung einbezogen werden. [29] Die Mitgliedstaaten könnten auf nationaler Ebene jedoch weiterhin ertragsbezogene Zuschläge auf die gemäß der Pilotregelung geschuldete Körperschaftsteuer anwenden.

    [29] Die Kommission arbeitet jedoch an weiteren derartigen spezifischen Initiativen, um v.a. KMU die Einhaltung der MwSt-Vorschriften zu erleichtern; siehe Mitteilung der Kommission "Bilanz und Aktualisierung der Prioritäten der MwSt-Strategie" (KOM (2003) 614 endg.).

    8) Da die Pilotregelung als solche mit bestehenden nationalen Steuervergünstigungen für KMU kollidieren würde, könnten die betreffenden Vergünstigungen in Steuergutschriften umgewandelt werden.

    9) Bei dem relativ klein dimensionierten Pilotprojekt könnte die Steuerbemessungsgrundlage versuchsweise mittels einer einfachen Formel unter den beteiligten Mitgliedstaaten aufgeteilt werden, und zwar anhand der Lohnsumme (oder der Beschäftigtenzahl) oder vielleicht auch anhand einer Drei-Faktor-Formel ( je 1/3 Lohnsumme, Umsatz und Vermögen der KMU in den betreffenden Ländern). Auch die laufenden Forschungsarbeiten (s.u.) werden diesbezüglich weitere Einsichten vermitteln.

    10) Die teilnehmenden Unternehmen sollten die Steuererklärung nur in ihrem Sitzstaat einreichen müssen, die anderen Länder würden Kopien erhalten. Steuerprüfungen würden nur von den Behörden des Sitzstaates durchgeführt, erforderlichenfalls zusammen mit den Behörden des Partnerstaates. Es würden die allgemeinen EU-Amtshilferegelungen gelten.

    Die Basis für weitere technische Arbeiten ist vorhanden. // Die vorstehend genannten Schlüsselelemente stellen natürlich nur erste Anhaltspunkte für weitere Erörterungen mit den Interessierten und den Mitgliedstaaten dar. In einigen Bereichen müssten außerdem die technischen Aspekte der jeweiligen Lösung noch detaillierter ausgeführt werden, z.B. in Bezug auf die Aufteilungsformel, Doppelbesteuerungs abkommen, Steuervergünstigungen, Ein- und Aus stiegsklauseln für Unternehmen, Aufzeichnungen und gesellschafts rechtliche Anforde rungen (z.B. an die Rechnungslegung).

    Die Anwendung der Regelung kann durch gegenseitige Anerkennung und weniger verbindliche Regelungen unterstützt werden. // Grundsätzlich könnten die Mitgliedstaaten das dem Konzept der Sitzlandbesteuerung innewohnende Prinzip der gegenseitigen Anerkennung im Rahmen bilateraler oder multilateraler Regelungen umsetzen. Die Kommission hält jedoch einen gemein schaftsrechtlichen Rahmen für die Pilotregelung für notwendig. Hierfür kämen weniger verbindliche Regelungen, etwa in Form einer Mitteilung der Kommission oder, nach entsprechendem Vorschlag der Kommission, einer Empfehlung des Rates und des Europäischen Parlaments in Frage. Die Steuerverwaltungen der Mitgliedstaaten könnten dann im Wege einer Öffnungsklausel in ihren jeweiligen Steuervorschriften die Unternehmen ermutigen, sich freiwillig an dem Pilotprojekt zu beteiligen. Kein Mitgliedstaat wäre aber verpflichtet, die Regelung anzuwenden.

    Wirtschaftsdaten über KMU und potenzielle Auswirkungen der Pilotregelung zur Sitzlandbesteuerung

    Die KMU sind ein Schlüsselfaktor für Wirtschaftswachstum und Schaffung von Arbeitsplätzen in der EU. Die Durchführung der Pilotregelung würde ihre Rahmenbedingungen verbessern und ihre Überlebensfähigkeit stärken (z.B. über kassenwirksame Möglichkeiten der Verrechnung ausländischer Verluste mit inländischen Gewinnen) und ihnen darüber hinaus Entwicklungsmöglichkeiten im Binnenmarkt (z.B. durch grenzüberschreitende Ausweitung ihrer Tätigkeit) vermitteln, woraus sich wiederum für die Wirtschaft insgesamt positive Wachstums- und Beschäftigungseffekte ergäben. Allgemeine Untersuchungen der Kommission über die KMU in der EU [30] und insbesondere die ersten Ergebnisse der Erhebung des Europäischen Netzes für KMU-Forschung (ENSR) zur internationalen Tätigkeit von KMU [31] zeigen, dass gegenwärtig nur sehr wenige KMU in einem anderen als ihrem eigenen Mitgliedstaat tätig sind.

    [30] "SMEs in Europe, including a first glance at EU candidate countries", Veröffentlichungen der Generaldirektion Unternehmen, Nr. 2. Weitere Informationen über die einschlägige Website der GD Unternehmen: http://europa.eu.int/comm/enterprise/ enterprise_policy/analysis/observatory.htm

    [31] "EIM Business & Policy research, Overview of the ENSR Enterprise Survey 2003", EIM Zoetermeer, August 2003 (Erhebung im Rahmen des Beobachtungsnetzes der Europäischen KMU von August 2003).

    Wie sich die Regelung auf die Steuereinnahmen der Mitgliedstaaten auswirkt, hängt von der Gestaltung der Regelung im Einzelnen, der Zahl der beteiligten KMU und nicht zuletzt auch davon ab, wie der Aufteilungsmechanismus im Detail angelegt ist. Da die Steuerbemessungsgrundlage aufgrund unterschiedlicher Vorschriften je nach Mitgliedstaat differiert und teilweise auch Anlaufverluste rascher ausgeglichen werden können, kann es theoretisch durchaus dazu kommen, dass weniger Steuer geschuldet wird. Eine dauerhafte Reduzierung der steuerlichen Belastung der KMU wird mit der Regelung allerdings nicht angestrebt, und angesichts der Charakteristik des Konzepts, insbesondere des Aufteilungsmechanismus, dürfte diese Wirkung auch nicht systematisch eintreten. Auf der Grundlage der statistischen Angaben über international tätige KMU und in Anbetracht des sehr geringen Anteils der KMU am inländischen Körperschaftsteueraufkommen kann mit einiger Sicherheit vorausgesagt werden, dass für die Mitgliedstaaten nur sehr geringe Steuerbeträge auf dem Spiel stehen. Es wäre daher nur sehr schwer einzusehen, weshalb die Mitgliedstaaten die Regelung nicht zumindest testen sollten. Eine versuchsweise Anwendung könnte möglicherweise erhebliche wirtschaftliche Vorteile zu sehr geringen Kosten bewirken. Diesem Aspekt werden sich die Kommissionsdienststellen intensiver widmen, sobald die Konzeption der Pilotregelung im Detail weiter fortgeschritten ist.

    Wichtig ist ein ständiges Monitoring des Pilotprojekts. // Die beteiligten Mitgliedstaaten müssten die einschlägigen Aktivitäten von Beginn des Pilotprojekts an ständig verfolgen und der Kommission zu einem angemessenen Zeitpunkt (z.B. nach drei Jahren) einen Bewertungsbericht vorlegen. Dazu sollte eine Monitoring-Gruppe eingesetzt werden, die alle mit der Pilotregelung zusammenhängenden Aspekte untersucht und die Bewertungsberichte erörtert. Diese Gruppe unter dem Vorsitz der Kommission sollte aus Vertretern sämtlicher Mitgliedstaaten und der Beitrittsländer bestehen.

    Eine konkrete Initiative der Kommission wäre 2004 möglich. // Die Kommission strebt bei der Erörterung ihrer Schlussfolgerungen hinsichtlich der versuchsweisen Anwendung der Sitzlandbesteuerung auf kleine und mittlere Unternehmen in der EU und der oben genannten Schlüsselelemente eine enge Zusammenarbeit mit den interessierten Kreisen und den Mitgliedstaaten an. Sie wird die dazu erforderlichen Schritte unter Einbeziehung von Vertretern der Wirtschaft und der interessierten Mitgliedstaaten einleiten, um etwaige technische Fragen zu besprechen und eine Pilotregelung im Detail auszuarbeiten. Auf dieser Grundlage wäre dann 2004 eine politische Initiative möglich.

    4.3. Schaffung einer einheitlichen Steuerbemessungsgrundlage in der EU

    Die Anwendung der IFRS könnte zur Schaffung einer einheitlichen Steuerbemes sungs grundlage beitragen. // Die bereits erwähnte Mitteilung und die Studie über die Unternehmensbesteuerung aus dem Jahre 2001 befassten sich auch mit dem durch die IFRS-Verordnung [32] hervorgerufenen Übergang zu einheitlichen Rechnungslegungsgrundsätzen. Direkt betroffen sind zwar nur die konsolidierten Abschlüsse von etwa 7 000 Unternehmen, aber die Wirkung der IFRS geht weit darüber hinaus. So müssen alle Tochtergesellschaften dieser Unternehmen ihre Abschlüsse ebenfalls nach IFRS aufstellen und es ist zu erwarten, dass die Kreditinstitute IFRS-konforme Angaben verlangen. Darüber hinaus gestatten einige Mitgliedstaaten bereits jetzt die Verwendung der IFRS auch in anderen Fällen und es ist damit zu rechnen, dass die nationalen Rechnungslegungsgrundsätze den IFRS angepasst werden. Angesichts dieser Hinwendung zu einheitlichen Rechnungslegungsgrundsätzen und konsolidierten Abschlüssen einerseits und den Forderungen nach einer einheitlichen konsolidierten Steuerbemessungsgrundlage andererseits kam die Frage auf, ob die neue Steuerbemessungsgrundlage nicht direkt mit IFRS-konformen Abschlüssen verknüpft werden könnte. Wenn EU-Unternehmen ihre Gewinne nach einer einheitlichen Norm ermitteln, könnte dieses einheitliche Maß der Rentabilität nicht auch für steuerliche Zwecke herangezogen werden? In den letzten zwei Jahren haben sich die Kommissionsdienststellen eingehend mit dieser Frage befasst, auch im Wege einer öffentlichen Konsultation. Die Ergebnisse der Konsultation sind bereits separat veröffentlicht.

    [32] Die obligatorische Verwendung der Internationalen Rechnungslegungsgrundsätze (International Financial Reporting Standards - IFRS, früher International Accounting Standards - IAS) ab 2005 ist in der so genannten IFRS- (früher: IAS-) Verordnung vorgeschrieben (Verordnung (EG) Nr. 1606/2002, ABl. L 243 vom 11.9.2002).

    Öffentliche Konsultation zu den steuerlichen Implikationen der Anwendung der International Accounting Standards (IAS/IFRS) [33]

    [33] Das Konsultationspapier und eine Zusammenfassung der Ergebnisse sind über folgende Website zugänglich: http://europa.eu.int:8082/comm/ taxation_customs/taxation/consultations/ias.htm

    Im Februar 2003 begann die Kommission eine öffentliche Konsultation zur Anwendung der IAS ab 2005 und ihrer Implikationen für die Schaffung einer konsolidierten Steuerbemessungsgrundlage für die grenzüberschreitende Unternehmenstätigkeit in der EU. Unter der Annahme, dass IFRS-konforme Abschlüsse allenfalls ein Ausgangspunkt für die Ermittlung einer Steuer bemessungsgrundlage wären, nicht aber die Bemessungsgrundlage selbst, wurde um Stellungnahmen zu eine Reihe von spezifischen Aspekten gebeten, darunter: allgemeine Prinzipien der IFRS sowie deren Relevanz und Brauchbarkeit für steuerliche Zwecke; Anzahl der Unternehmen, die zur Anwendung der IFRS bereit wären; etwaige Verwendung konsolidierter Handelsbilanzen; Interdependenz von Rechnungslegung und Besteuerung; mögliche rechtliche Maßnahmen zur Schaffung einer einheitlichen Steuerbemessungsgrundlage und die etwaige Durchführung eines Pilotprojekts in Bezug auf die Europäische Gesellschaft (SE).

    Insgesamt gingen über 40 schriftliche Reaktionen ein, die ein breites Spektrum an Meinungen zu den angesprochenen spezifischen Aspekten widerspiegelten und sich in einigen Fällen auch mit allgemeineren Aspekten der EU-Steuerpolitik befassten. Im Allgemeinen fand das Konzept einer einheitlichen Steuerbemessungsgrundlage breite Unterstützung, aber in der Frage, inwiefern die IFRS dabei von Nutzen sein könnten, waren die Meinungen geteilt. Allerdings wurde auch deutlich gemacht, dass die IFRS als neutraler Ausgangspunkt für die Diskussionen über die Steuerbemessungsgrundlage dienen könnten.

    Nur eine strukturierte Debatte macht Fortschritte möglich. // Eine Einigung auf etwaige detaillierte Regelungen über eine einheitliche Steuerbemessungsgrundlage ist überhaupt erst dann möglich, wenn die Debatte zuvor strukturiert wird. Grundsätzlich sind zwei Ansätze zu unterscheiden: Beim "IFRS-Ansatz" wird erkundet, welche Anpassungen an einer einheitlichen Grundlage in Form IFRS-konformer Abschlüsse erforderlich wären, um zu einer Steuerbemessungsgrundlage zu gelangen. Die Alternative wäre, zunächst allein über die steuerlichen Erfordernisse Einigung zu erzielen und erst danach zu erkunden, wie diesen Rechnung getragen werden könnte.

    Die laufende Überarbeitung einiger IFRS darf kein Anlass für Verzögerungen sein. // Der "IFRS-Ansatz" ist insofern mit Schwierigkeiten verbunden, als die Regeln für viele Unternehmen neu sind und die IFRS-Verordnung nur für konsolidierte Abschlüsse einer beschränkten Zahl von Unternehmen gilt. Die derzeit laufende umfassende Überarbeitung der bestehenden IFRS durch das IASB [34] erschwert die Untersuchung der steuerlichen Implikationen der einzelnen Rechnungslegungsmethoden zusätzlich. Daher wurde angeregt, die Arbeiten solange auszusetzen, bis Unternehmen und Mitgliedstaaten mit der Rechnungslegung nach IFRS vertraut sind. Es mag verlockend erscheinen, zunächst abzuwarten, aber dies wäre mit dem Risiko verbunden, dass die IFRS in der EU nicht einheitlich angewandt werden, was die Schaffung einer einheitlichen Steuerbemessungsgrundlage noch schwieriger machen würde, insbesondere hinsichtlich der Frage der Maßgeblichkeit. Die Alternative, nämlich zunächst die steuerlichen Erfordernisse zu definieren, erscheint auf den ersten Blick zwar als geradezu perfekte Lösung, aber es bestuende die Gefahr, dass dies in eine langwierige akademische Diskussion ausartet, die nicht in angemessener Zeit zu einer pragmatischen und funktionsfähigen Lösung führt.

    [34] Das IASB (International Accounting Standards Board) ist das Gremium, das die IFRS herausgibt.

    Einigen allgemeinen IFRS-Grundsätzen ist besondere Aufmerksamkeit zu widmen. // Einige Aspekte der IFRS bedürfen besonderer Beachtung. Die allgemeinen Grundsätze der Wesentlichkeit und der wirtschaftlichen Betrachtungsweise stehen eindeutig nicht völlig mit den geltenden steuerlichen Grundsätzen in Einklang, weshalb zur Ermittlung einer Steuerbemessungsgrundlage Anpassungen erforderlich wären. Die Wesentlichkeit von Abschlüssen ist eher als Schwellen- oder Grenzwert definiert, bei dessen Überschreiten das Weglassen einer Information oder eine fehlerhafte Angabe die wirtschaftlichen Entscheidungen der Abschlussadressaten beeinflussen könnten. Für steuerliche Zwecke ist jedoch in der Regel ein höheres Maß an Präzision erforderlich. Zwar wird in Handelsbilanzen der wirtschaftlichen Substanz eines Vorgangs gegenüber seiner rechtlichen Einordnung Vorrang eingeräumt (z.B. bei geleasten Vermögensgegenständen), aber für steuerliche Zwecke wird dieser Grundsatz weniger einheitlich angewandt. Beide Grundsätze bedürften wohl der Anpassung an steuerliche Erfordernisse. Auch hinsichtlich des Konzepts des beizulegenden Zeitwerts (wenn z.B. Vermögensgegenstände zum Marktwert neu bewertet werden und der Wertzuwachs in der Handelsbilanz als Gewinn erfasst wird) wären Anpassungen erforderlich, damit diese nicht realisierten Gewinne nicht besteuert werden. Generell gelangte bei der Erkundung der Möglichkeiten zur Nutzung der IFRS für steuerliche Zwecke eine Frage in den Vordergrund, die jegliche mögliche Form einer einheitlichen Steuerbemessungsgrundlage betrifft, nämlich die Frage des Verhältnisses zwischen Handelsbilanz und Steuerbilanz, die so genannte "Maßgeblichkeit".

    Grundsätzlich sollte die konsolidierte Steuerbemes sungsgrundlage allen Unter nehmen offen stehen, weshalb auch allen Unternehmen die Verwendung der IFRS gestattet sein sollte. // Auch wenn eine einheitliche konsolidierte Steuerbemessungsgrundlage in mehreren Schritten eingeführt werden könnte, eventuell zunächst als Pilotregelung mit oder ohne Konsolidierung (sie wäre dann jeweils nur auf nationaler Ebene in den einzelnen Mitgliedstaaten anwendbar), so müsste sie längerfristig doch allen Unternehmen offen stehen. Für eine IFRS-gestützte Steuerbemessungsgrundlage würde dies bedeuten, dass auch alle Unternehmen die Möglichkeit haben müssten, die IFRS zu verwenden. Breite Unterstützung findet die Ausweitung der IFRS auf die konsolidierten Abschlüsse der Unternehmen, die nicht schon zu den etwa 7 000 von der Verordnung erfassten Gesellschaften zählen. Einige Mitgliedstaaten haben bereits ihre Bereitschaft bekundet, diese Möglichkeit allen Unternehmen zu eröffnen. Aber selbst in den Ländern, in denen die Anwendung der IFRS nicht zulässig ist, steht zu erwarten, dass die nationalen Rechnungslegungsgrundsätze angepasst werden, so dass die Rechnungslegung de facto einheitlich gemäß IFRS erfolgt. Dadurch wäre nicht nur gewährleistet, dass jegliche von den IFRS abgeleitete Steuerbemessungsgrundlage allen Unternehmen offen steht, was Diskriminierung vermeidet und Gleichbehandlung sicherstellt, sondern auch, dass Unternehmensgruppen innerhalb des Binnenmarktes nach einheitlichen Rechnungslegungsgrundsätzen verfahren könnten. Das IASB erkundet derzeit aktiv Möglichkeiten, wie den Befürchtungen begegnet werden kann, dass die Anwendung der IFRS kleinen und mittleren Unternehmen besondere Probleme bereiten könnte.

    Das Verhältnis zwischen Handels- und Steuerbilanz, d.h. die Maßgeblichkeit, ist der Schlüssel zu jeglicher einheitlichen Steuerbemes sungsgrundlage // Unabhängig davon, ob eine einheitliche Steuerbemessungs grundlage von IFRS-konformen Abschlüssen ausgeht oder nicht, bedarf es einer detaillierten Neubewertung des Verhältnisses zwischen der Handels- und der Steuerbilanz der Unternehmen (d.h. der Maßgeblichkeit). Da die Mitgliedstaaten in Bezug auf die Maßgeblichkeit derzeit unterschiedlich verfahren, ist es auch ihre Sache, ob sie Anpassungen zulassen bzw. verlangen oder nicht. Sobald jedoch eine einheitliche Steuerbemessungsgrundlage eingeführt ist, müssen alle Mitgliedstaaten auch zu derselben Steuer bemessungsgrundlage gelangen. Theoretisch könnte dies mittels der bekannten Methoden erfolgen, d.h. entweder durch entsprechende Anpassung der Handelsbilanz oder durch Aufstellung einer Handelsbilanz, die im Wesentlichen der Steuerbemessungsgrundlage entspricht. Letztere Möglichkeit käme aber für Unternehmen, die die IFRS verwenden, nicht mehr in Frage.

    Die Unternehmen sollten nicht mehrere Arten von Rechnungs legungsgrund sätzen anwenden müssen. // Alle Mitgliedstaaten, die wünschen, dass die Handelsbilanz der Steuerbilanz entspricht, müssten letztlich also dieselbe Handelsbilanz aufstellen wie bei Verwendung der IFRS. Die Vereinheitlichung der Rechnungslegung kommt sowohl über die IFRS-Verordnung als auch über die EU-Rechnungslegungsrichtlinien voran, und es ist damit zu rechnen, dass sich die nationalen Rechnungslegungsgrundsätze den IFRS annähern. Es wäre allerdings unrealistisch zu erwarten, dass diese Vereinheitlichung den Erfordernissen einer Steuerbemessungsgrundlage jemals in vollem Umfang genügen wird. Jegliche Anpassung bedürfte der Genehmigung (da sie zulasten der Maßgeblichkeit geht) oder die Mitgliedstaaten müssten neben den IFRS und den Rechnungslegungs richtlinien ihre eigenen Rechnungslegungsgrundsätze beibehalten. Aufgrund der Tatsache, dass viele Unternehmen ihre konsolidierten Abschlüsse gemäß IFRS aufstellen müssen oder die IFRS anwenden müssen, um ihren börsennotierten Muttergesellschaften die zur Konsolidierung erforderlichen Daten übermitteln zu können, wird ein gewisser Druck entstehen, die doppelte Rechnungslegung zu reduzieren und Handelsbilanzen von Einzelgesellschaften in größerem Umfang gemäß IFRS aufzustellen.

    Die IFRS bilden den einzigen verfügbaren neutralen Ausgangspunkt für die Debatte. // Unter diesen Umständen ist es sinnvoll, bei der Entwicklung einer einheitlichen Steuerbemessungsgrundlage von einer einheitlichen Rechnungslegung auszugehen. Die IFRS bzw. IFRS-konforme Abschlüsse bilden einen neutralen Ausgangspunkt für die Überlegungen über die einheitliche Steuerbemessungsgrundlage. Einige Mitgliedstaaten befassen sich bereits auf nationaler Ebene mit diesen Fragen, da die Listen der steuerlich bedingten Anpassungen der Handelsbilanzen immer länger werden, weshalb es sinnvoll ist, die einschlägigen Bemühungen EU-weit stärker zu koordinieren, um unnötige Doppelarbeit zu vermeiden.

    Der privatrechtliche Status des IASB muss kein Hindernis sein.

    Es gibt Zweifel hinsichtlich der Konsolidierung. // Eine Lösung der Maßgeblichkeitsproblematik würde auch einen der Einwände entkräften, mit denen die IFRS als Ausgangspunkt der Überlegungen in Frage gestellt werden. Es wurden nämlich Befürch tungen wegen des privatrechtlichen Status des IASB und der möglichen Implikationen geäußert, wenn dieses Gremium und nicht die Mitgliedstaaten über die Gestaltung bzw. Änderung der Steuer bemessungsgrundlage entscheidet. Wenn aber die IFRS nur der Ausgangspunkt der Überlegungen sind, würden etwaige Änderungen der Standards nicht notwendigerweise die Steuerbemessungsgrundlage selbst beeinträchtigen. Falls z.B. künftige IFRS unter steuerlichen Gesichtspunkten inakzeptabel wären, ginge dies nicht zwangsläufig zulasten der Steuerbemessungsgrundlage, sondern könnte ein Anlass für weitere, von den Mitgliedstaaten vereinbarte Anpassungen sein. Die einheitliche Steuerbemessungsgrundlage für in der EU tätige Unternehmen scheint inzwischen zwar als langfristiges Ziel der EU-Steuerpolitik anerkannt zu sein und weithin Unterstützung zu finden, aber sowohl aufseiten der Wirtschaft als auch in den Steuerverwaltungen finden sich noch grundsätzliche Gegner dieses Konzepts. Selbst manchen Befürwortern liegt der Gedanke an die grenzübergreifende Konsolidierung für steuerliche Zwecke noch zu fern, als dass man sich zum jetzigen Zeitpunkt damit befassen sollte.

    Die Konsolidierung bleibt aber das letztlich angestrebte Ziel. // Hinsichtlich der Konsolidierung ist die Kommission nach wie vor der Auffassung, dass sie die wirksamste Möglichkeit zur Lösung der steuerlichen Probleme darstellt und langfristig als einer der wesentlichen Aspekte der einheitlichen Steuerbemessungsgrundlage anzusehen ist. In ihrem Konsultationspapier hat die Kommission um Antwort auf die Frage gebeten, ob konsolidierte IFRS-konforme Abschlüsse als Ausgangspunkt für die Ermittlung einer Steuerbemessungsgrundlage dienen könnten. Die meisten Stellung nahmen pflichteten der Auffassung der Kommission bei, dass dies nicht der am besten geeignete Ausgangspunkt wäre. Oberflächlich betrachtet, erscheint diese Möglichkeit durchaus attraktiv, und sie stuende auch mit der IFRS-Verordnung in Einklang, die nur für konsolidierte Abschlüsse gilt, aber tatsächlich ist sie doch mit einer Reihe von Nachteilen verbunden. Die Konsolidierung für Zwecke der Handelsbilanz dürfte steuerlichen Erfordernissen kaum genügen, und viele konsolidierte Abschlüsse würden auch die Ergebnisse von Tochtergesellschaften in Drittstaaten einbeziehen. Eine Anpassung von konsolidierten Abschlüssen dergestalt, dass einige Gesellschaften ausgeschlossen, andere hingegen einbezogen werden usw., wäre nicht nur kompliziert und zeitaufwendig, sondern dürfte auch hinsichtlich der Befolgungskosten keine Verbesserung bedeuten.

    Eine steuer spezifische Konsolidierung ist der Anpassung der handelsrecht lichen Konsolidierung vorzuziehen. // Die Ausarbeitung von Regelungen für die Konsolidierung zählt zu den schwierigsten Aspekten der Schaffung einer einheitlichen Steuerbemessungsgrundlage, nicht zuletzt wegen der erforderlichen Aufteilung der EU-Bemessungsgrundlage unter den einzelnen Mitgliedstaaten (s.u.). Angesichts der Nachteile bei einer Zugrundelegung konsolidierter Handelsbilanzen erscheint eine steuerspezifische Konsolidierung der Abschlüsse von Konzern gesellschaften als der am besten geeignete Ansatz.

    Die Kommission zieht daher folgendes Fazit:

    Fazit dieses Abschnitts: // * Die Maßgeblichkeit ist von entscheidender Bedeutung für die einheitliche Steuerbemessungsgrundlage, unabhängig davon, ob diese auf den IFRS beruht oder nicht, und sollte deshalb eingehender untersucht werden.

    * Solange nicht entschieden ist, auf welcher Basis die einheitliche Steuerbemessungsgrundlage entwickelt wird, bilden die IFRS einen geeigneten neutralen Ausgangspunkt für die Erörterung steuertechnischer Fragen (auch im Detail) auf EU-Ebene.

    * Auch wenn sich ein anderer Ausgangspunkt für die Entwicklung einer einheitlichen Steuerbemessungsgrundlage als besser geeignet erweisen sollte, behalten die auf der Grundlage der IFRS geleisteten Arbeiten ihren Wert.

    Vorschläge der Kommission zur Förderung der Entwicklung einer einheitlichen Steuerbemessungsgrundlage in der EU

    Ø Zur Maßgeblichkeit der Abschlüsse (gilt unabhängig davon, ob eine Steuerbemessungsgrundlage von den IFRS abgeleitet oder eigenständig definiert wird): Eine gründliche interne oder externe Studie (je nach verfügbaren Mitteln der Kommission) sollte in allen Mitgliedstaaten untersuchen, in welchem Verhältnis Rechnungslegungsvorschriften und Steuerbemessungsgrundlage stehen. Die Ergebnisse sollten in einer Gruppe von Fachleuten aus den Mitgliedstaaten erörtert werden, wobei auch ein etwaiges Abgehen vom Grundsatz der Maßgeblichkeit zu diskutieren wäre. Diese Gruppe könnte sich auch mit den steuerlichen Implikationen der IFRS unter technischen Aspekten befassen. Dabei wären die steuerlichen Implikationen der einzelnen IFRS im Rahmen der derzeitigen Steuersysteme zu untersuchen, um eine Gemeinschaftslösung zu finden, die an die Stelle von 15 oder 25 nationalen Lösungen treten könnte.

    Ø Zu den anzuwendenden steuerlichen Prinzipien im Einzelnen (gilt für jede einheitliche Steuerbemessungsgrundlage, wobei aber die IFRS als neutraler Ausgangspunkt dienen): Es sollte eine Expertengruppe zur Erörterung einzelner Aspekte der Steuerbemessungsgrundlage, z.B. der steuerlichen Abschreibung, eingesetzt werden. Der Teilnehmerkreis wäre auf das jeweilige Thema zuzuschneiden. Jedes Thema wäre von Experten aus allen Mitgliedstaaten zu erörtern, bei IFRS-spezifischen Fragen wären Fachleute für Rechnungslegung heranzuziehen.

    // Ohne angemessene Unterstützung vonseiten der Mitgliedstaaten (die bei einer aktiveren Beteiligung wenig zu verlieren hätten, sondern nur gewinnen könnten) sind nur geringe Fortschritte möglich. Darüber hinaus sollte der Privatsektor durch die Beteiligung von EU-Berufs- und Wirtschaftsverbänden an der Expertengruppe eingebunden werden.

    4.4. Aufteilung der Steuerbemessungsgrundlage unter den Mitgliedstaaten

    Der Mechanismus zur Aufteilung der Steuer bemes sungs grundlage ist von grundsätzlicher Bedeutung. // Ein Schlüsselelement bei der Schaffung einer konsolidierten Steuerbemessungsgrundlage ist der Mechanismus zur Aufteilung der Bemessungsgrundlage unter den Mitgliedstaaten. Dieser Mechanismus muss gerecht, transparent und verwaltungstechnisch möglichst unkompliziert sein. Er muss wirtschaftlichen Erfordernissen genügen und die politische Zustimmung der Mitgliedstaaten finden. Heute müssen in einer Gruppe zusammengeschlossene Unternehmen für jeden Mitgliedstaat eine eigene Steuerbemessungsgrundlage ermitteln. Dabei ist der Verrechnungspreis für jede einzelne grenz überschreitende Transaktion zwischen den Konzerngesellschaften von Bedeutung: er ist ein Anhaltspunkt für die Ermittlung der jeweiligen steuerbaren Gewinne, ist nach dem Fremdvergleichsprinzip festzusetzen und von den jeweiligen Steuerverwaltungen zu genehmigen. Die Aufteilung der "EU-Steuerbemessungsgrundlage" erfolgt heute also im Wesentlichen im Wege der separaten Rechnungslegung, in deren Rahmen die jeweiligen nationalen Steuerbemessungsgrundlagen ermittelt und die grenzüberschreitenden Transaktionen zwischen den verbundenen Unternehmen nach dem Fremdvergleichsprinzip erfasst werden. Einer der potenziellen Vorteile der konsolidierten Steuerbemessungsgrundlage liegt nun darin, dass innerhalb des Binnenmarktes keine separate Rechnungslegung mehr erforderlich wäre, da auf andere Weise ermittelt wird, wie die "EU-Steuerbemessungsgrundlage" unter den Mitgliedstaaten aufzuteilen ist. Der Konzern würde nur eine einzige Steuerbemessungsgrundlage für seine sämtlichen Tätigkeiten in der EU ermitteln, und diese "Gesamt-Steuerbemessungsgrundlage" würde dann anhand einer einfachen Formel "zerlegt" und unter den Mitgliedstaaten aufgeteilt. In diese Formel würden wirtschaftliche Faktoren eingehen, deren Auswahl und Gewichtung derzeit Gegenstand der Forschungsarbeiten der Kommission ist. Sowohl die separate Rechnungslegung als auch die "Formelzerlegung" sind nicht gegen Manipulationen gefeit, aber die Formelzerlegung bietet doch eine wesentlich geringere Angriffsfläche und etwaige Manipulationen könnten leichter aufgedeckt werden.

    Aufteilung auf der Mikro -Ebene - Wertschöpfung oder Formel zerlegung. // Die Aufteilung der Steuerbemessungsgrundlage könnte theoretisch zwar auf der Makro-Ebene, d.h. auf der Ebene der Mitgliedstaaten, erfolgen, aber die einschlägigen Arbeiten konzentrieren sich auf die Auf teilung auf der Mikro-Ebene, d.h. auf der Ebene der Unternehmen. Dabei gibt es im Wesentlichen zwei Möglichkeiten: Aufteilung auf der Grundlage der Wertschöpfung oder Formelzerlegung.

    Eine Aufteilung auf der Grundlage der Wertschöpfung könnte in der EU funktionieren.

    // Die Aufteilung der Steuerbemessungsgrundlage anhand der Wertschöpfung ist deshalb bedenkenswert, weil die EU bereits über ein Mehrwertsteuersystem verfügt. Ein großer Teil der erforderlichen Informationen wird von den Unternehmen bereits für MwSt-Zwecke erfasst, aber in Bezug auf Einfuhren, Ausfuhren und Abschreibungen wären Anpassungen erforderlich, und auch die Arbeitskosten müssten in die Berechnungen einbezogen werden. Eine Aufteilung anhand der Wertschöpfung würde im Wesentlichen auf dem Ursprungslandprinzip beruhen, wobei Ausfuhren entsprechend der Wertschöpfung des Ausführers einbezogen würden, sie entspräche damit aber nicht dem derzeitigen, am Bestimmungslandprinzip orientierten MwSt-System. Es gibt nur wenige Erfahrungen mit einem derartigen Aufteilungssystem und auch die Forschung ist diesbezüglich nicht sehr weit gediehen.

    Kernelemente der Formel zerlegung // Im Mittelpunkt der Überlegungen steht bislang die Aufteilung der Steuerbemessungsgrundlage mittels Formelzerlegung. Nach diesem Konzept verfahren bereits mehrere Länder, wobei die Entwicklung in den USA am weitesten fortgeschritten ist. Die einschlägigen Arbeiten konzentrieren sich auf die Feststellung der Kernelemente und der Probleme, für die Lösungen gefunden werden müssen.

    Begriffserläuterungen

    Konsolidierung: Zusammenfassung mehrerer Körperschaften in einer Gruppe. Eine solche Gruppe kann entweder nur auf der Grundlage des rechtlichen Eigentums definiert werden oder auch unter Einbeziehung von Kriterien wie Leitung und Kontrolle.

    Einheitsbesteuerung und kombinierte Rechnungslegung: Eine Konsolidierungskategorie, die über die rechtliche Definition der konsolidierten Gruppe hinausgeht und innerhalb dieser nur diejenigen Körperschaften bzw. Vorgänge erfasst, die wirtschaftlich integriert sind. Die kombinierte Körperschaft ("Einheit") stellt einen einzigen kombinierten Abschluss auf.

    Wirtschaftliche Integration (zur Definition der Einheit): Subjektives Konzept, das unterschiedlich definiert und interpretiert werden kann. Unternehmenstätigkeiten müssen integriert sein und/oder sich wechselseitig bedingen. Über die wirtschaftliche Integration oder Interdependenz hinaus kann auch eine Integration auf operationeller Ebene erforderlich sein. Die wirtschaftliche Integration wird u.a. an den drei Kriterien Eigentümerschaft, operationelle Verflechtung und Verwendung gemessen, weitere Kriterien wären funktionale Integration, zentrale Leitung und Skalenerträge. Wenn z.B. ein Hersteller über ein hochentwickeltes Finanzwesen verfügt, dass praktisch wie eine Bank arbeitet, sind dann sämtliche einschlägigen Tätigkeiten im kombinierten Abschluss zu erfassen?

    Die Definition der konsolidierten Gruppe ist komplex und muss nicht nur das Kriterium der Eigentümer schaft erfassen. // Die Vorteile der Konsolidierung wurden bereits in früheren Kommissionspapieren ausführlich dargelegt, aber die genaue Definition der konsolidierten Gruppe ist noch offen. Das Kriterium des rechtlichen Eigentums anhand von Schwellen von z.B. 50 % oder 100 % dürfte allein nicht ausreichen, da der Spielraum für Manipulationen zu groß ist, weshalb zusätzliche Kriterien wie Leitung und Kontrolle erforderlich wären. Die unter konzeptionellen Aspekten attraktivere Einheitsbesteuerung, der eine weiter gehende Definition zugrunde liegt, die auch Kriterien wie den Grad der wirtschaftlichen Integration einbezieht, impliziert aber eine gewisse Subjektivität, was wiederum Ungewissheit und Komplexität hervorrufen kann, wodurch die Vorteile möglicherweise wieder aufgehoben würden.

    Die Formel zerlegung muss sich nicht unbedingt auf alle Einkünfte erstrecken. // Nicht nur die Definition der Gruppe, sondern auch die Definition des Einkommens ist wichtig. Es ist nicht unbedingt nötig, alle Einkünfte aufzuteilen, weshalb unterschieden werden muss zwischen Einkünften, die aufgeteilt oder zerlegt werden müssen (gewerbliches oder "aktives" Einkommen), und solchen, die einfach zugerechnet werden (nichtgewerbliches oder "passives" Einkommen). Ein Beispiel wären Einkünfte aus immateriellen Vermögenswerten wie etwa Patenten, die bei einigen Formelzerlegungssystemen derjenigen Körperschaft zugerechnet werden können, die das Patent innehat, und nicht auf die gesamte Gruppe aufgeteilt werden. Die Frage, ob dies wirklich der beste Ansatz ist und ob etwaige Manipulationen unter Kontrolle gehalten werden können, bleibt offen, und dies ist vielleicht der am wenigsten befriedigende Aspekt der Formelzerlegung.

    Bei jeder Formel müssen die Faktoren und deren Gewichtung überall in der EU gleich sein.

    // Das Beispiel der USA zeigt, dass die Formelzerlegung auch ohne standardisierte Faktoren und Gewichtungen funktionieren kann, aber inzwischen gilt dies allgemein nicht als ideale Lösung. Dementsprechend lautet die Grundannahme, dass in der gesamten EU die gleichen Faktoren in gleicher Gewichtung erfasst werden. Das bedeutet nicht, dass für alle Branchen unbedingt die gleiche Formel gelten müsste, aber jegliche branchenspezifische Formel würde in der gesamten EU gelten. Auch wenn theoretisch ein weltweit angewandter Mechanismus vorzuziehen wäre, erscheint es aufgrund der Komplexität der Aufteilungsproblematik ratsam, die einschlägigen Forschungsarbeiten auf ein EU-System zu konzentrieren. Ein solches, auf die EU beschränktes System würde zwar eine Unterscheidung zwischen EU- und Nicht-EU-Tätigkeiten erfordern, aber es wäre im derzeitigen Stadium unrealistisch, ein weltweit geltendes System anzustreben.

    Auswahl und Gewichtung der Faktoren bedürfen großer Sorgfalt. // Auswahl und Gewichtung der Faktoren sind von allergrößter Bedeutung. Die Besteuerung auf der Grundlage der Formelzerlegung ist in Wirklichkeit eine Faktorbesteuerung und muss daher möglichst genau auf die jeweilige Einkommensquelle abgestimmt sein. Die herkömmliche Formel mit den drei Faktoren Umsatz, Kapital und Arbeit bildet einen geeigneten Ausgangspunkt für die Untersuchung der mit einer Formel verbundenen potenziellen Verzerrungen. Alle drei Faktoren können Einkommen generieren, sie können natürlich aber auch Gegenstand von Manipulationen sein (was bei getrennter Rechnungslegung aber auch für die Verrechnungspreise gilt). Diesbezüglich Ausgewogenheit zu erzielen, dürfte schwierig sein.

    Die wirtschaftlichen Auswirkungen auf die einzelnen Mitgliedstaaten müssen ermittelt werden. // Selbst wenn diese Fragen in der Theorie gelöst werden, d.h. wenn Definitionen für Einkommen und Gruppe vorliegen, und wenn auch die Faktoren und deren Gewichtung feststehen, muss untersucht werden, wie sich diese Elemente auf die jeweiligen Anteile der Mitgliedstaaten an der Steuerbemessungsgrundlage auswirken. Die Auswirkungen der einzelnen Faktoren, Definitionen usw. können zwar einzeln modelliert werden, aber zwei Aspekte sind nur schwer zu untersuchen: Zum einen die dynamische Wirkung - wie reagieren die Unternehmen und inwiefern ändern sie ihre Investitionsstrategie oder Unternehmensstruktur bei den einzelnen Formelzerlegungsmodellen? Zum anderen, inwieweit sich die Aufteilung der "EU-Steuer bemessungsgrundlage" auf die Mitgliedstaaten von der derzeitigen Verteilung unterscheiden würde.

    Die Mitgliedstaatenmüssen ihren derzeitigen Anteil an der Steuerbemes sungsgrundlage mit ihrem voraussichtl. Anteil bei den möglichen neuen Systemen vergleichen können. // Der erste Aspekt ist nicht neu - das mögliche Verhalten von Unternehmen angesichts steuerrechtlicher Änderungen musste auch bisher schon bei der Konzeption der Steuerpolitik berücksichtigt werden. Eine einheitliche Formelzerlegung würde den Steuerwettbewerb zwischen den Mitgliedstaaten transparenter und wohl auch besser vorhersehbar machen. Der zweite Aspekt - die möglichen Auswirkungen einer neuen Methode zur Aufteilung der "EU-Steuerbemessungsgrundlage" auf die Anteile der Mitgliedstaaten - bereitet größere Probleme. Zwar könnte geltend gemacht werden, dass im Falle der Einigung auf einen ausreichend gerechten und robusten Mechanismus Verschiebungen bei den Anteilen einfach als Korrekturen gegenüber dem derzeitigen System auf der Grundlage der separaten Rechnungslegung beschrieben werden könnten. Es steht aber kaum zu erwarten, dass die Mitgliedstaaten würden über eine neue Methode verhandeln, ohne zwischen der alten Situation (separate Rechnungslegung) und der neuen Situation (Formelzerlegung) zu vergleichen.

    Der System vergleich erfordert eine enge Kooperation zwischen Unternehmen und Mitglied staaten. // Bisher konnte die Kommission aber einen solchen Vergleich nicht anstellen, da die derzeitige Aufteilung der Steuerbemessungsgrundlage auf der Ebene der einzelnen Unternehmen nicht öffentlich zugänglich ist. Aber selbst wenn dies der Fall wäre, würde es einen extrem hohen Aufwand erfordern, die Unternehmensdaten in der für die neue Aufteilung der Steuerbemessungsgrundlage erforderlichen Weise umzurechnen. Einige Daten können zwar käuflich erworben werden, aber es kommt hier auch auf die Unterstützung durch die Unter nehmen und die Mitgliedstaaten selbst an. Würden die betreffenden Daten zugänglich gemacht, was ja nicht unbedingt je Unternehmen und Mitgliedstaat geschehen müsste, sondern eventuell je Sektor erfolgen könnte, wären Fortschritte in dieser Angelegenheit möglich.

    Kommissionsvorschläge zur Förderung der Entwicklung eines Mechanismus zur Aufteilung der Steuerbemessungsgrundlage unter den Mitgliedstaaten

    Untersucht werden sollten auch die Möglichkeiten der Aufteilung anhand der Wertschöpfung ausgedehnt werden.

    Die Untersuchungen in Bezug auf die Formelzerlegung sollten insbesondere in folgender Hinsicht fortgeführt werden:

    * Definition von "Gruppe" und "Einkommen"

    * In die Formel eingehende Faktoren und deren Gewichtung

    Im Rahmen der Untersuchungen sollte auch ein theoretisches wirtschaftliches Modell ausgearbeitet werden.

    Es sollten Gespräche mit den Mitgliedstaaten und den Unternehmen aufgenommen werden, um zu klären, wie reale Daten über die derzeitige Aufteilung der EU-Besteuerungsgrundlage verfügbar gemacht werden können.

    Die finanziellen Implikationen verschiedener Aufteilungsmechanismen sollten unter Zugrunde legung des o.a. theoretischen Modells anhand realer Daten simuliert werden.

    4.5. Eine europäische Steuerregelung für die Societas Europaea?

    Die ersten Reaktionen auf eine Pilotregelung für die Europäische Gesellschaft waren sehr positiv ... // Auf der bereits erwähnten Europäischen Unternehmensteuerkonferenz im April 2002 schien es, als ob der Vorschlag der Kommission, die einheitliche konsolidierte Körperschaftsteuer-Bemessungsgrund lage im Rahmen einer Pilotregelung für die Europäische Gesellschaft (Societas Europaea - SE) zu testen, breite Unterstützung fände. So wurde die Auffassung vertreten, dass die Anwendung des neuen Systems auf eine kleine Gruppe von Unternehmen es ermöglichen würde, nützliche praktische Erfahrungen zu sammeln, bevor eine weiter reichende allgemeine Einführung ins Auge gefasst wird. Zudem meinten die Vertreter der Wirtschaft fast ausnahmslos, dass das Statut der Europäischen Gesellschaft ohne eigene steuerliche Regelung wohl kaum von praktischem Nutzen wäre.

    ... aber jetzt beginnt das komplexe Abwägen des Für und Wider.

    Die Idee bleibt attraktiv. // In der anschließenden Debatte, vor allem im Rahmen des Workshops und der Konsultation zu der Frage, ob sich die IAS/IFRS für die Entwicklung einer solchen Bemessungsgrundlage eignen, ergab sich jedoch ein differenzierteres Bild, und die Reaktionen schwankten zwischen klarer grundsätzlicher Ablehnung und vorsichtiger Unterstützung. Insbesondere hatten viele Beobachter den Eindruck, dass die SE recht willkürlich als "Pilotobjekt" ausgewählt wurde und diese Wahl nicht durch ein wesentliches Merkmal dieser neuen Rechtsform begründet war. Unternehmen, die aus sachlichen oder rechtlichen Gründen nicht ohne Weiteres in eine SE umgewandelt werden können, würden diskriminiert. Dennoch hat der Gedanke einer Pilotregelung einige Vorteile, die im Großen und Ganzen unumstritten sind. Während die zu lösenden Probleme im Falle der SE genau dieselben sind wie im Falle jedes anderen Unternehmens, vor allem, was den erforderlichen Aufteilungsmechanismus anbelangt, wird eingeräumt, dass die gesamte Umstellungsproblematik für eine neue Rechtsform, die in vielerlei Hinsicht "bei Null anfängt", leichter zu bewältigen sein dürfte. Außerdem könnte das mögliche Wegfallen von Konsolidierungs aspekten im Rahmen der Pilotregelung von großem praktischem Vorteil sein [35].

    [35] Eine SE könnte EU-weit als eine Körperschaft tätig sein, ohne zur Konsolidierung für jede einzelne Niederlassung separate Abschlüsse vorlegen zu müssen.

    Die Kommissions dienststellen prüfen potenzielle Dis kriminierungen unter verschie denen Aspekten. // Potenzielle Probleme mit Wettbewerbs- oder Diskriminierungs aspekten könnten für die SE-Pilotregelung von existenzieller Bedeutung sein. Es bleibt jedoch im Wesentlichen offen, ob solche Situationen wirklich eintreten, und wenn ja, ob sie tatsächlich zu rechtlichen Schwierigkeiten führen. Auch die hierzu in der Diskussion und der einschlägigen Fachliteratur geäußerten Ansichten gehen weit auseinander. Deshalb hat die Kommission extern ein ausführliches Rechtsgutachten zu diesen Fragen und allen damit verbundenen relevanten Aspekten in Auftrag gegeben [36]. Vor allen Dingen soll festgestellt werden, ob eine fakultative Regelung diese Probleme vermeiden könnte. Die Ergebnisse der Studie werden voraussichtlich Anfang 2004 vorliegen.

    [36] Es versteht sich von selbst, dass diese Studie in keiner Weise einer Stellungnahme oder Entscheidung der Kommission in dieser Frage, insbesondere hinsichtlich der Vereinbarkeit einer künftigen Steuerregelung für die SE mit den Grundsätzen des EG-Vertrages, vorgreifen wird.

    Die Pilotrege lung und die Option für eine einheitliche Steuerbemes sungsgrundlage wird der SE nicht von Anfang an offen stehen ...

    ... aber der Gedanke wird weiter verfolgt ... // Die Kommission ist nach wie vor überzeugt, dass der Gedanke einer angemessen ausgestalteten Pilotregelung, die den nach SE-Statut gegründeten Gesellschaften auf EU-Ebene eine einheitliche konsolidierte Steuerbemessungsgrundlage bieten würde, eine genauere Analyse verdient. Der weitere Fortschritt hängt jetzt von zweierlei ab: zum einen von den technischen Fortschritten in anderen Bereichen (v. a. in Bezug auf die Steuerbemessungsgrundlage und vielleicht den Aufteilungsschlüssel) und zum anderen von den Schlussfolgerungen der Kommission zur Diskriminierungsproblematik. Es wird also effektiv unmöglich sein, bis zum Inkrafttreten des SE-Statuts am 8. Oktober 2004 eine vollständige, funktionierende Regelung für die EU-Steuerbemessungsgrundlage einzuführen, und diesbezügliche Entscheidungen müssen auf das Jahr 2005 verschoben werden. Folglich wäre es verfrüht, schon jetzt mit der Detailarbeit zu den praktischen Aspekten einer möglichen Pilotregelung zu beginnen.

    ... und das EU-Steuerrecht wird die Gründung Europäischer Gesellschaften erleichtern. // Ungeachtet dessen wird die Gründung von Europäischen Gesellschaften in steuerlicher Hinsicht, wie bereits weiter oben festgestellt, erleichtert, wenn der Rat in Ausübung seiner Kompetenzen bis 1. Januar 2005 die erforderlichen technischen Anpassungen am bereits geltenden EU-Unternehmensteuerrecht vornimmt. Eine gewisse Verzögerung der Gesamtlösung wird also nicht zu einer Behinderung oder ungebührlichen Benachteiligung von Unternehmen mit dieser neuen Rechtsform führen.

    5. Schlussfolgerungen und Prioritäten für die kommenden Jahre

    Die Gesamtbe wertung der 'zweigleisigen' Kommissions strategie ist positiv ...

    ... aber ihr Erfolg hängt letztlich davon ab, dass alle Beteiligten zu konstruktiver Mitwirkung bereit sind. // Insgesamt kommt die Kommission bei Bewertung ihrer Strategie zu dem Schluss, dass die 'zweigleisige' Unternehmensteuerstrategie nach zwei Jahren Arbeit immer noch das beste Konzept zur Bewältigung der derzeitigen steuerbedingten Probleme im Binnenmarkt ist und dass die Kommission die angekündigten Maßnahmen und Initiativen tatsächlich realisiert hat. Die gezielten Maßnahmen wurden auf den Weg gebracht, und der weitere Fortschritt hängt jetzt maßgeblich von den anderen Organen der EU, vor allem vom Rat, ab. Die verbleibenden Fragen werden 2004 in Angriff genommen. Dies gilt vor allem für die Initiativen zu den Themen Doppelbesteuerungsab kommen und grenzübergreifender Verlustausgleich. Die Kommission wird außerdem die Entwicklungen vor dem Europäischen Gerichtshof noch aufmerksamer verfolgen und verstärkt einschlägige politische Initiativen ergreifen.

    Die längerfristige Arbeit an den "umfassenden" Ansätzen kam ver ständlicherweise langsamer voran. Dies ist zum Teil eine Folge der Vorbehalte der Mitgliedstaaten, die begreiflicherweise auf derart lang fristige und weitreichende Pläne vorsichtig reagieren. Technische Schwierigkeiten im Zusammenhang mit einigen Konzepten, die im Jahr 2001 von Wissenschaftlern und/oder Vertretern von Wirtschafts verbänden vorgetragen wurden, müssen noch gelöst werden. Die Kommission rechnet nach wie vor nicht damit, dass in der nächsten Zukunft ein größerer Durchbruch erzielt wird, aber Fortschritte in einzelnen Bereichen sind jetzt durchaus denkbar (z. B. die KMU-Pilotregelung zur Sitzlandbesteuerung) - so wären technische Ver besserungen möglich, und es könnten praktische Erfahrungen gesam melt werden. Die technischen Arbeiten im Hinblick auf das lang fristige Ziel der einheitlichen konsolidierten EU-Steuerbemessungs grundlage werden fortgesetzt und könnten, je nach Umfang der poli tischen Unterstützung, intensiviert werden. In diesem Zusammenhang könnte die Entwicklung von Mechanismen der "verstärkten Zusammenarbeit" [37] einzelner Mitgliedstaaten den weiteren Fortschritt erleichtern. Sind die einzelnen Vorschläge erst einmal weiter gereift, könnte sich die verstärkte Zusammenarbeit für die Durchführung der Maßnahmen durchaus als nützlich erweisen, falls eine Einigung unter allen fünfundzwanzig Mitgliedstaaten nicht möglich ist.

    [37] Artikel 43 bis 45 EU-Vertrag ("Vertrag von Nizza") und Artikel I-43, III-322-329 Entwurf des Verfassungsvertrags.

    // Vor diesem Hintergrund und angesichts der wirtschaftlichen Bedeutung der EU-Unternehmensteuerreform für die Verbesserung des EU-Binnenmarktes insgesamt sowie für die Förderung von Wirtschaftswachstum und Beschäftigung ist die Kommission weiterhin entschlossen, ihre gründliche technische Analyse fortzusetzen und zu einer konstruktiven politischen Debatte beizutragen, denn nur so können zufriedenstellende Fortschritte erzielt werden.

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