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Document 32023L0970

Richtlinie (EU) 2023/970 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. Mai 2023 zur Stärkung der Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit durch Entgelttransparenz und Durchsetzungsmechanismen (Text von Bedeutung für den EWR)

PE/81/2022/REV/1

OJ L 132, 17.5.2023, p. 21–44 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, GA, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

Legal status of the document In force

ELI: http://data.europa.eu/eli/dir/2023/970/oj

17.5.2023   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 132/21


RICHTLINIE (EU) 2023/970 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

vom 10. Mai 2023

zur Stärkung der Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit durch Entgelttransparenz und Durchsetzungsmechanismen

(Text von Bedeutung für den EWR)

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 157 Absatz 3,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (1),

gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren (2),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

In Artikel 11 des Übereinkommens der Vereinten Nationen vom 18. Dezember 1979 zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau, das von allen Mitgliedstaaten ratifiziert worden ist, ist vorgesehen, dass die Vertragsstaaten alle geeigneten Maßnahmen zu treffen haben, um unter anderem das Recht auf gleiches Entgelt, einschließlich sonstiger Leistungen, und auf Gleichbehandlung bei gleichwertiger Arbeit sowie Gleichbehandlung bei der Bewertung der Arbeitsqualität zu gewährleisten.

(2)

In Artikel 2 und Artikel 3 Absatz 3 des Vertrags über die Europäische Union ist das Recht auf Gleichstellung von Frauen und Männern als wesentlicher Wert der Union festgeschrieben.

(3)

Gemäß den Artikeln 8 und 10 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) wird gefordert, dass die Union in ihrer Politik und bei allen ihren Tätigkeiten darauf hinwirkt, Ungleichheiten zu beseitigen, die Gleichstellung von Männern und Frauen zu fördern und Diskriminierungen aus Gründen des Geschlechts zu bekämpfen.

(4)

Gemäß Artikel 157 Absatz 1 AEUV ist jeder Mitgliedstaat verpflichtet, die Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit sicherzustellen. In Artikel 157 Absatz 3 AEUV ist vorgesehen, dass die Union Maßnahmen zur Gewährleistung der Anwendung des Grundsatzes der Chancengleichheit und der Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen, einschließlich des Grundsatzes des gleichen Entgelts bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit (im Folgenden „Grundsatz des gleichen Entgelts“), beschließt.

(5)

Der Gerichtshof der Europäischen Union (im Folgenden „Gerichtshof“) hat festgestellt, dass der Anwendungsbereich des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen nicht auf die Diskriminierungen beschränkt werden kann, die sich aus der Zugehörigkeit zu dem einen oder dem anderen Geschlecht ergeben (3). In Anbetracht des Gegenstands und der Natur der Rechte, die damit geschützt werden sollen, hat dieser Grundsatz auch für Diskriminierungen zu gelten, die ihre Ursache in einer Geschlechtsumwandlung haben.

(6)

In einigen Mitgliedstaaten ist es derzeit möglich, sich rechtlich als ein drittes, oftmals neutrales, Geschlecht registrieren zu lassen. Diese Richtlinie berührt nicht die einschlägigen nationalen Vorschriften zur Umsetzung einer solchen Anerkennung in Bezug auf Beschäftigung und Entgelt.

(7)

Gemäß Artikel 21 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden „Charta“) sind Diskriminierungen, insbesondere wegen des Geschlechts, verboten. In Artikel 23 der Charta ist vorgesehen, dass die Gleichheit von Frauen und Männern in allen Bereichen, einschließlich der Beschäftigung, der Arbeit und des Arbeitsentgelts, sicherzustellen ist.

(8)

In Artikel 23 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte heißt es unter anderem, dass jeder, ohne Unterschied, das Recht auf gleiches Entgelt für gleiche Arbeit, auf freie Berufswahl, auf gerechte und befriedigende Arbeitsbedingungen sowie auf gerechte Entlohnung, die eine der menschlichen Würde entsprechende Existenz sichert, hat.

(9)

Die vom Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission gemeinsam proklamierte europäische Säule sozialer Rechte enthält unter anderem die Grundsätze der Gleichbehandlung und Chancengleichheit von Frauen und Männern sowie das Recht auf gleiches Entgelt bei gleichwertiger Arbeit.

(10)

In der Richtlinie 2006/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (4) ist vorgesehen, dass bei gleicher Arbeit oder bei einer Arbeit, die als gleichwertig anerkannt wird, mittelbare und unmittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts in Bezug auf sämtliche Entgeltbestandteile und -bedingungen beseitigt werden soll. Insbesondere wenn zur Festlegung des Entgelts ein System beruflicher Einstufung verwendet wird, muss dieses System auf gemeinsamen geschlechtsneutralen Kriterien beruhen und so beschaffen sein, dass Diskriminierungen aufgrund des Geschlechts ausgeschlossen werden.

(11)

In der Bewertung der einschlägigen Bestimmungen der Richtlinie 2006/54/EG (2020) wurde festgestellt, dass die Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts durch mangelnde Transparenz der Entgeltsysteme, mangelnde Rechtssicherheit in Bezug auf den Begriff der gleichwertigen Arbeit und Verfahrenshindernisse für Diskriminierungsopfer behindert wird. Arbeitnehmern fehlen die nötigen Informationen, die sie für eine erfolgreiche Geltendmachung eines Anspruchs auf gleiches Entgelt benötigen, insbesondere Angaben zu den Entgelthöhen von Gruppen von Arbeitnehmern, die gleiche oder gleichwertige Arbeit verrichten. In der Bewertung wurde festgestellt, dass sich durch größere Transparenz geschlechtsspezifische Verzerrungen und Diskriminierungen in den Vergütungsstrukturen eines Unternehmens oder einer Organisation aufdecken ließen. Arbeitnehmer, Arbeitgeber und Sozialpartner wären dadurch auch in der Lage, geeignete Maßnahmen zur Gewährleistung der Anwendung des Rechts auf gleiches Entgelt bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit (im Folgenden „Recht auf gleiches Entgelt“) zu ergreifen.

(12)

Nach einer gründlichen Bewertung des bestehenden Rahmens für gleiches Entgelt bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit und einem umfassenden und inklusiven Konsultationsprozess wurde in der Mitteilung der Kommission „Eine Union der Gleichheit: Strategie für die Gleichstellung der Geschlechter 2020-2025“ vom 5. März 2020 angekündigt, dass die Kommission verbindliche Maßnahmen zur Entgelttransparenz vorschlagen würde.

(13)

Die wirtschaftlichen und sozialen Folgen der COVID-19-Pandemie haben sich unverhältnismäßig negativ auf Frauen und die Gleichstellung der Geschlechter ausgewirkt, und der Verlust von Arbeitsplätzen hat sich häufig auf die von Frauen dominierten Niedriglohnsektoren konzentriert. Die COVID-19-Pandemie hat deutlich gemacht, dass die Arbeit, die hauptsächlich von Frauen geleistet wird, nach wie vor strukturell unterbewertet wird, und sie hat den hohen sozioökonomischen Wert der Arbeit von Frauen in Form von Dienstleistungen mit direktem Kontakt mit Menschen unter Beweis gestellt, wie z. B. in den Bereichen der Gesundheitsversorgung, Reinigung, Kinderbetreuung, Sozialfürsorge und häuslichen Pflege für ältere Menschen und andere erwachsene pflegebedürftige Angehörige, was in starkem Gegensatz zur geringen Sichtbarkeit und Anerkennung dieser Arbeit steht.

(14)

Die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie werden daher das Geschlechtergefälle und das geschlechtsspezifische Entgeltgefälle weiter verschärfen, es sei denn, die Wiederherstellungsmaßnahmen sind geschlechtersensibel. Diese Auswirkungen haben es noch dringlicher gemacht, sich mit der Frage des gleichen Entgelts bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit zu befassen. Die Stärkung der Umsetzung des Grundsatzes des gleichen Entgelts durch weitere Maßnahmen ist besonders wichtig, um sicherzustellen, dass die Fortschritte, die bei der Beseitigung von Entgeltunterschieden erzielt wurden, nicht beeinträchtigt werden.

(15)

Das geschlechtsspezifische Entgeltgefälle in der Union besteht weiterhin: im Jahr 2020 lag es bei 13 %, wobei es erhebliche Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten gibt, und es hat sich in den letzten zehn Jahren nur geringfügig verringert. Das geschlechtsspezifische Entgeltgefälle ist auf verschiedene Faktoren zurückzuführen, beispielsweise Geschlechterstereotypen, die Fortdauer der „gläsernen Decke“ und des „klebrigen Bodens“ sowie die horizontale Segregation, einschließlich des überdurchschnittlichen Anteils von Frauen in gering bezahlten Dienstleistungstätigkeiten, sowie die ungleiche Aufteilung von Pflege- und Betreuungsaufgaben. Zudem wird das geschlechtsspezifische Entgeltgefälle zum Teil durch unmittelbare und mittelbare geschlechtsspezifische Entgeltdiskriminierung verursacht. Alle diese Elemente stellen strukturelle Hindernisse dar, die komplexe Herausforderungen für die Schaffung hochwertiger Arbeitsplätze und die Verwirklichung des Grundsatzes des gleichen Entgelts bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit schaffen, und sie haben Langzeitfolgen wie das Rentengefälle und die Feminisierung der Armut.

(16)

Ein allgemeiner Mangel an Transparenz in Bezug auf die Entgelthöhen innerhalb von Organisationen führt zum Fortdauern einer Situation, in der geschlechtsspezifische Entgeltdiskriminierung und Verzerrungen unentdeckt bleiben oder im Verdachtsfall schwer nachzuweisen sind. Es sind daher verbindliche Maßnahmen erforderlich, um die Entgelttransparenz zu verbessern, Organisationen zu ermutigen, ihre Vergütungsstrukturen zu überprüfen, um sicherzustellen, dass Frauen und Männer, die gleiche oder gleichwertige Arbeit leisten, das gleiche Entgelt erhalten, sowie Diskriminierungsopfer in die Lage zu versetzen, ihr Recht auf gleiches Entgelt auszuüben. Diese verbindlichen Maßnahmen müssen durch Bestimmungen ergänzt werden, mit denen bestehende Rechtsbegriffe wie Entgelt und gleichwertige Arbeit präzisiert werden, und durch Maßnahmen zur Verbesserung der Durchsetzungsmechanismen und des Zugangs zur Justiz.

(17)

Die Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts sollte durch die Beseitigung unmittelbarer und mittelbarer Entgeltdiskriminierung verbessert werden. Dies hindert Arbeitgeber nicht daran, Arbeitnehmer, die gleiche oder gleichwertige Arbeit verrichten, auf der Grundlage objektiver, geschlechtsneutraler und vorurteilsfreier Kriterien wie Leistung und Kompetenz unterschiedlich zu vergüten.

(18)

Diese Richtlinie sollte für alle Arbeitnehmer gelten, einschließlich Teilzeitbeschäftigte, befristet beschäftigte Arbeitnehmer und Personen mit einem Arbeitsvertrag oder Beschäftigungsverhältnis mit einem Leiharbeitsunternehmen sowie Arbeitnehmer in Führungspositionen, die nach den geltenden Rechtsvorschriften, Tarifverträgen oder Gepflogenheiten in dem jeweiligen Mitgliedstaat einen Arbeitsvertrag haben und/oder in einem Beschäftigungsverhältnis stehen, wobei die Rechtsprechung des Gerichtshofs zu berücksichtigen ist (5). Falls sie die einschlägigen Kriterien erfüllen, fallen Hausangestellte, Arbeitnehmer, die auf Abruf, intermittierend, auf der Grundlage von Gutscheinen und auf Online-Plattformen beschäftigt sind, Arbeitnehmer in geschützten Beschäftigungsverhältnissen sowie Praktikanten und Auszubildende in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie. Die Feststellung des Vorliegens eines Beschäftigungsverhältnisses sollte sich an den Fakten orientieren, die sich auf die tatsächliche Arbeitsleistung beziehen, und nicht an der Beschreibung des Verhältnisses durch die Parteien.

(19)

Ein wichtiges Element zur Beseitigung von Entgeltdiskriminierung ist die Entgelttransparenz vor Beschäftigung. Diese Richtlinie sollte daher auch für Stellenbewerber gelten.

(20)

Um Hindernisse für die Opfer von geschlechtsspezifischer Entgeltdiskriminierung bei der Ausübung ihres Rechts auf gleiches Entgelt zu beseitigen und Arbeitgeber bei der Gewährleistung der Achtung dieses Rechts anzuleiten, sollten die Kernbegriffe im Zusammenhang mit gleichem Entgelt bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit wie Entgelt und gleichwertige Arbeit im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs präzisiert werden. Dadurch sollte die Anwendung dieser Konzepte insbesondere für Kleinstunternehmen sowie kleine und mittlere Unternehmen erleichtert werden.

(21)

Der Grundsatz des gleichen Entgelts sollte in Bezug auf Löhne, Gehälter und alle sonstigen Vergütungen, die die Arbeitnehmer aufgrund ihrer Beschäftigung von ihrem Arbeitgeber unmittelbar oder mittelbar in bar oder in Sachleistung erhalten, eingehalten werden. Im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs (6) sollte der Begriff „Entgelt“ nicht nur das Gehalt, sondern auch ergänzende oder variable Bestandteile des Entgelts umfassen. Im Rahmen von ergänzenden oder variablen Bestandteilen sollten alle zusätzlich zum üblichen Grund- oder Mindestlohn oder -gehalt gewährten Vergütungen, die der Arbeitnehmer unmittelbar oder mittelbar in bar oder in Sachleistung erhält, berücksichtigt werden. Solche ergänzenden oder variablen Bestandteile können unter anderem Boni, Überstundenausgleich, Fahrvergünstigungen, Wohnungs- und Verpflegungszuschüsse, Aus- und Weiterbildungsentschädigungen, Abfindungen bei Entlassung, gesetzliches Krankengeld, gesetzlich vorgeschriebene Entschädigungen und Betriebsrenten umfassen. Der Begriff „Entgelt“ sollte alle Elemente der gesetzlich oder tarifvertraglich und/oder nach den Gepflogenheiten in den einzelnen Mitgliedstaaten geschuldeten Vergütung umfassen.

(22)

Um eine einheitliche Darstellung der in dieser Richtlinie vorgeschriebenen Informationen zu gewährleisten, sollten die Entgelthöhen als Bruttojahresentgelt und entsprechender Bruttostundenentgelt angegeben werden. Es sollte möglich sein, die Entgelthöhen auf der Grundlage des für den Arbeitnehmer festgelegten tatsächlichen Entgelts zu berechnen, unabhängig davon, ob es jährlich, monatlich, stündlich oder anderweitig festgelegt ist.

(23)

Die Mitgliedstaaten sollten nicht verpflichtet sein, für die Zwecke dieser Richtlinie neue Stellen einzurichten. Es sollte ihnen möglich sein, die sich daraus ergebenden Aufgaben im Einklang mit den nationalen Rechtsvorschriften und/oder Gepflogenheiten bestehenden Stellen, einschließlich der Sozialpartner, zu übertragen, vorausgesetzt, die Mitgliedstaaten erfüllen die Verpflichtungen gemäß dieser Richtlinie.

(24)

Um die Arbeitnehmer zu schützen und ihrer Angst vor Viktimisierung bei der Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts Rechnung zu tragen, sollte es ihnen möglich sein, sich durch einen Vertreter vertreten zu lassen. Dabei könnte es sich um Gewerkschaften oder andere Arbeitnehmervertreter handeln. Gibt es keine Arbeitnehmervertreter, so sollten sich die Arbeitnehmer durch einen Vertreter ihrer Wahl vertreten lassen können. Die Mitgliedstaaten sollten die Möglichkeit haben, ihre nationalen Gegebenheiten und unterschiedliche Rollen bei der Arbeitnehmervertretung zu berücksichtigen.

(25)

In Artikel 10 AEUV ist vorgesehen, dass die Union bei der Festlegung und Durchführung ihrer Politik und ihrer Maßnahmen darauf abzielt, Diskriminierungen aus Gründen des Geschlechts, der Rasse, der ethnischen Herkunft, der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung zu bekämpfen. In Artikel 4 der Richtlinie 2006/54/EG ist vorgesehen, dass es keine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts in Bezug auf das Arbeitsentgelt geben darf. Geschlechtsspezifische Entgeltdiskriminierung, bei der das Geschlecht eines Opfers eine entscheidende Rolle spielt, kann in der Praxis vielfältige Formen annehmen. Dabei kann es sich um eine Überschneidung verschiedener Achsen der Diskriminierung oder Ungleichheit handeln, bei der der Arbeitnehmer zu einer oder mehreren Gruppen gehört, die gegen eine Diskriminierung aus Gründen des Geschlechts einerseits sowie der Rasse oder der ethnischen Herkunft, der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung nach Maßgabe der Richtlinie 2000/43/EG des Rates (7) oder der Richtlinie 2000/78/EG des Rates (8) andererseits geschützt ist bzw. sind. Frauen mit Behinderungen, Frauen unterschiedlicher Rasse oder ethnischer Herkunft, einschließlich Roma-Frauen, und junge oder ältere Frauen zählen zu den Gruppen, die intersektioneller Diskriminierung ausgesetzt sein können. Mit der vorliegenden Richtlinie sollte daher klargestellt werden, dass es im Zusammenhang mit geschlechtsspezifischer Entgeltdiskriminierung möglich sein sollte, eine solche Kombination zu berücksichtigen, um etwaige Zweifel auszuräumen, die nach dem geltenden Rechtsrahmen in dieser Hinsicht bestehen können, und nationale Gerichte, Gleichbehandlungsstellen und andere zuständige Behörden in die Lage zu versetzen, insbesondere zu inhaltlichen und verfahrensrechtlichen Zwecken jeder Benachteiligung, die sich aus intersektioneller Diskriminierung ergibt, gebührend Rechnung zu tragen; dazu gehört die Feststellung des Vorliegens einer Diskriminierung, die Wahl der geeigneten Vergleichsperson, die Bewertung der Verhältnismäßigkeit und gegebenenfalls die Festsetzung der Höhe des gewährten Schadensersatzes oder der verhängten Sanktionen.

Ein intersektioneller Ansatz ist wichtig, um das geschlechtsspezifische Entgeltgefälle zu verstehen und anzugehen. Diese Klarstellung sollte den Umfang der Pflichten der Arbeitgeber in Bezug auf Maßnahmen zur Entgelttransparenz im Rahmen der vorliegenden Richtlinie nicht ändern. Insbesondere sollten Arbeitgeber nicht verpflichtet sein, Daten zu anderen Schutzgründen als dem Geschlecht zu erheben.

(26)

Um das Recht auf gleiches Entgelt einzuhalten, müssen Arbeitgeber Vergütungsstrukturen festlegen, die gewährleisten, dass es keine geschlechtsspezifischen Entgeltunterschiede zwischen Arbeitnehmern gibt, die gleiche oder gleichwertige Arbeit leisten, die nicht durch objektive, geschlechtsneutrale Kriterien gerechtfertigt sind. Diese Vergütungsstrukturen sollten einen Vergleich des Wertes unterschiedlicher Aufgaben innerhalb derselben Organisationsstruktur ermöglichen. Diese Vergütungsstrukturen sollten auf bestehenden Leitlinien der Union in Bezug auf Systeme zur geschlechtsneutralen Arbeitsbewertung und beruflichen Einstufung oder auf Indikatoren oder geschlechtsneutralen Modellen aufgebaut werden können. Im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs sollte der Wert der Arbeit anhand objektiver Kriterien, einschließlich berufliche Anforderungen, Bildungs-, Aus- und Weiterbildungsbildungsanforderungen, Kompetenzen, Belastungen, Verantwortung und Arbeitsbedingungen, unabhängig von Unterschieden in den Beschäftigungsmodellen, bewertet und verglichen werden. Um die Anwendung des Konzepts der gleichwertigen Arbeit insbesondere für Kleinstunternehmen sowie kleinere und mittlere Unternehmen zu erleichtern, sollten die zu verwendenden objektiven Kriterien vier Faktoren umfassen: Kompetenzen, Belastungen, Verantwortung und Arbeitsbedingungen. Diese Faktoren wurden in den bestehenden Leitlinien der Union als wesentlich und ausreichend für die Bewertung der in einer Organisation ausgeführten Aufgaben ermittelt, unabhängig davon, zu welchem Wirtschaftszweig die Organisation gehört.

Da nicht alle Faktoren für eine bestimmte Position gleichermaßen relevant sind, sollte jeder der vier Faktoren vom Arbeitgeber nach Maßgabe der Relevanz dieser Kriterien für den jeweiligen Arbeitsplatz oder die betreffende Position gewichtet werden. Außerdem sollten, sofern relevant und gerechtfertigt, zusätzliche Kriterien berücksichtigt werden können. Gegebenenfalls sollte die Kommission bestehende Leitlinien der Union im Benehmen mit dem Europäischen Institut für Gleichstellungsfragen (EIGE) aktualisieren können.

(27)

Nationale Systeme zur Lohnfestlegung variieren und können auf Tarifverträgen und/oder vom Arbeitgeber beschlossenen Elementen beruhen. Diese Richtlinie hat keine Auswirkungen auf die unterschiedlichen nationalen Systeme zur Lohnfestlegung.

(28)

Die Ermittlung einer gültigen Vergleichsperson ist ein wichtiger Parameter für die Feststellung, ob Arbeit als gleichwertig betrachtet werden kann. Dies ermöglicht es Arbeitnehmern, nachzuweisen, dass sie schlechter behandelt wurden als eine Vergleichsperson eines anderen Geschlechts, die gleiche oder gleichwertige Arbeit verrichtet. Auf der Grundlage der durch die Definitionen der unmittelbaren und mittelbaren Diskriminierung gemäß der Richtlinie 2006/54/EG herbeigeführten Entwicklungen sollte in Situationen, in denen es keine reale Vergleichsperson gibt, der Rückgriff auf eine hypothetische Vergleichsperson erlaubt sein, um es Arbeitnehmern zu ermöglichen, nachzuweisen, dass sie nicht in gleicher Weise behandelt wurden wie eine hypothetische Vergleichsperson eines anderen Geschlechts behandelt worden wäre. Damit wäre ein großes Hindernis für potenzielle Opfer geschlechtsspezifischer Entgeltdiskriminierung beseitigt, insbesondere auf stark geschlechtsspezifisch segregierten Arbeitsmärkten, wo es aufgrund der Anforderung, eine Vergleichsperson des anderen Geschlechts zu finden, fast unmöglich ist, einen Anspruch auf gleiches Entgelt geltend zu machen.

Darüber hinaus sollten Arbeitnehmer nicht daran gehindert werden, andere Fakten, die eine mutmaßliche Diskriminierung vermuten lassen, wie Statistiken oder sonstige verfügbare Informationen, zu verwenden. Dadurch ließen sich geschlechtsspezifische Entgeltungleichheiten in geschlechtsspezifisch segregierten Sektoren und Berufen, besonders in von Frauen dominierten Bereichen wie dem Pflege- und Betreuungssektor, wirksamer bekämpfen.

(29)

Der Gerichtshof hat klargestellt, dass sich für die Bewertung, ob sich Arbeitnehmer in einer vergleichbaren Situation befinden, der Vergleich nicht notwendigerweise auf Situationen beschränkt, in denen Männer und Frauen für denselben Arbeitgeber arbeiten (9). Arbeitnehmer können sich in einer vergleichbaren Situation befinden, auch wenn sie nicht für denselben Arbeitgeber arbeiten, wenn die Entgeltbedingungen auf eine einheitliche Quelle zurückzuführen sind, die diese Bedingungen festlegt, und wenn diese Bedingungen gleich und vergleichbar sind. Dies kann der Fall sein, wenn die einschlägigen Entgeltbedingungen durch gesetzliche Bestimmungen oder Vereinbarungen geregelt werden, die sich auf für mehrere Arbeitgeber geltendes Entgelt beziehen, oder wenn die Bedingungen für mehr als eine Organisation oder mehr als einen Betrieb einer Holdinggesellschaft oder eines Konzerns zentral festgelegt werden. Darüber hinaus hat der Gerichtshof klargestellt, dass sich der Vergleich nicht auf Arbeitnehmer beschränkt, die gleichzeitig mit der klagenden Partei beschäftigt sind (10). Darüber hinaus sollte bei der Durchführung der eigentlichen Bewertung anerkannt werden, dass ein Unterschied beim Entgelt durch Faktoren erklärt werden kann, die nicht mit dem Geschlecht in Verbindung stehen.

(30)

Die Mitgliedstaaten sollten sicherstellen, dass Schulungen und spezifische Instrumente und Methoden zur Verfügung gestellt werden, um Arbeitgeber bei der Bewertung der Frage, was unter gleichwertiger Arbeit zu verstehen ist, zu unterstützen und anzuleiten. Dadurch sollte die Anwendung dieses Konzepts insbesondere für Kleinstunternehmen sowie kleine und mittlere Unternehmen erleichtert werden. Unter Berücksichtigung des nationalen Rechts, von Tarifverträgen und/oder Gepflogenheiten sollten die Mitgliedstaaten die Sozialpartner mit der Entwicklung spezifischer Instrumente und Methoden betrauen oder diese in Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern oder nach Anhörung der Sozialpartner entwickeln können.

(31)

Systeme zur beruflichen Einstufung und Arbeitsbewertung können zu geschlechtsspezifischer Entgeltdiskriminierung führen, wenn sie nicht geschlechtsneutral eingesetzt werden, insbesondere wenn sie von traditionellen Geschlechterstereotypen ausgehen. In solchen Fällen tragen sie zum Fortbestehen des Entgeltgefälles bei, indem sie die von Männern oder Frauen dominierten Berufe in Situationen, in denen die geleistete Arbeit gleichwertig ist, unterschiedlich bewerten. Werden hingegen geschlechtsneutrale Systeme zur Arbeitsbewertung und beruflichen Einstufung verwendet, tragen sie wirksam zur Schaffung eines transparenten Entgeltsystems bei und gewährleisten, dass unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts ausgeschlossen wird. Mit diesen Systemen wird mittelbare Entgeltdiskriminierung im Zusammenhang mit der Unterbewertung von Tätigkeiten, die üblicherweise von Frauen geleistet werden, erkannt. Dies geschieht durch die Messung und den Vergleich von Tätigkeiten, deren Inhalt zwar unterschiedlich, aber gleichwertig ist; dadurch unterstützen sie den Grundsatz des gleichen Entgelts.

(32)

Fehlende Informationen über die vorgesehene Entgeltspanne einer Stelle führen zu einer Informationsasymmetrie, die die Verhandlungsmacht von Stellenbewerbern einschränkt. Durch die Gewährleistung von Transparenz sollten potenzielle Arbeitnehmer in die Lage versetzt werden, eine fundierte Entscheidung über das erwartete Gehalt zu treffen, ohne jedoch die Verhandlungsmacht des Arbeitgebers oder Arbeitnehmers in irgendeiner Weise einzuschränken, um ein Gehalt auch außerhalb der angegebenen Spanne auszuhandeln. Transparenz würde zudem eine explizite und geschlechtsneutrale Grundlage für die Festlegung des Entgelts gewährleisten und die Unterbewertung des Entgelts im Vergleich zu Kompetenzen und Erfahrungen unterbinden. Transparenz würde auch gegen intersektionelle Diskriminierung vorgegangen werden, bei der intransparente Entgeltfestlegung diskriminierende Praktiken aus verschiedenen Diskriminierungsgründen zulässt. Stellenbewerber sollten Informationen über das Einstiegsentgelt oder dessen Spanne in einer Weise erhalten, dass fundierte und transparente Verhandlungen über das Entgelt gewährleistet werden, wie beispielsweise in einer veröffentlichten Stellenausschreibung, vor dem Vorstellungsgespräch oder andernfalls vor Abschluss eines Arbeitsvertrags. Die Informationen sollten vom Arbeitgeber oder auf andere Weise, z. B. durch die Sozialpartner, bereitgestellt werden.

(33)

Um das Fortbestehen des geschlechtsspezifischen Entgeltgefälles zu unterbinden, von dem einzelne Arbeitnehmer im Laufe der Zeit betroffen sind, sollten Arbeitgeber sicherstellen, dass Stellenausschreibungen und Berufsbezeichnungen geschlechtsneutral sind und Einstellungsverfahren auf nichtdiskriminierende Weise geführt werden, um das Recht auf gleiches Entgelt nicht zu unterminieren. Arbeitgebern sollte es nicht gestattet sein, sich nach dem aktuellen Entgelt oder der bisherigen Entgeltentwicklung eines Stellenbewerbers zu erkundigen oder proaktiv zu versuchen, Informationen darüber einzuholen.

(34)

Entgelttransparenzmaßnahmen sollten das Recht der Arbeitnehmer auf gleiches Entgelt schützen und gleichzeitig die Kosten und den Verwaltungsaufwand für Arbeitgeber so weit wie möglich begrenzen, wobei Kleinstunternehmen sowie kleinen und mittleren Unternehmen besondere Aufmerksamkeit zu widmen ist. Gegebenenfalls sollten die Maßnahmen auf die Arbeitgebergröße zugeschnitten sein; dabei ist die Mitarbeiterzahl zu berücksichtigen. Die Zahl der bei Arbeitgebern beschäftigten Arbeitnehmer, die als Kriterium dafür heranzuziehen ist, ob ein Arbeitgeber der Berichterstattung über das Entgelt gemäß dieser Richtlinie unterliegt, wird unter Berücksichtigung der Empfehlung 2003/361/EG der Kommission (11) über Kleinstunternehmen sowie kleine und mittlere Unternehmen festgelegt.

(35)

Arbeitgeber sollten Arbeitnehmern die Kriterien, die für die Festlegung ihrer Entgelthöhe und ihrer Entgeltentwicklung verwendet werden, zur Verfügung stellen. Die Entgeltentwicklung bezieht sich auf den Prozess des Übergangs eines Arbeitnehmers zu einer höheren Entgelthöhe. Kriterien für die Entgeltentwicklung können unter anderem individuelle Leistung, Kompetenzentwicklung und Dienstalter sein. Bei der Umsetzung dieser Verpflichtung sollten die Mitgliedstaaten besonders darauf achten, einen übermäßigen Verwaltungsaufwand für Kleinstunternehmen und kleine Unternehmen zu vermeiden. Die Mitgliedstaaten sollten als Minderungsmaßnahme auch gebrauchsfertige Vorlagen bereitstellen können, um Kleinstunternehmen und kleine Unternehmen bei der Erfüllung dieser Verpflichtung zu unterstützen. Die Mitgliedstaaten sollten Arbeitgeber, die Kleinstunternehmen oder kleine Unternehmen sind, von der Verpflichtung im Zusammenhang mit der Entgeltentwicklung befreien können, indem sie ihnen beispielsweise gestatten, die entsprechenden Kriterien auf Antrag der Arbeitnehmer zur Verfügung zu stellen.

(36)

Alle Arbeitnehmer sollten das Recht haben, auf Anfrage von ihrem Arbeitgeber Auskunft über ihre individuelle Entgelthöhe und — aufgeschlüsselt nach Geschlecht — über die durchschnittlichen Entgelthöhen für die Gruppe von Arbeitnehmern, die gleiche oder gleichwertige Arbeit wie sie selbst verrichten, zu erhalten. Sie sollten auch die Möglichkeit haben, die Auskünfte über Arbeitnehmervertreter oder eine Gleichbehandlungsstelle zu erhalten. Arbeitgeber sollten Arbeitnehmer jährlich über dieses Recht sowie über die Schritte, die zur Ausübung dieses Rechts unternommen werden müssen, informieren. Arbeitgeber können auch von sich aus solche Informationen bereitstellen, ohne dass die Arbeitnehmer sie anfordern müssen.

(37)

Mit dieser Richtlinie sollte sichergestellt werden, dass Menschen mit Behinderungen angemessenen Zugang zu den Informationen haben, die gemäß dieser Richtlinie für Stellenbewerber und Arbeitnehmer zur Verfügung gestellt werden. Solche Informationen sollten diesen Personen unter Berücksichtigung ihrer spezifischen Behinderungen in einem Format und mit der geeigneten Form der Hilfe und Unterstützung zur Verfügung gestellt werden, um Zugänglichkeit und Verständlichkeit der Informationen zu gewährleisten. Dies könnte die Darstellung von Informationen auf verständliche und wahrnehmbare Weise, in geeigneter Schriftgröße, mit ausreichendem Kontrast oder in der jeweiligen Behinderung angemessenen anderen Formaten umfassen. Gegebenenfalls findet die Richtlinie (EU) 2016/2102 des Europäischen Parlaments und des Rates (12) Anwendung.

(38)

Arbeitgeber mit mindestens 100 Arbeitnehmern sollten regelmäßig über das Entgelt Bericht erstatten, wie in dieser Richtlinie vorgesehen. Diese Informationen sollten von den Überwachungsstellen der Mitgliedstaaten auf angemessene und transparente Weise veröffentlicht werden. Arbeitgeber können diese Berichte beispielsweise auf ihrer Website veröffentlichen oder sie auf andere Weise öffentlich zugänglich machen, beispielsweise indem sie Informationen in ihre Lageberichte, gegebenenfalls in den Lagebericht, der gemäß der Richtlinie 2013/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rates (13) erstellt wird, aufnehmen. Arbeitgeber, die den Anforderungen jener Richtlinie unterliegen, können in ihrem Lagebericht zusammen mit anderen beschäftigungsbezogenen Angelegenheiten auch über das Entgelt Bericht erstatten. Um die Entgelttransparenz in Bezug auf die Arbeitnehmer zu maximieren, können die Mitgliedstaaten die Berichterstattungsfrequenz erhöhen oder für Arbeitgeber mit weniger als 100 Arbeitnehmern eine regelmäßige Berichterstattung über das Entgelt vorschreiben.

(39)

Die Berichterstattung über das Entgelt sollte es den Arbeitgebern ermöglichen, ihre Entgeltstrukturen und ihre Entgeltpolitik zu bewerten und zu überwachen und so den Grundsatz des gleichen Entgelts proaktiv einzuhalten. Die Berichterstattung und gemeinsame Entgeltbewertungen tragen dazu bei, für geschlechtsspezifische Verzerrungen in den Entgeltstrukturen und für Entgeltdiskriminierung zu sensibilisieren und tragen dazu bei, solche Verzerrungen und Diskriminierung wirksam und systematisch zu bekämpfen, was allen Arbeitnehmern desselben Arbeitgebers zugutekommt. Gleichzeitig sollten die nach Geschlecht aufgeschlüsselten Daten die zuständigen Behörden, Arbeitnehmervertreter und andere Interessenträger dabei unterstützen, das geschlechtsspezifische Entgeltgefälle in allen Sektoren (horizontale Segregation) und Funktionen (vertikale Segregation) zu überwachen. Die Arbeitgeber möchten die veröffentlichten Daten möglicherweise durch eine Erläuterung etwaiger geschlechtsspezifischer Entgeltunterschiede oder Entgeltgefälle ergänzen. Wenn Unterschiede beim durchschnittlichen Entgelt bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit zwischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern nicht durch objektive, geschlechtsneutrale Faktoren gerechtfertigt sind, sollte der Arbeitgeber Maßnahmen ergreifen, um die Ungleichheiten zu beseitigen.

(40)

Um die Belastung für Arbeitgeber zu verringern, könnten die Mitgliedstaaten die erforderlichen Daten über ihre nationalen Verwaltungen erheben und miteinander verknüpfen, damit das Entgeltgefälle zwischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern je Arbeitgeber berechnet werden kann. Eine solche Datenerfassung kann die Verknüpfung von Daten mehrerer öffentlicher Verwaltungen, wie z. B. Finanzaufsichtsbehörden und Sozialversicherungsstellen, erfordern und wäre möglich, wenn Verwaltungsdaten zur Verfügung stehen, um die Daten der Arbeitgeber auf Betriebs- oder Organisationsebene mit den Daten der Arbeitnehmer auf individueller Ebene, einschließlich Geld- und Sachleistungen, abzugleichen. Die Mitgliedstaaten könnten diese Informationen nicht nur für diejenigen Arbeitgeber einholen, die der Pflicht zur Entgeltberichterstattung nach dieser Richtlinie unterliegen, sondern auch für Arbeitgeber, die nicht der Pflicht zur Entgeltberichterstattung unterliegen und die freiwillig Bericht erstatten. Die Veröffentlichung der erforderlichen Informationen durch die Mitgliedstaaten sollte die Arbeitgeber, die von den Verwaltungsdaten erfasst sind, von der Pflicht zur Entgeltberichterstattung entbinden, sofern das mit der Berichtspflicht angestrebte Ergebnis erreicht wird.

(41)

Um die Informationen über das geschlechtsspezifische Entgeltgefälle auf der Organisationsebene allgemein zugänglich zu machen, sollten die Mitgliedstaaten die gemäß dieser Richtlinie benannte Überwachungsstelle damit beauftragen, die von den Arbeitgebern erhaltenen Daten zum Entgeltgefälle zu sammeln, ohne letztere zusätzlich zu belasten. Die Überwachungsstelle sollte diese Daten unter anderem auf einer leicht zugänglichen Website veröffentlichen, damit die Daten der einzelnen Arbeitgeber, Sektoren und Regionen des betreffenden Mitgliedstaats verglichen werden können.

(42)

Die Mitgliedstaaten können Arbeitgeber, die nicht den Berichterstattungspflichten gemäß dieser Richtlinie unterliegen, und die freiwillig über das Entgelt berichten, beispielsweise mittels eines Entgelttransparenzsiegels Anerkennung bieten, im Hinblick darauf, bewährte Verfahren in Bezug auf die in dieser Richtlinie festgelegten Rechte und Pflichten zu fördern.

(43)

Gemeinsame Entgeltbewertungen sollten bei Entgeltungleichheiten in Organisationen mit mindestens 100 Arbeitnehmern eine Überprüfung und Überarbeitung der Entgeltstrukturen auslösen. Die gemeinsame Entgeltbewertung sollte durchgeführt werden, wenn Arbeitgeber und die betroffenen Arbeitnehmervertreter sich nicht darüber einig sind, dass ein Unterschied bei der durchschnittlichen Entgelthöhe von mindestens 5 % zwischen Frauen und Männern in einer bestimmten Gruppe von Arbeitnehmern durch objektive und geschlechtsneutrale Kriterien gerechtfertigt werden kann, wenn der Arbeitgeber eine solche Rechtfertigung nicht vorlegt oder wenn der Arbeitgeber einen solchen Unterschied der Entgelthöhe innerhalb von sechs Monaten nach dem Tag der Vorlage der Entgeltberichterstattung nicht korrigiert hat. Die gemeinsame Entgeltbewertung sollte von Arbeitgebern in Zusammenarbeit mit Arbeitnehmervertretern durchgeführt werden. Gibt es keine Arbeitnehmervertreter, so sollten sie für den Zweck der gemeinsamen Entgeltbewertung von den Arbeitnehmern benannt werden. Gemeinsame Entgeltbewertungen sollten innerhalb einer angemessenen Frist dazu führen, dass geschlechtsspezifische Entgeltdiskriminierungen beseitigt werden, indem Abhilfemaßnahmen angenommen werden.

(44)

Jegliche Verarbeitung oder Veröffentlichung von Informationen im Rahmen dieser Richtlinie sollte der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates (14) entsprechen. Es sollten spezifische Sicherheitsvorkehrungen hinzugefügt werden, um eine direkte oder indirekte Offenlegung von Informationen über einen identifizierbaren Arbeitnehmer zu verhindern. Arbeitnehmer sollten nicht daran gehindert werden, ihr Entgelt freiwillig offenzulegen, um den Grundsatz des gleichen Entgelts durchzusetzen.

(45)

Es ist wichtig, dass die Sozialpartner Fragen des gleichen Entgelts in Tarifverhandlungen erörtern und ihnen besondere Aufmerksamkeit widmen. Die verschiedenen Merkmale des nationalen sozialen Dialogs und der Tarifverhandlungssysteme in der Union, die Autonomie und Vertragsfreiheit der Sozialpartner sowie ihre Eigenschaft als Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertreter sollten berücksichtigt werden. Daher sollten die Mitgliedstaaten im Einklang mit ihrem nationalen System und ihrer nationalen Praxis geeignete Maßnahmen ergreifen, um die Sozialpartner zu ermutigen, Fragen des gleichen Entgelts gebührend zu berücksichtigen; dazu könnten auch Diskussionen auf der geeigneten Ebene der Tarifverhandlungen, Maßnahmen, um die Ausübung des Rechts auf Tarifverhandlungen in Bezug auf die betreffenden Angelegenheiten anzuregen und ungebührliche Einschränkungen dieses Rechts zu beseitigen, und die Entwicklung geschlechtsneutraler Systeme zur Arbeitsbewertung und Einstufung gehören.

(46)

Allen Arbeitnehmern sollten die erforderlichen Verfahren zur Verfügung stehen, die ihnen das Recht auf Zugang zur Justiz gewähren. Nationale Rechtsvorschriften, die die Inanspruchnahme der Schlichtung oder der Einschaltung einer Gleichbehandlungsstelle verbindlich vorsehen oder mit Anreizen oder Sanktionen versehen, sollten die Parteien nicht daran hindern, ihr Recht auf Zugang zu den Gerichten wahrzunehmen.

(47)

Die Einbindung von Gleichbehandlungsstellen zusätzlich zu anderen Interessenträgern trägt maßgeblich zur wirksamen Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts bei. Die Befugnisse und Mandate der nationalen Gleichbehandlungsstellen sollten daher angemessen sein, um geschlechtsspezifische Entgeltdiskriminierung, einschließlich der Entgelttransparenz oder sonstiger in dieser Richtlinie festgelegten Rechte und Pflichten, vollständig abzudecken. Um die verfahrenstechnischen und kostenbedingten Hindernisse zu überwinden, mit denen Arbeitnehmer beim Versuch, ihr Recht auf gleiches Entgelt wahrzunehmen, konfrontiert sind, sollten Gleichbehandlungsstellen sowie Verbände, Organisationen, und Arbeitnehmervertreter oder andere Rechtspersonen mit einem Interesse an der Gewährleistung der Gleichstellung von Männern und Frauen die Möglichkeit haben, Einzelpersonen zu vertreten. Sie sollten Arbeitnehmer helfen können, indem sie in deren Namen oder zu ihrer Unterstützung handeln; dies würde es Arbeitnehmern, die Opfer von Diskriminierung geworden sind, ermöglichen, bei mutmaßlicher Verletzung ihrer Rechte und mutmaßlichem Verstoß gegen den Grundsatz des gleichen Entgelts ihre Ansprüche wirksam geltend zu machen.

(48)

Die Geltendmachung von Ansprüchen im Namen oder zur Unterstützung mehrerer Arbeitnehmer ist eine Möglichkeit, Verfahren zu erleichtern, die andernfalls aufgrund von verfahrenstechnischen und finanziellen Hindernissen oder der Furcht vor Viktimisierung nicht eingeleitet würden. Auch wenn Arbeitnehmer Mehrfachdiskriminierungen ausgesetzt sind, die schwer voneinander zu trennen sind, können Verfahren auf diese Weise erleichtert werden. Sammelklagen haben das Potenzial, systemische Diskriminierung aufzudecken und das Recht auf gleiches Entgelt und die Gleichstellung der Geschlechter in der Gesellschaft insgesamt sichtbar zu machen. Die Möglichkeit des kollektiven Rechtsschutzes könnte die proaktive Einhaltung von Maßnahmen zur Entgelttransparenz fördern, Gruppendruck schaffen, das Bewusstsein und die Bereitschaft der Arbeitgeber, präventiv zu handeln, erhöhen und den systemischen Charakter der Entgeltdiskriminierung angehen. Die Mitgliedstaaten können beschließen, Qualifikationskriterien für die Vertreter von Arbeitnehmern in Gerichtsverfahren in Bezug auf Ansprüche auf gleiches Entgelt festzulegen, um sicherzustellen, dass solche Vertreter ausreichend qualifiziert sind.

(49)

Die Mitgliedstaaten sollten dafür sorgen, dass Gleichbehandlungsstellen über ausreichende Mittel verfügen, damit sie ihre Aufgaben im Zusammenhang mit geschlechtsspezifischer Entgeltdiskriminierung wirksam und angemessen wahrnehmen können. Werden die Aufgaben mehr als einer Stelle übertragen, so sollten die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass diese sich in ausreichendem Maße koordinieren. Dies umfasst zum Beispiel Beträge aus erhobenen Geldbußen den Gleichbehandlungsstellen zuzuweisen, damit diese ihre Aufgaben im Zusammenhang mit der Durchsetzung des Rechts auf gleiches Entgelt wirksam wahrnehmen können; dazu gehört auch, Ansprüche aufgrund von Entgeltdiskriminierung geltend zu machen oder Opfer bei der Geltendmachung solcher Ansprüche zu unterstützen.

(50)

Gemäß der Rechtsprechung des Gerichtshofs sollte der Schadensersatz den Schaden, der durch geschlechtsspezifische Entgeltdiskriminierung entstanden ist, vollständig decken (15). Dazu gehören vollständige Entgeltnachzahlungen und Nachzahlungen damit verbundener Prämien oder Sachleistungen sowie den Schadensersatz für entgangene Chancen, wie Zugang zu bestimmten Leistungen je nach Entgelthöhe, und für immateriellen Schaden, wie beispielsweise erlittenes Leid aufgrund der Unterbewertung der geleisteten Arbeit. Beim Schadensersatz kann gegebenenfalls eine geschlechtsspezifische Entgeltdiskriminierung, die sich mit Diskriminierung in Bezug auf andere Schutzgründe überschneidet, berücksichtigt werden. Die Mitgliedstaaten sollten keine vorab festgelegte Obergrenze für einen solchen Schadensersatz einführen.

(51)

Neben dem Schadensersatz sollten auch andere Abhilfemaßnahmen vorgesehen werden. Die zuständigen Behörden oder die nationalen Gerichte sollten beispielsweise einen Arbeitgeber anweisen können, strukturelle oder organisatorische Maßnahmen zu ergreifen, damit er seinen Pflichten im Bereich des gleichen Entgelts nachkommt. Zu diesen Maßnahmen kann zum Beispiel die Pflicht gehören, das Verfahren zur Entgeltfestlegung auf der Grundlage einer geschlechtsneutralen Bewertung und Einstufung zu überprüfen; einen Aktionsplan zu erstellen, um die festgestellten Diskrepanzen zu beseitigen und ungerechtfertigte Entgeltgefälle abzubauen; die Arbeitnehmer über ihr Recht auf gleiches Entgelt zu informieren und dafür zu sensibilisieren sowie eine obligatorische Schulung des für Humanressourcen verantwortlichen Personals in Fragen des gleichen Entgelts und der geschlechtsneutralen Arbeitsbewertung und Einstufung einzuführen.

(52)

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs (16) enthält die Richtlinie 2006/54/EG Bestimmungen, um sicherzustellen, dass die Beweislast auf den die beklagte Partei verlagert wird, wenn die Vermutung einer Diskriminierung besteht. Dennoch ist es für die Opfer und die Gerichte nicht immer einfach, zu wissen, wie sie selbst diese Vermutung begründen können. In der Rechtssache C-109/88 kam der Gerichtshof zu dem Schluss, dass die Beweislast auf die beklagte Partei verlagert werden sollte, wenn ein Entgeltsystem angewandt wird, dem jede Durchschaubarkeit fehlt, ohne dass der Arbeitnehmer die Vermutung einer Entgeltdiskriminierung belegen muss. Entsprechend sollte die Beweislast auf die beklagte Partei verlagert werden, wenn ein Arbeitgeber die in dieser Richtlinie festgelegten Verpflichtungen zur Entgelttransparenz nicht erfüllt, beispielsweise indem er sich weigert, von den Arbeitnehmern angeforderte Informationen bereitzustellen, oder gegebenenfalls nicht über das geschlechtsspezifische Entgeltgefälle Bericht erstattet, es sei denn, der Arbeitgeber weist nach, dass ein solcher Verstoß offensichtlich unbeabsichtigt und geringfügig war.

(53)

Nationale Vorschriften über die Verjährungsfristen in Bezug auf das Geltendmachen von Ansprüchen betreffend mutmaßliche Verletzungen der gemäß dieser Richtlinie bestehenden Rechte sollten gemäß der Rechtsprechung des Gerichtshofs so gestaltet sein, dass sie die Ausübung dieser Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren. Verjährungsfristen schaffen spezifische Hindernisse für Opfer geschlechtsspezifischer Entgeltdiskriminierung. Zu diesem Zweck sollten gemeinsame Mindeststandards festgelegt werden. Darin sollte festgelegt sein, wann die Verjährungsfrist beginnt, wie lange sie dauert und unter welchen Umständen eine Hemmung oder Unterbrechung der Frist eintritt, und vorgesehen werden, dass die Verjährungsfrist für die Geltendmachung von Ansprüchen mindestens drei Jahre beträgt. Die Verjährungsfristen sollten nicht beginnen, bevor die klagende Partei Kenntnis von dem Verstoß hat oder diese Kenntnis vernünftigerweise von ihm erwartet werden kann. Die Mitgliedstaaten sollten beschließen können, dass die Verjährungsfrist nicht beginnt, solange der Verstoß weiter besteht, oder dass sie nicht vor Beendigung des Arbeitsvertrags oder des Beschäftigungsverhältnisses beginnt.

(54)

Die Kosten eines Rechtsstreits stellen ein schwerwiegendes Hindernis für Opfer geschlechtsspezifischer Entgeltdiskriminierung dar, Ansprüche aufgrund mutmaßlicher Verletzungen ihres Rechts auf gleiches Entgelt geltend zu machen, was zu unzureichendem Schutz für Arbeitnehmer und zu einer unzureichenden Durchsetzung des Rechts auf gleiches Entgelt führt. Um dieses wesentliche Verfahrenshindernis auf dem Weg zur Gerechtigkeit zu beseitigen, sollten die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass die nationalen Gerichte bewerten können, ob eine unterlegene klagende Partei berechtigte Gründe hatte, den Anspruch geltend zu machen, und, wenn dies so ist, anordnen zu können, dass die unterlegene klagende Partei die Kosten des Verfahrens nicht tragen muss. Dies sollte insbesondere dann gelten, wenn eine obsiegende beklagte Partei die in dieser Richtlinie festgelegten Entgelttransparenzpflichten nicht erfüllt hat.

(55)

Die Mitgliedstaaten sollten wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Sanktionen für Verstöße gegen nationale Vorschriften zur Umsetzung dieser Richtlinie oder gegen nationale Vorschriften vorsehen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Richtlinie bereits in Kraft sind und sich auf das Recht auf gleiches Entgelt beziehen. Diese Sanktionen sollten Geldbußen umfassen, die auf dem Bruttojahresumsatz des Arbeitgebers oder der Gesamtentgeltsumme des Arbeitgebers beruhen könnten. Sonstigen erschwerenden oder mildernden Umständen des Einzelfalls, beispielsweise wenn Entgeltdiskriminierung aufgrund des Geschlechts mit Diskriminierung in Bezug auf andere Schutzgründe verbunden ist, sollte Rechnung getragen werden. Es liegt an den Mitgliedstaaten, festzulegen, für welche Verletzungen der Rechte und Pflichten im Zusammenhang mit gleichem Entgelt bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit Geldbußen die angemessenste Form der Sanktionierung darstellen.

(56)

Die Mitgliedstaaten sollten spezifische Sanktionen für wiederholte Verletzungen von Rechten oder Pflichten in Bezug auf das gleiche Entgelt für Männer und Frauen bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit festlegen, um der Schwere der Handlung Rechnung zu tragen und diese Verletzungen weiter zu verhindern. Solche Sanktionen könnten verschiedene Arten finanzieller Negativanreize umfassen, wie den Entzug öffentlicher Zuwendungen oder den Ausschluss von sonstigen finanziellen Anreizen oder öffentlichen Ausschreibungen für einen bestimmten Zeitraum.

(57)

Die sich aus dieser Richtlinie ergebenden Pflichten der Arbeitgeber sind Teil der geltenden umwelt-, sozial- und arbeitsrechtlichen Verpflichtungen, deren Einhaltung die Mitgliedstaaten gemäß den Richtlinien 2014/23/EU (17), 2014/24/EU (18) und 2014/25/EU (19) des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf die Teilnahme an Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge zu gewährleisten haben. Um diese Pflichten für Arbeitgeber in Bezug auf das Recht auf gleiches Entgelt zu erfüllen, sollten die Mitgliedstaaten daher insbesondere sicherstellen, dass Wirtschaftsteilnehmer bei der Ausführung eines öffentlichen Auftrags oder einer Konzession über Verfahren zur Entgeltfestlegung verfügen, die nicht zu einem geschlechtsspezifischen Entgeltgefälle zwischen Arbeitnehmern innerhalb einer Gruppe von Arbeitnehmern, die gleiche oder gleichwertige Arbeit verrichten, führen, das sich nicht durch geschlechtsneutrale Faktoren rechtfertigen lässt. Außerdem sollten die Mitgliedstaaten in Erwägung ziehen, öffentliche Auftraggeber zu verpflichten, gegebenenfalls Sanktionen und Kündigungsbedingungen einzuführen, um die Wahrung des Grundsatzes des gleichen Entgelts bei der Ausführung von öffentlichen Verträgen und Konzessionen zu gewährleisten. Den Vertragsparteien sollte es auch möglich sein, die Nichteinhaltung des Grundsatzes des gleichen Entgelts durch den Bieter oder einen seiner Unterauftragnehmer berücksichtigen, wenn sie erwägen, Ausschlussgründe anzuwenden oder beschließen, dem Bieter, der das wirtschaftlich günstigste Angebot einreicht, den Zuschlag nicht zu erteilen.

(58)

Die wirksame Umsetzung des Rechts auf gleiches Entgelt erfordert einen angemessenen verwaltungsrechtlichen und gerichtlichen Schutz vor Benachteiligungen als Reaktion auf den Versuch von Arbeitnehmern, dieses Recht wahrzunehmen, als Reaktion auf eine Beschwerde beim Arbeitgeber, oder als Reaktion auf ein Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren zur Durchsetzung der Einhaltung dieses Rechts. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs (20) sollte die Kategorie der Arbeitnehmer, die unter den vorgesehenen Schutz fallen, weit verstanden werden und alle Arbeitnehmer umfassen, gegen die ein Arbeitgeber als Reaktion auf eine wegen Diskriminierung aufgrund des Geschlechts eingereichte Beschwerde Vergeltungsmaßnahmen ergreifen kann. Der Schutz ist nicht auf Arbeitnehmer, die eine Beschwerde eingereicht haben, oder auf ihre Vertreter oder auf die Personen beschränkt, die bestimmte Formerfordernisse einhalten, von denen die Anerkennung eines bestimmten Status, wie dem eines Zeugen, abhängig gemacht wird.

(59)

Um die Durchsetzung des Grundsatzes des gleichen Entgelts zu verbessern, sollten mit dieser Richtlinie die bestehenden Durchsetzungsinstrumente und -verfahren in Bezug auf die Rechte und Pflichten nach dieser Richtlinie und die Bestimmungen über gleiches Entgelt gemäß der Richtlinie 2006/54/EG gestärkt werden.

(60)

In der vorliegenden Richtlinie werden Mindestanforderungen festgelegt, womit dem Vorrecht der Mitgliedstaaten, für Arbeitnehmer günstigere Bestimmungen einzuführen und beizubehalten, Rechnung getragen wird. Gemäß dem derzeitigen Rechtsrahmen erworbene Ansprüche sollten weiterhin gelten, es sei denn, durch diese Richtlinie werden für Arbeitnehmer günstigere Bestimmungen eingeführt. Die Umsetzung dieser Richtlinie darf weder dazu genutzt werden, bestehende Rechte abzubauen, die in vorhandenem Unionsrecht oder nationalem Recht in diesem Bereich festgelegt sind, noch darf sie als Rechtfertigung dafür dienen, die Rechte der Arbeitnehmer in Bezug auf den Grundsatz des gleichen Entgelts einzuschränken.

(61)

Um eine angemessene Überwachung der Umsetzung des Rechts auf gleiches Entgelt sicherzustellen, sollten die Mitgliedstaaten eigens eine Überwachungsstelle einrichten oder benennen. Diese Stelle, die in eine bestehende Stelle mit ähnlichen Zielen integriert werden können sollte, sollte spezifische Aufgaben im Zusammenhang mit der Umsetzung der Maßnahmen zur Entgelttransparenz nach dieser Richtlinie haben und bestimmte Daten zur Überwachung von Entgeltungleichheiten und Auswirkungen der Maßnahmen zur Entgelttransparenz erfassen. Die Mitgliedstaaten sollten mehr als eine Stelle benennen können, sofern die in dieser Richtlinie vorgesehenen Überwachungs- und Analysefunktionen von einer zentralen Stelle wahrgenommen werden.

(62)

Die Erstellung nach Geschlecht aufgeschlüsselter Lohnstatistiken und die Bereitstellung genauer und vollständiger Statistiken für die Kommission (Eurostat) sind für die Analyse und Überwachung von Veränderungen beim geschlechtsspezifischen Entgeltgefälle auf Unionsebene von maßgeblicher Bedeutung. Nach der Verordnung (EG) Nr. 530/1999 des Rates (21) sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, alle vier Jahre eine Statistik über die Struktur der Verdienste auf Mikroebene zu erstellen, die harmonisierte Daten zur Berechnung des geschlechtsspezifischen Entgeltgefälles liefern. Jährliche qualitativ hochwertige Statistiken könnten die Transparenz erhöhen und die Überwachung und Sensibilisierung für geschlechtsspezifische Entgeltungleichheiten verbessern. Die Verfügbarkeit und Vergleichbarkeit solcher Daten ist entscheidend für die Bewertung von Entwicklungen, sowohl auf nationaler Ebene als auch unionsweit. An die Kommission (Eurostat) übermittelte einschlägige Statistiken sollten für statistische Zwecke im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 223/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates (22) gesammelt werden.

(63)

Da die Ziele dieser Richtlinie, nämlich eine bessere und wirksamere Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts durch die Festlegung gemeinsamer Mindestanforderungen, die für alle Unternehmen und Organisationen in der gesamten Union gelten sollten, von den Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden können, sondern vielmehr wegen ihres Umfangs und ihrer Wirkungen auf Unionsebene besser zu verwirklichen sind, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union verankerten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Richtlinie, die sich auf die Festlegung von Mindeststandards beschränkt, nicht über das für die Verwirklichung dieser Ziele erforderliche Maß hinaus.

(64)

Die Sozialpartner spielen eine entscheidende Rolle bei der Gestaltung der Art und Weise, wie Maßnahmen zur Entgelttransparenz in den Mitgliedstaaten umgesetzt werden, insbesondere in den Mitgliedstaaten mit einer hohen Tarifbindung. Die Mitgliedstaaten sollten daher die Möglichkeit haben, die Sozialpartner mit der vollständigen oder teilweisen Durchführung dieser Richtlinie zu betrauen, sofern die Mitgliedstaaten alle erforderlichen Maßnahmen treffen, um sicherzustellen, dass die mit dieser Richtlinie angestrebten Ergebnisse jederzeit gewährleistet sind.

(65)

Bei der Umsetzung dieser Richtlinie sollten die Mitgliedstaaten verwaltungsrechtliche, finanzielle oder rechtliche Auflagen vermeiden, die der Gründung und dem Ausbau von Kleinstunternehmen sowie kleinen oder mittleren Unternehmen entgegenstehen würden. Die Mitgliedstaaten sollten daher die Auswirkungen ihrer Umsetzungsmaßnahmen auf Kleinstunternehmen sowie kleine und mittlere Unternehmen prüfen, um sicherzustellen, dass diese Unternehmen nicht unverhältnismäßig beeinträchtigt werden — wobei besonderes Augenmerk auf Kleinstunternehmen zu richten ist —, den Verwaltungsaufwand zu verringern und die Ergebnisse dieser Prüfung zu veröffentlichen.

(66)

Der Europäische Datenschutzbeauftragte wurde gemäß Artikel 42 der Verordnung (EU) 2018/1725 des Europäischen Parlaments und des Rates (23) angehört und hat am 27. April 2021 eine Stellungnahme abgegeben —

HABEN FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

KAPITEL I

ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN

Artikel 1

Gegenstand

Diese Richtlinie enthält Mindestanforderungen zur Stärkung der Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit für Männer und Frauen (im Folgenden „Grundsatz des gleichen Entgelts“) nach Artikel 157 AEUV und des Diskriminierungsverbots nach Artikel 4 der Richtlinie 2006/54/EG, insbesondere durch Entgelttransparenz und verstärkte Durchsetzungsmechanismen.

Artikel 2

Geltungsbereich

(1)   Diese Richtlinie gilt für Arbeitgeber in öffentlichen und privaten Sektoren.

(2)   Diese Richtlinie gilt für alle Arbeitnehmer, die gemäß den in dem jeweiligen Mitgliedstaat geltenden Rechtsvorschriften, Tarifverträgen und/oder Gepflogenheiten einen Arbeitsvertrag haben oder in einem Beschäftigungsverhältnis stehen, wobei die Rechtsprechung des Gerichthofs zu berücksichtigen ist.

(3)   Für die Zwecke von Artikel 5 gilt diese Richtlinie für Stellenbewerber.

Artikel 3

Begriffsbestimmungen

(1)   Für die Zwecke dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck

a)

„Entgelt“ die üblichen Grund- oder Mindestlöhne und -gehälter sowie alle sonstigen Vergütungen, die ein Arbeitgeber aufgrund des Dienstverhältnisses einem Arbeitnehmer unmittelbar oder mittelbar (ergänzende oder variable Bestandteile) als Geld- oder Sachleistung zahlt;

b)

„Entgelthöhe“ das Bruttojahresentgelt und das entsprechende Bruttostundenentgelt;

c)

„geschlechtsspezifisches Entgeltgefälle“ die Differenz zwischen den durchschnittlichen Entgelthöhen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern eines Arbeitgebers, ausgedrückt als Prozentsatz der durchschnittlichen Entgelthöhe männlicher Arbeitnehmer;

d)

„Median-Entgelthöhe“ die Entgelthöhe, von der aus die Zahl der Arbeitnehmer eines Arbeitgebers, die mehr verdienen, gleich groß ist wie die der Arbeitnehmer dieses Arbeitgebers, die weniger verdienen;

e)

„mittleres geschlechtsspezifisches Entgeltgefälle“ die Differenz zwischen der Median-Entgelthöhe von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern eines Arbeitgebers, ausgedrückt als Prozentsatz der Median-Entgelthöhe männlicher Arbeitnehmer;

f)

„Entgeltquartil“ jede der vier gleich großen Gruppen von Arbeitnehmern, in die sie gemäß ihrer jeweiligen Entgelthöhen in aufsteigender Folge unterteilt werden;

g)

„gleichwertige Arbeit“ Arbeit, die gemäß nichtdiskriminierenden und objektiven geschlechtsneutralen Kriterien nach Maßgabe von Artikel 4 Absatz 4 als gleichwertig gilt;

h)

„Gruppe von Arbeitnehmern“ Arbeitnehmer, die gleiche oder gleichwertige Arbeit verrichten und die auf nicht willkürliche Weise auf der Grundlage nichtdiskriminierender und objektiver geschlechtsneutraler Kriterien nach Maßgabe von Artikel 4 Absatz 4 von ihrem Arbeitgeber und, gegebenenfalls, in Zusammenarbeit mit den Arbeitnehmervertretern im Einklang mit nationalen Rechtsvorschriften und/oder Gepflogenheiten, entsprechend eingeteilt werden;

i)

„unmittelbare Diskriminierung“ eine Situation, in der eine Person aufgrund ihres Geschlechts eine weniger günstige Behandlung erfährt als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde;

j)

„mittelbare Diskriminierung“ eine Situation, in der dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen des einen Geschlechts in besonderer Weise gegenüber Personen des anderen Geschlechts benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich;

k)

„Arbeitsaufsichtsbehörde“ die Stelle(n), die im Einklang mit nationalen Rechtsvorschriften und/oder Gepflogenheiten für Kontroll- und Aufsichtsfunktionen auf dem Arbeitsmarkt zuständig ist bzw. sind, mit der Ausnahme, dass die Sozialpartner diese Funktionen ausüben können, wenn das nationale Recht dies vorsieht;

l)

„Gleichbehandlungsstelle“ die gemäß Artikel 20 der Richtlinie 2006/54/EG benannte(n) Stelle(n);

m)

„Arbeitnehmervertreter“ Arbeitnehmervertreter im Einklang mit den nationalen Rechtsvorschriften und/oder Gepflogenheiten.

(2)   Im Sinne dieser Richtlinie umfasst Diskriminierung:

a)

Belästigung und sexuelle Belästigung im Sinne von Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe a der Richtlinie 2006/54/EG sowie jede ungünstigere Behandlung aufgrund der Zurückweisung oder Duldung solcher Verhaltensweisen durch die betreffende Person, wenn sich diese Belästigung oder Behandlung auf die Ausübung der in dieser Richtlinie vorgesehenen Rechte bezieht oder sich daraus ergibt;

b)

jegliche Anweisung zur Diskriminierung einer Person aufgrund des Geschlechts;

c)

jegliche ungünstigere Behandlung im Zusammenhang mit Schwangerschaft oder Mutterschaftsurlaub im Sinne der Richtlinie 92/85/EWG des Rates (24);

d)

jegliche ungünstigere Behandlung im Sinne der Richtlinie (EU) 2019/1158 des Europäischen Parlaments und des Rates (25) aufgrund des Geschlechts, einschließlich im Zusammenhang mit Vaterschaftsurlaub, Elternurlaub oder Urlaub für pflegende Angehörige;

e)

intersektionelle Diskriminierung, das heißt Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, kombiniert mit einer Diskriminierung in Bezug auf einen oder mehrere andere Schutzgründe nach Maßgabe der Richtlinie 2000/43/EG oder der Richtlinie 2000/78/EG.

(3)   Aus Absatz 2 Buchstabe e erwachsen Arbeitgebern keine zusätzlichen Pflichten, Daten nach Maßgabe dieser Richtlinie in Bezug auf andere Schutzgründe als das Geschlecht zu erheben.

Artikel 4

Gleiche Arbeit und gleichwertige Arbeit

(1)   Die Mitgliedstaaten ergreifen die notwendigen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass Arbeitgeber über Vergütungsstrukturen verfügen, durch die gleiches Entgelt bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit gewährleistet wird.

(2)   Die Mitgliedstaaten ergreifen — im Benehmen mit Gleichbehandlungsstellen — die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass Instrumente oder Methoden zur Analyse als Unterstützung und Orientierung bei Bewertungen und Vergleichen des Werts der Arbeit im Einklang mit den in diesem Artikel festgelegten Kriterien verfügbar gemacht werden und leicht zugänglich sind. Diese Instrumente oder Methoden müssen es Arbeitgebern und/oder den Sozialpartnern ermöglichen, leicht Systeme zur geschlechtsneutralen Arbeitsbewertung und beruflichen Einstufung einzurichten und zu verwenden, mit denen jegliche Entgeltdiskriminierung aufgrund des Geschlechts ausgeschlossen wird.

(3)   Gegebenenfalls kann die Kommission, im Benehmen mit dem Europäischen Institut für Gleichstellungsfragen (EIGE), unionsweite Leitlinien in Bezug auf Systeme zur geschlechtsneutralen Arbeitsbewertung und beruflichen Einstufung aktualisieren.

(4)   Entgeltstrukturen sind so beschaffen, dass anhand objektiver, geschlechtsneutraler und mit den Arbeitnehmervertretern vereinbarter Kriterien, sofern es solche Vertreter gibt, beurteilt werden kann, ob sich die Arbeitnehmer im Hinblick auf den Wert der Arbeit in einer vergleichbaren Situation befinden. Diese Kriterien dürfen weder in unmittelbarem noch in mittelbarem Zusammenhang mit dem Geschlecht der Arbeitnehmer stehen. Sie umfassen Kompetenzen, Belastungen, Verantwortung und Arbeitsbedingungen und gegebenenfalls etwaige weitere Faktoren, die für den konkreten Arbeitsplatz oder die konkrete Position relevant sind. Sie werden auf objektive, geschlechtsneutrale Weise angewandt, wobei jede unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts ausgeschlossen wird. Insbesondere dürfen relevante soziale Kompetenzen dabei nicht unterbewertet werden.

KAPITEL II

ENTGELTTRANSPARENZ

Artikel 5

Entgelttransparenz vor der Beschäftigung

(1)   Stellenbewerber haben das Recht, vom künftigen Arbeitgeber Informationen über Folgendes zu erhalten:

a)

das auf objektiven, geschlechtsneutralen Kriterien beruhende Einstiegsentgelt für die betreffende Stelle oder dessen Spanne; und

b)

gegebenenfalls die einschlägigen Bestimmungen des Tarifvertrags, den der Arbeitgeber in Bezug auf die Stelle anwendet.

Diese Informationen sind in einer Weise bereitzustellen, dass fundierte und transparente Verhandlungen über das Entgelt gewährleistet werden, wie beispielsweise in einer veröffentlichten Stellenausschreibung, vor dem Vorstellungsgespräch oder auf andere Weise.

(2)   Der Arbeitgeber darf Bewerber nicht nach ihrer Entgeltentwicklung in ihren laufenden oder früheren Beschäftigungsverhältnissen befragen.

(3)   Arbeitgeber stellen sicher, dass Stellenausschreibungen und Berufsbezeichnungen geschlechtsneutral sind und Einstellungsverfahren auf nichtdiskriminierende Weise geführt werden, um das Recht auf gleiches Entgelt bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit (im Folgenden „Recht auf gleiches Entgelt“) nicht zu unterminieren.

Artikel 6

Transparenz bei der Festlegung des Entgelts und der Politik der Entgeltentwicklung

(1)   Arbeitgeber stellen ihren Arbeitnehmern Informationen darüber, welche Kriterien für die Festlegung ihres Entgelts, ihrer Entgelthöhen und ihrer Entgeltentwicklung verwendet werden, in leicht zugänglicher Weise zur Verfügung. Diese Kriterien müssen objektiv und geschlechtsneutral sein.

(2)   Die Mitgliedstaaten können Arbeitgeber mit weniger als 50 Arbeitnehmern von der Verpflichtung im Zusammenhang mit der Entgeltentwicklung gemäß Absatz 1 ausnehmen.

Artikel 7

Auskunftsrecht

(1)   Arbeitnehmer haben das Recht, gemäß den Absätzen 2 und 4 Auskünfte über ihre individuelle Entgelthöhe und über die durchschnittlichen Entgelthöhen zu verlangen und in schriftlicher Form zu erhalten, aufgeschlüsselt nach Geschlecht und für die Gruppen von Arbeitnehmern, die gleiche Arbeit wie sie oder gleichwertige Arbeit verrichten.

(2)   Arbeitnehmer haben die Möglichkeit, Auskünfte nach Absatz 1 über ihre Arbeitnehmervertreter im Einklang mit nationalen Rechtsvorschriften und/oder Gepflogenheiten zu verlangen und zu erhalten. Sie haben zudem die Möglichkeit, die Informationen über eine Gleichbehandlungsstelle anzufordern und zu erhalten.

Sind die erhaltenen Informationen unzutreffend oder unvollständig, so haben Arbeitnehmer das Recht, persönlich oder über ihre Arbeitnehmervertreter zusätzliche und angemessene Klarstellungen und Einzelheiten zu den bereitgestellten Daten zu verlangen und eine begründete Antwort zu erhalten.

(3)   Arbeitgeber informieren alle Arbeitnehmer jährlich über ihr Recht, die Auskünfte nach Absatz 1 zu erhalten, und über die Schritte, die der Arbeitnehmer unternehmen muss, um dieses Recht wahrzunehmen.

(4)   Arbeitgeber stellen die Auskünfte nach Absatz 1 innerhalb einer angemessenen Frist und auf jeden Fall innerhalb von zwei Monaten ab dem Tag, an dem der Antrag gestellt wird, zur Verfügung.

(5)   Arbeitnehmer dürfen nicht daran gehindert werden, ihr Entgelt offenzulegen, um den Grundsatz des gleichen Entgelts durchzusetzen. Insbesondere ergreifen die Mitgliedstaaten Maßnahmen, um Vertragsbedingungen zu verbieten, durch die Arbeitnehmer davon abgehalten werden, Informationen über ihr Entgelt offenzulegen.

(6)   Arbeitgeber können verlangen, dass Arbeitnehmer, die Informationen gemäß diesem Artikel erhalten haben, bei denen es sich nicht um Informationen betreffend ihr eigenes Entgelt oder ihre eigene Entgelthöhe handelt, diese Informationen nur zur Ausübung ihres Rechts auf gleiches Entgelt verwenden.

Artikel 8

Zugänglichkeit von Informationen

Die Arbeitgeber stellen alle Informationen, die Arbeitnehmern oder Stellenbewerbern gemäß den Artikeln 5, 6 und 7 zur Verfügung gestellt werden, in einem Format bereit, das für Personen mit Behinderungen zugänglich ist und deren besonderen Bedürfnissen Rechnung trägt.

Artikel 9

Berichterstattung über das Entgeltgefälle zwischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Arbeitgeber folgende Informationen zu ihrer Organisation gemäß diesem Artikel zur Verfügung stellen:

a)

das geschlechtsspezifische Entgeltgefälle;

b)

das geschlechtsspezifische Entgeltgefälle bei ergänzenden oder variablen Bestandteilen;

c)

das mittlere geschlechtsspezifische Entgeltgefälle;

d)

das mittlere geschlechtsspezifische Entgeltgefälle bei ergänzenden oder variablen Bestandteilen;

e)

der Anteil der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die ergänzende oder variable Bestandteile erhalten;

f)

der Anteil der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in jedem Entgeltquartil;

g)

das geschlechtsspezifische Entgeltgefälle zwischen Arbeitnehmern bei Gruppen von Arbeitnehmern, nach dem normalen Grundlohn oder -gehalt sowie nach ergänzenden oder variablen Bestandteilen aufgeschlüsselt.

(2)   Arbeitgeber mit 250 oder mehr Arbeitnehmern haben bis zum 7. Juni 2027 und in jedem darauf folgenden Jahr die Informationen nach Absatz 1 in Bezug auf das vorangehende Kalenderjahr vorzulegen.

(3)   Arbeitgeber mit 150 bis 249 Arbeitnehmern haben bis zum 7. Juni 2027 und danach alle drei Jahre die Informationen nach Absatz 1 in Bezug auf das vorangehende Kalenderjahr vorzulegen.

(4)   Arbeitgeber mit 100 bis 149 Arbeitnehmern haben bis zum 7. Juni 2031 und danach alle drei Jahre die Informationen nach Absatz 1 in Bezug auf das vorangehende Kalenderjahr vorzulegen.

(5)   Die Mitgliedstaaten hindern Arbeitgeber mit weniger als 100 Arbeitnehmern nicht daran, die in Absatz 1 festgelegten Informationen auf freiwilliger Basis vorzulegen. Die Mitgliedstaaten können nach Maßgabe des nationalen Rechts von Arbeitgebern mit weniger als 100 Arbeitnehmern verlangen, Informationen über das Entgelt vorzulegen.

(6)   Die Richtigkeit der Angaben wird von der Leitungsebene des Arbeitgebers nach Anhörung der Arbeitnehmervertreter bestätigt. Die Arbeitnehmervertreter haben Zugang zu den vom Arbeitgeber angewandten Methoden.

(7)   Die Informationen nach Absatz 1 Buchstaben a bis g des vorliegenden Artikels werden der Stelle, die mit der Aufgabe betraut ist, diese Daten gemäß Artikel 29 Absatz 3 Buchstabe c zu sammeln und zu veröffentlichen, mitgeteilt. Der Arbeitgeber kann die Informationen nach Absatz 1 Buchstaben a bis f des vorliegenden Artikels auf seiner Website veröffentlichen oder sie auf andere Weise öffentlich zugänglich machen.

(8)   Die Mitgliedstaaten können die in Absatz 1 Buchstaben a bis f des vorliegenden Artikels genannten Informationen selbst auf der Grundlage von Verwaltungsdaten wie etwa Daten, die Arbeitgeber den Steuer- oder Sozialversicherungsbehörden übermitteln, zusammenstellen. Diese Informationen sind gemäß Artikel 29 Absatz 3 Buchstabe c zu veröffentlichen.

(9)   Arbeitgeber stellen allen ihren Arbeitnehmern und den Arbeitnehmervertretern ihrer Arbeitnehmer die in Absatz 1 Buchstabe g genannten Informationen zur Verfügung. Arbeitgeber stellen die Informationen auf Ersuchen der Arbeitsaufsichtsbehörde und der Gleichbehandlungsstelle zur Verfügung. Soweit verfügbar, sind auf Anfrage auch die Informationen der vorangegangenen vier Jahre zur Verfügung zu stellen.

(10)   Arbeitnehmer, Arbeitnehmervertreter, Arbeitsaufsichtsbehörden und Gleichbehandlungsstellen haben das Recht, von Arbeitgebern zusätzliche Klarstellungen und Einzelheiten zu allen bereitgestellten Daten, einschließlich Erläuterungen zu etwaigen geschlechtsspezifischen Entgeltunterschieden, zu verlangen. Arbeitgeber übermitteln auf entsprechende Anfrage innerhalb einer angemessenen Frist eine begründete Antwort. Sind geschlechtsspezifische Entgeltunterschiede nicht durch objektive, geschlechtsneutrale Kriterien gerechtfertigt, so haben Arbeitgeber innerhalb einer angemessenen Frist in enger Zusammenarbeit mit den Arbeitnehmervertretern, der Arbeitsaufsichtsbehörde und/oder der Gleichbehandlungsstelle Abhilfe zu schaffen.

Artikel 10

Gemeinsame Entgeltbewertung

(1)   Die Mitgliedstaaten ergreifen geeignete Maßnahmen, um sicherzustellen, dass Arbeitgeber, die Berichterstattungspflichten nach Artikel 9 unterliegen, in Zusammenarbeit mit ihren Arbeitnehmervertretern eine gemeinsame Entgeltbewertung vornehmen, wenn alle der folgenden Bedingungen erfüllt sind:

a)

aus der Berichterstattung über das Entgelt ergibt sich ein Unterschied bei der durchschnittlichen Entgelthöhe von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in Höhe von mindestens 5 Prozent in einer Gruppe von Arbeitnehmern;

b)

der Arbeitgeber hat einen solchen Unterschied bei der durchschnittlichen Entgelthöhe nicht auf der Grundlage objektiver, geschlechtsneutraler Kriterien gerechtfertigt;

c)

der Arbeitgeber hat einen solchen ungerechtfertigten Unterschied bei der durchschnittlichen Entgelthöhe innerhalb von sechs Monaten nach dem Tag der Berichterstattung über das Entgelt nicht korrigiert.

(2)   Die gemeinsame Entgeltbewertung wird durchgeführt, um Entgeltunterschiede zwischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die nicht durch objektive und geschlechtsneutrale Kriterien gerechtfertigt sind, festzustellen, zu korrigieren und zu verhindern, und sie umfasst Folgendes:

a)

eine Analyse des Anteils der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in jeder Gruppe von Arbeitnehmern;

b)

Informationen über die durchschnittlichen Entgelthöhen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sowie über ergänzende oder variable Bestandteile für jede Gruppe von Arbeitnehmern;

c)

etwaige Unterschiede bei den durchschnittlichen Entgelthöhen zwischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in jeder einzelnen Gruppe von Arbeitnehmern;

d)

die Gründe für solche Unterschiede bei den durchschnittlichen Entgelthöhen, gegebenenfalls auf der Grundlage objektiver und geschlechtsneutraler Kriterien, wie von den Arbeitnehmervertretern und dem Arbeitgeber gemeinsam festgestellt;

e)

den Anteil der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, denen eine Verbesserung beim Entgelt nach ihrem Wiedereinstieg nach Mutterschafts- oder Vaterschaftsurlaub, Elternurlaub oder Urlaub für pflegende Angehörige, gewährt wurde, wenn es eine solche Verbesserung in der einschlägigen Gruppe von Arbeitnehmern während des Zeitraums, in dem der Urlaub in Anspruch genommen wurde, gegeben hat;

f)

Maßnahmen zur Beseitigung von Entgeltunterschieden, wenn diese nicht auf der Grundlage objektiver, geschlechtsneutraler Kriterien gerechtfertigt sind;

g)

eine Bewertung der Wirksamkeit von Maßnahmen aus früheren gemeinsamen Entgeltbewertungen.

(3)   Die Arbeitgeber stellen die gemeinsamen Entgeltbewertungen den Arbeitnehmern und den Arbeitnehmervertretern zur Verfügung und teilen sie der Überwachungsstelle nach Artikel 29 Absatz 3 Buchstabe d mit. Sie stellen die Informationen auf Ersuchen der Arbeitsaufsichtsbehörde und der Gleichbehandlungsstelle zur Verfügung.

(4)   Bei der Umsetzung der Maßnahmen aus der gemeinsamen Entgeltbewertung hat der Arbeitgeber in enger Zusammenarbeit mit den Arbeitnehmervertretern entsprechend den nationalen Rechtsvorschriften und/oder Gepflogenheiten für die ungerechtfertigten Entgeltunterschiede Abhilfe zu schaffen. Die Arbeitsaufsichtsbehörde und/oder die Gleichbehandlungsstelle kann aufgefordert werden, an diesem Prozess mitzuwirken. Die Umsetzung der Maßnahmen umfasst eine Analyse bestehender Systeme zur geschlechtsneutralen Arbeitsbewertung und beruflichen Einstufung oder die Einrichtung solcher Systeme, um sicherzustellen, dass jegliche unmittelbare oder mittelbare Entgeltdiskriminierung aufgrund des Geschlechts ausgeschlossen wird.

Artikel 11

Unterstützung für Arbeitgeber mit weniger als 250 Arbeitnehmern

Die Mitgliedstaaten bieten Arbeitgebern mit weniger als 250 Arbeitnehmern und den betreffenden Arbeitnehmervertretern Unterstützung in Form von technischer Hilfe und Schulungen, um die Einhaltung der in dieser Richtlinie festgelegten Verpflichtungen zu erleichtern.

Artikel 12

Datenschutz

(1)   Soweit Informationen, die im Rahmen von Maßnahmen nach den Artikeln 7, 9 und 10 übermittelt werden, mit der Verarbeitung personenbezogener Daten verbunden sind, werden sie im Einklang mit der Verordnung (EU) 2016/679 bereitgestellt.

(2)   Personenbezogene Daten, die gemäß den Artikeln 7, 9 oder 10 dieser Richtlinie verarbeitet werden, dürfen nicht für andere Zwecke als die Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts verwendet werden.

(3)   Die Mitgliedstaaten können beschließen, dass in Fällen, in denen die Offenlegung von Informationen nach den Artikeln 7, 9 und 10 zur unmittelbaren oder mittelbaren Offenlegung des Entgelts eines bestimmbaren Arbeitnehmers führen würde, nur die Arbeitnehmervertreter, die Arbeitsaufsichtsbehörde oder die Gleichbehandlungsstelle Zugang zu den betreffenden Informationen haben. Die Arbeitnehmervertreter oder die Gleichbehandlungsstelle beraten Arbeitnehmer über mögliche Ansprüche nach dieser Richtlinie, ohne dass die tatsächlichen Entgelthöhen einzelner Arbeitnehmer, die gleiche oder gleichwertige Arbeit verrichten, offengelegt wird. Für Zwecke der Überwachung gemäß Artikel 29 werden die Informationen uneingeschränkt zugänglich gemacht.

Artikel 13

Sozialer Dialog

Die Mitgliedstaaten ergreifen unbeschadet der Autonomie der Sozialpartner und im Einklang mit den nationalen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten geeignete Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die Sozialpartner wirksam einbezogen werden, indem die in dieser Richtlinie festgelegten Rechte und Pflichten erörtert werden, gegebenenfalls auf ihr Ersuchen.

Die Mitgliedstaaten ergreifen, unbeschadet der Autonomie der Sozialpartner und unter Berücksichtigung der Vielfalt der nationalen Gepflogenheiten, geeignete Maßnahmen zur Förderung der Rolle der Sozialpartner und zur Ermutigung zur Ausübung des Rechts auf Kollektivverhandlungen über Maßnahmen, um gegen Entgeltdiskriminierung und deren nachteilige Auswirkungen auf die Bewertung von Arbeit, die überwiegend von einem Geschlecht verrichtet wird, vorzugehen.

KAPITEL III

RECHTSMITTEL UND RECHTSDURCHSETZUNG

Artikel 14

Rechtsschutz

Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass allen Arbeitnehmern, die sich durch die Nichtanwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts in ihren Rechten für verletzt halten, nach einer etwaigen Schlichtung gerichtliche Verfahren zur Durchsetzung der Rechte und Pflichten im Zusammenhang mit dem Grundsatz des gleichen Entgelts zur Verfügung stehen. Diese Verfahren müssen für Arbeitnehmer und Personen, die in ihrem Namen handeln, selbst nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses, während dessen die Diskriminierung vorgekommen sein soll, leicht zugänglich sein.

Artikel 15

Verfahren im Namen oder zur Unterstützung von Arbeitnehmern

Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Verbände, Organisationen, Gleichbehandlungsstellen und Arbeitnehmervertreter oder andere juristische Personen, die gemäß den im nationalen Recht festgelegten Kriterien ein berechtigtes Interesse an der Gewährleistung der Gleichstellung von Männern und Frauen haben, sich an Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren betreffend eine mutmaßliche Verletzung der Rechte oder Pflichten im Zusammenhang mit dem Grundsatz des gleichen Entgelts beteiligen können. Sie können mit Zustimmung eines Arbeitnehmers, der mutmaßliches Opfer einer Verletzung von Rechten oder Pflichten im Zusammenhang mit dem Grundsatz des gleichen Entgelts ist, im Namen oder zur Unterstützung dieser Person handeln.

Artikel 16

Anspruch auf Schadensersatz

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Arbeitnehmer, die durch die Verletzung von Rechten oder Pflichten im Zusammenhang mit dem Grundsatz des gleichen Entgelts einen Schaden erlitten haben, das Recht haben, für diesen Schaden — je nach Vorgabe des Mitgliedstaats — vollständigen Schadensersatz oder vollständige Entschädigung zu verlangen und zu erhalten.

(2)   Der in Absatz 1 genannte Schadensersatz bzw. die in Absatz 1 genannte Entschädigung müssen einen tatsächlichen und wirksamen Schadensersatz oder eine tatsächliche und wirksame Entschädigung für den erlittenen Schaden — je nach Vorgabe des Mitgliedstaats — auf eine abschreckende und angemessene Art und Weise darstellen.

(3)   Durch den Schadensersatz oder die Entschädigung wird der Arbeitnehmer, der einen Schaden erlitten hat, in die Situation versetzt, in der er sich befunden hätte, wenn er nicht aufgrund des Geschlechts diskriminiert worden wäre oder wenn keine Verletzung der Rechte oder Pflichten im Zusammenhang mit dem Grundsatz des gleichen Entgelts erfolgt wäre. Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass der Schadensersatz oder die Entschädigung die vollständige Nachzahlung entgangener Entgelte und damit verbundener Boni oder Sachleistungen sowie den Schadensersatz für entgangene Chancen, immateriellen Schaden, jeglichen Schaden, der durch andere relevante Faktoren verursacht wurde, zu denen auch intersektionelle Diskriminierung zählen kann, und Verzugszinsen umfasst.

(4)   Der Schadensersatz oder die Entschädigung darf nicht durch eine vorab festgelegte Obergrenze beschränkt werden.

Artikel 17

Sonstige Abhilfemaßnahmen

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die zuständigen Behörden oder nationalen Gerichte im Falle einer Verletzung von Rechten oder Pflichten im Zusammenhang mit dem Grundsatz des gleichen Entgelts im Einklang mit dem nationalen Recht auf Antrag der klagenden Partei und zulasten der beklagten Partei Folgendes anordnen können:

a)

die Unterlassung der Verletzung;

b)

die Ergreifung von Maßnahmen zur Sicherstellung, dass die Rechte oder Pflichten im Zusammenhang mit dem Grundsatz des gleichen Entgelts erfüllt werden.

(2)   Kommt eine beklagte Partei einer Anordnung nach Absatz 1 nicht nach, so stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass ihre zuständigen Behörden oder nationalen Gerichte in der Lage sind, gegebenenfalls Zwangsgelder zu verhängen, um die Erfüllung sicherzustellen.

Artikel 18

Verlagerung der Beweislast

(1)   Die Mitgliedstaaten ergreifen im Einklang mit ihrem nationalen Justizsystem geeignete Maßnahmen, um sicherzustellen, dass in Fällen, in denen Arbeitnehmer, die sich durch die Nichtanwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts in ihren Rechten für verletzt halten, bei einer zuständigen Behörde oder einem nationalen Gericht Tatsachen glaubhaft machen, die das Vorliegen einer unmittelbaren oder mittelbaren Diskriminierung vermuten lassen, die beklagte Partei nachweisen muss, dass keine unmittelbare oder mittelbare Entgeltdiskriminierung vorliegt.

(2)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass in Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren in Bezug auf mutmaßliche unmittelbare oder mittelbare Entgeltdiskriminierung, die Fälle betreffen, in denen der Arbeitgeber Pflichten im Zusammenhang mit der Entgelttransparenz nach den Artikeln 5, 6, 7, 9 und 10 nicht erfüllt hat, der Arbeitgeber nachweisen muss, dass keine derartige Diskriminierung vorliegt.

Unterabsatz 1 des vorliegenden Absatzes findet keine Anwendung, wenn der Arbeitgeber nachweist, dass der Verstoß gegen die Verpflichtungen nach den Artikeln 5, 6, 7, 9 und 10 offensichtlich unbeabsichtigt und geringfügig war.

(3)   Diese Richtlinie lässt das Recht der Mitgliedstaaten unberührt, eine günstigere Beweislastregelung für einen Arbeitnehmer vorzusehen, der in Bezug auf eine mutmaßliche Verletzung von Rechten und Pflichten im Zusammenhang mit dem Grundsatz des gleichen Entgelts ein Verwaltungsverfahren oder ein Gerichtsverfahren anstrengt.

(4)   Die Mitgliedstaaten können davon absehen, Absatz 1 auf Verfahren anzuwenden, in denen die zuständige Behörde oder das Gericht den Sachverhalt ermittelt.

(5)   Vorbehaltlich anderslautender nationaler Rechtsvorschriften gilt dieser Artikel nicht für Strafverfahren.

Artikel 19

Nachweis für gleiche oder gleichwertige Arbeit

(1)   Bei der Bewertung, ob Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die gleiche oder gleichwertige Arbeit verrichten, ist die Bewertung, ob sich die Arbeitnehmer in einer vergleichbaren Situation befinden, nicht auf Situationen beschränkt, in denen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer für denselben Arbeitgeber arbeiten, sondern wird auf eine einheitliche Quelle, die die Entgeltbedingungen festlegt, ausgeweitet. Eine einheitliche Quelle besteht, wenn diese alle für den Vergleich zwischen Arbeitnehmern relevanten Elemente des Entgelts festlegt.

(2)   Die Bewertung, ob sich Arbeitnehmer in einer vergleichbaren Situation befinden, ist nicht auf Arbeitnehmer beschränkt, die zur gleichen Zeit wie der betreffende Arbeitnehmer beschäftigt sind.

(3)   Wenn keine echte Vergleichsperson ermittelt werden kann, können andere Beweismittel zum Nachweis einer mutmaßlichen Entgeltdiskriminierung herangezogen werden, einschließlich Statistiken oder eines Vergleichs darüber, wie ein Arbeitnehmer in einer vergleichbaren Situation behandelt würde.

Artikel 20

Zugang zu Beweismitteln

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass zuständige Behörden oder nationale Gerichte in Verfahren betreffend Ansprüche auf gleiches Entgelt im Einklang mit den nationalen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten anordnen können, dass die beklagte Partei einschlägige Beweismittel, die sich in ihrer Verfügungsgewalt befinden, offenlegt.

(2)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die zuständigen Behörden oder die nationalen Gerichte befugt sind, die Offenlegung von Beweismitteln, die vertrauliche Informationen enthalten, anzuordnen, wenn sie diese als sachdienlich für den Anspruch auf gleiches Entgelt erachten. Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die zuständigen Behörden oder die nationalen Gerichte bei der Anordnung der Offenlegung solcher Informationen im Einklang mit nationalem Verfahrensrecht über wirksame Maßnahmen zu deren Schutz verfügen.

(3)   Dieser Artikel lässt das Recht der Mitgliedstaaten, eine für die klagende Partei günstigere Beweislastregelung aufrechtzuerhalten oder einzuführen, unberührt.

Artikel 21

Verjährungsfristen

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass in den anwendbaren nationalen Vorschriften für Verjährungsfristen für das Geltendmachen von Ansprüchen auf gleiches Entgelt festgelegt ist, wann die Verjährungsfrist beginnt, wie lange sie dauert, und unter welchen Umständen eine Hemmung oder Unterbrechung der Frist eintritt. Die Verjährungsfristen beginnen nicht, bevor die klagende Partei Kenntnis von einem Verstoß hat oder diese Kenntnis vernünftigerweise von ihm erwartet werden kann. Die Mitgliedstaaten können beschließen, dass Verjährungsfristen nicht beginnen, solange ein Verstoß weiter besteht, oder dass sie nicht vor Beendigung des Arbeitsvertrags oder des Beschäftigungsverhältnisses beginnen. Diese Verjährungsfristen dürfen nicht kürzer sein als drei Jahre.

(2)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Verjährungsfristen gehemmt oder — je nach nationalem Recht — unterbrochen werden, sobald eine klagende Partei tätig wird, indem sie den Arbeitgeber über eine Beschwerde in Kenntnis setzt oder indem sie, direkt oder über die Arbeitnehmervertreter, die Arbeitsaufsichtsbehörde oder die Gleichbehandlungsstelle ein Verfahren bei einem Gericht anstrengt.

(3)   Dieser Artikel gilt nicht für Vorschriften über das Erlöschen von Ansprüchen.

Artikel 22

Verfahrenskosten

Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass in Fällen, in denen die beklagte Partei in einem Verfahren aufgrund eines Anspruchs wegen Entgeltdiskriminierung die obsiegende Partei ist, die nationalen Gerichte im Einklang mit dem nationalen Recht bewerten können, ob die unterlegene klagende Partei berechtigte Gründe hatte, den Anspruch geltend zu machen, und, wenn dies der Fall ist, zu beurteilen, ob es angemessen wäre, dass die unterlegene klagende Partei die Verfahrenskosten nicht tragen muss.

Artikel 23

Sanktionen

(1)   Die Mitgliedstaaten erlassen Vorschriften über wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Sanktionen, die bei Verletzungen der Rechte und Pflichten im Zusammenhang mit dem Grundsatz des gleichen Entgelts zu verhängen sind. Die Mitgliedstaaten ergreifen alle erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass diese Vorschriften umgesetzt werden, und teilen der Kommission diese Vorschriften und Maßnahmen unverzüglich mit und melden ihr etwaige spätere Änderungen.

(2)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die in Absatz 1 genannten Sanktionen eine tatsächlich abschreckende Wirkung bei Verletzungen der Rechte und Pflichten im Zusammenhang mit dem Grundsatz des gleichen Entgelts gewährleisten. Zu diesen Sanktionen gehören auch Geldbußen, die gemäß dem nationalen Recht festgesetzt werden.

(3)   Bei den in Absatz 1 genannten Sanktionen ist allen relevanten erschwerenden oder mildernden Umständen Rechnung zu tragen, die auf den Sachverhalt der Verletzung anwendbar sind, wozu auch intersektionelle Diskriminierung gehören kann.

(4)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass für wiederholte Verletzungen der Rechte und Pflichten im Zusammenhang mit dem Grundsatz des gleichen Entgelts spezifische Sanktionen Anwendung finden.

(5)   Die Mitgliedstaaten treffen alle erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die Sanktionen gemäß diesem Artikel in der Praxis wirksam angewendet werden.

Artikel 24

Gleiches Entgelt bei öffentlichen Aufträgen und Konzessionen

(1)   Zu den geeigneten Maßnahmen, die die Mitgliedstaaten im Einklang mit Artikel 30 Absatz 3 der Richtlinie 2014/23/EU, Artikel 18 Absatz 2 der Richtlinie 2014/24/EU und Artikel 36 Absatz 2 der Richtlinie 2014/25/EU ergreifen, gehören Maßnahmen, mit denen sichergestellt wird, dass Wirtschaftsteilnehmer bei der Ausführung von öffentlichen Aufträgen oder Konzessionen ihre Pflichten betreffend den Grundsatz des gleichen Entgelts einhalten.

(2)   Die Mitgliedstaaten prüfen, öffentliche Auftraggeber gegebenenfalls zu verpflichten, Sanktionen und Kündigungsbedingungen einzuführen, um die Wahrung des Grundsatzes des gleichen Entgelts bei der Ausführung von öffentlichen Verträgen und Konzessionen zu gewährleisten. Wenn die Behörden der Mitgliedstaaten im Einklang mit Artikel 38 Absatz 7 Buchstabe a der Richtlinie 2014/23/EU, Artikel 57 Absatz 4 Buchstabe a der Richtlinie 2014/24/EU oder Artikel 80 Absatz 1 der Richtlinie 2014/25/EU in Verbindung mit Artikel 57 Absatz 4 Buchstabe a der Richtlinie 2014/24/EU handeln, können öffentliche Auftraggeber einen Wirtschaftsteilnehmer von der Teilnahme an einem Vergabeverfahren ausschließen oder von den Mitgliedstaaten dazu angewiesen werden, wenn sie in geeigneter Form eine Verletzung der Pflichten nach Absatz 1 des vorliegenden Artikels im Zusammenhang mit der Nichteinhaltung der Pflichten hinsichtlich der Entgelttransparenz oder mit einem Entgeltgefälle von mehr als 5 % in einer Gruppe von Arbeitnehmern nachweisen und der Arbeitgeber diesen Unterschied nicht auf der Grundlage objektiver, geschlechtsneutraler Kriterien begründen kann. Dies gilt unbeschadet anderer Rechte und Pflichten nach der Richtlinie 2014/23/EU, 2014/24/EU oder 2014/25/EU.

Artikel 25

Viktimisierung und Schutz vor ungünstigerer Behandlung

(1)   Arbeitnehmer und deren Arbeitnehmervertreter dürfen nicht deshalb ungünstiger behandelt werden, weil sie ihre Rechte in Bezug auf den Grundsatz des gleichen Entgelts ausgeübt haben oder eine andere Person beim Schutz ihrer Rechte unterstützt haben.

(2)   Die Mitgliedstaaten treffen im Rahmen ihrer nationalen Rechtsordnungen die erforderlichen Maßnahmen, um Arbeitnehmer, einschließlich Arbeitnehmer, die Arbeitnehmervertreter sind, vor Entlassung oder anderen Benachteiligungen durch einen Arbeitgeber zu schützen, die als Reaktion auf eine Beschwerde innerhalb der Organisation des Arbeitgebers oder auf die Einleitung eines Verwaltungsverfahrens oder eines Gerichtsverfahrens für die Zwecke der Durchsetzung von Rechten oder Pflichten im Zusammenhang mit dem Grundsatz des gleichen Entgelts erfolgen.

Artikel 26

Verhältnis zur Richtlinie 2006/54/EG

Kapitel III der vorliegenden Richtlinie findet auf Verfahren betreffend die Rechte oder Pflichten im Zusammenhang mit dem Grundsatz des gleichen Entgelts nach Artikel 4 der Richtlinie 2006/54/EG Anwendung.

KAPITEL IV

HORIZONTALE BESTIMMUNGEN

Artikel 27

Schutzniveau

(1)   Die Mitgliedstaaten können Vorschriften beibehalten oder einführen, die für die Arbeitnehmer günstiger sind als die Bestimmungen dieser Richtlinie.

(2)   Die Umsetzung dieser Richtlinie darf keinesfalls als Rechtfertigung für eine Absenkung des Schutzniveaus in den von dieser Richtlinie erfassten Bereichen benutzt werden.

Artikel 28

Gleichbehandlungsstellen

(1)   Unbeschadet der Zuständigkeiten der Arbeitsaufsichtsbehörden oder anderer mit der Durchsetzung der Arbeitnehmerrechte befasster Stellen, einschließlich der Sozialpartner, sind die Gleichbehandlungsstellen für Fragen zuständig, die unter diese Richtlinie fallen.

(2)   Die Mitgliedstaaten ergreifen im Einklang mit den nationalen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten aktive Maßnahmen zur Sicherstellung der engen Zusammenarbeit und Koordinierung zwischen den Arbeitsaufsichtsbehörden, den Gleichbehandlungsstellen und gegebenenfalls den Sozialpartnern in Bezug auf den Grundsatz des gleichen Entgelts.

(3)   Die Mitgliedstaaten statten ihre Gleichbehandlungsstellen mit den angemessenen Ressourcen für die wirksame Erfüllung ihrer Aufgaben im Hinblick auf die Wahrung des Rechts auf gleiches Entgelt aus.

Artikel 29

Überwachung und Sensibilisierung

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen eine konsequente und koordinierte Überwachung und Unterstützung der Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts und der Durchsetzung aller verfügbaren Rechtsmittel sicher.

(2)   Jeder Mitgliedstaat benennt eine Stelle für die Überwachung und Unterstützung der Anwendung nationaler Maßnahmen zur Umsetzung dieser Richtlinie (im Folgenden „Überwachungsstelle“) und trifft die erforderlichen Vorkehrungen für das reibungslose Funktionieren dieser Stelle. Die Überwachungsstelle kann Teil einer bestehenden Stelle oder Struktur auf nationaler Ebene sein. Die Mitgliedstaaten können mehr als eine Stelle für Zwecke der Sensibilisierung und Datenerhebung benennen, sofern die nach Absatz 3 Buchstaben b, c und e vorgesehenen Überwachungs- und Analysefunktionen von einer zentralen Stelle wahrgenommen werden.

(3)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Folgendes zu den Aufgaben der Überwachungsstelle gehört:

a)

Sensibilisierung öffentlicher und privater Unternehmen und Organisationen, der Sozialpartner und der Öffentlichkeit im Hinblick auf die Förderung des Grundsatzes des gleichen Entgelts und des Rechts auf Entgelttransparenz, einschließlich durch Bekämpfung intersektioneller Diskriminierung in Bezug auf gleiches Entgelt bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit;

b)

Analyse der Ursachen des geschlechtsspezifischen Entgeltgefälles und Entwicklung von Instrumenten für eine bessere Beurteilung von Ungleichheiten beim Entgelt, insbesondere unter Verwendung der Analysearbeit und der Analyseinstrumente des EIGE;

c)

Sammlung der gemäß Artikel 9 Absatz 7 erhaltenen Daten der Arbeitgeber und unverzügliche Veröffentlichung der in Artikel 9 Absatz 1 Buchstaben a bis f genannten Daten in einfach zugänglicher und benutzerfreundlicher Weise, um einen Vergleich zwischen Arbeitgebern, Sektoren und Regionen des betreffenden Mitgliedstaats zu ermöglichen und, sofern verfügbar, sicherzustellen, dass Informationen aus den vorangehenden vier Jahren zugänglich sind;

d)

Sammlung der Berichte über die gemeinsame Entgeltbewertung gemäß Artikel 10 Absatz 3;

e)

Bereitstellung von Daten über die Zahl und die Art der wegen Entgeltdiskriminierung bei den zuständigen Behörden, einschließlich Gleichbehandlungsstellen, eingegangenen Beschwerden und der vor den nationalen Gerichten geltendgemachten Ansprüchen.

(4)   Die Mitgliedstaaten übermitteln der Kommission bis zum 7. Juni 2028 und danach alle zwei Jahre in einer einzigen Vorlage die in Absatz 3 Buchstaben c, d und e genannten Daten.

Artikel 30

Tarifverhandlungen und Kollektivmaßnahmen

Diese Richtlinie berührt in keiner Weise das Recht auf die Aushandlung, den Abschluss und die Durchsetzung von Tarifverträgen oder das Recht auf Kollektivmaßnahmen im Einklang mit den nationalen Rechtsvorschriften oder Gepflogenheiten.

Artikel 31

Statistik

Die Mitgliedstaaten stellen der Kommission (Eurostat) jährlich aktuelle nationale Daten für die Berechnung des geschlechtsspezifischen Entgeltgefälles in unbereinigter Form bereit. Diese Statistiken sind nach Geschlecht, Wirtschaftssektor, Arbeitszeit (Voll-/Teilzeit), wirtschaftlicher Kontrolle (öffentliches/privates Eigentum) und Alter aufgeschlüsselt und auf jährlicher Basis zu berechnen.

Die in Absatz 1 genannten Daten werden ab dem 31. Januar 2028 für das Bezugsjahr 2026 übermittelt.

Artikel 32

Verbreitung von Informationen

Die Mitgliedstaaten ergreifen aktive Maßnahmen, um sicherzustellen, dass ihre gemäß dieser Richtlinie angenommenen Vorschriften sowie die bereits geltenden einschlägigen Vorschriften allen Betroffenen in ihrem Hoheitsgebiet in geeigneter Form bekannt gemacht werden.

Artikel 33

Durchführung

Die Mitgliedstaaten können die Sozialpartner im Einklang mit den nationalen Rechtsvorschriften und/oder Gepflogenheiten in Bezug auf die Rolle der Sozialpartner mit der Durchführung dieser Richtlinie betrauen, sofern die Mitgliedstaaten alle erforderlichen Maßnahmen treffen, um zu gewährleisten, dass die mit dieser Richtlinie angestrebten Ergebnisse jederzeit erzielt werden. Die den Sozialpartnern übertragenen Durchführungsaufgaben können Folgendes umfassen:

a)

Entwicklung von Analyseinstrumenten oder -methoden gemäß Artikel 4 Absatz 2;

b)

finanzielle Sanktionen, die Geldbußen gleichkommen, sofern sie wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sind.

Artikel 34

Umsetzung

(1)   Die Mitgliedstaaten setzen die Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Kraft, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie bis zum 7. Juni 2026 nachzukommen. Sie setzen die Kommission unverzüglich davon in Kenntnis.

Wenn sie die Kommission in Kenntnis setzen, übermitteln die Mitgliedstaaten der Kommission auch eine Zusammenfassung der Ergebnisse einer Bewertung zu den Auswirkungen ihrer Umsetzungsmaßnahmen auf Arbeitnehmer sowie auf Arbeitgeber mit weniger als 250 Arbeitnehmern und einen Verweis darauf, wo diese Bewertung veröffentlicht wird.

(2)   Bei Erlass der in Absatz 1 genannten Vorschriften nehmen die Mitgliedstaaten in den Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung auf diese Richtlinie Bezug. Die Mitgliedstaaten regeln die Einzelheiten dieser Bezugnahme.

Artikel 35

Berichterstattung und Überprüfung

(1)   Die Mitgliedstaaten informieren die Kommission bis zum 7. Juni 2031 über die Durchführung dieser Richtlinie und ihre Auswirkungen in der Praxis.

(2)   Bis zum 7. Juni 2033 legt die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat einen Bericht über die Umsetzung dieser Richtlinie vor. In dem Bericht werden unter anderem die Schwellenwerte für Arbeitgeber gemäß den Artikeln 9 und 10 sowie der Schwellenwert von 5 % für die gemeinsame Entgeltbewertung gemäß Artikel 10 Absatz 1 geprüft. Die Kommission schlägt gegebenenfalls Änderungen der Gesetzgebung vor, die sie auf der Grundlage dieses Berichts für erforderlich hält.

Artikel 36

Inkrafttreten

Diese Richtlinie tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Artikel 37

Adressaten

Diese Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.

Geschehen zu Straßburg am 10. Mai 2023.

Im Namen des Europäischen Parlaments

Die Präsidentin

R. METSOLA

Im Namen des Rates

Die Präsidentin

J. ROSWALL


(1)  ABl. C 341 vom 24.8.2021 S. 84.

(2)  Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 30. März 2023 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 24. April 2023.

(3)  Urteil des Gerichtshofs vom 30. April 1996, P gegen S, C-13/94, ECLI:EU:C:1996:170; Urteil des Gerichtshofs vom 7. Januar 2004, K.B., C-117/01, ECLI:EU:C:2004:7; Urteil des Gerichtshofs vom 27. April 2006, Richards, C-423/04, ECLI:EU:C:2006:256; Urteil des Gerichtshofs vom 26. Juni 2018, MB, C-451/16, ECLI:EU:C:2018:492.

(4)  Richtlinie 2006/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juli 2006 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen (ABl. L 204 vom 26.7.2006, S. 23).

(5)  Urteil des Gerichtshofs vom 3. Juli 1986, Lawrie-Blum, 66/85, ECLI:EU:C:1986:284; Urteil des Gerichtshofs vom 14. Oktober 2010, Union Syndicale Solidaires Isère, C-428/09, ECLI:EU:C:2010:612; Urteil des Gerichtshofs vom 4. Dezember 2014, FNV Kunsten Informatie en Media, C-413/13, ECLI:EU:C:2014:2411; Urteil des Gerichtshofs vom 9. Juli 2015, Balkaya, C-229/14, ECLI:EU:C:2015:455; Urteil des Gerichtshofs vom 17. November 2016, Betriebsrat der Ruhrlandklinik, C-216/15, ECLI:EU:C:2016:883; Urteil des Gerichtshofs vom 16. Juli 2020, Governo della Repubblica italiana (Status der italienischen Friedensrichter), C-658/18, ECLI:EU:C:2020:572.

(6)  Beispielsweise Urteil des Gerichtshofs vom 9. Februar 1982, Garland, C-12/81, ECLI:EU:C:1982:44; Urteil des Gerichtshofs vom 9. Juni 1982, Kommission der Europäischen Gemeinschaften/Großherzogtum Luxemburg, C-58/81, ECLI:EU:C:1982:215; Urteil des Gerichtshofs vom 13. Juli 1989, Rinner-Kühn, C-171/88, ECLI:EU:C:1989:328; Urteil des Gerichtshofs vom 27. Juni 1990, Kowalska, C-33/89, ECLI:EU:C:1990:265; Urteil des Gerichtshofs vom 4. Juni 1992, Böttel, C-360/90, ECLI:EU:C:1992:246; Urteil des Gerichtshofs vom 13. Februar 1996, Gillespie und andere, C-342/93, ECLI:EU:C:1996:46; Urteil des Gerichtshofs vom 7. März 1996, Freers und Speckmann, C-278/93, ECLI:EU:C:1996:83; Urteil des Gerichtshofs vom 30. März 2004, Alabaster, C-147/02, ECLI:EU:C:2004:192.

(7)  Richtlinie 2000/43/EG des Rates vom 29. Juni 2000 zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft (ABl. L 180 vom 19.7.2000, S. 22).

(8)  Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl. L 303 vom 2.12.2000, S. 16).

(9)  Urteil des Gerichtshofs vom 17. September 2002, Lawrence u. a., C-320/00, ECLI:EU:C:2002:498.

(10)  Urteil des Gerichtshofs vom 27. März 1980, Macarthys Ltd, C-129/79, ECLI:EU:C:1980:103.

(11)  Empfehlung 2003/361/EG der Kommission vom 6. Mai 2003 betreffend die Definition der Kleinstunternehmen sowie der kleinen und mittleren Unternehmen (ABl. L 124 vom 20.5.2003, S. 36).

(12)  Richtlinie (EU) 2016/2102 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Oktober 2016 über den barrierefreien Zugang zu den Websites und mobilen Anwendungen öffentlicher Stellen (ABl. L 327 vom 2.12.2016, S. 1).

(13)  Richtlinie 2013/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Jahresabschluss, den konsolidierten Abschluss und damit verbundene Berichte von Unternehmen bestimmter Rechtsformen und zur Änderung der Richtlinie 2006/43/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinien 78/660/EWG und 83/349/EWG des Rates (ABl. L 182 vom 29.6.2013, S. 19).

(14)  Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1).

(15)  Urteil des Gerichtshofs vom 17. Dezember 2015, Arjona Camacho, C-407/14, ECLI:EU:C:2015:831, Rn. 45.

(16)  Urteil des Gerichtshofs vom 17. Oktober 1989, Danfoss, C-109/88, ECLI:EU:C:1989:383.

(17)  Richtlinie 2014/23/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die Konzessionsvergabe (ABl. L 94 vom 28.3.2014, S. 1).

(18)  Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG (ABl. L 94 vom 28.3.2014, S. 65).

(19)  Richtlinie 2014/25/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die Vergabe von Aufträgen durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/17/EG (ABl. L 94 vom 28.3.2014, S. 243).

(20)  Urteil des Gerichtshofs vom 20. Juni 2019, Hakelbracht u. a., C-404/18, ECLI:EU:C:2019:523.

(21)  Verordnung (EG) Nr. 530/1999 des Rates vom 9. März 1999 zur Statistik über die Struktur der Verdienste und der Arbeitskosten (ABl. L 63 vom 12.3.1999, S. 6).

(22)  Verordnung (EG) Nr. 223/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 2009 über europäische Statistiken und zur Aufhebung der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1101/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Übermittlung von unter die Geheimhaltungspflicht fallenden Informationen an das Statistische Amt der Europäischen Gemeinschaften, der Verordnung (EG) Nr. 322/97 des Rates über die Gemeinschaftsstatistiken und des Beschlusses 89/382/EWG, Euratom des Rates zur Einsetzung eines Ausschusses für das Statistische Programm der Europäischen Gemeinschaften (ABl. L 87 vom 31.3.2009, S. 164).

(23)  Verordnung (EU) 2018/1725 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2018 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 45/2001 und des Beschlusses Nr. 1247/2002/EG (ABl. L 295 vom 21.11.2018, S. 39).

(24)  Richtlinie 92/85/EWG des Rates vom 19. Oktober 1992 über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes von schwangeren Arbeitnehmerinnen, Wöchnerinnen und stillenden Arbeitnehmerinnen am Arbeitsplatz (zehnte Einzelrichtlinie im Sinne des Artikels 16 Absatz 1 der Richtlinie 89/391/EWG) (ABl. L 348 vom 28.11.1992, S. 1).

(25)  Richtlinie (EU) 2019/1158 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für Eltern und pflegende Angehörige und zur Aufhebung der Richtlinie (EU) 2010/18/EU des Rates (ABl. L 188 vom 12.7.2019, S. 79).


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