URTEIL DES GERICHTSHOFS (Neunte Kammer)

30. Juni 2022 ( *1 )

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Richtlinie 93/13/EWG – Verbraucherkredit – Missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen – Art. 6 Abs. 1 – Prüfung von Amts wegen – Weigerung, im Fall einer auf eine missbräuchliche Klausel gestützten Forderung einen Mahnbescheid zu erlassen – Konsequenzen in Bezug auf die Missbräuchlichkeit einer Vertragsklausel – Erstattungsanspruch – Grundsätze der Äquivalenz und der Effektivität – Verrechnung von Amts wegen“

In der Rechtssache C‑170/21

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Sofiyski Rayonen sad (Rayongericht Sofia, Bulgarien) mit Entscheidung vom 15. März 2021, beim Gerichtshof eingegangen am 15. März 2021, in dem Verfahren

Profi Credit Bulgaria EOOD

gegen

T.I.T.

erlässt

DER GERICHTSHOF (Neunte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten S. Rodin sowie der Richterinnen L. S. Rossi und O. Spineanu-Matei (Berichterstatterin),

Generalanwalt: M. Szpunar,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

der Profi Credit Bulgaria EOOD, vertreten durch I. Peneva,

der Europäischen Kommission, vertreten durch E. Georgieva und N. Ruiz García als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (ABl. 1993, L 95, S. 29).

2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Profi Credit Bulgaria EOOD (im Folgenden: PCB), einem Finanzinstitut bulgarischen Rechts, und T.I.T., einem Verbraucher, über den Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids zur Zahlung einer Geldschuld aus einem zwischen den Parteien des Ausgangsverfahrens geschlossenen Verbraucherkreditvertrag.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

3

Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 lautet:

„Die Mitgliedstaaten sehen vor, dass missbräuchliche Klauseln in Verträgen, die ein Gewerbetreibender mit einem Verbraucher geschlossen hat, für den Verbraucher unverbindlich sind, und legen die Bedingungen hierfür in ihren innerstaatlichen Rechtsvorschriften fest; sie sehen ferner vor, dass der Vertrag für beide Parteien auf derselben Grundlage bindend bleibt, wenn er ohne die missbräuchlichen Klauseln bestehen kann.“

Bulgarisches Recht

GPK

4

Art. 410 des Grazhdanski protsesualen kodeks (Zivilprozessordnung, im Folgenden: GPK) bestimmt:

(1)   Der Antragsteller kann den Erlass eines Mahnbescheids beantragen:

1. wegen Geldforderungen oder Forderungen über vertretbare Sachen, wenn der Rayonen sad (Rayongericht) für den Anspruch zuständig ist;

(3)   Wenn die Forderung aus einem Verbrauchervertrag herrührt, sind dem Antrag der Vertrag, wenn dieser schriftlich niedergelegt ist, mitsamt allen Anhängen und Änderungen sowie etwaige dazugehörige Allgemeine Geschäftsbedingungen beizufügen.“

5

In Art. 411 GPK heißt es:

„(1)   Der Antrag ist bei dem Rayonen sad (Rayongericht) einzureichen, in dessen Bezirk der Schuldner seine ständige Anschrift oder seinen Sitz hat; dieses Gericht prüft innerhalb von drei Tagen von Amts wegen seine örtliche Zuständigkeit. …

(2)   Das Gericht prüft den Antrag in einer vorbereitenden Sitzung und erlässt innerhalb der Frist nach Abs. 1 einen Mahnbescheid, es sei denn:

1.

der Antrag entspricht nicht den Voraussetzungen von Art. 410 [GPK] und der Antragsteller beseitigt die Fehler nicht innerhalb von drei Tagen ab Mitteilung;

2.

der Antrag verstößt gegen das Gesetz oder ist sittenwidrig;

3.

die Forderung beruht auf einer missbräuchlichen Klausel in einem Verbrauchervertrag oder es besteht insoweit ein begründeter Verdacht;

(3)   Wird dem Antrag stattgegeben, erlässt das Gericht einen Mahnbescheid, der dem Schuldner in Abschrift zugestellt wird.“

6

Gemäß Art. 413 Abs. 2 GPK kann die Verfügung, mit der ein Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids ganz oder teilweise zurückgewiesen wird, vom Antragsteller mit einer Beschwerde angefochten werden; eine Abschrift zur Zustellung muss nicht beigefügt werden.

7

Art. 414 Abs. 1 und 2 GPK lautet:

„(1)   Der Schuldner kann gegen den Mahnbescheid oder gegen Teile davon schriftlich Widerspruch erheben. Der Widerspruch muss außer in den in Art. 414a GPK genannten Fällen nicht begründet werden.

(2)   Der Widerspruch ist innerhalb eines Monats ab Zustellung des Bescheids zu erheben. Diese Frist kann nicht verlängert werden.“

8

In Art. 422 GPK heißt es:

„(1)   Die Klage auf Feststellung der Forderung gilt als zu dem Zeitpunkt erhoben, zu dem der Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids eingereicht wurde, wenn die Frist gemäß Art. 415 Abs. 4 GPK eingehalten worden ist.

(2)   Außer in den in Art. 420 GPK genannten Fällen bewirkt die Klageerhebung in Abs. 1 nicht die Einstellung der für zulässig erklärten vorläufigen Vollstreckung.

(3)   Wird die Klage mit einem rechtskräftigen Urteil abgewiesen, wird die Vollstreckung eingestellt …

(4)   Es wird kein gegenteiliger Vollstreckungstitel erlassen, wenn die Klage wegen der Nichtdurchsetzbarkeit der Forderung abgewiesen wird.“

ZZD

9

Art. 76 des Zakon za zadalzheniata i dogovorite (Gesetz über Schuldverhältnisse und Verträge) (DV Nr. 275 vom 22. November 1950) sieht in seiner auf den Ausgangsrechtsstreit anwendbaren Fassung (im Folgenden: ZZD) vor:

„(1)   Wer derselben Person mehrere gleichartige Leistungen schuldet, kann, soweit die Vollstreckung nicht zur Tilgung sämtlicher Forderungen ausreicht, bestimmen, welche davon er tilgt. Wenn er keine Bestimmung trifft, wird die ihn am meisten belastende Forderung getilgt. Bei mehreren gleich belastenden Forderungen wird die älteste getilgt, und wenn alle zur gleichen Zeit entstanden sind, wird jede Forderung verhältnismäßig getilgt.

(2)   Wenn die Vollstreckung nicht zur Tilgung der Zinsen, der Kosten und der Hauptforderung ausreicht, werden zunächst die Kosten, dann die Zinsen und zuletzt die Hauptforderung getilgt.“

ZPK

10

Art. 9 Abs. 1 des Zakon za potrebitelskiya kredit (Verbraucherkreditgesetz) vom 18. Februar 2010 (DV Nr. 18 vom 5. März 2010, S. 2) bestimmt in seiner auf den Ausgangsrechtsstreit anwendbaren Fassung (im Folgenden: ZPK):

„Der Verbraucherkreditvertrag ist ein Vertrag, bei dem ein Kreditgeber einem Verbraucher einen Kredit in Form eines Darlehens, eines Zahlungsaufschubs oder einer sonstigen ähnlichen Finanzierungshilfe gewährt oder zu gewähren verspricht; ausgenommen sind Verträge über die wiederkehrende Erbringung von Dienstleistungen oder über die Lieferung von Waren gleicher Art, bei denen der Verbraucher für die Dauer der Erbringung oder Lieferung Teilzahlungen für diese Dienstleistungen oder Waren leistet.“

11

Art. 10a ZPK lautet:

„(1)   Der Kreditgeber darf vom Verbraucher Gebühren und Provisionen für zusätzliche Leistungen verlangen, die in Zusammenhang mit dem Verbraucherkreditvertrag stehen.

(2)   Der Kreditgeber darf keine Gebühren oder Provisionen für Tätigkeiten in Zusammenhang mit der Auszahlung und der Verwaltung des Kredits verlangen.

(3)   Der Kreditgeber darf Gebühren und/oder Provisionen für dieselbe Tätigkeit nur einmal verlangen.

(4)   Die Art, die Höhe und die Tätigkeit, für die Gebühren und/oder Provisionen verlangt werden, müssen im Verbraucherkreditvertrag klar und eindeutig bestimmt sein.“

12

Art. 19 ZPK sieht vor:

„…

(4)   Der effektive Jahreszins darf nicht mehr als das Fünffache des gesetzlichen Verzugszinssatzes in bulgarischen Leva (BGN) oder in fremder Währung betragen, der mit Beschluss des Ministerrates der Republik Bulgarien bestimmt wurde.

(5)   Vertragsklauseln, die über die Bestimmungen in Abs. 4 hinausgehen, gelten als nichtig.

(6)   Bei Zahlungen aus Verträgen, die Klauseln enthalten, die gemäß Abs. 5 für nichtig erklärt wurden, werden die über die Schwelle des Abs. 4 hinaus gezahlten Beträge auf die folgenden Zahlungen auf den Kredit angerechnet.“

Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefragen

13

PCB beantragte beim vorlegenden Gericht gemäß Art. 410 GPK den Erlass eines Mahnbescheids gegen T.I.T., einen bulgarischen Staatsangehörigen (im Folgenden: betroffener Verbraucher), damit dieser eine Geldschuld begleicht, die sich aus der Hauptforderung, vertraglichen Zinsen, einer Vergütung für ein Paket von Nebenleistungen und aus Verzugszinsen gemäß einem zwischen den Parteien des Ausgangsverfahrens am 29. Dezember 2017 geschlossenen Verbraucherkreditvertrag zusammensetzt. Nach Angaben des vorlegenden Gerichts läuft ein solches Verfahren zum Erlass eines Mahnbescheids bis zu dessen Erteilung einseitig ab.

14

Gemäß dem Verbraucherkreditvertrag hatte der betroffene Verbraucher nach Angaben von PCB elf Monatsraten gezahlt, bevor er in Verzug geriet und er über die vorzeitige Fälligkeit des betreffenden Verbraucherkredits informiert wurde.

15

Nachdem das vorlegende Gericht festgestellt hatte, dass eine Klausel des Verbraucherkreditvertrags über die Vergütung für die Erbringung eines Pakets von Nebenleistungen einen missbräuchlichen Charakter aufwies, ging es davon aus, dass der Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids in seinem Teil über die Zahlung dieser Vergütung auf der Grundlage von Art. 411 Abs. 2 Nr. 3 GPK zurückzuweisen sei. Außerdem sei der vom betroffenen Verbraucher bereits gezahlte Betrag gemäß Art. 76 Abs. 2 ZZD der Rückzahlung der vertraglichen Zinsen und der Hauptforderung zuzuordnen, so dass 17 Raten dieser Zinsen sowie 16 volle Raten und ein Teil der 17. Rate der Hauptforderung getilgt worden seien.

16

Dementsprechend ordnete das vorlegende Gericht in Anwendung des Verbraucherkreditvertrags mit Verfügung vom 9. November 2020 die Erteilung eines Mahnbescheids gegen den betroffenen Verbraucher an, dem zufolge dieser einen von diesem Gericht neu berechneten Betrag an PCB zurückzuzahlen hatte, bei dem die bereits geleisteten Zahlungen von Amts wegen mit dem Betrag der von PCB geltend gemachten Forderung verrechnet wurden.

17

PCB legte gegen diese Verfügung beim Sofyiski gradski sad (Stadtgericht Sofia, Bulgarien) Beschwerde ein. Mit Beschluss vom 16. Februar 2021 entschied dieses Gericht zum einen, dass gemäß Art. 411 Abs. 2 Nr. 3 GPK das erstinstanzliche Gericht den Erlass des Mahnbescheids ablehnen müsse, wenn der Antrag auf Erlass dieses Bescheids auf eine missbräuchliche Klausel in einem mit einem Verbraucher geschlossenen Vertrag gestützt sei, was es von Amts wegen feststellen könne, ohne dass der Schuldner dafür Widerspruch einlegen müsse. In der Sache bestätigte es das Vorliegen einer missbräuchlichen Klausel im betreffenden Verbraucherkreditvertrag.

18

Zum anderen entschied der Sofyiski gradski sad (Stadtgericht Sofia), dass die eingelegte Beschwerde im Übrigen begründet sei. Das erstinstanzliche Gericht habe durch die Zuordnung der Zahlungen des Verbrauchers zur Rückzahlung der Zinsen und der Hauptforderung gemäß Art. 76 Abs. 2 ZDD seine Befugnisse beim Erlass eines Mahnbescheids überschritten. Das Mahnbescheidverfahren nach Art. 410 GPK ziele nämlich gemäß der Rechtsprechung des Varhoven kasatsionen sad (Oberstes Kassationsgericht, Bulgarien) nicht darauf ab, das Bestehen der betreffenden Forderung feststellen zu lassen, sondern nur darauf, zu überprüfen, ob diese Forderung bestritten werde. Die Prüfung des Bestehens der geltend gemachten Forderung müsse hingegen in einem Feststellungsverfahren erfolgen, das auf Antrag des betreffenden Gläubigers gemäß Art. 422 GPK eingeleitet werden müsse, falls der betreffende Schuldner von seinem Recht Gebrauch mache, gemäß Art. 414 GPK gegen den Bescheid Widerspruch einzulegen.

19

Das Berufungsgericht hob daher den Beschluss des vorlegenden Gerichts vom 9. November 2020 teilweise auf und bestätigte nur die Zurückweisung des Antrags, soweit dieser die Zahlung der Vergütung für das betreffende Paket von Nebenleistungen betraf, da dieser auf eine als missbräuchlich eingestufte Klausel gestützt war. Des Weiteren ordnete es an, dass zugunsten von PCB gemäß Art. 410 GPK ein Mahnbescheid zur Zahlung der weiteren geltend gemachten Beträge erlassen werde, und wies die Sache an das vorlegende Gericht als erstinstanzliches Gericht zum Erlass eines Mahnbescheids zurück.

20

Das vorlegende Gericht hat Zweifel an der Vorgehensweise und führt aus, dass dann, wenn es in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem festgestellt worden sei, dass der betroffene Verbraucher aufgrund einer missbräuchlichen Klausel in einem Verbraucherkreditvertrag Rückzahlungen geleistet habe, zugelassen werde, dass das Gericht, um diese Klausel unangewendet zu lassen, von Amts wegen eine Verrechnung vornehme, indem es eine Bestimmung des ZPK, und zwar Art. 19 Abs. 6 ZPK in Verbindung mit Art. 76 Abs. 2 ZZD, entsprechend anwende, dieser Verbraucher nicht gemäß Art. 414 GPK Widerspruch einlegen oder eine Klage erheben müsse, um sein Recht auf Verrechnung geltend zu machen.

21

Es müsse daher geklärt werden, falls Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 dem nationalen Gericht ermögliche, den Erlass eines Mahnbescheids teilweise zu versagen, ob dieses Gericht gemäß dieser Bestimmung von Amts wegen alle Konsequenzen aus der Missbräuchlichkeit der betreffenden Klausel ziehen und von Amts wegen eine Verrechnung vornehmen müsse, oder ob es vielmehr der Rechtsprechung eines höherrangigen Gerichts folgen müsse, das trotz der Feststellung des Vorliegens einer missbräuchlichen Klausel in dem betreffenden Verbraucherkreditvertrag den Erlass eines Mahnbescheids anordne und den Antrag auf Erlass dieses Mahnbescheids nur insoweit zurückweise, als dieser Beträge betreffe, die auf der Grundlage dieser missbräuchlichen Klausel geltend gemacht würden, ohne dass eine Verrechnung möglich sei. Das vorlegende Gericht stellt insoweit klar, dass es diese Frage im Kontext der Bereitstellung wirksamer Mittel zum Verbraucherschutz aufwerfe, da die Verrechnung der Forderungen durch das Gericht nach bulgarischem Recht nur zulässig sei, wenn sie als subjektives Recht vorgenommen werde. Von Amts wegen könne sie gemäß Art. 19 Abs. 6 ZPK hingegen nur ausnahmsweise vorgenommen werden.

22

Unter diesen Umständen hat der Sofiyski rayonen sad (Rayongericht Sofia, Bulgarien) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof die folgenden Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.

Ist Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 dahin auszulegen, dass das Gericht verpflichtet ist, in Verfahren, an denen der Schuldner bis zum Erlass einer gerichtlichen Zahlungsanordnung nicht beteiligt ist, von Amts wegen die Missbräuchlichkeit einer Vertragsklausel zu prüfen und diese bei Verdacht der Missbräuchlichkeit unangewendet zu lassen?

2.

Falls die erste Frage bejaht wird: Ist das nationale Gericht verpflichtet, den Erlass einer gerichtlichen Entscheidung, mit der eine Zahlung angeordnet wird, ganz abzulehnen, wenn ein Teil des Anspruchs auf einer missbräuchlichen Vertragsklausel basiert, die die Höhe des geltend gemachten Anspruchs mitbildet?

3.

Falls die erste Frage bejaht und die zweite verneint wird: Ist das nationale Gericht verpflichtet, den Erlass einer gerichtlichen Entscheidung, mit der eine Zahlung angeordnet wird, in Bezug auf denjenigen Teil des Anspruchs abzulehnen, der auf der missbräuchlichen Klausel basiert?

4.

Falls die dritte Frage bejaht wird: Ist das nationale Gericht verpflichtet – und wenn ja, unter welchen Bedingungen –, die Folgen des missbräuchlichen Charakters einer Klausel von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn Informationen über eine darauf beruhende Zahlung vorliegen, u. a., indem es diese Zahlung mit anderen, ausstehenden Schulden aus dem Vertrag verrechnet?

5.

Falls die vierte Frage bejaht wird: Ist das nationale Gericht an die Weisungen einer höheren Instanz gebunden, die nach nationalem Recht für die überprüfte Instanz verpflichtend sind, wenn sie die Folgen des missbräuchlichen Charakters einer Klausel nicht berücksichtigen?

Zu den Vorlagefragen

Zulässigkeit

23

Als Erstes zieht PCB die Zulässigkeit der ersten Frage mit der Begründung in Zweifel, dass der Gerichtshof im Urteil vom 13. September 2018, Profi Credit Polska (C‑176/17, EU:C:2018:711), entschieden habe, dass ein wirksamer Schutz der dem Verbraucher von der Richtlinie 93/13 gewährleisteten Rechte nur dann garantiert werden könne, wenn die betreffenden nationalen Verfahrensregeln es ermöglichten, dass die im betreffenden mit einem Verbraucher geschlossenen Vertrag enthaltenen Klauseln u. a. im Rahmen des Zahlungsbefehlsverfahrens von Amts wegen auf ihre Missbräuchlichkeit überprüft würden.

24

Dem ist zum einen zu entgegnen, dass es den innerstaatlichen Gerichten selbst bei Vorliegen einer Rechtsprechung des Gerichtshofs, anhand deren das betreffende rechtliche Problem gelöst werden kann, unbenommen bleibt, den Gerichtshof zu befassen, wenn sie es für angebracht halten, ohne dass der Umstand, dass die Bestimmungen, um deren Auslegung ersucht wird, vom Gerichtshof bereits ausgelegt worden sind, einer neuerlichen Entscheidung des Gerichtshofs entgegenstünde (Urteil vom 6. November 2018, Bauer und Willmeroth, C‑569/16 und C‑570/16, EU:C:2018:871, Rn. 21 und die dort angeführte Rechtsprechung).

25

Zum anderen ist es nach ständiger Rechtsprechung im Rahmen der durch Art. 267 AEUV geschaffenen Zusammenarbeit zwischen dem Gerichtshof und den nationalen Gerichten allein Sache des nationalen Gerichts, das mit dem Rechtsstreit befasst ist und in dessen Verantwortungsbereich die zu erlassende Entscheidung fällt, anhand der Besonderheiten der Rechtssache sowohl die Erforderlichkeit einer Vorabentscheidung für den Erlass seines Urteils als auch die Erheblichkeit der dem Gerichtshof vorzulegenden Fragen zu beurteilen. Daher ist der Gerichtshof grundsätzlich gehalten, über die ihm vorgelegten Fragen zu befinden, wenn sie die Auslegung des Unionsrechts betreffen (Urteil vom 6. November 2018, Bauer und Willmeroth, C‑569/16 und C‑570/16, EU:C:2018:871, Rn. 23 und die dort angeführte Rechtsprechung).

26

Was als Zweites das Vorbringen von PCB betrifft, das vorlegende Gericht habe keine Unvereinbarkeit des bulgarischen Rechts mit Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13, dessen Auslegung begehrt werde, festgestellt, sondern ziele darauf ab, das bulgarische Recht auslegen zu lassen, ist festzustellen, dass aus dem Vorabentscheidungsersuchen hervorgeht, dass sich dieses Gericht Fragen nach der Auslegung dieser Bestimmung stellt, um in Erfahrung zu bringen, ob es nach dem Grundsatz des Vorrangs des Unionsrechts eine nationale Regelung, wie sie von einem höherrangigen Gericht ausgelegt wird, dessen Rechtsprechung für es bindend ist, unangewendet lassen muss.

27

Angesichts aller vorstehenden Erwägungen ist festzustellen, dass das Vorabentscheidungsersuchen einschließlich der ersten Frage zulässig ist.

Zur Beantwortung der Fragen

Zu den Fragen 1 bis 3

28

Mit seinen Fragen 1 bis 3, die zusammen zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 dahin auszulegen ist, dass das nationale Gericht, das mit einem Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids in einem Verfahren befasst ist, an dem der Schuldner, der Verbraucher ist, bis zum Erlass dieses Mahnbescheids nicht beteiligt ist, verpflichtet ist, eine missbräuchliche Klausel des zwischen diesem Verbraucher und dem betreffenden Gewerbetreibenden geschlossenen Verbraucherkreditvertrags, auf die ein Teil der geltend gemachten Forderung gestützt ist, unangewendet zu lassen, und, wenn ja, ob das Gericht diesen Antrag nur teilweise zurückweisen kann.

29

Nach Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 sehen die Mitgliedstaaten vor, dass missbräuchliche Klauseln in Verträgen, die ein Gewerbetreibender mit einem Verbraucher geschlossen hat, für den Verbraucher unverbindlich sind, und legen die Bedingungen hierfür in ihren innerstaatlichen Rechtsvorschriften fest; sie sehen ferner vor, dass der Vertrag für beide Parteien auf derselben Grundlage bindend bleibt, wenn er ohne die missbräuchlichen Klauseln bestehen kann.

30

Diese zwingende Bestimmung zielt darauf ab, die nach dem Vertrag bestehende formale Ausgewogenheit der Rechte und Pflichten der Vertragsparteien durch eine materielle Ausgewogenheit zu ersetzen und so deren Gleichheit wiederherzustellen (Urteil vom 21. Dezember 2016, Gutiérrez Naranjo u. a., C‑154/15, C‑307/15 und C‑308/15, EU:C:2016:980, Rn. 55 und die dort angeführte Rechtsprechung).

31

Zu diesem Zweck obliegt es dem nationalen Gericht als Erstes, unter den von seinem Recht festgelegten Bedingungen von Amts wegen die Missbräuchlichkeit einer in den Geltungsbereich der Richtlinie 93/13 fallenden Vertragsklausel zu prüfen und die missbräuchlichen Klauseln für unanwendbar zu erklären, damit sie den betreffenden Verbraucher nicht binden, sofern der Verbraucher dem nicht widerspricht (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 26. März 2019, Abanca Corporación Bancaria und Bankia, C‑70/17 und C‑179/17, EU:C:2019:250, Rn. 52 und die dort angeführte Rechtsprechung).

32

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass das nationale Gericht damit zwar dem Ungleichgewicht zwischen dem Verbraucher und dem Gewerbetreibenden abhilft, es dies jedoch nur unter der Voraussetzung tun kann, dass es über die hierzu erforderlichen rechtlichen und tatsächlichen Grundlagen verfügt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. September 2018, Profi Credit Polska, C‑176/17, EU:C:2018:711, Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung). Daraus folgt, dass das nationale Gericht gegebenenfalls, wenn der Verbraucher dem nicht widerspricht, von Amts wegen eine Beweisaufnahme durchführen muss, um die Akte zu ergänzen, indem es die Parteien unter Wahrung des Grundsatzes des kontradiktorischen Verfahrens um die hierfür erforderlichen Informationen ersucht (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 26. November 2020, DSK Bank und FrontEx International, C‑807/19, EU:C:2020:967, Rn. 52 und 54 und die dort angeführte Rechtsprechung).

33

Diese Gründe gelten auch für ein Mahnbescheidverfahren (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. September 2018, Profi Credit Polska, C‑176/17, EU:C:2018:711, Rn. 43 und die dort angeführte Rechtsprechung).

34

Als Zweites verlangt Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 nach ständiger Rechtsprechung nicht, dass das nationale Gericht über die für missbräuchlich erklärte Klausel hinaus Klauseln unangewendet lässt, die nicht als missbräuchlich eingestuft wurden (Urteil vom 29. April 2021, Bank BPH, C‑19/20, EU:C:2021:341, Rn. 54 und die dort angeführte Rechtsprechung).

35

Diese Bestimmung, und insbesondere ihr zweiter Halbsatz, verfolgt nämlich nicht das Ziel, die Nichtigkeit sämtlicher Verträge herbeizuführen, die missbräuchliche Klauseln enthalten, sondern, dadurch das Gleichgewicht zwischen den Parteien wiederherzustellen, dass als missbräuchlich erachtete Klauseln unangewendet bleiben, die Gültigkeit der übrigen Klauseln des betreffenden Vertrags jedoch grundsätzlich beibehalten wird. Der Vertrag muss – abgesehen von der Änderung, die sich aus dem Wegfall der missbräuchlichen Klauseln ergibt – grundsätzlich unverändert bestehen bleiben. Der Vertrag kann somit bestehen bleiben, soweit ein solcher Fortbestand des Vertrags ohne die missbräuchlichen Klauseln nach den Vorschriften des innerstaatlichen Rechts rechtlich möglich ist (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 7. August 2018, Banco Santander und Escobedo Cortés, C‑96/16 und C‑94/17, EU:C:2018:643, Rn. 75, und vom 29. April 2021, Bank BPH, C‑19/20, EU:C:2021:341, Rn. 83 und die dort angeführte Rechtsprechung).

36

In diesem Kontext hat der Gerichtshof außerdem entschieden, dass diese Bestimmung einer nationalen Rechtsvorschrift entgegensteht, die dem nationalen Gericht erlaubt, den betreffenden Vertrag durch Abänderung des Inhalts einer Klausel, deren Missbräuchlichkeit es festgestellt hat, anzupassen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 26. März 2019, Abanca Corporación Bancaria und Bankia, C‑70/17 und C‑179/17, EU:C:2019:250, Rn. 53 und die dort angeführte Rechtsprechung).

37

Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass das nationale Gericht, das mit einem Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids befasst ist, der auf einen Verbraucherkreditvertrag gestützt ist, der eine missbräuchliche Klausel enthält, diesem Antrag stattgeben kann, dabei jedoch diese Klausel unangewendet lassen muss, sofern dieser Vertrag ohne weitere Änderung, Anpassung oder Ergänzung bestehen bleiben kann, was zu überprüfen Sache des vorlegenden Gerichts ist. In diesem Fall muss es dem Gericht gestattet sein, diesen Antrag nur für den Teil der sich aus dieser Klausel ergebenden Ansprüche zurückzuweisen, wenn sie sich vom restlichen Teil des Antrags abtrennen lassen.

38

Nach alledem ist auf die Fragen 1 bis 3 zu antworten, dass Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 dahin auszulegen ist, dass das nationale Gericht, das mit einem Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids in einem Verfahren befasst ist, an dem der Schuldner, der Verbraucher ist, bis zum Erlass dieses Mahnbescheids nicht beteiligt ist, verpflichtet ist, eine missbräuchliche Klausel des zwischen diesem Verbraucher und dem betreffenden Gewerbetreibenden geschlossenen Verbraucherkreditvertrags, auf die ein Teil der geltend gemachten Forderung gestützt ist, von Amts wegen unangewendet zu lassen. In diesem Fall kann es den Antrag teilweise zurückweisen, sofern der Vertrag ohne weitere Änderung, Anpassung oder Ergänzung bestehen bleiben kann, was zu überprüfen Sache dieses Gerichts ist.

Zur vierten Frage

39

Mit seiner vierten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 dahin auszulegen ist, dass er das mit einem Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids befasste nationale Gericht verpflichtet, von Amts wegen die Konsequenzen aus der Missbräuchlichkeit einer Klausel eines Verbraucherkreditvertrags zu ziehen, wenn diese zu einer Zahlung geführt hat, so dass es verpflichtet wäre, von Amts wegen diese Zahlung mit dem gemäß diesem Vertrag geschuldeten Restbetrag zu verrechnen.

40

Hierzu führt das vorlegende Gericht aus, dass der betroffene Verbraucher, wenn das nationale Gericht gemäß Art. 6 dieser Richtlinie dazu verpflichtet wäre, kein gesondertes Verfahren mehr einleiten müsste, um seinen Anspruch auf Verrechnung geltend zu machen.

41

Nach ständiger Rechtsprechung muss das nationale Gericht nach Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 alle Konsequenzen ziehen, die sich nach nationalem Recht aus der Feststellung der Missbräuchlichkeit einer Klausel ergeben, um sicher sein zu können, dass diese für den betreffenden Verbraucher unverbindlich ist (Urteil vom 30. Mai 2013, Asbeek Brusse und de Man Garabito, C‑488/11, EU:C:2013:341, Rn. 49 und die dort angeführte Rechtsprechung). Diese Pflicht beinhaltet, wie in Rn. 31 des vorliegenden Urteils erläutert worden ist, dass dieses Gericht die als missbräuchlich eingestufte Klausel für unanwendbar zu erklären hat, damit sie den Verbraucher nicht bindet.

42

Da eine solche Klausel grundsätzlich als von Anfang an nicht existent anzusehen ist, so dass sie gegenüber dem Verbraucher keine Wirkungen haben kann, entfaltet die Pflicht des nationalen Gerichts, eine missbräuchliche Vertragsklausel, nach der ein Betrag zu zahlen ist, für unanwendbar zu erklären, im Hinblick auf diesen Betrag grundsätzlich Restitutionswirkung (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. Dezember 2016, Gutiérrez Naranjo u. a., C‑154/15, C‑307/15 und C‑308/15, EU:C:2016:980, Rn. 61 und 62).

43

In diesem Zusammenhang hat der Gerichtshof entschieden, dass es Sache der Mitgliedstaaten ist, durch ihr nationales Recht die Bedingungen festzulegen, unter denen die Feststellung der Missbräuchlichkeit einer Vertragsklausel erfolgt und die konkreten Rechtswirkungen dieser Feststellung eintreten. Allerdings muss diese Feststellung die Wiederherstellung der Tatsachen‑ und Rechtslage, in der sich der Verbraucher ohne die missbräuchliche Klausel befände, ermöglichen, und zwar insbesondere durch Begründung eines Anspruchs auf Rückgewähr der Vorteile, die der Gewerbetreibende aufgrund der missbräuchlichen Klauseln zulasten des Verbrauchers rechtsgrundlos erhalten hat. Durch eine solche Einbettung des den Verbrauchern durch die Richtlinie 93/13 gewährten Schutzes in das nationale Recht kann nämlich das Wesen dieses Schutzes nicht beeinträchtigt werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. Dezember 2016, Gutiérrez Naranjo u. a., C‑154/15, C‑307/15 und C‑308/15, EU:C:2016:980, Rn. 65 und 66)

44

Zwar sind die Mitgliedstaaten nach Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 somit verpflichtet, in ihrem nationalen Recht Verfahrensmodalitäten vorzusehen, die die Einhaltung dieses Restitutionsanspruchs gewährleisten können, doch ergibt sich daraus keine Pflicht, diesen Anspruch mittels einer vom nationalen Gericht von Amts wegen vorzunehmenden Verrechnung umzusetzen, auch wenn dieses verpflichtet ist, die missbräuchliche Klausel unangewendet zu lassen.

45

Daraus folgt, dass eine nationale Regelung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende, nach der das mit einem Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids befasste Gericht verpflichtet ist, diesen Antrag zurückzuweisen, soweit dieser auf eine missbräuchliche Klausel gestützt ist, aber nicht befugt ist, von Amts wegen die auf der Grundlage dieser Klausel getätigten Zahlungen und den Restschuldbetrag miteinander zu verrechnen, und die zur Folge hat, dass der Schuldner, der an dem Mahnbescheidverfahren nicht beteiligt ist, gezwungen ist, für die Ausübung seines Anspruchs auf volle Rückgewähr ein gesondertes Verfahren einzuleiten, Art. 6 der Richtlinie 93/13 grundsätzlich nicht zuwiderläuft.

46

Nach ständiger Rechtsprechung müssen jedoch die Modalitäten zur Wahrung der sich aus dem Unionsrecht ergebenden Rechte, die die Mitgliedstaaten nach dem Grundsatz der Verfahrensautonomie festlegen, die doppelte Voraussetzung erfüllen, dass sie nicht ungünstiger sein dürfen als diejenigen, die gleichartige, dem innerstaatlichen Recht unterliegende Sachverhalte regeln (Äquivalenzgrundsatz), und dass sie die Ausübung der den Verbrauchern durch das Unionsrecht verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren dürfen (Effektivitätsgrundsatz) (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18. Februar 2016, Finanmadrid EFC, C‑49/14, EU:C:2016:98, Rn. 40 und die dort angeführte Rechtsprechung).

47

Was als Erstes den Äquivalenzgrundsatz betrifft, ist festzustellen, dass nach dem Stand des innerstaatlichen Rechts, wie er in dem Vorabentscheidungsersuchen dargestellt wird, Art. 19 Abs. 6 ZPK eine Verrechnung von Amts wegen vorsieht, wenn eine Klausel nach Art. 19 Abs. 5 ZPK nichtig ist, was Zahlungen betrifft, die aufgrund einer Klausel getätigt wurden, die über die in Art. 19 Abs. 4 ZPK definierte Begrenzung des effektiven Jahreszinses hinausgeht. Nach Ansicht des vorlegenden Gerichts würde die entsprechende Anwendung von Art. 19 Abs. 6 ZPK in Verbindung mit Art. 76 ZZD im Rahmen eines Verfahrens zum Erlass eines teilweise auf eine missbräuchliche Klausel gestützten Mahnbescheids ermöglichen, auch von Amts wegen eine Verrechnung vorzunehmen, was u. a. auf der Grundlage dieser Klausel getätigte Zahlungen betrifft, so dass der betreffende Verbraucher kein gesondertes Verfahren einleiten müsste, um die rechtsgrundlos geleisteten Beträge zurückzuerhalten. Da das vorlegende Gericht in einer Antwort auf ein vom Gerichtshof hierzu gestelltes Ersuchen um Klarstellung allerdings zum einen ausgeführt hat, dass es eine widersprüchliche Rechtsprechung gebe, was die Voraussetzungen betreffe, unter denen das nationale Gericht verpflichtet sei, im Rahmen eines Mahnbescheidverfahrens im Fall der Feststellung einer missbräuchlichen Klausel von Amts wegen eine Verrechnung wie die in Art. 19 Abs. 6 ZPK vorgesehene vorzunehmen, und dass es zum anderen eine abweichende Rechtsprechung gebe, was die Rechtmäßigkeit der entsprechenden Anwendung dieser Bestimmung betreffe, um eine Verrechnung von Amts wegen in den Fällen vorzunehmen, die nicht nur zur Anwendung von Art. 19 Abs. 4 ZPK führten, verfügt der Gerichtshof nicht über ausreichende Anhaltspunkte, um die Einhaltung des Äquivalenzgrundsatzes zu beurteilen. Daher wird das nationale Gericht, das als einziges unmittelbare Kenntnis von den Verfahrensmodalitäten des Rechts auf Restitution in seiner innerstaatlichen Rechtsordnung haben kann, die Einhaltung dieses Grundsatzes zu prüfen und dabei den Gegenstand, die Gründe und die wesentlichen Gesichtspunkte dieser Verfahrensmodalitäten zu berücksichtigen haben.

48

Was als Zweites den Effektivitätsgrundsatz anbelangt, geht aus den Erläuterungen des vorlegenden Gerichts und insbesondere denen zur Auslegung von Art. 410 GPK durch die Rechtsprechung, nach der das Gericht im Rahmen des Mahnbescheidverfahrens für die Prüfung des Bestehens der betreffenden Forderung nicht zuständig ist und der betroffene Verbraucher für die Ausübung seines sich aus Art. 6 der Richtlinie 93/13 ergebenden Rechts auf vollständige Rückgewähr daher ein gesondertes Verfahren führen muss, nicht hervor, dass dieser Artikel die Ausübung dieses Rechts unmöglich macht oder übermäßig erschwert, wenngleich diese Pflicht vom betroffenen Verbraucher ein aktives Verhalten und die Führung eines kontradiktorischen Verfahrens verlangt. Es ist daher nicht ersichtlich, dass diese Verfahrensmodalitäten für sich genommen die Ausübung des durch das Unionsrecht verliehenen Rechts auf Rückgewähr unmöglich machen oder übermäßig erschweren, was zu überprüfen Sache des vorlegenden Gerichts ist. Hierzu ist im Übrigen darauf hinzuweisen, dass die Wahrung des Effektivitätsgrundsatzes nicht so weit gehen kann, eine völlige Untätigkeit des betroffenen Verbrauchers auszugleichen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. September 2014, Kušionová, C‑34/13, EU:C:2014:2189, Rn. 56).

49

Nach alledem ist auf die vierte Frage zu antworten, dass Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 dahin auszulegen ist, dass diese Bestimmung das nationale Gericht, das mit einem Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids befasst ist, zwar verpflichtet, alle Konsequenzen, die sich nach dem innerstaatlichen Recht aus der Feststellung der Missbräuchlichkeit einer Klausel in einem zwischen einem Verbraucher und einem Gewerbetreibenden geschlossenen Verbraucherkreditvertrag ergeben, zu ziehen, um sicher sein zu können, dass diese für den Verbraucher unverbindlich ist, sie das Gericht unter dem Vorbehalt, dass die Grundsätze der Äquivalenz und der Effektivität gewahrt werden, jedoch grundsätzlich nicht verpflichtet, von Amts wegen die auf der Grundlage dieser Klausel getätigte Zahlung und die nach diesem Vertrag bestehende Restschuld miteinander zu verrechnen.

Zur fünften Frage

50

Vorab ist festzustellen, dass das vorlegende Gericht die fünfte Frage für den Fall gestellt hat, dass die vierte Frage bejaht wird.

51

Mit der fünften Frage möchte das vorlegende Gericht somit im Wesentlichen wissen, ob für den Fall, dass das mit einem Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids befasste nationale Gericht nach Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 in Verbindung mit den Grundsätzen der Äquivalenz und der Effektivität verpflichtet ist, von Amts wegen die auf der Grundlage einer missbräuchlichen Klausel in einem Verbraucherkreditvertrag getätigte Zahlung und die nach diesem Vertrag bestehende Restschuld miteinander zu verrechnen, diese Bestimmung dahin auszulegen ist, dass dieses Gericht die Rechtsprechung eines höherrangigen Gerichts, nach der eine solche Verrechnung von Amts wegen verboten ist, unangewendet zu lassen hat.

52

Hierzu ist festzustellen, dass aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs hervorgeht, dass es diesem Gericht wegen des Grundsatzes des Vorrangs des Unionsrechts obliegt, die Rechtsprechung eines höherrangigen Gerichts wie dem im Ausgangsverfahren in Rede stehenden, die es ihm verbietet, im Rahmen eines Mahnbescheids die vom betreffenden Schuldner auf der Grundlage als missbräuchlich eingestufter Klauseln getätigten Zahlungen und die nach dem betreffenden Verbraucherkreditvertrag bestehende Restschuld von Amts wegen miteinander zu verrechnen, unangewendet zu lassen, da diese Rechtsprechung in diesem Fall mit dem Unionsrecht nicht vereinbar wäre (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. Dezember 2016, Gutiérrez Naranjo u. a., C‑154/15, C‑307/15 und C‑308/15, EU:C:2016:980, Rn. 74).

53

Nach alledem ist Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 dahin auszulegen, dass für den Fall, dass das mit einem Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids befasste nationale Gericht nach dieser Bestimmung in Verbindung mit den Grundsätzen der Äquivalenz und der Effektivität verpflichtet ist, von Amts wegen die auf der Grundlage einer missbräuchlichen Klausel in einem Verbraucherkreditvertrag getätigte Zahlung und die nach diesem Vertrag bestehende Restschuld miteinander zu verrechnen, dieses Gericht die gegenteilige Rechtsprechung eines höherrangigen Gerichts unangewendet zu lassen hat.

Kosten

54

Für die Beteiligten des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren Teil des beim vorlegenden Gericht anhängigen Verfahrens; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

 

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Neunte Kammer) für Recht erkannt:

 

1.

Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen ist dahin auszulegen, dass das nationale Gericht, das mit einem Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids in einem Verfahren befasst ist, an dem der Schuldner, der Verbraucher ist, bis zum Erlass dieses Mahnbescheids nicht beteiligt ist, verpflichtet ist, eine missbräuchliche Klausel des zwischen diesem Verbraucher und dem betreffenden Gewerbetreibenden geschlossenen Verbraucherkreditvertrags, auf die ein Teil der geltend gemachten Forderung gestützt ist, von Amts wegen unangewendet zu lassen. In diesem Fall kann es den Antrag teilweise zurückweisen, sofern der Vertrag ohne weitere Änderung, Anpassung oder Ergänzung bestehen bleiben kann, was zu überprüfen Sache dieses Gerichts ist.

 

2.

Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 ist dahin auszulegen, dass diese Bestimmung das nationale Gericht, das mit einem Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids befasst ist, zwar verpflichtet, alle Konsequenzen, die sich nach dem innerstaatlichen Recht aus der Feststellung der Missbräuchlichkeit einer Klausel in einem zwischen einem Verbraucher und einem Gewerbetreibenden geschlossenen Verbraucherkreditvertrag ergeben, zu ziehen, um sicher sein zu können, dass diese für den Verbraucher unverbindlich ist, sie das Gericht unter dem Vorbehalt, dass die Grundsätze der Äquivalenz und der Effektivität gewahrt werden, jedoch grundsätzlich nicht verpflichtet, von Amts wegen die auf der Grundlage dieser Klausel getätigte Zahlung und die nach diesem Vertrag bestehende Restschuld miteinander zu verrechnen.

 

3.

Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 ist dahin auszulegen, dass für den Fall, dass das mit einem Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids befasste nationale Gericht nach dieser Bestimmung in Verbindung mit den Grundsätzen der Äquivalenz und der Effektivität verpflichtet ist, von Amts wegen die auf der Grundlage einer missbräuchlichen Klausel in einem Verbraucherkreditvertrag getätigte Zahlung und die nach diesem Vertrag bestehende Restschuld miteinander zu verrechnen, dieses Gericht die gegenteilige Rechtsprechung eines höherrangigen Gerichts unangewendet zu lassen hat.

 

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Bulgarisch.