URTEIL DES GERICHTSHOFS (Dritte Kammer)

24. November 2022 ( *1 )

„Nichtigkeitsklage – Gemeinsame Fischereipolitik – Verordnung (EU) 2021/92 – Festlegung der Fangmöglichkeiten für 2021 für bestimmte Fischbestände und Bestandsgruppen in den Gewässern der Europäischen Union sowie für Fischereifahrzeuge der Union in bestimmten Nicht-Unionsgewässern – Technische Maßnahmen für die Erhaltung der Fischereiressourcen und den Schutz von Meeresökosystemen – Art. 15 bis 17 und 20 sowie Art. 59 Abs. 2 – Art. 43 Abs. 3 AEUV – Missbrauch von Befugnissen- Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit“

In der Rechtssache C‑259/21

betreffend eine Nichtigkeitsklage nach Art. 263 AEUV, eingereicht am 22. April 2021,

Europäisches Parlament, vertreten durch I. Liukkonen und I. Terwinghe als Bevollmächtigte,

Kläger,

gegen

Rat der Europäischen Union, vertreten durch S. Falek, F. Naert und A. Nowak-Salles als Bevollmächtigte,

Beklagter,

unterstützt durch

Europäische Kommission, vertreten durch A. Dawes, A. Stobiecka-Kuik und K. Walkerová als Bevollmächtigte,

Streithelferin,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin K. Jürimäe sowie der Richter M. Safjan, N. Piçarra, N. Jääskinen (Berichterstatter) und M. Gavalec,

Generalanwalt: N. Emiliou,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 22. Juni 2022

folgendes

Urteil

1

Mit seiner Klage beantragt das Europäische Parlament die Nichtigerklärung der Art. 15 bis 17, 20 und 59 Abs. 2 der Verordnung (EU) 2021/92 des Rates vom 28. Januar 2021 zur Festlegung der Fangmöglichkeiten für 2021 für bestimmte Fischbestände und Bestandsgruppen in den Unionsgewässern sowie für Fischereifahrzeuge der Union in bestimmten Nicht-Unionsgewässern (ABl. 2021, L 31, S. 31, im Folgenden: streitige Bestimmungen).

Rechtlicher Rahmen

AEU-Vertrag

2

Art. 43 Abs. 2 und 3 AEUV lautet wie folgt:

„(2)   Das Europäische Parlament und der Rat legen gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren und nach Anhörung des Wirtschafts- und Sozialausschusses die gemeinsame Organisation der Agrarmärkte nach Artikel 40 Absatz 1 sowie die anderen Bestimmungen fest, die für die Verwirklichung der Ziele der gemeinsamen Agrar- und Fischereipolitik notwendig sind.

(3)   Der Rat erlässt auf Vorschlag der Kommission die Maßnahmen zur Festsetzung der Preise, der Abschöpfungen, der Beihilfen und der mengenmäßigen Beschränkungen sowie zur Festsetzung und Aufteilung der Fangmöglichkeiten in der Fischerei.“

Grundverordnungen

3

Die Verordnung (EU) Nr. 1380/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2013 über die Gemeinsame Fischereipolitik und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 1954/2003 und (EG) Nr. 1224/2009 des Rates sowie zur Aufhebung der Verordnungen (EG) Nr. 2371/2002 und (EG) Nr. 639/2004 des Rates und des Beschlusses 2004/585/EG des Rates (ABl. 2013, L 354, S. 22), die Verordnung (EU) 2019/472 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. März 2019 zur Festlegung eines Mehrjahresplans für die in den westlichen Gewässern und angrenzenden Gewässern gefischten Bestände und für Fischereien, die diese Bestände befischen, zur Änderung der Verordnungen (EU) 2016/1139 und (EU) 2018/973 und zur Aufhebung der Verordnungen (EG) Nr. 811/2004, (EG) Nr. 2166/2005, (EG) Nr. 388/2006, (EG) Nr. 509/2007 und (EG) Nr. 1300/2008 des Rates (ABl. 2019, L 83, S. 1) und die Verordnung (EU) 2019/1241 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 mit technischen Maßnahmen für die Erhaltung der Fischereiressourcen und den Schutz von Meeresökosystemen, zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 1967/2006, (EG) Nr. 1224/2009 des Rates und die Verordnungen (EU) Nr. 1380/2013, (EU) 2016/1139, (EU) 2018/973, (EU) 2019/472 und (EU) 2019/1022 des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Verordnungen (EG) Nr. 894/97, (EG) Nr. 850/98, (EG) Nr. 2549/2000, (EG) Nr. 254/2002, (EG) Nr. 812/2004 und (EG) Nr. 2187/2005 des Rates (ABl. 2019, L 198, S. 105) (im Folgenden zusammen: Grundverordnungen) wurden auf der Grundlage von Art. 43 Abs. 2 AEUV erlassen.

Verordnung Nr. 1380/2013

4

Die Ziele der Gemeinsamen Fischereipolitik (im Folgenden: GFP) werden in Art. 2 der Verordnung Nr. 1380/2013 genannt.

5

In Art. 12 („Kommissionsmaßnahmen im Falle einer ernsten Bedrohung biologischer Meeresschätze“) dieser Verordnung heißt es:

„(1)   In hinreichend begründeten Fällen äußerster Dringlichkeit im Zusammenhang mit einer nachweislichen ernsthaften Bedrohung der Erhaltung biologischer Meeresschätze oder des Meeresökosystems … kann die Kommission auf begründeten Antrag eines Mitgliedstaats oder von Amts wegen sofort geltende Durchführungsrechtsakte zur Minderung dieser Bedrohung erlassen, die für einen Zeitraum von höchstens sechs Monaten nach dem in Artikel 47 Absatz 3 genannten Verfahren anwendbar bleiben.

(3)   Vor Ablauf des ersten Zeitraums der Anwendung sofort geltender Durchführungsrechtsakte mit Sofortmaßnahmen gemäß Absatz 1 kann die Kommission, sofern die Bedingungen nach Absatz 1 erfüllt sind, sofort geltende Durchführungsrechtsakte erlassen, die die Anwendung dieser Sofortmaßnahme mit sofortiger Wirkung um höchstens sechs Monate verlängern. …“

6

Nach Art. 13 („Sofortmaßnahmen eines Mitgliedstaats“) dieser Verordnung können, wenn die Erhaltung biologischer Meeresschätze oder des Meeresökosystems im Zusammenhang mit Fischereitätigkeiten in Gewässern unter der Hoheit oder der Gerichtsbarkeit eines Mitgliedstaats nachweislich ernsthaft bedroht und sofortiges Handeln erforderlich ist, die Mitgliedstaaten Sofortmaßnahmen zur Minderung dieser Bedrohung erlassen.

Verordnung 2019/472

7

Mit der Verordnung 2019/472 in der durch die Verordnung 2019/1241 geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung 2019/472) wird ein Mehrjahresplan für die in den westlichen Gewässern und angrenzenden Gewässern gefischten Bestände und für Fischereien, die diese Bestände befischen, festgelegt.

8

Gemäß Art. 8 Abs. 2 dieser Verordnung werden, wenn aus wissenschaftlichen Gutachten hervorgeht, dass die Biomasse des Laicherbestands – und in Bezug auf den Bestand von Kaisergranat die Abundanz – eines der in Art. 1 Abs. 1 genannten Bestände unter bestimmten Werten liegt, weitere Abhilfemaßnahmen ergriffen, um sicherzustellen, dass der betreffende Bestand oder die betreffende Funktionseinheit schnell wieder Werte oberhalb des Niveaus erreicht, das einen höchstmöglichen Dauerertrag ermöglicht. Außerdem ist dieser Vorschrift zu entnehmen, dass derartige Abhilfemaßnahmen die Aussetzung der gezielten Befischung des betreffenden Bestands oder der betreffenden Funktionseinheit sowie eine angemessene Verringerung der Fangmöglichkeiten umfassen können.

9

Nach Art. 8 Abs. 3 dieser Verordnung können die in diesem Artikel genannten Abhilfemaßnahmen Sofortmaßnahmen gemäß den Art. 12 und 13 der Verordnung Nr. 1380/2013 sowie Maßnahmen gemäß Art. 9 der Verordnung 2019/472 umfassen.

10

Art. 9 Abs. 1 der Verordnung 2019/472 lautet:

„Der Kommission wird die Befugnis übertragen, gemäß Artikel 18 der vorliegenden Verordnung und Artikel 18 der Verordnung … Nr. 1380/2013 delegierte Rechtsakte zu erlassen, um diese Verordnung im Hinblick auf die folgenden technischen Maßnahmen zu ergänzen, sofern diese nicht unter die Verordnung … 2019/1241 … fallen:

a)

Spezifikationen zu Merkmalen von Fanggeräten und Vorschriften über ihren Einsatz, um die Selektivität sicherzustellen oder zu verbessern, unerwünschte Fänge zu verringern oder die negativen Auswirkungen auf das Ökosystem zu minimieren;

b)

Spezifikationen zu Änderungen oder zusätzlichen Vorrichtungen an den Fanggeräten, um die Selektivität sicherzustellen oder zu verbessern, unerwünschte Fänge zu verringern oder die negativen Auswirkungen auf das Ökosystem zu minimieren;

c)

Beschränkungen oder Verbote des Einsatzes bestimmter Fanggeräte und von Fangtätigkeiten in bestimmten Gebieten oder zu bestimmten Zeiten, um Laichfische, Fische unterhalb der Mindestreferenzgröße für die Bestandserhaltung oder von Nichtzielarten zu schützen oder um die negativen Auswirkungen auf das Ökosystem zu minimieren; und

d)

Festlegung von Mindestreferenzgrößen für die Bestandserhaltung für alle Bestände im Geltungsbereich dieser Verordnung, um den Schutz von jungen Meerestieren zu gewährleisten.“

Verordnung 2019/1241

11

Die Verordnung 2019/1241 hat gemäß ihrem Art. 1 zum Gegenstand, technische Maßnahmen zu Fang und Anlandung von biologischen Meeresschätzen, Einsatz von Fanggeräten und Wechselwirkungen zwischen Fischereitätigkeiten und Meeresökosystemen festzulegen.

12

Art. 10 („Fangverbote für Fisch- und Schalentierarten“) dieser Verordnung bestimmt:

„(1)   Es ist verboten, die in Anhang IV der Richtlinie 92/43/EWG [des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (ABl. 1992, L 206, S. 7)] aufgeführten Fisch- oder Schalentierarten zu befischen, an Bord zu behalten, umzuladen oder anzulanden, es sei denn, es gelten Ausnahmeregelungen gemäß Artikel 16 der genannten Richtlinie.

(2)   Zusätzlich zu den in Absatz 1 genannten Arten ist es Unionsschiffen verboten, die in Anhang I aufgeführten Arten oder Arten, deren Befischung gemäß anderen Rechtsakten der Union verboten ist, zu befischen, an Bord zu behalten, umzuladen, anzulanden, zu lagern, zu verkaufen, feilzubieten oder zum Verkauf anzubieten.

(4)   Zeigen die besten verfügbaren wissenschaftlichen Gutachten, dass die Liste in Anhang I zu ändern ist, ist die Kommission befugt, solche Änderungen dieser Liste im Wege delegierter Rechtsakte gemäß Artikel 29 zu verabschieden.

…“

13

Art. 15 („Technische Maßnahmen auf regionaler Ebene“) dieser Verordnung sieht in Abs. 2 vor:

„Um regionalen Besonderheiten der betreffenden Fischereien Rechnung zu tragen, wird der Kommission die Befugnis übertragen, delegierte Rechtsakte gemäß Artikel 29 der vorliegenden Verordnung und gemäß Artikel 18 der Verordnung … Nr. 1380/2013 zu erlassen, um die technischen Maßnahmen, wie in den … Anhängen [V bis XI und XIII] aufgeführt, – einschließlich bei der Umsetzung der Anlandeverpflichtung im Zusammenhang mit Artikel 15 Absätze 5 und 6 der Verordnung … Nr. 1380/2013 – zu ändern, zu ergänzen, aufzuheben oder davon abzuweichen. Die Kommission erlässt diese delegierten Rechtsakte auf der Grundlage einer gemäß Artikel 18 der Verordnung … Nr. 1380/2013 vorgelegten gemeinsamen Empfehlung und im Einklang mit den einschlägigen Artikeln von Kapitel III der vorliegenden Verordnung.“

14

Art. 29 („Ausübung der Befugnisübertragung“) Abs. 6 der Verordnung 2019/1241 lautet:

„Ein delegierter Rechtsakt, der gemäß Artikel 2 Absatz 2, Artikel 8 Absatz 3, Artikel 10 Absatz 4, Artikel 12 Absatz 2, Artikel 15 Absatz 2, Artikel 23 Absätze 1 und 5, Artikel 27 Absatz 7 sowie Artikel 31 Absatz 4 erlassen wird, tritt nur in Kraft, wenn weder das Europäische Parlament noch der Rat innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach Übermittlung dieses Rechtsakts an das Europäische Parlament und den Rat Einwände erhoben haben oder wenn vor Ablauf dieser Frist das Europäische Parlament und der Rat beide der Kommission mitgeteilt haben, dass sie keine Einwände erheben werden. Auf Initiative des Europäischen Parlaments oder des Rates wird diese Frist um zwei Monate verlängert.“

15

Die in Art. 10 Abs. 2 der Verordnung 2019/1241 genannte Liste der Arten, deren Befischung verboten ist, befindet sich in Anhang I dieser Verordnung.

16

Anhang VI dieser Verordnung enthält die für die nordwestlichen Gewässer geltenden technischen Maßnahmen.

Verordnung 2021/92

17

Die Verordnung 2021/92 wurde vom Rat auf der Grundlage von Art. 43 Abs. 3 AEUV erlassen.

18

In den Erwägungsgründen 55 bis 59 dieser Verordnung heißt es:

„(55)

In dem Gutachten des [Internationalen Rates für Meeresforschung (ICES)] wird darauf hingewiesen, dass die Bestände von Kabeljau und Wittling in der Keltischen See unter [dem unteren Grenzwert (Blim)] liegen. Für diese Bestände wurden bereits mit der Verordnung (EU) 2020/123 [des Rates vom 27. Januar 2020 zur Festsetzung der Fangmöglichkeiten für 2020 für bestimmte Fischbestände und Bestandsgruppen in den Unionsgewässern sowie für Fischereifahrzeuge der Union in bestimmten Nicht-Unionsgewässern (ABl. 2020, L 25, S. 1)] spezielle Abhilfemaßnahmen getroffen. Diese Maßnahmen sollten zur Wiederauffüllung der betreffenden Bestände beitragen. Ziel der Maßnahmen für Kabeljau ist es, für bessere Selektivität zu sorgen, indem die Verwendung von Fanggerät, bei dem geringere Mengen an Kabeljaubeifängen zu verzeichnen sind, in Gebieten mit erheblichen Kabeljaufangmengen vorgeschrieben und dadurch die fischereiliche Sterblichkeit dieses Bestands in gemischten Fischereien gesenkt wird. Die Maßnahmen für Wittling bestehen in technischen Änderungen der Merkmale des Fanggeräts, um die Beifänge von Wittling zu senken. Geht aus wissenschaftlichen Gutachten hervor, dass die Biomasse des Laicherbestands eines der in Artikel 1 Absatz 1 des [durch die Verordnung 2019/472 festgelegten] Mehrjahresplans für die westlichen Gewässer genannten Bestände unter [Blim] liegt, so sind gemäß Artikel 8 des Plans weitere Abhilfemaßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass der Bestand schnell wieder Werte oberhalb des Niveaus erreicht, das den [höchstmöglichen Dauerertrag] ermöglicht. Abhilfemaßnahmen wären beispielsweise die Aussetzung der gezielten Befischung des betreffenden Bestands oder die entsprechende Verringerung der Fangmöglichkeiten für diese oder andere Bestände in Fischereien mit Beifängen von Kabeljau oder Wittling.

(56)

Die Maßnahmen zur Reduzierung der Beifänge von Gadidae sind funktional mit den [zulässigen Gesamtfangmengen (TACs)] für Arten verbunden, die in gemischten Fischereien zusammen mit Gadidae gefangen werden (z. B. Schellfisch, Butte, Seeteufel und Kaisergranat), da ohne diese Maßnahmen die TACs für Zielarten gesenkt werden müssten, damit sich die Gadidae-Bestände erholen können. Daher wird vorgeschlagen, diese Maßnahmen auch für das Jahr 2021 anzunehmen, wobei der weiteren Bewertung dieser Maßnahmen und den Arbeiten der Mitgliedstaaten der nordwestlichen Gewässer Rechnung zu tragen ist.

(57)

Der Regionalisierung der GFP entsprechend haben die Mitgliedstaaten der nordwestlichen Gewässer eine gemeinsame Empfehlung für eine breitere Palette spezieller Maßnahmen zur Verringerung der Beifänge von Kabeljau und Wittling in der Keltischen See und angrenzenden Gebieten auf der Grundlage der 2020 geltenden Abhilfemaßnahmen vorgelegt. Außerdem sind zusätzliche Selektivitätsmaßnahmen zur Verringerung der Beifänge von Gadidae in der Irischen See und westlich von Schottland auf der Grundlage ähnlicher Maßnahmen aus dem Jahr 2020 in der gemeinsamen Empfehlung enthalten.

(58)

Nach Auffassung des [Wissenschafts‑, Technik- und Wirtschaftsausschusses für die Fischerei (STECF)] sind die vorgeschlagenen Maßnahmen insgesamt selektiver oder mindestens ebenso selektiv wie die technischen Maßnahmen in der Verordnung … 2019/1241 des Europäischen Parlaments und des Rates, und die Kommission prüft zurzeit, ob diese Maßnahmen in einen delegierten Rechtsakt aufgenommen werden können, der auf der gemeinsamen Empfehlung der Mitgliedstaaten beruht, die ein unmittelbares Interesse an den nordwestlichen Gewässern haben.

(59)

Da die Maßnahmen umfassender sind und eine stabilere Grundlage haben, sollten die funktional verbundenen technischen Maßnahmen nur dann gelten, wenn kein delegierter Rechtsakt gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung … 2019/1241 und zur Änderung von Anhang VI der genannten Verordnung durch die Einführung entsprechender technischer Maßnahmen für die nordwestlichen Gewässer erlassen wurde.“

19

Art. 15 („Technische Maßnahmen für Kabeljau und Wittling in der Keltischen See“) der Verordnung 2021/92 sieht eine bestimmte Zahl von Maßnahmen bezüglich der Maschenöffnung vor, die für Fischereifahrzeuge der Union gelten, die in der Keltischen See Grundschleppnetze und Waden einsetzen.

20

Art. 16 („Technische Maßnahmen in der Irischen See“) dieser Verordnung legt Pflichten für Fischereifahrzeuge der Union fest, die in der Irischen See mit Grundschleppnetzen oder Waden fischen.

21

Art. 17 („Technische Maßnahmen westlich von Schottland“) dieser Verordnung sieht ebenfalls Maßnahmen in Bezug auf die Maschenöffnung vor, die für Fischereifahrzeuge der Union gelten, die westlich von Schottland mit Grundschleppnetzen oder Waden fischen.

22

Nach Art. 20 („Verbotene Arten“) der Verordnung 2021/92 ist es Fischereifahrzeugen der Union verboten, in bestimmten ICES-Gebieten und ‑Untergebieten der damaligen Unionsgewässer bestimmte Arten zu befischen, an Bord zu behalten, umzuladen oder anzulanden. Außerdem heißt es in dieser Bestimmung, dass bei versehentlichen Fängen den aufgelisteten Arten kein Schaden zugefügt werden darf und dass Exemplare dieser Arten unverzüglich freizusetzen sind.

23

In Art. 59 („Übergangsbestimmung“) dieser Verordnung heißt es:

„Die Artikel 11, 19, 20, 27, 33, 34, 41, 42, 43, 48, 50 und 57 gelten 2022 sinngemäß weiter, bis die Verordnung zur Festlegung der Fangmöglichkeiten für 2022 in Kraft tritt.

Die Artikel 15, 16 und 17 gelten bis zu dem Zeitpunkt, ab dem ein gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung … 2019/1241 erlassener delegierter Rechtsakt zur Änderung von Anhang VI der genannten Verordnung durch die Einführung entsprechender technischer Maßnahmen für die nordwestlichen Gewässer anwendbar wird.“

Interinstitutionelle Vereinbarung

24

Nr. 2 der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 13. April 2016 zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat der Europäischen Union und der Europäischen Kommission über bessere Rechtsetzung (ABl. 2016, L 123, S. 1, im Folgenden: Interinstitutionelle Vereinbarung) lautet:

„Die drei Organe kommen überein, bei der Wahrnehmung der in den Verträgen vorgesehenen Zuständigkeiten und unter Einhaltung der in den Verträgen vorgesehenen Verfahren sowie unter Hinweis auf die Bedeutung, die sie der Gemeinschaftsmethode beimessen, allgemeine Grundsätze des Unionsrechts zu beachten, wie die Grundsätze der demokratischen Legitimität, der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit sowie der Rechtssicherheit. Sie kommen ferner überein, die Einfachheit, Klarheit und Kohärenz bei der Formulierung von Rechtsvorschriften der Union sowie ein Höchstmaß an Transparenz im Rechtsetzungsverfahren zu fördern.“

25

In Nr. 25 Abs. 3 und 4 dieser Vereinbarung heißt es:

„Bewirkt die geplante Änderung einer Rechtsgrundlage den Wechsel vom ordentlichen Gesetzgebungsverfahren zu einem besonderen Gesetzgebungsverfahren oder einem Verfahren, das nicht die Gesetzgebung betrifft, werden die drei Organe hierzu einen Gedankenaustausch führen.

Die drei Organe kommen überein, dass die Wahl der Rechtsgrundlage eine rechtliche Festlegung darstellt, die sich auf objektive, gerichtlich nachprüfbare Umstände gründen muss.“

Vorgeschichte des Rechtsstreits

26

Am 27. Oktober 2020 legte die Kommission den Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Festsetzung der Fangmöglichkeiten für 2021 für bestimmte Fischbestände und Bestandsgruppen in den Unionsgewässern sowie für Fischereifahrzeuge der Union in bestimmten Nicht-Unionsgewässern vor (COM [2020] 668 final).

27

Am 14. Dezember 2020 aktualisierte die Kommission diesen Vorschlag dadurch, dass sie Bestimmungen aufnahm, die mit den angefochtenen Bestimmungen identisch sind.

28

Am 28. Januar 2021 erließ der Rat der Europäischen Union die Verordnung 2021/92. Gemäß ihrem Art. 60 ist diese am Tag ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union, d. h. am 29. Januar 2021, in Kraft getreten.

29

Mit Klageschrift, die am 22. April 2021 bei der Kanzlei des Gerichtshofs eingegangen ist, hat das Parlament gemäß Art. 263 Abs. 2 AEUV die vorliegende Klage auf Nichtigerklärung der streitigen Bestimmungen erhoben.

Weitere Entwicklung nach Klageerhebung

30

Am 23. August 2021 hat die Kommission die Delegierte Verordnung (EU) 2021/2324 zur Änderung der Verordnung (EU) 2019/1241 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich technischer Maßnahmen für die Fischerei auf bestimmte Grundfischarten und pelagische Arten in der Keltischen See, der Irischen See und westlich von Schottland (ABl. 2021, L 465, S. 1) erlassen. Diese Verordnung wurde u. a. auf der Grundlage von Art. 10 Abs. 4 und Art. 15 Abs. 2 der Verordnung 2019/1241 erlassen.

31

Erstens geht aus dem zweiten Erwägungsgrund dieser Delegierten Verordnung hervor, dass das Königreich Belgien, die Französische Republik, Irland, das Königreich der Niederlande und das Königreich Spanien im Mai 2020 eine erste gemeinsame Empfehlung vorgelegt haben. Nach Aufforderung durch die Kommission legten diese Mitgliedstaaten am 14. Dezember 2020 eine überarbeitete gemeinsame Empfehlung vor.

32

Zweitens heißt es im dritten Erwägungsgrund dieser Delegierten Verordnung, dass bis zur Annahme der in dieser gemeinsamen Empfehlung vorgeschlagenen Maßnahmen im Wege eines delegierten Rechtsakts in den Art. 15 bis 17 der Verordnung 2021/92 Abhilfemaßnahmen im Sinne der Verordnung 2019/472 für die westlichen Gewässer zur Verringerung der Beifänge von Kabeljau und Wittling in der Keltischen See und den angrenzenden Gebieten sowie zusätzliche technische Maßnahmen zur Verringerung der Beifänge von Gadidae in der Irischen See und westlich von Schottland festgelegt worden seien. Diesem Erwägungsgrund zufolge waren diese Maßnahmen operativ mit den TACs für in gemischten Fischereien gefangene Zielarten verknüpft, da ohne diese Maßnahmen diese TACs hätten verringert werden müssen, um die Erholung der Beifangbestände zu ermöglichen.

33

Drittens sollen gemäß dem sechsten Erwägungsgrund dieser Delegierten Verordnung mit dieser bestehende Bestimmungen u. a. über technische Maßnahmen, die den in den Art. 15 bis 17 der Verordnung 2021/92 festgelegten Maßnahmen entsprechen, in einem einzigen Rechtsakt zusammengefasst werden.

34

Am 27. Januar 2022 hat der Rat die Verordnung (EU) 2022/109 zur Festsetzung der Fangmöglichkeiten für 2022 für bestimmte Fischbestände und Bestandsgruppen in den Unionsgewässern sowie für Fischereifahrzeuge der Union in bestimmten Nicht-Unionsgewässern (ABl. 2022, L 21, S. 1) erlassen. Gemäß ihrem Art. 60 ist diese Verordnung am Tag ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union, d. h. am 31. Januar 2022, in Kraft getreten.

Anträge der Parteien und Verfahren vor dem Gerichtshof

35

Das Parlament beantragt,

die streitigen Bestimmungen für nichtig zu erklären;

dem Rat die Kosten aufzuerlegen.

36

Der Rat beantragt,

die Klage als unbegründet abzuweisen;

die Wirkungen der streitigen Bestimmungen aufrechtzuerhalten, falls diese für nichtig erklärt werden sollten;

dem Parlament die Kosten aufzuerlegen.

37

Mit Entscheidung des Präsidenten des Gerichtshofs vom 19. August 2021 ist die Kommission als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge des Rates zugelassen worden.

38

Gemäß Art. 62 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs haben der Generalanwalt und der Berichterstatter mit Schreiben vom 13. Mai 2022 die Parteien aufgefordert, dazu Stellung zu nehmen, wie sich der Erlass der Verordnung 2022/109 auf die Klage des Parlaments auswirkt. Die Parteien haben dieser Aufforderung Folge geleistet.

Zur Klage

Zulässigkeit

Vorbringen der Parteien

39

Im Rahmen einer verfahrensrechtlichen Vorbemerkung in seiner Erwiderung macht der Rat als Erstes geltend, dass der Erlass der Delegierten Verordnung 2021/2324 durch die Kommission nach der Erhebung der vorliegenden Klage die Anwendung der in den Art. 15 bis 17 der Verordnung 2021/92 vorgesehenen Maßnahmen beendet habe, so dass die Klage in Bezug auf diese Artikel sowie auf Art. 59 Abs. 2 dieser Verordnung gegenstandslos geworden sei.

40

Als Zweites, und hilfsweise, sei diese Klage am 31. Dezember 2021 hinsichtlich der Art. 15 bis 17 der Verordnung 2021/92 gegenstandslos geworden, da die zeitliche Anwendung dieser Bestimmungen auf das Jahr 2021 beschränkt gewesen sei. Was Art. 20 dieser Verordnung betreffe, habe dieser seine Wirkungen darüber hinaus nur bis zum Inkrafttreten der Verordnung 2022/109, also bis zum 31. Januar 2022, erzeugt.

41

Demgegenüber ist das Parlament der Auffassung, dass der Erlass der Delegierten Verordnung 2021/2324 den Gerichtshof nicht daran hindere, über die Gültigkeit der Art. 15 bis 17 der Verordnung 2021/92 zu entscheiden. Obwohl einige Bestimmungen dieser Delegierten Verordnung die Art. 15 bis 17 der Verordnung 2021/92 inhaltlich widerspiegelten, existierten diese Bestimmungen nämlich nach wie vor in der Unionsrechtsordnung und sollten im Interesse der Rechtssicherheit aufgehoben werden.

42

Zum Inkrafttreten der Verordnung 2022/109 macht das Parlament wie die Kommission geltend, dass der Erlass dieser Verordnung auf die vorliegende Klage keine Auswirkung habe.

43

Das Parlament hebt hervor, dass es gängige Praxis sei, dass mit einer Verordnung zur Festsetzung der Fangmöglichkeiten für ein bestimmtes Jahr die Verordnung für das vorangegangene Jahr nicht aufgehoben werde. Diese Vorgehensweise ermögliche u. a., die Bestimmungen der letztgenannten Verordnung den Mitgliedstaaten und den Wirtschaftsteilnehmern selbst nach Abschluss der fraglichen Fangsaison entgegenzuhalten, um u. a. nachträglich die Vereinbarkeit der erfolgten Fangtätigkeiten mit den vorgesehenen Fangmöglichkeiten zu prüfen.

44

Außerdem ist das Parlament der Ansicht, dass der Gerichtshof über die vorliegende Klage entscheiden müsse, da der Rat zukünftig technische Maßnahmen wie die in den streitigen Bestimmungen enthaltenen erlassen könnte.

Würdigung durch den Gerichtshof

45

Der Gerichtshof hat bereits die Zulässigkeit von Klagen auf Feststellung der Nichtigkeit eines Rechtsakts bejaht, der bereits vollzogen oder zum Zeitpunkt der Klageerhebung nicht mehr anwendbar war (Urteil vom 1. Oktober 2009, Kommission/Rat, C‑370/07, EU:C:2009:590, Rn. 17 und die dort angeführte Rechtsprechung).

46

Diese Lösung ist u. a. durch die Notwendigkeit gerechtfertigt, sicherstellen zu können, dass sich der behauptete Rechtsmangel nicht wiederholt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 24. Juni 1986, AKZO Chemie und AKZO Chemie UK/Kommission, 53/85, EU:C:1986:256, Rn. 21, sowie vom 26. April 1988, Apesco/Kommission, 207/86, EU:C:1988:200, Rn. 16). Dies ist der Fall, wenn wie vorliegend die im Bereich der Fischerei erlassenen Rechtsvorschriften eine zeitlich begrenzte Wirkung haben und jedes Jahr neue Regeln erlassen werden.

47

Daraus folgt, dass weder der Erlass der Delegierten Verordnung 2021/2324 durch die Kommission noch das Inkrafttreten der Verordnung 2022/109 den Fortbestand des Gegenstands der vorliegenden Klage in Frage stellen und somit ihre Zulässigkeit beeinträchtigen können.

48

Jedenfalls muss das Parlament, da es für die Erhebung einer Nichtigkeitsklage gegen vom Rat erlassene Beschlüsse kein Rechtsschutzinteresse dartun muss (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 1. Oktober 2009, Kommission/Rat, C‑370/07, EU:C:2009:590, Rn. 16 und die dort angeführte Rechtsprechung), auch nicht dartun, dass ein solches Interesse während des Verfahrens fortbesteht.

49

Folglich ist die Klage zulässig.

Begründetheit

50

Zur Stützung seiner Klage macht das Parlament zwei Klagegründe geltend: erstens einen Missbrauch des in den Grundverordnungen vorgesehenen Verfahrens und zweitens einen Verstoß gegen den Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit im Sinne von Art. 13 Abs. 2 EUV.

Erster Klagegrund: Missbrauch des in den Grundverordnungen vorgesehenen Verfahrens

– Vorbringen der Parteien

51

Das Parlament trägt vor, der Rat habe dadurch, dass er die streitigen Bestimmungen auf der Grundlage von Art. 43 Abs. 3 AEUV erlassen habe, die Befugnis missbraucht, die er nach dieser Bestimmung habe, und so das Verfahren umgangen, das in den Grundverordnungen für den Erlass technischer Maßnahmen vorgesehen sei. Nach diesem Verfahren seien nur die Kommission und in dringenden Fällen die Mitgliedstaaten für den Erlass solcher Maßnahmen zuständig.

52

Im Einzelnen macht das Parlament geltend, dass die Nichtbeachtung des Verfahrens für den Erlass technischer Maßnahmen durch den Rat, wie es in den Grundverordnungen, insbesondere in Art. 9 der Verordnung 2019/472 sowie in Art. 10 Abs. 4 und Art. 15 der Verordnung 2019/1241 vorgesehen sei, einen Missbrauch von Befugnissen im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs darstelle, die aus den Urteilen vom 13. November 1990, Fedesa u. a. (C‑331/88, EU:C:1990:391, Rn. 24), sowie vom 16. April 2013, Spanien und Italien/Rat (C‑274/11 und C‑295/11, EU:C:2013:240, Rn. 33 und die dort angeführte Rechtsprechung), hervorgegangen sei.

53

Da nämlich diese auf der Grundlage von Art. 43 Abs. 2 AEUV erlassenen Bestimmungen der Grundverordnungen der Kommission die Befugnis verliehen, technische Maßnahmen zu erlassen, habe der Rat die streitigen Bestimmungen nicht auf der Grundlage der Befugnis erlassen können, die er nach Art. 43 Abs. 3 AEUV habe.

54

Die Befugnis des Rates, gemäß Art. 43 Abs. 3 technische Maßnahmen zu erlassen, sei daher beschränkt, da das Parlament und der Rat in gemäß Art. 43 Abs. 2 AEUV erlassenen Gesetzgebungsakten vereinbart hätten, die Kommission anstelle des Rates zu ermächtigen, solche Maßnahmen als delegierte Rechtsakte im Sinne von Art. 290 AEUV zu erlassen.

55

Unter Verweis u. a. auf die aus dem Urteil vom 1. Dezember 2015, Parlament und Kommission/Rat (C‑124/13 und C‑125/13, EU:C:2015:790), hervorgegangene Rechtsprechung des Gerichtshofs ist das Parlament der Auffassung, dass der Rat den Rahmen, der in den auf der Grundlage von Art. 43 Abs. 2 AEUV erlassenen Gesetzgebungsakten vorgegeben sei, beachten und ihm folgen müsse, wenn er beabsichtige, in Durchführung dieser Gesetzgebungsakte Maßnahmen gemäß Art. 43 Abs. 3 AEUV zu erlassen.

56

Ganz konkret hätten die Art. 15 bis 17 und 20 der Verordnung 2021/92 eine Änderung der in Anhang VI Teil B Nr. 1 und Teil C sowie in Anhang I der Verordnung 2019/1241 festgelegten Regeln bewirkt, und zwar unter Verstoß gegen Art. 10 Abs. 4 und Art. 15 Abs. 2 der Verordnung 2019/1241, da die Änderung dieser Regeln Sache der Kommission und nicht des Rates gewesen sei.

57

Im Übrigen habe der Rat im 59. Erwägungsgrund und in Art. 59 Abs. 2 der Verordnung 2021/92 ausdrücklich anerkannt, dass die Kommission die in den Art. 15 bis 17 dieser Verordnung vorgesehenen technischen Maßnahmen hätte erlassen müssen. Der Rat habe jedoch keinerlei Angaben gemacht, aus welchen Gründen er selbst anstelle der Kommission die streitigen Bestimmungen erlassen habe.

58

Das Parlament macht weiter geltend, dass der Erlass der in den streitigen Bestimmungen vorgesehenen technischen Maßnahmen zwar durch eine dringliche Situation gerechtfertigt gewesen sei, die geeignete Rechtsgrundlage dafür aber die Art. 12 und 13 der Verordnung Nr. 1380/2013 gewesen wären, nach denen Sofortmaßnahmen entweder von der Kommission oder von den Mitgliedstaaten, nicht aber vom Rat erlassen werden könnten.

59

Liege aber keine dringliche Situation vor, könnten gemäß Art. 8 Abs. 2 und 3 der Verordnung 2019/472 Abhilfemaßnahmen nur von der Kommission in delegierten Rechtsakten erlassen werden.

60

Der Rat, unterstützt von der Kommission, hält den ersten Klagegrund für unbegründet.

– Würdigung durch den Gerichtshof

61

Nach ständiger Rechtsprechung stellt eine Rechtshandlung nur dann einen Missbrauch von Befugnissen dar, wenn aufgrund objektiver, schlüssiger und übereinstimmender Indizien anzunehmen ist, dass sie ausschließlich oder zumindest vorwiegend zu anderen Zwecken als denen, zu denen die betreffende Befugnis eingeräumt wurde, oder mit dem Ziel erlassen worden ist, ein Verfahren zu umgehen, das die Verträge speziell vorsehen, um die konkrete Sachlage zu bewältigen (Urteil vom 5. Mai 2015, Spanien/Parlament und Rat, C‑146/13, EU:C:2015:298, Rn. 56 und die dort angeführte Rechtsprechung).

62

Vorliegend ist zu untersuchen, ob, wie das Parlament geltend macht, die streitigen Bestimmungen zu anderen Zwecken als denen, zu denen die betreffende Befugnis eingeräumt wurde, oder mit dem Ziel erlassen wurden, ein Verfahren zu umgehen, das im AEU-Vertrag speziell vorgesehen ist, um die konkrete Sachlage zu bewältigen.

63

Was als Erstes die Frage betrifft, ob die streitigen Bestimmungen in die Zuständigkeit des Rates gemäß Art. 43 AEUV fallen, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass dessen Abs. 2 und 3 unterschiedliche Ziele verfolgen und einen spezifischen Anwendungsbereich haben. Sie können daher gesondert als Rechtsgrundlage für den Erlass bestimmter Maßnahmen im Rahmen der GFP herangezogen werden (Urteil vom 1. Dezember 2015, Parlament und Kommission/Rat, C‑124/13 und C‑125/13, EU:C:2015:790, Rn. 58).

64

Der Rat muss jedoch, wenn er Rechtsakte auf der Grundlage von Art. 43 Abs. 3 AEUV erlässt, unter Wahrung der Grenzen seiner Zuständigkeiten und gegebenenfalls des bereits gemäß Art. 43 Abs. 2 AEUV festgelegten rechtlichen Rahmens handeln (Urteil vom 1. Dezember 2015, Parlament und Kommission/Rat, C‑124/13 und C‑125/13, EU:C:2015:790, Rn. 58).

65

Des Weiteren ist zu beachten, dass der Rat nach Art. 43 Abs. 3 AEUV auf Vorschlag der Kommission die Maßnahmen zur Festsetzung der Preise, der Abschöpfungen, der Beihilfen und der mengenmäßigen Beschränkungen sowie zur Festsetzung und Aufteilung der Fangmöglichkeiten in der Fischerei erlässt.

66

Der Gerichtshof hat entschieden, dass diese Bestimmung Maßnahmen umfassen kann, die sich nicht auf die Festsetzung und Aufteilung der Fangmöglichkeiten in der Fischerei beschränken, sofern sie nicht eine dem Unionsgesetzgeber vorbehaltene politische Entscheidung voraussetzen, weil sie zur Verwirklichung der mit der gemeinsamen Agrarpolitik und der gemeinsamen Fischereipolitik angestrebten Ziele notwendig sind (Urteil vom 1. Dezember 2015, Parlament und Kommission/Rat, C‑124/13 und C‑125/13, EU:C:2015:790, Rn. 59).

67

Im vorliegenden Fall geht zum einen hinsichtlich der Art. 15 bis 17 der Verordnung 2021/92 aus deren Erwägungsgründen 55 bis 58 hervor, dass die in diesen Bestimmungen vorgesehenen technischen Maßnahmen wie die speziellen zuvor mit der Verordnung 2020/123 erlassenen Abhilfemaßnahmen durch die Verbesserung der Selektivität des Fanggeräts zur Wiederauffüllung der betreffenden Bestände beitragen sollen.

68

Außerdem ist dem 56. Erwägungsgrund der Verordnung 2021/92 sowie dem dritten Erwägungsgrund der Delegierten Verordnung 2021/2324, wie er in Rn. 32 des vorliegenden Urteils wiedergegeben worden ist, zu entnehmen, dass die in den Art. 15 bis 17 der Verordnung 2021/92 vorgesehenen technischen Maßnahmen funktional mit den TACs für Zielarten verbunden sind, die in gemischten Fischereien gefangen werden, da ohne solche Maßnahmen die TACs hätten gesenkt werden müssen, damit sich die Beifangbestände erholen können.

69

Was zum anderen Art. 20 der Verordnung 2021/92 betrifft, ist mit der Kommission festzustellen, dass die Fangverbote, die er vorsieht, fehlende Fangmöglichkeiten darstellen, die gegebenenfalls später, je nachdem, wie sich die Bestände der betreffenden Arten entwickeln, in begrenzte Fangmöglichkeiten geändert werden können.

70

Wie der Generalanwalt in Nr. 79 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, zielt zudem im Unterschied zu den Änderungen, die vom Rat auf der Grundlage von Art. 43 Abs. 3 AEUV in Anbetracht der Regeln über die Festlegung der Fangmöglichkeiten erlassen wurden und um die es in der Rechtssache ging, in der das Urteil vom 1. Dezember 2015, Parlament und Kommission/Rat (C‑124/13 und C‑125/13, EU:C:2015:790), ergangen ist, der Erlass der streitigen Bestimmungen weder darauf ab, das allgemeine Verfahren für die Festsetzung der TACs und der Fischereiaufwandsbeschränkungen anzupassen, um die Mängel zu beheben, die sich aus der Anwendung der früheren Regeln ergaben, noch darauf, den rechtlichen Rahmen zu definieren, in dem diese TACs und Fischereiaufwandsbeschränkungen festgelegt werden.

71

Vielmehr zeichnen sich die Art. 15 bis 17 und 20 der Verordnung 2021/92 durch ihre auf bestimmte Umstände begrenzte Tragweite, nämlich, dass die Maßnahmen, die sie vorsehen, für bestimmte Schiffstypen gelten sollen, die nur in bestimmten Gebieten eingesetzt werden, und nur bestimmte Arten betreffen sollen, sowie durch die Tatsache aus, dass sie nur vorübergehend gelten sollen. Infolgedessen beinhalten sie keine dem Unionsgesetzgeber vorbehaltene politische Entscheidung im Sinne der in Rn. 66 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung.

72

Deshalb fallen die streitigen Bestimmungen grundsätzlich in die Zuständigkeit des Rates nach Art. 43 Abs. 3 AEUV.

73

Als Zweites ist in Bezug auf die Auswirkung der Grundverordnungen auf diese Zuständigkeit zu beachten, dass diese Verordnungen, genauer gesagt Art. 9 der Verordnung 2019/472 sowie Art. 10 Abs. 4 und Art. 15 der Verordnung 2019/1241, ein besonderes Verfahren für den Erlass technischer Maßnahmen durch die Kommission vorsehen, und zwar den Erlass delegierter Rechtsakte im Sinne von Art. 290 AEUV.

74

Diese der Kommission eingeräumte Befugnis hindert den Rat allerdings nicht daran, im Wege der Zuständigkeit, die er aus Art. 43 Abs. 3 AEUV ableitet, unter Umständen wie denen der vorliegenden Rechtssache technische Maßnahmen zu erlassen, die ähnliche Fragen wie die von den streitigen Bestimmungen der Grundverordnungen erfassten betreffen, und zwar dann, wenn die Kommission nicht tätig geworden ist, um selbst delegierte Rechtsakte auf der Grundlage dieser Bestimmungen der Grundverordnungen zu erlassen.

75

Art. 59 Abs. 2 der Verordnung 2021/92 ist nämlich zu entnehmen, dass deren Art. 15 bis 17 nicht mehr gelten sollen, sobald die Kommission einen oder mehrere delegierte Rechtsakte über diese technischen Maßnahmen erlässt.

76

Unter diesen Umständen ist, wie der Generalanwalt in Nr. 83 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, davon auszugehen, dass die streitigen Bestimmungen vorübergehenden Charakter haben und dass der Rat nicht in die Befugnis der Kommission, delegierte Rechtsakte zu erlassen, eingegriffen hat, sondern ausdrücklich beabsichtigt hat, sie zu wahren.

77

Diese Befugnis der Kommission wird nämlich nicht nur in Art. 59 Abs. 2 anerkannt, sondern auch im 59. Erwägungsgrund der Verordnung 2021/92, in dem es heißt, dass die technischen Maßnahmen, die die Kommission auf der Grundlage der Verordnung 2019/1241 beschließen wird, umfassender seien und eine stabilere Grundlage hätten als die in den streitigen Bestimmungen enthaltenen technischen Maßnahmen.

78

Was das in Art. 20 der Verordnung 2021/92 enthaltene Fangverbot betrifft, ist zu beachten, dass Art. 10 Abs. 2 der Verordnung 2019/1241 zwar ein ähnliches Fangverbot enthält, dieses Verbot jedoch andere Fisch- und Schalentierarten betrifft.

79

Gemäß Art. 10 Abs. 4 der Verordnung 2019/1241 ist die Kommission zwar befugt, delegierte Rechtsakte zu erlassen, um die Liste der Arten in Anhang I dieser Verordnung zu ändern, wenn die besten verfügbaren wissenschaftlichen Gutachten zeigen, dass es erforderlich ist, so vorzugehen.

80

In Art. 10 Abs. 2 der Verordnung 2019/1241 heißt es jedoch, dass es zusätzlich zu den in Abs. 1 genannten Arten Unionsschiffen verboten ist, die in Anhang I aufgeführten Arten oder Arten, deren Befischung „gemäß anderen Rechtsakten der Union“ verboten ist, zu befischen, an Bord zu behalten, umzuladen, anzulanden, zu lagern, zu verkaufen, feilzubieten oder zum Verkauf anzubieten.

81

Es ist mit dem Rat und der Kommission davon auszugehen, dass die in Art. 10 Abs. 2 der Verordnung 2019/1241 angesprochenen „anderen Rechtsakte der Union“ u. a. die gemäß Art. 43 Abs. 3 AEUV erlassenen Verordnungen des Rates zur Festlegung der Fangmöglichkeiten umfassen.

82

Mit dem Erlass der streitigen Bestimmungen hat der Rat somit in den Grenzen der Befugnisse gehandelt, die er nach Art. 43 Abs. 3 AEUV innehat, und den gemäß Art. 43 Abs. 2 AEUV festgelegten speziellen Rechtsrahmen beachtet.

83

Unter diesen Umständen lässt der Inhalt der dem Gerichtshof vorgelegten Akten es nicht zu, aufgrund objektiver, schlüssiger und übereinstimmender Indizien anzunehmen, wie es die in Rn. 61 des vorliegenden Urteils angeführte Rechtsprechung verlangt, dass mit den streitigen Bestimmungen, wie das Parlament behauptet, ein Missbrauch von Befugnissen verbunden ist.

84

Diese Schlussfolgerung wird nicht durch das Vorbringen des Parlaments entkräftet, wonach die in den streitigen Bestimmungen enthaltenen Maßnahmen entweder als Sofortmaßnahmen der Kommission oder der Mitgliedstaaten im Sinne der Art. 12 und 13 der Verordnung Nr. 1380/2013, mit denen auf eine ernsthafte Bedrohung der Erhaltung der biologischen Meeresschätze oder des Meeresökosystems reagiert werden soll, oder bei fehlender Dringlichkeit als delegierte Rechtsakte der Kommission hätten erlassen werden müssen, da nach Art. 8 Abs. 2 und 3 der Verordnung 2019/472 nur diese beiden Möglichkeiten in Betracht kämen.

85

Zum einen stellen nämlich, wie auch das Parlament eingeräumt hat, die streitigen Bestimmungen in Anbetracht ihres Gegenstands und ihres Zwecks keine Sofortmaßnahmen im Sinne der Art. 12 und 13 der Verordnung Nr. 1380/2013 dar, mit denen auf eine ernsthafte Bedrohung der Erhaltung der biologischen Meeresschätze reagiert werden soll. Zum anderen ist der Rat tätig geworden und hat die streitigen Bestimmungen für den Übergangszeitraum erlassen, in dem die Kommission noch nicht von der anderen, in Art. 8 Abs. 2 und 3 der Verordnung 2019/472 ausdrücklich eröffneten Möglichkeit Gebrauch gemacht und gemäß diesen Bestimmungen einen oder mehrere delegierte Rechtsakte erlassen hat.

86

Wie die Kommission in ihrem Streithilfeschriftsatz zutreffend geltend gemacht hat, sollten die früheren in Art. 13 der Verordnung 2020/123 enthaltenen Abhilfemaßnahmen nur bis zum 31. Dezember 2020 in Kraft bleiben. Ebenso blieben weitere frühere Maßnahmen, insbesondere die Fangverbote für verschiedene bedrohte Arten, gemäß Art. 54 dieser Verordnung im Jahr 2021 bis zum Inkrafttreten der Verordnung zur Festlegung der Fangmöglichkeiten für 2021, nämlich der Verordnung 2021/92, weiterhin entsprechend anwendbar.

87

Was speziell die Art. 15 bis 17 der Verordnung 2021/92 betrifft, kam es zudem, wie der Generalanwalt in Nr. 88 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, da sich die Bemühungen auf den Abschluss einer Vereinbarung zwischen der Union und dem Vereinigten Königreich über technische Maßnahmen wegen des Austritts des Vereinigten Königreichs aus der Union konzentrierten, nicht, wie von Art. 9 Abs. 1 der Verordnung 2019/472 und Art. 15 Abs. 2 der Verordnung 2019/1241 verlangt, zu einer gemeinsamen Empfehlung, die früh genug vorgelegt wurde, um der Kommission den Erlass eines delegierten Rechtsakts Anfang 2021 zu ermöglichen. Dieser Umstand wird im Übrigen durch den zweiten Erwägungsgrund der Delegierten Verordnung 2021/2324 bestätigt, dem zufolge das Königreich Belgien, die Französische Republik, Irland, das Königreich der Niederlande und das Königreich Spanien zwar im Mai 2020 eine erste gemeinsame Empfehlung vorgelegt hatten, diese Mitgliedstaaten aber erst am 14. Dezember 2020 eine überarbeitete gemeinsame Empfehlung vorgelegt haben.

88

Somit hatte, wie der Generalanwalt in Nr. 89 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, der Erlass der streitigen Bestimmungen durch den Rat den Zweck, eine Lücke zu schließen, die andernfalls über einen Teil oder sogar das ganze Jahr 2021 fortbestanden hätte.

89

Demnach ist der erste Klagegrund zurückzuweisen.

Zum zweiten Klagegrund

– Vorbringen der Parteien

90

Das Parlament macht geltend, der Rat sei dadurch, dass er sich nicht an die Verfahren gehalten habe, die in den Grundverordnungen für den Erlass der in den streitigen Bestimmungen enthaltenen Maßnahmen vorgesehen seien, unter Verstoß gegen Art. 13 Abs. 2 EUV seiner Pflicht zur loyalen Zusammenarbeit gegenüber dem Parlament nicht nachgekommen.

91

Insbesondere macht das Parlament geltend, der Rat habe gegen Nr. 2 der Interinstitutionellen Vereinbarung verstoßen, in der die Pflicht zur loyalen Zusammenarbeit im Rahmen der Verfahren zur Vorbereitung und zum Erlass von Gesetzgebungsakten und delegierten Rechtsakten festgeschrieben sei und die für die Parteien, insbesondere den Rat und das Parlament, gemäß Art. 295 AEUV verpflichtend sei.

92

Der Erlass der technischen Maßnahmen auf der Grundlage von Art. 43 Abs. 3 AEUV anstelle des Erlasses eines delegierten Rechtsakts gemäß den Grundverordnungen habe das Parlament daran gehindert, seine Kontrolle über die auf der Grundlage von Art. 290 Abs. 2 Buchst. b AEUV erlassenen Maßnahmen auszuüben, und dem Parlament somit jedwede Rolle im Gesetzgebungsprozess genommen.

93

Außerdem hebt das Parlament hervor, dass der Rat es nicht über seine Absicht informiert habe, das Verfahren für den Erlass der streitigen Bestimmungen zu ändern. In Nr. 25 der Interinstitutionellen Vereinbarung sei die Pflicht verankert, die anderen Organe zu einer Änderung der Rechtsgrundlage, die geeignet sei, die Verteilung der Befugnisse beim Erlass eines Rechtsakts im Vergleich zu dem, was gemäß dem Unionsrecht vorgesehen sei, grundlegend zu ändern, zu konsultieren.

94

Der Rat, unterstützt von der Kommission, beantragt, diesen Klagegrund zurückzuweisen.

– Würdigung durch den Gerichtshof

95

Nach Art. 13 Abs. 2 EUV arbeiten die Organe loyal zusammen. Die loyale Zusammenarbeit muss jedoch in den Grenzen der den einzelnen Organen durch die Verträge zugewiesenen Befugnisse erfolgen, weshalb die Verpflichtung aus Art. 13 Abs. 2 EUV diese Befugnisse nicht verändern kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. Februar 2015, Parlament/Rat, C‑48/14, EU:C:2015:91, Rn. 57 und 58).

96

Für das Vorbringen im Rahmen seines zweiten Klagegrundes, dass der Rat durch den Erlass der streitigen Bestimmungen gegen den Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit verstoßen habe, stützt sich das Parlament im Wesentlichen auf eine Argumentation, die auf der Prämisse beruht, dass der Rat die streitigen Bestimmungen unter Verkennung der Grundverordnungen erlassen habe und damit seine durch die Verträge eingeräumten Befugnisse überschritten habe.

97

Aus den Rn. 82 und 83 des vorliegenden Urteils geht allerdings hervor, dass der Rat mit dem Erlass der streitigen Bestimmungen in den Grenzen der Befugnisse gehandelt hat, die er nach Art. 43 Abs. 3 AEUV innehat, und ihm kein Missbrauch von Befugnissen zur Last gelegt werden kann.

98

Daraus folgt, dass das Parlament nicht mit Erfolg geltend machen kann, der Rat habe gegen den in Art. 13 Abs. 2 EUV verankerten Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit verstoßen.

99

Diese Schlussfolgerung wird nicht durch das Vorbringen des Parlaments zu Nr. 25 der Interinstitutionellen Vereinbarung entkräftet, da, wie der Rat zutreffend vorgetragen hat, die Verordnung 2021/92 auf derselben Rechtsgrundlage erlassen wurde wie der von der Kommission vorgeschlagenen, nämlich Art. 43 Abs. 3 AEUV, so dass es zu keiner Änderung der Rechtsgrundlage im Sinne dieser Nr. 25 gekommen ist.

100

Folglich ist der zweite Klagegrund zurückzuweisen.

101

Da keiner der Klagegründe durchgreift, ist die Klage insgesamt abzuweisen.

Kosten

102

Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da das Parlament mit seinem Vorbringen unterlegen ist, sind ihm gemäß dem Antrag des Rates die Kosten aufzuerlegen.

103

Gemäß Art. 140 Abs. 1 der Verfahrensordnung trägt die Kommission ihre eigenen Kosten.

 

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Dritte Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

 

1.

Die Klage wird abgewiesen.

 

2.

Das Europäische Parlament trägt neben seinen eigenen Kosten die dem Rat der Europäischen Union entstandenen Kosten.

 

3.

Die Europäische Kommission trägt ihre eigenen Kosten.

 

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Französisch.