URTEIL DES GERICHTSHOFS (Zehnte Kammer)

30. Mai 2018 ( *1 )

„Rechtsmittel – Unionsmarke – Anmeldungen der Wortmarke KENZO ESTATE – Ältere Unionswortmarke KENZO – Verordnung (EG) Nr. 207/2009 – Art. 8 Abs. 5 – Relatives Eintragungshindernis – Bekanntheit – Rechtfertigender Grund“

In den verbundenen Rechtssachen C‑85/16 P und C‑86/16 P

betreffend zwei Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 11. Februar 2016,

Kenzo Tsujimoto, wohnhaft in Osaka (Japan), vertreten durch Rechtsanwälte A. Wenninger-Lenz, M. Ring und W. von der Osten-Sacken,

Rechtsmittelführer,

andere Parteien des Verfahrens:

Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO), vertreten durch A. Folliard-Monguiral als Bevollmächtigten,

Beklagter im ersten Rechtszug,

Kenzo mit Sitz in Paris (Frankreich), vertreten durch P. Roncaglia, G. Lazzeretti, F. Rossi und N. Parrotta, avvocati,

Streithelferin im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zehnte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten E. Levits, des Richters A. Borg Barthet (Berichterstatter) und der Richterin M. Berger,

Generalanwältin: E. Sharpston,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 7. Dezember 2017

folgendes

Urteil

1

Mit seinen Rechtsmitteln beantragt Herr Kenzo Tsujimoto die Aufhebung der Urteile des Gerichts der Europäischen Union vom 2. Dezember 2015, Tsujimoto/HABM – Kenzo (KENZO ESTATE) (T‑414/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:923), und vom 2. Dezember 2015, Tsujimoto/HABM – Kenzo (KENZO ESTATE) (T‑522/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:922) (im Folgenden zusammen: angefochtene Urteile), mit denen das Gericht seine Klagen auf Aufhebung der Entscheidungen der Zweiten Beschwerdekammer des Amtes der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) vom 22. Mai 2013 (Sache R 333/2012‑2) bzw. vom 3. Juli 2013 (Sache R 1363/2012‑2) zu einem Widerspruchsverfahren zwischen Kenzo und Herrn Tsujimoto abgewiesen hat.

Rechtlicher Rahmen

2

Die streitgegenständlichen Anmeldungen erfolgten durch den Rechtsmittelführer, die eine auf der Grundlage der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1) in geänderter Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 40/94), die andere auf der Grundlage der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die [Unions]marke (ABl. 2009, L 78, S. 1), die am 13. April 2009 in Kraft getreten ist und mit der die Verordnung Nr. 40/94 kodifiziert und aufgehoben wurde.

3

Art. 8 („Relative Nichtigkeitsgründe“) Abs. 5 der Verordnung Nr. 207/2009 lautet:

„Auf Widerspruch des Inhabers einer älteren Marke im Sinne des Absatzes 2 ist die angemeldete Marke auch dann von der Eintragung ausgeschlossen, wenn sie mit der älteren Marke identisch ist oder dieser ähnlich ist und für Waren oder Dienstleistungen eingetragen werden soll, die nicht denen ähnlich sind, für die die ältere Marke eingetragen ist, wenn es sich im Falle einer älteren [Unionsmarke] um eine in der [Europäischen Union] bekannte Marke und im Falle einer älteren nationalen Marke um eine in dem betreffenden Mitgliedstaat bekannte Marke handelt und die Benutzung der angemeldeten Marke die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der älteren Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzen oder beeinträchtigen würde.“

4

Art. 76 („Ermittlung des Sachverhalts von Amts wegen“) Abs. 2 dieser Verordnung lautet:

„Das Amt braucht Tatsachen und Beweismittel, die von den Beteiligten verspätet vorgebracht werden, nicht zu berücksichtigen.“

5

Die Modalitäten für die Durchführung der Verordnung Nr. 40/94 werden durch die Verordnung (EG) Nr. 2868/95 der Kommission vom 13. Dezember 1995 (ABl. 1995, L 303, S. 1) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 1041/2005 der Kommission vom 29. Juni 2005 (ABl. 2005, L 172, S. 4) (im Folgenden: Durchführungsverordnung) geänderten Fassung festgelegt. Diese Durchführungsverordnung gilt auch für die Verordnung Nr. 207/2009.

6

Regel 19 („Substanziierung des Widerspruchs“) Abs. 1 und 2 der Durchführungsverordnung bestimmt:

„(1)   Das Amt gibt dem Widersprechenden Gelegenheit, die Tatsachen, Beweismittel und Bemerkungen zur Stützung seines Widerspruchs vorzubringen oder Tatsachen, Beweismittel und Bemerkungen zu ergänzen, die bereits nach Regel 15 Absatz 3 vorgelegt wurden; dazu setzt das Amt eine Frist von mindestens zwei Monaten ab dem Tag der Eröffnung des Widerspruchsverfahrens nach Regel 18 Absatz 1.

(2)   Innerhalb der in Absatz 1 genannten Frist muss der Widersprechende außerdem einen Nachweis über die Existenz, die Gültigkeit und den Schutzumfang seiner älteren Marke oder seines älteren Rechts einreichen und den Nachweis erbringen, dass er zur Einlegung des Widerspruchs befugt ist. Im Besonderen muss der Widersprechende folgende Beweismittel vorlegen:

…“

7

Regel 20 („Prüfung des Widerspruchs“) Abs. 1 dieser Durchführungsverordnung sieht vor:

„Belegt der Widersprechende nicht innerhalb der in Regel 19 Absatz 1 genannten Frist die Existenz, die Gültigkeit und den Schutzumfang seiner älteren Marke oder seines älteren Rechts sowie seine Befugnis zur Einlegung des Widerspruchs, wird der Widerspruch als unbegründet abgewiesen.“

8

Regel 50 Abs. 1 Unterabs. 3 der Durchführungsverordnung sieht vor:

„Richtet sich die Beschwerde gegen die Entscheidung einer Widerspruchsabteilung, so beschränkt die Beschwerdekammer die Prüfung der Beschwerde auf die Sachverhalte und Beweismittel, die innerhalb der von der Widerspruchsabteilung nach Maßgabe der Verordnung und dieser Regeln festgesetzten Frist vorgelegt werden, sofern die Beschwerdekammer nicht der Meinung ist, dass zusätzliche oder ergänzende Sachverhalte und Beweismittel gemäß Artikel [76 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009] berücksichtigt werden sollten.“

Vorgeschichte der Rechtsstreitigkeiten und angefochtene Urteile

Rechtssache C‑85/16 P

9

Am 21. Januar 2008 stellte der Rechtsmittelführer gemäß der Verordnung Nr. 40/94 einen Antrag auf internationale Registrierung mit Benennung der Union, der dem EUIPO am 13. März 2008 zugestellt wurde.

10

Bei der angemeldeten Marke handelt es sich um das Wortzeichen KENZO ESTATE.

11

Die internationale Registrierung wurde für folgende Waren der Klasse 33 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet: „Weine; alkoholische Fruchtgetränke; westliche Liköre (allgemein)“.

12

Am 17. März 2008 wurde die Anmeldung im Blatt für Gemeinschaftsmarken Nr. 12/2008 veröffentlicht.

13

Am 16. Dezember 2008 erhob Kenzo nach Art. 41 der Verordnung Nr. 207/2009 Widerspruch gegen die internationale Registrierung der angemeldeten Marke für alle oben in Rn. 11 genannten Waren.

14

Der Widerspruch war auf die ältere Gemeinschaftswortmarke KENZO gestützt, die am 20. Februar 2001 unter der Nr. 720706 u. a. für folgende Waren der Klassen 3, 18 und 25 im Sinne des Abkommens von Nizza eingetragen wurde:

Klasse 3: „Wasch- und Bleichmittel; Putz-, Polier-, Fettentfernungs- und Schleifmittel; Seifen; Parfümerien, ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Haarwässer; Zahnputzmittel“;

Klasse 18: „Leder und Lederimitationen, Gürtel, Taschen, Handtaschen, Reise- und Handkoffer, Tragetaschen, Reisetaschen und andere Gepäckbehältnisse; Leinen für Tiere, Brieftaschen, Aktentaschen, Mappen, Beutel (Feinlederwaren), Geldbörsen, Schlüsseletuis (Feinlederwaren), Schachteln und Kästen aus Leder, Lederimitationen, Kartentaschen, Schecktaschen, Aktenkoffer, Schminkkoffer, Reisenecessaires (Feinlederwaren); Toilette- und Schminknecessaires (leer), Häute und Felle; Regenschirme, Sonnenschirme und Spazierstöcke; Peitschen, Pferdegeschirre und Sattlerwaren“ und

Klasse 25: „Bekleidungsstücke, Schuhwaren, ausgenommen orthopädische Schuhwaren, Kopfbedeckungen“.

15

Der Widerspruch wurde auf Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 207/2009 gestützt.

16

Mit Entscheidung vom 20. Dezember 2011 wies die Widerspruchsabteilung den Widerspruch zurück.

17

Am 15. Februar 2012 legte Kenzo nach den Art. 58 bis 64 der Verordnung Nr. 207/2009 gegen die Entscheidung der Widerspruchsabteilung Beschwerde beim EUIPO ein.

18

Mit Entscheidung vom 22. Mai 2013 gab die Zweite Beschwerdekammer des EUIPO der Beschwerde statt. Nach Auffassung der Beschwerdekammer waren die drei kumulativen Anwendungsvoraussetzungen des Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 207/2009 im vorliegenden Fall erfüllt. Was die erste Voraussetzung anbelangt, führte die Beschwerdekammer aus, dass die einander gegenüberstehenden Marken für einen nicht zu vernachlässigenden Teil des maßgeblichen Publikums sehr ähnlich seien. Was die zweite Voraussetzung anbelangt, war sie entgegen der Ansicht der Widerspruchsabteilung der Auffassung, dass Kenzo die Bekanntheit der älteren Marke nachgewiesen habe. Was die dritte Voraussetzung anbelangt, war die Beschwerdekammer der Ansicht, dass es sehr wahrscheinlich sei, dass mit der angemeldeten Marke, für die kein rechtfertigender Grund für die Benutzung nachgewiesen worden sei, sich in den Bereich der Sogwirkung der bekannten älteren Marke begeben würde, um von ihrer Anziehungskraft, ihrem Ruf und ihrem Ansehen zu profitieren und um ohne finanzielle Gegenleistung den vom Inhaber dieser Marke zum Aufbau und zur Aufrechterhaltung des Markenimage betriebenen Werbeaufwand auszunutzen. Die Beschwerdekammer gelangte daher zu dem Ergebnis, es bestehe die Gefahr, dass die Nutzung des beanspruchten Schutzes für die internationale Registrierung in der Union die Wertschätzung der älteren Marke im Sinne des Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 207/2009 in unlauterer Weise ausnutzen würde.

19

Mit Klageschrift, die am 8. August 2013 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhob der Rechtsmittelführer Klage auf Aufhebung der genannten Entscheidung. Zur Stützung der Klage machte er zwei Klagegründe geltend, mit denen er erstens die Verletzung von Art. 76 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 und zweitens die Verletzung von Art. 8 Abs. 5 dieser Verordnung rügte.

20

Das Gericht hat diese Klagegründe zurückgewiesen und die Klage daher insgesamt abgewiesen.

Rechtssache C‑86/16 P

21

Am 18. August 2009 stellte der Rechtsmittelführer gemäß der Verordnung Nr. 207/2009 einen Antrag auf internationale Registrierung mit Benennung der Union, der dem EUIPO am 5. November 2009 zugestellt wurde.

22

Bei der angemeldeten Marke handelt es sich um das Wortzeichen KENZO ESTATE.

23

Die Registrierung wurde für folgende Waren und Dienstleistungen, der Klassen 29, 30, 31, 35, 41 und 43 des Abkommens von Nizza angemeldet:

Klasse 29: „Olivenöl (für Speisezwecke); Traubenkernöl (für Speisezwecke); Speiseöle und Speisefette; Rosinen; konserviertes Obst und Gemüse; tiefgekühltes Gemüse; tiefgekühltes Obst; unverarbeitete Hülsenfrüchte; konserviertes Fleisch; konservierter Fisch“;

Klasse 30: „Zuckerwaren/Konfekt, Brot und Brioches; Weinessig; Salatsoßen; Würzmittel (außer Gewürze); Gewürze; Sandwiches; Pizzas; Hotdog-Sandwiches; Fleischpasteten; Ravioli“;

Klasse 31: „frische Trauben; frische Oliven; frisches Obst; frisches Gemüse; Samenkörner als Saatgut und Blumenzwiebeln“;

Klasse 35: „Marktforschung über Wein; Erteilung von Auskünften in Angelegenheiten des Weinabsatzes; Werbung; Dienstleistungen einer Import- und Exportagentur; Einzelhandels- oder Großhandelsdienstleistungen für Lebensmittel und Getränke; Einzelhandels- oder Großhandelsdienstleistungen für Spirituosen“;

Klasse 41: „Erziehung und Unterricht betreffend allgemeine Weinkenntnisse; Erziehung und Unterricht betreffend allgemeine Kenntnisse zur Erlangung eines förmlichen Sommelier-Abschlusses; Organisation und Durchführung von Weinverkostungen und Simulationstests in diesem Bereich; Prüfung und Anerkennung von förmlichen Sommelier-Abschlüssen; Vorbereitung, Organisation und Durchführung von Weinseminaren; Vorbereitung, Organisation und Durchführung von Seminaren zu förmlichen Sommelier-Abschlüssen; Bereitstellung von elektronischen Publikationen über Wein, Bereitstellung von elektronischen Publikationen zu förmlichen Sommelier-Abschlüssen; Herausgabe von Büchern über Wein, Herausgabe von Büchern zu förmlichen Sommelier-Abschlüssen; Bereitstellung von Einrichtungen der schulischen Bildung im Bereich des Weines; Bereitstellung von Einrichtungen der schulischen Bildung für den förmlichen Sommelier-Abschluss“ und

Klasse 43: „Catering; Vermietung von Gästezimmern“.

24

Am 16. November 2009 wurde die Anmeldung im Blatt für Gemeinschaftsmarken Nr. 44/2009 veröffentlicht.

25

Am 12. August 2010 erhob Kenzo nach Art. 41 der Verordnung Nr. 207/2009 Widerspruch gegen die Registrierung der angemeldeten Marke für alle oben in Rn. 23 genannten Waren und Dienstleistungen.

26

Der Widerspruch war auf die ältere Gemeinschaftswortmarke KENZO gestützt, die am 20. Februar 2001 unter der Nr. 720706 für Waren der Klassen 3, 18 und 25 im Sinne des Abkommens von Nizza mit den oben in Rn. 14 angegebenen Beschreibungen eingetragen wurde.

27

Der Widerspruch wurde auf Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 207/2009 gestützt.

28

Mit Entscheidung vom 24. Mai 2012 wies die Widerspruchsabteilung den Widerspruch zurück.

29

Am 23. Juli 2012 legte Kenzo nach den Art. 58 bis 64 der Verordnung Nr. 207/2009 gegen die Entscheidung der Widerspruchsabteilung Beschwerde beim EUIPO ein.

30

Mit Entscheidung vom 3. Juli 2013 gab die Zweite Beschwerdekammer des EUIPO der Beschwerde teilweise statt. Nach Auffassung der Beschwerdekammer waren die drei kumulativen Anwendungsvoraussetzungen des Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 207/2009 im vorliegenden Fall für die Dienstleistungen, die Gegenstand der Anmeldung waren, erfüllt. Was die erste Voraussetzung anbelangt, führte die Beschwerdekammer aus, dass die einander gegenüberstehenden Marken sehr ähnlich seien. Was die zweite Voraussetzung anbelangt, war sie entgegen der Ansicht der Widerspruchsabteilung der Auffassung, dass Kenzo die Bekanntheit der älteren Marke nachgewiesen habe. Was die dritte Voraussetzung anbelangt, war die Beschwerdekammer der Ansicht, dass es für die von der angemeldeten Marke erfassten Dienstleistungen sehr wahrscheinlich sei, dass sich diese Marke, für die kein rechtfertigender Grund für die Benutzung nachgewiesen worden sei, in den Bereich der Sogwirkung der bekannten älteren Marke begeben würde, um von ihrer Anziehungskraft, ihrem Ruf und ihrem Ansehen zu profitieren und um ohne finanzielle Gegenleistung den vom Inhaber dieser Marke zum Aufbau und zur Aufrechterhaltung des Markenimage betriebenen Werbeaufwand auszunutzen.

31

Die Beschwerdekammer stellte hingegen fest, dass die den Klassen 29 bis 31 im Sinne des Abkommens von Nizza angehörenden Waren, die Gegenstand der Anmeldung waren, nicht als Luxusgüter anzusehen und nicht ausnahmslos der Welt des Glamour und der Mode zuzuordnen seien. Es handele sich um gewöhnliche und dem Massenkonsum unterliegende Lebensmittel, die in jedem Laden an der Ecke gekauft werden könnten und lediglich am Rande mit den Waren von Kenzo zu tun hätten. Kenzo habe nicht begründet, weshalb die Anmeldung die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der älteren Marke KENZO in unlauterer Weise ausnutzen oder beeinträchtigen würde. Die Beschwerdekammer wies die Beschwerde in Bezug auf diese Waren zurück.

32

Mit Klageschrift, die am 26. September 2013 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhob der Rechtsmittelführer Klage auf Aufhebung der Entscheidung vom 3. Juli 2013. Zur Stützung der Klage macht er zwei Klagegründe geltend, mit denen er erstens die Verletzung von Art. 76 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 und zweitens die Verletzung von Art. 8 Abs. 5 dieser Verordnung rügt.

33

Das Gericht hat diese Klagegründe zurückgewiesen und die Klage daher insgesamt abgewiesen.

Verfahren vor dem Gerichtshof und Anträge der Parteien

34

Mit Entscheidung des Präsidenten des Gerichtshofs vom 18. Mai 2016 sind die Rechtssachen C‑85/16 P und C‑86/16 P zu gemeinsamem schriftlichen und mündlichen Verfahren und zu gemeinsamer Entscheidung verbunden worden.

35

Mit seinen Rechtsmitteln beantragt der Rechtsmittelführer,

die angefochtenen Urteile aufzuheben;

über den Rechtsstreit endgültig zu entscheiden und

das EUIPO und Kenzo zu verurteilen, die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten des Verfahrens vor der Beschwerdekammer zu tragen.

36

Das EUIPO und Kenzo beantragen, beide Rechtsmittel zurückzuweisen und dem Rechtsmittelführer die Kosten aufzuerlegen.

Zu den Rechtsmitteln

37

Der Rechtsmittelführer stützt seine Rechtsmittel auf zwei Gründe, mit denen er einen Verstoß gegen Art. 76 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 und gegen Art. 8 Abs. 5 dieser Verordnung rügt.

Zum ersten Rechtsmittelgrund

Vorbringen der Parteien

38

Mit seinem ersten Rechtsmittelgrund macht der Rechtsmittelführer geltend, das Gericht habe einen Rechtsfehler begangen, indem es in Rn. 23 der angefochtenen Urteile befunden habe, die Beschwerdekammer habe zu Recht angenommen, dass Benutzungsnachweise und Nachweise der Bekanntheit untrennbar gewesen seien, so dass die Erstgenannten für Letztere vorgelegt werden konnten. Der Rechtsmittelführer ist der Ansicht, dass das Gericht mit dieser Würdigung die Tatsache verkannt habe, dass das von der Beschwerdekammer gemäß Art. 76 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 ausgeübte Ermessen durch Regel 20 Abs. 1 sowie Regel 19 Abs. 1 und 2 der Durchführungsverordnung beschränkt gewesen sei.

39

Aus diesen Bestimmungen geht nach Auffassung des Rechtsmittelführers hervor, dass ein auf Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 207/2009 gestützter Widerspruch zurückzuweisen sei, wenn der Widerspruchsführer den Nachweis der Bekanntheit der älteren Marke nicht innerhalb der vom EUIPO für den Nachweis festgelegten Frist vorlege. Diese Auslegung sei durch das Urteil vom 13. Juni 2002, Chef Revival USA/HABM – Massagué Marín (Chef) (T‑232/00, EU:T:2002:157, Rn. 44), bestätigt worden.

40

Jedoch ergebe sich aus Rn. 23 der angefochtenen Urteile, dass das Gericht wie die Beschwerdekammer zu Unrecht die Unterlagen, die nach Ablauf der festgelegten Frist für den Nachweis der ernsthaften Benutzung der älteren Marke vorgelegt worden seien, nämlich die Anlagen 1 bis 21 der Stellungnahme von Kenzo, bei der Beurteilung der Bekanntheit dieser Marke berücksichtigt habe. Weder die Verordnung Nr. 207/2009 noch die Durchführungsverordnung sehe vor, dass mit den Unterlagen, die für den Nachweis der Benutzung eingereicht und nach Ablauf der festgelegten Frist für den Nachweis der älteren Rechte vorgelegt worden seien, der Nachweis der Bekanntheit der älteren Marke erbracht werden könne.

41

Kenzo macht in erster Linie geltend, der erste Rechtsmittelgrund sei unzulässig. Hilfsweise hält er ihn auch für unbegründet. Das EUIPO macht geltend, dass der erste Rechtsmittelgrund unbegründet sei.

Würdigung durch den Gerichtshof

42

Zur Zulässigkeit des ersten Rechtsmittelgrundes ist darauf hinzuweisen, dass das Rechtsmittel gemäß Art. 256 AEUV und Art. 58 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union auf Rechtsfragen beschränkt ist. Daher ist allein das Gericht für die Feststellung und Beurteilung der relevanten Tatsachen sowie die Beweiswürdigung zuständig. Somit ist die Würdigung dieser Tatsachen und Beweismittel, vorbehaltlich ihrer Verfälschung, keine Rechtsfrage, die als solche der Kontrolle des Gerichtshofs im Rahmen eines Rechtsmittels unterläge (vgl. u. a. Urteil vom 2. September 2010, Calvin Klein Trademark Trust/HABM, C‑254/09 P, EU:C:2010:488, Rn. 49 und die dort angeführte Rechtsprechung).

43

Insoweit genügt die Feststellung, dass der erste Rechtsmittelgrund eine Rechtsfrage zur Art des Ermessens der Beschwerdekammer gemäß Art. 76 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 unter Berücksichtigung von Regel 20 Abs. 1 sowie von Regel 19 Abs. 1 und 2 der Durchführungsverordnung aufwirft. Folglich ist der erste Rechtsmittelgrund zulässig.

44

Zur Begründetheit dieses Rechtsmittelgrundes ist festzustellen, dass der Gerichtshof in seinem Urteil vom 3. Oktober 2013, Rintisch/HABM (C‑120/12 P, EU:C:2013:638), im Wesentlichen entschieden hat, dass das Ermessen, über das die Beschwerdekammer gemäß Art. 76 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 verfügt, innerhalb der Grenzen der in Regel 50 Abs. 1 Unterabs. 3 und nicht der in Regel 20 Abs. 1 der Durchführungsverordnung vorgesehenen Bestimmung auszuüben ist. Insbesondere hat der Gerichtshof in Rn. 32 dieses Urteils ausgeführt, dass die Durchführungsverordnung ausdrücklich vorsieht, dass die Beschwerdekammer bei der Prüfung einer Beschwerde gegen eine Entscheidung einer Widerspruchsabteilung über das sich aus Regel 50 Abs. 1 Unterabs. 3 der Durchführungsverordnung und Art. 76 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 ergebende Ermessen im Hinblick auf die Entscheidung verfügt, ob die zusätzlichen oder ergänzenden Sachverhalte und Beweismittel, die nicht innerhalb der von der Widerspruchsabteilung festgesetzten Frist vorgelegt wurden, zu berücksichtigen sind oder nicht. Wenn die Beschwerdekammer mit einer solchen Beschwerde befasst ist, räumen ihr diese Bestimmungen folglich die Möglichkeit ein, verspätet eingereichte Unterlagen, die die Existenz, die Gültigkeit und den Schutzumfang einer älteren Marke betreffen, anzunehmen oder abzulehnen.

45

In Rn. 38 dieses Urteils hat der Gerichtshof darauf hingewiesen, dass die Ausübung des Ermessens, über das das EUIPO in Bezug auf die Möglichkeit verfügt, verspätet vorgebrachte Tatsachen oder Beweismittel zu berücksichtigen, wenn es im Rahmen eines Widerspruchsverfahrens zu entscheiden hat, von der doppelten Voraussetzung abhängt, dass zum einen die verspätet vorgebrachten Gesichtspunkte auf den ersten Blick von wirklicher Relevanz für das Ergebnis des bei ihm eingelegten Widerspruchs sein können und dass zum anderen das Verfahrensstadium, in dem das verspätete Vorbringen erfolgt, und die Umstände, die es begleiten, einer solchen Berücksichtigung nicht entgegenstehen.

46

Im vorliegenden Fall hat das Gericht erstens in den Rn. 16 und 17 der angefochtenen Urteile auf diese Rechtsprechung des Gerichtshofs hingewiesen und in Rn. 18 dieser Urteile zu Recht festgestellt, dass das Ermessen der Beschwerdekammer nicht nach Regel 20 Abs. 1 der Durchführungsverordnung, sondern nur nach Regel 50 Abs. 1 Unterabs. 3 dieser Verordnung auszulegen sei.

47

Das Gericht hat zweitens in den Rn. 19 bis 23 der angefochtenen Urteile geprüft, ob die Beschwerdekammer im vorliegenden Fall diese Beweismittel in dem Sinne berücksichtigen konnte, dass diese wirkliche Relevanz gehabt haben können und das Verfahrensstadium sowie die Umstände des vorliegenden Falles dies zuließen. In Rn. 23 dieser Urteile war es der Ansicht, dass „mit dem Hinweis, dass Benutzungsnachweise und Nachweise der Bekanntheit untrennbar gewesen seien und dass es übertrieben und unangemessen formalistisch wäre, wenn die Benutzungsnachweise nicht als Nachweise der Bekanntheit vorgelegt werden könnten, die Beschwerdekammer in Ausübung ihres sich aus Art. 76 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 ergebenden Ermessens entschieden hat, dass diese Gesichtspunkte zu berücksichtigen waren“.

48

Damit hat das Gericht Art. 76 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 in Verbindung mit Regel 50 Abs. 1 Unterabs. 3 der Durchführungsverordnung zutreffend angewandt. Daher ist der erste Rechtsmittelgrund als unbegründet zurückzuweisen.

Zum zweiten Rechtsmittelgrund

49

Mit seinem zweiten Rechtsmittelgrund, der Verletzung von Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 207/2009, rügt der Rechtsmittelführer, dass das Gericht jede der vier Voraussetzungen dieser Bestimmung, auf deren Grundlage die Anmeldung einer Marke ausgeschlossen werden könne, rechtsfehlerhaft beurteilt habe. Sein Rechtsmittelgrund besteht somit aus vier Teilen, und zwar in Bezug auf Rechtsfehler, die das Gericht bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Marken, der Bekanntheit der älteren Marke, des Fehlens der unlauteren Ausnutzung und schließlich des rechtfertigenden Grundes für die Benutzung der Anmeldemarke begangen haben soll.

Erster Teil

– Vorbringen der Parteien

50

Mit dem ersten Teil seines zweiten Rechtsmittelgrundes macht der Rechtsmittelführer zunächst geltend, dass das Gericht einen Rechtsfehler begangen habe, als es in den Rn. 31 bis 33 der angefochtenen Urteile die Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Marken beurteilt habe, ohne dazu diese Marken jeweils als Ganzes miteinander zu vergleichen. Er ist der Ansicht, das Gericht habe den erforderlichen Vergleich mit der älteren Marke zu Unrecht nur im Hinblick auf einen der Bestandteile der Anmeldemarke durchgeführt. Er macht geltend, dass dann, wenn das Gericht den notwendigen Vergleich der einander gegenüberstehenden Marken in bildlicher, klanglicher und begrifflicher Hinsicht vorgenommen hätte, daraus abgeleitet hätte, dass zwischen den Marken keine Ähnlichkeit bestehe. Nach seiner Auffassung ist das Element „estate“ ein wichtiger Bestandteil der angemeldeten Marke, da es aus sechs Buchstaben bestehe und somit länger als das Element „kenzo“ sei, das aus fünf Buchstaben bestehe. Das Element „estate“ erhöhe auch deutlich die Länge dieser Marke in bildlicher und klanglicher Hinsicht und führe zu erheblichen Unterschieden zwischen den einander gegenüberstehenden Marken, sowohl im Hinblick auf ihre Sonorität als auch in Bezug auf ihren Rhythmus.

51

Ferner macht der Rechtsmittelführer geltend, das Gericht habe seine Würdigung, dass das dominierende Merkmal der Marke KENZO ESTATE das Element „kenzo“ sei, nicht begründet. Vielmehr besitze das Element „estate“ Kennzeichnungskraft, was die von der Anmeldemarke erfassten Waren oder Dienstleistungen anbelange. Auch wenn nämlich zwischen diesem Begriff und den betreffenden Waren oder Dienstleistungen ein Zusammenhang bestünde, wäre dieser nicht hinreichend eng, um dem Element „estate“ jede Kennzeichnungskraft zu nehmen und das Element „kenzo“ automatisch zum dominierenden Bestandteil zu machen.

52

Schließlich rügt der Rechtsmittelführer, dass das Gericht zu Unrecht die Rechtsprechung aus den Urteilen vom 7. Mai 2009, Klein Trademark Trust/HABM – Zafra Marroquineros (CK CREACIONES KENNYA) (T‑185/07, EU:T:2009:147), und vom 2. September 2010, Calvin Klein Trademark Trust/HABM (C‑254/09 P, EU:C:2010:488), in Rn. 34 der angefochtenen Urteile unangewendet gelassen habe.

53

Kenzo und das EUIPO machen geltend, der erste Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes sei unzulässig und jedenfalls unbegründet.

– Würdigung durch den Gerichtshof

54

Was die Zulässigkeit des ersten Teils des zweiten Rechtsmittelgrundes anbelangt, ist festzustellen, dass das Vorbringen des Rechtsmittelführers, mit dem er geltend macht, dass das Gericht einen Rechtsfehler begangen habe, indem es die einander gegenüberstehenden Marken nicht jeweils als Ganzes miteinander verglichen habe und nicht die Urteile vom 7. Mai 2009, Klein Trademark Trust/HABM – Zafra Marroquineros (CK CREACIONES KENNYA) (T‑185/07, EU:T:2009:147), und vom 2. September 2010, Calvin Klein Trademark Trust/HABM (C‑254/09 P, EU:C:2010:488), herangezogen habe, und dass es im Rahmen der Würdigung des dominierenden Charakters des Elements „kenzo“ in der Marke KENZO ESTATE an einer Begründung fehle, Rechtsfragen aufwirft. Diese sind gemäß der in Rn. 42 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung im Rahmen eines Rechtsmittels zulässig.

55

Demgegenüber ist das Vorbringen des Rechtsmittelführers, mit dem er geltend macht, dass das Element „estate“ Kennzeichnungskraft besitze, unzulässig, da der Rechtsmittelführer damit in Wirklichkeit die Sachverhaltswürdigung des Gerichts in Rn. 33 der angefochtenen Urteile in Frage stellen will, wonach das Wort „estate“ in Verbindung mit den in den Anmeldungen bezeichneten Waren und Dienstleistungen für einen bedeutenden Teil der relevanten Verbraucher keine Kennzeichnungskraft besitze.

56

Was erstens die Begründetheit des Vorbringens, das Gericht habe die einander gegenüberstehenden Marken nicht jeweils als Ganzes miteinander verglichen, angeht, ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung das Vorliegen einer Verknüpfung zwischen der älteren Marke und der angemeldeten Marke im Sinne von Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 207/2009 unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des konkreten Falles umfassend zu beurteilen ist, darunter insbesondere der Grad der Kennzeichnungskraft der älteren Marke und der Grad der Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Marken, was Gemeinsamkeiten u. a. im Bild, im Klang oder in der Bedeutung bedingt (vgl. Urteile vom 23. Oktober 2003, Adidas-Salomon und Adidas Benelux, C‑408/01, EU:C:2003:582, Rn. 28, und vom 24. März 2011, Ferrero/HABM, C‑552/09 P, EU:C:2011:177, Rn. 52 und 64).

57

Im vorliegenden Fall hat das Gericht in den Rn. 31 und 32 der angefochtenen Urteile ausgeführt, dass der Umstand, dass eine Marke ausschließlich aus der älteren Marke besteht, der ein anderes Wort hinzugefügt ist, auf die Ähnlichkeit zwischen den beiden Marken hindeute und dass der Verbraucher normalerweise eher auf den Anfang eines Zeichens als auf sein Ende achte. Zur fehlenden Unterscheidungskraft des Elements „estate“ hat das Gericht in Rn. 33 der angefochtenen Urteile dargelegt, dass „für englische Sprecher dieses Wort auf einen Ort anspielen kann, an dem Wein, Weintrauben und damit verbundene Waren angebaut und hergestellt werden, da ‚estate‘‚großes Grundstück‘ bedeutet“. Das Gericht hat daher entschieden, dass die Beschwerdekammer zu Recht davon habe ausgehen können, dass die relevanten Verbraucher diesem Begriff weniger Aufmerksamkeit schenken und sich auf das erste Element, d. h. den kennzeichnungskräftigeren Begriff „kenzo“ konzentrieren würden.

58

Aus den Rn. 31 bis 33 der angefochtenen Urteile geht hervor, dass das Gericht für die Würdigung der Ähnlichkeit zwischen den einander gegenüberstehenden Marken zum einen davon ausgegangen ist, dass die Anmeldemarke ausschließlich aus der älteren Marke, der das Element „estate“, das nicht unterscheidungskräftig sei, angefügt worden sei, bestehe, und zum anderen davon, dass der Verbraucher grundsätzlich dem Anfang eines Zeichens größere Aufmerksamkeit schenke als dessen Ende und das maßgebliche Publikum sich auf das erste Element, d. h. den kennzeichnungskräftigeren Begriff „kenzo“, konzentriere.

59

Da es sich bei beiden gegenüberstehenden Marken um Wortmarken handelt, von denen eine ausschließlich aus der älteren Marke, der ein nicht unterscheidungskräftiges Element angefügt worden ist, besteht, durfte das Gericht unter diesen Umständen zu Recht annehmen, dass diese jeweils als Ganzes betrachtet einander ähnlich sind.

60

Was zweitens den vom Rechtsmittelführer in Bezug auf den dominierenden Charakter des Elements „kenzo“ behaupteten Begründungsmangel der angefochtenen Urteile betrifft, ist dieses Vorbringen als unbegründet zurückzuweisen.

61

In Rn. 32 der angefochtenen Urteile hat das Gericht nämlich auf die Rechtsprechung hingewiesen, nach der der Verbraucher normalerweise eher auf den Anfang eines Zeichens als auf sein Ende achtet. In Rn. 33 dieser Urteile führt es aus, dass das Wort „estate“ in Verbindung mit den in den Anmeldungen bezeichneten Waren und Dienstleistungen für einen bedeutenden Teil der relevanten Verbraucher keine Kennzeichnungskraft besitze. Das Gericht hat daraus geschlossen, „dass die Beschwerdekammer zu Recht davon ausgehen konnte, dass die relevanten Verbraucher diesem Begriff weniger Aufmerksamkeit schenken und sich auf das erste, kennzeichnungskräftigere Element, d. h. den Begriff ‚kenzo‘, konzentrieren“.

62

Was drittens das Vorbringen des Rechtsmittelführers, wonach das Gericht zu Unrecht die Urteile vom 7. Mai 2009, Klein Trademark Trust/HABM – Zafra Marroquineros (CK CREACIONES KENNYA) (T‑185/07, EU:T:2009:147), und vom 2. September 2010, Calvin Klein Trademark Trust/HABM (C‑254/09 P, EU:C:2010:488), unangewendet gelassen habe, anbelangt, ist dieses ebenfalls als unbegründet zurückzuweisen.

63

Wie das Gericht in Rn. 34 der angefochtenen Urteile nämlich zutreffend festgestellt hat, unterscheiden sich die Sachverhalte in den Rechtssachen, in denen die in der vorstehenden Randnummer angeführten Urteile ergangen sind, von denen in den vorliegenden Rechtssachen, da insoweit die Feststellung genügt, dass bei den erstgenannten eine aus einem Wortzeichen bestehende Anmeldemarke älteren Marken mit Bildzeichen gegenüberstand, während in den vorliegenden Rechtssachen zwei Wortmarken einander gegenüberstehen. Das Gericht war daher der Ansicht, dass in den Rechtssachen, in denen die angeführten Urteile ergangen sind, die kennzeichnungskräftigen und dominanten Bestandteile der einander gegenüberstehenden Marken nicht die gleichen gewesen seien, während für den vorliegenden Fall das Gericht festgestellt hat, dass der gemeinsame Bestandteil der einander gegenüberstehenden Marken, der Begriff „kenzo“, auch ihr kennzeichnungskräftigster Bestandteil sei.

64

Der erste Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes ist daher insgesamt zurückzuweisen.

Zweiter Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes

– Vorbringen der Parteien

65

Mit dem zweiten Teil seines zweiten Rechtsmittelgrundes macht der Rechtsmittelführer geltend, dass das Gericht einen Rechtsfehler begangen habe, als es in Rn. 41 der angefochtenen Urteile die Ansicht vertreten habe, dass die Beschwerdekammer zu Recht bestätigt habe, dass die ältere Marke KENZO in der Union für Bekleidung, Kosmetika und Parfüms bekannt sei, obwohl die Nachweise dafür verspätet vorgelegt worden seien und nicht hätten berücksichtigt werden dürfen.

66

Kenzo und das EUIPO machen geltend, der zweite Teil dieses Rechtsmittelgrundes sei als unbegründet zurückzuweisen.

– Würdigung durch den Gerichtshof

67

Die Beurteilung des Gerichts in Rn. 41 der angefochtenen Urteile bezieht sich auf das Argument des Rechtsmittelführers, dass die Beschwerdekammer die von Kenzo der Widerspruchsabteilung vor dem 17. Mai 2010 in der Rechtssache C‑85/16 P und vor dem 14. Februar 2011 in der Rechtssache C‑86/16 P zum Nachweis der Bekanntheit der älteren Marke vorgelegten Beweismittel nicht hätte berücksichtigen dürfen, da diesen keine Erklärungen beigefügt gewesen seien. In dieser Rn. 41 hat das Gericht ausgeführt, dass zum tatsächlichen Datum der internationalen Registrierungen der Marke KENZO ESTATE in diesen beiden Sachen, nämlich 21. Januar 2008 und 18. August 2009, die Bekanntheit der älteren Marke unter Berücksichtigung der vorgelegten Nachweise in früheren Fällen, auf die sich die Widerspruchsabteilung in den vorliegenden Sachen gestützt habe, nachgewiesen gewesen sei.

68

Der Rechtsmittelführer kann daher im Rahmen des zweiten Teil seines zweiten Rechtsmittelgrundes nicht mit Erfolg geltend machen, das Gericht habe in Rn. 41 des angefochtenen Urteils dadurch einen Rechtsfehler begangen, dass es verspätet vorgelegte Beweismittel für die Bekanntheit der älteren Marke KENZO berücksichtigt habe, da die Würdigung durch das Gericht sich nicht auf die Verspätung der Vorlage dieser Nachweise bezieht.

69

Unter diesen Umständen ist der zweite Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes als ins Leere gehend zurückzuweisen.

Dritter Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes

– Vorbringen der Parteien

70

Mit dem dritten Teil seines zweiten Rechtsmittelgrundes macht der Rechtsmittelführer geltend, dass das Gericht einen Rechtsfehler begangen habe, als es befunden habe, die Benutzung der angemeldeten Marke KENZO ESTATE nutze die Wertschätzung der älteren Marke in unlauterer Weise aus, obwohl es keine Gesamtbewertung der einander gegenüberstehenden Marken unter Berücksichtigung aller Umstände der Einzelfälle durchgeführt habe, zu denen die Art der Waren oder Dienstleistungen, für die die einander gegenüberstehenden Marken jeweils eingetragen worden seien, einschließlich des Grades der Nähe oder der Unähnlichkeit dieser Waren und Dienstleistungen zähle. Das Design, die Farbe und der Duft seien für den Erfolg der Bekleidung, Parfüms und Kosmetika, also für die von der älteren Marke erfassten Waren, relevant, während keiner dieser Aspekte für die von den angemeldeten Marken erfassten Waren von Bedeutung sei. Zudem sei es angesichts der sehr unterschiedlichen Arten der betroffenen Wirtschaftszweige sehr unwahrscheinlich, dass die Vorstellung von Exklusivität und Luxus, die mit Bekleidung, Parfüms oder Kosmetika verbunden sei, auf eine der von der Anmeldemarke erfassten Waren übertragen werden könne, die in Supermärkten erhältliche Waren des täglichen Bedarfs erfasse.

71

Des Weiteren trägt der Rechtsmittelführer vor, dass sich die Begründung des Gerichts auf schlichte Mutmaßungen und Spekulationen stütze und in keiner Weise belegt werde.

72

Kenzo und das EUIPO machen geltend, der dritte Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes sei als unbegründet zurückzuweisen.

– Würdigung durch den Gerichtshof

73

Soweit der Rechtsmittelführer mit seinem Vorbringen dem Gericht vorwirft, der sehr unterschiedlichen Art und Aspekte der Waren und Dienstleistungen, die von den einander gegenüberstehenden Marken erfasst werden, nicht Rechnung getragen zu haben, ist dieses gemäß der in Rn. 42 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung als unzulässig zurückzuweisen. Mit diesem Vorbringen zielt der Rechtsmittelführer in Wirklichkeit nämlich darauf ab, die diesbezüglichen Sachverhaltswürdigungen des Gerichts in den Rn. 50 bis 53 der angefochtenen Urteile in Zweifel zu ziehen, wonach im Wesentlichen die von der Anmeldemarke erfassten Waren und Dienstleistungen, wie Bekleidung, Parfüms und Kosmetika, die von der älteren Marke erfasst sind, zum Luxusbereich gehören können.

74

Soweit der Rechtsmittelführer mit seinem Vorbringen geltend macht, dass das Gericht keine Gesamtwürdigung aller relevanten Umstände durchgeführt habe, um die Gefahr einer unlauteren Ausnutzung der Wertschätzung der älteren Marke zu würdigen, und dass das Gericht seine diesbezügliche Würdigung nicht hinreichend begründet habe, ist festzustellen, dass es sich um eine Rechtsfrage handelt, die gemäß der in Rn. 42 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung im Rahmen eines Rechtsmittels zulässig ist.

75

Dieses Vorbringen beruht jedoch auf einem falschen Verständnis der angefochtenen Urteile.

76

Das Gericht hat nämlich in den Rn. 45 bis 49 der angefochtenen Urteile auf die einschlägige Rechtsprechung hingewiesen, um im vorliegenden Fall zu bestimmen, ob die Benutzung der angemeldeten Marke die Wertschätzung der älteren Marke in unlauterer Weise ausnutzt. In den Rn. 50 und 51 dieser Urteile hat es die Art der betroffenen Waren und Dienstleistungen und den Grad ihrer Nähe geprüft. Es hat in Rn. 53 dieser Urteile die von der Beschwerdekammer vorgenommene Würdigung bezüglich des Vorliegens einer Verbindung, die zwischen den von der älteren Marke erfassten Waren und den mit der Anmeldemarke gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen hergestellt werden könnte, nämlich die Zugehörigkeit zum Luxusbereich, bestätigt. In Rn. 54 der angefochtenen Urteile hat sich das Gericht der Würdigung der Beschwerdekammer angeschlossen, nach der es sehr wahrscheinlich sei, dass diese Marke die Wertschätzung der älteren Marke in unlauterer Weise ausnutzen würde, wobei es sich auf das Vorliegen einer Verbindung zwischen den von den einander gegenüberstehenden Marken erfassten Waren und Dienstleistungen, auf die erhebliche Wertschätzung der älteren Marke, die hochgradige Ähnlichkeit zwischen diesen Marken und die durch die ältere Marke transportierte Vorstellung von Raffinesse und Kultstatus gestützt hat. In Rn. 56 des angefochtenen Urteils in der Rechtssache C‑86/16 P hat das Gericht ergänzt, dass die von der Anmeldung erfassten Dienstleistungen der Klassen 35 und 43 des Abkommens von Nizza gleichwohl als Nebenleistungen zur Weinherstellung und zum Weinverkauf erscheinen könnten.

77

Unter diesen Umständen kann dem Gericht nicht vorgeworfen werden, keine Gesamtwürdigung aller relevanten Umstände durchgeführt zu haben, um zu beurteilen, ob die angemeldete Marke die Wertschätzung der älteren Marke in unlauterer Weise ausnutzt, und die Beurteilung nicht hinreichend begründet zu haben.

78

Folglich ist der dritte Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes als teilweise unbegründet und teilweise unzulässig zurückzuweisen.

Vierter Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes

– Vorbringen der Parteien

79

Mit dem vierten Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes macht der Rechtsmittelführer geltend, dass die angefochtenen Urteile mit einem Begründungsmangel behaftet seien, da das Gericht zum Zwecke der Zurückweisung des vor ihm geltend gemachten vierten Teils des zweiten Klagegrundes lediglich die Feststellung der Beschwerdekammer bestätigt habe, wonach kein „rechtfertigender Grund nachgewiesen worden“ sei.

80

Der Rechtsmittelführer macht geltend, die Beschwerdekammer und das Gericht hätten auch einen Rechtsfehler begangen, indem sie nicht ausreichend berücksichtigt hätten, dass in der Zusammensetzung der Marke KENZO ESTATE das Element „kenzo“ der Vorname des Rechtsmittelführers sei. Er habe die Bekanntheit der älteren Marke nicht in unlauterer Weise ausnutzen wollen und auch nicht bösgläubig gehandelt.

81

Kenzo macht geltend, der vierte Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes sei unbegründet. Das EUIPO macht geltend, dass dieser unzulässig sei, da der durch den Rechtsmittelführer gerügte Fehler die Entscheidungen der Beschwerdekammer betreffe. Jedenfalls sei dieser Teil unbegründet.

– Würdigung durch den Gerichtshof

82

Was das erste Argument zur Stützung des vierten Teils des zweiten Rechtsmittelgrundes anbelangt, mit dem ein Begründungsmangel gerügt wird, ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshof vom Gericht nicht verlangt, bei seinen Ausführungen alle von den Parteien des Rechtsstreits vorgetragenen Argumente nacheinander erschöpfend zu behandeln; die Begründung des Gerichts kann daher implizit erfolgen, sofern sie es den Betroffenen ermöglicht, die Gründe zu erfahren, aus denen das Gericht ihrer Argumentation nicht gefolgt ist, und dem Gerichtshof ausreichende Angaben liefert, damit er seine Kontrollfunktion wahrnehmen kann (Urteil vom 11. Mai 2017, Dyson/Kommission, C‑44/16 P, EU:C:2017:357, Rn. 38 und die dort angeführte Rechtsprechung).

83

Aus Rn. 58 des angefochtenen Urteils in der Rechtssache C‑85/16 P und Rn. 59 des angefochtenen Urteils in der Rechtssache C‑86/16 P geht hervor, dass das Gericht das Argument des Rechtsmittelführers geprüft hat, wonach die Benutzung seines Vornamens in der angemeldeten Marke einen rechtfertigenden Grund im Sinne des Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 207/2009 darstelle, der ihm die Benutzung dieses Zeichens erlaube. Es hat die Ansicht vertreten, dass die Antwort der Beschwerdekammer zwar knapp, aber dennoch ausreichend sei, da die Verordnung Nr. 207/2009 kein unbedingtes Recht auf Eintragung eines Namens oder Vornamens als Unionsmarke vorsehe. Daher reiche der Umstand, dass der Vorname des Klägers Kenzo sei, nicht aus, um einen rechtfertigenden Grund im Sinne dieser Bestimmung zu bilden.

84

Daraus folgt, dass dem Gericht nicht vorgeworfen werden kann, es habe nicht angegeben, aus welchen Gründen es das Argument des Klägers zurückgewiesen hat.

85

Was das zweite Argument zur Stützung des vierten Teils des zweiten Rechtsmittelgrundes anbelangt, wonach die Benutzung des Vornamens des Rechtsmittelführers in der angemeldeten Marke einen rechtfertigenden Grund im Sinne des Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 207/2009 darstelle, ist festzustellen, dass es unzulässig ist, soweit es sich gegen die Entscheidungen der Zweiten Beschwerdekammer vom 22. Mai und 3. Juli 2013 richtet (Beschluss vom 26. Mai 2016, Dairek Attoumi/EUIPO, C‑578/15 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2016:377, Rn. 26 und die dort angeführte Rechtsprechung).

86

Soweit dieses Argument gegen die angefochtenen Urteile gerichtet ist, ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof den Begriff „rechtfertigender Grund“ im Sinne von Art. 5 Abs. 2 der Ersten Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. 1989, L 40, S. 1) bereits dahin ausgelegt hat, dass der Begriff „rechtfertigender Grund“ nicht nur objektiv zwingende Gründe umfassen kann, sondern sich auch auf die subjektiven Interessen eines Dritten beziehen kann, der ein mit der bekannten Marke identisches oder ihr ähnliches Zeichen benutzt (Urteil vom 6. Februar 2014, Leidseplein Beheer und de Vries, C‑65/12, EU:C:2014:49, Rn. 45).

87

Er hat im Übrigen auch klargestellt, dass aufgrund des im Wesentlichen gleichen Wortlauts von Art. 5 Abs. 2 und Art. 4 Abs. 4 Buchst. a der Ersten Richtlinie 89/104, die bekannten Marken den gleichen Schutz gewähren sollen, die Auslegung der erstgenannten Bestimmung auch für die zweite gilt (vgl. u. a. Urteile vom 27. November 2008, Intel Corporation, C‑252/07, EU:C:2008:655, Rn. 25, und vom 9. Januar 2003, Davidoff, C‑292/00, EU:C:2003:9, Rn. 17).

88

Da der Wortlaut des Art. 4 Abs. 4 Buchst. a der Ersten Richtlinie 89/104 mit dem des Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 207/2009 identisch ist, ist die Auslegung durch den Gerichtshof, was Art. 5 Abs. 2 dieser Ersten Richtlinie anbelangt, auch auf Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 207/2009 übertragbar.

89

Wie die Generalanwältin in Nr. 34 ihrer Schlussanträge hervorgehoben hat, wird bekannten Marken durch diesen Art. 8 Abs. 5 weitreichender Schutz gewährt. Die spezifische Voraussetzung für diesen Schutz besteht in einer Benutzung eines mit einer eingetragenen Marke identischen oder ihr ähnlichen Zeichens, die die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung dieser Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzen oder beeinträchtigen würde (vgl. u. a. Urteil vom 6. Februar 2014, Leidseplein Beheer und de Vries, C‑65/12, EU:C:2014:49, Rn. 33 und die dort angeführte Rechtsprechung).

90

Dennoch kann sich der Inhaber eines einer bekannten Marke ähnlichen Zeichens, wie dies aus Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 207/2009 hervorgeht, zur Benutzung dieses Zeichens auf einen „rechtfertigenden Grund“ berufen, was Ausdruck des allgemeinen Ziels dieser Verordnung ist, ein Gleichgewicht herzustellen zwischen dem Interesse des Inhabers einer Marke an der Wahrung ihrer Hauptfunktion und dem Interesse eines Dritten, im geschäftlichen Verkehr ein solches Zeichen zur Bezeichnung der von ihm vermarkteten Waren oder Dienstleistungen zu benutzen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. Februar 2014, Leidseplein Beheer und de Vries, C‑65/12, EU:C:2014:49, Rn. 41 und 43).

91

Dass sich ein Dritter auf einen rechtfertigenden Grund für die Benutzung eines einer bekannten Marke ähnlichen Zeichens beruft, kann damit nicht dazu führen, dass ihm die mit einer eingetragenen Marke verbundenen Rechte zuerkannt werden, aber zwingt den Inhaber der bekannten Marke dazu, die Benutzung des ähnlichen Zeichens zu dulden (Urteil vom 6. Februar 2014, Leidseplein Beheer und de Vries, C‑65/12, EU:C:2014:49, Rn. 46).

92

Im vorliegenden Fall hat das Gericht in Rn. 54 der angefochtenen Urteile die Feststellung der Beschwerdekammer bestätigt, wonach es, kurz gesagt, sehr wahrscheinlich sei, dass die angemeldete Marke die Wertschätzung der älteren Marke in unlauterer Weise ausnutze. In Rn. 58 des angefochtenen Urteils in der Rechtssache C‑85/16 P und Rn. 59 des angefochtenen Urteils in der Rechtssache C‑86/16 P hat das Gericht befunden, dass die Benutzung des Vornamens des Klägers, also Kenzo, in der Zusammensetzung der Marke KENZO ESTATE nicht ausreiche, um einen rechtfertigenden Grund für die Benutzung dieses Zeichens im Sinne des Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 207/2009 zu bilden.

93

Das Gericht war rechtsfehlerfrei der Ansicht, dass der Rechtsmittelführer keinen rechtfertigenden Grund zu seinen Gunsten für die Benutzung des streitigen Zeichens dargelegt habe.

94

Der Umstand allein, dass der Begriff „kenzo“ in der Marke KENZO ESTATE dem Vornamen des Klägers entspricht, ist nämlich irrelevant für die Frage, ob die Benutzung dieses Begriffs ein rechtfertigender Grund im Sinne des Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 207/2009 ist, da – wie die Generalanwältin im Wesentlichen in Nr. 38 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat – die Prüfung der Abwägung der betroffenen Interessen die Hauptfunktion der älteren Marke, die Herkunft des Erzeugnisses zu gewährleisten, nicht beeinträchtigen darf.

95

Das Gericht hat somit bei der Prüfung der Abwägung der betroffenen Interessen zu Recht annehmen können, dass unter Berücksichtigung des durch die Verordnung Nr. 207/2009 bekannten Marken gewährten umfassenden Schutzes die Beschwerdekammer feststellen durfte, dass vom Kläger kein rechtfertigender Grund nachgewiesen worden sei und dieser daher mit den Anmeldungen vom 21. Januar 2008 und 18. August 2009 die Wertschätzung der am 20. Februar 2001 angemeldeten Marke KENZO in unlauterer Weise ausnutzen wollte.

96

Folglich ist das zweite Argument zur Stützung des vierten Teils des zweiten Rechtsmittelgrundes als unbegründet zurückzuweisen. Auch der zweite Rechtsmittelgrund ist daher zurückzuweisen.

97

Nach alledem sind die Rechtsmittel in vollem Umfang zurückzuweisen.

Kosten

98

Nach Art. 184 Abs. 2 seiner Verfahrensordnung entscheidet der Gerichtshof über die Kosten, wenn das Rechtsmittel unbegründet ist. Nach Art. 138 Abs. 1 dieser Verfahrensordnung, der nach deren Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da das EUIPO und Kenzo die Verurteilung von Herrn Tsujimoto beantragt haben und dieser mit seinem Vorbringen unterlegen ist, sind ihm die Kosten aufzuerlegen.

 

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zehnte Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

 

1.

Die Rechtsmittel werden zurückgewiesen.

 

2.

Herr Kenzo Tsujimoto trägt die Kosten.

 

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Englisch.