SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

HENRIK SAUGMANDSGAARD ØE

vom 13. Juli 2017 ( 1 )

Rechtssache C‑341/16

Hanssen Beleggingen BV

gegen

Tanja Prast-Knipping

(Vorabentscheidungsersuchen des Oberlandesgerichts Düsseldorf [Deutschland])

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen – Gerichtliche Zuständigkeit und Vollstreckung von Entscheidungen – Verordnung (EG) Nr. 44/2001 – Art. 2 Abs. 1 -Gerichtsstand des Wohnsitzes des Beklagten – Art. 22 Nr. 4 – Ausschließliche Zuständigkeit für die Eintragung oder die Gültigkeit von Marken – Rechtsstreit über die Inhaberschaft einer Benelux-Marke – Klage gegen den formellen Inhaber einer Benelux-Marke auf Verzicht auf seine Rechte an der Marke als Inhaber“

I. Einleitung

1.

Mit Entscheidung vom 14. Juni 2016, beim Gerichtshof eingegangen am 16. Juni 2016, hat das Oberlandesgericht Düsseldorf (Deutschland) diesen um eine Vorabentscheidung über die Auslegung von Art. 22 Nr. 4 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (im Folgenden: Brüssel-I-Verordnung) ( 2 ) ersucht.

2.

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Hanssen Beleggingen BV und Frau Tanja Prast-Knipping wegen einer Benelux-Marke, deren formelle Inhaberin Letztere ist.

3.

Das vorlegende Gericht möchte wissen, ob der bei ihm anhängige Rechtsstreit unter die in Art. 22 Nr. 4 der Brüssel-I-Verordnung niedergelegte Regel der ausschließlichen Zuständigkeit für Rechtsstreitigkeiten fällt, die „die Eintragung oder die Gültigkeit von Marken zum Gegenstand haben“, was bedeuten würde, dass die deutschen Gerichte – also auch das vorlegende Gericht – für die Entscheidung eines solchen Rechtsstreits nicht zuständig wären. Sollte dieser Rechtsstreit hingegen nicht unter diese Regel der ausschließlichen Zuständigkeit fallen, wären die deutschen Gerichte nach der allgemeinen Zuständigkeitsregel des Art. 2 Abs. 1 dieser Verordnung zuständig.

4.

Im Folgenden werde ich darlegen, warum ich der Ansicht bin, dass eine Klage – wie die beim vorlegenden Gericht erhobene – gegen die in das Register eingetragene formelle Inhaberin der Marke, gerichtet auf die Erklärung gegenüber der zuständigen Behörde, dass sie hinsichtlich dieser Marke Nichtberechtigte sei und auf die Eintragung als Markeninhaberin verzichte, nicht unter die Regel der ausschließlichen Zuständigkeit in Art. 22 Nr. 4 der Brüssel-I-Verordnung fällt.

II. Rechtlicher Rahmen

5.

Nach der allgemeinen Zuständigkeitsregel des Art. 2 Abs. 1 der Brüssel-I-Verordnung sind „[v]orbehaltlich der Vorschriften dieser Verordnung … Personen, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats haben, ohne Rücksicht auf ihre Staatsangehörigkeit vor den Gerichten dieses Mitgliedstaats zu verklagen“.

6.

Nach Art. 22 Nr. 4 Abs. 1 dieser Verordnung, der in Abschnitt 6 („Ausschließliche Zuständigkeiten“) des Kapitels II steht, sind ohne Rücksicht auf den Wohnsitz für Klagen, welche „die Eintragung oder die Gültigkeit von Patenten, Marken, Mustern und Modellen sowie ähnlicher Rechte, die einer Hinterlegung oder Registrierung bedürfen, zum Gegenstand haben“, die Gerichte des Mitgliedstaats ausschließlich zuständig, in dessen Hoheitsgebiet die Hinterlegung oder Registrierung beantragt oder vorgenommen worden ist oder aufgrund eines Gemeinschaftsrechtsakts oder eines zwischenstaatlichen Übereinkommens als vorgenommen gilt.

III. Ausgangsrechtsstreit, Vorlagefrage und Verfahren vor dem Gerichtshof

7.

Der Ausgangsrechtsstreit betrifft die Rechte an einer Benelux-Marke. Frau Prast-Knipping, Beklagte des Ausgangsverfahrens, wohnt in Hamminkeln (Deutschland). Sie ist als Inhaberin der nachstehend wiedergegebenen Bildmarke Nr. 361604 (im Folgenden: Klagemarke) beim Benelux-Amt für Geistiges Eigentum (im Folgenden: Benelux-Markenamt) eingetragen:

Image

8.

Die Eintragung dieser Marke wurde am 7. September 1979 zugunsten des Unternehmens Helmut Knipping beantragt. Nach Vorlage eines Erbscheins, der Frau Prast-Knipping als Alleinerbin von Herrn Knipping auswies, wurde die Klagemarke beim Benelux-Markenamt am 14. November 2003 auf ihren Namen umgeschrieben.

9.

Die Hanssen Beleggingen BV (im Folgenden: Hanssen Beleggingen), Klägerin des Ausgangsverfahrens, ist eine Gesellschaft mit Sitz in den Niederlanden.

10.

Mit ihrer Klage nimmt Hanssen Beleggingen Frau Prast-Knipping auf Abgabe einer Erklärung gegenüber dem Benelux-Markenamt in Anspruch, dass sie hinsichtlich der Klagemarke Nichtberechtigte sei und auf die Eintragung als Markeninhaberin verzichte. Zur Begründung macht Hanssen Beleggingen geltend, infolge einer Kette von Übertragungen der Klagemarke tatsächliche Inhaberin der Rechte an dieser Marke geworden zu sein. Sie habe deshalb einen gesetzlichen Anspruch gegen Frau Prast-Knipping auf Abgabe der entsprechenden Erklärungen gegenüber dem Benelux-Markenamt.

11.

Das Landgericht Düsseldorf (Deutschland) wies die Klage mit Urteil vom 24. Juni 2015 ab und führte zur Begründung aus, dass ein bereicherungsrechtlicher Anspruch von Hanssen Beleggingen gegen Frau Prast-Knipping nicht bestehe, weil diese nicht zu Unrecht als formell Berechtigte der Klagemarke im Benelux-Markenregister eingetragen sei. Es sei davon auszugehen, dass sich die Klagemarke im Todeszeitpunkt von Herrn Knipping in dessen Vermögen befunden habe und deshalb im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf Frau Prast-Knipping als Alleinerbin übergegangen sei. Ausführungen zur – von Frau Prast-Knipping nicht gerügten – internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte machte das Gericht nicht.

12.

Hanssen Beleggingen legte gegen dieses Urteil Berufung beim Oberlandesgericht Düsseldorf ein. Dieses Gericht äußerte Zweifel an der internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte. Es führte dazu aus, diese Zuständigkeit könnte zwar auf Art. 2 Abs. 1 der Brüssel-I-Verordnung gestützt werden, da Frau Prast-Knipping ihren Wohnsitz in Deutschland habe, doch könnte eine ausschließliche internationale Zuständigkeit niederländischer Gerichte gemäß Art. 22 Nr. 4 der Brüssel-I-Verordnung die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte ausschließen.

13.

Im Übrigen wies dieses Gericht darauf hin, dass gemäß Art. 66 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1215/2012 in zeitlicher Hinsicht die Brüssel-I-Verordnung auf das Ausgangsverfahren Anwendung finde, da die Klage vor dem 10. Januar 2015 eingeleitet worden sei.

14.

Unter diesen Umständen hat das Oberlandesgericht Düsseldorf beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:

Umfasst der Begriff eines Rechtsstreits im Sinne des Art. 22 Nr. 4 der Brüssel-I-Verordnung, der „die Eintragung oder die Gültigkeit von Marken … zum Gegenstand [hat]“, auch eine Klage gegen die in das Benelux-Markenregister eingetragene formelle Markeninhaberin einer Benelux-Marke, gerichtet auf eine Erklärung gegenüber dem Benelux-Markenamt, dass sie hinsichtlich der betreffenden Marke Nichtberechtigte sei und auf die Eintragung als Markeninhaberin verzichte?

15.

Frau Prast-Knipping und die Europäische Kommission haben schriftliche Erklärungen eingereicht. Eine mündliche Verhandlung hat nicht stattgefunden.

IV. Würdigung

16.

Mit seiner Vorabentscheidungsfrage möchte das vorlegende Gericht vom Gerichtshof wissen, ob eine Klage – wie die im Ausgangsrechtsstreit – gegen die in das Register eingetragene formelle Inhaberin einer Benelux-Marke, gerichtet auf die Erklärung gegenüber dem Benelux-Markenamt, dass sie hinsichtlich dieser Marke Nichtberechtigte sei und auf die Eintragung als Markeninhaberin verzichte, unter Art. 22 Nr. 4 der Brüssel-I-Verordnung fällt.

17.

Sowohl Frau Prast-Knipping als auch die Kommission sind der Ansicht, dass diese Frage zu verneinen sei. Ich teile diesen Standpunkt aus folgenden Gründen.

18.

Der Gerichtshof hatte bereits, insbesondere im Urteil Duijnstee ( 3 ), Gelegenheit, sich zur Tragweite der Regel der ausschließlichen Zuständigkeit zu äußern, die in Art. 22 Nr. 4 der Brüssel-I-Verordnung aufgestellt wird. Eine der in diesem Urteil vom Gerichtshof behandelten Fragen betraf die Auslegung des Begriffs „Rechtsstreit, der die Eintragung oder die Gültigkeit von Patenten zum Gegenstand [hat]“ im Sinne von Art. 16 Nr. 4 des Übereinkommens vom 27. September 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen ( 4 ). Diesem Urteil, dem ein dem Ausgangsrechtsstreit in der vorliegenden Rechtssache entsprechender Rechtsstreit zugrunde lag, kommt meines Erachtens im Rahmen dieser Rechtssache entscheidende Bedeutung zu. Ich weise darauf hin, dass der Gerichtshof die Erkenntnisse aus dem genannten Urteil im Urteil GAT ( 5 ) im Wesentlichen bestätigt hat.

19.

Die Rechtssache Duijnstee betraf einen von Herrn Duijnstee, dem Konkursverwalter der Schroefboutenfabriek BV, gegen Herrn Goderbauer, den ehemaligen Direktor dieses Unternehmens, vor Gericht geltend gemachten Antrag, Herrn Goderbauer aufzugeben, die in 22 Ländern eingereichten Patentanmeldungen und erteilten Patente für eine Erfindung, die er als Angestellter dieses Unternehmens gemacht hatte, auf das im Konkurs befindliche Unternehmen zu übertragen ( 6 ).

20.

Nach Ansicht des Gerichtshofs ist der genannte Begriff ein autonomer Begriff, der in allen Vertragsstaaten einheitlich anzuwenden ist ( 7 ).

21.

Im Hinblick auf die Auslegung dieses Begriffs hob der Gerichtshof hervor, dass die ausschließliche Zuständigkeit für Rechtsstreitigkeiten über die Eintragung oder die Gültigkeit von Patenten, die den Gerichten der Vertragsstaaten zugewiesen ist, in deren Hoheitsgebiet die Hinterlegung oder Registrierung des Patents beantragt oder vorgenommen worden ist, dadurch gerechtfertigt ist, dass diese Gerichte am besten in der Lage sind, über Fälle zu entscheiden, in denen es um die Gültigkeit des Patents oder das Bestehen der Hinterlegung oder Registrierung selbst geht ( 8 ).

22.

Infolgedessen stellte der Gerichtshof fest, dass diese unter Berücksichtigung des vorgenannten Ziels der Nähe restriktiv ausgelegte Regel der ausschließlichen Zuständigkeit in ihrer Tragweite auf Rechtsstreitigkeiten über die Gültigkeit, das Bestehen oder das Erlöschen des Patents oder über die Geltendmachung eines Prioritätsrechts aufgrund einer früheren Hinterlegung beschränkt ist ( 9 ).

23.

Abschließend erklärte der Gerichtshof, dass der beim vorlegenden Gericht anhängige Rechtsstreit nicht in den so umgrenzten Anwendungsbereich von Art. 16 Nr. 4 des Brüsseler Übereinkommens fällt, da er nicht die Gültigkeit oder die Eintragung der streitigen Patente betrifft, sondern ausschließlich die Frage, ob Herr Goderbauer oder die in Konkurs geratene Schroefboutenfabriek Inhaber des Patentrechts ist, was aufgrund der Rechtsbeziehungen, die zwischen den Betroffenen bestanden, festzustellen ist ( 10 ).

24.

Diese Erwägungen scheinen mir aus folgenden Gründen vollständig auf die vorliegende Rechtssache übertragbar zu sein.

25.

Erstens hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass angesichts der Ähnlichkeit dieser beiden Bestimmungen die Kontinuität bei der Auslegung von Art. 22 Nr. 4 der Brüssel-I-Verordnung und von Art. 16 Nr. 4 des Brüsseler Übereinkommens entsprechend dem 19. Erwägungsgrund der Verordnung zu wahren ist ( 11 ). In Art. 22 Nr. 4 dieser Verordnung kommt nämlich die gleiche Systematik zum Ausdruck wie in Art. 16 Nr. 4 des Brüsseler Übereinkommens, und er hat überdies nahezu denselben Wortlaut ( 12 ). Nach ständiger Rechtsprechung gilt die Auslegung der Bestimmungen des Brüsseler Übereinkommens durch den Gerichtshof auch für die Bestimmungen der Brüssel-I-Verordnung, soweit die Bestimmungen dieser Rechtsakte als gleichwertig angesehen werden können ( 13 ).

26.

Zweitens sehe ich keinen Grund, das vom Gerichtshof im Urteil Duijnstee ( 14 ) für Patente aufgestellte Kriterium nicht auch auf Markenstreitigkeiten zu erstrecken. Zum einen unterscheidet der Wortlaut von Art. 22 Nr. 4 der Brüssel-I-Verordnung nämlich nicht zwischen Patent- und Markenstreitigkeiten. Zum anderen sind die Begriffe der Gültigkeit, des Bestehens, des Erlöschens oder der Geltendmachung eines Prioritätsrechts aufgrund einer früheren Hinterlegung im Markenrecht ebenfalls relevant.

27.

Drittens möchte ich in Anwendung des vom Gerichtshof im Urteil Duijnstee ( 15 ) aufgestellten Kriteriums darauf hinweisen, dass der Ausgangsrechtsstreit in der vorliegenden Rechtssache nicht die Gültigkeit, das Bestehen oder das Erlöschen einer Marke bzw. die Geltendmachung eines Prioritätsrechts aufgrund einer früheren Hinterlegung betrifft. Dort geht es nämlich ausschließlich um die Frage, ob Frau Prast-Knipping oder Hanssen Beleggingen Inhaber der Klagemarke ist, was aufgrund der Rechtsbeziehungen, die zwischen den Betroffenen bestanden, nach dem Vorbild des Ausgangsrechtsstreits in der Rechtssache Duijnstee festzustellen ist. Mit anderen Worten betrifft dieser Rechtsstreit, wie die Kommission zutreffend ausgeführt hat, nicht die Marke als solche, sondern vielmehr die Frage der Inhaberschaft der Marke, was nicht unter die Eintragung oder die Gültigkeit dieser Marke im Sinne von Art. 22 Nr. 4 der Brüssel-I-Verordnung fällt.

28.

Dass Hanssen Beleggingen mit ihrer Klage namentlich erreichen will, dass Frau Prast-Knipping auf ihre Eintragung als Inhaberin der Klagemarke verzichtet, bedeutet nicht, dass der Ausgangsrechtsstreit unter den Begriff „[Rechtsstreit, der] die Eintragung oder die Gültigkeit von Marken zum Gegenstand [hat]“ im Sinne der vorgenannten Bestimmung fällt. Dieser Antrag leitet sich nämlich nur vom Hauptantrag ab, mit dem festgestellt werden soll, dass die Klagemarke aufgrund von privaten Vereinbarungen, die die Übertragung dieser Marke an Hanssen Beleggingen vorgesehen haben sollen, nicht Frau Prast-Knipping gehört ( 16 ). Wie ich in der vorstehenden Nummer dargelegt habe, geht es in einem derartigen Rechtsstreit weder um die Gültigkeit, das Bestehen oder das Erlöschen dieser Marke noch um die Geltendmachung eines Prioritätsrechts aufgrund einer früheren Hinterlegung.

29.

Viertens möchte ich hinzufügen, dass – wie Frau Prast-Knipping und die Kommission geltend gemacht haben – das von dieser Bestimmung angestrebte Ziel der Nähe dem nicht entgegensteht, dass der Ausgangsrechtsstreit nicht unter die in dieser Bestimmung vorgesehene Regel der ausschließlichen Zuständigkeit fällt ( 17 ). Die Art von Argumenten, die im Ausgangsrechtsstreit geprüft wurden und sich u. a. auf die ungerechtfertigte Bereicherung und die Tragweite von Vereinbarungen zwischen Privatpersonen bezogen ( 18 ), hat nichts mit der Frage der Gültigkeit oder der Eintragung der Klagemarke zu tun. Die Gerichte des Staates, in dessen Hoheitsgebiet die Marke registriert worden ist, sind daher nicht am besten in der Lage, über diese Argumente zu entscheiden.

30.

Aus dem Vorstehenden ergibt sich meines Erachtens, dass der Ausgangsrechtsstreit nicht unter die Regel der ausschließlichen Zuständigkeit in Art. 22 Nr. 4 der Brüssel-I-Verordnung fällt. Daher sind die deutschen Gerichte – also auch das vorlegende Gericht – als Gerichte des Mitgliedstaats, in dem Frau Prast-Knipping, die Beklagte des Ausgangsverfahrens, ihren Wohnsitz hat, für die Entscheidung dieses Rechtsstreits gemäß der allgemeinen Zuständigkeitsregel des Art. 2 Abs. 1 dieser Verordnung international zuständig.

31.

In diesem Zusammenhang möchte ich klarstellen, dass die Möglichkeit, dass dieser Rechtsstreit unter Art. 5 Nr. 3 dieser Verordnung fallen könnte, da Hanssen Beleggingen ihre Klage insbesondere auf eine ungerechtfertigte Bereicherung stützt, die Zuständigkeit deutscher Gerichte nach Art. 2 Abs. 1 dieser Verordnung nicht berührt. Die erstgenannte Bestimmung begründet nämlich einen zusätzlichen – und keinen ausschließlichen – Gerichtsstand gegenüber dem, den die zweitgenannte Bestimmung vorsieht.

32.

Hilfsweise für den Fall, dass der Gerichtshof zu dem Ergebnis kommen sollte, dass der Ausgangsrechtsstreit unter Art. 22 Nr. 4 der Brüssel-I-Verordnung fällt, ist festzustellen, dass dann nur die Gerichte des Mitgliedstaats, in dessen Hoheitsgebiet die Marke registriert worden ist, für die Entscheidung dieses Rechtsstreits zuständig sind. Diese Bestimmung begründet nämlich einen ausschließlichen Gerichtsstand, der zum Ausschluss der allgemeinen Zuständigkeitsregel des Art. 2 Abs. 1 dieser Verordnung führt.

33.

Den Hinweisen des vorlegenden Gerichts zufolge würde die Anwendung von Art. 22 Nr. 4 der Brüssel-I-Verordnung bedeuten, dass die deutschen Gerichte für die Entscheidung des Ausgangsrechtsstreits nicht zuständig sind ( 19 ).

34.

Ich möchte noch auf die Bedeutung des Urteils Brite Strike Technologies ( 20 ) in diesem Zusammenhang eingehen. Der Gerichtshof hat in diesem Urteil zwar entschieden, dass Art. 71 der Brüssel-I-Verordnung unter Berücksichtigung von Art. 350 AEUV nicht untersagt, die in Art. 4.6 des Benelux-Übereinkommens über geistiges Eigentum (Marken und Muster oder Modelle) ( 21 ) (im Folgenden: BÜGE) enthaltene Regel über die gerichtliche Zuständigkeit für Rechtsstreitigkeiten in Bezug auf Benelux‑Marken, ‑Muster oder ‑Modelle auf diese Rechtsstreitigkeiten anzuwenden.

35.

Diese Rechtsprechung scheint mir jedoch für die Frage der internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte – um die es im Ausgangsrechtsstreit geht – nicht maßgeblich, da die Bundesrepublik Deutschland nicht Partei des BÜGE ist. Es ist meines Erachtens schwer vorstellbar, dass ein Übereinkommen, an dem die Bundesrepublik Deutschland nicht beteiligt ist, bindende Wirkung gegenüber deutschen Gerichten entfalten könnte. Das Urteil Brite Strike Technologies ( 22 ) betraf im Unterschied zur vorliegenden Rechtssache einen Rechtsstreit, der vor einem niederländischen Gericht anhängig war.

36.

Diese Auslegung wird erforderlichenfalls durch den Wortlaut von Art. 71 Abs. 2 Buchst. a der Brüssel-I-Verordnung gestützt, der, wie es dort heißt, für „ein Gericht eines Mitgliedstaats [gilt], der Vertragspartei eines Übereinkommens über ein besonderes Rechtsgebiet ist“ ( 23 ).

37.

Sollte der Gerichtshof daher zu dem Ergebnis kommen, dass der Ausgangsrechtsstreit unter Art. 22 Nr. 4 der Brüssel-I-Verordnung fällt, wäre das vorlegende Gericht gemäß Art. 25 dieser Verordnung gehalten, sich von Amts wegen für unzuständig zu erklären. Nur wenn der Ausgangsrechtsstreit vor einem Gericht eines Benelux-Mitgliedstaats anhängig wäre, könnte Art. 4.6 BÜGE gemäß dem Urteil Brite Strike Technologies ( 24 ) von diesem Gericht bei der Prüfung seiner Zuständigkeit berücksichtigt werden.

V. Ergebnis

38.

In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen schlage ich dem Gerichtshof vor, auf die vom Oberlandesgericht Düsseldorf (Deutschland) zur Vorabentscheidung vorgelegte Frage wie folgt zu antworten:

Eine Klage – wie die im Ausgangsrechtsstreit – gegen die in das Register eingetragene formelle Inhaberin einer Benelux-Marke, gerichtet auf die Erklärung gegenüber dem Benelux-Amt für Geistiges Eigentum, dass sie hinsichtlich dieser Marke Nichtberechtigte sei und auf die Eintragung als Markeninhaberin verzichte, fällt nicht unter Art. 22 Nr. 4 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen.


( 1 ) Originalsprache: Französisch.

( 2 ) ABl. 2001, L 12, S. 1. Das vorlegende Gericht hat erläutert, warum diese Verordnung, die inzwischen durch die Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. 2012, L 351, S. 1) ersetzt worden ist, aufgrund der Umstände des Ausgangsrechtsstreits in zeitlicher Hinsicht anwendbar ist. Vgl. Nr. 13 dieser Schlussanträge.

( 3 ) Urteil vom 15. November 1983 (288/82, EU:C:1983:326).

( 4 ) ABl. 1972, L 299, S. 32, im Folgenden: Brüsseler Übereinkommen. Zur Verpflichtung, die Rechtsprechung zu Art. 16 Nr. 4 des Brüsseler Übereinkommens für die Auslegung von Art. 22 Nr. 4 der Brüssel-I-Verordnung zu berücksichtigen, vgl. Nr. 25 dieser Schlussanträge.

( 5 ) Urteil vom 13. Juli 2006, GAT (C‑4/03, EU:C:2006:457, Rn. 14 bis 23).

( 6 ) Urteil vom 15. November 1983, Duijnstee (288/82, EU:C:1983:326, Rn. 3).

( 7 ) Urteile vom 15. November 1983, Duijnstee (288/82, EU:C:1983:326, Rn. 19), und vom 13. Juli 2006, GAT (C‑4/03, EU:C:2006:457, Rn. 14).

( 8 ) Urteile vom 15. November 1983, Duijnstee (288/82, EU:C:1983:326, Rn. 22), und vom 13. Juli 2006, GAT (C‑4/03, EU:C:2006:457, Rn. 21 bis 23).

( 9 ) Urteile vom 15. November 1983, Duijnstee (288/82, EU:C:1983:326, Rn. 23 bis 25), und vom 13. Juli 2006, GAT (C‑4/03, EU:C:2006:457, Rn. 15).

( 10 ) Urteil vom 15. November 1983, Duijnstee (288/82, EU:C:1983:326, Rn. 26).

( 11 ) Urteil vom 12. Juli 2012, Solvay (C‑616/10, EU:C:2012:445, Rn. 43 und die dort angeführte Rechtsprechung).

( 12 ) Der einzige Unterschied im Wortlaut besteht darin, dass es in Art. 16 Abs. 4 des Brüsseler Übereinkommens „aufgrund eines zwischenstaatlichen Übereinkommens“ heißt, was in Art. 22 Nr. 4 Abs. 1 der Brüssel-I-Verordnung zu „aufgrund eines Gemeinschaftsrechtsakts oder eines zwischenstaatlichen Übereinkommens“ wurde.

( 13 ) Vgl u. a. Urteile vom 16. Juli 2009, Zuid-Chemie (C‑189/08, EU:C:2009:475, Rn. 18), vom 12. Juli 2012, Solvay (C‑616/10, EU:C:2012:445, Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung), vom 10. September 2015, Holterman Ferho Exploitatie u. a. (C‑47/14, EU:C:2015:574, Rn. 38), und vom 16. Juni 2016, Universal Music International Holding (C‑12/15, EU:C:2016:449, Rn. 22).

( 14 ) Urteil vom 15. November 1983 (288/82, EU:C:1983:326, Rn. 24 und 25).

( 15 ) Urteil vom 15. November 1983 (288/82, EU:C:1983:326, Rn. 24 und 25).

( 16 ) Vgl. Nrn. 10 und 11 dieser Schlussanträge.

( 17 ) Vgl. Nr. 21 dieser Schlussanträge.

( 18 ) Vgl. Nrn. 10 und 11 dieser Schlussanträge.

( 19 ) Vgl. Nr. 12 dieser Schlussanträge.

( 20 ) Urteil vom 14. Juli 2016 (C‑230/15, EU:C:2016:560, Rn. 66).

( 21 ) Übereinkommen vom 25. Februar 2005, unterzeichnet in Den Haag vom Königreich Belgien, dem Großherzogtum Luxemburg und dem Königreich der Niederlande. Dieses Übereinkommen ist am 1. September 2006 in Kraft getreten.

( 22 ) Urteil vom 14. Juli 2016 (C‑230/15, EU:C:2016:560).

( 23 ) Hervorhebung nur hier. Art. 71 der Brüssel-I-Verordnung bestimmt:

„(1)   Diese Verordnung lässt Übereinkommen unberührt, denen die Mitgliedstaaten angehören und die für besondere Rechtsgebiete die gerichtliche Zuständigkeit, die Anerkennung oder die Vollstreckung von Entscheidungen regeln.

(2)   Um eine einheitliche Auslegung des Absatzes 1 zu sichern, wird dieser Absatz in folgender Weise angewandt:

a)

Diese Verordnung schließt nicht aus, dass ein Gericht eines Mitgliedstaats, der Vertragspartei eines Übereinkommens über ein besonderes Rechtsgebiet ist, seine Zuständigkeit auf ein solches Übereinkommen stützt, und zwar auch dann, wenn der Beklagte seinen Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat, der nicht Vertragspartei eines solchen Übereinkommens ist. In jedem Fall wendet dieses Gericht Artikel 26 dieser Verordnung an.

…“

( 24 ) Urteil vom 14. Juli 2016 (C‑230/15, EU:C:2016:560).