EUROPÄISCHE KOMMISSION
Straßburg, den 18.1.2022
COM(2022) 16 final
MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN
über eine europäische Hochschulstrategie
{SWD(2022) 6 final}
1Hochschulen – ein charakteristisches Merkmal unserer europäischen Lebensweise
Der Beitrag unserer Hochschulen zur Gesellschaft ist heute wichtiger denn je. In einer sich schnell verändernden Welt steht Europa vor enormen Herausforderungen – Klimawandel und Artensterben, Digitalisierung und Bevölkerungsalterung – und ist zugleich von der größten globalen Gesundheitskrise des Jahrhunderts und ihren wirtschaftlichen Folgen betroffen. Europas Stellung in der Welt sowie das Wohlergehen und der Wohlstand zukünftiger Generationen hängen von unserer Reaktion ab. Der Hochschulsektor wird eine wichtige Rolle bei Europas Erholung nach der Pandemie spielen und zu einer nachhaltigen und soliden Gesellschaft und Wirtschaft beitragen. Erstklassige und inklusive Hochschulen sind eine Voraussetzung und die Grundlage für weltoffene, demokratische, faire und nachhaltige Gesellschaften sowie für nachhaltiges Wachstum, Unternehmertum und Beschäftigung.
Europa kann auf einen vielfältigen und erfolgreichen Hochschulsektor mit tiefer Verwurzelung in der europäischen Kultur aufbauen. Denn es gibt nahezu 5 000 Hochschuleinrichtungen, 17,5 Mio. Studierende und 1,35 Mio. Lehrkräfte im tertiären Bildungsbereich sowie 1,17 Mio. Forscherinnen und Forscher in Europa. Ob Forschungsuniversitäten, Technische Hochschulen, Kunsthochschulen oder Einrichtungen der höheren Berufsbildung: die verschiedenen Hochschuleinrichtungen sind alle kennzeichnend für unsere europäische Lebensweise. Diese Vielfalt ist unsere Stärke, da sie Wahlmöglichkeiten und Kreativität sowie Synergien durch Mobilität und Zusammenarbeit ermöglicht. Seit nunmehr 35 Jahren bietet Europa mehr als 10 Mio. jungen Lernenden prägende Erfahrungen durch das symbolträchtige Programm Erasmus+.
Hochschulen bieten eine einzigartige Schnittstelle von Bildung, Forschung, Innovation im Dienste der Gesellschaft und der Wirtschaft: Sie spielen eine entscheidende Rolle bei der Verwirklichung des europäischen Bildungsraums (EHR) und des Europäischen Forschungsraums (EFR), in Abstimmung mit dem Europäischen Hochschulraum. Durch starke Partnerschaften innerhalb der EU und weltweit sowie aufbauend auf dem Gesamtvorteil von Bildungssystemen und Forschungsnetzwerken sind sie zentrale Akteure bei der Förderung des europäischen Modells im Einklang mit den Interessen und Werten der EU: Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte sowie internationale Normen und Standards.
Europa braucht leistungsstarke Hochschulen, die zur Umsetzung der politischen Agenda der Europäischen Union beitragen, da sie sich mit vielen verschiedenen Leitinitiativen befassen, die in letzter Zeit für Aufbau und Resilienz ergriffen wurden. Die Europäische Union und die Mitgliedstaaten haben ein gemeinsames Interesse daran, den Hochschulsektor durch gebündelte Kräfte im Rahmen einer gemeinsamen Vision, die auf seiner Vielfältigkeit aufbaut, zu unterstützen.
Dabei müssen sie den sich wandelnden Kontext, mit dem die EU konfrontiert ist und der sich unmittelbar auf den Hochschulsektor auswirkt, berücksichtigen. Wenn nicht entsprechend gehandelt wird, könnte dies die Leistung der Hochschulen beeinträchtigen. Die Hochschulen haben bereits einen Prozess des Umdenkens und der Erneuerung ihrer Strukturen eingeleitet. Dabei sollten die EU und die Mitgliedstaaten sie unterstützen.
Hochschulen können große gesellschaftliche Herausforderungen besser bewältigen, wenn sie sich wirksamer in die transnationale Zusammenarbeit einbringen. 92 % der Hochschulen nannten die Überwindung rechtlicher und administrativer Hindernisse für internationale strategische Partnerschaften zwischen Hochschulen als zentrales Anliegen. In einer Eurobarometer-Umfrage gaben 93 % der Befragten an, dass es sinnvoll wäre, EU-Hochschulabschlüsse zu schaffen, die von europäischen Hochschulnetzwerken angeboten werden und den Studierenden die Möglichkeit bieten, in verschiedenen Mitgliedstaaten mit einer flexiblen Auswahl an Kursen oder Modulen zu studieren.
Die Finanzierung der Hochschulen ist für die Erfüllung ihres wachsenden gesellschaftlichen Auftrags oft nicht ausreichend. Aus einem Bericht der Beobachtungsstelle für öffentliche Mittel geht hervor, dass in mehr als der Hälfte der untersuchten Hochschulsysteme die Investitionen in die Hochschulbildung entweder trotz der wachsenden Studierendenzahl zurückgehen oder nicht in der gleichen Geschwindigkeit ansteigen. Die COVID-19-Pandemie hat zu zusätzlichem Investitionsbedarf (z. B. in digitale Ausstattung und Infrastrukturen) und zu Einnahmeverlusten geführt.
Angesichts des sich schnell wandelnden Qualifikationsbedarfs muss sich der Hochschulsektor anpassen. Der grüne und digitale Wandel erfordert zukunftsfähige Bildung, Forschung und Innovation in enger Zusammenarbeit mit den damit verbundenen Wirtschaftszweigen und Interessenträgern, und die massiven Abweichungen bei digitalen Kompetenzen innerhalb der EU müssen überwunden werden. Studierende und Lehrkräfte in der gesamten EU müssen für die Zukunft grüne und digitale Kompetenzen entwickeln. Zudem müssen das Innovationspotenzial und das technologische Potenzial der Hochschulen zur Bewältigung der damit einhergehenden gesellschaftlichen Herausforderungen eingesetzt werden. Die europäischen Ziele sehen vor, dass bis 2030 mindestens 45 % der 25- bis 34-Jährigen einen Hochschulabschluss erwerben
und mindestens 60 % der Erwachsenen (in den letzten 12 Monaten) ein Lernangebot wahrnehmen. Für die digitale Dekade werden ehrgeizige Ziele festgelegt, wonach 80 % der Erwachsenen im Jahr 2030 zumindest über grundlegende digitale Kompetenzen verfügen sollen und in der EU 20 Millionen IKT-Fachkräfte beschäftigt sein sollen.
Vielfalt, Inklusion und Gleichstellung der Geschlechter sind im Hochschulsektor heute wichtiger denn je. Studierende, Akademikerinnen und Akademiker, Verwaltungspersonal sowie Forscherinnen und Forscher aus benachteiligten Verhältnissen sind in der Hochschulbildung nach wie vor unterrepräsentiert. In einigen Studien- und Forschungsbereichen und in Entscheidungspositionen an Hochschulen besteht zudem weiterhin eine anhaltende geschlechtsspezifische Diskrepanz. Das Gleichgewicht zwischen den Geschlechtern nimmt bei Leitungsfunktionen an den Hochschuleinrichtungen mit dem Dienstalter deutlich ab, denn Frauen in der EU-27 besetzen etwas weniger als 24 % dieser Stellen.
Akademische und demokratische Grundwerte sind gefährdet. Verantwortliche von Hochschulen zeigten sich äußerst besorgt über die Bedrohungen der akademischen Freiheit und der Hochschulautonomie. Die Zahl der in europäischen Nachbarländern gefährdeten Personen in Wissenschaft und Forschung nimmt zu. Zudem stellt die Einflussnahme aus dem Ausland in Hochschuleinrichtungen ebenfalls eine Bedrohung dar.
Hochschulen müssen international wettbewerbsfähig bleiben. Das relative Gewicht Europas in der Welt nimmt hinsichtlich forschungsintensiven Hochschulen ab. Das Potenzial zur Bündelung der Bemühungen der Mitgliedstaaten auf globaler Ebene wird nicht ausreichend genutzt. Europa könnte die Mobilität noch besser fördern und so talentierte Studierende, Akademikerinnen und Akademiker sowie Forscherinnen und Forscher anwerben bzw. halten, um den globalen Einfluss Europas in Bezug auf Wertvorstellungen, Bildung, Forschung, Industrie und gesellschaftliche Auswirkungen zu maximieren.
Diese europäische Hochschulstrategie ist Teil eines Pakets für die Hochschulbildung, begleitet von einem Vorschlag für eine Empfehlung des Rates zur Erleichterung einer wirksamen europäischen Hochschulzusammenarbeit. Die beiden Initiativen zielen zusammen darauf ab, das Potenzial des Hochschulsektors zur Förderung von Kompetenzen und Wissen, zum Antrieb von Innovation und zur Bewältigung gesellschaftlicher Herausforderungen voll auszuschöpfen. Die Strategie baut auf den Errungenschaften von mehr als 20 Jahren Bologna-Prozess auf und stellt eine Vision der europäischen Zusammenarbeit im Hochschulbereich vor, die eine Transformation zum Nutzen der EU und darüber hinaus bewirken kann. Der Vorschlag der Kommission für eine Empfehlung des Rates ist ein erster Schritt zur Erleichterung einer tiefgreifenden transnationalen Zusammenarbeit im Interesse des Erfolgs der Hochschulen und zur Stärkung des europäischen Zusammengehörigkeitsgefühls.
2Ziele der europäischen Hochschulstrategie
Die europäische Hochschulstrategie zielt darauf ab, die Hochschulen zu unterstützen und zur Anpassung an die sich wandelnden Bedingungen zu befähigen, damit sie erfolgreich sind und zu Europas Resilienz und Erholung beitragen können. Die Mitgliedstaaten und Hochschuleinrichtungen in ganz Europa sind aufgerufen, ihre Kräfte zu bündeln. Ziel ist es, die transnationale Zusammenarbeit intensiver und umfassender zu gestalten und eine echte europäische Dimension im Hochschulbereich, die auf gemeinsamen Werten beruht, zu entwickeln. Exzellenz und Inklusion gehören, beispielhaft für unsere europäische Lebensweise, zu den Kennzeichen der europäischen Hochschulbildung. Das macht den Unterschied zwischen dem Hochschulsektor in Europa und anderen Teilen der Welt aus.
Die Strategie baut zudem auf den ersten Erkenntnissen aus der Initiative „Europäische Hochschulen“ auf. Sie ist ein anschauliches Beispiel für eine tiefgreifende transnationale Zusammenarbeit zwischen Hochschulen auf der Grundlage gemeinsamer, langfristiger Visionen. Die 41 Allianzen Europäischer Hochschulen geben Impulse für die Einführung neuer Instrumente und Rechtsgrundlagen und können die gesamte europäische Hochschulgemeinschaft inspirieren.
Die Kommission möchte sich bis Mitte 2024 auf das Erreichen der vier gemeinsamen Kernziele konzentrieren:
-Stärkung der europäischen Dimension in Hochschulbildung und Forschung:
Eine Reihe von Leitinitiativen durchführen, die für die transnationale Zusammenarbeit die gleiche Bedeutung wie Erasmus+ für die Mobilität von Studierenden und Horizont Europa für die Spitzenforschung haben werden: der sichtbare Ausdruck eines eindeutig europäischen Ansatzes. Angesichts der zunehmenden Verantwortung, die den Hochschulen für ein starkes Europa zukommt, benötigen sie eine angemessene finanzielle Unterstützung.
-Unterstützung der Hochschulen als richtungweisende Wahrzeichen unserer europäischen Lebensweise:
Hochschulbildung und Forschung in Europa unterstützen die europäische Lebensweise durch ihre Ausrichtung auf 1) Qualität und Relevanz für Zukunftskompetenzen, 2) Vielfalt und Inklusion, 3) demokratische Verfahren, Grundrechte und akademische Werte sowie die Freiheit der wissenschaftlichen Forschung. Flexible und attraktive akademische Laufbahnen sowie die Wertschätzung von Lehre, Forschung, Unternehmertum, Management- und Führungstätigkeiten müssen gefördert werden.
-Aufwertung der Hochschulen als wichtige Akteure beim grünen und digitalen Wandel:
Das umfassende Mitwirken der Hochschulen am grünen und digitalen Wandel unterstützen. Die EU wird ihre ehrgeizigen Ziele, mehr junge Menschen und lebenslang Lernende mit Fähigkeiten für den grünen und digitalen Wandel auszustatten und durch technologische und soziale Innovation umweltfreundliche Technologien zu entwickeln, nur dann erreichen, wenn der Hochschulsektor seinen Teil dazu beiträgt.
-Stärkung der Hochschulen als treibende Kraft für die weltweite Führungsrolle der EU:
Durch eine vertiefte internationale Zusammenarbeit innerhalb und außerhalb Europas sollen die Hochschulen dabei unterstützt werden, sich auf der internationalen Bühne stärker nach außen zu öffnen und wettbewerbsfähiger zu werden und im Einklang mit den europäischen Werten einen Beitrag zur Stärkung der Hochschulsysteme in den Partnerländern zu leisten. Dies wird nicht nur das Image Europas als beliebter Studienort, sondern auch als attraktiver globaler Partner für die Zusammenarbeit in den Bereichen Bildung, Forschung und Innovation fördern.
Für den Erfolg der europäischen Hochschulstrategie müssen die politischen Prioritäten und Investitionen auf der Ebene der EU, der Mitgliedstaaten sowie auf der regionalen und institutionellen Ebene aufeinander abgestimmt werden. Die Durchführung dieser Strategie erfordert eine engere Zusammenarbeit mit und zwischen den Mitgliedstaaten, Hochschulen und anderen Interessenträgern. Gemeinsam können wir den starken und einzigartigen Kern des europäischen Hochschulsektors nutzen und seine verschiedenen Aufgaben – Bildung, Forschung, Innovation im Dienste der Gesellschaft – näher zusammenbringen.
3Ein neuer Rahmen zur Stärkung der europäischen Zusammenarbeit
3.1Vier Leitinitiativen zur Förderung der europäischen Dimension in Hochschulbildung und Forschung
In den Mitteilungen
über die Vollendung des europäischen Bildungsraums bis 2025
und
über einen neuen Europäischen Forschungsraum für Forschung und Innovation
wird hervorgehoben, dass wir die transnationale Zusammenarbeit zwischen den Hochschulen verbessern müssen, um ihre Kapazitäten, junge Menschen, lebenslang Lernende und Forscherinnen und Forscher mit den richtigen Kompetenzen und Fähigkeiten auszustatten, auszubauen. Ferner wird eine Kultur der Exzellenz in Bildung und Wissenschaft und der Wertschöpfung in Hochschuleinrichtungen etabliert, wodurch die Attraktivität und die globale Wettbewerbsfähigkeit gefördert werden. Europa kann diese Bemühungen durch ein schrittweises Vorgehen mit einer Reihe von vier Leitinitiativen unterstützen, die – zusammengenommen – die Stärke der Hochschulen in ganz Europa nutzen und sowohl ihre Inklusion als auch ihre Exzellenz in all ihren Tätigkeiten weiter stärken werden.
Die Initiative Europäische Hochschulen im Rahmen von Erasmus+ wird in Kombination mit Horizont Europa, dem Programm „Digitales Europa“ und anderen Instrumenten der EU und der Mitgliedstaaten ehrgeizige transnationale Allianzen von Hochschuleinrichtungen unterstützen. Ziel ist es, eine gemeinsame und langfristige strukturelle, nachhaltige und systemische Zusammenarbeit in den Bereichen Bildung, Forschung und Innovation zu entwickeln und europäische interuniversitäre Campus-Umgebungen zu schaffen, in denen Studierende, Lehrkräfte und Forscherinnen und Forscher aus ganz Europa nahtlos mobil sein und gemeinsam neues Wissen über Länder und Fachgebiete hinweg produzieren können.
Ein rechtliches Statut für Hochschulallianzen – z. B. für die Europäischen Hochschulen und andere Arten von Allianzen – würde es ihnen ermöglichen, ihre jeweiligen Stärken zusammenzubringen, gemeinsame strategische Entscheidungen zu treffen, zusammen mit eigener Rechtspersönlichkeit zu agieren und die Zusammenführung von Ressourcen, Tätigkeiten und Daten zu erleichtern. Dieses Statut würde eine intensivere, langfristige und flexible transnationale Zusammenarbeit erleichtern und die gemeinsame Nutzung von Kapazitäten, den Austausch von Personal und die Durchführung gemeinsamer Programme ermöglichen, mit dem Ziel, auf der Ebene der Allianz gemeinsame Hochschulabschlüsse, einschließlich eines gemeinsamen europäischen Hochschulabschlusses, zu vergeben.
Ein gemeinsamer europäischer Hochschulabschluss, der auf nationaler Ebene vergeben wird, würde als Nachweis für Lernergebnisse dienen, die im Rahmen der transnationalen Zusammenarbeit zwischen mehreren Einrichtungen, z. B. im Rahmen von Allianzen europäischer Hochschulen, und auf der Grundlage gemeinsamer Kriterien erzielt wurden. Ein europäischer Hochschulabschluss sollte leicht ausgestellt, gespeichert, geteilt, überprüft und authentifiziert werden können und in der gesamten EU anerkannt werden. In einem ersten Schritt wird die Kommission auf die Entwicklung europäischer Kriterien für die Vergabe eines europäischen Hochschulabschlusses hinarbeiten. Dieses Gütesiegel würde als Zusatzzertifikat für die Absolventinnen und Absolventen gemeinsamer Studiengänge im Rahmen einer transnationalen Zusammenarbeit zwischen mehreren Hochschuleinrichtungen ausgestellt werden.
Die allgemeine Anwendung der Initiative „Europäischer Studierendenausweis“ für alle mobilen Studierenden in Europa wird ihnen den Zugang zu grenzüberschreitender Mobilität auf allen Ebenen erleichtern. Dies vereinfacht die Verwaltung von Mobilitätsmaßnahmen und macht sie effizienter und umweltfreundlicher. Dass alle europäischen Studierenden grenzübergreifend und mithilfe digitaler Instrumente eindeutig identifiziert werden können, erleichtert die Einführung des Europäischen Studierendenausweises in ganz Europa und ermöglicht die vollständige Digitalisierung der Verwaltung der Erasmus+-Studierendenmobilität von der Bewerbung bis zur Ausstellung der Studienbescheinigungen.
Diese vier Leitinitiativen werden zusammenwirken und zu einem Rahmen für die europäische Zusammenarbeit im Hochschulbereich beitragen. Sie werden die Herausbildung einer echten europäischen Identität voranbringen, indem sie die transnationale Zusammenarbeit auf eine neue Ebene heben und das Gefühl der europäischen Zugehörigkeit intensivieren.
Angesichts der Autonomie der Hochschulen und des Spielraums der Mitgliedstaaten bei ihren nationalen Rechtsvorschriften ist es zudem eine ständige Herausforderung, sicherzustellen, dass Lehrpläne und Abschlüsse vollständig transparent sind und dass die Freizügigkeit von Studierenden, Akademikerinnen und Akademikern sowie Forscherinnen und Forschern nicht durch Unterschiede erschwert wird. Qualitätssicherung ist die Grundlage für gegenseitiges Vertrauen, das für eine tiefgreifende Zusammenarbeit und nahtlose Mobilität wichtig ist. Daher wird ein europäisches System zur Qualitätssicherung und Anerkennung von Abschlüssen vorgeschlagen, in dem die Qualität der Abschlüsse sichergestellt wird, die Abschlüsse digitalisiert und automatisch in ganz Europa anerkannt werden. Damit entfällt die Bürokratie, die die Mobilität, den Zugang zu Weiterbildung und Ausbildung oder den Eintritt in den Arbeitsmarkt erschwert. In Synergie mit der politischen Agenda des EFR wird eine europäische Exzellenzinitiative die Exzellenz in der Wissenschaft und bei der Valorisierung von Wissen an den europäischen Hochschulen steigern und die globale Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Hochschulen in Schlüsselbereichen wie dem grünen und digitalen Wandel verbessern.
Pläne der Kommission in enger Zusammenarbeit mit den Interessenträgern und den Mitgliedstaaten:
- Steigerung der Zahl der Europäischen Hochschulen auf 60, und dies unter Beteiligung von mehr als 500 Hochschulen bis Mitte 2024 und mit einem vorläufigen Erasmus+-Budget von insgesamt 1,1 Mrd. EUR im Zeitraum 2021-2027;
- Ausarbeitung eines rechtlichen Statuts für Hochschulallianzen bis Mitte 2024: Pilotprojekt ab 2022 im Rahmen von Erasmus+ zur Durchführung bestehender europäischer Instrumente;
- Prüfung der Optionen und erforderlichen Schritte für einen gemeinsamen europäischen Hochschulabschluss bis Mitte 2024: Pilotprojekt ab 2022 im Rahmen von Erasmus+ – die ersten Schritte auf dem Weg zu einem gemeinsamen europäischen Hochschulabschluss, insbesondere die Entwicklung europäischer Kriterien für die Vergabe eines europäischen Hochschulabschlusses;
- Ausweitung der Initiative „Europäischer Studierendenausweis“ durch Einführung einer individuellen europäischen Studierendenkennung für alle mobilen Studierenden im Jahr 2022 und für alle Studierenden an Hochschulen in Europa bis Mitte 2024;
- Überarbeitung der Empfehlung zur weiteren europäischen Zusammenarbeit im Bereich der Qualitätssicherung in der Hochschulbildung im Jahr 2023, um ein europäisches System für die Qualitätssicherung und Anerkennung von Abschlüssen weiterzuentwickeln;
- Bericht im Jahr 2022 über die Umsetzung der Empfehlung des Rates zur Förderung der automatischen gegenseitigen Anerkennung von im Ausland erworbenen Hochschulqualifikationen und von Qualifikationen der allgemeinen und beruflichen Bildung der Sekundarstufe II sowie der Ergebnisse von Lernzeiten im Ausland und Unterstützung der Mitgliedstaaten;
- Vorschlag für eine Empfehlung des Rates „zur Erleichterung einer wirksamen europäischen Hochschulzusammenarbeit“ für eine verstärkte transnationale Zusammenarbeit.
3.2Eine angemessene finanzielle Unterstützung für Hochschulbildung und Forschung
Die Verwirklichung von Inklusion und Exzellenz erfordert eine angemessene Finanzierung der Hochschulen auf lokaler, regionaler, nationaler und europäischer Ebene. Derzeit geben die Mitgliedstaaten durchschnittlich 0,8 % ihres BIP für den tertiären Bildungsbereich aus; die Spanne liegt zwischen 0,3 % und 1,7 %. Die durchschnittlichen Staatsausgaben für Forschung und Entwicklung an Hochschuleinrichtungen belaufen sich auf 0,48 % des BIP in Europa. Der Hochschulsektor der EU weist Anzeichen für eine erhebliche Unterfinanzierung auf, insbesondere angesichts der steigenden Studierendenzahl und der zunehmenden Verantwortung der Hochschulen.
Europäische Finanzmittel sind für die Hochschulen eine wichtige zusätzliche Einnahmequelle neben der nationalen Finanzierung, aber auch als Plattform für die europäische und internationale akademische Zusammenarbeit. Mit dem neuen mehrjährigen Finanzrahmen wird die EU einen hohen Betrag in die Unterstützung von Hochschulen investieren, der für den Programmplanungszeitraum 2021-2027 auf 80 Mrd. EUR geschätzt wird. Der Hochschulsektor wird somit von EU-Mitteln in bisher ungekannter Höhe aus verschiedenen Quellen profitieren, darunter Erasmus+, Horizont Europa, das Programm „Digitales Europa“, die Aufbau- und Resilienzfazilität, die Fonds mit geteilter Mittelverwaltung oder das Programm „InvestEU“. Jede dieser Finanzierungsquellen ist ein eigenständiges Finanzierungsinstrument mit seinem spezifischen Zweck und Auftrag.
Die EU-Mittel und -Programme sind zwar bedeutend, müssen aber zusätzlich zu hinreichenden nationalen öffentlichen Mitteln und anderen öffentlichen und privaten Investitionen zum Einsatz kommen, statt diese zu ersetzen. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass die Mitgliedstaaten und Akteure des Hochschulsektors die EU-Instrumente wirksam nutzen und diese mit nationalen, regionalen und lokalen Mitteln kombinieren, um die Bemühungen der EU und der Mitgliedstaaten zur Verwirklichung der gemeinsamen Vision, wie sie in dieser europäischen Hochschulstrategie dargelegt wird, einzusetzen.
Pläne der Kommission in enger Zusammenarbeit mit den Interessenträgern und den Mitgliedstaaten:
- Erleichterung des Zugangs zu EU-Mitteln und nationalen Finanzmitteln für hochwertige Projekte, die nicht im Rahmen von Erasmus+ finanziert werden konnten: erstens wird ein Zertifikat der Kommission ausgestellt, das für die Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen für Europäische Hochschulen 2022 getestet werden soll; zweitens könnte das Exzellenzsiegel im Rahmen von Erasmus+ – wie derzeit bei Horizont Europa – eingesetzt werden;
- Entwicklung eines Investitionspfads als Teil der Halbzeitüberprüfung der MFR-Programme, bei dem regionale, nationale und europäische Mittel berücksichtigt werden.
Zusätzlich fordert die Kommission die Mitgliedstaaten auf:
- die Auswirkungen der EU-Maßnahmen durch weitere mögliche Synergien mit nationalen Mitteln, insbesondere im Rahmen der Europäischen Hochschulen, zu optimieren;
- angemessene Finanzierungsmechanismen für Hochschulen zu entwickeln;
- Hochschulreformen über das Instrument für technische Unterstützung zu fördern;
- Flexibilität bei den Finanzierungsprogrammen zu gewährleisten, um Interdisziplinarität zu ermöglichen.
4Richtungweisende Wahrzeichen unserer europäischen Lebensweise
4.1Verbesserung der Qualität und Relevanz von Zukunftskompetenzen
Angesichts des Ersuchens des Rates, flexible und attraktive Laufbahnstrukturen zu fördern und die Arbeitsbedingungen zu verbessern, müssen die akademischen Laufbahnen systemisch und umfassend angegangen werden. Bei der Bewertung der Laufbahn sollte die Vielfalt der Tätigkeiten von Akademikerinnen und Akademikern, wie z. B. in den Bereichen Lehre, Forschung, Unternehmertum, Management oder in Führungspositionen, berücksichtigt werden. Eine Empfehlung des Rates zu einem Pakt für Forschung und Innovation in Europa zielt darauf ab, wissenschaftliche Laufbahnen zu bewerben und einen besseren Zugang zu Wissenschaftsexzellenz zu gewährleisten.
Die Hochschulen spielen eine zentrale Rolle bei der Vermeidung von Missverhältnissen zwischen Qualifikationsangebot und -nachfrage und von Engpässen, die den Aufbau Europas beeinträchtigen könnten, sowie bei der Entwicklung von Lernenden zu kreativen und kritischen Denkern, Problemlösern und aktiven und verantwortungsbewussten Bürgerinnen und Bürgern, die für lebenslanges Lernen gerüstet sind. Die Kommission hat 2021 einen Vorschlag für eine Empfehlung des Rates über ein europäisches Konzept für Microcredentials für lebenslanges Lernen und Beschäftigungsfähigkeit vorgelegt. Die umgehenden Folgemaßnahmen des Rates werden dazu beitragen, die Hochschulbildung zur Unterstützung des lebenslangen Lernens einzusetzen und so die berufliche Umschulung und Weiterbildung mitzugestalten, um neue und sich abzeichnende Bedürfnisse in der Gesellschaft und auf dem Arbeitsmarkt zu erfüllen.
Ein ausgezeichnetes Umfeld für Bildung, Forschung und Innovation ermöglicht es, hochwertige Kompetenzen zu entwickeln, bahnbrechende Erkenntnisse zu erlangen und diese praktisch umzusetzen. Die Zusammenarbeit zwischen Hochschulen und den industriellen Ökosystemen ist in dieser Hinsicht von beiderseitigem Nutzen, wobei der Hochschulsektor neben der persönlichen Entwicklung auch die Entwicklung von Kompetenzen für die Industrie und Wirtschaft unterstützt. Lernende sollten mehr Möglichkeiten haben, Praktika zu nutzen, sich in Start-up-Unternehmen auszuprobieren und zu beweisen und sich als Akteure des Wandels in ihrer Gemeinschaft einzubringen, um die Gesellschaft um sie herum zum Positiven zu gestalten. Die unternehmerische Aus- und Weiterbildung zur Verbesserung der Kenntnisse und Fähigkeiten in Betriebsführung ist von entscheidender Bedeutung, insbesondere für KMU. In dieser Hinsicht sollten mehr Synergien zwischen den Allianzen Europäischer Hochschulen und den Zentren der beruflichen Exzellenz gefördert werden.
Für eine exzellente und relevante Hochschulbildung müssen zudem auf die Lernenden ausgerichtete pädagogische Innovationen mit einer Vielzahl von Lernräumen und flexiblen interdisziplinären Methoden gefördert werden. Die Einrichtung von „Living Labs“ sollte gefördert werden, da sie ein gutes Beispiel dafür sind, wie Studierende fachübergreifend in ganzheitlicher Weise mit Herausforderungen zu arbeiten lernen können und wie ihr kritisches Denken, Problemlösungskompetenzen, kreative und unternehmerische Fähigkeiten unterstützt werden können.
Pläne der Kommission in enger Zusammenarbeit mit den Interessenträgern und den Mitgliedstaaten:
- Vorschlag für einen europäischen Rahmen für attraktive und nachhaltige Laufbahnen in der Hochschulbildung in Synergie mit dem Rahmen für Forschungslaufbahnen des EFR bis 2023;
- Unterstützung der Entwicklung zukunftsfähiger Kompetenzen und unternehmerischer Kompetenzen von Absolventinnen und Absolventen und gemeinsame Gestaltung von Lehrplänen zwischen Industrie - einschließlich KMU - und Hochschulreinrichtungen in strategisch wichtigen Industriezweigen, die in der aktualisierten Industriestrategie, die von den Erasmus+-Allianzen zur Branchenzusammenarbeit für Kompetenzen umgesetzt wird und einen Beitrag zu den Wegen für den Übergang in den Ökosystemen leistet, genannt werden;
- Ausweitung des EIT-Gütesiegels auf Maßnahmen des lebenslangen Lernens, wie Mentoring, Umschulungs- und Weiterbildungsmodule und -programme, und Öffnung des EIT-Gütesiegels über die Hochschulbildung hinaus;
- Unterstützung der Einführung des gemeinsamen EU/OECD-INFE-Finanzkompetenzrahmens für die finanzielle Sicherheit Erwachsener während ihres gesamten Lebens;
- Erhöhung der Zahl an Erasmus+-Praktika im Ausland, wobei jedes Jahr durch Peer Reviews von Studierenden und Praktika in Start-ups und Unternehmen mehr als 100 000 Praktikantinnen und Praktikanten erreicht werden sollen;
- durchgängige Einführung neuer innovativer Ansätze für Lernen und Lehre, einschließlich „Living Labs“, auf der Ebene von Bachelor- und Masterstudium sowie der Promotion durch die Programme Erasmus+ und Horizont Europa;
- Entwicklung von Strategien und Instrumenten für den Übergang für Hochschulen und Mitgliedstaaten: Eurograduate-Nachverfolgungserhebungen, HEInnovate 2.0 und Acceleration Services für Hochschulen im Rahmen von Horizont Europa;
- Verbesserung der Rolle der Hochschulen in lokalen Innovationsökosystemen als Teil der EFR-Hubs, z. B. durch die Stärkung und gemeinsame Nutzung von Kapazitäten für Technologietransfer, durch Spin-offs und durch die Förderung gemeinsamer Investitionen in Abstimmung mit InvestEU;
- Stärkung der Rolle der Hochschulen bei der Durchführung der ERA4You-Initiative durch die Förderung der sektorübergreifenden Mobilität, insbesondere zwischen Hochschulen und Unternehmen;
- Bereitstellung europäischer Unterstützung ab 2023 für „Innovators at school“ sowie für Schulpartnerschaften zur Einbeziehung führender Persönlichkeiten aus Start-up-Unternehmen, die als Botschafter und Mentoren fungieren sollen, um junge Menschen zu inspirieren und sie zu motivieren, neue Ideen und Lösungen zu entwickeln;
- Bereitstellung europäischer Unterstützung ab 2023 – einschließlich Strategien und Instrumente für Hochschulen – für die Entwicklung von Innovationszentren in Hochschuleinrichtungen in enger Zusammenarbeit mit dem Unternehmenssektor, um studentischen Unternehmerinnen und Unternehmern dabei zu helfen, ihre Geschäftsideen umzusetzen;
- Organisation einer jährlichen europäischen Talentmesse, die Studierende, Nachwuchsforscherinnen und -forscher, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Start-up-Unternehmen, Industrie und Investoren zusammenbringt, um Talente, Geschäfts- und Beschäftigungsmöglichkeiten in der gesamten EU zu fördern. Der Auftakt soll im Rahmen der „Europäischen Stadt für Wissenschaft“ in Leiden 2022 stattfinden.
Zusätzlich fordert die Kommission die Mitgliedstaaten auf:
- interdisziplinäre Ansätze zu erleichtern und zu fördern, und zwar u. a. durch institutionelle Akkreditierung, akademische Beurteilung, Anerkennung und berufliche Weiterbildung;
- die ausgewogene Wertschätzung der verschiedenen akademischen Laufbahnen zu fördern und mehr Flexibilität für akademische Laufbahnen, auch über die Wissenschaft hinaus, zu ermöglichen.
4.2Förderung von Vielfalt, Inklusion und Gleichstellung der Geschlechter
Gemäß dem ersten Grundsatz der europäischen Säule sozialer Rechte hat „jede Person das Recht auf allgemeine und berufliche Bildung und lebenslanges Lernen von hoher Qualität und in inklusiver Form“. Die Hochschulbildung ist in Europa im Vergleich zum Rest der Welt einfach zugänglich. Benachteiligte oder diskriminierte Gruppen (ethnische Minderheiten, Personen mit Migrationshintergrund, Personen mit Behinderungen, Menschen aus armen Familien, Kinder von gering qualifizierten Eltern) sind jedoch nach wie vor unter den Studierenden, Lehrkräften und Forscherinnen und Forschern unterrepräsentiert. Trotz des einfacheren Zugangs zum tertiären Bildungsbereich sind die Hochschulsysteme weiterhin stark segregiert. Studierende der ersten Generation und Studierende, die einer ethnischen Minderheit angehören oder einen Migrationshintergrund haben, haben geringere Chancen auf einen Hochschulabschluss in der EU.
In der Hochschulbildung besteht zudem nach wie vor eine geschlechtsspezifische Diskrepanz. Auf der Ebene der Bachelor- und Masterstudiengänge überwiegen zwar die Frauen bei den Studierenden und Absolventinnen und Absolventen und auf der Ebene der Promotion ist das Geschlechterverhältnis fast ausgeglichen. Jedoch gibt es große geschlechtsspezifische Unterschiede zwischen den einzelnen Studienfächern: In den MINT-Fächern machen Frauen immer noch etwas weniger als ein Drittel der Studierenden auf der Ebene der Bachelor- und Masterstudiengänge und 37 % der Promovierenden aus. Trotz einiger Fortschritte in den letzten Jahren liegt der Anteil der Frauen, die eine ordentliche Professur oder vergleichbare Positionen bekleiden, in der EU nach wie vor auf einem niedrigen Niveau von 26 %.
Es bedarf weiterer institutioneller Veränderungen, damit die Hochschulen zu Orten echter Chancengleichheit werden können.
Pläne der Kommission in enger Zusammenarbeit mit den Interessenträgern und den Mitgliedstaaten:
- Entwicklung eines europäischen Rahmens für Vielfalt und Inklusion, einschließlich geschlechtsspezifischer Diskrepanz, sowie die Ermittlung von Herausforderungen und Lösungen für Hochschulen und der erforderlichen Unterstützung der Behörden;
- Bekämpfung der Unterrepräsentation von Frauen in MINT-Fächern durch einen Fahrplan, der ein Manifest von MIN(K)T-orientierten Hochschulen zur geschlechtergerechten Bildung in den MIN(K)T-Fächern enthält;
- Unterstützung gefährdeter Forscherinnen und Forscher mit Leitprinzipien für Hochschulen zur Erleichterung ihrer Inklusion:
Zusätzlich fordert die Kommission die Mitgliedstaaten auf:
- die Hochschulen anzuhalten, institutionelle Veränderungen durch konkrete Maßnahmen für Vielfalt und Inklusion, einschließlich freiwilliger, quantifizierter Ziele für Inklusion sowie inklusiver Gleichstellungspläne, die auf dem Kommuniqué von Rom aufbauen, durchzuführen.
- nationale Förderprogramme zu entwickeln und den Zugang von Geflüchteten und Asylsuchenden zur Hochschulbildung zu fördern, einschließlich der Einrichtung und Ausweitung zusätzlicher Aufnahmemöglichkeiten für geflüchtete Studierende und der damit verbundenen Unterstützung, wie in der Empfehlung der Kommission zu legalen Schutzwegen in die EU ausgeführt.
4.3Förderung und Schutz der demokratischen Werte Europas
Hochschulen müssen Orte der Freiheit sein: für Rede- und Gedankenfreiheit sowie Freiheit des Lernens und der Forschung und für die akademische Freiheit im Allgemeinen. Die akademische Freiheit darf weder von der institutionellen Autonomie noch von der Beteiligung von Studierenden und Lehrkräften an der Gestaltung der Hochschulpolitik isoliert werden.
Die Gewährleistung der akademischen Freiheit in Hochschuleinrichtungen bildet den Kern der gesamten auf EU-Ebene sowie im Bologna-Prozess entwickelten Hochschulpolitik. Sie ist eine Grundvoraussetzung für die Schaffung des europäischen Bildungsraums und des Europäischen Forschungsraums. Grundlegende akademische Werte können nicht als selbstverständlich angesehen werden. In den letzten Jahren haben wir Bedrohungen dieser Werte in unterschiedlichen Formen und an unterschiedlichen Orten, selbst in der EU, wahrgenommen. Der Grad der Autonomie der Hochschuleinrichtungen ist in Europa uneinheitlich. Die Union und ihre Mitgliedstaaten sind aufgefordert, diese Werte durch ihre Politik und ihre Finanzierungsmöglichkeiten aktiv zu schützen, zu fördern und zu verteidigen sowie Forschungseinrichtungen vor der Einflussnahme aus dem Ausland zu schützen.
Hochschulen spielen eine entscheidende Rolle bei der Förderung von aktiver Bürgerschaft, Toleranz, Gleichheit und Vielfalt, Offenheit und kritischem Denken für mehr sozialen Zusammenhalt und soziales Vertrauen und schützen so die europäischen Demokratien. Die Hochschulen bereiten Absolventinnen und Absolventen darauf vor, gut informierte europäische Bürgerinnen und Bürger zu werden. Durch Lehr- und Sensibilisierungsmaßnahmen tragen sie zur Verankerung europäischer Werte in der Gesellschaft bei und stärken das Vertrauen in die Wissenschaft, indem sie die wissenschaftliche Genauigkeit aufrechterhalten.
Pläne der Kommission in enger Zusammenarbeit mit den Interessenträgern und den Mitgliedstaaten:
- Einführung und Überwachung der neuen Erasmus-Charta für die Hochschulbildung und der neuen Erasmus-Studierendencharta unter Einbeziehung der akademischen Freiheit und Integrität;
- Schaffung neuer Möglichkeiten zur Förderung akademischer Debatten und des Austauschs bewährter Verfahren in den Bereichen Werte und Demokratie im Rahmen der Jean-Monnet-Aktionen im Hochschulbereich;
- Vorlage eines Vorschlages für Leitprinzipien zum Schutz der akademischen Grundwerte im Jahr 2024, auf der Grundlage des Kommuniqués von Rom, und in Abstimmung mit den im Rahmen des EFR entwickelten Maßnahmen zur Entwicklung eines Aktionsplans zum Schutz der akademischen Freiheit und der Freiheit der wissenschaftlichen Forschung in Europa, auf der Grundlage der Bonner Erklärung;
- Unterstützung bei der Durchführung der Leitlinien über die Einflussnahme aus dem Ausland in den Bereichen Forschung und Innovation.
Zusätzlich fordert die Kommission die Mitgliedstaaten auf:
- die Vielfalt in der europäischen Hochschulbildung zu fördern;
- die Autonomie der Hochschulen in ihren verschiedenen Dimensionen zu stärken und zu achten;
- die die akademische Freiheit und Integrität zu fördern und zu schützen.
5Triebkräfte für den grünen und digitalen Wandel
5.1Entwicklung von Fähigkeiten, Kompetenzen und technologischen Innovationen für den grünen Wandel
Hochschulen sind zentrale Akteure für den grünen Wandel und für eine nachhaltigere Welt. Sie spielen eine wichtige Rolle bei der Forschung nach Lösungen für Umwelt- und Klimaprobleme in Zusammenarbeit mit Industrie und Gesellschaft zur Erreichung der Klimaneutralität, zur Umkehr des Artensterbens und zur Beendigung der Umweltverschmutzung sowie bei der Entwicklung von Klima- und Umweltkompetenz für alle Studierenden auf allen Bildungsebenen und in allen Fachrichtungen sowie für die breite Öffentlichkeit durch gemeinschaftliches Engagement. Hochschulen können durch ihre Infrastruktur und ihren Betrieb auch ein Vorbild für ökologische Nachhaltigkeit sein. Letztlich können die Ergebnisse von Forschungs- und Innovationstätigkeiten eine solide Grundlage für umweltbezogene Strategien, Innovationen und Maßnahmen bilden.
Die Kommission hat kürzlich Vorschläge für Empfehlungen des Rates über Lernen für ökologische Nachhaltigkeit und Microcredentials für lebenslanges Lernen und Beschäftigungsfähigkeit vorgelegt. Die umgehenden Folgemaßnahmen des Rates werden die Mitgliedstaaten dazu bewegen, ihre Hochschulen und Studierenden dabei zu unterstützen, den grünen Wandel, auch unter dem Gesichtspunkt des lebenslangen Lernens, aktiv zu fördern. Partnerschaften und Missionen im Rahmen von Horizont Europa bieten ein großes Potenzial für Synergien, beispielsweise in Bereichen wie dem emissionsfreien Verkehr und nachhaltig beschaffter Batterien, die neue Kompetenzen erfordern.
Pläne der Kommission in enger Zusammenarbeit mit den Interessenträgern und den Mitgliedstaaten:
- Unterstützung der Bemühungen der Mitgliedstaaten durch Peer-Learning und den Austausch bewährter Verfahren zur Förderung von gesamtinstitutionellen Ansätzen für Nachhaltigkeit und Klima- und Umweltkompetenz; Förderung innovativer Lehr- und Lernansätze; Unterstützung der Hochschulen im Rahmen des Programms Erasmus+ bei der Berücksichtigung der ökologischen Nachhaltigkeit in ihrer Infrastruktur und ihrem Betrieb;
- Unterstützung der Hochschulen bei der Entwicklung von Kurzlehrgängen zum Thema Kompetenzen für den grünen Wandel, die zu Microcredentials führen, in Zusammenarbeit mit wirtschaftlichen und sozialen Akteuren;
- Unterstützung der Higher Education Climate Frontrunners, einer Plattform für transnationale Partnerschaften zwischen Studierenden, Akademikerinnen und Akademikern, Hochschulen, Arbeitgebern und Gemeinschaften zu Klimaproblemen, die auf der Koalition „Bildung für das Klima“ und den Botschafterinnen und Botschaftern des europäischen Klimapakts aufbaut;
- Förderung von „grünen Dörfern“ als Möglichkeit, Hochschulen für Gemeinschaften zu öffnen und die Wissenschaft den Bürgerinnen und Bürgern, mit Unterstützung von Horizont Europa und seinen Missionen, näherzubringen;
- Förderung und Überwachung des neuen „grünen und blauen Erasmus+“ zur Förderung von Maßnahmen im Zusammenhang mit Umweltschutz und Bekämpfung des Klimawandels; Überwachung der Durchführung der neuen Erasmus-Charta für die Hochschulbildung und der Green Charter für das Marie-Skłodowska-Curie-Aktionsprogramm;
- Unterstützung der vom Europäischen Innovations- und Technologieinstitut betriebenen Akademie der Europäischen Batterie-Allianz (EBA) bei der Ausbildung, Weiterbildung und Umschulung der Arbeitskräfte in der Batterieindustrie;
- Unterstützung der Durchführung strategischer Aktionspläne für Forschung und Innovation, die zur grünen Energiewende und zur Ökologisierung wichtiger industrieller Ökosysteme beitragen.
Zusätzlich fordert die Kommission die Mitgliedstaaten auf:
- Hochschulen bei ihren gesamtinstitutionellen Ansätzen für Nachhaltigkeit zu unterstützen; auch im Hinblick auf grüne Kompetenzen, die zentrale Rolle der Hochschulen für Innovation und neue grüne Technologien sowie die Führungsrolle der Hochschulen beim grünen Wandel.
5.2Entwicklung von Fähigkeiten und Kompetenzen sowie Förderung von Innovationen für den digitalen Wandel
Angesichts des digitalen Wandels kommt den Hochschulen eine grundlegende Rolle dabei zu, Studierende sowie Forscherinnen und Forscher mit den neuerdings geforderten digitalen Fähigkeiten und Kompetenzen auszustatten, sowie dabei, Innovationen und neue Technologien zu fördern.
Während der COVID-19-Pandemie hat der Hochschulsektor seine Fähigkeit, sich an die neuen Gegebenheiten anzupassen, unter Beweis gestellt. Es wurde deutlich, dass digitale Lösungen die persönlichen Aktivitäten vor Ort nicht vollständig ersetzen können und sollten. In Zukunft sollte es mehr hybride Lösungen mit einem ausgewogenen Verhältnis zwischen persönlicher Anwesenheit und der Verlagerung in den digitalen Raum geben. Hochschulen können auch die Entwicklung innovativer Bildungstechnologie durch Spin-offs oder Scale-ups fördern und das Potenzial der wachsenden Industrie europäischer Bildungstechnologie (EdTech) stärker mobilisieren.
Die Kommission hat mit den Mitgliedstaaten einen strukturierten Dialog über digitale Bildung und digitale Kompetenzen aufgenommen, um sich gemeinsam auf die zentralen Faktoren für eine effektive und inklusive digitale allgemeine und berufliche Bildung zu einigen. Die Hochschulen spielen eine zentrale Rolle bei der Ausbildung von Arbeitskräften, die den Herausforderungen des digitalen Wandels gewachsen sind. Bildungsangebote speziell zu digitalen Themen wie KI, Cybersicherheit oder Cloud-Computing sowie Mikroelektronik sind in dieser Hinsicht von entscheidender Bedeutung. Der Fachkräftemangel in den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (MINT) ist eines der größten Hindernisse. Da digitale Technologien alle Wirtschaftsbereiche erfassen, ist es auch notwendig, dass alle Studierenden, z. B. in den Bereichen Medizin, Unternehmensverwaltung und Landwirtschaft, lernen, solche Technologien in ihren Berufen auf hohem Kenntnisniveau zu nutzen.
In den nächsten zehn Jahren müssen wir wahrhaft „vernetzte Hochschulen“ zur Realität machen. Voraussetzung dafür sind ausreichende digitale Kapazitäten sowie Infrastrukturen der Hochschulen. Die breitere Nutzung digitaler Formate muss sich auf neue und vertrauenswürdige Technologien und Plattformen stützen, die interoperabel sind, eine solide europäische Grundlage haben und den Bildungs- und Forschungsbedarf in integrierter Weise erfüllen sollten. Gleichzeitig sind gemeinsame, offene Standards erforderlich, die den Hochschulen eine bessere Kontrolle über ihre Daten für eine wirksame Zusammenarbeit ermöglichen.
Pläne der Kommission in enger Zusammenarbeit mit den Interessenträgern und den Mitgliedstaaten:
- Unterstützung der transnationalen Zusammenarbeit bei der Entwicklung der digitalen Fähigkeiten und Kompetenzen von Studierenden aller Altersgruppen, Lehrkräften sowie Forscherinnen und Forschern im Einklang mit dem Aktionsplan für digitale Bildung;
- Unterstützung von spezialisierten Bildungs- und Ausbildungsprogrammen im Bereich der modernsten digitalen Technologien und von fachübergreifenden Kursen in den Bereichen künstliche Intelligenz, Cybersicherheit, Mikroelektronik und Hochleistungsrechentechnik durch das Programm „Digitales Europa“;
- Unterstützung der Einrichtung und Einführung einer zielgerichteten europäischen Plattform zur Förderung der Zusammenarbeit zwischen Hochschuleinrichtungen, die mit der Europäischen Cloud für offene Wissenschaft (EOSC) kompatibel und mit anderen europäischen Standards interoperabel ist, als Folgemaßnahme zu einer Durchführbarkeitsstudie im Rahmen des Aktionsplans für digitale Bildung;
- Unterstützung gezielter Maßnahmen zur Anerkennung der Bemühungen von Universitäten, die den digitalen Wandel in der gesamten EU vorantreiben, auf EU-Ebene im Rahmen der Jean-Monnet-Aktivitäten von Erasmus+;
- Unterstützung der Hochschulen bei der gemeinsamen Entwicklung von Leitlinien und Grundsätzen, um den gegenseitigen Zugang zu Diensten sowie einen nahtlosen Wissens- und Datenaustausch zu ermöglichen, was der Notwendigkeit von Interoperabilität und Offenheit Rechnung trägt.
Zusätzlich fordert die Kommission die Mitgliedstaaten auf:
- die Entwicklung digitaler Kompetenzen von Studierenden aller Altersgruppen, Lehrkräften sowie Forscherinnen und Forschern, die digitale Kapazität der Hochschulen sowie die zentrale Rolle der Hochschulen für Innovation und neue digitale Technologien und ihre Führungsrolle beim digitalen Wandel zu unterstützen.
6Treibende Kraft für Europas weltweite Führungsrolle
Europa muss mehr denn je mit dem Rest der Welt in Kontakt treten. Hochschulen sind für den Aufbau von Verbindungen Europas mit der Welt und für die Verbreitung der europäischen Werte auf globaler Ebene besonders wichtig. Sie spielen eine entscheidende Rolle bei der Ermittlung von Fakten, die der europäischen Außen- und Sicherheitspolitik, den internationalen Abkommen und dem multilateralen Handeln zugrunde liegen, und tragen als wichtige Akteure der Wissenschaftsdiplomatie dazu bei, Brücken zu schlagen.
Europa ist zum Vorreiter bei der Zusammenarbeit im Hochschulbereich geworden. In vielen Regionen, Staaten und Hochschulen weltweit haben die europäischen Erfahrungen zu neuen Strategien der internationalen oder regionalen Zusammenarbeit geführt. Die Vertiefung der Zusammenarbeit zwischen den europäischen Hochschuleinrichtungen geht daher Hand in Hand mit der Festigung ihrer globalen Dimension. Gleichzeitig ist es wichtig, die Stärkung der Hochschulbildung in den Partnerländern zu unterstützen.
Im Einklang mit der Global-Gateway-Strategie sind Hochschulen in Europa von entscheidender Bedeutung, um die Partnerländer bei der Umgestaltung ihrer Bildungssysteme zu unterstützen und die Mobilität von Studierenden, Personal, Lehrkräften sowie Praktikantinnen und Praktikanten im Sinne des beiderseitigen Nutzens und der Gegenseitigkeit zu erleichtern. Sie sind auch die treibende Kraft für die Stärkung der Zusammenarbeit in den Bereichen Forschung und Innovation.
Die Vielfalt und die internationale Stellung der Bildungssysteme in der EU sowie der Status Europas mit der breitesten Zusammenarbeit im Hochschulbereich bilden einen erheblichen Gesamtvorteil mit potenzieller Hebelwirkung. Die Erfahrungen der EU im Bereich der grenzübergreifenden Anerkennung, Qualitätssicherung und Akkreditierung fließen in die regionale Zusammenarbeit und Integration in größeren geografischen Gebieten ein.
Durch den Austausch von Talenten aus der ganzen Welt, den Aufbau enger Verbindungen zu Partnerländern weltweit und die Förderung akademischer und europäischer Werte sind die Hochschulen Teil der „Soft Power“ Europas. Europa muss diesen Ruf stärken, auf ihm aufbauen und diese Stärken in allen Mitgliedstaaten ausbauen. Dies wird nicht nur das Image Europas als beliebter Studienort, sondern auch als homogener Kooperationspartner für die Zusammenarbeit in den Bereichen Bildung, Forschung und Innovation fördern.
Die Kommission bietet Folgendes an:
- Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten zur Förderung des europäischen Hochschulangebots und der internationalen Zusammenarbeit im Hochschulbereich im Rahmen eines „Team Europa“-Konzepts. Das bedeutet: Entwicklung des Portals „Studieren in Europa“ zur Förderung des internationalen Austauschs; Stärkung des Peer-Learning zwischen Hochschulen und Agenturen über die Internationalisierung; Stärkung der Partnerschaften mit Schwerpunktregionen wie Staaten des westlichen Balkans, der Nachbarschaft und Afrika auf der Grundlage der Gegenseitigkeit sowie bessere Nutzung von Alumni-Netzwerken.
Pläne der Kommission in enger Zusammenarbeit mit den Interessenträgern und den Mitgliedstaaten:
- Förderung der Mobilität zwischen Europa und anderen Regionen der Welt: die Mitgliedstaaten auffordern, insbesondere die einschlägigen Verfahren im Hinblick auf die rechtzeitige Ausstellung von Genehmigungen/Visa für Studierende aus Drittstaaten unter Einhaltung der Richtlinie über Studenten und Forscher zu organisieren, damit sie das akademische Jahr in der EU rechtzeitig beginnen können;
- Unterstützung von Konsortien weltweit führender Hochschulen bei der Entwicklung und Durchführung von Masterstudiengängen durch Aufforderungen zur Einreichung von Vorschlägen für gemeinsame Erasmus-Mundus-Masterstudiengänge zur Bewältigung globaler Herausforderungen;
- Förderung der transparenten und fairen Anerkennung von Abschlüssen aus Drittländern, einschließlich der Abschlüsse von Geflüchteten, durch das Netz der Zentren für die akademische Anerkennung und die EU-Transparenzinstrumente (Europäischer Qualifikationsrahmen, europäische digitale Zertifikate).
7Zur Tat schreiten: Überwachung und Governance
Die Berichterstattung über die Fortschritte bei der Durchführung dieser Strategie erfolgt über den strategischen Rahmen für den europäischen Bildungsraum und die Steuerung des Europäischen Forschungsraums. Die Kommission wird in ihrem Fortschrittsbericht über den europäischen Bildungsraum und über das Überwachungssystem für den Europäischen Forschungsraum eine Bestandsaufnahme vornehmen. Dies wird es der Kommission, den Mitgliedstaaten und den Interessenträgern ermöglichen, einen strategischen Dialog über die erzielten Fortschritte und den zukünftigen Schwerpunkt unserer Politik und Unterstützung zu führen.
Im Jahr 2023 wird die Kommission im Rahmen dieses Prozesses eine europäische Beobachtungsstelle für den Hochschulsektor einrichten, um Nachweise für die erzielten Fortschritte zur Verfügung zu stellen. Diese Beobachtungsstelle wird die derzeitig besten EU-Datenverarbeitungstools und -kapazitäten an einem einzigen Ort zusammenbringen und gleichzeitig ihre Nutzung und Relevanz für politische Entscheidungsträger, Hochschulen, Studierende sowie Forscherinnen und Forscher weiter verbessern. Die Optimierung und Modernisierung bestehender europäischer Datenquellen wird es den Einrichtungen und Regierungen ermöglichen, ihre Datengrundlage zu zentralen Themen wie Inklusion, Lernergebnisse, Fortschritte bei digitalen, grünen und unternehmerischen Kompetenzen, Technologietransfer, Beschäftigungsfähigkeit, Studierenden- und Arbeitsmarkterfordernisse, Stärkung der Forschungslaufbahnen, offene Wissenschaft, Rolle der Einrichtungen in Innovationsökosystemen und transnationale Zusammenarbeit im Hochschulsektor zu stärken. Die Beobachtungsstelle wird es ermöglichen, die Leistungen des Hochschulsektors in verschiedenen Bereichen zu vergleichen, zu analysieren und darzustellen. Durch die Nutzung der Synergien zwischen den bestehenden Datenverarbeitungstools wird die Beobachtungsstelle eine gezielte und zweckorientierte Überwachung sicherstellen, potenzielle Überschneidungen beseitigen und den Aufwand für die Datenerhebung für Hochschuleinrichtungen verringern.
Die Beobachtungsstelle wird zudem einen europäischen Leistungsanzeiger für den Hochschulsektor erstellen, um jährlich die Fortschritte zu bewerten, die in der EU im Hinblick auf die zentralen Prioritäten dieser Strategie erzielt wurden: Inklusion, Werte, Qualität und Relevanz, Mobilität, grüne und digitale Kompetenzen, Beschäftigungsfähigkeit, transnationale Zusammenarbeit, Technologietransfer und Valorisierung von Wissen.
Diese Überwachung wird auch die Angemessenheit der Investitionen in Hochschulbildung und Forschung sowohl auf der Ebene der EU und der Mitgliedstaaten als auch auf institutioneller Ebene abdecken. Zu diesem Zweck wird die Kommission die Ergebnisse der Arbeit der Expertengruppe für hochwertige Investitionen in die allgemeine und berufliche Bildung nutzen.
Diese Mitteilung ist eine Aufforderung zu einer engeren Zusammenarbeit zwischen Staaten und Akteuren des Hochschulsektors im europäischen Bildungsraum, im Europäischen Forschungsraum (EFR) und im Europäischen Hochschulraum (EHR, Bologna-Prozess). Synergien sind in Bereichen wie der transnationalen Zusammenarbeit und dem institutionellen Wandel von Hochschulen, der Unterstützung grundlegender akademischer Werte und der wissenschaftlichen Freiheit, der Entwicklung akademischer Laufbahnen, dem innovativen und interdisziplinären Lernen, der Lehre und Forschung sowie deren Verflechtung, der Weitergabe von Wissen, der internationalen Zusammenarbeit mit Partnern außerhalb der EU und dem Beitrag zu den Zielen für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen erforderlich.
Pläne der Kommission in enger Zusammenarbeit mit den Interessenträgern und den Mitgliedstaaten:
- Einrichtung einer datenorientierten europäischen Beobachtungsstelle für den Hochschulsektor im Jahr 2023 mit einem europäischen Leistungsanzeiger für den Hochschulsektor;
- Förderung von Synergien zwischen dem europäischen Bildungsraum, dem Europäischen Forschungsraum und dem Europäischen Hochschulraum auf zweckmäßige und flexible Weise.
8Fazit: weiteres Vorgehen
In dieser Strategie wird eine europäische Vision für die Zukunft der Hochschulen entworfen und erläutert, wie die Union die Hochschulen in ganz Europa unterstützen kann. Diese Mitteilung wird zu Beginn des Europäischen Jahres der Jugend 2022 vorgelegt. Zur Unterstützung der Erholung und der Resilienz Europas und zur Schaffung einer Grundlage für nachhaltiges Wachstum muss Europa in seine junge Generation investieren. Diese Lebensphase steht im Zeichen der allgemeinen und beruflichen Bildung. Wir müssen jungen Menschen die Chance geben, hervorragende und relevante Fähigkeiten und Kompetenzen zu erwerben. Allen jungen Europäerinnen und Europäern eine echte Chance zur Weiterbildung und Umschulung zu bieten, konsolidiert das Fundament für ein stärkeres, wohlhabenderes und widerstandsfähigeres Europa.
Mit dieser Mitteilung über eine europäische Hochschulstrategie möchte die Kommission die Mitgliedstaaten und ihre Hochschulen ermutigen, ihre Kräfte zum Wohle der Hochschulbildung und der Europäischen Union insgesamt zu bündeln. Sie ist eine Einladung zur Zusammenarbeit und zum gemeinsamen Überlegen sowie zu Diskussionen darüber, wie wir die europäische Dimension in den Bereichen Hochschulbildung, Forschung und Innovation miteinander so entwickeln können, dass das Potenzial der Hochschulen voll ausgeschöpft wird.
Diese Strategie kann nur unter Mitwirkung aller Akteure umgesetzt werden. Die Kommission fordert die Hochschulen auf, die Arbeit innerhalb ihrer Einrichtungen voranzutreiben, und die Mitgliedstaaten, ihre Hochschulen durch geeignete politische und finanzielle Unterstützung zu fördern. Mitgliedstaaten, Hochschulen, Studierende, Lehrkräfte, Forscherinnen und Forscher und ihre Partner in breiteren Innovationsökosystemen sollten sich die Strategie zu eigen zu machen und gemeinsame Verpflichtungen eingehen, um andere zu inspirieren.
Die Kommission ist entschlossen, alle ihr zur Verfügung stehenden Instrumente – Governance, Finanzierung, Zusammenarbeit oder Gesetzgebung – zur Umsetzung dieser Strategie einzusetzen.
Ein koordiniertes Vorgehen der EU, der Mitgliedstaaten, der Regionen, der Zivilgesellschaft und des Hochschulsektors ist von zentraler Bedeutung, um diese Strategie Wirklichkeit werden zu lassen. Die Kommission fordert den [Europäischen] Rat, die Mitgliedstaaten und die Hochschulen auf, sich an einer gemeinsamen Diskussion über diese politische Agenda zu beteiligen und gemeinsam auf zukunftsfähige Hochschulen hinzuarbeiten, die der jungen Generation Europas zugutekommen und das lebenslange Lernen zum Nutzen von Menschen aller Altersgruppen fördern.