Brüssel, den 27.10.2021

COM(2021) 652 final

BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN

über den Stand der Umsetzung und Durchführung der Richtlinie (EU) 2019/633 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. April 2019 über unlautere Handelspraktiken in den Geschäftsbeziehungen zwischen Unternehmen in der Agrar- und Lebensmittelversorgungskette







Inhalt

1.    Einleitung    

1.1.    Hintergrund und Ziele der Richtlinie    

1.2.    Ziel und Umfang dieses Berichts    

1.3.    Umsetzungsprozess    

2.    Allgemeiner Überblick    

3.    Spezifische Punkte der Analyse    

3.1.    Anwendungsbereich und wichtigste Begriffsbestimmungen (Artikel 1 und 2)    

3.1.1.    Marktteilnehmer in der Kette und Lieferbeziehungen    

3.1.2.    Anwendungsbereich und Unternehmensgröße    

3.1.3.    Räumlicher Anwendungsbereich    

3.2.    Verbot unlauterer Handelspraktiken (Artikel 3)    

3.3.    Durchsetzungsmechanismen (Artikel 4-8)    

3.3.1.    Benennung der Durchsetzungsbehörden (Artikel 4)    

3.3.2.    Beschwerden und Vertraulichkeit (Artikel 5)    

3.3.3.    Befugnisse der benannten Behörden (Artikel 6)    

3.3.4.    Durchsetzungsmaßnahmen und Sanktionen (Artikel 6)    

3.3.5.    Administrative und gerichtliche Durchsetzung und alternative Streitbeilegung    

4.    Schlussfolgerungen    



Abkürzungen der Mitgliedstaaten:

Belgien 

BE 

Bulgarien 

BG 

Tschechien 

CZ 

Dänemark 

DK 

Deutschland 

DE 

Estland 

EE 

Irland 

IE 

Griechenland 

EL 

Spanien 

ES 

Frankreich 

FR 

Kroatien 

HR 

Italien 

IT 

Zypern 

CY 

Lettland 

LV 

Litauen 

LT 

Luxemburg 

LU 

Ungarn 

HU 

Malta 

MT 

Niederlande 

NL 

Österreich 

AT 

Polen 

PL 

Portugal 

PT 

Rumänien 

RO 

Slowenien 

SI 

Slowakei 

SK 

Finnland 

FI 

Schweden 

SE 

1.Einleitung

1.1.Hintergrund und Ziele der Richtlinie

Nach langen Verhandlungen 1 verabschiedeten das Europäische Parlament und der Rat am 17. April 2019 die Richtlinie (EU) 2019/633 über unlautere Handelspraktiken in den Geschäftsbeziehungen zwischen Unternehmen in der Agrar- und Lebensmittelversorgungskette (im Folgenden die „Richtlinie“). Mit der Richtlinie, die auf der Grundlage von Artikel 43 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union erlassen wurde, wurde eine Reihe unlauterer Handelspraktiken (Unfair Trading Practices – UTP) verboten, die meist auf erhebliche Ungleichgewichte bei der Verhandlungsmacht von Lieferanten und Käufern zurückzuführen sind und die gröblich von der guten Handelspraxis abweichen. 2

Die Richtlinie berücksichtigt die negativen Auswirkungen unlauterer Handelspraktiken auf Landwirte sowohl als direkte Opfer dieser Praktiken als auch als indirekte Opfer der Kaskadeneffekte dieser Praktiken, wenn sie auf den nachgelagerten Stufen der Kette auftreten. 3 Zwar hatten die meisten Mitgliedstaaten schon lange vor der Richtlinie nationale Rechtsvorschriften erlassen oder verschiedene Formen privatwirtschaftlicher Vorschriften gefördert, die Fragmentierung dieses Rechtsrahmens machte jedoch den potenziellen Nutzen der Annahme von Vorschriften auf EU-Ebene deutlich. 4

Die Richtlinie ist für alle 27 Mitgliedstaaten verbindlich. Sie sieht ein Mindestmaß an Harmonisierung vor, indem eine Liste verbotener unlauterer Handelspraktiken zwischen Käufern und Lieferanten in der Agrar- und Lebensmittelversorgungskette erstellt wird. Außerdem werden Mindestvorschriften für den Anwendungsbereich und die wichtigsten Begriffsbestimmungen sowie für die Durchsetzung dieser Verbote und die Koordinierung zwischen den Durchsetzungsbehörden der einzelnen Mitgliedstaaten festgelegt. Die Mitgliedstaaten können nationale Vorschriften erlassen oder beibehalten, die über die in der Richtlinie aufgeführten unlauteren Handelspraktiken hinausgehen, sofern diese nationalen Vorschriften mit den Vorschriften für das Funktionieren des Binnenmarkts vereinbar sind.

1.2.Ziel und Umfang dieses Berichts 

Gemäß Artikel 13 der Richtlinie erlassen und veröffentlichen die Mitgliedstaaten bis zum 1. Mai 2021 die Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie nachzukommen. Sie teilen der Kommission die Maßnahmen unverzüglich mit und wenden sie spätestens am 1. November 2021 an.

Dieser Bericht bietet einen Überblick über den Stand der Umsetzung der Richtlinie durch die 27 Mitgliedstaaten (Artikel 12 Absatz 4), wobei alle bis zum 31. Juli 2021 bei der Kommission eingegangenen Mitteilungen berücksichtigt werden. Im Bericht wird jedoch keine Bewertung der Umsetzungsmaßnahmen vorgenommen.

1.3.Umsetzungsprozess

In den zwei Jahren zwischen der Annahme der Richtlinie im April 2019 und dem Ablauf der Umsetzungsfrist im Mai 2021 hat die Kommission die Mitgliedstaaten bei ihren jeweiligen Umsetzungsprozessen eng begleitet. Die Kommission veranstaltete vier spezielle Sitzungen, um Anfragen der Mitgliedstaaten zur Umsetzung zu erörtern, beantwortete rund 50 schriftliche Einzelanfragen zur Umsetzung und leitete diese über eine spezielle Website an die anderen Mitgliedstaaten weiter. Darüber hinaus fanden mehrere bilaterale Treffen und Informationsaustausche statt. Ferner fand kurz nach Ablauf der Umsetzungsfrist ein weiteres Treffen mit den Mitgliedstaaten statt, um über die Umsetzung und den Stand der Umsetzung Bilanz zu ziehen.

Gemäß Artikel 8 Absatz 3 hat die Kommission eine öffentliche Website 5 mit den Kontaktangaben der benannten nationalen Durchsetzungsbehörden und mit Links zu ihren jeweiligen Websites erstellt. Zudem hat die Kommission eine nichtöffentliche Website eingerichtet, um den Informationsaustausch zwischen den Durchsetzungsbehörden und der Kommission zu ermöglichen.

2.Allgemeiner Überblick

Gemäß Artikel 13 der Richtlinie mussten die Mitgliedstaaten die Richtlinie bis zum 1. Mai 2021 in nationales Recht umsetzen.

15 der 27 Mitgliedstaaten teilten der Kommission ihre nationalen Umsetzungsmaßnahmen bis zum 31. Juli 2021 mit, wobei die Richtlinie vollständig umgesetzt worden war (BG, DK, EL, FI, IE, LV, NL, HR, HU, LU, DE, LT, MT, SE und SK). 6 FR teilte der Kommission zwar mit, die Richtlinie bis zu diesem Zeitpunkt nur teilweise umgesetzt zu haben, wird aber auch in die Analyse dieses Berichts einbezogen. Der vorliegende Bericht konzentriert sich auf die Umsetzung durch diese 16 Mitgliedstaaten, weshalb sich Verweise auf „Mitgliedstaaten“ im Folgenden auf diese 16 Mitgliedstaaten beziehen.

Am 23. Juli 2021 leitete die Kommission gegen die 12 Mitgliedstaaten 7 , von denen keine Mitteilung über eine vollständige Umsetzung eingegangen war, Vertragsverletzungsverfahren in Form von förmlichen Aufforderungsschreiben ein 8 . . 

Acht Mitgliedstaaten haben die Richtlinie durch die Einführung neuer und gesonderter Rechtsvorschriften umgesetzt. 9 Mit Ausnahme von IE gab es in diesen Mitgliedstaaten davor keine nationalen Vorschriften über unlautere Handelspraktiken. Die anderen acht Mitgliedstaaten haben die Richtlinie durch Rückgriff auf bereits bestehende Rechtsvorschriften umgesetzt, die geändert oder in ein umfassenderes Rechtsinstrument aufgenommen wurden.

Zwölf der 16 Mitgliedstaaten haben die Umsetzungsmaßnahme formal als Rechtsvorschriften über unlautere Handelspraktiken eingestuft, ohne dass (im Rahmen dieser formalen Einstufung) auf das Markt- oder Wettbewerbsrecht Bezug genommen wurde. 10 FI stufte das Rechtsinstrument formal als Marktgesetz ein (mit zusätzlichen Vorschriften zur Marktregulierung, z. B. zu Vereinbarungen im Rahmen der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 11 ). BG hat in sein Wettbewerbsgesetz ein neues Kapitel (über unlautere Handelspraktiken in der Agrar- und Lebensmittelversorgungskette) aufgenommen. FR ergänzte die Bestimmungen des Handelsgesetzbuchs, während DE das Agrarmarktstrukturgesetz um einen neuen Teil erweitert hat (jetzt bekannt als „Gesetz zur Stärkung der Organisationen und Lieferketten im Agrarbereich“). Mit Ausnahme von LV, dessen Vorschriften auch Verbote für den Einzelhandel mit Nichtlebensmitteln umfassen, und von FR, dessen Umsetzung teilweise auf bereits bestehenden Vorschriften beruht, die einen allgemeinen Anwendungsbereich haben (und nicht spezifisch für den Agrar- und Lebensmittelsektor gelten), haben alle anderen Mitgliedstaaten sektorspezifische Rechtsvorschriften erlassen, die ausschließlich für den Agrar- und Lebensmittelsektor gelten.

3.Spezifische Punkte der Analyse

3.1.Anwendungsbereich und wichtigste Begriffsbestimmungen (Artikel 1 und 2)

Im Hinblick auf den Anwendungsbereich sind drei Aspekte besonders wichtig:

·die Art der Marktteilnehmer in der Agrar- und Lebensmittelversorgungskette und die Art der von den Legislativmaßnahmen betroffenen Beziehungen;

·die Relevanz der Unternehmensgröße als Bezugspunkt für den Anwendungsbereich;

·der räumliche Anwendungsbereich der Durchführungsmaßnahmen.

3.1.1.Marktteilnehmer in der Kette und Lieferbeziehungen

14 Mitgliedstaaten haben den Anwendungsbereich der Durchführungsmaßnahme unter Berücksichtigung der in der Richtlinie definierten Beziehungen zwischen Lieferanten und Käufern von Agrar- und Lebensmittelerzeugnissen festgelegt. 12 Solche Beziehungen können auf jeder Stufe der Lieferkette bestehen und es können alle Arten von Käufern von Agrar- und Lebensmittelerzeugnissen, seien es Verarbeiter oder Einzelhändler, daran beteiligt sein.

In einem Fall (HU) beschränkt sich der Anwendungsbereich der übermittelten Rechtsvorschriften offenbar auf Händler, die „als Wiederverkäufer von Agrar- und Lebensmittelerzeugnissen fungieren, die sie direkt oder indirekt im Rahmen einer Erwerbstätigkeit in unverändertem Zustand und ohne Verarbeitung von Lieferanten erworben haben“ (Hervorhebung hinzugefügt). Daher sind jene Käufer von Agrarerzeugnissen, die diese vor dem Wiederverkauf verarbeiten, vom Anwendungsbereich ausgenommen.

LV hat den Anwendungsbereich auf die Beziehungen zwischen Lieferanten und Einzelhändlern (nur) von Nichtlebensmitteln ausgeweitet. Für Einzelhändler gilt eine gesonderte Liste unlauterer Praktiken.

Keiner der Mitgliedstaaten hat den Anwendungsbereich explizit auf andere Arten von Lieferbeziehungen ausgedehnt, beispielsweise auf solche, bei denen es v. a. um die Lieferung materieller Betriebsmittel geht, die keine Agrar- und Lebensmittelerzeugnisse im Sinne der Richtlinie sind (z. B. Düngemittel) 13 , oder um Dienstleistungen, die über die unter die Richtlinie fallenden Dienstleistungen hinausgehen (z. B. digitale Dienstleistungen).

3.1.2.Anwendungsbereich und Unternehmensgröße

Mit Ausnahme von FR und SK beziehen sich alle Mitgliedstaaten in gewissem Maße auf die Unternehmensgröße als Kriterium für die Einschränkung des Anwendungsbereichs der erlassenen Rechtsvorschriften oder von Teilen davon. Fünf von ihnen (BG, IE, LU, MT und NL) haben den in der Richtlinie vorgesehenen Ansatz übernommen und konzentrieren sich auf Beziehungen zwischen Lieferanten, deren Jahresumsatz unter einem bestimmten Schwellenwert liegt, und Käufern, deren Jahresumsatz über diesem Schwellenwert liegt. Die übrigen neun Mitgliedstaaten haben den Anwendungsbereich in unterschiedlichem Maße erweitert.

EL hat den ersten Schwellenwert von 2 Mio. EUR auf 500 000 EUR gesenkt. HR, LV und SE haben nur die Größe des Käufers berücksichtigt und wenden die Rechtsvorschriften auf alle Käufer an, deren Umsatz 2 Mio. EUR übersteigt. 14 FI verfolgt denselben Ansatz; seine Rechtsvorschriften gelten jedoch nicht, wenn der Umsatz des Lieferanten den Umsatz des Käufers übersteigt, in jedem Fall aber, wenn er 350 Mio. EUR übersteigt. In DE gelten die Schwellenwerte der Richtlinie, allerdings wurde der Anwendungsbereich für den Verkauf bestimmter Agrar- und Lebensmittelerzeugnisse 15 vorübergehend erweitert, während in LT die Erweiterung nur die Bestimmungen zum Zahlungsverzug betrifft; sie gilt für alle Käufer und kommt Lieferanten zugute, deren Umsatz 350 000 EUR nicht übersteigt. Dagegen spielt die Unternehmensgröße in DK und HU nur bei bestimmten Verboten unlauterer Handelspraktiken eine Rolle, während alle anderen Vorschriften unabhängig von der Unternehmensgröße gelten.

3.1.3.Räumlicher Anwendungsbereich

Die meisten Mitgliedstaaten folgen dem Ansatz gemäß Artikel 1 Absatz 2 der Richtlinie, wonach die Vorschriften für Verkäufe gelten, bei denen entweder der Lieferant oder der Käufer (oder beide) in der Union niedergelassen sind. 16 Vier Mitgliedstaaten legen fest, dass die Vorschriften für Verkaufsgeschäfte gelten, bei denen entweder der Lieferant oder der Käufer (oder beide) in dem jeweiligen Mitgliedstaat selbst niedergelassen sind (LU, LV, MT und SE) und nicht in der gesamten EU.

Alle Mitgliedstaaten mit Ausnahme von DE und HU haben die Begriffe „Lieferant“ und „Käufer“ unabhängig von ihrem Niederlassungsort gemäß Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie definiert. Artikel 2 Absatz 2 sieht ferner vor, dass die Umsetzungsmaßnahmen der Mitgliedstaaten für Käufer gelten, die Behörden sind, sofern sie in der EU niedergelassen sind. Die Umsetzungsvorschriften von FR, HU und NL enthalten keinen Verweis auf den Ort der Niederlassung der Marktteilnehmer.

3.2.Verbot unlauterer Handelspraktiken (Artikel 3)

Die Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten, bestimmte unlautere Praktiken zu verbieten, und teilt diese in zwei Gruppen ein: i) Verbote per se oder bedingungslose Verbote („schwarze Liste“) und ii) bedingte Verbote („graue Liste“), wobei es sich bei letzterer Liste um Praktiken handelt, die verboten sind, es sei denn, diese sind zuvor klar und eindeutig in der Liefervereinbarung oder in einer Folgevereinbarung zwischen dem Lieferanten und dem Käufer vereinbart worden (Artikel 3 Absatz 2). Jede dieser Praktiken ist in der Richtlinie genau definiert. In bestimmten Fällen können Ausnahmen oder Abweichungen vorgesehen werden. Bei Einhaltung der vorgeschriebenen Anforderungen können die Mitgliedstaaten:

·allgemeine Klauseln verwenden, um den Anwendungsbereich der Verbote auf Praktiken auszuweiten, die nicht ausdrücklich aufgeführt sind;

·weitere Praktiken in die Listen aufnehmen;

·den Anwendungsbereich der aufgeführten Verbote ausweiten oder diese verschärfen;

·Praktiken von der „grauen Liste“ in die „schwarze Liste“ verschieben.

Solange sie mit den Binnenmarktvorschriften in Einklang stehen, sind Ausnahmen oder Abweichungen im Rahmen des mit der Richtlinie verfolgten Konzepts der „Mindestharmonisierung“, das ein gemeinsames Mindestschutzniveau für alle Mitgliedstaaten vorsieht, möglich. Von den 16 hier untersuchten Mitgliedstaaten haben fünf die Richtlinie ohne eine der oben genannten Erweiterungen umgesetzt: Sowohl die „schwarzen“ als auch die „grauen Listen“ entsprechen den in der Richtlinie vorgesehenen Listen ohne jegliche Ergänzung oder relevante Änderung. 17 In zwei weiteren Mitgliedstaaten (LT und SE) stimmen die Listen weitgehend überein, einige Verbote sind jedoch strenger als in der Richtlinie.

Von den anderen neun Mitgliedstaaten haben HR und LV eine allgemeine Klausel zum Verbot unlauterer Praktiken im Einklang mit den allgemeinen Grundsätzen gewählt. DE hat ein allgemeines Verbot der Anwendung unlauterer Handelspraktiken zur Ausnutzung asymmetrischer Wirtschaftsbeziehungen festgelegt, dieses Verbot aber auch auf die in der Richtlinie aufgeführten Praktiken angewandt. Einige Länder verwenden allgemeine Klauseln im Bereich der unlauteren Handelspraktiken oder des Wettbewerbsrechts. Dies ist z. B. in FR der Fall, dessen Handelsgesetzbuch bereits allgemeine Klauseln für den betreffenden Bereich vorsieht.

Alle Mitgliedstaaten haben Listen mit verbotenen Praktiken erstellt, wobei sich die meisten von ihnen an die Unterscheidung zwischen „schwarzen“ und „grauen“ Praktiken gehalten haben. Nur HU sieht eine einzige („schwarze“) Liste vor und verbietet ausdrücklich, dass ein Lieferant den erfassten Handelspraktiken im Voraus gültig zustimmt. Wenn „graue Listen“ verwendet werden, sehen die Mitgliedstaaten Transparenzanforderungen hinsichtlich der Art der Informationen vor, die dem Lieferanten zur Rechtfertigung einer „grauen Praktik“ zur Verfügung gestellt werden müssen.

Einige Mitgliedstaaten unterscheiden zwar zwischen „schwarzen“ und „grauen Listen“, haben aber eine oder mehrere Praktiken von der „grauen Liste“ in die „schwarze Liste“ verschoben. 18 Vergleichsweise häufiger werden Praktiken zu den „schwarzen“ 19 und „grauen“ 20 Listen hinzugefügt.

Im Gegensatz zur Richtlinie, die grundsätzlich nur für Praktiken gilt, die von Käufern gegen Lieferanten angewandt werden, sind in SK einige der Praktiken für beide Vertragsparteien verboten (z. B. Vergeltungsmaßnahmen kommerzieller Art).

HU stützt sich auf einen zuvor angenommenen Rechtsakt, ohne dass im Zuge der Umsetzung der Richtlinie spezifische Änderungen vorgenommen wurden. Die meisten in der Richtlinie genannten Praktiken werden abgedeckt, sind jedoch teilweise anders definiert. Für einige von ihnen gibt es umfassendere oder strengere Verbote, einige wurden durch das derzeitige Rechtsinstrument aber offenbar nicht eindeutig umgesetzt. Dies gilt zum Teil für FR, wo nur einige Praktiken ausdrücklich durch die Umsetzungsvorschriften geregelt wurden, während andere durch allgemeine Klauseln mit breiterer Anwendung abgedeckt sein können. Auf einige Praktiken wird in den übermittelten Rechtsvorschriften anscheinend nicht ausdrücklich eingegangen. 

Zwei Praktiken der „schwarzen Liste“ verdienen besondere Aufmerksamkeit, da die Mitgliedstaaten innerhalb bestimmter Grenzen Abweichungen vorsehen können: Zahlungsverzug und Stornierungen von Bestellungen.

·Zahlungsverzug: In elf der 16 Mitgliedstaaten wurde zwischen Verkäufen verderblicher und nicht verderblicher Erzeugnisse unterschieden und, wie in der Richtlinie vorgesehen, für erstere eine Frist von 30 Tagen und für letztere eine Frist von 60 Tagen festgelegt. 21 BG und SE haben dagegen sowohl für Verkäufe verderblicher als auch nicht verderblicher Erzeugnisse eine einheitliche Frist von 30 Tagen eingeführt. FI hat denselben Ansatz verfolgt, aber die Möglichkeit eingeräumt, für nicht verderbliche Erzeugnisse eine längere Frist von 60 Tagen vertraglich zu vereinbaren (andernfalls gilt die 30-Tage-Regel). Weder HU noch SK unterscheiden zwischen verderblichen und nicht verderblichen Erzeugnissen. In diesen Fällen ist die Vorschrift meist strenger: Es gilt eine Frist von 15 Tagen ab dem Datum der ordnungsgemäß ausgestellten Rechnung. Alle Mitgliedstaaten mit Ausnahme von HU und SK haben die Definition verderblicher Erzeugnisse gemäß der Richtlinie in ihre Umsetzungsvorschriften übernommen. In FR gibt es unterschiedliche Definitionen für „verderbliche“ und „sehr leicht verderbliche“ Erzeugnisse. HR hat in seine Umsetzungsvorschriften eine Liste verderblicher Erzeugnisse aufgenommen, während LT eine von der Regierung ermächtigte Einrichtung mit der Befugnis zur Genehmigung einer Liste verderblicher Erzeugnisse ausgestattet hat. Alle Mitgliedstaaten mit Ausnahme von HU haben die Ausnahmeregelungen gemäß Artikel 3 Absatz 1 letzter Gedankenstrich (oder zumindest einige davon 22 ) übernommen, und es wurden keine zusätzlichen Ausnahmen eingeführt.

·Kurzfristige Stornierung von Bestellungen: Alle Mitgliedstaaten außer HU und SK sehen eine Frist von 30 Tagen als Mindeststandard für Stornierungen vor. Gemäß Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe b ermächtigen vier von ihnen (DK, FR, IE und SE) das zuständige Ministerium (bzw. die Regierung im Falle von SE), in hinreichend begründeten Fällen Fristen von weniger als 30 Tagen für bestimmte Sektoren festzulegen. FR hat zwei kürzere Fristen für Großhändler (24 Stunden) und für frisches Obst und Gemüse (3 Tage, es sei denn, die Erzeugnisse werden unter einer Eigenmarke verkauft; in diesem Fall gelten 6 Tage) eingeführt. Die ungarische Regelung hat eine andere Struktur und bezieht sich eher auf Änderungen als auf Stornierungen. Auf eine bestimmte Frist für die Vorankündigung wird nicht Bezug genommen. In SK ist es allen Käufern verboten, vertragliche Verpflichtungen ohne rechtliche Begründung nicht zu erfüllen.

3.3.Durchsetzungsmechanismen (Artikel 4-8)

3.3.1.Benennung der Durchsetzungsbehörden (Artikel 4)

Alle 16 Mitgliedstaaten teilten der Kommission mit, eine oder mehrere Behörden für die Durchsetzung der in Artikel 3 festgelegten Verbote auf nationaler Ebene benannt zu haben („Durchsetzungsbehörde“). Die Kontaktdaten und Websites dieser Behörden sind auf einer eigens dafür eingerichteten Website der Kommission abrufbar. 23

Während sich die meisten Mitgliedstaaten für eine einzige Behörde entschieden haben, haben vier Mitgliedstaaten (DE 24 , EL, FI und LT 25 ) zwei Behörden benannt.

Generell besteht die Wahl zwischen Verwaltungs- und Justizbehörden und innerhalb der Verwaltungsbehörden zwischen unabhängigen Verwaltungsbehörden und solchen, die Teil der Exekutive sind (d. h. Ministerien). Bei unabhängigen Verwaltungsbehörden besteht die Wahl zwischen Markt-, Wettbewerbs- oder sektorspezifischen Behörden.

Alle Mitgliedstaaten haben sich für Verwaltungsbehörden entschieden. Die meisten haben sich dafür entschieden, die wichtigsten Durchsetzungsbefugnisse einer unabhängigen Verwaltungsbehörde zu übertragen: Sechs wählten eine Wettbewerbsbehörde 26 , vier eine für den Lebensmittelmarkt zuständige Behörde 27 , zwei ihr Landwirtschaftsministerium 28 , zwei eine Behörde, die für die Bekämpfung unlauterer Handelspraktiken im Agrar- und Lebensmittelsektor zuständig ist 29 , ein Mitgliedstaat wählte eine Regierungsstelle innerhalb des Wirtschafts- und Finanzministeriums 30 und einer eine Behörde für Verbraucher und Märkte 31 .

In den Mitgliedstaaten, die eine zweite Behörde benannt haben, handelt es sich um die Wettbewerbsbehörde (DE, EL und LT) oder die Lebensmittelbehörde (FI). Einige Mitgliedstaaten sehen Kooperationspflichten zwischen nationalen Behörden und Stellen vor, die zur Durchsetzung der einschlägigen Rechtsvorschriften beitragen können. 32 Zusätzliche Kooperationspflichten mit ausländischen Durchsetzungsbehörden und der Europäischen Kommission werden in einigen nationalen Umsetzungsmaßnahmen gemäß Artikel 8 ausdrücklich festgelegt. 33  

3.3.2.Beschwerden und Vertraulichkeit (Artikel 5)

In allen der Kommission übermittelten Umsetzungsinstrumenten wird nicht nur einzelnen Lieferanten, sondern auch Erzeugerorganisationen oder anderen Lieferantenorganisationen und Vereinigungen solcher Organisationen das Recht eingeräumt, bei der benannten Durchsetzungsbehörde Beschwerde einzulegen.

Die überwiegende Mehrheit der Mitgliedstaaten sieht in ihren Umsetzungsinstrumenten Mittel zur Wahrung der Vertraulichkeit der Identität des Beschwerdeführers vor, deren Offenlegung seinen Interessen oder den Interessen seiner Mitglieder oder Lieferanten schaden könnte. Diese Schutzmaßnahmen sollten in der Regel auf Antrag des Lieferanten getroffen werden. 34 Einige nationale Umsetzungsmaßnahmen sehen jedoch auch eine diesbezügliche Initiative der Behörden vor. 35 In den meisten Fällen wird der Beschwerdeführer aufgefordert, alle vertraulich zu behandelnden Informationen anzugeben. 36 In einigen Mitgliedstaaten sehen die Umsetzungsinstrumente die Möglichkeit vor, das Verfahren einzustellen, wenn dies zur Offenlegung vertraulicher Informationen führen würde. 37 In LT kann die Durchsetzungsbehörde ein Ersuchen um vertrauliche Behandlung ablehnen, wenn die spezifischen Informationen für die Feststellung des Verstoßes beweiskräftig sind. 38

3.3.3.Befugnisse der benannten Behörden (Artikel 6)

Die meisten Mitgliedstaaten übertragen den benannten Behörden die Befugnisse gemäß Artikel 6, und zwar:

·Untersuchungs- und Überwachungsbefugnisse 39 ;

·die Befugnis, Entscheidungen zu treffen, wenn ein Verstoß gegen die Verbote gemäß Artikel 3 vorliegt 40 ;

·die Befugnis, vom Käufer zu verlangen, die verbotene Handelspraktik einzustellen 41 ;

·die Befugnis, gegen den Urheber des Verstoßes Maßnahmen zur Verhängung von Geldbußen und anderen ebenso wirksamen Sanktionen 42 , einschließlich einstweiliger Verfügungen, im Einklang mit den nationalen Vorschriften und Verfahren 43 zu verhängen oder diesbezügliche Verfahren zu veranlassen;

·die Befugnis, die getroffenen Entscheidungen zu veröffentlichen 44 .

In sechs Mitgliedstaaten ist die Durchsetzungsbehörde auch befugt, die vom Rechtsverletzer eingegangenen Verpflichtungen zu billigen 45 oder im Falle eines Verstoßes Verwarnungen 46 oder Empfehlungen auszusprechen 47 .

3.3.4.Durchsetzungsmaßnahmen und Sanktionen (Artikel 6)

Die Durchsetzungsmaßnahmen umfassen ein breites Spektrum von Instrumenten, darunter Sanktionen, Rechtsbehelfe und Verpflichtungen.

Die gängigsten den nationalen Durchsetzungsbehörden zur Verfügung stehenden Maßnahmen sind finanzielle Sanktionen, die in allen 16 Mitgliedstaaten vorgesehen sind. Während in der Richtlinie keine Mindest- und Höchstgrenzen für finanzielle Sanktionen festgelegt sind, ist dies in einigen Mitgliedstaaten der Fall. Wenn Mindest- und Höchstbeträge festgelegt wurden, sind sie je nach Mitgliedstaat unterschiedlich. 48 In einigen Fällen wird der Höchstbetrag anhand des Umsatzes des Verletzers bestimmt 49 , in anderen Fällen wird er als Prozentsatz eines der folgenden Werte berechnet: i) des Kaufpreises 50 , ii) der dem Lieferanten auferlegten Kosten 51 oder iii) des Gewinns, den der Verletzer bei dem von der unlauteren Praxis betroffenen Geschäft erzielt hat 52 . In zehn Mitgliedstaaten gibt es keine Mindestgrenze 53 und in drei Mitgliedstaaten gibt es keine Höchstgrenze 54 . Sechs Mitgliedstaaten legen die Kriterien und Faktoren fest, die bei der Festsetzung der Höhe der Sanktion unter bestimmten Umständen berücksichtigt werden, u. a. die Art des Verstoßes, seine Dauer und das Ausmaß der schädlichen Folgen. 55  

Nur LU und LT haben ausdrücklich den Grundsatz verankert, dass Sanktionen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein müssen.

In den griechischen Rechtsvorschriften wird im Hinblick auf die Befugnis der Verwaltungsbehörde zur Festlegung der anwendbaren Maßnahmen darauf verwiesen, dass diese verhältnismäßig und abschreckend sein müssen, jedoch nicht auf deren Wirksamkeit eingegangen, während in den finnischen Rechtsvorschriften bei der Festlegung finanzieller Sanktionen auf den Grundsatz der Angemessenheit, nicht aber auf die anderen Grundsätze verwiesen wird. In FI wird zudem für einstweilige Maßnahmen Verhältnismäßigkeit gefordert, allerdings nur bei einer Verletzung des Geschäftsgeheimnisses. 56  

Neben finanziellen Sanktionen gibt es auch Rechtsbehelfe.

Was die Verfügungen zur Unterlassung unlauterer Praktiken betrifft, sehen die Mitgliedstaaten häufig eine Art von Sanktion zur Abschreckung vor einem Verstoß vor. 57  

Neben Verfügungen wurden in den nationalen Gesetzen zur Umsetzung der Richtlinie weitere Maßnahmen vorgesehen:

·die „Einhaltungsaufforderung“ nach irischem Recht;

·die „Sicherungsmaßnahmen“ nach luxemburgischem Recht;

·die ungarischen Maßnahmen, die es der Verwaltungsbehörde ermöglichen, dem Händler die Anwendung der Bestimmungen des Standarddienstleistungsvertrags zu untersagen, wenn i) dieser nicht klar formuliert ist, ii) die Leistung oder die Gegenleistung nicht spezifiziert ist oder iii) das in Rechnung gestellte Entgelt nicht in einem angemessenen Verhältnis zu den Kosten steht.

Zivilrechtliche Rechtsbehelfe werden in Umsetzungsrechtsakten selten erwähnt, aber es gibt einige Ausnahmen. Einige Mitgliedstaaten sehen eine Aufhebung von Vertragsbedingungen vor 58 ; andere sehen Erstattungs- 59 oder Entschädigungsmaßnahmen 60 vor.

Verpflichtungen sind in HR und HU eindeutig geregelt. Wenn Verpflichtungen von der Durchsetzungsbehörde gebilligt werden, kommt es in der Regel nicht zu einer Feststellung eines Verstoßes und zu einer Verhängung einer Sanktion, es sei denn, sie werden nicht erfüllt.

3.3.5.Administrative und gerichtliche Durchsetzung und alternative Streitbeilegung 

Die meisten oben genannten Maßnahmen und Durchsetzungsmechanismen gelten als administrative Durchsetzung.

Die Umsetzungsvorschriften einiger Mitgliedstaaten beziehen sich ausdrücklich sowohl auf die administrative als auch auf die gerichtliche Durchsetzung. Konkret sehen acht Mitgliedstaaten vor, dass die Entscheidungen der Verwaltungsbehörden vor Gericht angefochten werden können. 61 Darüber hinaus sehen die finnischen Rechtsvorschriften vor, dass bestimmte Befugnisse (z. B. die Verhängung von Sanktionen) nur dem Gericht zustehen, während andere Maßnahmen (wie Verfügungen) sowohl von der Verwaltungs- als auch von der Justizbehörde erlassen werden können. Die bulgarischen Rechtsvorschriften sehen vor, dass die Einrichtung, die gemäß den Umsetzungsvorschriften für bestimmte Verfahren zuständig ist, eine Partei einer Liefervereinbarung nicht daran hindern darf, im Wege eines anderen etablierten Verfahrens Rechtsbehelfe einzulegen, womit die Rolle anderer Durchsetzungsbehörden, einschließlich der Gerichte, implizit anerkannt wird. Die lettischen Rechtsvorschriften sehen vor, dass parallel zum Wettbewerbsrat auch ein Gericht im Rahmen der im Zivilprozessrecht vorgesehenen Verfahren feststellen kann, ob ein Verstoß gegen das Umsetzungsgesetz vorliegt oder nicht.

Diese Mitgliedstaaten wenden eindeutig ein System paralleler Rechtsbehelfe an, ohne jedoch spezifische Vorschriften für die Koordinierung zwischen Verwaltungs- und Justizbehörden zu erlassen.

In Bezug auf Artikel 7 der Richtlinie sehen sieben Mitgliedstaaten die Möglichkeit vor, auf alternative Streitbeilegungsverfahren zurückzugreifen. 62 Zum Beispiel ermächtigten die niederländischen Rechtsvorschriften den betreffenden Minister, einen Ausschuss zur Beilegung von Streitigkeiten zu benennen und anschließend einen Käufer in den ernannten Ausschuss „aufzunehmen“. Der Beschluss des Ausschusses ist für die Parteien bindend, außer eine der Parteien bringt den Streitfall innerhalb von drei Monaten nach seiner Annahme vor ein Zivilgericht. Nach maltesischem Recht kann die Durchsetzungsbehörde die Parteien zu einem Mediationsverfahren zur Festsetzung des Schadensersatzes einladen. Koordinierungsmechanismen in Bezug auf die administrative und gerichtliche Durchsetzung sind nicht ausdrücklich geregelt.

In keiner der Umsetzungsvorschriften wird die Frage der extraterritorialen Befugnisse der Verwaltungsbehörden behandelt. Einige Mitgliedstaaten legen fest, dass die Durchsetzungsbehörde nur für Praktiken zuständig ist, die im Rahmen von Beziehungen auftreten, bei denen der Lieferant oder der Käufer oder beide im Mitgliedstaat der Behörde niedergelassen sind. 63  

In Bezug auf den speziellen Fall grenzüberschreitender Verstöße wird derzeit offenbar nur in den deutschen Umsetzungsvorschriften die Art und Weise der Zusammenarbeit mit Verwaltungsbehörden anderer Mitgliedstaaten geregelt.

4.Schlussfolgerungen

Die meisten der 16 Mitgliedstaaten, die im Rahmen dieses Berichts analysiert wurden, haben sich um eine rechtzeitige Umsetzung der Richtlinie bemüht. Die überwiegende Mehrheit dieser Mitgliedstaaten ging über das in der Richtlinie festgelegte Mindestschutzniveau hinaus. Strengere Vorschriften sind grundsätzlich mit der Richtlinie vereinbar, sofern sie mit den Binnenmarktvorschriften der EU im Einklang stehen. Die Mitgliedstaaten folgen im Großen und Ganzen dem sektorbezogenen Ansatz dieser Richtlinie und wenden die Bestimmungen in der Lebensmittelkette an. Mehr als die Hälfte der in diesem Bericht analysierten Mitgliedstaaten weichen entweder von den in der Richtlinie definierten Umsatzkategorien ab oder wenden die Vorschriften unabhängig vom Umsatz der betreffenden Marktteilnehmer an. Die meisten Mitgliedstaaten haben die Liste unlauterer Handelspraktiken der Richtlinie erweitert, indem sie Verbote aufgenommen oder die Verbote gemäß der Richtlinie verschärft haben. Hingegen haben sich die (wenigen) Mitgliedstaaten, die vor der Umsetzung der Richtlinie noch keine Rechtsvorschriften erlassen hatten, im Allgemeinen an den Anwendungsbereich der Richtlinie gehalten. Während in den meisten Fällen die Umsetzungsentscheidungen der Mitgliedstaaten mit den Bestimmungen der Richtlinie identisch oder gleichwertig zu sein scheinen, gibt es einige Abweichungen. Diese werden weiter analysiert.

Die Mitgliedstaaten haben vor allem Verwaltungsbehörden mit der Durchsetzung der Vorschriften über unlautere Handelspraktiken betraut, während eine gerichtliche Durchsetzung nur in begrenztem Umfang vorgesehen ist. Eine Koordinierung zwischen den Verwaltungs- und Justizbehörden ist im Großen und Ganzen kaum oder gar nicht vorgesehen. Während die Mitgliedstaaten den Erzeugerorganisationen die Möglichkeit einräumen, Kollektivbeschwerden einzureichen, bleiben andere kollektive Rechtsdurchsetzungsinstrumente weitgehend ungenutzt. Es wird gelegentlich auf alternative Streitbeilegungsmechanismen verwiesen.

Bei den Durchsetzungsmaßnahmen liegt der Schwerpunkt auf finanziellen Sanktionen und Verfügungen, wobei einige Mitgliedstaaten den Parteien die Möglichkeit einräumen, Verpflichtungen anzubieten. Ein paar Mitgliedstaaten planen auch die Nutzung zivilrechtlicher Rechtsbehelfe. Es gibt nur sehr begrenzte Vorgaben in Bezug auf die Wirksamkeit, Verhältnismäßigkeit und Abschreckungswirkung von Sanktionen und anderen Maßnahmen.

Sobald alle Mitgliedstaaten den Umsetzungsprozess abgeschlossen haben, wird sich ein umfassenderes Bild ergeben. 64 Die erste Bewertung der Richtlinie auf EU-Ebene und ein Bericht über die wichtigsten Ergebnisse dieser Bewertung werden bis zum 1. November 2025 vorgelegt.

(1) Siehe das Dokument Vertikale Beziehungen in der Lebensmittelversorgungskette: Grundsätze für vorbildliche Verfahren , das 2011 von dem von der Europäischen Kommission geleiteten Hochrangigen Forum für die Verbesserung der Funktionsweise der Lebensmittelversorgungskette gebilligt wurde. Die Grundsätze wurden von Organisationen, die die Mehrheit der Marktteilnehmer in der Lebensmittelversorgungskette vertreten, vereinbart. Anschließend wurde 2013 die „Supply Chain Initiative“ ins Leben gerufen. In jüngster Zeit wurden folgende Maßnahmen ergriffen: Europäisches Parlament: Entschließung vom 7. Juni 2016 zu unlauteren Handelspraktiken in der Lebensmittelversorgungskette ; Rat: Conclusions of 12 December 2016 on Strengthening farmers' position in the food supply chain and tackling unfair trading practices (Schlussfolgerungen vom 12. Dezember 2016 zur Stärkung der Position der Landwirte in der Lebensmittelversorgungskette und zur Bekämpfung unlauterer Handelspraktiken); Kommission: Mitteilung der Kommission vom 28. Oktober 2009 „Die Funktionsweise der Lebensmittelversorgungskette in Europa verbessern“ ; Mitteilung der Kommission vom 15. Juli 2014 „Gegen unlautere Handelspraktiken zwischen Unternehmen in der Lebensmittelversorgungskette“ und Bericht der Kommission vom 29. Januar 2016 über unlautere Handelspraktiken zwischen Unternehmen in der Lebensmittelversorgungskette .
(2) Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über unlautere Handelspraktiken in den Geschäftsbeziehungen zwischen Unternehmen in der Lebensmittelversorgungskette, Brüssel, 12.4.2018, COM(2018) 173 final, 2018/0082 (COD), Abschnitt 2.
(3) Siehe Richtlinie, Erwägungsgrund 7.
(4) Siehe Richtlinie, Erwägungsgrund 8. Siehe auch: Cafaggi, F. und Iamiceli, P., Unfair trading practices in the business-to-business retail supply chain (JRC112654) .
(5)

  https://ec.europa.eu/info/food-farming-fisheries/key-policies/common-agricultural-policy/market-measures/agri-food-supply-chain/unfair-trading-practices_de

(6) Bis zum 1. Mai 2021 gaben vier der 27 Mitgliedstaaten an, die Umsetzung der Richtlinie abgeschlossen zu haben (BG, DK, EL und NL), weitere vier gaben an, sie teilweise umgesetzt zu haben (EE, FR, FI und LV). Bis zum 31. Juli hatte EE lediglich eine Entsprechungstabelle übermittelt.
(7)   BE, CZ, EE, ES, FR, IT, CY, AT, PO, PT, RO und SI .
(8) https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/ip_21_3903
(9) DK, EL, IE, LT, LU, MT, NL und SE. Das litauische Instrument überschneidet sich jedoch teilweise mit einem bestehenden Rechtsakt, und zwar dem Gesetz über das Verbot unlauterer Praktiken von Einzelhändlern vom 22. Dezember 2009, Nr. XI-626, das für Einzelhändler mit beträchtlicher Marktmacht gilt und im Konfliktfall Vorrang vor dem Umsetzungsinstrument hat. In Schweden wurde vor der Umsetzung nur der Verbraucherschutz auf Geschäftsbeziehungen zwischen Unternehmen ausgeweitet, um gegen unlautere Handelspraktiken vorzugehen.
(10) DK, EL, IE, LV, NL, HR, HU, LU, LT, MT, SE und SK. In SK bezieht sich dieser Rechtsakt formal auf unfaire Vertragsbestimmungen, wobei der Begriff der unfairen Vertragsbestimmungen unlautere Praktiken abdeckt bzw. einbezieht.
(11)

  ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 671 .

(12) In LT fallen Genossenschaften oder kleine Gemeinschaften und deren Mitglieder nicht unter die Definition von Käufer. In SK fallen hingegen juristische Personen, die keine Unternehmer sind, unter die Definition von Käufer und Lieferant.
(13) Eine Ausnahme bilden französische Vorschriften zum Zahlungsverzug, die andere Bedingungen als für Agrar- und Lebensmittelerzeugnisse vorsehen, auch für den Verkauf von in der Landwirtschaft verwendeten Geräten und Maschinen.
(14) Im Falle von LV gilt diese Beschränkung nicht für den Einzelhandel mit Nichtlebensmitteln.
(15) Bis zum 1. Mai 2025 gelten die deutschen Umsetzungsvorschriften auch für den Verkauf von Milch und Fleischerzeugnissen sowie den Verkauf von Obst-, Gemüse- und Gartenbauerzeugnissen, einschließlich Kartoffeln, durch Lieferanten mit einem Jahresumsatz von bis zu 4 Mrd. EUR im jeweiligen Absatzsegment in DE, sofern der jährliche Gesamtumsatz des Lieferanten 20 % des jährlichen Gesamtumsatzes des Käufers nicht übersteigt.
(16) Ausdrücklich festgelegt in BG, DE, DK, EL, FI, HR, IE, LT und SK.
(17) DK, IE, LU, MT und NL.
(18) DE, FR, HR, LV, SK: Rücksendung nicht verkaufter Erzeugnisse (DE, FR, LV und SK), Zahlungen für die Einrichtung von Räumlichkeiten (FR, HR und LV) und Kosten für die Lagerung, Ausstellung oder Listung (FR und LV).
(19) BG, EL, FR, HR (bis zu 18 weitere Praktiken), HU, LV und SK.
(20) BG, HR, LV und SK.
(21) DE, DK, EL, FR, HR, IE, LT, LU, LV, MT und NL.
(22) DE, LT und SK.
(23)

  https://ec.europa.eu/info/food-farming-fisheries/key-policies/common-agricultural-policy/market-measures/agri-food-supply-chain/unfair-trading-practices_de  

(24) Es wird eine Durchsetzungsbehörde benannt, die jedoch einige ihrer Entscheidungen im Einvernehmen mit der Wettbewerbsbehörde trifft.
(25) Die zweite Durchsetzungsbehörde ist nur für Praktiken von Einzelhändlern mit beträchtlicher Marktmacht zuständig.
(26) BG, DK, HR, LU, LV und SE.
(27) DE (Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung, vom Bundesministerium benannt), FI (Ombudsmann für den Lebensmittelmarkt), HU (Amt für die Sicherheit der Lebensmittelkette, von der Regierung benannt) und LT (Amt für die Entwicklung ländlicher Unternehmen und Märkte).
(28) IE und SK.
(29) EL und MT.
(30) FR (DGCCRF – Generaldirektion Wettbewerb, Verbraucherschutz und Betrugsbekämpfung).
(31) NL.
(32) BG, DE, EL, FI, LT und MT.
(33) BG, DE, DK, EL, FI, HR, IE, LT, LV, MT, NL, SE und SK.
(34) BG, DE, DK, EL, HR, HU, IE, LT, LU, MT, NL und SK. In BG sieht das Gesetz vor, dass die Identität des Beschwerdeführers stets vertraulich bleiben muss.
(35) z. B. HU.
(36) BG, DK, EL, IE, LU und NL.
(37) DE, DK, FI und MT.
(38) Auf anonyme Beschwerden wird in den litauischen Rechtsvorschriften jedoch explizit eingegangen.
(39) BG, DE, DK, EL, FI, FR, HR, HU, IE, LT, LU, LV, MT, NL, SE und SK.
(40) BG, DE, DK, EL, HR, HU, IE, LT, LU, LV, MT, NL und SE.
(41) BG, DE, DK, EL, FI, FR, HR, IE, LT, LU, LV, MT, NL, SE und SK.
(42) BG, DE, DK, EL, FI, FR, HR, HU, IE, LT, LU, LV, MT, NL, SE und SK.
(43) Ausdrücklich in den nationalen Umsetzungsmaßnahmen vorgesehen in: BG, DK, EL, FI, FR, IE, LT, LU, LV und NL.
(44) BG, DE, DK, EL, FI, FR, HR, HU, IE, LT, LU, MT, SE und SK.
(45) HR und HU.
(46) FI und LV.
(47) EL.
(48) Die Mindestbeträge reichen von 70 EUR (LV) bis zum Gegenwert von etwa 2550 EUR (BG); die Höchstbeträge reichen von 2329,37 EUR (MT) bis 2 Mio. EUR (FR).
(49) Auch in diesen Fällen variieren die Prozentsätze von 0,2 % (LV) bis 10 % (HU und NL).
(50) SK.
(51) SK.
(52) MT.
(53) DE, DK, EL, FI, FR, HR, IE, MT, NL und SE.
(54) DK, FI und HR.
(55) Die Kriterien sind unterschiedlich: EL, FI, HR, LV, SE und SK.
(56) Über das französische Gesetz liegen derzeit keine Informationen vor.
(57) BG, DE, DK, FI, FR, LT, LV, MT, NL, SE und SK.
(58) DE, FR und HU.
(59) FI (nur bei Verletzung des Geschäftsgeheimnisses) und IE (Erstattung zu Unrecht erhobener Kosten).
(60) FI (nur bei Verletzung des Geschäftsgeheimnisses), FR, LV und MT (bei Festsetzung des Schadensersatzes durch das Verwaltungsgericht).
(61) BG, DE, DK, EL, FI, MT, NL und SE.
(62) BG, DE, EL, FI, LT, MT und NL.
(63) DE.
(64) Weitere Informationen werden unter folgendem Link zur Verfügung gestellt: https://ec.europa.eu/info/food-farming-fisheries/key-policies/common-agricultural-policy/market-measures/agri-food-supply-chain/unfair-trading-practices_de