Brüssel, den 20.5.2021

COM(2021) 249 final

BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN

über die Anwendung der Richtlinie 2014/40/EU über die Herstellung, die Aufmachung und den Verkauf von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen


1.Einführung

Die seit Mai 2016 geltende Richtlinie für Tabakerzeugnisse 1 (im Folgenden „Richtlinie“) hat das Ziel, das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes zu erleichtern, die Gesundheit der Menschen, insbesondere der Jugend, zu schützen und die Verpflichtungen des Rahmenübereinkommens zur Eindämmung des Tabakkonsums (FCTC) der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zu erfüllen. Nach Artikel 28 Absatz 1 der Richtlinie muss die Kommission bis zum 20. Mai 2021 einen Bericht über die Anwendung der Richtlinie 2 vorlegen. In dem Bericht ist insbesondere auf die Elemente der Richtlinie einzugehen, die im Hinblick auf wissenschaftliche und technische Erkenntnisse, einschließlich der Entwicklung international vereinbarter Vorschriften und Normen über Tabakerzeugnisse und verwandte Erzeugnisse, überprüft werden müssten.

Die Richtlinie hatte zum Ziel, den Tabakkonsum innerhalb von fünf Jahren nach ihrer Umsetzung um 2 % zu senken. 3 Aus der jüngsten Eurobarometer-Umfrage 4 geht hervor, dass die Verbreitung des Rauchens bei den über 15-Jährigen von 26 % im Jahr 2014 auf 23 % im Jahr 2020 zurückgegangen ist, was einem Rückgang 5 um 3 Prozentpunkte bzw. 12,5 % seit Inkrafttreten der Richtlinie entspricht. Der Raucheranteil unter jungen Menschen ging von 25 % im Jahr 2014 auf 20 % im Jahr 2020 zurück, nachdem sie 2017 mit 29 % einen Höchststand erreicht hatte. Die Nutzung neu aufkommender Produkte, insbesondere E-Zigaretten, nimmt jedoch bei jungen Menschen zu 6 . Dies ist angesichts des Ziels, die Jugend zu schützen, besorgniserregend.

Wichtige Entwicklungen seit Inkrafttreten der Richtlinie haben der Eindämmung des Tabakkonsums eine neue Dringlichkeit und neue Anstöße verliehen. Auf internationaler Ebene wurden in der Agenda für nachhaltige Entwicklung alle Länder aufgefordert, das FCTC entschlossener umzusetzen. Auf EU-Ebene stellt Europas Plan gegen den Krebs von 2021 die Eindämmung des Tabakkonsums in den Mittelpunkt der Bemühungen um Krankheitsprävention, die dazu beitragen sollen, bis 2040 ein rauchfreies Europa zu erreichen. Das Zwischenziel besteht darin, das WHO-Ziel einer relativen Verringerung des Tabakkonsums bis 2025 um 30 % gegenüber 2010 7 zu erreichen, was einer Prävalenz des Rauchens in der EU von etwa 20 % bis 2025 gegenüber 29 % im Jahr 2010 entspricht. Um diese Ziele erfüllen zu können, müssen die Anstrengungen zur Eindämmung des Tabakkonsums unter anderem dadurch intensiviert werden, dass die Vorschriften für Tabakerzeugnisse verschärft werden.

2.Umsetzung, Anwendung und Durchsetzung (Artikel 2, 23 und 24)

2.1.Konformitätsprüfung (Umsetzungs- und Konformitätskontrollen)

Seit Inkrafttreten der Richtlinie hat die Kommission zehn Durchführungsrechtsakte 8 und zwei delegierte Rechtsakte 9 erlassen sowie zwei Berichte der Kommission 10 angenommen, um die vollständige und fristgerechte Umsetzung aller Bestimmungen der Richtlinie zu ermöglichen. Die Mitgliedstaaten mussten die Gesetze, Verordnungen und Verwaltungsvorschriften zur Umsetzung der Richtlinie bis zum 20. Mai 2016 in Kraft setzen und der Kommission den Wortlaut dieser Vorschriften übermitteln. Eine große Zahl von Mitgliedstaaten hat die Richtlinie nicht fristgerecht umgesetzt. Im Juli 2016 leitete die Kommission daher 18 Vertragsverletzungsverfahren wegen verspäteter oder unvollständiger Mitteilung der nationalen Umsetzungsmaßnahmen ein. Die betroffenen Mitgliedstaaten haben daraufhin die entsprechenden Maßnahmen mitgeteilt und die Kommission hat alle diese Fälle bis 2020 abgeschlossen.

Die Kommission hat die Konformität der nationalen Bestimmungen mit der Richtlinie systematisch auf der Grundlage von sechs vorrangigen Bereichen 11 überprüft. Diese Konformitätskontrolle wird weiter fortgeführt und wurde für eine erste Gruppe von Mitgliedstaaten abgeschlossen. Bei der Prüfung dieser Bestimmungen stellte die Kommission Mängel und Abweichungen bei der Umsetzung der Richtlinie fest, die sich vor allem auf bestimmte Definitionen 12 , auf Bestimmungen in den Bereichen Inhaltsstoffe und Emissionen, Kennzeichnung und Verpackung, neuartige Tabakerzeugnisse und elektronische Zigaretten sowie auf die Systeme der Rückverfolgbarkeit und Sicherheitsmerkmale bezogen. Die Kommission führt strukturierte bilaterale Dialoge mit den Mitgliedstaaten, um die Konformität zu gewährleisten. Da mehrere Bestimmungen der Richtlinie komplex sind, besteht nach wie vor die Gefahr, dass ihre Auslegung und praktische Umsetzung in den einzelnen Mitgliedstaaten zu unterschiedlichen Ergebnissen führen.

2.2.Anwendung und Durchsetzung

Im Jahr 2014 setzte die Kommission eine Expertengruppe für Tabakpolitik 13 (im Folgenden „Expertengruppe“) ein, die sich aus Vertretern der Mitgliedstaaten zusammensetzt und die Mitgliedstaaten und die Kommission bei der Zusammenarbeit zur Eindämmung des Tabakkonsums und bei der Gesetzgebung unterstützt. Darüber hinaus hat die Kommission im Sinne des Artikels 26 der Richtlinie eine Liste der zuständigen Behörden 14 veröffentlicht, die von den Mitgliedstaaten für die Durchführung und Durchsetzung der Richtlinie benannt wurden. Bei den Gesprächen in den Sitzungen der Expertengruppe und bei den bilateralen Kontakten im Zusammenhang mit den Konformitätsprüfungen hat sich herausgestellt, dass die Durchsetzungsmaßnahmen in mehreren Mitgliedstaaten noch recht begrenzt sind. Innerhalb der EU gibt es sehr unterschiedliche Grade der Durchsetzung, Kontrolle und Sanktionen. Nicht alle Mitgliedstaaten verfügten über die Kapazitäten oder Ressourcen, um sicherzustellen, dass nur konforme Produkte auf den Markt gebracht wurden 15 . Darüber hinaus werden einige Bestimmungen der Richtlinie trotz der Bemühungen der Mitgliedstaaten, sich auf einen gemeinsamen Ansatz zu einigen, nicht einheitlich angewandt.

Die Richtlinie enthält eine spezifische Bestimmung über die Zusammenarbeit zwischen den Durchsetzungsbehörden der Mitgliedstaaten. Rückmeldungen aus den Gesprächen in den Sitzungen der Expertengruppe zeigen, dass die Mitgliedstaaten mit der Bildung eines Forums einverstanden sind, um Informationen auszutauschen und bewährte Verfahren bei der Durchsetzung der Richtlinie auszutauschen. Das Forum ist bisher einmal im Juni 2019 zusammengekommen.

2.3.Gerichtsverfahren 16

Seit ihrem Inkrafttreten war die Richtlinie mehreren rechtlichen Anfechtungen ausgesetzt. Im Jahr 2016 bestätigte der Europäische Gerichtshof ihre Gültigkeit und die Gültigkeit mehrerer ihrer Bestimmungen und wies 2019 eine Klage auf Nichtigerklärung der delegierten Rechtsakte und der Durchführungsrechtsakte über die Rückverfolgbarkeitssysteme und Sicherheitsmerkmale für Tabakerzeugnisse ab. Der Gerichtshof hat auch Urteile zum Verbot von Tabak zum oralen Gebrauch, zur Einstufung von Kautabakerzeugnissen und zum stufenweisen Verbot von aromatisierten Erzeugnissen sowie zu den entsprechenden Kennzeichnungsvorschriften gefällt. In mehreren Gerichtsverfahren ging es um unbegründete Klagen gegen die Bibliothek mit bildlichen gesundheitsbezogenen Warnhinweisen. Letztere haben auch Gegenstand nationalen Gerichtsverfahren standgehalten, in denen solche Klagen abgewiesen wurden. Etwa die Hälfte der Mitgliedstaaten meldete nationale Gerichtsverfahren im Zusammenhang mit der Durchsetzung der Richtlinie.

2.4.Mitteilungen (auch nach Artikel 24 Absätze 2 und 3)

Mehrere Mitgliedstaaten haben von ihrem Recht nach Artikel 24 Absätze 2 und 3 Gebrauch gemacht, weitere Anforderungen als in der Richtlinie vorgesehen beizubehalten oder einzuführen. Zum Zeitpunkt der Abfassung dieses Berichts haben acht Mitgliedstaaten die Kommission über nationale Anforderungen zur Standardisierung der Verpackungen von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen, die aus Gründen der öffentlichen Gesundheit gerechtfertigt sind, sowie die Gründe für ihre Einführung informiert. Die Kommission hat ferner nationale Maßnahmen zum Verbot einer bestimmten Kategorie von Tabakerzeugnissen genehmigt, die von drei Mitgliedstaaten gemäß Artikel 24 Absatz 3 mitgeteilt wurden. 17 Darüber hinaus teilen die Mitgliedstaaten der Kommission im Rahmen des durch die Richtlinie (EU) 2015/1535 eingeführten Verfahrens fortlaufend ihre nationalen Rechtsvorschriften zur Eindämmung des Tabakkonsums mit, darunter auch jene, die Bereiche abdecken, die durch die Richtlinie nicht harmonisiert sind (z. B. Verbote von Aromen in elektronischen Zigaretten, Vorschriften über nikotinfreie elektronische Zigaretten, rauchfreie Zonen und Altersgrenzen). 18 Im Anschluss an die Prüfung ergreift die Kommission erforderlichenfalls Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die Richtlinie ordnungsgemäß umgesetzt wird.

2.5.Schlussfolgerungen zur Umsetzung, Anwendung und Durchsetzung

Der Europäische Gerichtshof hat die Gültigkeit der Richtlinie und mehrerer ihrer wichtigsten Bestimmungen bestätigt und Fragen zu ihrer Auslegung behandelt. Die Erkenntnisse, die bei den Konformitätsprüfungen der nationalen Umsetzungsmaßnahmen gewonnen wurden, deuten darauf hin, dass es bei der Umsetzung der Bestimmungen der Richtlinie in nationales Recht gewisse Unterschiede gibt. Daher sollten verschiedene Optionen zur Vereinfachung der rechtlichen Rahmenbedingungen geprüft werden. Möglicherweise muss auch eine Reihe von Begriffsbestimmungen angepasst werden. Der Grad der Durchsetzung variiert beträchtlich unter den Mitgliedstaaten, und das Fehlen einer Rechtsgrundlage für Prüfungen seitens der EU-Ebene schränkt die Möglichkeiten der Kommission ein, einen genauen Überblick über die Umsetzungs- und Durchsetzungsmaßnahmen der Mitgliedstaaten zu erhalten.

3.Inhaltsstoffe und Emissionen (Artikel 3 bis 7)

3.1.Emissionen und Messverfahren (Artikel 3 und 4)

Die Richtlinie legt Emissionshöchstwerte für Teer, Nikotin und Kohlenmonoxid fest, die nach ISO-Verfahren zu messen sind. Gemäß Artikel 4 Absätze 3 und 5 ist die Kommission ermächtigt, die Verfahren zur Messung von Teer, Nikotin und Kohlenmonoxid aufgrund wissenschaftlicher und technischer Entwicklungen oder international vereinbarter Normen anzupassen sowie im Rahmen des FCTC oder von der WHO vereinbarte Standards in das Unionsrecht aufzunehmen.

In internationalen Foren und auch im Rahmen des FCTC 19 wurden Diskussionen über Messverfahren für Teer, Nikotin und Kohlenmonoxid geführt, die zumeist ISO-Verfahren und die kanadische Prüfnorm „Intense Smoking Regime“ betrafen. 20 Es wurde festgehalten, dass das Rauchverhalten des Menschen durch kein derzeit bestehendes Normungsmuster angemessen abgebildet wird. 21 Seitdem gibt es keine neuen wissenschaftlichen und technischen Entwicklungen, die eine Änderung des vorgeschriebenen Verfahrens rechtfertigen würden.

In der EU sollten die von den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten zugelassenen Laboratorien die Teer-, Nikotin- und Kohlenmonoxid-Messungen überwachen und überprüfen. Die Kommission hat eine Liste dieser Labore veröffentlicht. 22 Nur ein einziger Mitgliedstaat hat Emissionsgrenzwerte für Zigaretten, die sich auf andere Inhaltsstoffe als Teer, Nikotin und Kohlenmonoxid beziehen, festgelegt oder zusätzliche Messverfahren vorgeschrieben.

3.2.Meldung von Inhaltsstoffen und Emissionen (Artikel 5)

Die Kommission hat ein einheitliches elektronisches Portal der EU entwickelt (das EU Common Entry Gate, EU-CEG), um die elektronische Meldung von Informationen über Inhaltsstoffe und Emissionen im Sinne des Artikels 5 zu erleichtern. Das EU-CEG-System hat insgesamt reibungslos funktioniert und seine Kernziele als Datenregister erfüllt 23 , während es gleichzeitig den Verwaltungsaufwand für Hersteller, Importeure und nationale Aufsichtsbehörden verringert hat. Die Kommission hat eine Gemeinsame Maßnahme zur Eindämmung des Tabakkonsums 24 geschaffen, um die Mitgliedstaaten bei der Analyse und Veröffentlichung von EU-CEG-Daten über Inhaltsstoffe und Emissionen weiter zu unterstützen. Die Gemeinsame Maßnahme hat den Mitgliedstaaten geholfen, Informationen gemäß Artikel 5 Absatz 4 im Internet öffentlich zugänglich zu machen. Das Veröffentlichungsverfahren war mit Schwierigkeiten verbunden, was zum Teil darauf zurückzuführen war, dass einige Übermittler die Vertraulichkeitskennzeichnung missbrauchten.

Das EU-CEG-Portal stellt zahlreiche wertvolle Daten und Informationen bereit. Trotz der im Rahmen der Gemeinsamen Maßnahme unternommenen Anstrengungen haben die Mitgliedstaaten das Portal bisher jedoch nur selten zu Durchsetzungs- und Regulierungszwecken genutzt. Darüber hinaus liegen für bestimmte obligatorische Variablen, z. B. Verkaufsdaten, keine vollständigen Daten vor. Die EU-weite Analyse im Hinblick auf den Binnenmarkt wird durch das nationale „Eigentum“ an den Daten behindert, da einige Mitgliedstaaten nicht bereit sind, ihre Daten weiterzugeben. Das EU-CEG ist für die Kommission kostspielig und ressourcenintensiv. Bislang hat nur etwa die Hälfte der Mitgliedstaaten Gebühren für die Handhabung der Informationen über Inhaltsstoffe gemäß Artikel 5 Absatz 8 erhoben. Referenzlaboratorien, wie sie in mehreren anderen Politikbereichen eingerichtet wurden, gibt es hier nicht. Durch die Gemeinsame Maßnahme hat sich die Lage etwas verbessert. Generell wurden jedoch nach wie vor die meisten Ressourcen für die Einrichtung und Pflege des Datenregisters verwendet, wodurch Datenanalyse, Forschung und Politikentwicklung zu kurz kamen, die eine Nutzung der Daten für sinnvolle Maßnahmen ermöglichen würden.

Die praktische Erfahrung mit der Einrichtung des EU-CEG hat gezeigt, dass die Einrichtung einer EU-Datenbank mit Informationen über Inhaltsstoffe und Emissionen von Tabakerzeugnissen technisch möglich wäre. Angesichts der begrenzten Ressourcen der Kommission und der Mitgliedstaaten 15 sowie der nationalen Eigentumsrechte an den Daten könnte eine solche Datenbank jedoch ohne ein belastbares und gebührenfinanziertes europäisches System zur Bewertung der Inhaltsstoffe (nach Artikel 28 Absatz 2 Buchstabe d) in ihrem Nutzen eingeschränkt sein. Daher sollten die Ressourcen, die eine Agentur für die Ausführung neuer Aufgaben im Zusammenhang mit Inhaltsstoffen von Tabakerzeugnissen benötigt, sorgfältig bemessen werden. 25  

3.3.Prioritätenliste der Zusatzstoffe und erweiterte Meldepflichten (Artikel 6)

Gemäß Artikel 6 Absatz 1 hat die Kommission einen Beschluss 26 zur Festlegung einer Prioritätenliste mit 15 Zusatzstoffen erlassen, die auf der Grundlage des wissenschaftlichen Gutachtens des SCENIHR-Ausschusses 27 ausgewählt wurden. In diesem Gutachten wurden verfügbare Daten berücksichtigt, die darauf hinweisen, dass ein Zusatzstoff i) zur Toxizität, zum Suchtpotenzial oder zu den krebserzeugenden, erbgutverändernden oder fortpflanzungsgefährdenden Eigenschaften von Zigaretten und Tabak zum Selbstdrehen beitragen kann, ii) ein charakteristisches Aroma erzeugen oder iii) das Inhalieren oder die Nikotinaufnahme erleichtern kann.

Zwölf große Hersteller arbeiteten im Rahmen eines Ad-hoc-Industriekonsortiums zusammen und legten die Berichte für 14 prioritäre Zusatzstoffe fristgerecht vor. Für einen prioritären Zusatzstoff – Diacetyl – wurde die ursprüngliche Frist nicht eingehalten. Mehrere Mitgliedstaaten haben zusätzliche Maßnahmen ergriffen, um die Einhaltung der Vorschriften zu gewährleisten. Im Rahmen der Gemeinsamen Maßnahme wurden die Berichte überprüft und mehrere Mängel 28 festgestellt, die die Kommission – wie von den Mitgliedstaaten ausdrücklich gefordert – der Industrie mitgeteilt hat. Während seitens der Industrie einige Klarstellungen vorgelegt wurden, konnten die Mitgliedstaaten nicht bestätigen, dass die untersuchten chemischen Stoffe nicht zu den schädlichen Auswirkungen des Tabakkonsums beitragen würden. Insgesamt zeigen die Erfahrungen mit der Anwendung von Artikel 6, dass die vorgelegten Berichte wenig verwertbare Informationen enthielten, während die Kommission und die Mitgliedstaaten erhebliche Mittel in ihre Überprüfung investieren mussten.

Auf der Grundlage der bisherigen Erfahrungen muss bei der Machbarkeitsbeurteilung der Erstellung einer Positivliste von Inhaltsstoffen und einer Datenbank auf EU-Ebene der Ressourcenbedarf sorgfältig abgewogen werden. Es wäre ein besser strukturierter und dauerhafterer Mechanismus für die Bewertung der Inhaltsstoffe erforderlich, der ihre chemischen und physikalischen Eigenschaften sowohl in verbrannter als auch in unverbrannter Form berücksichtigt, einschließlich der Auswirkungen der Emissionen ohne Verbrennung.

3.4.Regelung der Inhaltsstoffe (Artikel 7)

Durch die Richtlinie ist seit Mai 2016 das Inverkehrbringen von charakteristische Aromen enthaltenden Zigaretten und Tabaken zum Selbstdrehen verboten. Für Produkte mit charakteristischen Aromen mit einem bedeutenden Marktanteil (d. h. Menthol) hatten das Parlament und der Rat eine vierjährige Auslaufphase vereinbart. Seit Mai 2020 gibt es also keine Ausnahmen mehr. Während keine Probleme bei der Einhaltung der Vorschriften für charakteristische Aromen aus Süßigkeiten oder Früchten gemeldet werden, deuten die jüngsten Entwicklungen darauf hin, dass das Menthol-Verbot weniger gut eingehalten wird. Die Ausnahme für andere Tabakerzeugnisse als Zigaretten und Tabak zum Selbstdrehen muss zurückgenommen werden, wenn eine „wesentliche Änderung der Umstände“ festgestellt werden kann (siehe Kapitel 10).

Die Kommission hat erhebliche Anstrengungen und Ressourcen in die Einrichtung und den Betrieb des Beratungsmechanismus investiert, der bei der Entscheidung, ob ein Tabakerzeugnis ein charakteristisches Aroma hat oder nicht, behilflich sein soll. Dieser Mechanismus umfasst das unabhängige Beratergremium für die Bewertung von charakteristischen Aromen in Tabakerzeugnissen, das das Format einer Expertengruppe der Kommission hat, sowie die Sachverständigengruppe sensorischer und chemischer Prüfer/innen, die im Zuge einer öffentlichen Ausschreibung eingesetzt wurde. In der Praxis hat sich die Umsetzung des Verbots charakteristischer Aromen als ressourcenintensiv und aufwendig erwiesen, wobei die Mitgliedstaaten und die Kommission nur über begrenzte Ressourcen verfügen. Mehrere Mitgliedstaaten haben auch bestimmte Zusatzstoffe gemäß Artikel 7 Absatz 6 verboten.

3.5.Schlussfolgerungen zu Inhaltsstoffen und Emissionen

Insgesamt haben die Mitgliedstaaten und die Kommission große Anstrengungen und Ressourcen aufgewendet, um die Artikel 3 bis 7 umzusetzen. Der tatsächliche Mehrwert für die menschliche Gesundheit und die Wirksamkeit bestimmter Vorschriften sind jedoch minimal. Die Komponenten des Hauptsystems – das EU-CEG und das unabhängige Beratergremium – sind zwar voll einsatz- und funktionsfähig, doch sind sie sehr arbeitsintensiv, und weder die Kommission noch die Mitgliedstaaten verfügen derzeit über ausreichende Ressourcen, um sie optimal zu nutzen. Daher wird vorgeschlagen zu untersuchen, wie die auf EU-Ebene harmonisierte Bewertung von Inhaltsstoffen und Erzeugnissen, auch durch EU-CEG-Informationen, verbessert und fundierter und wirksamer organisiert werden kann.

Die Arbeiten zu den prioritären Zusatzstoffen lieferten bislang wenig verwertbare Informationen, und ihr Nutzen sollte überprüft werden. Die Debatte über die maschinengesteuerten Messverfahren ist noch nicht abgeschlossen.

4.Kennzeichnung und Verpackung (Artikel 8 bis 14)

4.1.Allgemeine Warnhinweise, Informationsbotschaften und kombinierte gesundheitsbezogene Warnhinweise (Artikel 8 bis 12)

Mit der Richtlinie werden Anforderungen an verpflichtende gesundheitsbezogene Warnhinweise auf Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen eingeführt, einschließlich kombinierter gesundheitsbezogener Warnhinweise für Rauchtabakerzeugnisse. Die Kommission hat zwei Durchführungsrechtsakte erlassen, um festzulegen, wo gesundheitsbezogene Warnhinweise auf Beuteln von Tabak zum Selbstdrehen 29 anzubringen sind, und um das Layout, die Gestaltung und die Form der kombinierten gesundheitsbezogenen Warnhinweise 30 festzulegen. Die Kommission hat auch die Bibliothek mit bildlichen Warnhinweisen entwickelt, die in Anhang II der Richtlinie 31 enthalten ist. Die Harmonisierung der Kennzeichnungs- und Verpackungsvorschriften war ein wesentlicher Erfolg der Richtlinie, weil dadurch die Verpackung im gesamten Binnenmarkt standardisiert wurde.

Obligatorische kombinierte gesundheitsbezogene Warnhinweise, die 65 % der Vorder- und Rückseite von Tabakpackungen einnehmen, stellten eine wichtige Verbesserung der Kennzeichnungsmaßnahmen gegenüber der Richtlinie 2001/37/EG 32 dar. Diese Maßnahmen haben das Bewusstsein der Öffentlichkeit für die schädlichen Auswirkungen von Tabakerzeugnissen wirksam geschärft und ließen sich mit einem Rückgang des Tabakkonsums 15 in Verbindung bringen.

Es gab Beschwerden von Personen, die behaupteten, dass sie oder ihre Angehörigen ohne ihre Zustimmung auf den Bildern zu sehen seien, was auch Hunderte von Schreiben und mehrere Gerichtsverfahren nach sich zog 33 . Alle diese Behauptungen haben sich als offensichtlich unbegründet erwiesen.

Auf der Grundlage der Informationen der Kommission scheinen die Mitgliedstaaten die Kennzeichnungsvorschriften weitgehend ordnungsgemäß anzuwenden, mit einigen Ausnahmen, wie im Folgenden dargelegt.

Die Bestimmungen zur Harmonisierung der Kennzeichnung sind zwar ein wichtiges Beispiel für Bestimmungen der Richtlinie, die dazu beigetragen haben, das Funktionieren des Binnenmarkts zu verbessern, doch wurde auch über eine Reihe von Umsetzungsproblemen berichtet 15 . Die Bestimmungen von Artikel 9 Absatz 3 über die Mindestgröße der an den seitlichen Oberflächen angebrachten gesundheitsbezogenen Warnhinweise, die praktisch ein Verbot von schlanken quaderförmigen Verpackungen mit einer Tiefe von weniger als 20 mm darstellen 34 , wurden in unterschiedlicher Weise angewandt. Die Berechnung der Oberfläche für gesundheitsbezogene Warnhinweise auf abgeschrägten oder abgerundeten Packungen gemäß Erwägungsgrund 28 35 warf ebenfalls Fragen auf und führte EU-weit zu einer unterschiedlichen Einhaltung der Vorschriften. Einige Mitgliedstaaten schlugen vor 15 , Bestimmungen über abgeschrägte Kanten in den Text der Richtlinie aufzunehmen oder Packungen mit abgeschrägten Kanten ganz zu verbieten.

Nach Artikel 11 Absatz 1 können die Mitgliedstaaten Rauchtabakerzeugnisse, die keine Zigaretten, Tabake zum Selbstdrehen und Wasserpfeifentabake sind, davon ausnehmen, die Informationsbotschaft und die kombinierten gesundheitsbezogenen Warnhinweise tragen zu müssen. Sie benötigen nach wie vor eine Kennzeichnung mit einem textlichen Warnhinweis und den allgemeinen Warnhinweis sowie einen Verweis auf Raucherentwöhnungsangebote. Bislang hat etwa die Hälfte der Mitgliedstaaten Ausnahmen gemeldet, die nach Artikel 11 zulässig sind. Einige kritisierten die Ausnahme unter Hinweis auf Druck seitens der Industrie und warnten davor, dass die Verbraucher diese ausgenommenen Produkte als attraktiver oder weniger schädlich ansehen könnten. 15 Nach Artikel 11 Absatz 6 ist die Kommission ermächtigt, die Möglichkeit, Ausnahmen zu gewähren, zurückzunehmen, falls es eine wesentliche Änderung der Umstände gibt. Die Reihe von Kriterien für die Klausel über eine „wesentliche Änderung der Umstände“ gemäß Artikel 2 Absatz 28 (siehe Kapitel 10) macht die Anwendung jedoch sehr schwierig.

Die Bestimmungen von Artikel 12 über die Kennzeichnung rauchloser Tabakerzeugnisse wurden in den meisten Fällen ordnungsgemäß angewandt, ohne dass größere Probleme gemeldet wurden.

4.2.Erscheinungsbild der Erzeugnisse, Harmonisierung der Verpackungen und Einheitsverpackungen (Artikel 13, 14 und 24 Absatz 2)

In Artikel 13 über das Erscheinungsbild der Erzeugnisse ist ein weitgehendes Verbot von Werbeelementen vorgesehen. Viele Mitgliedstaaten hatten Schwierigkeiten bei der Auslegung und Umsetzung der Bestimmungen des Artikels 13, insbesondere bei der Klärung des Anwendungsbereichs des Artikels und bei der Feststellung von Verstößen. Das Erscheinungsbild der Erzeugnisse ist ein Bereich, in dem es immer wieder zu Verstößen und Versuchen kommt, das Gesetz zu umgehen, wobei es in mehreren Mitgliedstaaten zu rechtlichen Schritten kam. 15  

Die Bestimmungen von Artikel 14 36 über Verpackungen werden im Allgemeinen gut verstanden und umgesetzt.

Acht Mitgliedstaaten machten von ihrem Recht nach Artikel 24 Absatz 2 Gebrauch, über die Kennzeichnungsvorschriften der Richtlinie hinauszugehen, und führten einheitliche Verpackungen für Tabakerzeugnisse ein, d. h. Einheitsverpackungen. Diese Mitgliedstaaten haben der Kommission diese Maßnahmen, die aus Gründen der öffentlichen Gesundheit gerechtfertigt sind, zusammen mit den Gründen für ihre Einführung mitgeteilt und nachgewiesen, dass diese Maßnahmen verhältnismäßig sind und kein Mittel zur willkürlichen Diskriminierung darstellen. Den Daten 15 aus den Mitgliedstaaten zufolge scheinen Einheitsverpackungen zusammen mit bildlichen Warnhinweisen das Bewusstsein für tabakbedingte und damit verbundene Krankheiten zu schärfen sowie die Motivation, mit dem Rauchen aufzuhören, zu erhöhen und dazu beizutragen, das Rauchen – auch bei jungen Menschen – zu reduzieren. Etwa die Hälfte der Europäer spricht sich für die Einführung von „Einheitsverpackungen“ für Zigaretten aus. 4 Diese Maßnahmen stehen im Einklang mit internationalen Entwicklungen, da Einheitsverpackungen der von der WHO und im Rahmen des FCTC geförderte goldene Standard sind und in einer wegweisenden WTO-Entscheidung 37 als mit dem internationalen Handelsrecht vereinbar angesehen wurden. Eine strengere Regulierung durch Einheitsverpackungen erleichtert auch die Umsetzung der Bestimmungen über das Erscheinungsbild der Erzeugnisse, d. h. das vollständige Verbot von Werbeelementen. Wird die Anforderung von Einheitsverpackungen jedoch nur in einigen Mitgliedstaaten eingeführt, kann dies ein Hindernis für den freien Warenverkehr darstellen. Darüber hinaus können sich die Formate vereinheitlichter Verpackungen von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat unterscheiden, was das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts zusätzlich beeinträchtigt.

4.3.Schlussfolgerungen zur Kennzeichnung und Verpackung

Im Allgemeinen werden die Kennzeichnungs- und Verpackungsvorschriften in der EU ordnungsgemäß angewandt. Diese Vorschriften haben – insbesondere durch erweiterte kombinierte gesundheitsbezogene Warnhinweise – zu einem verstärkten Bewusstsein und besseren Verständnis für die verschiedenen Produktkategorien und gesundheitlichen Auswirkungen des Tabakkonsums geführt. Auf der Grundlage dieses Erfolgs sollte geprüft werden, inwieweit strengere Kennzeichnungsvorschriften auf alle Kategorien von Tabakerzeugnissen angewendet werden könnten. Einige Bestimmungen über die Art der Verpackung/das Erscheinungsbild von Packungen sollten näher geprüft werden, insbesondere jene im Hinblick auf die Größe der Warnhinweise, das Verbot von Werbeelementen und von „schlanken Packungen“ sowie abgeschrägte Kanten.

Mehrere Mitgliedstaaten gingen über die Bestimmungen der Richtlinie hinaus und haben erfolgreich Einheitspackungen eingeführt. Daher sollte auch der Ansatz von Einheitspackungen mit größeren gesundheitsbezogenen Warnhinweisen weiter verfolgt werden.

5.Rückverfolgbarkeit und Sicherheitsmerkmal (Artikel 15 und 16)

Die Artikel 15 und 16 sehen EU-weite Rückverfolgbarkeitssysteme und Sicherheitsmerkmale für Tabakerzeugnisse vor, um den unerlaubten Handel einzudämmen. Im Dezember 2017 verabschiedete die Kommission Rechtsvorschriften über technische Einzelheiten zur Errichtung von Rückverfolgbarkeitssystemen und Sicherheitsmerkmalen für Tabakerzeugnisse. 38 Die Systeme wurden innerhalb der von der Richtlinie vorgegebenen Frist im Mai 2019 gestartet. Seitdem wurde jede neu hergestellte oder eingeführte Packung von Zigaretten und von Tabakerzeugnissen zum Selbstdrehen mit einem individuellen Erkennungsmerkmal gekennzeichnet und weist ein Sicherheitsmerkmal auf. Da die Frist für das Aufbrauchen der Bestände im Mai 2020 endete, können nicht rückverfolgbare Zigaretten und Tabakerzeugnisse zum Selbstdrehen nicht mehr gehandelt werden. Die Systeme werden erweitert, um mit Mai 2024 auch alle anderen Tabakerzeugnisse abzudecken.

5.1.Rückverfolgbarkeit

Bis Ende 2020 wurden Informationen über 795 000 Unternehmen und 1 520 000 Einrichtungen, die Tabakerzeugnisse handhaben, über das EU-Rückverfolgbarkeitssystem erfasst. Die Hersteller und Importeure von Zigaretten und Tabakerzeugnissen zum Selbstdrehen erhielten und verwendeten 45 Milliarden individuelle Erkennungsmerkmale, die von den durch die Mitgliedstaaten benannten Ausgabestellen vergeben wurden. Durch die zentralen Systemkomponenten – sekundärer Repository und Router –, die vom Dentsu Aegis Network im Rahmen eines Konzessionsvertrags mit der Kommission betrieben werden, wurden Milliarden von Nachrichten über Logistik und Transaktionen in der Lieferkette bearbeitet. 39

Das Rückverfolgbarkeitssystem der EU wurde unter gebührender Berücksichtigung des WHO-FCTC-Protokolls zur Unterbindung des unerlaubten Handels, insbesondere von Artikel 8, umgesetzt. Die Konzeption des Systems entspricht voll und ganz den Bestimmungen des Protokolls. Keine der formellen Verpflichtungen der Parteien des Protokolls wurde der Tabakindustrie übertragen. Die Mitgliedstaaten und die Kommission kontrollieren das System durch eine Reihe sich gegenseitig verstärkender Maßnahmen. 40  

Insgesamt haben die Mitgliedstaaten 22 verschiedene Einrichtungen als Ausgabestellen für die Erkennungsmerkmale benannt, von denen 17 staatlich kontrollierte Stellen sind, darunter auch nationale Druckereien. Außerdem gibt es fünf private IT-Unternehmen, die von acht Mitgliedstaaten beauftragt wurden. Sowohl die öffentlichen als auch die privaten Einrichtungen wurden vollständig in das System integriert, dessen täglicher Betrieb durch ihre unterschiedlichen Rechtsformen nicht beeinträchtigt wurde.

Bis Ende 2020 hatte die Kommission 46 Datenspeicherverträge für die Bereitstellung primärer Repositories genehmigt, die von den Herstellern und Importeuren von Tabakerzeugnissen mit zehn verschiedenen Anbietern geschlossen wurden, wobei vier von ihnen demselben Konzern angehören. Die Verträge wurden unter anderem anhand der in der Verordnung (EU) 2018/573 festgelegten vertraglichen Kernelemente überprüft, während die Anbieter im Hinblick auf die Unabhängigkeitsanforderungen nach Artikel 35 der Verordnung (EU) 2018/574 überprüft wurden. Es wurden von der Kommission auch ein Datenspeicherungsvertrag sowie ein vorgeschlagener Anbieter abgelehnt.

Für den ersten jährlichen Zyklus der Audits der primären Repositories wurden von der Kommission 15 von den Tabakherstellern vorgeschlagene und bezahlte Prüfer anerkannt. Die Kommission holte von den Anbietern Erklärungen über Vorrichtungen zum Schutz vor Manipulation ein, die diese an den Produktionslinien installiert hatten. Für diese waren zehn Hersteller und Importeure von Tabakprodukten verantwortlich.

Alle zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten und die GD OLAF sind mit den Schnittstellen verbunden, die vom Betreiber des sekundären Repository bereitgestellt werden, und viele von ihnen haben damit begonnen, die Rückverfolgbarkeitsdaten für eine bessere Durchsetzung zu nutzen. Diese Tätigkeiten werden durch eine mobile Kontrollanwendung, die von Dentsu Aegis Network im Rahmen einer gesonderten Vereinbarung mit der Kommission bereitgestellt wird, weiter erleichtert. Mehrere Mitgliedstaaten nutzen das EU-System 41 für die Übermittlung von Daten an ihre eigenen Durchsetzungssysteme oder beabsichtigen, es hierfür zu nutzen.

Obwohl das System funktioniert und einen wichtigen Schritt bei der Bekämpfung des unerlaubten Handels darstellt, hatten die Mitgliedstaaten und die Kommission erhebliche Probleme mit der Qualität der Daten zur Rückverfolgung, z. B. in Bezug auf MwSt-Nummern, Informationen über Produktionsmaschinen oder über die letzten Wege der Produkte zu den Einzelhandelsgeschäften. Auch wenn sich die Datenqualität allmählich verbessert hat, ist sie nach wie vor von entscheidender Bedeutung für die Durchsetzung und die vollständige Erreichung der Ziele des Systems.

5.2.Sicherheitsmerkmale

Zur Einhaltung der Bestimmungen über die Sicherheitsmerkmale beschlossen 22 Mitgliedstaaten, sich auf ihre bereits bestehenden Steuerzeichen und steuerlichen Kennzeichnungen zu stützen und diese erforderlichenfalls anzupassen. Die übrigen fünf Mitgliedstaaten führten neue Kennzeichen zur Authentifizierung ein. In diesem Sinne ermöglichte das System der Sicherheitsmerkmale, dass EU-weit ein weitgehend ähnlicher Sicherheitsstandard festgelegt werden konnte.

5.3.Schlussfolgerungen zur Rückverfolgbarkeit und zu den Sicherheitsmerkmalen

Trotz der Probleme im Zusammenhang mit der Datenqualität ist das Rückverfolgbarkeitssystem voll funktionsfähig und gut etabliert. Die Kommission wird prüfen, ob die langfristige Leistungsfähigkeit des Systems durch strengere Prüfungen im Hinblick auf Umfang, operative Auswirkungen und Sicherungsmaßnahmen, welche die Unparteilichkeit der Prüfer und das Vertrauen der Öffentlichkeit gewährleisten, verbessert werden kann.

6.Grenzüberschreitender Verkauf im Fernabsatz (Artikel 18)

Mehr als die Hälfte der Mitgliedstaaten hat den grenzüberschreitenden Verkauf im Fernabsatz von Tabak- oder verwandten Erzeugnissen an Verbraucher in ihren Ländern verboten. Von den Mitgliedstaaten, die grenzüberschreitende Verkäufe im Fernabsatz zulassen, veröffentlichte die überwiegende Mehrheit Listen der in ihrem Land registrierten Einzelhändler auf den Websites ihrer zuständigen Behörden. 15  

Die Überwachung und Durchsetzung von Verboten oder Beschränkungen des grenzüberschreitenden Verkaufs im Fernabsatz haben sich als schwierig erwiesen. Die Mitgliedstaaten entdeckten nicht registrierte Einzelhändler, die in ihren Ländern tätig waren, oder Einzelhändler, die nicht konforme oder verbotene Produkte verkauften. Auch kam es zu grenzüberschreitendem Verkauf im Fernabsatz in den Mitgliedstaaten, in denen diese Art von Verkauf verboten worden ist. Nur wenige Mitgliedstaaten gaben an, die Tätigkeiten von nicht registrierten Einzelhändlern zu überwachen, und räumten ein, dass sie Probleme damit hatten, deren Websites zu schließen, insbesondere wenn sich die Server außerhalb der EU befanden. Darüber hinaus scheinen die Altersüberprüfungssysteme nicht wirksam zu sein, und vonseiten der Mitgliedstaaten werden verbesserte Altersüberprüfungssysteme gefordert. 42

Die Mitgliedstaaten hatten Schwierigkeiten bei der Kontrolle des grenzüberschreitenden Fernabsatzes, wobei viele auf den Bedarf einer engen Zusammenarbeit bei der Durchsetzung hinwiesen. Einige Mitgliedstaaten sind gegen Einzelhändler vorgegangen, die die Vorschriften nicht einhielten. Darüber hinaus wiesen Mitgliedstaaten auf Probleme im Zusammenhang mit der Definition des Begriffs „grenzüberschreitender Verkauf im Fernabsatz“ in der Richtlinie hin.

6.1.Schlussfolgerungen zum grenzüberschreitenden Verkauf im Fernabsatz

Generell mangelt es an der Überwachung und Durchsetzung von Verboten oder Beschränkungen des grenzüberschreitenden Verkaufs im Fernabsatz im Rahmen der Richtlinie. Altersüberprüfungssysteme scheinen unwirksam zu sein, unterscheiden sich in den einzelnen Mitgliedstaaten und werden nur unzureichend durchgesetzt. Nicht alle Mitgliedstaaten haben wie gefordert Listen der registrierten Einzelhändler veröffentlicht. Es gibt Schwierigkeiten beim Umgang mit Einzelhändlern/Websites, die sich außerhalb der EU befinden. Die Klarheit bestimmter Bestimmungen, insbesondere der Definition des Begriffs „grenzüberschreitender Verkauf im Fernabsatz“, könnte verbessert werden. Angesichts der bestehenden Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten und der Bedenken hinsichtlich des grenzüberschreitenden Verkaufs im Fernabsatz nicht konformer Produkte besteht Raum für eine Weiterentwicklung der derzeitigen Regelung oder – alternativ dazu – ein Verbot des grenzüberschreitenden Fernabsatzes von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen, wie es in vielen Mitgliedstaaten bereits besteht.

7.Neuartige Tabakerzeugnisse (Artikel 19) und andere neu entstehende Erzeugnisse

Die Bestimmungen der Richtlinie für „neuartige Tabakerzeugnisse“ wurden so konzipiert, dass ein breites Regelungsnetz für neue Kategorien von Tabakerzeugnissen, die auf den EU-Markt drängen, geschaffen wird. Die datumsbasierte Definition 43 bedeutet jedoch, dass die Bestimmungen nicht speziell auf die besonderen Merkmale bestimmter neuer Produkte zugeschnitten sind. Darüber hinaus werden in der Richtlinie bestimmte neue Erzeugnisse, die keinen Tabak enthalten, wie beispielsweise oral zu verwendende Nikotinbeutel, nicht vollständig erfasst. Es handelt sich dabei um nichtpharmazeutische Erzeugnisse, die als Konsumgüter verkauft werden und Tabak zum oralen Gebrauch ähneln, der nach Artikel 17 der Richtlinie einem Verbot 44 unterliegt.

Problematisch ist auch die Verwendung von Aromen, die vor allem junge Menschen ansprechen. Neuartige Tabakerzeugnisse sind vom Verbot charakteristischer Aromen ausgenommen (Artikel 7 Absatz 12). Die Richtlinie bietet zwar Spielraum für die Rücknahme dieser Ausnahme, es besteht jedoch eine erhebliche regulatorische Hürde – die Kommission muss eine „wesentliche Änderung der Umstände“ nachweisen (siehe Kapitel 10).

Erhitzte Tabakerzeugnisse, der vorherrschende Typ neuartiger Tabakerzeugnisse, haben ihren Anteil auf dem EU-Markt ausgebaut 45 , ihr Umsatz im Jahr 2019 betrug 2,92 Mrd. EUR 46 (2 % des Tabakmarktes). Im Jahr 2020 hatten 7 % der Europäerinnen und Europäer im Alter von 15 bis 24 Jahren erhitzte Tabakerzeugnisse (zumindest) ausprobiert, und 2 % waren aktuelle Nutzer.

Es gibt unterschiedliche Ansichten darüber, inwieweit neuartige Tabakerzeugnisse, insbesondere erhitzte Tabakerzeugnisse, die Gesundheit des einzelnen Nutzers beeinträchtigen. Während die Industrie erhitzte Tabakerzeugnisse im Vergleich zu herkömmlichen Tabakerzeugnissen häufig als Produkte mit geringerem Risiko darstellt, und behauptet, dass sie den Rauchern bei der Entwöhnung vom Rauchen helfen würden, sind diese Erzeugnisse unter jungen Menschen auf besorgniserregende Weise zunehmend populär. 47 Es gibt außerdem Hinweise, dass viele Nutzer 48 zu „dualen Nutzern“ 49 werden, obwohl sie beabsichtigen, den Konsum eines anderen Tabakerzeugnisses zu verringern. Erhitzte Tabakerzeugnisse enthalten, wie andere Tabakerzeugnisse auch, Nikotin, einen suchterzeugenden Stoff, und es gibt Hinweise darauf, dass erhitzte Tabakerzeugnisse chemische Stoffe, darunter mehrere Giftstoffe, emittieren. 50  

Die Anwendung der Bestimmungen der Richtlinie auf neuartige Tabakerzeugnisse richtet sich danach, ob diese Erzeugnisse unter die Definition der rauchlosen Tabakerzeugnisse oder des Rauchtabakerzeugnisses fallen (Artikel 19 Absatz 4). Ein rauchloses Tabakerzeugnis wird definiert als ein Tabakerzeugnis, das nicht mittels eines Verbrennungsprozesses konsumiert wird. Das stellt für die Aufsichtsbehörden eine Herausforderung dar, da das Prinzip der Verbrennung mehrdeutig ist, und die Mitgliedstaaten daher bestimmte Produkte unterschiedlich einstufen, was auch zu einem Thema auf internationaler Ebene (WZO) wurde 51 .

Darüber hinaus ist es ohne die Flexibilität zur Festlegung neuer Kategorien schwierig, die für bestehende Kategorien entwickelten Vorschriften auf neuartige Tabakerzeugnisse anzuwenden, da darin nicht unbedingt auf die unterschiedlichen Eigenschaften der neuen Erzeugnisse eingegangen wird.

Diese neuartigen Tabakerzeugnisse stellen auch eine Herausforderung für die generelle Anwendung von Maßnahmen zur Eindämmung des Tabakkonsums dar, auch in Bezug auf Werbung und rauchfreie Zonen. Das Gerät, das speziell für den Konsum solcher Produkte entwickelt wurde, wird in einigen Mitgliedstaaten stark beworben, wodurch das Verbot der Tabakwerbung umgangen wird. Die Einstufung eines Erzeugnisses als rauchlos kann auch dazu führen, dass Gesetze über rauchfreie Zonen, die traditionell auf Rauchtabakerzeugnisse ausgerichtet sind, umgangen werden. Um die vorstehenden Probleme zu klären und die mit diesen Produkten verbundenen regulatorischen Herausforderungen anzugehen, hat die EU bei der „COP8“ des FCTC der WHO 52 ein Mandat initiiert und unterstützt.

7.1.Schlussfolgerungen zu neuartigen Tabakerzeugnissen und neu entstehenden Erzeugnissen

Das Regelwerk der EU erfasst derzeit weder alle neuartigen Tabakerzeugnisse und neu entstehenden Erzeugnisse, noch bietet es Flexibilität, um rasche Produktentwicklungen zu berücksichtigen. Erhitzte Tabakerzeugnisse sollten genau beobachtet werden, da sie spezifische regulatorische Herausforderungen aufwerfen, wie bei gesundheitsbezogenen Warnhinweisen, dem Verbot von Aromen und der Interaktion mit Geräten. Es gibt auch rechtliche Schlupflöcher in Bezug auf neu entstehende Nikotinprodukte oder ähnliche Produkte (ausgenommen solche, die für medizinische Zwecke und/oder für die Raucherentwöhnung mit ärztlicher Genehmigung zugelassen sind).

8.Elektronische Zigaretten und Nachfüllbehälter (Artikel 20)

E-Zigaretten, die Nikotin, aber keinen Tabak enthalten, stellen eine spezifische Produktkategorie dar, die in ihrem Wert bis zu 7 % der nationalen EU-Märkte für Tabak und verwandte Erzeugnisse entspricht. 53 Das EU-CEG enthält Daten zu mehr als 300 000 aktiven elektronischen Zigaretten gegenüber über 42 000 aktiven Tabakerzeugnissen. 54 In den letzten Jahren haben große Tabakunternehmen ihre Investitionen in elektronische Zigaretten erhöht.

Die EU war der erste regionale Rechtsraum, in dem elektronische Zigaretten, einschließlich der Werbung dafür, reguliert wurden. Um ein breites Netz unterschiedlicher Produkte zu erfassen, ist diese Kategorie in der Richtlinie allgemein definiert, sodass sowohl das Gerät einschließlich seiner Bestandteile als auch die Nachfüllbehälter mit nikotinhaltigen elektronischen Flüssigkeiten mit einbezogen sind. Dies hat Rechtsklarheit geschaffen, insbesondere im Vergleich zu den Bestimmungen über neuartige Tabakerzeugnisse, wo das Gerät nicht mit spezifisch erfasst wird. Die Kommission hat zwei Durchführungsrechtsakte und einen Bericht über die Risiken im Zusammenhang mit nachfüllbaren elektronischen Zigaretten angenommen. 55

Insgesamt haben die Mitgliedstaaten recht gute Erfahrungen mit der Umsetzung bestimmter Vorschriften über elektronische Zigaretten gemacht, wobei in anderen spezifischen Bereichen Verbesserungsmöglichkeiten bestehen. Die Hersteller und Importeure übermitteln den zuständigen Behörden zwar Meldungen gemäß Artikel 20 Absatz 2, doch könnte mehr getan werden, um hochwertigere Informationen bereitzustellen, insbesondere zu toxikologischen Daten und zur gleichmäßigen Abgabe von Nikotindosen beim Konsum, z. B. durch eine Standardisierung der Prüfverfahren. Einige Bestimmungen haben sich bei der praktischen Umsetzung als schwierig erwiesen, z. B. gelten die gesundheitsbezogenen Warnhinweise nach Artikel 20 Absatz 4 Buchstabe b Ziffer iii nicht nur für Nachfüllbehälter oder vorgefüllte Geräte, sondern auch für das elektronische Zigarettengerät selbst. Weitere Spezifikationen und differenziertere Warnhinweise wären hilfreich, insbesondere wenn ein Produkt ohne nikotinhaltige Flüssigkeit vermarktet wird. Ferner wurden Fragen zur Auslegung aufgeworfen, die i) die Anforderungen an die Kennzeichnung von Packungen und Außenverpackungen, ii) Angaben, die im Rahmen der Ausnahme von Verboten von Werbeelementen zulässig sind (z. B. zum Nikotingehalt und Informationen über Aromen) und iii) die Grenzwerte für die Tankgröße betreffen.

Die Anwendung von Artikel 20 Absatz 5 – Verbot kommerzieller Kommunikation und Sponsoring, um elektronische Zigaretten zu fördern – stellt nach wie vor eine Herausforderung dar, insbesondere bei Diensten der Informationsgesellschaft und in den sozialen Medien, wo junge Menschen diesen besonders ausgesetzt sind bzw. gezielt angesprochen werden.

Hinsichtlich der Meldung von Tätigkeiten zur Marktüberwachung sind die Mitgliedstaaten rechtlich verpflichtet, gefährliche elektronische Zigaretten, mitgelieferte Ladegeräte und Nachfüllbehälter im Schnellwarnsystem „Safety Gate“/RAPEX zu melden, und auch, welche Maßnahmen dagegen ergriffen wurden. Das Informations- und Kommunikationssystem für die Marktüberwachung (ICSMS) steht den Behörden auch für den Austausch von Informationen über nicht konforme Produkte zur Verfügung. Diese Instrumente werden durch die Mitgliedstaaten jedoch recht uneinheitlich genutzt.

Im Jahr 2019 kamen weltweit Sicherheitsbedenken im Zusammenhang mit elektronischen Zigaretten auf, als die sogenannten „EVALI-Fälle“ (mit elektronischen Zigaretten oder mit Produkten zum Dampfen verbundene Lungenschädigungen) in den USA stark anstiegen. 56 Diese Fälle wurden inzwischen mit elektronischen Flüssigkeiten in Verbindung gebracht, die Cannabis-Extrakt und/oder Vitamin-E-Acetat enthalten. In den EU-Ländern wurde diese Entwicklung nicht verzeichnet, was sich zum Teil auf die Besonderheiten der Regulierung von elektronischen Zigaretten im Rahmen der Richtlinie – insbesondere auf Beschränkungen für Zusatzstoffe, wie das Verbot von Vitaminen in nikotinhaltigen Flüssigkeiten – zurückführen ließe. Diese Ereignisse zeigen, dass die toxikologischen Auswirkungen der erhitzten und inhalierten Formen von Inhaltsstoffen sowohl nikotinhaltiger als auch (bisher nicht regulierter) nikotinfreier elektronischer Zigaretten besonders hervorzuheben sind. In der Richtlinie ist auch eine Nikotinkonzentration von maximal 20 mg/ml festgelegt. Dieser Aspekt wurde generell auch umgesetzt, obwohl sich die Nikotinaufnahme pro Zug dadurch, dass die Industrie technische Besonderheiten einsetzt, erhöhen kann.

Seitens der Industrie werden elektronische Zigaretten als Produkte mit geringerem Risiko dargestellt und es wird behauptet, dass sie Rauchern dabei helfen, das Rauchen aufzugeben. Jedoch sind sie unter jungen Menschen auf besorgniserregende Weise zunehmend populär. 57 Es gibt deutliche Belege dafür, dass Aromen in elektronischen Flüssigkeiten für Jugendliche und Erwachsene attraktiv sind. Vor allem junge Menschen verwenden ungewöhnliche Aromen wie die von Süßigkeiten und Früchten. 4   58 Durch diese Aromen werden junge Menschen stark beeinflusst, da die Wahrnehmung der Schädlichkeit verringert und der Wunsch, das Produkt zu probieren, verstärkt wird. 59 Die Mitgliedstaaten verbieten zunehmend Aromen für elektronische Zigaretten.

Die Meinungen über die tatsächlichen gesundheitlichen Auswirkungen von elektronischen Zigaretten gehen auseinander und reichen von schädlich bis zu schadensverringernd für die Person im Vergleich zu herkömmlichen Rauchtabakerzeugnissen. Da ein wissenschaftlicher Konsens erst noch erzielt werden muss, gilt das Vorsorgeprinzip, und die Richtlinie verfolgt bei der Regulierung dieser Produkte einen umsichtigen Ansatz 60 . Die WHO kam ferner zu dem Schluss, dass es keine stichhaltigen Beweise für die sichere Verwendung von elektronischen Zigaretten gibt, sich die Anzeichen für Schäden jedoch häufen. 61 Darüber hinaus gibt es Bedenken hinsichtlich der zunehmenden Nutzung in Innenräumen 62 und der damit verbundenen potenziellen Schäden.

Um besser verstehen zu können, welche gesundheitlichen Auswirkungen mit elektronischen Zigaretten verbunden sind, und welche Dimension sie in Bezug auf die öffentliche Gesundheit einnehmen, hat die Kommission den Wissenschaftlichen Ausschuss „Gesundheits- und Umweltrisiken“ (SCHEER) beauftragt, die gesundheitlichen Auswirkungen der Verwendung von elektronischen Zigaretten und ihre Rolle bei der Bestärkung der Menschen, mit dem Rauchen zu beginnen oder aufzuhören, zu untersuchen. Für Nutzer elektronischer Zigaretten fand man moderate Hinweise auf Risiken einer lokalen Reizschädigung der Atemwege und moderate, aber zunehmende Hinweise aus Humandaten, die darauf hindeuten, dass elektronische Zigaretten schädliche Auswirkungen auf die Gesundheit haben – insbesondere, aber nicht ausschließlich auf das Herz-Kreislauf-System. Außerdem fand der Ausschuss schwache bis moderate Hinweise auf Risiken einer Karzinogenität in den Atemwegen, die auf eine lang anhaltende, kumulative Exposition gegenüber Nitrosaminen und auf die Exposition gegenüber Acetaldehyd und Formaldehyd zurückzuführen sind, und gelangte zu dem Schluss, dass es starke Hinweise auf Vergiftungs- und Verletzungsrisiken durch Verbrennungen und Explosionen gibt. Der Ausschuss stellte auch schwache bis moderate Hinweise auf mehrere Risiken im Zusammenhang mit passivem Konsum fest. Insgesamt gibt es moderate Hinweise darauf, dass elektronische Zigaretten bei jungen Menschen den Einstieg zum Rauchen öffnen, und starke Hinweise darauf, dass Aromen signifikant zur Attraktivität der Verwendung elektronischer Zigaretten und zum Einstieg beitragen. Dagegen gibt es nur wenige Hinweise, die die Wirksamkeit von elektronischen Zigaretten bei dem Versuch, das Rauchen einzustellen, untermauern, während die Hinweise auf eine Verringerung des Rauchens als schwach bis moderat eingeschätzt werden. 59  

8.1.Schlussfolgerungen zu elektronischen Zigaretten und Nachfüllbehältern

Elektronische Zigaretten enthalten Nikotin – einen toxischen Stoff. Die Kommission wird ihre Risikomanagemententscheidungen in Bezug auf elektronische Zigaretten auf das wissenschaftliche Gutachten des SCHEER stützen. In dem Gutachten des SCHEER wurden die gesundheitlichen Folgen von elektronischen Zigaretten und ihre wichtige Rolle beim Einstieg ins Rauchen hervorgehoben. Das Gutachten untermauert den bislang verfolgten umsichtigen Ansatz und die Anwendung des Vorsorgeprinzips.

Es sollte jedoch geprüft werden, ob einige Bestimmungen weiterentwickelt oder präzisiert werden könnten, wie beispielsweise zur Tankgröße oder zu Kennzeichnungsanforderungen; Verwendung von Aromen; Verwendung nikotinfreier Flüssigkeiten und Werbevorschriften.

Soweit elektronische Zigaretten Rauchentwöhnungshilfen sind, sollte ihre Regulierung den Arzneimittelvorschriften folgen.

9.Pflanzliche Raucherzeugnisse (Artikel 21 und 22)

Pflanzliche Raucherzeugnisse wurden neu in die Richtlinie aufgenommen. Dazu gehören Erzeugnisse auf der Grundlage von Pflanzen, Früchten oder Blüten, die ohne Tabak mittels eines Verbrennungsprozesses konsumiert werden können. Die Bestimmungen der Richtlinie ergänzen andere einschlägige Gesetzesrahmen und regeln als solche nicht die Arten von Pflanzen, Kräutern oder Früchten, die in pflanzlichen Raucherzeugnissen enthalten sind. Im EU-CEG gibt es mehr als 1600 aktive Produktpräsentationen, von denen die meisten mit Cannabisprodukten für das Rauchen in Verbindung gebracht werden könnten. Es bestehen Bedenken hinsichtlich der Erkenntnis, dass einige Cannabidiol (CBD)-Produkte auch Tetrahydrocannabinol (THC) enthalten können 63 , das gemäß dem Übereinkommen der Vereinten Nationen von 1971 über psychotrope Stoffe kontrolliert wird, dem alle Mitgliedstaaten beigetreten sind 64 . Die Eurobarometer-Umfrage von 2020 ergab, dass 8 % der Europäerinnen und Europäer in den letzten 12 Monaten Produkte konsumiert haben, die Cannabis enthalten, am häufigsten durch Rauchen mit Tabak.4 Mit der Entkriminalisierung bestimmter Formen von Cannabis in einigen EU-Ländern und einigen anderen Ländern der Welt ist das Interesse an diesen Produkten gestiegen.

In der derzeitigen Definition pflanzlicher Raucherzeugnisse sind bestimmte neue Produkte, die auf den Markt gelangt sind, nicht enthalten, wie z. B. CBD enthaltende Cannabis-Extrakte und -Öle, die insbesondere in elektronischen Zigaretten (mit oder ohne Nikotin) verwendet werden. In Bezug auf die Richtlinie mangelt es an Klarheit bei der Regulierung von Cannabis-Extrakten oder synthetischem CBD in elektronischen Flüssigkeiten.

9.1.Schlussfolgerungen zu pflanzlichen Raucherzeugnissen

Die Artikel 21 und 22 der Richtlinie wurden EU-weit generell umgesetzt, wobei die Mitgliedstaaten einige Probleme im Zusammenhang mit den Kennzeichnungsvorschriften meldeten 15 . Sie berichteten auch über eine gute Einhaltung der Meldepflichten in Bezug auf Inhaltsstoffe. Eine große Herausforderung besteht jedoch in der Sicherstellung seitens der zuständigen Behörden, dass alle relevanten Produkte an das EU-CEG übermittelt werden. Gleichwohl sind Cannabis-Extrakte derzeit auf nationaler Ebene geregelt.

10. Besondere Berücksichtigung anderer Arten von Erzeugnissen und Kategorien, einschließlich Marktentwicklungen und wesentlicher Änderungen der Umstände

10.1.Wasserpfeifentabak, Slim-Zigaretten und andere Produktkategorien

Nach Artikel 28 der Richtlinie ist die Kommission beauftragt, sich auch speziell mit Wasserpfeifentabak und Slim-Zigaretten zu befassen, für die sie eine spezifische Studie in Auftrag gab 6 . Es wurde über unterschiedliche Erfahrungen bei der Umsetzung der Bestimmungen für Slim-Zigaretten, Wasserpfeifentabak und Zigarillos berichtet. Die meisten Mitgliedstaaten schreiben keine bildlichen Warnhinweise für Zigarillos vor, die oft durch niedrigere Preise oder Merkmale, die in Zigaretten verboten sind, wie z. B. Geschmackskapseln, auf Zigarettenkonsumenten abzielen. Wasserpfeifentabak wird häufig in bestimmten Räumlichkeiten konsumiert, z. B. in Shisha-Lounges, wo es für die Konsumenten keine gesundheitsbezogenen Warnhinweise und Bilder zu sehen gibt. Ein weiteres Problem in Bezug auf Wasserpfeifentabak und Zigarillos ist die Verwendung von Aromen und deren Attraktivität für junge Menschen.

Der Wasserpfeifenmarkt ist ein bedeutender Markt in der EU 65 , und einige EU-Länder haben extrem hohe Prävalenzraten bei der Verwendung von Wasserpfeifentabak unter Jugendlichen 66 . Der Markt für Slim-Zigaretten ist seit 2000 rückläufig, aber das Absatzvolumen ist in mehreren osteuropäischen Mitgliedstaaten gestiegen. 6 Slim-Zigaretten werden mehr von Frauen (10 %) als von Männern (2 %) geraucht.

Es gibt Hinweise darauf, dass die mit Wasserpfeifentabak verbundenen Risiken unterschätzt werden. 67 Die Verwendung von Aromen ist eng mit Wasserpfeifentabak verbunden, und der Begriff „angenehme Aromen“ wurde am häufigsten mit diesen Erzeugnissen in Verbindung gebracht. 6 Manche Menschen können auch die Risiken im Zusammenhang mit der Verwendung von Slim-Zigaretten unterschätzen. 68 Laut Eurobarometer 2017 sprachen 18 % der Befragten Slim-Zigaretten eine Attraktivität zu. Allerdings sind Konnotationen mit Weiblichkeit weniger tief verwurzelt. 6  

Im Berichtszeitraum wurde das Verbot von Tabak zum oralen Gebrauch (Snus) eindeutig umgangen, da außerhalb Schwedens viele snusartige Erzeugnisse als Kautabak präsentiert wurden, um einen legalen Status zu erlangen. Gesetzeslücken in Bezug auf Kaubeutel und neu entstehende Nikotinbeutel wurden deutlich.

10.2.Klausel über eine wesentliche Änderung der Umstände (Artikel 2 Absatz 28, Artikel 7 Absatz 12, Artikel 11 Absatz 6)

In der Richtlinie sind Kriterien für eine „wesentliche Änderung der Umstände“ festgelegt 69 und die Kommission ist aufgefordert, bestimmte regulatorische Ausnahmen zurückzunehmen, sobald diese Bedingungen erfüllt sind (ein Verbot von Aromen für Erzeugnisse, die nicht in die Kategorie Zigaretten und Tabak zum Selbstdrehen fallen, oder Ausnahmen in Bezug auf die Kennzeichnung). Die Kommission hat die Marktanteile genau verfolgt, und keine Produktkategorie erreichte den Schwellenwert, der die Kommission verpflichten würde, diese Klausel im Berichtszeitraum anzuwenden. Erhitzte Tabakerzeugnisse liegen diesem Schwellenwert am nächsten 70 . Daher sollte erwogen werden, die derzeitigen Kriterien zu bewerten.

10.3.Sonstige Erwägungen

Die Richtlinie hat die Finanzierung einiger Maßnahmen zur Eindämmung des Tabakkonsums durch Gebühren ermöglicht, und einige Mitgliedstaaten haben damit begonnen, diese Option zu nutzen. Es sollte weiter untersucht werden, wie Maßnahmen zur Eindämmung des Tabakkonsums vollständig durch Gebühren finanziert werden können. Die Richtlinie enthält keine Bestimmungen über die Haftung der Tabakindustrie für die gesundheitlichen Auswirkungen und Gesundheitskosten, die durch Tabakerzeugnisse und verwandte Erzeugnisse verursacht werden. Im Einklang mit Artikel 19 des FCTC 71 könnte die EU jedoch bei der nächsten Überprüfung der Richtlinie untersuchen, durch welche Optionen die Haftung der Tabakhersteller erweitert werden könnte.

11. Schlussfolgerungen

Durch die Richtlinie wurde die Eindämmung des Tabakkonsums verbessert, und ihre Gültigkeit wurde in Gerichtsurteilen bestätigt. Durch sie wurden Vorschriften verschärft, z. B. in Bezug auf erweiterte kombinierte gesundheitsbezogene Warnhinweise, das Rückverfolgungssystem, das Verbot charakteristischer Aromen, die Datenbank über Inhaltsstoffe und die Regulierung elektronischer Zigaretten, die alle Teil einer umfassenden EU-Strategie zur Eindämmung des Tabakkonsums geworden sind. Mit der Richtlinie wurde das in der Folgenabschätzung festgelegte Reduktionsziel von 2 % erreicht, wobei die Verbreitung des Rauchens unter den Jugendlichen zurückgegangen ist. Mit der Richtlinie wurden auch die einschlägigen Bestimmungen des FCTC der WHO umgesetzt.

In der Studie, auf dessen Belege sich dieser Bericht stützt, wurde der Schluss gezogen, dass die Richtlinie zur Verbesserung der öffentlichen Gesundheit beigetragen hat. Die Richtlinie bietet einen Mehrwert, und die Mitgliedstaaten hätten jeder für sich allein nicht die gleichen Ziele erreichen können. Im Allgemeinen wurde die Richtlinie als in sich konsistent erachtet, doch aufgrund der Marktentwicklungen gibt es in bestimmten wesentlichen Bereichen noch Raum für Verbesserungen. Es gibt Unterschiede bei der Übereinstimmung der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften mit der Richtlinie und ihrer harmonisierten Anwendung. Vielen Mitgliedstaaten fehlt es an entsprechenden Ressourcen für die Durchsetzung. Die neuen funktionalen Systeme (EU-CEG, unabhängiges Beratergremium, Rückverfolgbarkeit) sind relativ ressourcenintensiv.

Die anhaltend hohen Raucherzahlen, die hohe Zahl junger Menschen, die mit dem Rauchen beginnen, das Ziel der WHO, den Tabakkonsum bis 2025 um 30 % im Vergleich zu 2010 zu senken 7 , sowie das Ziel von Europas Plan gegen den Krebs, bis 2040 eine rauchfreie Generation zu erreichen, sollten bei der Bewertung des EU-Rahmens für Tabak und verwandte Erzeugnisse gebührend berücksichtigt werden.

(1)

  Richtlinie 2014/40/EU .  

(2)

Trotz des Austritts aus der EU und des Ablaufs des Übergangszeitraums am 31. Dezember 2020 wird das Vereinigte Königreich für die Zwecke dieses Berichts immer noch als Mitgliedstaat betrachtet und bezeichnet. Dies ermöglicht eine angemessene Bewertung der Entwicklungen im Hinblick auf die in der Folgenabschätzung zu einer Überarbeitung der Richtlinie festgelegten Ziele. Darüber hinaus wird die Richtlinie auch in den Jahren nach 2020 in Nordirland gelten.

(3)

Folgenabschätzung zur Richtlinie: https://ec.europa.eu/health/sites/health/files/tobacco/docs/com_2012_788_summary_ia_de.pdf  

(4)

Sofern nicht anders angegeben, stammen alle Daten zur Verbreitung und Nutzung aus Special Eurobarometer 506 – Attitudes of Europeans towards tobacco and electronic cigarettes (Eurobarometer 2020).

(5)

Hauptsächlich durch einen Rückgang der Verbreitungsrate bei Männern von 30 % auf 26 %, während diese Rate bei Frauen von 22 % auf 21 % nur leicht zurückging.

(6)

LSE und Open Evidence, „Consumer preference and perception of specific categories of tobacco and related products“ (LSE 2020).

(7)

 Das Ziel wurde im Rahmen des Global action plan for the prevention and control of NCDs 2013-2020 festgelegt.

(8)

  Durchführungsbeschluss (EU) 2015/2186 der Kommission . Durchführungsbeschluss (EU) 2016/787 der Kommission .

Durchführungsverordnung (EU) 2016/779 der Kommission; ; Durchführungsbeschluss (EU) 2016/786 der Kommission .

Durchführungsbeschluss (EU) 2015/1735 der Kommission . Durchführungsbeschluss (EU) 2015/1842 der Kommission .

Durchführungsverordnung (EU) 2018/574 der Kommission; ; Durchführungsbeschluss (EU) 2018/576 der Kommission .

Durchführungsbeschluss (EU) 2015/2183 der Kommission . Durchführungsbeschluss (EU) 2016/586 der Kommission .

(9)

  Delegierte Richtlinie 2014/109/EU der Kommission . Delegierte Verordnung (EU) 2018/573 der Kommission .

(10)

  COM/2016/0269 final ; COM/2018/579 final .

(11)

Inhaltsstoffe, Kennzeichnung und Verpackung, neuartige Tabakerzeugnisse, elektronische Zigaretten, Tabak zum oralen Gebrauch (Snus) sowie Rückverfolgbarkeit und Sicherheitsmerkmale.

(12)

Einige Begriffsbestimmungen könnten verbessert werden, z. B. von folgenden Bezeichnungen: neuartige Tabakerzeugnisse, Zusatzstoffe, Aromastoff/Aroma, charakteristisches Aroma, Nikotin, Kautabak, Schnupftabak und Tabak zum oralen Gebrauch, pflanzliches Raucherzeugnis, elektronische Zigarette und grenzüberschreitender Fernabsatz. Darüber hinaus sind folgende Aspekte von Bedeutung: die Abschaffung kombinierter Kategorien (rauchlos); die Festlegung neuer Produktkategorien (z. B. erhitzte Tabakerzeugnisse, Nikotinerzeugnisse) und die Einbeziehung von Geräten, die mit bestimmten Produkten verwendet werden (z. B. bei erhitzten Tabakerzeugnissen).

(13)

  Beschluss C(2014) 3509 der Kommission zur Einsetzung einer Expertengruppe für Tabakpolitik .

(14)

  ABl. C 136 vom 12.4.2019 , S. 13.

(15)

Studie zur Unterstützung des Berichts über die Anwendung der Richtlinie 2014/40/EU (ICF 2021).

(16)

  https://ec.europa.eu/health/tobacco/key_documents_de#anchor3

(17)

Siehe Mitteilungen nach Artikel 24 Absatz 3 der Richtlinie : https://ec.europa.eu/health/tobacco/products/notifications_de .

(18)

Zur Beschreibung des Verfahrens siehe: https://ec.europa.eu/growth/tools-databases/tris/de/about-the-20151535/the-notification-procedure-in-brief1/ .

(19)

Im Rahmen des FCTC befasste sich die Arbeitsgruppe zu den Artikeln 9 und 10 des FCTC (Regelung bezüglich der Inhaltsstoffe von Tabakerzeugnissen und Bekanntgabe von Angaben über Tabakerzeugnisse), in der die EU eine treibende Kraft ist, mit den Verfahren. Diese Verfahren wurden auch vom „Tobacco Laboratory Network“ der WHO (TobLabNet) weiterentwickelt. Allerdings bestand zwischen den Vertragsparteien des FCTC kein Einvernehmen darüber, eines der Emissionsmessverfahren für die Aufnahme in die einschlägigen FCTC-Leitlinien zu genehmigen.

(20)

Es gibt zwei Ansätze, die üblicherweise für die Messung von Teer, Nikotin und Kohlenmonoxid angewendet werden: die auf das Rauchen bezogene Regelung der Internationalen Organisation für Normung (ISO 3308) (Zugvolumen 35 ml, Zugdauer 2 s, Zugintervall 60 s) und die auf das Rauchen bezogene Regelung Health Canada Intense (HCI) (Zugvolumen 55 ml, Zugdauer 2 s, Zugintervall 30 s). Aufgrund der unterschiedlichen Parameter werden im HCI-System systematisch höhere Teer-, Nikotin- und Kohlenmonixidmengen gemessen (Erfassung von 110 ml Zugvolumen pro Minute) als beim ISO-Verfahren (Erfassung von 35 ml Zugvolumen pro Minute).

(21)

Einer der Faktoren, die die tatsächliche individuelle Exposition der Rauchenden beeinflussen, ist die Ventilationskapazität des Filters, ein technisches Element zur Verdünnung des inhalierten Rauchs. Das liegt daran, dass Rauchende beim Rauchen ihrer Zigarette in der Regel einige Ventilationskanäle verdecken. Um die Transparenz in Bezug auf die Merkmale von Produkten auf dem EU-Markt zu verbessern, sind Hersteller und Importeure verpflichtet, eine Reihe von zigarettenspezifischen Parametern zu melden, die bei ihrer Auslegung in Verbindung mit Emissionsmessungen zu berücksichtigen sind: die Gesamtventilationskapazität des Filters (0-100 %), den Druckabfall bei verschlossenen Ventilationskanälen (mm H2O) und den Druckabfall bei offenen Ventilationskanälen (mm H2O). Diese Daten stehen den Mitgliedstaaten für eine solche Analyse zur Verfügung und sollten eine unvoreingenommene Produktprüfung ermöglichen, ohne dass der derzeitige Verweis der Richtlinie auf die ISO-Verfahren geändert werden muss.

(22)

https://ec.europa.eu/health/sites/health/files/tobacco/docs/approved_laboratories_en.pdf

(23)

Bisher haben über 5500 Wirtschaftsteilnehmer eine Übermittler-ID beantragt. Rund 2400 haben Angaben zu ihren Produkten übermittelt (derzeit sind mehr als 42 000 tabakhaltige und 300 000 elektronische Zigaretten im EU-CEG-System erfasst).

(24)

Durch diese Gemeinsame Maßnahme ( http://jaotc.eu/ ) wurden 25 Mitgliedstaaten vereint, um zur Umsetzung der Richtlinie beizutragen. Die Kosten betragen 2,5 Mio. EUR (davon hat die EU 80 % beigetragen).

(25)

 Siehe auch Europas Plan gegen den Krebs S. 9.

(26)

  Durchführungsbeschluss (EU) 2016/787 der Kommission .

(27)

 SCENIHR: Additives used in tobacco products. 25. Januar 2016 http://ec.europa.eu/health/scientific_committees/emerging/opinions/index_en.htm  

(28)

Diese Mängel betrafen spezifische Aspekte, die in Artikel 6 Absätze 2 und 3 aufgeführt sind, sowie die Vollständigkeit, Methodik und Schlussfolgerungen der durchgeführten Studien (Artikel 6 Absatz 4).

(29)

  Durchführungsbeschluss (EU) 2015/1735 der Kommission .

(30)

  Durchführungsbeschluss (EU) 2015/1842 der Kommission .

(31)

  Delegierte Richtlinie 2014/109/EU der Kommission .

(32)

  Richtlinie 2001/37/EG .

(33)

Siehe den Verweis in Kapitel 2.3.

(34)

Im Jahr 2017 erläuterte die Kommission der Expertengruppe für Tabakpolitik, dass sie Artikel 9 Absatz 3 als ein Verbot von schlanken quaderförmigen Verpackungen mit einer Tiefe von weniger als 20 mm betrachte.

(35)

Im Jahr 2015 legte die GD SANTE ein Non-Paper zur Erörterung in der Expertengruppe für Tabakpolitik vor, in dem sie ihren Standpunkt zu Erwägungsgrund 28 und zu der Frage erläuterte, wie abgeschrägte oder abgerundete Kanten bei den Flächenberechnungen berücksichtigt werden sollten.

(36)

Insbesondere die Anforderung an den Mindestinhalt von Zigarettenpackungen (20 Zigaretten) und Tabak zum Selbstdrehen (30 g).

(37)

Im Juni 2020 beendete eine wegweisende WTO-Entscheidung die langwierigen rechtlichen Anfechtungen gegen das australische Gesetz über Einheitsverpackungen. Darin wurde bestätigt, dass Einheitsverpackungen das Ziel der Verbesserung der öffentlichen Gesundheit unterstützen, ohne den Handel mehr als notwendig zu beschränken, und dass Markenbeschränkungen, die sich aus Einheitsverpackungen ergeben, gerechtfertigt sind, da sie dem Ziel der öffentlichen Gesundheit dienen.

(38)

  Durchführungsverordnung (EU) 2018/574 der Kommission , Delegierte Verordnung (EU) 2018/573 der Kommission , Durchführungsbeschluss (EU) 2018/576 der Kommission .

(39)

Im Bedarfsfall können die Konzeption des Rückverfolgbarkeitssystems und die darin angewandten technischen Lösungen auf andere Bereiche ausgeweitet werden, die strengere regulatorische Kontrollen der Lieferkette erfordern.

(40)

Diese Maßnahmen umfassen: a) die unabhängigen Ausgabestellen für die Erkennungsmerkmale, b) die Installation von Vorrichtungen zum Schutz vor Manipulation an den Produktionslinien, c) den allgemeinen Ausschluss der Industrie von der Abfrage der Rückverfolgungsdaten, d) die Überprüfung der Anbieter primärer Repositories und ihrer Prüfer durch die Kommission, e) vorab festgelegte Unabhängigkeitskriterien, die für alle wichtigen Drittanbieter von IT-Lösungen gelten, f) eine Kopie aller im sekundären Repository gespeicherten Daten und g) einen Echtzeit-Datenzugang der zuständigen Behörden.

(41)

Diese Entwicklungen stellen eine deutliche Verbesserung gegenüber den früheren Systemen dar, die von der Industrie im Rahmen der Betrugsbekämpfungsabkommen, die zwischen der Kommission und den wichtigsten Tabakherstellern im Zeitraum 2004–2010 geschlossen wurden, entwickelt wurden.

(42)

ICF 2021. Bei einer Testkaufaktion wurde deutlich, dass viele Einzelhändler in verschiedenen Mitgliedstaaten relativ schwache Kontrollen durchführen, die leicht von Käufern, deren Alter das vorgeschriebene Mindestalter unterschreitet, umgangen werden können: 80 % der überprüften Einzelhändler verwenden die Selbstauskunft als Altersüberprüfung, und das Alter wird am Lieferort nicht überprüft.

(43)

Die Richtlinie definiert diese Kategorie als Erzeugnisse, die nach dem 19. Mai 2014 in Verkehr gebracht werden und nicht unter eine andere Produktkategorie der Richtlinie fallen (d. h. Zigaretten, Tabak zum Selbstdrehen, Pfeifentabak, Wasserpfeifentabak, Zigarren, Zigarillos, Kautabak, Schnupftabak oder Tabak zum oralen Gebrauch).

(44)

Artikel 151 der Akte über den Beitritt Österreichs, Finnlands und Schwedens sieht für Schweden eine Ausnahme von dem Verbot vor.

(45)

EU-CEG-Daten. Insgesamt waren bis September 2020 fast 1000 aktive individuelle Erkennungsmerkmale für Tabakerzeugnisse im EU-CEG registriert. Aus den Daten geht auch ein stetiger EU-weiter Anstieg an Produkteinführungen hervor, die im EU-CEG registriert wurden, mit insgesamt fast 500 Neueinführungen allein im Jahr 2020. Diese Zahlen umfassen in den EU-Ländern eingeführte individuelle Erkennungsmerkmale. Wenn dasselbe Produkt in mehreren Ländern eingeführt wird, wird es nur einmal gezählt.

(46)

Euromonitor Passport.

(47)

LSE 2020. Untersuchungen innerhalb einer spezifischen Stichprobe in zwölf Mitgliedstaaten haben gezeigt, dass 31 % der jungen Befragten (im Alter von 18 bis 25 Jahren) Erfahrungen mit erhitzten Tabakerzeugnissen hatten. 8 % von ihnen waren aktuelle Nutzer. Interessanterweise war diese Zahl bei den über 26-Jährigen niedriger: nur 27 % hatten erhitzte Tabakerzeugnisse ausprobiert. Von den aktuellen Nutzern erhitzter Tabakerzeugnisse nutzten fast 60 % in beiden Altersgruppen die Produkte täglich.

(48)

LSE 2020. Was die Produktwahrnehmung betrifft, so waren 44 % der Befragten in beiden Altersgruppen der Ansicht, dass erhitzte Tabakerzeugnisse „ungesund“ seien, und weitere 77 % vertraten die Ansicht, dass junge Menschen die Risiken ihrer Verwendung unterschätzten.

(49)

LSE 2020. 85 % der Befragten in der Studie zur Produktwahrnehmung gaben an, neben erhitzten Tabakerzeugnissen auch andere Produkte zu verwenden.

(50)

WHO 2020. Heated tobacco products: a brief .

(51)

  Weltzollorganisation: „International Convention on the Harmonized Commodity Description and Coding System“ .

(52)

  Konferenz der Vertragsparteien des FCTC, Achte Tagung, 1.–6. Oktober2018 .  

(53)

Euromonitor Passport. Elektronische Zigaretten weisen eine beträchtliche Marktpräsenz auf: Die Daten aus dem Jahr 2019 zeigen, dass das Vereinigte Königreich hierfür der größte Markt ist (2417 Mio. EUR), gefolgt von Frankreich (847 Mio. EUR), Deutschland (673 Mio. EUR) und Polen.

(54)

Offene Systeme mit nachfüllbaren Tanks sind die beliebtesten, gefolgt von wiederaufladbaren Geräten mit austauschbaren Kartuschen. Während geschlossene Systeme die Möglichkeit der Manipulation des Geräts einschränken und Fehlverhalten verringern, ermöglichen offene Systeme eine unabhängige Dosierung und eine bedarfsgerechte Interoperabilität, die für die Nutzer den Weg zur Fahrlässigkeit öffnet.

(55)

  Durchführungsbeschluss (EU) 2015/2183 der Kommission , Durchführungsbeschluss (EU) 2016/586 der Kommission , COM(2016) 269 final .

(56)

CDC, „Outbreak of Lung Injury Associated with E-cigarette Use, or Vaping“, (Februar 2020) https://www.cdc.gov/tobacco/basic_information/e-cigarettes/severe-lung-disease.html .

(57)

LSE 2020. Die beiden Hauptgründe, die für die Verwendung von elektronischen Zigaretten genannt wurden, waren „Genuss“ und „Versuch, den Konsum eines Tabakerzeugnisses einzustellen oder ihn zu verringern“. Bei den über 26-Jährigen (54 %) war die Begründung, den Konsum einstellen oder reduzieren zu wollen, jedoch stärker vertreten als bei jungen Menschen im Alter von 18 bis 25 Jahren (33 %).

(58)

75 % der 15- bis 24-Jährigen verwenden mit Fruchtaromen und 30 % mit Süßigkeitsaromen versetzte elektronische Flüssigkeiten.

(59)

 SCHEER (2021), Opinion on electronic cigarettes .

(60)

Dieser Ansatz wurde in der Rechtssache 477/14 des EuGH bestätigt.

(61)

WHO (2015), „A systematic review of health effects of electronic cigarettes“ .

(62)

19-28 % der Europäerinnen und Europäer berichten, elektronischen Zigaretten oder erhitzten Tabakerzeugnissen in öffentlichen Räumen, in denen Menschen in der Regel nicht rauchen (z. B. in Einkaufszentren oder auf Flughäfen), und in gastronomischen Einrichtungen ausgesetzt zu sein.

(63)

EMCDDA 2019, „Developments in the European cannabis market“ , EMCDDA Papers.

(64)

  https://treaties.un.org/pages/ViewDetails.aspx?src=TREATY&mtdsg_no=VI-16&chapter=6#3  

(65)

LSE 2020. Allein auf Deutschland entfällt mehr als die Hälfte des EU-Marktes für Pfeifentabak, wobei das Absatzvolumen für Wasserpfeifentabak und Pfeifentabak im Jahr 2017 bei einem Wert von 368 Mio. EUR lag.

(66)

Jawad et al., „The prevalence and trends of waterpipe tobacco smoking: A systematic review“ , PLoS One, 2018.

(67)

LSE 2020. Obwohl die Verbraucher sowohl Tabak als auch Holzkohle ausgesetzt sind, wurde Wasserpfeifentabak als weniger schädlich empfunden als Zigaretten und erhitzte Tabakerzeugnisse.

(68)

7 % der Umfrageteilnehmer am Eurobarometer 458 (2017) bewerteten Slim-Zigaretten als weniger schädlich als herkömmliche Zigaretten.

(69)

Artikel 2 Absatz 28 enthält eine Reihe objektiver Kriterien für die Definition einer „wesentlichen Änderung der Umstände“.

(70)

Euromonitor Passport. Der Marktanteil von erhitzten Tabakerzeugnissen erreichte 2019 beinahe 2 %.

(71)

Nach Artikel 19 Absatz 1 des FCTC sind alle Vertragsparteien aufgefordert, zu erwägen, nötigenfalls gesetzgeberische Maßnahmen zu ergreifen oder ihre geltenden Gesetze weiterzuentwickeln, um die strafrechtliche Verantwortlichkeit und die zivilrechtliche Haftung, gegebenenfalls einschließlich eines Schadensersatzes, zu regeln.