EUROPÄISCHE KOMMISSION
Brüssel, den 14.10.2020
COM(2020) 667 final
MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN
Chemikalienstrategie für Nachhaltigkeit
Für eine schadstofffreie Umwelt
{SWD(2020) 225 final} - {SWD(2020) 247 final} - {SWD(2020) 248 final} - {SWD(2020) 249 final} - {SWD(2020) 250 final} - {SWD(2020) 251 final}
1.Nachhaltige Chemikalien für die ökologische und die digitale Wende
Mit dem europäischen Grünen Deal, der neuen Wachstumsstrategie der Europäischen Union, wurde die EU auf einen Kurs gebracht, der sie bis zum Jahr 2050 zu einer nachhaltigen, klimaneutralen Kreislaufwirtschaft machen soll. Er enthält außerdem das Ziel, im Rahmen eines ambitionierten Ansatzes zur Verringerung der Umweltverschmutzung aus allen Quellen und zum Übergang auf eine schadstofffreie Umwelt die Gesundheit des Menschen und die Umwelt besser zu schützen. Chemikalien sind in unserem Alltag allgegenwärtig und spielen bei den meisten unserer Tätigkeiten eine wesentliche Rolle. Sie sind praktisch in jedem Gegenstand vorhanden, mit dem wir unser Wohlergehen sicherstellen oder unsere Gesundheit und Sicherheit schützen, und sie begegnen neuen Herausforderungen durch Innovation. Darüber hinaus sind Chemikalien die Bausteine von CO2-armen, schadstofffreien sowie energie- und ressourceneffizienten Technologien, Werkstoffen und Produkten. Eine höhere Investitions- und Innovationskapazität der chemischen Industrie, durch die neue und nachhaltige Chemikalien bereitgestellt werden können, wird ausschlaggebend dafür sein, dass neue Lösungen und Unterstützung sowohl für die grüne als auch für die digitale Wende unserer Wirtschaft und Gesellschaft angeboten werden.
Gleichzeitig können Chemikalien mit gefährlichen Eigenschaften der menschlichen Gesundheit und der Umwelt schaden. Zwar sind nicht alle gefährlichen Chemikalien in gleichem Maße besorgniserregend, bestimmte Chemikalien sind allerdings krebserregend, schädigen das Immunsystem, die Atemwege, das Hormonsystem, das Fortpflanzungssystem oder das Herz-Kreislauf-System, schwächen die Widerstandskraft des Menschen und seine Fähigkeit, auf Impfstoffe zu reagieren, oder erhöhen die Krankheitsanfälligkeit.
Die Exposition gegenüber diesen schädlichen Chemikalien bedroht somit die Gesundheit des Menschen. Die Umweltverschmutzung durch Chemikalien ist zudem eine der wesentlichen Ursachen für die Gefährdung der Erde, da sie planetare Krisen wie den Klimawandel, die Zerstörung von Ökosystemen und den Verlust von Biodiversität beeinflusst und verstärkt. Neue Chemikalien und Werkstoffe müssen von der Herstellung bis zum Lebenszyklusende inhärent sicher und nachhaltig sein, während neue Herstellungsprozesse und ‑technologien eingesetzt werden müssen, damit der chemischen Industrie der Übergang zur Klimaneutralität gelingt.
Die EU hat bereits einen der umfassendsten und sichersten Regulierungsrahmen für Chemikalien, der sich auf die weltweit fortschrittlichste Wissensbasis stützt. Dieser Regulierungsrahmen dient zunehmend weltweit als Modell für Sicherheitsstandards. Der EU ist es unzweifelhaft gelungen, einen effizient funktionierenden Binnenmarkt für Chemikalien zu schaffen, die Risiken, die für Mensch und Umwelt von bestimmten gefährlichen Chemikalien wie Karzinogenen und Schwermetallen ausgehen, zu verringern und einen vorhersehbaren Rechtsrahmen für die Tätigkeit von Unternehmen bereitzustellen.
Fakten und Zahlen zu Chemikalien, zur chemischen Industrie und zum Chemikalienrecht
·2018 wurden weltweit Chemikalien im Wert von 3347 Mrd. EUR verkauft, wobei Europa zweitgrößter Hersteller war (Anteil an den Verkäufen: 16,9 %). Allerdings ist sein Anteil in den letzten 20 Jahren um die Hälfte zurückgegangen und dürfte Schätzungen zufolge bis 2030 weiter rückläufig sein, sodass Europa vom zweiten auf den dritten Rang zurückfallen dürfte.
·Die Chemikalienherstellung ist der viertgrößte Industriezweig in der EU. Hier sind 30 000 Unternehmen, davon 95 % KMU, tätig, in denen rund 1,2 Mio. Menschen direkt und 3,6 Mio. indirekt beschäftigt sind.
·Die EU verfügt über einen umfassenden Rechtsrahmen, der von rund 40 Rechtsakten gebildet wird, darunter die Verordnung zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH), die Verordnung über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen (CLP) sowie neben vielen anderen die Rechtsvorschriften über die Sicherheit von Spielzeug, Kosmetika, Biozidprodukten, Pflanzenschutzmitteln und Lebensmitteln, über Karzinogene bei der Arbeit sowie die Rechtsvorschriften über den Umweltschutz.
·Studien über Human-Biomonitoring in der EU deuten darauf hin, dass im menschlichen Blut und Körpergewebe zunehmend unterschiedliche gefährliche Chemikalien enthalten sind, darunter bestimmte Pestizide, Biozide, Arzneimittel, Schwermetalle, Weichmacher und Flammschutzmittel. Die pränatale kombinierte Exposition gegenüber mehreren Chemikalien hatte ein geringeres Embryonalwachstum und niedrigere Geburtenraten zur Folge.
·84 % der Europäer sind besorgt über die Auswirkungen von in Alltagsprodukten enthaltenen Chemikalien auf ihre Gesundheit, und 90 % sorgen sich über deren Umweltwirkung.
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Für die Entwicklung und den Einsatz von nachhaltigen Chemikalien, die die grüne und die digitale Wende ermöglichen, und zum Schutz der Umwelt und der menschlichen Gesundheit, insbesondere von gefährdeten Gruppen, ist mehr Innovation für die grüne Wende der Chemieindustrie und ihrer Wertschöpfungsketten erforderlich, und die derzeitige Chemikalienpolitik der EU muss weiterentwickelt werden und schneller und wirksamer auf die Herausforderungen reagieren, die mit gefährlichen Chemikalien verbunden sind. Dazu gehört sicherzustellen, dass alle Chemikalien sicherer und nachhaltiger eingesetzt werden, und dafür zu sorgen, dass Chemikalien mit chronischer Wirkung für die menschliche Gesundheit und die Umwelt – bedenkliche Stoffe – so wenig wie möglich verwendet und, soweit möglich, substituiert werden. Für nicht wesentliche gesellschaftliche Verwendungszwecke, insbesondere in Verbraucherprodukten, muss nach und nach auf die schädlichsten Chemikalien verzichtet werden.
Ein kohärenterer, vorhersehbarer und robusterer Regulierungsrahmen wird in Verbindung mit nicht regulierenden Anreizen die notwendige Innovation vorantreiben, für ein höheres Schutzniveau sorgen und gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen chemischen Industrie und ihrer Wertschöpfungsketten stärken. Um gleiche Ausgangsbedingungen für EU- und Nicht-EU-Akteure zu schaffen, muss die EU im Einklang mit ihren internationalen Verpflichtungen sicherstellen, dass ihre Vorschriften für Chemikalien sowohl intern als auch an den Grenzen vollständig durchgesetzt werden, und diese Vorschriften weltweit als Goldstandard fördern.
Die COVID-19-Pandemie war nicht nur ein weiterer Grund für die dringende Notwendigkeit, die Gesundheit von Mensch und Planeten zu schützen, sie hat auch deutlich gemacht, dass die Herstellungs- und Lieferketten für einige kritische Chemikalien, die beispielsweise für die Herstellung von Arzneimitteln benötigt werden, zunehmend komplex und globalisiert werden. Die EU muss ihre offene strategische Autonomie durch resiliente Wertschöpfungsketten stärken und die nachhaltigen Beschaffungsquellen für diejenigen Chemikalien diversifizieren, die wesentliche Verwendungszwecke für unsere Gesundheit und für die Verwirklichung einer klimaneutralen Kreislaufwirtschaft haben.
In der vorliegenden Strategie werden die Bereiche hervorgehoben, in denen die Kommission größere Fortschritte erzielen will. Dabei wird sie sich eng mit den Interessenträgern abstimmen, um diese Ziele im Rahmen strikter Folgenabschätzungsprozesse auf der Grundlage der umfangreichen Erkenntnisse zu verfeinern, die bereits zur Wirksamkeit der geltenden Rechtsvorschriften gewonnen wurden. Die Kommission wird ein Rundtischtreffen auf hohem Niveau mit Vertretern aus der Industrie, einschließlich KMU, von Hochschulen und aus der Zivilgesellschaft ins Leben rufen, um die Ziele der Strategie im Dialog mit den betroffenen Akteuren und Interessenträgern zu verwirklichen. Im Mittelpunkt der Diskussionen des Rundtischtreffens sollen namentlich die Fragen stehen, wie die Rechtsvorschriften über Chemikalien effizienter und wirksamer gestaltet werden können und wie die Entwicklung und Verbreitung innovativer sicherer und nachhaltiger Chemikalien in allen Sektoren gefördert werden kann.
2.Auf dem Weg zu einer schadstofffreien Umwelt: eine neue langfristige Vision für die Chemikalienpolitik der EU
Beinahe 20 Jahre nach dem ersten strategischen Konzept für das Chemikalienmanagement in Europa ist die Zeit für eine neue langfristige Vision für die Chemikalienpolitik der EU gekommen. Im Einklang mit dem europäischen Grünen Deal zielt die Strategie auf die Verwirklichung einer schadstofffreien Umwelt ab, was bedeutet, dass Chemikalien so hergestellt und verwendet werden, dass ihr Beitrag zur Gesellschaft – einschließlich zur Verwirklichung der grünen und der digitalen Wende – maximiert wird, ohne dem Planeten sowie derzeitigen und künftigen Generationen zu schaden. Die EU-Industrie soll sich bei der Herstellung und Verwendung von sicheren und nachhaltigen Chemikalien zu einem wettbewerbsfähigen, weltweiten Spitzenreiter entwickeln. In der Strategie werden ein klarer Fahrplan und Zeitplan für die Umstellung der Industrie mit dem Ziel vorgeschlagen, Investitionen zu mobilisieren und in sichere und nachhaltige Produkte und Herstellungsmethoden zu kanalisieren.
Abbildung: Die Hierarchie der Schadstofffreiheit – eine neue Hierarchie beim Chemikalienmanagement
Diese Strategie stellt die Weichen für die Umsetzung dieser Vision durch Maßnahmen zur Förderung innovativer Lösungen für sichere und nachhaltige Chemikalien, zur Verbesserung des Schutzes der menschlichen Gesundheit und der Umwelt, zur Vereinfachung und Stärkung des Rechtsrahmens für Chemikalien, zum Aufbau einer umfassenden Wissensbasis als Grundlage einer faktengestützten politischen Entscheidungsfindung und zur Übernahme einer weltweiten Vorbildfunktion für ein verantwortungsvolles Chemikalienmanagement.
2.1.Innovative Lösungen für sichere und nachhaltige Chemikalien in der EU
Der Übergang zu inhärent sicheren und nachhaltigen Chemikalien ist nicht nur eine dringende gesellschaftliche Notwendigkeit, sondern auch eine wichtige ökonomische Chance und ein Schlüsselelement für die Erholung der EU von der COVID-19-Krise. Angesichts der Entwicklungen in der weltweiten Chemikalienproduktion bietet dies der chemischen Industrie der EU die Chance, wieder wettbewerbsfähig zu werden, indem sie sichere und nachhaltige Chemikalien entwickelt und branchenübergreifende nachhaltige Lösungen anbietet, vor allem für Baustoffe, Textilien, CO2-arme Mobilität, Batterien, Windkraftanlagen und erneuerbare Energiequellen. Die Kommission sieht in ihrem Vorschlag zu ihrer Initiative „Next Generation EU“ mit ihrer Aufbau- und Resilienzfazilität vor, dass die EU-Mitgliedstaaten in Projekte investieren, die die grüne und die digitale Wende der EU-Industrie, einschließlich der chemischen Industrie, erleichtern und die Wettbewerbsfähigkeit einer nachhaltigen EU-Industrie stärken. Der Übergang zu nachhaltigen Chemikalien trägt darüber hinaus den sozioökonomischen Folgen Rechnung, wie den Auswirkungen auf die Beschäftigung in bestimmten Regionen und Branchen sowie auf die Beschäftigung bestimmten Arbeitnehmer.
2.1.1.Förderung von inhärent sicheren und nachhaltigen Chemikalien
Die EU verfügt über Pionierunternehmen und über die wissenschaftlichen und technischen Kapazitäten, um beim Übergang zu einem Konzept der inhärent sicheren und nachhaltigen Chemikalien („Safe-by-Design-“ und „Sustainable-by-Design“-Konzept) eine Führungsrolle zu übernehmen. Die Regulierungs- und Marktinitiativen sind weitgehend in Gang, die Substitution der schädlichsten Stoffe hat sich jedoch nicht in dem erwarteten Tempo vollzogen, und den Vorreitern stellen sich nach wie vor erhebliche wirtschaftliche und technische Hindernisse entgegen. Dieser Übergang bedarf vermehrter politischer und finanzieller Unterstützung sowie Beratung und Unterstützung, vor allem für KMU, und benötigt gemeinsame Anstrengungen aller: Behörden, Unternehmen, Investoren und Forscher.
Die Regulierungsinstrumente müssen genutzt werden, um die Herstellung und Verwendung von sicheren und nachhaltigen Chemikalien voranzutreiben und zu belohnen. Besonders wichtig sind Anreize für die Industrie, Innovationen zu priorisieren, durch die bedenkliche Stoffe weitestgehend substituiert werden können. Der Übergang zu inhärent sicheren und nachhaltigen Chemikalien, einschließlich nachhaltigen biobasierten Chemikalien, und Investitionen in die Erforschung von Alternativen für bedenkliche Stoffe sind für die Gesundheit des Menschen und für die Umwelt von entscheidender Bedeutung, aber auch eine wichtige Voraussetzung für die Verwirklichung einer sauberen Kreislaufwirtschaft.
INHÄRENT SICHER UND NACHHALTIG
Geplante Maßnahmen der Kommission:
·Erarbeitung von EU-Kriterien für inhärent sichere und nachhaltige Chemikalien;
·Einrichtung eines EU-weiten Unterstützungsnetzes für inhärente Sicherheit und Nachhaltigkeit zur Förderung der Zusammenarbeit und des Informationsaustauschs über Sektorgrenzen hinweg und entlang der Wertschöpfungskette sowie zur Bereitstellung von technischem Fachwissen über Alternativen;
·Gewährleistung von Entwicklung, Vermarktung, Einsatz und Verbreitung von inhärent sicheren und nachhaltigen Stoffen, Werkstoffen und Produkten durch Bereitstellung von finanzieller Unterstützung – insbesondere für KMU – im Rahmen von Horizont Europa, der Kohäsionspolitik und des Programms LIFE sowie durch andere einschlägige EU-Finanzierungs- und Investitionsprogramme und öffentlich-private Partnerschaften;
·Erfassung und Behebung von Defiziten bei Qualifikationen im Bereich inhärente Sicherheit und Nachhaltigkeit und von Kompetenzlücken und Gewährleistung eines angemessenen Qualifikationsangebots auf allen Ebenen – auch bei der Berufsausbildung und in Hochschulstudiengängen, in Forschung und Industrie sowie in Regulierungsbehörden;
·Festlegung zentraler Leistungsindikatoren in enger Zusammenarbeit mit den Interessenträgern, um die Fortschritte der Industrie beim Übergang zur Herstellung von sicheren und nachhaltigen Chemikalien zu messen;
·Sicherstellung, dass die Rechtsvorschriften über Industrieemissionen die Verwendung von sichereren Chemikalien durch die Industrie in der EU fördern, indem sie Vor-Ort-Risikobewertungen vorschreiben und die Verwendung von besonders besorgniserregenden Stoffen beschränken.
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2.1.2.Verwirklichung von sicheren Produkten und schadstofffreien Werkstoffkreisläufen
In einer sauberen Kreislaufwirtschaft ist es unerlässlich, die Herstellung und den Einsatz von Sekundärrohstoffen zu fördern und dafür zu sorgen, dass sowohl Primär- als auch Sekundärwerkstoffe und -produkte stets sicher sind. Der vor Kurzem angenommene Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft hat deutlich gemacht, dass hierfür eine Kombination aus vorgelagerten Maßnahmen, die sicherstellen, dass Produkte inhärent sicher und nachhaltig sind, und nachgelagerten Maßnahmen, die die Sicherheit von und das Vertrauen in recycelte Werkstoffe und Produkte erhöhen, erforderlich ist. Die Schaffung eines gut funktionierenden Markts für Sekundärrohstoffe und der Übergang zu sichereren Werkstoffen und Produkten werden allerdings durch verschiedene Probleme verlangsamt, insbesondere durch den Mangel an adäquaten Angaben zu den in Produkten enthaltenen Chemikalien. Die Verbraucher, die Akteure der Wertschöpfungskette und die Abfallentsorgungsunternehmen können deswegen keine sachkundigen Entscheidungen treffen.
Um auf schadstofffreie Werkstoffkreisläufe und sauberes Recycling umzusteigen und sicherzustellen, dass „in der EU recycelt“ weltweit zu einem Maßstab wird, muss dafür gesorgt werden, dass der Gehalt von bedenklichen Stoffen in Produkten und Rezyklaten auf ein Minimum reduziert wird. Grundsätzlich sollte für Frischmaterial und für Rezyklate derselbe Grenzwert für gefährliche Stoffe gelten. Es können allerdings außergewöhnliche Umstände vorliegen, die eine Ausnahme von diesem Grundsatz erforderlich machen können. Diese wäre an die Bedingung geknüpft, dass die Verwendung von Rezyklat auf eindeutig festgelegte Anwendungen beschränkt ist, bei denen es keine negativen Auswirkungen auf die Verbrauchergesundheit und die Umwelt gibt, und bei denen auf der Grundlage einer Einzelfallprüfung die Verwendung von Rezyklat statt Frischmaterial gerechtfertigt ist.
Regulierende Maßnahmen müssen Hand in Hand gehen mit höheren Investitionen in innovative Technologien, mit denen gegen Altschadstoffe in Abfallströmen vorgegangen werden kann, sodass wiederum mehr Abfälle recycelt werden könnten. Dies ist bei bestimmten Kunststoffen und Textilien besonders wichtig. Zu diesem Zweck müssen nachhaltige Innovationen und Technologien entwickelt werden. Auch Technologien wie chemisches Recycling könnten eine Rolle spielen, aber nur dann, wenn sie auf den Lebenszyklus bezogen eine insgesamt positive Umwelt- und Klimaleistung gewährleisten.
SCHADSTOFFFREIE WERKSTOFFKREISLÄUFE
Geplante Maßnahmen der Kommission:
·Minimierung der Präsenz bedenklicher Stoffe in Produkten durch die Einführung von Anforderungen, auch im Rahmen der Initiative für eine nachhaltige Produktpolitik, bei denen diejenigen Produktkategorien priorisiert werden, die gefährdete Bevölkerungsgruppen betreffen, bzw. diejenigen mit dem höchsten Kreislaufpotenzial, wie Textilien, Verpackungen einschließlich Lebensmittelverpackungen, Möbel, Elektronik- und IKT-Geräte, Baustoffe und Gebäude;
·Gewährleistung der Verfügbarkeit von Angaben zu den enthaltenen Chemikalien und zur sicheren Verwendung durch die Aufstellung von Informationsanforderungen im Rahmen der Initiative für eine nachhaltige Produktpolitik und durch Verfolgung der Präsenz bedenklicher Stoffe während des Lebenszyklus von Werkstoffen und Produkten;
·Sicherstellung, dass Zulassungen und Ausnahmen von Beschränkungen für Rezyklate im Rahmen der REACH-Verordnung Ausnahmefälle darstellen und gerechtfertigt sind;
·Förderung von Investitionen in nachhaltige Innovationen, die geeignet sind, Abfallströme zu dekontaminieren, für mehr sicheres Recycling zu sorgen und die Ausfuhr von Abfällen, insbesondere von Kunststoffen und Textilien, zu verringern;
·Entwicklung von Methoden für die Risikobewertung von Chemikalien unter Berücksichtigung des gesamten Lebenszyklus von Stoffen, Werkstoffen und Produkten.
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2.1.3.Ökologisierung und Digitalisierung der Chemikalienherstellung
Die Chemikalienherstellung ist einer der umweltschädlichsten sowie energie- und ressourcenintensivsten Sektoren und eng mit anderen energieintensiven Sektoren und Verfahren verflochten. Zwar hat die europäische chemische Industrie bereits in verbesserte Fertigungsstätten investiert, für die grüne und die digitale Wende sind jedoch auch künftig erhebliche Investitionen in diesem Sektor erforderlich. Durch neuartige und sauberere industrielle Verfahren und Technologien ließe sich nicht nur der Umweltfußabdruck der Chemikalienherstellung verkleinern, es könnten auch Kosten gesenkt, die Marktfähigkeit verbessert und neue Märkte für die nachhaltige europäische Chemieindustrie geschaffen werden.
Im Einklang mit den ehrgeizigen Zielen des europäischen Grünen Deals muss Energieeffizienz Priorität eingeräumt werden. Kraftstoffe wie erneuerbarer Wasserstoff und nachhaltig erzeugtes Biomethan können eine entscheidende Rolle für die Nachhaltigkeit von Energiequellen spielen. Digitale Technologien – wie das Internet der Dinge, Big Data, künstliche Intelligenz, intelligente Sensoren und Robotertechnik – können ebenfalls einen wichtigen Beitrag zur Ökologisierung von Fertigungsprozessen leisten. Darüber hinaus können chemische Innovationen sektorübergreifende nachhaltige Lösungen liefern, um den gesamten Umweltfußabdruck von Fertigungsverfahren zu verringern.
Zusätzlich zur Rolle der Technologie können innovative Geschäftsmodelle eine wichtige Triebkraft für die grüne Wende der Branchen sein, die Chemikalien herstellen und verwenden. Die Gelegenheiten zur Umstellung von der traditionellen Herstellung und Verwendung von Chemikalien auf Chemikalien als Dienstleistung sollten erforscht und gefördert werden. Derartige Innovationen könnten sicherstellen, dass Fachwissen optimal genutzt wird und die Ressourceneffizienz während des gesamten Lebenszyklus gewährleistet ist, aber auch Impulse für ortsbezogene Innovation und die Einbeziehung von KMU geben. Die EU-Taxonomie für ein nachhaltiges Finanzwesen wird diese Entwicklungen unterstützen und dazu beizutragen, Finanzmittel in die Herstellung und Verwendung von ökologisch nachhaltigen Chemikalien zu lenken.
INNOVATIVE INDUSTRIEPRODUKTION
Über ihre Finanzinstrumente sowie Forschungs- und Innovationsprogramme wird die Kommission Folgendes unterstützen:
·Forschung und Entwicklung auf dem Gebiet der fortgeschrittenen Werkstoffe für Anwendungen in den Sektoren Energie, Bauwesen, Mobilität, Gesundheit, Landwirtschaft und Elektronik zur Verwirklichung der grünen und der digitalen Wende;
·Forschung, Entwicklung und Einsatz von CO2-armen und umweltschonenden Herstellungsverfahren für Chemikalien und Werkstoffe;
·Forschung und Entwicklung auf dem Gebiet innovativer Geschäftsmodelle wie leistungsbasierte Geschäftsmodelle, um eine effizientere Verwendung von Chemikalien und anderen Ressourcen zu gewährleisten und die Entstehung von Abfällen und Emissionen zu minimieren;
·Umschulung und Höherqualifizierung der an der Herstellung und Verwendung von Chemikalien beteiligten Arbeitskräfte mit Blick auf die grüne und die digitale Wende;
·Zugang zu Risikofinanzierung, insbesondere für KMU und Start-up-Unternehmen;
·Entwicklung und Verbreitung von Infrastruktur, die bei der Chemikalienherstellung den Umstieg auf die Nutzung, den Transport und die Speicherung von Strom aus erneuerbaren und/oder CO2-neutralen Energiequellen ermöglicht;
·Steigerung des derzeitigen Einsatzes von verfügbaren Technologien für Fertigungszwecke (z. B. Internet der Dinge, Big Data, künstliche Intelligenz, Automatisierung, intelligente Sensoren und Robotertechnik).
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2.1.4.Stärkung der offenen strategischen Autonomie der EU
In den vergangenen Jahrzehnten wurden die Herstellungs- und Lieferketten für einige kritische Chemikalien (z. B. Rohstoffe, Zwischenprodukte, pharmazeutische Wirkstoffe) zunehmend komplex und globalisiert. Die COVID-19-Pandemie hat deutlich gemacht, dass die geringe Zahl der Bezugsquellen für einige Chemikalien, die für wesentliche gesellschaftliche Anwendungen genutzt werden, ein Risiko beispielsweise für die Verfügbarkeit von Arzneimitteln und für die Fähigkeit der Union, auf Gesundheitskrisen zu reagieren, darstellen kann. Die Resilienz der EU gegenüber Versorgungsunterbrechungen ist nicht nur von zentraler Bedeutung, um die Verfügbarkeit von in Gesundheitsanwendungen verwendeten Chemikalien zu gewährleisten, sondern auch, um die übergeordneten Nachhaltigkeitsziele des europäischen Grünen Deals zu verwirklichen; dazu gehören auch Technologien für Klimaneutralität, wie Batterien, Windkraftanlagen und Fotovoltaik, für saubere Werkstoffkreisläufe und für die Null-Schadstoff-Ziele.
Voraussetzung für eine resilientere Wirtschaft und resilientere Gesundheitssysteme ist, dass die noch in der EU vorhandenen Produktionskapazitäten für Chemikalien einen Aufschwung erleben; weitere Voraussetzungen sind hinreichend diversifizierte Lieferquellen und ein besseres Management des Risikos von Störungen auf allen Ebenen, strategische Reserven und Lagerbestände sowie Mechanismen, die sicherstellen, dass Lieferketten im Falle einer Krise ohne Unterbrechung weiter funktionieren können.
STÄRKUNG DER OFFENEN STRATEGISCHEN AUTONOMIE DER EU
Geplante Maßnahmen der Kommission:
·Ermittlung strategischer Abhängigkeiten und Vorschlag von Maßnahmen zur Verringerung dieser Abhängigkeiten im Einklang mit den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom Oktober 2020 und der angekündigten Aktualisierung der Mitteilung über die Industriepolitik;
·Ermittlung strategischer Wertschöpfungsketten, insbesondere für Technologien und Anwendungen, die für die grüne und die digitale Wende von Belang sind und bei denen kritische Chemikalien wichtige Bausteine sind;
·Einbeziehung der Interessenträger zur Verbesserung der strategischen Vorausschau der Union auf Chemikalien;
·Förderung der interregionalen Zusammenarbeit entlang nachhaltiger chemischer Wertschöpfungsketten durch intelligente Spezialisierung, um die Erarbeitung gemeinsamer Investitionsprojekte zu beschleunigen;
·Förderung der Resilienz der Versorgung der EU und der Nachhaltigkeit von Chemikalien für wesentliche gesellschaftliche Verwendungszwecke durch EU-Finanzierungs- und Investitionsmechanismen.
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2.2.Stärkerer EU-Rechtsrahmen zur Bewältigung dringender Umwelt- und Gesundheitsprobleme
Zwar konnte das EU-Konzept für Chemikalienmanagement die Exposition von Mensch und Umwelt gegenüber bestimmten problematischen Stoffen wirksam verringern, doch muss angesichts anhaltender und neu auftretender Gesundheits- und Umweltbedenken der Rechtsrahmen so gestärkt werden, dass zügig auf wissenschaftliche Erkenntnisse reagiert werden kann. Zu diesem Zweck muss er kohärenter, einfacher und für alle Akteure vorhersehbarer gestaltet werden. Besonders die REACH- und die CLP-Verordnung sollten als die Ecksteine der Chemikalienregulierung in der EU gestärkt und durch kohärente Konzepte für die Beurteilung und das Management von Chemikalien in bestehenden sektorspezifischen Rechtsvorschriften, vor allem auf dem Gebiet der Verbraucherprodukte, ergänzt werden.
2.2.1.Schutz von Verbrauchern, gefährdeten Personengruppen und Arbeitnehmern vor besonders schädlichen Chemikalien
Die Verbraucher sind in hohem Maße gegenüber Chemikalien exponiert, die in Produkten enthalten sind, sei es in Spielzeug und Kinderpflegemitteln oder in Lebensmittelkontaktmaterial, Kosmetika, Möbeln oder Textilien, um nur einige zu nennen, und in der gesamten EU kommen Tag für Tag Millionen Arbeitnehmer mit für sie potenziell schädlichen chemischen Arbeitsstoffen in Kontakt. Gefährdete Bevölkerungsgruppen, wie Kinder, Schwangere und ältere Menschen, sind für Chemikalien mit bestimmten gefährlichen Eigenschaften besonders empfindlich.
Einer der größten Erfolge des EU-Chemikalienrechts im Bereich Gesundheitsschutz war in den vergangenen Jahrzehnten die Verringerung der Exposition der Bevölkerung gegenüber Karzinogenen. Dies wurde durch ein Präventivkonzept in allen Rechtsvorschriften – das „allgemeine Konzept für das Risikomanagement“ – ermöglicht. Dies bedeutet, dass ein grundsätzliches Verbot für karzinogene Stoffe in Verbraucherprodukten und für Verwendungszwecke gilt, bei denen gefährdete Personengruppen exponiert sind, während gleichzeitig unter gesetzlich eindeutig definierten Bedingungen einige wenige Ausnahmen zulässig sind. Ein solches Präventivkonzept ist einfacher und in der Regel schneller und es setzt für alle Akteure – Durchsetzungsbehörden, Industrie und nachgelagerte Verwender – klare Signale über die Arten chemischer Stoffe, bei denen die Industrie vorrangig Innovationen anstreben sollte.
Die überwiegende Mehrheit der Chemikalien in der EU werden allerdings derzeit auf Einzelfallbasis und je nach der spezifischen Verwendung reguliert. Angesichts umfangreicher Belege und der Besorgnis der Bevölkerung ist es gerechtfertigt, dass für die schädlichsten Chemikalien das allgemeine Konzept für das Risikomanagement die Standardoption wird, namentlich im Hinblick auf deren Verwendung in Verbraucherprodukten. Dies wird nach und nach verwirklicht werden. Zum einen wird die Kommission das allgemeine Konzept für das Risikomanagement ausweiten, um sicherzustellen, dass Verbraucherprodukte keine Chemikalien enthalten, die Krebs oder Genmutationen verursachen, das Fortpflanzungs- oder das Hormonsystem beeinträchtigen oder persistent und bioakkumulierbar sind. Außerdem wird die Kommission umgehend eine umfassende Folgenabschätzung einleiten, um im Hinblick auf Verbraucherprodukte die Modalitäten und den Zeitplan für die Ausweitung dieses allgemeinen Konzepts auf weitere Chemikalien festzulegen, einschließlich solcher, die das Immunsystem, das Nervensystem oder die Atemwege schädigen, und organtoxischer Chemikalien;
Die Ausweitung des allgemeinen Konzepts stellt sicher, dass Verbraucher, gefährdete Personengruppen und die natürliche Umwelt kohärenter geschützt werden, während die Verwendung dieser besonders schädlichen Chemikalien weiterhin zulässig ist, wenn dies für die Gesellschaft unverzichtbar ist. Die Kriterien für wesentliche Verwendungszwecke dieser Chemikalien müssen ordnungsgemäß festgelegt werden, um eine kohärente Anwendung innerhalb des gesamten EU-Rechts sicherzustellen; dabei wird ganz besonders auf die Aspekte geachtet, die für die Verwirklichung der grünen und der digitalen Wende erforderlich sind.
SCHUTZ VOR BESONDERS SCHÄDLICHEN CHEMIKALIEN
Geplante Maßnahmen der Kommission:
·Ausweitung des allgemeinen Konzepts für das Risikomanagement, um sicherzustellen, dass Verbraucherprodukte – u. a. Lebensmittelkontaktmaterial, Spielzeug, Kinderpflegeartikel, Kosmetika, Detergenzien, Möbel und Textilien – keine Chemikalien enthalten, die Krebs oder Genmutationen verursachen, das Fortpflanzungs- oder das Hormonsystem beeinträchtigen oder persistent und bioakkumulierbar sind. Außerdem umgehende Einleitung einer umfassenden Folgenabschätzung, um im Hinblick auf Verbraucherprodukte die Modalitäten und den Zeitplan für die Ausweitung dieses allgemeinen Konzepts auf weitere schädliche Chemikalien festzulegen, einschließlich solcher, die das Immunsystem, das Nervensystem oder die Atemwege schädigen, und organtoxischer Chemikalien;
·bis das allgemeine Konzept für die Risikobewertung etabliert ist, prioritäre Beschränkung aller vorstehend genannten Stoffe für alle Verwendungszwecke und deren Zusammenfassung in Gruppen statt einer Regulierung auf Einzelfallbasis;
·durch die verbindlichen Rechtsvorschriften der Richtlinie über die allgemeine Produktsicherheit und durch Beschränkungen in der REACH-Verordnung Gewährleistung, dass Kinder vor gefährlichen Chemikalien in Kinderpflegeartikeln und anderen für Kinder bestimmten Produkten (ohne Spielzeug) geschützt werden, um dasselbe Schutzniveau wie bei Spielzeug zu erreichen;
·Festlegung von Kriterien für wesentliche Verwendungszwecke, um sicherzustellen, dass die schädlichsten Chemikalien nur dann eingesetzt werden dürfen, wenn ihre Verwendung für die Gesundheit oder Sicherheit erforderlich oder für das Funktionieren der Gesellschaft kritisch ist und es keine ökologisch und gesundheitlich tragbaren Alternativen gibt. Diese Kriterien werden für die Anwendung des Begriffs der wesentlichen Verwendungszwecke in allen einschlägigen EU-Rechtsvorschriften sowohl für allgemeine als auch für spezifische Risikobewertungen maßgeblich sein;
·Ausweitung – im Rahmen der REACH-Verordnung – des Schutzniveaus für Verbraucher auf gewerbliche Anwender;
·Stärkung des Schutzes von Arbeitnehmern durch Festlegung weiterer Prioritäten im Hinblick auf die Exposition von Arbeitnehmern gegenüber gefährlichen Stoffen im Rahmen des anstehenden strategischen Rahmens für Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz, unter anderem durch Ermittlung der schädlichsten Stoffe, für die die Kommission im Anschluss an das etablierte Konsultationsverfahren im Bereich Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz vorschlagen wird, Grenzwerte am Arbeitsplatz festzulegen. Darüber hinaus Stärkung des Schutzes von Arbeitnehmern, indem insbesondere vorgeschlagen wird, für Blei und Asbest die geltenden Expositionsgrenzwerte am Arbeitsplatz zu senken und einen verbindlichen Grenzwert für Diisocyanate festzulegen.
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Besonderer Aufmerksamkeit bedarf die Exposition von Menschen und Umwelt gegenüber Chemikalien mit endokriner Wirkung. Diese Stoffe werden zunehmend mit Erkrankungen in Verbindung gebracht, die durch Störungen des Hormonsystems hervorgerufen werden. Solche Stoffe finden zunehmend Verwendung, was für die Gesundheit der Menschen und für wildlebende Tiere eine ernsthafte Bedrohung darstellt und außerdem der Gesellschaft ökonomische Kosten auferlegt. Da Hormone die Entwicklung des Gehirns und das Wachstum steuern, kann die Exposition gegenüber endokrinen Disruptoren während der embryonalen Entwicklung und in der Pubertät irreversible Folgen haben, die manchmal erst viele Jahre später entdeckt werden. Auch wenn einige Rechtsvorschriften die Möglichkeit bieten, endokrine Disruptoren zu ermitteln, ist das Regelwerk der EU insgesamt zu fragmentiert und eng gefasst und bedarf der Konsolidierung und Vereinfachung, um sicherzustellen, dass endokrine Disruptoren rechtzeitig erkannt werden und dass die Exposition von Mensch und Umwelt minimiert wird. Hierfür muss in den gesamten Rechtsrahmen ein präventives allgemeines Konzept für das Risikomanagement aufgenommen werden, um insbesondere zu verhindern, dass endokrine Disruptoren in Verbraucherprodukten verwendet werden.
ENDOKRINE DISRUPTOREN
Geplante Maßnahmen der Kommission:
·Vorschlag der Einführung einer rechtsverbindlichen Gefahrenkennzeichnung für endokrine Disruptoren auf der Grundlage der Begriffsbestimmung der WHO, die auf bereits für Pestizide und Biozide erarbeiteten Kriterien aufbaut und für alle Rechtsvorschriften gilt;
·Gewährleistung, dass endokrine Disruptoren, sobald sie als solche erkannt werden, für Verbraucherprodukte verboten werden und nur dann verwendet werden dürfen, wenn sie nachweislich für die Gesellschaft unverzichtbar sind;
·Stärkung des Schutzes von Arbeitnehmern, indem endokrine Disruptoren als eine Kategorie von sehr besorgniserregenden Stoffen in die REACH-Verordnung aufgenommen werden;
·durch die Überprüfung und Stärkung der Informationsanforderungen in allen Rechtsvorschriften Gewährleistung, dass den Behörden hinreichende und angemessene Informationen übermittelt werden, sodass sie endokrine Disruptoren erkennen können;
·Beschleunigung der Entwicklung und Verbreitung von Methoden für die Gewinnung von Informationen zu endokrinen Disruptoren durch das Screening und das Testen von Stoffen.
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2.2.2.Schutz von Mensch und Umwelt vor Kombinationseffekten von Chemikalien
Menschen und andere lebende Organismen werden täglich einer breiten Mischung von Chemikalien aus verschiedenen Quellen ausgesetzt. In den letzten Jahren wurden erhebliche Fortschritte beim Schließen einiger Wissenslücken in Bezug auf die Folgen des Kombinationseffekts dieser Chemikalien gemacht. Die Sicherheit von Chemikalien wird in der EU jedoch in der Regel durch die Beurteilung einzelner Stoffe oder in einigen Fällen von Gemischen, die für bestimmte Verwendungszwecke gezielt zugefügt werden, bewertet. Die kombinierte Exposition gegenüber verschiedenen Chemikalien aus unterschiedlichen Quellen und über längere Zeit wird jedoch nicht untersucht. In geschlossenen Räumen werden die Kombinationseffekte beim Menschen möglicherweise noch intensiviert. Einige Rechtsvorschriften schreiben vor, dass die kumulative Exposition gegenüber derselben Chemikalie aus unterschiedlichen Quellen geprüft werden muss. In der Regel wird nicht ausdrücklich verlangt, die Auswirkung von nicht beabsichtigten Gemischen zu berücksichtigen; solche Vorschriften gibt es derzeit nur in Bezug auf den Schutz von Arbeitnehmern. Nach den Rechtsvorschriften über Pestizide und Biozidprodukte müssen kumulative und synergetische Effekte berücksichtig werden. Bei Pestiziden wurden Fortschritte bei der Erarbeitung einer gezielten Methode erzielt; die Arbeiten werden beschleunigt werden, damit geltende Bestimmungen vollständig umgesetzt werden können.
Um angemessen auf den Kombinationseffekt von Chemikaliengemischen einzugehen, müssen konsequent Rechtsvorschriften eingeführt werden, damit sichergestellt ist, dass die mit der gleichzeitigen Exposition gegenüber unterschiedlichen Chemikalien verbundenen Risiken in allen chemikalienbezogenen Politikbereichen wirksam und systematisch berücksichtigt werden. Da es derzeit weder realistisch noch wirtschaftlich machbar ist, eine praktisch unendliche Zahl möglicher Kombinationen von Chemikalien speziell zu beurteilen und zu regulieren, sind sich wissenschaftliche Kreise zunehmend einig, dass die Wirkung von Chemikaliengemischen bei Risikobewertungen von Chemikalien berücksichtigt und allgemeiner in diese einbezogen werden müssen. Parallel dazu könnten für bestimmte Politikbereiche gezielte Methoden weiterentwickelt und untersucht werden.
CHEMIKALIENGEMISCHE
Geplante Maßnahmen der Kommission:
·Bewertung, welches der geeignetste Weg ist, um in die REACH-Verordnung einen (oder mehrere) Extrapolationsfaktor(en) für Gemische für die Stoffsicherheitsbeurteilung bestimmter Stoffe aufzunehmen;
·Einführung oder Verstärkung von Bestimmungen zur Berücksichtigung der Kombinationseffekte von Chemikalien in anderen relevanten Rechtsvorschriften, wie den Rechtsvorschriften für Wasser, Lebensmittelzusatzstoffe, Spielzeug, Lebensmittelkontaktmaterial, Detergenzien und Kosmetika;
·Verbesserung der Beurteilungen der bei der Herstellung von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen verwendeten Gemische durch Heranziehung von bestehenden Agenturen der EU, soweit dies möglich ist.
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2.2.3.Eine Umwelt ohne jegliche Verschmutzung durch Chemikalien
Gefährliche Chemikalien und ihre komplexe Wechselwirkung mit anderen Umweltstressfaktoren können langfristige und weitreichende Auswirkungen auf die terrestrische und marine Umwelt haben. Sie können dazu beitragen, dass die Widerstandsfähigkeit der Ökosysteme abnimmt, was zu einem raschen Rückgang von Tierpopulationen und letztlich zu ihrem Aussterben führen kann, und sich – nicht zuletzt durch das mögliche Vorhandensein von Kontaminanten in der Lebensmittelkette – auch auf die Gesundheit und das Wohlbefinden des Menschen auswirken. Schätzungen zufolge gibt es in der EU 2,8 Millionen potenziell kontaminierte Standorte (Kontamination vor allem durch Abfallentsorgung und -behandlung), die eine erhebliche Umweltgefahr für terrestrische und aquatische Ökosysteme darstellen und die Bodenproduktivität beeinträchtigen. Der derzeitige regulatorische und politische Rahmen kann diesem Umstand schwer Rechnung tragen und muss verstärkt werden.
VERSCHMUTZUNG DER NATÜRLICHEN UMWELT DURCH CHEMIKALIEN
Geplante Maßnahmen der Kommission:
·Vorschläge für neue Gefahrenklassen und -kriterien in der CLP-Verordnung zur umfassenden Berücksichtigung von Umwelttoxizität, -persistenz, -mobilität und ‑bioakkumulation;
·Aufnahme von endokrinen Disruptoren, persistenten, mobilen und toxischen sowie von sehr persistenten und sehr mobilen Stoffen als Kategorien besonders besorgniserregender Stoffe;
·Gewährleistung, dass die Informationen, die den Behörden über Stoffe zur Verfügung gestellt werden, umfassende Umweltrisikobewertungen ermöglichen, indem die Anforderungen in allen Rechtsvorschriften verschärft werden;
·Behandlung der Auswirkungen der Herstellung und Verwendung von Arzneimitteln auf die Umwelt in der künftigen Arzneimittelstrategie für Europa;
·Unterstützung von Forschung und Entwicklung für Dekontaminierungslösungen in terrestrischen und aquatischen Umgebungen;
·strengere Regulierung chemischer Kontaminanten in Lebensmitteln, um ein hohes Gesundheitsschutzniveau zu gewährleisten.
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Per- und Polyfluoralkylsubstanzen (PFAS) erfordern besondere Aufmerksamkeit aufgrund der hohen Zahl von Kontaminationen des Bodens und des Wassers (einschließlich des Trinkwassers) in der EU und weltweit, der Anzahl Menschen, die von verschiedenartigsten Krankheiten betroffen sind, sowie der damit verbundenen Kosten für die Gesellschaft und die Wirtschaft. Die Kommission schlägt daher ein umfassendes Maßnahmenpaket vor, das sich mit der Verwendung von und der Kontamination mit PFAS befasst. Damit soll insbesondere sichergestellt werden, dass die Verwendung von PFAS in der EU schrittweise eingestellt wird, es sei denn, sie erweist sich als für die Gesellschaft unverzichtbar.
PFAS
Geplante Maßnahmen der Kommission:
·Verbot aller PFAS als Gruppe in Feuerlöschschäumen sowie für andere Verwendungen, wobei die Verwendung nur gestattet wird, wenn sie für die Gesellschaft unverzichtbar ist;
·Behandlung von PFAS als Gruppe im Rahmen der einschlägigen Rechtsvorschriften für Wasser, nachhaltige Produkte, Lebensmittel, Industrieemissionen und Abfälle;
·Behandlung der PFAS-Problematik auf globaler Ebene im Rahmen der einschlägigen internationalen Foren und in bilateralen politischen Dialogen mit Drittländern;
·Festlegung eines EU-weiten Ansatzes und finanzielle Unterstützung im Rahmen von Forschungs- und Innovationsprogrammen zur Identifizierung und Entwicklung von innovativen Methoden für die Sanierung von PFAS-Kontaminationen in der Umwelt und in Produkten;
·Finanzierung von Forschung und Innovation für sichere Innovationen zur Substitution von PFAS im Rahmen von Horizont Europa.
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2.3.Vereinfachung und Konsolidierung des Rechtsrahmens
Der Regulierungsrahmen der EU für die Gefahren- und Risikobewertung und das Chemikalienmanagement ist umfassend und komplex. Insgesamt bringt das Chemikalienrecht der EU die gewünschten Ergebnisse und ist zweckdienlich. Allerdings gibt es eine Reihe erheblicher Schwachstellen, die verhindern, dass das EU-Chemikalienrecht sein volles Potenzial entfalten kann. Ohne umgehendes Handeln wird es schwierig sein, mit diesem Rahmen der derzeitigen und künftigen Produktion und Verwendung von Chemikalien rechtzeitig und wirksam gerecht zu werden. Ein zentrales Ziel dieser Strategie besteht darin, diesen Rahmen zu vereinfachen und die EU-Vorschriften über Chemikalien zu konsolidieren und vollständig umzusetzen.
2.3.1.Ein Stoff, eine Bewertung
Die Komplexität der Bewertungsverfahren stellt eine besondere Herausforderung für Behörden und Interessenträger dar. Sie kann zu Unstimmigkeiten, Verzögerungen bei den Verfahren, ineffizienter Ressourcennutzung und unnötigem Aufwand führen.
Die Kommission wird sich bemühen, diese Bewertungsverfahren einfacher und transparenter zu gestalten, um den Aufwand für alle Interessenträger zu verringern und eine raschere sowie kohärentere und berechenbarere Entscheidungsfindung zu ermöglichen. Damit wird auch der schrittweise Übergang von der Einzelstoffbewertung und -regulierung von Chemikalien hin zu einer Regulierung nach Gruppen unterstützt.
Stoffsicherheitsbeurteilungen werden im Rahmen verschiedener Rechtsvorschriften, von verschiedenen Akteuren und zu unterschiedlichen Zeitpunkten eingeleitet und von verschiedenen EU-Agenturen, wissenschaftlichen Ausschüssen, Expertengruppen oder Kommissionsdienststellen durchgeführt. Interessenträger und die breite Öffentlichkeit haben Schwierigkeiten, den Überblick über die Regulierungsverfahren und die daraus resultierenden Entscheidungen zu behalten. Mit dem Konzept „Ein Stoff, eine Bewertung“ wird sichergestellt, dass die Einleitung und Priorisierung der Sicherheitsbeurteilungen koordiniert, transparent und weitestmöglich synchronisiert erfolgen, wobei den Besonderheiten der einzelnen Sektoren Rechnung getragen wird. Wird im Rahmen einer Rechtsvorschrift eine Beurteilung vorgeschlagen, so ist die Planung im Rahmen anderer Rechtsakte vollumfänglich zu berücksichtigen, damit ein koordiniertes Vorgehen gewährleistet ist. Dies könnte am effizientesten erreicht werden, indem an das erfolgreiche „Public Activities Coordination Tool“ (Instrument zur Koordinierung öffentlicher Tätigkeiten), den vorhandenen Mechanismus im Rahmen von REACH und CLP
, angeknüpft wird. Um Doppelaufwand zu vermeiden, ist eine frühzeitige Einigung über die Problemdefinition von entscheidender Bedeutung, wobei die Beurteilung nach Stoffgruppen mit strukturellen oder funktionellen Ähnlichkeiten bevorzugt wird. Durch die klare Zuweisung von Zuständigkeiten und eine gute Zusammenarbeit aller Akteure können die verfügbaren Ressourcen und das verfügbare Fachwissen optimal genutzt werden.
KOORDINIERUNG UND VEREINFACHUNG DER MAẞNAHMEN IM GESAMTEN EU-CHEMIKALIENRECHT
Geplante Maßnahmen der Kommission:
·Nutzung eines einzigen „Instruments zur Koordinierung öffentlicher Tätigkeiten“, um einen aktuellen Überblick über alle geplanten und laufenden Initiativen der Behörden zu Chemikalien im Rahmen sämtlicher Rechtsvorschriften zu geben;
·Schaffung einer Experten-Arbeitsgruppe von Mitgliedstaaten, Kommissionsdienststellen und EU-Agenturen zur Erörterung von Initiativen für die Gefahren-/Risikobewertung von Chemikalien, wobei auch die Besonderheiten des betreffenden Sektors berücksichtigt werden;
·Einrichtung eines Koordinierungsmechanismus in der Kommission, um im Rahmen des gesamten Chemikalienrechts Maßnahmen, die die Ermittlung/Einstufung von Gefahren und die Risikobewertung betreffen, gemeinsam aufzustellen und weitestmöglich zu synchronisieren und den Übergang zum Konzept „Ein Stoff, eine Bewertung“ zu überwachen;
·Rationalisierung der Nutzung von Fachwissen und Ressourcen durch einen Vorschlag zur Neuzuweisung von technischen und wissenschaftlichen Arbeiten zu Chemikalien, die im Rahmen der einschlägigen Rechtsvorschriften durchgeführt werden, einschließlich der Arbeit des SCHEER und des SCCS, an europäische Agenturen;
·Vorlage eines Vorschlags zur Stärkung der Governance der Europäischen Chemikalienagentur und zur Verbesserung der Nachhaltigkeit ihres Finanzierungsmodells;
·Überarbeitung der Zulassungs- und Beschränkungsverfahren im Rahmen von REACH auf der Grundlage der wichtigsten Erkenntnisse aus ihrer praktischen Anwendung.
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Damit die Regulierung zu stimmigen Ergebnissen führt, muss im EU-Chemikalienrecht eine kohärente Terminologie verwendet werden, insbesondere für die Definition von Chemikalien (z. B. Nanomaterialien). Evaluierungen von Maßnahmen zeigen auch, dass den interessierten Parteien nicht immer bewusst ist, welche Informationen verfügbar sind, und dass die Weiterverwendungsrechte bisweilen zu restriktiv sind. Sie zeigen auch eine Reihe von Mängeln bei der Interoperabilität und Zugänglichkeit chemischer Daten auf.
Darüber hinaus werden bei regulatorischen Sicherheitsbeurteilungen unterschiedliche Methoden angewendet, was zu inkohärenten Ergebnissen führen kann, während wissenschaftliche Studien nicht ausreichend genutzt werden. Für die Einleitung und Durchführung von Beurteilungen und die Datennutzung gelten zudem unterschiedliche Transparenzvorschriften.
Mit dem Konzept „Ein Stoff, eine Bewertung“ soll sichergestellt werden, dass die Methoden kohärenter gestaltet und weitestmöglich harmonisiert werden. Ziel ist es, technische und administrative Hindernisse für den Datenzugang zu beseitigen, gemäß den Grundsätzen, wonach Daten leicht auffindbar, interoperabel und sicher sein sowie standardmäßig gemeinsam genutzt und weiterverwendet werden sollten. Die Daten werden in geeigneten Formaten und über geeignete Instrumente (IUCLID und IPCHEM) zur Verfügung gestellt, um die Interoperabilität zu gewährleisten. Das Konzept „Ein Stoff, eine Bewertung“ wird auch das Vertrauen in die wissenschaftliche Grundlage des Beschlussfassungsprozesses der EU für Chemikalien stärken, wobei an die bedeutenden Schritte angeknüpft wird, die für die Transparenz im Bereich der Lebensmittelsicherheit in der EU unternommen wurden.
METHODEN UND DATEN
Geplante Maßnahmen der Kommission:
·Gewährleistung, dass die CLP-Verordnung der zentrale Rechtsakt für die Gefahreneinstufung ist und es der Kommission ermöglicht, harmonisierte Einstufungen einzuleiten;
·Überprüfung der Definition von Nanomaterialien und Gewährleistung ihrer kohärenten Anwendung in allen Rechtsvorschriften unter Verwendung rechtsverbindlicher Mechanismen;
·Entwicklung einer gemeinsamen offenen Datenplattform für Chemikalien, um den Zugang zu sowie die gemeinsame Nutzung und die Weiterverwendung von Informationen über Chemikalien aus allen Quellen zu erleichtern;
·Förderung der Weiterverwendung und Harmonisierung gesundheitsbasierter Grenzwerte für Mensch und Umwelt bei EU-Risikobewertern und -managern durch ein zentralisiertes und kuratiertes EU-Repositorium;
·Einführung von Instrumenten und Verfahren, um sicherzustellen, dass einschlägige wissenschaftliche Daten für Sicherheitsbeurteilungen leicht und rasch zugänglich und für Regulierungszwecke geeignet sind;
·Schaffung der Möglichkeit für EU- und nationale Behörden, die Prüfung und Überwachung von Stoffen als Teil des Regulierungsrahmens in Auftrag zu geben, wenn weitere Informationen für notwendig erachtet werden;
·Beseitigung rechtlicher Hindernisse für die Weiterverwendung von Daten und Straffung des Flusses chemischer Daten zwischen EU- und nationalen Behörden;
·Übertragung des Grundsatzes der offenen Daten und der einschlägigen Transparenzgrundsätze vom Bereich der Lebensmittelsicherheit in der EU auf andere Rechtsakte im Chemikalienrecht.
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2.3.2.Ein Null-Toleranz-Ansatz bei Nichteinhaltung
Alle Chemikalien, Werkstoffe und Produkte, die in der EU hergestellt oder auf dem europäischen Markt in Verkehr gebracht werden, müssen den Informations-, Sicherheits- und Umweltanforderungen der EU in vollem Umfang entsprechen. Dennoch betreffen derzeit fast 30 % der Warnmeldungen zu gefährlichen Produkten auf dem Markt mit Chemikalien verbundene Risiken, wobei fast 90 % dieser Produkte aus Drittländern stammen und importierte Artikel sowie Online-Verkäufe eine besondere Herausforderung darstellen. Auch erfüllt nur ein Drittel der Registrierungsdossiers für von der Industrie gemäß REACH registrierte chemische Stoffe die Informationsanforderungen in vollem Umfang. Eine verstärkte Um- und Durchsetzung des Chemikalienrechts ist dringend erforderlich, um die Einhaltung der Vorschriften für die Herstellung und das Inverkehrbringen von Chemikalien sowie für deren Freisetzung und Entsorgung zu gewährleisten.
Die Umsetzung der neuen Marktüberwachungsverordnung sowie die anstehenden Maßnahmen zur Stärkung der Zollunion der EU werden die Durchsetzung sowohl innerhalb des Binnenmarkts als auch an den Außengrenzen der EU verbessern. Die Kommission prüft, mit welchen weiteren Maßnahmen die Durchsetzung der REACH-Verordnung an den Grenzen der EU verstärkt und die Zusammenarbeit mit Online-Marktplattformen gefördert werden könnte.
Das EU-Chemikalienrecht wird auch aufgrund der unterschiedlichen Kapazitäten und Ressourcen auf nationaler Ebene nicht überall in der EU gleich wirksam durchgesetzt. Die Mitgliedstaaten müssen ihre Durchsetzungskapazitäten so weit verstärken, dass sie Wirkung zeigen, damit die Vorteile der Schnellinformations- und -warninstrumente der EU zum Tragen kommen, digitale Instrumente besser nutzen, um rascher handeln zu können, und die Ressourcen, auch die der Marktüberwachungsbehörden, optimieren. Das Forum der Europäischen Chemikalienagentur für Informationsaustausch und Durchsetzung hat zu einer stärkeren Harmonisierung der Durchsetzung beigetragen und wird seine Zusammenarbeit mit bestehenden Durchsetzungsnetzen und -behörden ausweiten, um Doppelarbeit zu vermeiden und die Wirksamkeit zu erhöhen.
Es laufen Maßnahmen, mit denen die Einhaltung der für Chemikalien relevanten Umweltvorschriften verbessert werden soll. Ein gutes Beispiel ist das Forum für den Vollzug des Umweltrechts und für Umweltordnungspolitik, dem Chemikalienbehörden der Mitgliedstaaten und Netze zur Durchsetzung des Umweltrechts angehören. Der bevorstehende Null-Schadstoff-Aktionsplan wird weitere spezifische Maßnahmen zur Bekämpfung der Verschmutzung durch Chemikalien anstoßen.
Maßnahmen zur Stärkung der Position von Verbrauchern und Verbraucherorganisationen werden ebenfalls von entscheidender Bedeutung sein, da deren Verhalten als starker Motor den industriellen Wandel vorantreibt und die Einhaltung der Rechtsvorschriften gewährleistet. Dies soll durch die Umsetzung von Verbraucherschutzvorschriften erreicht werden.
NULLTOLERANZ BEI NICHTEINHALTUNG
Geplante Maßnahmen der Kommission:
·Stärkung des Grundsatzes „Keine Daten, kein Markt“ sowie des Verursacherprinzips im Rahmen der REACH-Verordnung, insbesondere indem die Konformität aller Registrierungsdossiers vorgeschrieben wird und bei Nichteinhaltung die Registrierungsnummern widerrufen werden;
·Vorschlag, der Kommission die Pflicht aufzuerlegen, gegebenenfalls Audits in den Mitgliedstaaten durchzuführen, um die Einhaltung und Durchsetzung des Chemikalienrechts, insbesondere der REACH-Verordnung, sicherzustellen und erforderlichenfalls Vertragsverletzungsverfahren einzuleiten;
·Fokussierung auf bekannte Bereiche mit hohem Risiko der Nichteinhaltung, insbesondere Online-Verkäufe, importierte Artikel, Einstufung und Kennzeichnung sowie Beschränkungen;
·Erweiterung des Tätigkeitsbereichs des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung in Bezug auf Koordinierung und Untersuchung, um den Verkehr mit illegalen chemischen Produkten in der EU zu bekämpfen;
·Unterstützung der Mitgliedstaaten bei der Priorisierung der integrierten Durchsetzung durch Kontrollen, die mehrere Rechtsvorschriften betreffen;
·Gewährleistung einer harmonisierten EU-weiten Reaktion und eines koordinierten Informationsaustauschs über die Durchsetzung des Chemikalienrechts durch verstärkte Nutzung der einschlägigen IT-Plattformen der Kommission;
·Prüfung des Einsatzes digitaler Instrumente zur Unterstützung der Marktüberwachungs- und Zollbehörden sowie zur Verbesserung der Konformität von Chemikalien enthaltenden Produkten, die online an europäische Verbraucher verkauft werden;
·Ermutigung der Mitgliedstaaten zur Nutzung der Aufbau- und Resilienzfazilität, um in die Stärkung der Infrastrukturen für die Marktüberwachung und in die Digitalisierung zu investieren;
·Festlegung – im Rahmen der Marktüberwachungsverordnung – einheitlicher Kontrollbedingungen und -häufigkeiten für bestimmte Produkte, bei denen kontinuierlich spezifische Risiken oder schwerwiegende Verstöße gegen geltende Harmonisierungsrechtsvorschriften der Union festgestellt wurden.
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2.4.Eine umfassende Wissensbasis über Chemikalien
Für ein verantwortungsvolles Chemikalienmanagement in Europa müssen die EU und ihre Mitgliedstaaten in der Lage sein, ihre Entscheidungen auf der Grundlage solider und relevanter aktueller Kenntnisse zu treffen. Die EU hat – auch dank der Arbeit ihrer wissenschaftlichen Gremien – über mehrere Jahrzehnte Wissen von Weltrang über die Eigenschaften und Risiken chemischer Stoffe aufgebaut, und diese Wissensbasis wurde auch in anderen Teilen der Welt umfassend genutzt. Die Behörden müssen aber noch viele Kenntnisse über die inhärenten Eigenschaften der überwiegenden Mehrzahl von Chemikalien erwerben, darunter von Polymeren und Chemikalien, die nicht in großen Mengen hergestellt werden. Außerdem sind die Kenntnisse über Verwendungen und Expositionen bruchstückhaft, insbesondere weil sie von der Bereitstellung genauer Informationen durch die Industrie abhängen. Die bloße Zahl der auf dem Markt befindlichen Chemikalien stellt eine enorme Wissensherausforderung dar, und der erwartete künftige Anstieg der Produktion und der Verwendung von Chemikalien birgt die Gefahr, dass das „unbekannte Terrain chemischer Risiken“ noch weiter wird.
Abbildung: Das unbekannte Terrain chemischer Risiken, EUA
2.4.1.Verbesserte Verfügbarkeit chemischer Daten
In der EU fehlt es nach wie vor an einer umfassenden Datenbank zu allen in Verkehr gebrachten Stoffen und zu deren gesamten ökologischen Fußabdruck, einschließlich ihrer Auswirkungen auf das Klima, was das ordnungsgemäße Management von Chemikalien und Produkten erschwert und keine umfassende Nachhaltigkeitsprüfung zulässt. Insbesondere unterliegen Polymere, die grundlegenden Bausteine von Kunststoffen, nicht der Registrierung nach REACH. Darüber hinaus ermöglichen die Informationen, die im Rahmen von REACH für Stoffe im niedrigen und mittleren Mengenbereich vorgeschrieben sind, nicht in vollem Umfang die Identifizierung von Stoffen mit kritischen Gefahreneigenschaften. Die Verstärkung der Informationsanforderungen betreffend die Karzinogenität von Stoffen und andere kritische Gefahren auf allen Produktionsstufen ist für die erfolgreiche Bekämpfung von Krankheiten wie Krebs von grundlegender Bedeutung. Darüber hinaus müssen die Effizienz und Wirksamkeit der REACH-Bewertungsverfahren verbessert werden.
INFORMATIONSANFORDERUNGEN
Geplante Maßnahmen der Kommission:
·Vorschlag zur Ausweitung der Registrierungspflicht gemäß REACH auf bestimmte bedenkliche Polymere;
·Bewertung, wie im Rahmen von REACH am besten Informationsanforderungen betreffend den gesamten ökologischen Fußabdruck von Chemikalien, einschließlich Treibhausgasemissionen, eingeführt werden können;
·Änderung der Informationsanforderungen der REACH-Verordnung, um die wirksame Identifizierung von Stoffen mit kritischen Gefahreneigenschaften, einschließlich der Auswirkungen auf das Nervensystem und das Immunsystem, zu ermöglichen;
·Änderung der Informationsanforderungen der REACH-Verordnung, um die Identifizierung aller karzinogenen Stoffe zu ermöglichen, die in der EU hergestellt oder in die EU eingeführt werden, unabhängig von der Menge.
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2.4.2.Stärkung der Schnittstelle Wissenschaft-Politik im Bereich Chemikalien
Es wurden erhebliche Anstrengungen unternommen, um das wissenschaftliche Verständnis der Auswirkungen von Chemikalien auf die Gesundheit und die Umwelt zu verbessern. Die Überwachung des Vorhandenseins von Chemikalien in Menschen und Ökosystemen ist von entscheidender Bedeutung für ein besseres Verständnis ihrer Auswirkungen und sollte weiter gefördert werden, auch um die Zusammenhänge zwischen Chemikalien und Geschlecht zu verstehen. Die Kommission wird in Partnerschaft mit den Mitgliedstaaten weiterhin Forschung und (Bio-)monitoring fördern, um mit Chemikalien verbundene Risiken zu verstehen und zu verhüten, und wird über ihr künftiges Rahmenprogramm für Forschung und Innovation Innovationen bei der Risikobewertung von Chemikalien und in der Regulierungswissenschaft vorantreiben.
Trotz der entschlossenen Politik der EU zum Schutz der für wissenschaftliche Zwecke verwendeten Tiere, die vor zehn Jahren angenommen wurde und letztlich auf die vollständige Ersetzung von Tierversuchen abzielt, ist es nach wie vor unumgänglich, Tiere systematisch für Tests im Zusammenhang mit Chemikalien zu verwenden. Bei der Sicherheitsprüfung und Risikobewertung von Chemikalien muss innoviert werden, um die Abhängigkeit von Tierversuchen zu verringern, aber auch um die Qualität und Effizienz der Gefahren- und Risikobewertungen von Chemikalien zu verbessern und diese Bewertungen zu beschleunigen.
SCHNITTSTELLE WISSENSCHAFT-POLITIK
Geplante Maßnahmen der Kommission:
·Aufstellung und Aktualisierung einer Forschungs- und Innovationsagenda für Chemikalien unter Federführung einer Koordinierungsgruppe auf EU-Ebene, die auch die Übernahme von Forschungsergebnissen durch Rechtsvorschriften fördern würde;
·Förderung von multidisziplinärer Forschung und digitalen Innovationen für fortgeschrittene Instrumente, Methoden und Modelle sowie Datenanalysekapazitäten
, auch um auf Tierversuche verzichten zu können;
·Finanzielle Unterstützung für EU-weite Kapazitäten für Human- und Umwelt-(Bio-)Monitoring als Ergänzung zu Initiativen für das Ökosystem-Monitoring;
·Entwicklung eines EU-Frühwarn- und Reaktionssystems für Chemikalien, um sicherzustellen, dass die EU-Politik auf neu auftretende chemische Risiken reagiert, sobald solche Risiken durch Überwachung und Forschung erkannt wurden;
·Entwicklung eines Indikatorrahmens zur Überwachung der Ursachen und Auswirkungen der Verschmutzung durch Chemikalien sowie zur Messung der Wirksamkeit des Chemikalienrechts.
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2.5.Vorbild für ein weltweites verantwortungsvolles Chemikalienmanagement
Die Herstellung und Verwendung von Chemikalien sowie der Handel mit ihnen nehmen in allen Regionen der Welt zu. Der weltweit mit Chemikalien erzielte Umsatz wurde 2018 mit 3,347 Mrd. EUR veranschlagt, und die Produktion dürfte sich bis 2030 verdoppeln. Chemikalienintensive Branchen wie Bauwesen, Automobilindustrie und Elektronik wachsen ebenfalls, wodurch die Nachfrage nach Chemikalien steigt und Chancen, aber auch Risiken entstehen. Obwohl ihr Beitrag zur globalen Krankheitslast nach wie vor unterschätzt wird, ist die Verschmutzung durch Chemikalien anerkanntermaßen eine Bedrohung für das Recht auf ein Leben in Würde, vor allem für Kinder und insbesondere in Ländern mit niedrigen und mittleren Einkommen.
Im Jahr 2015 hat sich die internationale Gemeinschaft erneut verpflichtet, bis 2020 das Ziel eines weltweiten verantwortungsvollen Chemikalienmanagements zu erreichen, das auch ein wesentliches Querschnittselement für die Verwirklichung der meisten anderen Nachhaltigkeitsziele darstellt. Obwohl auf allen Ebenen viel getan wurde, sind die Fortschritte nach wie vor langsam und unzureichend, und diese globale Verpflichtung wurde nicht erfüllt. Es bedarf eines wirklichen Bewusstseins für die Dringlichkeit. Die Europäische Union kann und muss eine führende Rolle bei der Förderung hoher Standards in der Welt übernehmen.
2.5.1.Stärkung internationaler Standards
Es gibt bereits zahlreiche verschiedenartige internationale, regionale und nationale Instrumente und Maßnahmen im Zusammenhang mit einem verantwortungsvollen Chemikalien- und Abfallmanagement. Die globale Governance ist jedoch weiterhin stark zersplittert, und Standards und Einhaltung sind von Land zu Land sehr unterschiedlich. So hatten beispielsweise bis 2018 mehr als 120 Länder das Global Harmonisierte System zur Einstufung und Kennzeichnung von Chemikalien nicht umgesetzt. Diese Zersplitterung hat die Auswirkungen und die Wirksamkeit bestehender Organisationen, Programme und Initiativen insgesamt beeinträchtigt.
Für einen ambitionierten internationalen Rahmen, der der derzeitigen Zersplitterung entgegenwirkt und kohärente Strategien und Maßnahmen aller einschlägigen internationalen Organisationen, Regierungen und Interessenträger, einschließlich der Industrie, fördert, sind globale strategische Ziele und Vorgaben erforderlich. Ein neuer strategischer Ansatz für das internationale Chemikalienmanagement bildet die wesentliche multilaterale Vereinbarung, die es ermöglichen wird, den verantwortungsvollen Umgang mit Chemikalien während ihres gesamten Lebenszyklus in vollem Umfang zu regeln. So wichtig es ist, bei der Ausarbeitung von EU-Vorschriften auf einschlägige internationale Standards, Leitlinien und Methoden zurückzugreifen (es sei denn, diese sind unwirksam oder ungeeignet), so ist es ebenso von grundlegender Bedeutung, ein verantwortungsvolles Chemikalien- und Abfallmanagement durchgängig in die Arbeitsprogramme aller einschlägigen internationalen Organisationen einzubeziehen. Dies wird es der EU ermöglichen, im Einklang mit ihren internationalen Verpflichtungen kohärente Strategien und Maßnahmen im Rahmen der Agenda 2030 der Vereinten Nationen zu fördern.
INTERNATIONALE FÜHRUNGSROLLE
Geplante Maßnahmen der EU:
·Verstärkung ihres internationalen Engagements, um die Ziele und Vorgaben der Agenda 2030 für ein verantwortungsvolles Chemikalienmanagement zu erreichen, insbesondere durch Übernahme einer Führungsrolle und Förderung der Umsetzung bestehender internationaler Instrumente sowie der EU-Standards weltweit;
·Einsatz für die Annahme globaler strategischer Ziele und Vorgaben für ein verantwortungsvolles Chemikalien- und Abfallmanagement nach 2020, um im Einklang mit den globalen Biodiversitätszielen für die Zeit nach 2020 Lebenszykluskonzepte für Chemikalien zu berücksichtigen;
·Förderung – gemeinsam mit der Industrie – der Umsetzung des Global Harmonisierten Systems zur Einstufung und Kennzeichnung von Chemikalien (UN GHS) als Mittel für die Identifizierung der Gefahren von Chemikalien und die Information von Verwendern, Arbeitnehmern und Verbrauchern über diese Gefahren;
·Vorschläge zur Einführung von Kriterien/Gefahrenklassen in das UN GHS bzw. deren Anpassung oder Präzisierung;
·Förderung der Entwicklung gemeinsamer Standards und innovativer Risikobewertungsinstrumente auf internationaler Ebene, insbesondere mit der OECD, sowie von deren Anwendung im internationalen Rahmen, auch um dem Verzicht auf Tierversuche näher zu kommen;
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2.5.2.Förderung von Sicherheits- und Nachhaltigkeitsstandards außerhalb der EU
Während sich die weltweite Chemikalienproduktion Schätzungen zufolge bis 2030 verdoppeln wird, dürfte der geschätzte weltweite Anteil der chemischen Industrie der EU auf etwa 10,7 % zurückgehen. Ein Großteil des erwarteten Anstiegs der chemischen Produktion wird sich auf Entwicklungsländer und Transformationsländer verlagern. Das Chemikalienrecht der EU hat der EU zu einer Vorreiterrolle bei Gesundheits- und Umweltstandards im Chemikalienmanagement verholfen, und mit dieser Strategie soll die EU eine Führungsrolle bei der Herstellung und Verwendung nachhaltiger Chemikalien übernehmen. Die EU muss ihr Gewicht in der Welt in die Waagschale werfen, um weltweit für Konzepte für inhärent sichere und nachhaltige Chemikalien zu werben, gleiche Wettbewerbsbedingungen zu schaffen und den Marktanteil von Unternehmen zu erhöhen, die sichere und nachhaltige Chemikalien herstellen und verwenden.
Eine engere internationale Zusammenarbeit und Koordinierung sind ebenfalls unerlässlich. Die Kommission ist entschlossen, die Partnerländer der EU in die Lage zu versetzen, ihren internationalen Verpflichtungen im Rahmen der internationalen Instrumente im Chemikalienbereich nachzukommen, und hohe Umwelt-, Gesundheits- und Sozialstandards zu verabschieden und durchzusetzen. Die Maßnahmen der EU im Außenbereich werden den verantwortungsvollen Umgang mit Chemikalien während ihres Lebenszyklus und den Übergang zu einer schadstofffreien Kreislaufwirtschaft als wesentliche Querschnittselemente für eine nachhaltige Entwicklung fördern und durchgängig einbeziehen, wobei auf Politikkohärenz im Interesse der Entwicklung geachtet wird.
Die gemeinsame Nutzung der Wissensbasis der EU ist wichtig, um die Entwicklungsländer zu unterstützen, aber auch für die gegenseitige Akzeptanz von Daten zwischen OECD- und anderen betroffenen Ländern. Dies ist von entscheidender Bedeutung, um Doppelarbeit zu vermeiden, Ressourcen zu sparen und internationale Standards zu fördern. Die vorhandene Wissensbasis und Erfahrung der EU-Agenturen im Rahmen ihres Mandats und ihrer Ressourcen werden ebenfalls der internationalen Politik und Führungsrolle der EU zugutekommen.
ZUSAMMENARBEIT MIT DRITTLÄNDERN
Geplante Maßnahmen der EU:
·Förderung eines verantwortungsvollen Chemikalienmanagements durch internationale Zusammenarbeit und Partnerschaften in bilateralen, regionalen und multilateralen Foren, auch durch die Zusammenarbeit mit Afrika, sowie Zusammenarbeit mit Nachbarländern und anderen Partnern, um diesen eine solide Bewertung von Chemikalien und einen verantwortungsvollen Umgang mit ihnen zu ermöglichen.
·Vorangehen mit gutem Beispiel und im Einklang mit internationalen Verpflichtungen Gewährleistung, dass gefährliche Chemikalien, die in der Europäischen Union verboten sind, nicht für den Export hergestellt werden, erforderlichenfalls auch durch Änderung einschlägiger Rechtsvorschriften;
·Förderung der Sorgfaltspflicht bei der Herstellung und Verwendung von Chemikalien im Rahmen der anstehenden Initiative für eine nachhaltige Unternehmensführung.
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3.Schlussfolgerungen
Diese Strategie bietet die Gelegenheit, den gesellschaftlichen Wert von Chemikalien mit den Belastungsgrenzen für die menschliche Gesundheit und den Planeten in Einklang zu bringen und die Industrie bei der Herstellung sicherer und nachhaltiger Chemikalien zu unterstützen. Sie bietet auch die Gelegenheit, auf die legitimen Wünsche der Menschen in Europa nach einem hohen Maß an Schutz vor gefährlichen Chemikalien einzugehen und die EU-Industrie als weltweiten Vorreiter bei der Herstellung und Verwendung sicherer und nachhaltiger Chemikalien zu fördern.
Diese Strategie ist der notwendige erste Schritt auf dem Weg zu Europas Null-Schadstoff-Ziel und den damit verbundenen Vorgaben, die in der Biodiversitätsstrategie und der Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ festgelegt wurden. Sie bildet die Grundlage für den bevorstehenden Null-Schadstoff-Aktionsplan und wird zum Erfolg des europäischen Plans zur Bekämpfung von Krebs beitragen. Die Strategie ergänzt auch die europäische Industriestrategie, den Aufbauplan für Europa, den Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft und andere Strategien und Initiativen des europäischen Grünen Deals wie die Arzneimittelstrategie, die Wasserstoffstrategie und die Batterieinitiative.
Die in dieser Strategie angekündigten neuen Rechtsetzungsinitiativen werden durch die Instrumente der Kommission für eine bessere Rechtsetzung unterstützt. Legislativvorschläge, einschließlich einer möglichst gezielten, auf die Verwirklichung der Ziele dieser Strategie beschränkten Überarbeitung der REACH-Verordnung, werden auf der Grundlage öffentlicher Konsultationen getroffen und Gegenstand von umfassenden Folgenabschätzungen sein, wobei auch untersucht wird, wie kleine und mittlere Unternehmen (KMU) betroffen sind und Innovationen gefördert bzw. behindert werden.
Die Kommission fordert das Europäische Parlament und den Rat auf, diese Strategie zu billigen und zu ihrer Umsetzung beizutragen. Die Kommission wird auf koordinierte Weise Kontakt zu Bürgerinnen und Bürgern sowie zu Interessenträgern aufnehmen, um sie zur aktiven Mitwirkung anzuregen.