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Document 32005R1073

Verordnung (EG) Nr. 1073/2005 der Kommission vom 7. Juli 2005 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1725/2003 betreffend die Übernahme bestimmter internationaler Rechnungslegungsstandards in Übereinstimmung mit der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf IFRIC 2 Text von Bedeutung für den EWR

ABl. L 175 vom 8.7.2005, p. 3–11 (ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, NL, PL, PT, SK, SL, FI, SV)
ABl. L 287M vom 18.10.2006, p. 85–93 (MT)

Dieses Dokument wurde in einer Sonderausgabe veröffentlicht. (BG, RO)

Legal status of the document No longer in force, Date of end of validity: 02/12/2008; Stillschweigend aufgehoben durch 32008R1126

ELI: http://data.europa.eu/eli/reg/2005/1073/oj

8.7.2005   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 175/3


VERORDNUNG (EG) Nr. 1073/2005 DER KOMMISSION

vom 7. Juli 2005

zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1725/2003 betreffend die Übernahme bestimmter internationaler Rechnungslegungsstandards in Übereinstimmung mit der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf IFRIC 2

(Text von Bedeutung für den EWR)

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Juli 2002 betreffend die Anwendung internationaler Rechnungslegungsstandards (1), insbesondere auf Artikel 3 Absatz 1,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Mittels der Verordnung (EG) Nr. 1725/2003 (2) wurden bestimmte internationale Rechnungslegungsstandards und Interpretationen übernommen, die zum 14. September 2002 vorlagen.

(2)

Am 17. Dezember 2003 hat der „International Accounting Standard Board“ (IASB) den überarbeiteten „International Accounting Standard“ (IAS) 32 Finanzinstrumente: Angaben und Darstellung veröffentlicht. In IAS 32 sind die grundlegenden Prinzipien für die Einstufung der Instrumente als Verbindlichkeiten oder Eigenkapital festgeschrieben. Dieser Standard wurde von der Europäischen Kommission im Rahmen der Verordnung (EG) Nr. 2237/2004 (3) vom 29. Dezember 2004 angenommen.

(3)

Infolge bilateraler Gespräche mit Vertretern des Genossenschaftssektors sowie infolge eines Ersuchens der Kommission hat der IASB sein „International Financial Reporting Interpretation Committee“ (IFRIC) gebeten, eine Interpretation zu entwickeln, die die Anwendung des überarbeiteten IAS 32 erleichtert.

(4)

IFRIC 2 Mitgliedsanteile an Genossenschaften und ähnliche Instrumente wurde am 25. November 2004 veröffentlicht. Diese Interpretation stellt klar, dass die Klassifizierung der Mitgliedsanteile als finanzielle Verbindlichkeiten oder als Eigenkapital von den jeweiligen Merkmalen dieser Anteile und insbesondere den Rückkaufsbedingungen abhängt. Die Interpretation gelangt zum gleichen Zeitpunkt wie IAS 32 zur Anwendung, so wie bereits in Erwägungsgrund 3 der Verordnung (EG) Nr. 2237/2004 der Kommission vom 29. Dezember 2004 betreffend die Übernahme von IAS 32 erwähnt.

(5)

Die Konsultation der technischen Sachverständigen in diesem Bereich hat bestätigt, dass IFRIC 2 Mitgliedsanteile an Genossenschaften und ähnliche Instrumente den technischen Kriterien für seine Übernahme im Sinne von Artikel 3 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 genügt.

(6)

Die Verordnung (EG) Nr. 1725/2003 sollte folglich entsprechend geändert werden.

(7)

Diese Änderung sollte ausnahmsweise erstmals in der Berichtsperiode eines am 1. Januar 2005 oder danach beginnenden Geschäftsjahres angewandt werden, d. h. zu einem Zeitpunkt vor der Veröffentlichung dieser Verordnung. Diese rückwirkende Anwendung ist ausnahmsweise gerechtfertigt, um den Genossenschaften die Erstellung ihrer Abschlüsse gemäß IAS 32 und im Sinne von IFRIC 2 zu gestatten, denn die betreffenden Gesellschaften hätten legitimerweise bereits mit einer derartigen Anwendung zum Zeitpunkt der Übernahme von IAS 32 rechnen können.

(8)

Die in dieser Verordnung vorgesehenen Maßnahmen entsprechen der Stellungnahme des Regelungsausschusses für Rechnungslegung —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Der Anhang zur Verordnung (EG) Nr. 1725/2003 wird wie folgt geändert:

Der Text der Interpretation IFRIC 2 Mitgliedsanteile an Genossenschaften und ähnliche Instrumente, der Gegenstand des Anhangs zu dieser Verordnung ist, wird eingefügt.

Artikel 2

Diese Verordnung tritt am dritten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Sie gilt für jedes Geschäftsjahr eines Unternehmens, das spätestens am oder nach dem 1. Januar 2005 beginnt.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Brüssel, den 7. Juli 2005

Für die Kommission

Charlie McCREEVY

Mitglied der Kommission


(1)  ABl. L 243 vom 11.9.2002, S. 1.

(2)  ABl. L 261 vom 13.10.2003, S. 1. Verordnung zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 211/2005, ABl. L 41 vom 11.2.2005, S. 1.

(3)  ABl. L 393 vom 31.12.2004, S. 1.


ANHANG

INTERNATIONAL FINANCIAL REPORTING STANDARDS

IFRIC 2

Mitgliedsanteile an Genossenschaften und ähnliche Instrumente

Vervielfältigung erlaubt innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums. Alle bestehenden Rechte außerhalb des EWR vorbehalten, mit Ausnahme des Rechtes auf Vervielfältigung für persönlichen Gebrauch oder andere redliche Benutzung. Weitere Informationen sind vom IASB unter www.iasb.org.uk erhältlich.

IFRIC INTERPRETATION 2

Geschäftsanteile an Genossenschaften und ähnliche Instrumente

Verweise

IAS 32 Finanzinstrumente: Angaben und Darstellung (überarbeitet 2003)

IAS 39 Finanzinstrumente: Ansatz und Bewertung (überarbeitet 2003)

Hintergrund

1

Genossenschaften und ähnliche Unternehmen werden von einer Gruppe von Personen zur Verfolgung gemeinsamer wirtschaftlicher oder sozialer Interessen gegründet. In den einzelstaatlichen Gesetzen ist eine Genossenschaft meist als eine Gesellschaft definiert, welche die gegenseitige wirtschaftliche Förderung ihrer Mitglieder mittels gemeinschaftlichen Geschäftsbetriebes bezweckt (Prinzip der Selbsthilfe). Die Anteile der Mitglieder einer Genossenschaft werden häufig unter der Bezeichnung Geschäftsanteile, Genossenschaftsanteile o. ä. geführt und nachfolgend als „Geschäftsanteile“ bezeichnet.

2

IAS 32 stellt Grundsätze für die Klassifizierung von Finanzinstrumenten als finanzielle Verbindlichkeiten oder Eigenkapital auf. Diese Grundsätze beziehen sich insbesondere auf die Klassifizierung kündbarer Instrumente, die den Inhaber zur Rückgabe an den Emittenten gegen flüssige Mittel oder andere Finanzinstrumente berechtigen. Die Anwendung dieser Grundsätze auf die Geschäftsanteile an Genossenschaften und ähnliche Instrumente gestaltet sich schwierig. Einige Adressaten des „International Accounting Standards Board“ haben den Wunsch geäußert, Unterstützung zu erhalten, wie die Grundsätze des IAS 32 auf Geschäftsanteile und ähnliche Instrumente, die bestimmte Merkmale aufweisen, anzuwenden sind und unter welchen Umständen diese Merkmale einen Einfluss auf die Klassifizierung als Verbindlichkeiten oder Eigenkapital haben.

Anwendungsbereich

3

Diese Interpretation ist auf Finanzinstrumente anzuwenden, die in den Anwendungsbereich von IAS 32 fallen, einschließlich an Genossenschaftsmitglieder ausgegebener Anteile, mit denen das Eigentumsrecht der Mitglieder am Unternehmen verbrieft wird. Sie erstreckt sich nicht auf Finanzinstrumente, die in eigenen Eigenkapitalinstrumenten des Unternehmens zu erfüllen sind oder erfüllt werden können.

Fragestellung

4

Viele Finanzinstrumente, darunter auch Geschäftsanteile, sind mit Eigenschaften wie Stimmrechten und Ansprüchen auf Dividenden verbunden, die für eine Klassifizierung als Eigenkapital sprechen. Einige Finanzinstrumente berechtigen den Inhaber, eine Rücknahme gegen flüssige Mittel oder andere finanzielle Vermögenswerte zu verlangen, können jedoch Beschränkungen hinsichtlich einer solchen Rücknahme unterliegen. Wie lässt sich anhand dieser Rücknahmebedingungen bestimmen, ob ein Finanzinstrument als Verbindlichkeit oder Eigenkapital einzustufen ist?

Beschluss

5

Das vertragliche Recht des Inhabers eines Finanzinstruments (worunter auch ein Geschäftsanteil an einer Genossenschaft fällt), eine Rücknahme zu verlangen, führt nicht von vornherein zu einer Klassifizierung des Finanzinstruments als finanzielle Verbindlichkeit. Vielmehr hat ein Unternehmen bei der Entscheidung, ob ein Finanzinstrument als finanzielle Verbindlichkeit oder Eigenkapital einzustufen ist, alle rechtlichen Bestimmungen und Gegebenheiten des Finanzinstruments zu berücksichtigen. Hierzu gehören auch die einschlägigen lokalen Gesetze und Vorschriften sowie die zum Zeitpunkt der Klassifizierung gültige Satzung des Unternehmens. Voraussichtliche künftige Änderungen dieser Gesetze, Vorschriften oder der Satzung sind dagegen nicht zu berücksichtigen.

6

Geschäftsanteile, die dem Eigenkapital zugeordnet würden, wenn die Mitglieder nicht das Recht hätten, eine Rücknahme zu verlangen, stellen Eigenkapital dar, wenn eine der in den Paragraphen 7 und 8 genannten Bedingungen erfüllt ist. Sichteinlagen, einschließlich Kontokorrentkonten, Einlagenkonten und ähnliche Verträge, die Mitglieder in ihrer Eigenschaft als Kunden schließen, sind als finanzielle Verbindlichkeiten des Unternehmens zu klassifizieren.

7

Geschäftsanteile stellen Eigenkapital dar, wenn das Unternehmen ein uneingeschränktes Recht auf Ablehnung der Rücknahme von Geschäftsanteilen besitzt.

8

Lokale Gesetze, Vorschriften oder die Satzung des Unternehmens können die Rücknahme von Geschäftsanteilen mit verschiedenen Verboten belegen, wie z. B. uneingeschränkten Verboten oder Verboten, die auf Liquiditätskriterien beruhen. Ist eine Rücknahme nach lokalen Gesetzen, Vorschriften oder der Satzung des Unternehmens uneingeschränkt verboten, sind die Geschäftsanteile als Eigenkapital zu behandeln. Dagegen führen Bestimmungen in lokalen Gesetzen, Vorschriften oder der Satzung des Unternehmens, die eine Rücknahme nur dann verbieten, wenn bestimmte Bedingungen — wie beispielsweise Liquiditätsgrenzen — erfüllt (oder nicht erfüllt) sind, nicht zu einer Klassifizierung von Geschäftsanteilen als Eigenkapital.

9

Ein uneingeschränktes Verbot kann absolut sein und alle Rücknahmen verbieten. Ein uneingeschränktes Verbot kann aber auch nur teilweise gelten und die Rücknahme von Geschäftsanteilen insoweit verbieten, als durch die Rücknahme die Anzahl der Geschäftsanteile oder die Höhe des auf die Geschäftsanteile eingezahlten Kapitals einen bestimmten Mindestbetrag unterschreitet. Geschäftsanteile, die nicht unter das Rücknahmeverbot fallen, stellen Verbindlichkeiten dar, sofern das Unternehmen nicht über das in Paragraph 7 beschriebene uneingeschränkte Recht auf Ablehnung der Rücknahme verfügt. In einigen Fällen kann sich die Anzahl der Anteile oder die Höhe des eingezahlten Kapitals, die bzw. das von einem Rücknahmeverbot betroffen sind bzw. ist, von Zeit zu Zeit ändern. Eine derartige Änderung führt zu einer Umbuchung zwischen finanziellen Verbindlichkeiten und Eigenkapital.

10

Beim erstmaligen Ansatz hat das Unternehmen seine als finanzielle Verbindlichkeit klassifizierten Geschäftsanteile zum beizulegenden Zeitwert zu bewerten. Bei uneingeschränkt rückgabefähigen Geschäftsanteilen ist der beizulegende Zeitwert dieser finanziellen Verbindlichkeit mindestens mit dem gemäß den Rücknahmebestimmungen in der Satzung des Unternehmens oder gemäß dem einschlägigen Gesetz zahlbaren Höchstbetrag anzusetzen, abgezinst vom frühest möglichen Fälligkeitszeitpunkt an (siehe Beispiel 3).

11

Nach Paragraph 35 des IAS 32 sind Ausschüttungen an Inhaber von Eigenkapitalinstrumenten, gemindert um alle damit verbundenen Ertragssteuervorteile, direkt vom Eigenkapital abzusetzen. Bei Finanzinstrumenten, die als finanzielle Verbindlichkeiten klassifiziert werden, sind Zinsen, Dividenden und andere Erträge unbeschadet ihrer möglichen gesetzlichen Bezeichnung als Dividenden, Zinsen oder Ähnliches als Aufwand zu berücksichtigen.

12

Der Anhang, der integraler Bestandteil des Beschlusses ist, enthält Beispiele für die Anwendung dieses Beschlusses.

Angaben

13

Führt eine Änderung des Rücknahmeverbots zu einer Umklassifizierung zwischen finanziellen Verbindlichkeiten und Eigenkapital, hat das Unternehmen den Betrag, den Zeitpunkt und den Grund für die Umklassifizierung gesondert anzugeben.

Zeitpunkt des Inkrafttretens

14

Der Zeitpunkt des Inkrafttretens und die Übergangsbestimmungen dieser Interpretation entsprechen denen des IAS 32 (überarbeitet 2003). Diese Interpretation ist erstmals für Geschäftsjahre anzuwenden, die am oder nach dem 1. Januar 2005 beginnen. Wenn ein Unternehmen diese Interpretation für Berichtsperioden anwendet, die vor dem 1. Januar 2005 beginnen, so ist diese Tatsache anzugeben. Diese Interpretation ist rückwirkend anzuwenden.

Anhang

BEISPIELE FÜR DIE ANWENDUNG DES BESCHLUSSES

Dieser Anhang ist Bestandteil der Interpretation.

A1

Dieser Anhang enthält sieben Beispiele für die Anwendung des IFRIC Beschlusses. Die Beispiele stellen keine erschöpfende Liste dar; es sind auch andere Konstellationen denkbar. Jedes Beispiel beruht auf der Annahme, dass außer der im Beispiel genannten Gegebenheiten keine weiteren Bedingungen vorliegen, die eine Klassifizierung des Finanzinstruments als finanzielle Verbindlichkeit erforderlich machen würden.

UNEINGESCHRÄNKTES RECHT AUF ABLEHNUNG DER RÜCKNAHME (Paragraph 7)

Beispiel 1

Sachverhalt

A2

Die Satzung des Unternehmens besagt, dass Rücknahmen nach freiem Ermessen des Unternehmens durchgeführt werden. Dieser Ermessensspielraum ist in der Satzung nicht weiter ausgeführt und wird auch keinen Beschränkungen unterworfen. In der Vergangenheit hat das Unternehmen die Rücknahme von Geschäftsanteilen noch nie abgelehnt, obwohl der Vorstand hierzu berechtigt ist.

Klassifizierung

A3

Das Unternehmen verfügt über das uneingeschränkte Recht, die Rücknahme abzulehnen. Folglich stellen die Geschäftsanteile Eigenkapital dar. IAS 32 stellt Grundsätze für die Klassifizierung auf, die auf den Vertragsbedingungen des Finanzinstruments beruhen, und merkt an, dass eine Zahlungshistorie oder beabsichtigte freiwillige Zahlungen keine Einstufung als Verbindlichkeit auslösen. In Paragraph AG26 von IAS 32 heißt es:

Wenn Vorzugsaktien unkündbar sind, hängt die angemessene Klassifizierung von den anderen mit ihnen verbundenen Rechten ab. Die Klassifizierung erfolgt entsprechend der wirtschaftlichen Substanz der vertraglichen Vereinbarungen und den Begriffsbestimmungen für finanzielle Verbindlichkeiten und für Eigenkapitalinstrumente. Wenn Gewinnausschüttungen an Inhaber von kumulativen oder nicht-kumulativen Vorzugsaktien im Ermessensspielraum des Emittenten liegen, gelten die Aktien als Eigenkapitalinstrumente. Die Klassifizierung einer Vorzugsaktie als Eigenkapitalinstrument oder als finanzielle Verbindlichkeit wird beispielsweise nicht beeinflusst durch:

a)

die Vornahme von Ausschüttungen in der Vergangenheit,

b)

die Absicht, künftig Ausschüttungen vorzunehmen,

c)

eine mögliche nachteilige Auswirkung auf den Kurs der Stammaktien des Emittenten, falls keine Ausschüttungen vorgenommen werden (auf Grund von Beschränkungen hinsichtlich der Zahlung von Dividenden auf Stammaktien, wenn keine Dividenden auf Vorzugsaktien gezahlt werden),

d)

die Höhe der Rücklagen des Emittenten,

e)

eine Gewinn- oder Verlusterwartung des Emittenten für eine Berichtsperiode oder

f)

die Fähigkeit oder Unfähigkeit des Emittenten, die Höhe seines Periodenergebnisses zu beeinflussen.

Beispiel 2

Sachverhalt

A4

Die Satzung des Unternehmens besagt, dass Rücknahmen nach freiem Ermessen des Unternehmens durchgeführt werden. Sie führt jedoch weiter aus, dass ein Antrag auf Rücknahme automatisch genehmigt wird, sofern das Unternehmen mit dieser Zahlung nicht gegen lokale Liquiditäts- oder Reservevorschriften verstoßen würde.

Klassifizierung

A5

Das Unternehmen verfügt nicht über das uneingeschränkte Recht auf Ablehnung der Rücknahme. Folglich stellen die Geschäftsanteile eine finanzielle Verbindlichkeit dar. Die vorstehend beschriebene Einschränkung bezieht sich auf die Fähigkeit des Unternehmens, eine Verbindlichkeit zu begleichen. Rücknahmen werden nur dann und so lange beschränkt, wenn bzw. wie die Liquiditäts- oder Reserveanforderungen nicht erfüllt sind. Folglich führen diese Einschränkungen nach den Grundsätzen von IAS 32 nicht zu einer Klassifizierung des Finanzinstruments als Eigenkapital. In Paragraph AG25 des IAS 32 heißt es:

Vorzugsaktien können mit verschiedenen Rechten ausgestattet emittiert werden. Bei der Einstufung einer Vorzugsaktie als finanzielle Verbindlichkeit oder als Eigenkapitalinstrument bewertet ein Emittent die einzelnen Rechte, die mit der Aktie verbunden sind, um zu bestimmen, ob sie die grundlegenden Eigenschaften einer finanziellen Verbindlichkeit erfüllt. Beispielsweise beinhaltet eine Vorzugsaktie, die eine Rücknahme zu einem bestimmten Zeitpunkt oder auf Wunsch des Inhabers vorsieht, eine finanzielle Verbindlichkeit, da der Emittent zur Abgabe von finanziellen Vermögenswerten an den Aktieninhaber verpflichtet ist. Die möglicherweise fehlende Fähigkeit eines Emittenten, der vertraglich vereinbarten Rücknahmeverpflichtung von Vorzugsaktien nachzukommen, sei es aus Mangel an Finanzmitteln, auf Grund einer gesetzlich vorgeschriebenen Verfügungsbeschränkung oder ungenügender Gewinne oder Rücklagen, macht die Verpflichtung nicht hinfällig. [Hervorhebung hinzugefügt.]

RÜCKNAHMEVERBOTE (Paragraphen 8 und 9)

Beispiel 3

Sachverhalt

A6

Eine Genossenschaft hat an ihre Mitglieder zu unterschiedlichen Zeitpunkten und unterschiedlichen Beträgen bisher die folgenden Anteile ausgegeben:

a)

1. Januar 20x1 100 000 Anteile zu je WE 10 (WE 1 000 000);

b)

1. Januar 20x2 100 000 Anteile zu je WE 20 (weitere WE 2 000 000, so dass insgesamt Anteile im Wert von WE 3 000 000 ausgegeben wurden).

Die Anteile sind auf Verlangen zu ihrem jeweiligen Ausgabepreis rücknahmepflichtig.

A7

Die Satzung des Unternehmens besagt, dass kumulative Rücknahmen nicht mehr als 20 Prozent der größten Anzahl jemals in Umlauf gewesener Geschäftsanteile betragen dürfen. Am 31. Dezember 20x2 hatte das Unternehmen 200 000 umlaufende Anteile, was der höchsten Anzahl von Geschäftsanteilen entspricht, die je in Umlauf waren. Bisher wurden keine Anteile zurückgenommen. Am 1. Januar 20x3 ändert das Unternehmen seine Satzung und setzt die Höchstgrenze für kumulative Rücknahmen auf 25 Prozent der größten Anzahl jemals in Umlauf gewesener Geschäftsanteile herauf.

Klassifizierung

Vor der Satzungsänderung

A8

Die Anteile, die nicht unter das Rücknahmeverbot fallen, stellen eine finanzielle Verbindlichkeit dar. Die Genossenschaft bewertet diese finanzielle Verbindlichkeit beim erstmaligen Ansatz mit dem beizulegenden Zeitwert. Da diese Anteile auf Verlangen rücknahmepflichtig sind, bestimmt sie den beizulegenden Zeitwert gemäß den Bestimmungen von Paragraph 49 des IAS 39, in dem es heißt: „Der beizulegende Zeitwert einer finanziellen Verbindlichkeit mit einem Kontokorrentinstrument (z. B. einer Sichteinlage) ist nicht niedriger als der auf Sicht zahlbare Betrag …“ Die Genossenschaft setzt daher als finanzielle Verbindlichkeit den höchsten Betrag an, der gemäß den Rücknahmebestimmungen auf Verlangen zahlbar wäre.

A9

Am 1. Januar 20x1 beträgt der gemäß den Rücknahmevorschriften zahlbare Höchstbetrag 20 000 Anteile zu je WE 10. Dementsprechend klassifiziert das Unternehmen WE 200 000 als finanzielle Verbindlichkeit und WE 800 000 als Eigenkapital. Am 1. Januar 20x2 erhöht sich jedoch der gemäß den Rücknahmevorschriften zahlbare Höchstbetrag durch die Ausgabe neuer Anteile zu WE 20 auf 40 000 Anteile zu je WE 20. Durch die Ausgabe zusätzlicher Anteile zu WE 20 entsteht eine neue Verbindlichkeit, die beim erstmaligen Ansatz zum beizulegenden Zeitwert bewertet wird. Die Verbindlichkeit nach Ausgabe dieser Anteile beträgt 20 Prozent aller umlaufenden Anteile (200 000), bewertet mit je WE 20, also WE 800 000. Dies erfordert den Ansatz einer weiteren Verbindlichkeit in Höhe von WE 600 000. In diesem Beispiel wird weder Gewinn noch Verlust erfasst. Folglich sind jetzt WE 800 000 als finanzielle Verbindlichkeit und WE 2 200 000 als Eigenkapital klassifiziert. Dieses Beispiel beruht auf der Annahme, dass diese Beträge zwischen dem 1. Januar 20x1 und dem 31. Dezember 20x2 nicht geändert werden.

Nach der Satzungsänderung

A10

Nach Änderung ihrer Satzung kann die Genossenschaft jetzt verpflichtet werden, maximal 25 Prozent ihrer umlaufenden Anteile (= 50 000 Anteile) zu je WE 20 zurückzunehmen. Entsprechend stuft die Genossenschaft am 1. Januar 20x3 WE 1 000 000 als finanzielle Verbindlichkeit ein. Dies entspricht dem Höchstbetrag, der gemäß den Rücknahmevorschriften und in Übereinstimmung mit Paragraph 49 des IAS 39 auf Sicht zahlbar ist. Sie bucht daher am 1. Januar 20x3 WE 200 000 vom Eigenkapital in die finanziellen Verbindlichkeiten um; WE 2 000 000 bleiben weiterhin als Eigenkapital klassifiziert. In diesem Beispiel werden bei der Umbuchung weder Gewinn noch Verlust erfasst.

Beispiel 4

Sachverhalt

A11

Das lokale Genossenschaftsgesetz oder die Satzung der Genossenschaft verbieten die Rücknahme von Geschäftsanteilen, wenn das eingezahlte Kapital aus Geschäftsanteilen dadurch unter die Grenze von 75 Prozent des Höchstbetrags des eingezahlten Kapitals aus Geschäftsanteilen fallen würde. Der Höchstbetrag für eine bestimmte Genossenschaft beträgt WE 1 000 000. Am Bilanzstichtag lag das eingezahlte Kapital bei WE 900 000

Klassifizierung

A12

In diesem Fall würden WE 750 000 als Eigenkapital und WE 150 000 als finanzielle Verbindlichkeit klassifiziert werden. Zusätzlich zu den bereits zitierten Paragraphen heißt es in Paragraph 18 b) des IAS 32 u. a.:

… Ein Finanzinstrument, das den Inhaber zur Rückgabe an den Emittenten gegen flüssige Mittel oder andere finanzielle Vermögenswerte berechtigt „kündbares Instrument“), stellt eine finanzielle Verbindlichkeit dar. Dies ist selbst dann der Fall, wenn der Betrag an flüssigen Mitteln oder anderen finanziellen Vermögenswerten auf der Grundlage eines Indexes oder einer anderen veränderlichen Bezugsgröße ermittelt wird oder wenn der Inhaber auf Grund der rechtlichen Gestaltung des kündbaren Finanzinstruments einen Residualanspruch an den Vermögenswerten des Emittenten hat. Wenn der Inhaber über das Wahlrecht verfügt, das Finanzinstrument gegen flüssige Mittel oder andere finanzielle Vermögenswerte an den Emittenten zurückzugeben, erfüllt das kündbare Finanzinstrument die Definition einer finanziellen Verbindlichkeit.

A13

Das in diesem Beispiel beschriebene Rücknahmeverbot unterscheidet sich von den Beschränkungen, die in den Paragraphen 19 und AG25 des IAS 32 geschildert werden. Diese Beschränkungen stellen eine Beeinträchtigung der Fähigkeit des Unternehmens dar, den fälligen Betrag einer finanziellen Verbindlichkeit zu begleichen, d. h. sie verhindern die Zahlung der Verbindlichkeit nur dann, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind. Im Gegensatz dazu liegt in diesem Beispiel bei Erreichen einer festgelegten Grenze ein uneingeschränktes Rücknahmeverbot vor, das unabhängig von der Fähigkeit des Unternehmens besteht, die Geschäftsanteile zurückzunehmen (z. B. unter Berücksichtigung seiner Barreserven, Gewinne oder ausschüttungsfähigen Rücklagen). Tatsächlich wird das Unternehmen durch das Rücknahmeverbot daran gehindert, eine finanzielle, durch den Inhaber kündbare Verbindlichkeit einzugehen, die über eine bestimmte Höhe des eingezahlten Kapitals hinausgeht. Daher stellt der Teil der Anteile, der dem Rücknahmeverbot unterliegt, keine finanzielle Verbindlichkeit dar. Die einzelnen Geschäftsanteile können zwar, jeder für sich genommen, rücknahmepflichtig sein, jedoch ist bei einem Teil aller im Umlauf befindlichen Anteile eine Rücknahme nur bei einer Liquidation des Unternehmens möglich.

Beispiel 5

Sachverhalt

A14

Der Sachverhalt dieses Beispiels ist der gleiche wie in Beispiel 4. Zusätzlich darf das Unternehmen am Bilanzstichtag aufgrund von Liquiditätsvorschriften des lokalen Rechtskreises nur dann Geschäftsanteile zurücknehmen, wenn sein Bestand an flüssigen Mitteln und kurzfristigen Anlagen einen bestimmten Wert überschreitet. Diese Liquiditätsvorschriften am Bilanzstichtag haben zur Folge, dass das Unternehmen für die Rücknahme von Geschäftsanteilen nicht mehr als WE 50 000 aufwenden kann.

Klassifizierung

A15

Wie in Beispiel 4 klassifiziert das Unternehmen WE 750 000 als Eigenkapital und WE 150 000 als finanzielle Verbindlichkeit. Der Grund hierfür liegt darin, dass die Klassifizierung als Eigenkapital auf dem uneingeschränkten Recht des Unternehmens auf Ablehnung einer Rücknahme beruht und nicht auf bedingten Einschränkungen, die eine Rücknahme nur dann verhindern, wenn und solange Liquiditäts- oder andere Bedingungen nicht erfüllt sind. In diesem Fall finden die Bestimmungen der Paragraphen 19 und AG25 des IAS 32 Anwendung.

Beispiel 6

Sachverhalt

A16

Laut Satzung darf das Unternehmen Geschäftsanteile nur in der Höhe des Gegenwerts zurücknehmen, die in den letzten drei Jahren durch die Ausgabe zusätzlicher Geschäftsanteile an neue oder vorhandene Mitglieder erzielt wurden. Die Rücknahmeanträge von Mitgliedern müssen mit dem Erlös aus der Ausgabe von Geschäftsanteilen abgegolten werden. Während der drei letzten Jahre betrug der Erlös aus der Ausgabe von Geschäftsanteilen WE 12 000, und es wurden keine Geschäftsanteile zurückgenommen.

Klassifizierung

A17

Das Unternehmen klassifiziert WE 12 000 der Geschäftsanteile als finanzielle Verbindlichkeit. In Übereinstimmung mit den Schlussfolgerungen in Beispiel 4 stellen Geschäftsanteile, die einem uneingeschränkten Rücknahmeverbot unterliegen, keine finanziellen Verbindlichkeiten dar. Ein solches uneingeschränktes Verbot gilt für einen Betrag in Höhe des Erlöses aus der Ausgabe von Anteilen vor den vorhergehenden drei Jahren, weshalb dieser Betrag als Eigenkapital klassifiziert wird. Der Betrag in Höhe des Erlöses aus Anteilen, die in den vorhergehenden drei Jahren ausgegeben wurden, unterliegt jedoch keinem uneingeschränkten Rücknahmeverbot. Folglich entsteht durch die Ausgabe von Geschäftsanteilen in den vorhergehenden drei Jahren solange eine finanzielle Verbindlichkeit, bis diese Anteile nicht mehr kündbar sind. Das Unternehmen hat also eine finanzielle Verbindlichkeit in Höhe des Erlöses aus Anteilen, die in den vorhergehenden drei Jahren ausgegeben wurden, abzüglich etwaiger in diesem Zeitraum getätigter Rücknahmen.

Beispiel 7

Sachverhalt

A18

Das Unternehmen ist eine Genossenschaftsbank. Das lokale Gesetz, das die Tätigkeit von Genossenschaftsbanken regelt, schreibt vor, dass mindestens 50 Prozent der gesamten „offenen Verbindlichkeiten“ des Unternehmens (die laut Definition im Gesetz auch die Konten mit Geschäftsanteilen umfassen) in Form von eingezahltem Kapital der Mitglieder vorliegen müssen. Diese Bestimmung hat zur Folge, dass eine Genossenschaft, bei der alle offenen Verbindlichkeiten in Form von Geschäftsanteilen vorliegen, sämtliche Anteile zurücknehmen kann. Am 31. Dezember 20x1 hat das Unternehmen offene Verbindlichkeiten von insgesamt WE 200 000, wovon WE 125 000 auf Konten mit Geschäftsanteilen entfallen. Gemäß den Vertragsbedingungen für Konten mit Geschäftsanteilen ist der Inhaber berechtigt, eine Rücknahme seiner Anteile zu verlangen, und die Satzung des Unternehmens enthält keine Rücknahmebeschränkungen.

Klassifizierung

A19

In diesem Beispiel werden die Geschäftsanteile als finanzielle Verbindlichkeiten klassifiziert. Das Rücknahmeverbot ist mit den Beschränkungen vergleichbar, die in den Paragraphen 19 und AG25 des IAS 32 beschrieben werden. Diese Beschränkung stellt eine bedingte Beeinträchtigung der Fähigkeit des Unternehmens dar, den fälligen Betrag einer finanziellen Verbindlichkeit zu begleichen, d. h. sie verhindert die Zahlung der Verbindlichkeit nur dann, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind. Im konkreten Fall könnte das Unternehmen verpflichtet sein, den gesamten Betrag der Geschäftsanteile (WE 125 000) zurückzunehmen, wenn es alle anderen Verbindlichkeiten (WE 75 000) zurückgezahlt hätte. Folglich wird das Unternehmen durch das Rücknahmeverbot nicht daran gehindert, eine finanzielle Verbindlichkeit für die Rücknahme von Anteilen einzugehen, die über eine bestimmte Anzahl von Geschäftsanteilen oder einen bestimmten Betrag des eingezahlten Kapitals hinausgeht. Es bietet dem Unternehmen nur die Möglichkeit, eine Rücknahme aufzuschieben, bis die Bedingung — in diesem Fall die Rückzahlung anderer Verbindlichkeiten — erfüllt ist. Die Geschäftsanteile unterliegen in diesem Beispiel keinem uneingeschränkten Rücknahmeverbot und sind daher als finanzielle Verbindlichkeiten einzustufen.


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