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Die öffentlichen Finanzen der Mitgliedstaaten im Jahr 2005

Die Kommission nimmt eine Bestandsaufnahme der öffentlichen Finanzen der Mitgliedstaaten vor. Im Mittelpunkt der nachstehenden Mitteilung steht die 2005 durchgeführte Reform des Stabilitäts- und Wachstumspakts.

RECHTSAKT

Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament vom 1. Juni 2005 « Die öffentlichen Finanzen in der WWU - 2005 » [KOM(2005) 231 endgültig - Nicht im Amtsblatt veröffentlicht].

ZUSAMMENFASSUNG

Die genannte Mitteilung greift die politischen Aussagen des Berichts „Die öffentlichen Finanzen in der WWU - 2005" (EN, PDF) auf, den die Kommission seit 2000 alljährlich vorlegt. Die Kommission stellt fest, dass trotz eines geringfügigen Rückgangs des gesamtstaatlichen Defizits im Euro-Gebiet 2004 weiterhin große Unausgewogenheiten in den Haushalten einiger Länder bestehen (Deutschland, Zypern, Frankreich, Griechenland, Ungarn, Italien, Malta, Polen, Slowakei und das Vereinigte Königreich). Den Prognosen zufolge dürften die Defizite im Euro-Gebiet und in der EU 2005 und 2006 weitgehend stabil bleiben.

Einleitung von Defizitverfahren gegen zehn Mitgliedstaaten

Die Mitteilung ist vor dem Hintergrund der Reform des Stabilitäts- und Wachstumspakts (SWP) zu sehen. Seit dem Sommer 2004 sind gegen zehn Länder der Europäischen Union Defizitverfahren eingeleitet worden:

  • Frankreich und Deutschland. Im Anschluss an das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften * haben die beiden Länder Maßnahmen ergriffen, die zu einer Korrektur ihres übermäßigen Defizits im Jahr 2005 führen könnten. Derzeit sind keine weiteren Maßnahmen im Rahmen des Defizitverfahrens notwendig;
  • die Niederlande. Das Defizit der Niederlande 2004 ist auf 2,5 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) gesunken, und die Kommission hat im Mai 2005 vorgeschlagen, die Entscheidung über die Existenz eines übermäßigen Defizits aufzuheben;
  • Malta, Polen, die Slowakei, die Tschechische Republik, Ungarn und Zypern. Der Rat stellte fest, dass in diesen Ländern ein übermäßiges Defizit besteht und beschloss, Empfehlungen an die Länder zu richten. Abgesehen von Ungarn haben alle Länder auf die Empfehlung reagiert und wirksame Maßnahmen zur Defizitreduzierung eingeleitet;
  • Griechenland. Der Rat hat eine Inverzugsetzung an Griechenland gerichtet und damit die letzte Phase vor der Verhängung von Sanktionen ausgelöst. Griechenland muss sein übermäßiges Defizit (2003: 5,2 % des BIP / 2004: 6,1 % des BIP) bis 2006 einer außergewöhnlich umfangreichen Korrektur unterziehen.

Nach der Korrektur der öffentlichen Finanzen Griechenlands im Jahr 2004 legt die Kommission besonderes Gewicht auf eine Verbesserung der Haushaltsstatistiken. In einer Mitteilung über eine europäische Gouvernance-Strategie für Finanzstatistiken [KOM(2004) 832 endgültig] legte die Kommission drei Aktionsbereiche hierfür fest:

  • Weiterentwicklung der Rechtsvorschriften;
  • Weiterentwicklung der operationellen Kapazität der Kommission;
  • Definition europäischer Standards für die Unabhängigkeit von statistischen Ämtern.

Reform des Stabilitäts- und Wachstumspakts: Analyse der Haushaltsdaten

In der Mitteilung sind nimmt die wichtigsten Phasen der Reform des Stabilitäts- und Wachstumspakts aufgeführt. Die Diskussion hat zu einer Änderung der Grundregeln für eine stärkere Haushaltsüberwachung und zur Durchführung des Defizitverfahrens geführt.

Die Kommission stellt fest, dass der Bericht zum Verständnis für Fragen der öffentlichen Finanzen in der Union beitragen und die Haushaltsüberwachung intensivieren soll. Der Bericht 2005 enthält eine Analyse der Diskrepanz zwischen den in den Stabilitäts- und Konvergenzprogrammen vorgelegten Haushaltsplänen und den Ergebnissen, eine Analyse der maßgeblichen Gründe für die Schuldendynamik sowie eine Analyse der langfristigen Nachhaltigkeit der öffentlichen Finanzen.

Auf der Grundlage dieser Analysen ist die Kommission in der Lage,

  • eine wirksame Haushaltsplanung umzusetzen. Die Kommission hat eine Fülle von Daten zu Haushaltsplänen erhoben, die genutzt werden, um zu analysieren, wie die tatsächlichen Haushaltsentwicklungen in den Mitgliedstaaten im Vergleich zu den Plänen verlaufen sind. Auf der Grundlage dieser Daten konnte die Kommission auch evaluieren, wie sich die Bewertung der Stabilitäts- und Konvergenzprogramme im Laufe der Jahre entwickelt hat. Die Kommission unterstreicht, wie wichtig es ist, Wege zu finden, übermäßige öffentliche Ausgaben zu vermeiden und bessere Ausgabenstrukturen im Hinblick auf die bessere Übereinstimmung mit den neuen Lissabonprioritäten in einer qualitätssteigernden Weise zu planen;
  • die Bestimmungsgründe der Schuldendynamik zu verstehen. Die Kommission legt das Hauptaugenmerk auf die so genannte Bestandsanpassung, bei der die verbleibende Diskrepanz zwischen der Veränderung beim ausstehenden Schuldenbestand und dem allgemeinen Staatsdefizit entsprechend der Definition des Protokolls zum Vertrag von Maastricht beachtet wird. Die traditionelle Analyse konzentriert sich auf Defizite und das nominale Wachstum, während der Bestandsanpassung wesentlich weniger Aufmerksamkeit zuteil wird. Gleichwohl birgt diese Komponente relevante Informationen über die Entwicklung der staatlichen Vermögenswerte und der Verbindlichkeiten und die Diskrepanz zwischen den Defiziten. Die Analyse zeigt, dass die Bestandsanpassung in den vergangenen Jahren im Durchschnitt positiv war (und folglich zum Schuldenaufbau beiträgt) und dass in einigen Ländern die Bestandsanpassung zum Teil mit Kassendefiziten zusammenhängt, die durchweg höher sind als die Defizite nach der Maastricht-Definition;
  • der langfristigen Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen mehr Bedeutung beizumessen. Angesichts der Auswirkungen der Bevölkerungsalterung auf die Haushalte und der Notwendigkeit, das europäische Gesellschaftsmodell zu finanzieren, muss die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen gewährleistet sein. Aus dem Bericht 2005 geht hervor, dass die meisten Mitgliedstaaten ohne eine mittelfristige Haushaltskonsolidierung keine tragfähige Haushaltsposition erreichen werden. Die Reform des Stabilitäts- und Wachstumspakts trägt dazu bei, die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu gewährleisten. In diesem Zusammenhang wird der Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten und der Kommission über nationale alterungsbezogene Ausgabenschätzungen zu mehr Transparenz und einer genaueren Einschätzung der langfristigen Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen führen.

Strukturreformen und Haushaltsziele

Die Kommission misst wirtschaftlichen Reformen für mehr Wachstum und Beschäftigung große Bedeutung bei. Der Bericht prüft den Zusammenhang zwischen der Durchführung von Strukturreformen und den Haushalten bei der Umsetzung der EU-Finanzvorschriften. Dieser wichtige Aspekt ist bisher vernachlässigt worden.

Gezielte Reformen können zur Eindämmung bestimmter Staatsausgaben (z.B. Rentenreformen oder Reformen im Gesundheitssektor) führen. Reformen zur Erhöhung des Produktions- und Wachstumspotenzials können ebenfalls indirekte positive Auswirkungen haben. Allerdings können numerische Vorschriften zur Begrenzung von Defiziten dazu führen, dass keine Strukturreformen durchgeführt werden. Der Zielkonflikt zwischen Reformen und Haushaltszielen lässt sich durch den kurzfristig erforderlichen Mittelbedarf der Reformen und die Tatsache erklären, dass die Reformen für bestimmte Gesellschaftsgruppen kostspielig sein können, so dass Steuersenkungen oder staatliche Transferleistungen notwendig werden können.

Der Bericht analysiert die Reformen des Arbeits- und Gütermarktes sowie der Rentensysteme anhand von zwei Fragen: Welche Auswirkungen haben die Reformen kurzfristig auf die Haushalte? und Gibt es Hinweise darauf, dass eine Haushaltskonsolidierung Reformen verhindert? Die Analyse bestätigt die Annahme, dass Reformen in Jahren der Haushaltskonsolidierung seltener durchgeführt werden, nicht. Allerdings kommt es infolge von Reformen im Allgemeinen zu einer leichten Verschlechterung der Haushaltssalden. Nach Meinung der Kommission muss bei der Art und Weise, wie strukturelle Reformen bei der Umsetzung des Stabilitäts- und Wachstumspakts (SWP) berücksichtigt werden, vorsichtig vorgegangen werden. Das SWP-Reformpaket von 2005 enthält Bestimmungen zur Gewährleistung, dass die Haushaltsziele der EU-Finanzvorschriften Strukturreformen, die zur Konsolidierung der öffentlichen Finanzen und verstärktem Wachstum beitragen können, nicht widersprechen.

Neue Mitgliedstaaten - Neue Anforderungen an den Haushalt

Die zehn Mitgliedstaaten, die der EU 2004 beigetreten sind, setzen ihre wirtschaftliche Integration durch ein Aufholen beim Einkommensniveau und der voraussichtlichen Einführung des Euro fort. Die Finanzpolitik kann einen wesentlichen Beitrag im Rahmen dieses Prozesses dieser Länder leisten, indem eine effiziente und nachhaltige Steuer- und Ausgabenpolitik durchgeführt und eine stabile Entwicklung der Wirtschaft unterstützt wird. Kurzfristig müssen einige der neuen Mitgliedstaaten schwierige Entscheidungen treffen: Höhere Ausgaben für Infrastruktur, Ausbildung oder FuE machen es schwieriger, Haushaltsdefizite einzudämmen. Der Bericht prüft die wichtigsten Herausforderungen für die Finanzpolitik der neuen Mitgliedstaaten (z.B. die Auswirkungen der Bevölkerungsalterung auf den Haushalt).

Dank eines hohen Potenzialwachstums und in einigen Fällen einer niedrigen öffentlichen Verschuldung sind die neuen Mitgliedstaaten in der Lage, einen Teil ihres Bedarfs zu finanzieren. Allerdings ist der Bestand von Eventualverbindlichkeiten in vielen der kürzlich beigetretenen Mitgliedstaaten vergleichsweise hoch, was das Risiko eines unerwartet starken Anwachsens der Verschuldung in sich birgt, falls sich Faktoren einstellen, die die Erfüllung staatlicher Zahlungsgarantien herbeiführen. Die Kommission weist darauf hin, wie wichtig es ist, dass die Mitgliedstaaten Zeiten starken Wachstums für Haushaltskonsolidierungen nutzen und sich somit einen angemessenen Spielraum zur Stabilisierung der Wirtschaft bei einem Konjunkturabschwung zu sichern.

Die Kommission ist der Auffassung, dass die Politiker in den neuen Mitgliedstaaten über den nötigen Spielraum verfügen, um die Wachstums- und Stabilitätsziele ihrer Länder zu verfolgen und gleichzeitig eine angemessene Verwaltung ihrer öffentlichen Finanzen zu gewährleisten. In diesem Zusammenhang sind Anstrengungen in folgenden Bereichen erforderlich:

  • Umstrukturierung der vorhandenen Ausgabenprogramme;
  • Verbesserung der Steuerbasis, um die öffentlichen Finanzen zu stärken und Wachstumsanreize zu schaffen.;
  • Verbesserung der Transparenz der Haushaltsverfahren;
  • Verbesserung des Risikomanagements im Privatsektor durch eine gut konzipierte Aufsichtspolitik.

Insgesamt zeigt die Analyse, dass die Vorschriften über die ökonomische Überwachung und die Haushaltsüberwachung in der EWU zwar positive Ergebnisse gebracht haben, dass die Mitgliedstaaten aber noch mehr tun müssen, um die erwarteten Ergebnisse zu erreichen. Die Reform des SWP und die Strategie von Lissabon waren auf die Notwendigkeit zurückzuführen, die Verfahrensregeln an die wirtschaftliche Realität der Mitgliedstaaten anzupassen. Der reformierte Stabilitäts- und Wachstumspakt wird sich in den kommenden Jahren bewähren müssen. Die Art und Weise, wie die neuen Vorschriften von Anfang an umgesetzt werden, werden entscheidend für ihre Glaubwürdigkeit sein. Die Kommission ermutigt die Mitgliedstaaten nachdrücklich, diese ehrgeizige Strategie zu verfolgen, indem sie die Qualität ihrer öffentlichen Finanzen verbessern und ihre Tragfähigkeit sicherstellen.

Schlüsselwörter des Rechtsakts

  • Urteil C-27/04: Die Diskussion über den Stabilitäts- und Wachstumspakt wurde durch ein Urteil vom 13. Juli 2004 des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) zu den Defizitverfahren gegen Deutschland und Frankreich beschleunigt. Die Kommission hatte im November 2003 Empfehlungen an den Rat gerichtet, um die Defizitverfahren gegen Deutschland und Frankreich voranzubringen. Der Rat hatte diesen Empfehlungen nicht Rechnung getragen sondern stattdessen die Defizitverfahren ausgesetzt. Dabei hatte er geltend gemacht, dass seine Schlussfolgerungen Texte politischer Natur sind. Der Gerichtshof entschied, dass die Klage der Kommission unzulässig ist, soweit sie darauf gerichtet ist, die Nichtannahme der in den Empfehlungen der Kommission enthaltenen förmlichen Rechtsinstrumente durch den Rat der Europäischen Union für nichtig zu erklären. Außerdem erklärte er die Schlussfolgerungen des Rates vom 25. November 2003 in Bezug auf Frankreich und Deutschland für nichtig, soweit sie die Entscheidung enthalten, das Verfahren bei einem übermäßigen Defizit auszusetzen.

See also

Sie finden weiter führende Informationen auf der Webseite der Generaldirektion (GD) Wirtschaft und Finanzen:

  • die öffentlichen Finanzen in der Wirtschafts- und Währungsunion (WWU): die Berichte seit 2000 (EN).

Letzte Änderung: 19.12.2005

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