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Auslieferungsübereinkommen zwischen den Mitgliedstaaten

Das Auslieferungsübereinkommen, das meistens durch den Rahmenbeschluss über den Europäischen Haftbefehl ersetzt wird, soll in bestimmten Fällen die Auslieferung zwischen den Mitgliedstaaten erleichtern. Es ergänzt andere einschlägige internationale Abkommen wie das Europäische Auslieferungsübereinkommen von 1957, das Europäische Übereinkommen zur Bekämpfung des Terrorismus von 1977 und das Übereinkommen der Europäischen Union über das vereinfachte Auslieferungsverfahren von 1995.

RECHTSAKT

Auf Grund von Artikel K.3 des Vertrags über die Europäische Union erlassener Rechtsakt des Rates vom 27. September 1996 über die Ausarbeitung des Übereinkommens über die Auslieferung zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union.

ZUSAMMENHANG

Das Übereinkommen wurde am 1. Januar 2004 durch den Rahmenbeschluss des Rates vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten [Amtsblatt L 190 vom 18.7.2002] ersetzt, doch wird es gelegentlich noch angewandt, wenn der Europäische Haftbefehl nicht in Frage kommt. Bis zum 29. Juni 2005 hatten es jedoch erst 12 Mitgliedstaaten in Kraft gesetzt.

Mit dem Übereinkommen soll die Auslieferung zwischen den Mitgliedstaaten in den darin aufgeführten Fällen erleichtert werden. Zu diesem Zweck werden eine Reihe von Grundsätzen aufgestellt, von deren Anwendung die Mitgliedstaaten unter bestimmten Voraussetzungen absehen können. Die meisten Mitgliedstaaten, die das Übereinkommen bisher ratifiziert haben, legten entsprechende Vorbehalte ein.

Das Übereinkommen benennt zunächst die Handlungen, auf die das Auslieferungsverfahren Anwendung findet. Es handelt sich dabei um Handlungen, die nach dem Recht des ersuchenden Mitgliedstaats mit einer Freiheitsstrafe oder einer die Freiheit beschränkenden Maßregel der Sicherung und Besserung im Höchstmaß von höchstens zwölf Monaten und nach dem Recht des ersuchten Mitgliedstaats mit einer Freiheitsstrafe oder einer die Freiheit beschränkenden Maßregel der Sicherung und Besserung im Höchstmaß von höchstens sechs Monaten bedroht sind. Das Übereinkommen erleichtert vor allem die Auslieferung bei Verabredung einer strafbaren Handlung oder Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung, wenn diese die Begehung insbesondere folgender Straftaten zum Ziel hatten:

  • eine oder mehrere Straftaten nach den Artikeln 1 und 2 des Europäischen Übereinkommens zur Bekämpfung des Terrorismus;
  • jede andere Straftat auf dem Gebiet des unerlaubten Verkehrs mit Suchtstoffen oder bestimmter Formen der organisierten Kriminalität oder Gewalttaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit oder Freiheit einer Person oder Gewalttaten, die zu einer Gemeingefahr für Personen führen.

Grundsätzlich darf keine strafbare Handlung vom ersuchten Mitgliedstaat als politische strafbare Handlung angesehen werden. Bei Steuerstraftaten kann die Auslieferung nicht mit der Begründung verweigert werden, dass das Recht des ersuchten Mitgliedstaats nicht die gleichen Abgaben oder Steuern vorsieht.

Falls die Mitgliedstaaten nicht entsprechende Vorbehalte einlegen, darf die Auslieferung grundsätzlich nicht mit der Begründung abgelehnt werden, dass die betreffende Person Staatsangehöriger des ersuchten Mitgliedstaats ist.

Im Allgemeinen darf die Auslieferung auch nicht deswegen abgelehnt werden, weil die Strafverfolgung oder die Strafvollstreckung nach den Rechtsvorschriften des ersuchten Mitgliedstaats verjährt ist; obligatorisch ist die Ablehnung jedoch bei unter eine Amnestie fallenden Straftaten.

Für Handlungen, die vor der Übergabe begangen wurden, und die nicht dem Auslieferungsersuchen zu Grunde liegen, kann die ausgelieferte Person, ohne dass die Zustimmung des ersuchten Mitgliedstaats erforderlich ist, grundsätzlich insbesondere verfolgt oder abgeurteilt werden, wenn die Strafverfolgung nicht zu keinerlei die persönliche Freiheit beschränkenden Maßnahme führt. Hat sie aber nach ihrer Übergabe ausdrücklich auf die Anwendung des Grundsatzes der Spezialität verzichtet, kann sie wegen der gleichen Handlungen im Hinblick auf die Vollstreckung einer Strafe oder einer ihre persönliche Freiheit beschränkenden Maßregel der Sicherung und Besserung verfolgt, abgeurteilt oder in Haft genommen werden.

Jeder Mitgliedstaat benennt die Behörde, die beauftragt ist, sämtliche Unterlagen im Zusammenhang mit Auslieferungsersuchen zu übermitteln und in Empfang zu nehmen. Jeder Mitgliedstaat kann jedoch erklären, dass er die anderen Mitgliedstaaten, die die gleiche Erklärung abgegeben haben, zum direkten Kontakt zwischen den Justizbehörden ermächtigt, die befugt sind, zusätzliche Informationen zu Auslieferungsersuchen anzufordern.

Bezug

Rechtsakt

Datum des Inkrafttretens

Termin für die Umsetzung in den Mitgliedstaaten

Amtsblatt

Rechtsakt des Rates vom 27. September 1996

90 Tage nach Ratifizierung durch die Mitgliedstaaten

-

Amtsblatt C 313 vom 23.10.1996

VERWANDTE RECHTSAKTE

Beschluss 2003/169/JI des Rates vom 27. Februar 2003 zur Festlegung der Bestimmungen im Übereinkommen von 1995 über das vereinfachte Auslieferungsverfahren zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union und der Bestimmungen im Übereinkommen von 1996 über die Auslieferung zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die eine Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands im Sinne des Übereinkommens über die Assoziierung der Republik Island und des Königreichs Norwegen bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands darstellen [Amtsblatt L 67 vom 12.3.2003]. In diesem Beschluss werden die Beziehungen zwischen den genannten Übereinkommen dargelegt. Bestimmte Bestimmungen des Auslieferungsübereinkommens von 1996 stellen eine Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands dar. Der Beschluss tritt am 13.03.2003 in Kraft.

Übereinkommen über die Auslieferung zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union - Erläuternder Bericht [Amtsblatt C 191 vom 23.6.1997] Die Kommission hat diesen Bericht zur Erläuterung erstellt; er wurde vom Rat am 26. Mai 1997 gebilligt.

Letzte Änderung: 25.10.2005

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