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Document 52017AE3421

Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Bericht der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen — Bericht über die Wettbewerbspolitik 2016“ (COM(2017) 285 final)

ABl. C 81 vom 2.3.2018, p. 111–116 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

2.3.2018   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 81/111


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Bericht der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen — Bericht über die Wettbewerbspolitik 2016“

(COM(2017) 285 final)

(2018/C 081/15)

Berichterstatter:

Paulo BARROS VALE

Befassung

Europäische Kommission, 5.7.2017

Rechtsgrundlage

Artikel 304 AEUV

 

 

Zuständige Fachgruppe

Binnenmarkt, Produktion, Verbrauch

Annahme in der Fachgruppe

4.10.2017

Verabschiedung auf der Plenartagung

18.10.2017

Plenartagung Nr.

529

Ergebnis der Abstimmung

(Ja-Stimmen/Nein-Stimmen/Enthaltungen)

177/1/3

1.   Schlussfolgerungen und Empfehlungen

1.1.

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) begrüßt den Inhalt des Berichts über die Wettbewerbspolitik 2016 (1), den er insgesamt gutheißt. Er äußert jedoch gewisse Bedenken vor dem Hintergrund der aktuellen Situation und seiner Vorstellungen von einer möglichen europäischen Wettbewerbspolitik.

1.2.

Der EWSA begrüßt die Anstrengungen, die die Kommission zur Durchsetzung der Wettbewerbsvorschriften und auf dem Gebiet der internationalen Zusammenarbeit unternommen hat, da sie damit zu einem fairen und freien Wettbewerbsumfeld beiträgt.

1.3.

Nach Ansicht des EWSA sollte die Wettbewerbspolitik besser definiert werden; sie ist in vielen Fällen von den andern, für sie relevanten Politikbereichen der EU abgekoppelt. Unternehmen wie Verbraucher stehen vor einer Reihe von Problemen, die über die von der Kommission im Rahmen der Wettbewerbspolitik behandelten Themen hinausgehen und die den Binnenmarkt beeinträchtigen, wie zum Beispiel die Probleme im Zusammenhang mit der Besteuerung.

1.4.

Die Kommission verfügt nur über beschränkte Befugnisse, hat aber auch das Initiativrecht, das sie ambitionierter wahrnehmen könnte, um zum einen die Wettbewerbspolitik mit den anderen EU-Politikbereichen zu verknüpfen und zum anderen ein besseres Ineinandergreifen mit der Arbeit der nationalen Wettbewerbsbehörden (NWB) zu erreichen. Die europäische Wettbewerbspolitik und die einzelstaatlichen Wettbewerbspolitiken müssen vollends miteinander im Einklang stehen, damit die Kommission und die NWB konstruktiver zusammenarbeiten können.

1.5.

Tagtäglich sind bestimmte Gruppen — insbesondere KMU und Verbraucher — mit den negativen Auswirkungen des Wettbewerbs konfrontiert: die Geschäftspraktiken großer Handelskonzerne, die in Folge aggressiver Verhandlungsgebaren kleinere Unternehmen zerstören und das Angebot für die Verbraucher einschränken; unklare Formeln der Preisbildung, z. B. bei Energie sowie Kraft- und Brennstoffen, die sich negativ auf Unternehmen und Verbraucher auswirken; fortgesetzte Dumpingpraktiken, insbesondere im Handel und im Transportsektor — das alles sind Probleme, die von den NWB und der Kommission ständig wachsam beobachtet und bekämpft werden müssen.

1.6.

Obwohl erwiesen ist, dass die Macht großer Konzerne den Wettbewerb verzerren kann, hat die Kommission Zusammenschlüsse und Konzentrationen genehmigt, durch die wahrhaftige Branchenriesen entstanden sind. Der EWSA fordert die Kommission auf, in diesen Verfahren tatsächlich wirksame Abhilfemaßnahmen festzulegen und in Bezug auf die Aktivitäten großer Konzerne wachsam zu bleiben und auf die Einhaltung der Vorschriften und die Wahrung der Interessen der Verbraucher und der KMU zu dringen.

1.7.

Aufgrund des Vertrags gibt es keine Möglichkeit zur Harmonisierung der Steuerpolitiken. Unterschiede in der Besteuerung, bei den direkten wie auch den indirekten Steuern, beeinträchtigen Unternehmen wie Verbraucher und verschärfen Asymmetrien. Der EWSA bekräftigt, dass die Wettbewerbspolitik für eine Verringerung der steuerbedingten Wettbewerbsverzerrungen sorgen muss, solange in der EU die Steuerpolitik den Mitgliedstaaten vorbehalten bleibt.

1.8.

Die internationale Zusammenarbeit wurde weiter entwickelt, wobei derzeit über verschiedene Abkommen verhandelt wird. Der EWSA spricht sich dafür aus, hier echte Bündnisse anzustreben, und empfiehlt, dass in die geschlossenen Abkommen auch die umfassenden Überlegungen einfließen, die bereits zum Inhalt von Handelsabkommen angestellt wurden.

2.   Inhalt des Berichts über die Wettbewerbspolitik 2016

2.1.

In dem Bericht werden allgemein die Maßnahmen dargelegt, die die Kommission im Jahr 2016 im Bereich der Wettbewerbspolitik ergriffen hat, wobei dies die Zusammenfassung einer umfassenderen Arbeitsunterlage der Kommission ist (2).

2.2.

Der Präsident der Europäischen Kommission Jean-Claude Juncker äußerte sich in seiner Rede zur Lage der Nation im Jahr 2016 wie folgt zur Bedeutung der Wettbewerbspolitik: „Zu den einheitlichen Rahmenbedingungen gehört ebenso, dass Verbraucher in Europa vor Kartellen und Marktmissbrauch durch mächtige Unternehmen geschützt werden. […] Die Kommission achtet auf diese Steuerfairness. Das ist die soziale Seite des Wettbewerbsrechts.“

2.3.

Der Bericht ist in sechs Abschnitte unterteilt: Einführung; Gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle: Wie trägt die Beihilfenkontrolle zur Bewältigung dieser Herausforderung bei?; Mehr Wettbewerb und Innovation im digitalen Binnenmarkt; Schaffung eines Binnenmarkts, der die Handlungskompetenz der Bürger und Unternehmen in der EU stärkt; Erschließung des Potenzials der Europäischen Energieunion und der Kreislaufwirtschaft; Gestaltung einer europäischen und weltweiten Wettbewerbskultur.

2.4.

Der Inhalt des Berichts wird vom EWSA insgesamt begrüßt. Der Ausschuss äußert sich allerdings kritisch zur folgenden Aussage unter der Überschrift „Weiterführung eines fruchtbaren interinstitutionellen Dialogs“: „Die Vorschriften über staatliche Beihilfen gewährleisten auch die Wahrung gleicher Wettbewerbsbedingungen für Banken, die staatliche Beihilfen erhalten, und Banken, bei denen dies nicht der Fall ist.“ Banken, die staatliche Beihilfen erhalten haben, wurde zwar eine Reihe von Bedingungen auferlegt, aber es lässt sich nicht behaupten, dass zwischen den Banken, die staatliche Beihilfen erhalten, und den anderen Banken gleiche Wettbewerbsbedingungen gewahrt wurden. Hier ist eine Wettbewerbsverzerrung gegeben, die durch die auferlegten Abhilfemaßnahmen kaum ausgeglichen wurde.

3.   Allgemeine Bemerkungen

3.1.

Der EWSA begrüßt den Bericht über die Wettbewerbspolitik 2016, der sich mit Fragen von großer Bedeutung für den Alltag der Bürger und Unternehmen befasst.

3.2.

Die europäischen Unternehmen sind mehrheitlich KMU. Sie bilden das Rückgrat der europäischen Wirtschaft und leiden aufgrund ihrer Größe bei unlauterem Wettbewerb besonders stark.

3.3.

Im Lebensmitteleinzelhandel leiden die KMU ganz besonders unter dem Missbrauch marktbeherrschender Stellungen durch die großen Supermarktketten, die mit ihrer großen Verhandlungsmacht und unter Umgehung der Wettbewerbsvorschriften unlautere Verhandlungsgebaren einsetzen, die die Kleinerzeuger und kleinen Einzelhändler zerstören, das Angebot einschränken und die Interessen der Verbraucher beeinträchtigen. Der EWSA empfiehlt der Kommission, in künftige Berichte über die Wettbewerbspolitik eine Analyse der Funktionsweise der Lebensmittelversorgungskette aufzunehmen.

3.4.

In Bezug auf den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung und andere wettbewerbsbeschränkende Praktiken ist das Vorgehen der nationalen Wettbewerbsbehörden (NWB) von großer Bedeutung. Die Kapazitäten der NWB in Bezug auf ihre Ressourcen, Befugnisse und Unabhängigkeit wurden von der Kommission untersucht, wobei nun im Nachgang zu dem festgestellten Verbesserungsbedarf Maßnahmen erwartet werden. Der EWSA bekräftigt seine Ansicht, dass die NWB ihre Arbeit stärker präventiv ausgerichtet sein sollten, statt nur auf Beschwerden von Unternehmen oder Verbrauchern zu reagieren, was insbesondere für den fortgesetzten Missbrauch marktbeherrschender Stellungen in Geschäftsverhandlungen gilt. Die Überwachung der Verhandlungen könnte dazu beitragen, den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung in gewissen Fällen zu verhindern und dadurch kleine Unternehmen und Verbraucher zu schützen.

3.5.

Gerade in diesem Bereich muss die wirksame Durchsetzung der Schadensersatzansprüche der Geschädigten kartellrechtswidriger Praktiken gewährleistet werden, da die Richtlinie 2014/104/EU vom 26. November 2014 und die Empfehlung über gemeinsame Grundsätze für kollektive Streitbeilegungsverfahren im Rahmen von Zuwiderhandlungen gegen wettbewerbsrechtliche Bestimmungen sich nicht als geeignet erwiesen haben, um den notwendigen kollektiven Rechtsschutz für die Geschädigten dieser Verstöße sicherzustellen.

3.6.

Es gab mehrere Zusammenschlüsse und Konzentrationen in verschiedenen Sektoren, die Branchenriesen hervorgebracht haben, die das Funktionieren des Marktes beeinträchtigen und die Wettbewerbsregeln untergraben könnten. Die Kommission wurde ersucht, sich zu einigen dieser Verfahren zu äußern. In der Praxis wurden nur wenige Vorgänge unterbunden, wobei die auferlegten Abhilfemaßnahmen hinter den Erwartungen zurückblicken. Die Kommission verfolgt einerseits Kartelle, genehmigt andererseits aber auch Fusionen und Übernahmen ohne Ausgleichsmaßnahmen. Der EWSA ist besorgt über die mögliche Gefahr, dass sich in einigen Branchen große Gruppen herausbilden, was zu erheblichen Wettbewerbsverzerrungen, zur Zerstörung nicht weniger KMU und zur Beeinflussung der Verbraucherentscheidungen führen kann, und fordert die Kommission daher zur Wachsamkeit auf.

3.7.

Die Wettbewerbsverzerrungen, die sich aus den Außenbeziehungen der EU ergeben, wirken sich sowohl auf die Einfuhren als auch auf die Ausfuhren aus. Auf den europäischen Markt gelangen nämlich Produkte aus Ländern, in denen es nach wie vor Sozialdumping, missbräuchliche Umweltpraktiken und auch staatliche Beihilfen gibt, die nach EU-Recht als illegal eingestuft würden. Zudem wird der Zugang europäischer Unternehmen zu anderen Märkten dadurch erschwert, dass sie, die sich an die Vorschriften halten, beim Preiswettbewerb mit den Konkurrenten aus Ländern mit günstigeren Rechtsvorschriften oder ineffizienten Durchsetzungskontrollen ganz einfach nicht mithalten können.

3.8.

Gleichwohl kann es auch aufgrund von EU-Rechtsvorschriften zu Wettbewerbsverzerrungen kommen. Ein Beispiel hierfür ist die REACH-Verordnung (über die Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe), die ab dem 31. Mai 2018 für Unternehmen gilt, die chemische Stoffe als solche, in Gemischen oder in Erzeugnissen in einer Menge von mehr als 1 Tonne pro Jahr herstellen oder auf dem Markt bringen. Diese Verordnung verpflichtet die Unternehmen, chemische Stoffe, die sie als solche, in Gemischen oder in Erzeugnissen in einer Menge von mehr als 1 Tonne pro Jahr verwenden, bei der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) zu registrieren und eine entsprechende Gebühr dafür zu zahlen. Der Anmelder gilt als rechtmäßiger Besitzer des entsprechenden Berichtes, wodurch die darin enthaltenen Informationen als Ware angesehen und von den Erstanmeldern — zumeist größere Unternehmen oder Firmen mit erheblicher Wirtschaftskraft — auf dem Markt gehandelt werden können. In der Praxis wird dem Unternehmen, das bei der ECHA eine Registrierung vornehmen will, mitgeteilt, dass es sich mit dem Hauptanmelder in Verbindung setzen muss, der dem Unternehmen dann den Preis für den Zugang zu den hinterlegten Informationen mitteilt, der sich auf mehrere Zehntausend oder Hunderttausend Euro pro Stoff belaufen kann. Es wurde festgelegt, dass Hersteller oder Importeure zum Zwecke der Registrierung mindestens die in den zwölf Jahren davor gemäß der Verordnung vorgenommenen Registrierungen verwenden können. In der Praxis ist es jedoch so, dass mit dem Heranrücken des Datums, ab dem die REACH-Verordnung vollumfassend für alle Stoffe gilt, die in einer Menge von über 1 Tonne pro Jahr hergestellt oder auf den Markt gebracht werden, die Erstanmelder von Kleinstunternehmen und KMU der jeweiligen Branche für die sogenannte Zugangsbescheinigung für den Zugang zu den bei der ECHA hinterlegten Daten die Zahlung hoher Beträge oder sogar eine Umsatzbeteiligung verlangen. Diese Daten sollten eigentlich für alle Bürger und Unternehmen der Europäischen Union öffentlich und kostenlos zugänglich sein, um den Zweck ihrer Gründung — Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt — zu erfüllen. In diesem Fall könnten durch die Verordnung, deren Ziel ja ein besserer Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt vor den Risiken bei der Verwendung von Chemikalien ist, Hindernisse für den Markteintritt neuer Unternehmen und den freien Verkehr von chemischen Stoffen geschaffen werden, was Wettbewerbsbeschränkungen und den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung durch größere Unternehmen verursacht. Der EWSA weist auf die Notwendigkeit einer Bewertung und Überprüfung der REACH-Verordnung hin, um etwaige sich aus ihrer Anwendung ergebende Wettbewerbshindernisse zu beseitigen.

3.9.

Die Thematik der Bankfusionen und der staatlichen Beihilfen für den Bankensektor ist weiterhin auf der Tagesordnung. Die jüngste Finanzkrise und ihre Auswirkungen auf die Realwirtschaft und das Vertrauen der Märkte haben dazu geführt, dass der Bankensektor aus berechtigter Sorge vor neuen schwerwiegenden Notfällen ständig genauestens beobachtet wird. Der Finanzsektor wurde durch zeitlich befristete staatliche Beihilfen vor dem Zusammenbruch gerettet. Die Banken erlitten während der Finanzkrise große Verluste und sind aufgrund der derzeitigen Spreads nun mit geringeren Margen konfrontiert. Im Zuge der Umstrukturierung des Sektors sind einige Institute von der Bildfläche verschwunden, es kam aber auch zu Konzentrationen, die nicht nur unter dem Gesichtspunkt der Stabilität des Finanzsektors gegenüber ähnlichen Krisen bedenklich sein könnten, sondern auch und besonders im Hinblick auf mögliche Wettbewerbsverzerrungen aufgrund der Größe dieser neuen Konzerne. Der EWSA fordert die Kommission auf, in Bezug auf mögliche Fälle des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung aufmerksam und wachsam zu bleiben, da diese die Interessen der Verbraucher und die Finanzierung der Unternehmen, insbesondere der KMU, schädigen können.

4.   Besondere Bemerkungen

4.1.   Staatliche Beihilfen

4.1.1.

Staatliche Beihilfen sind ein wichtiges Instrument für die Entwicklung, da sie die Konvergenz benachteiligter Gebiete und die Förderung der Beschäftigung und der Wirtschaft ermöglichen. Die knappen Mittel müssen sinnvoll eingesetzt werden und dürfen nicht mit den bewährten Verfahren im Bereich Wettbewerb kollidieren.

4.1.2.

Der EWSA bekräftigt seine Überzeugung, dass die laufenden Bemühungen zur Modernisierung der staatlichen Beihilfen mit den Zielen der Strategie Europa 2020, der Kohäsionspolitik und der Wettbewerbspolitik im Einklang stehen müssen, wobei die Bedeutung der staatlichen Beihilfen in den Sektoren gewahrt bleiben muss, die entscheidend zur Entwicklung Europas und zu öffentlichen Dienstleistungen beitragen, die soziale Bedürfnisse abdecken.

4.1.3.

Der EWSA hat sich in der Vergangenheit bereits für die Modernisierung des Beihilferechts ausgesprochen. Er begrüßt, dass die Bewilligungsbehörden nun verpflichtet sind, Informationen über jede Einzelbeihilfe von über 500 000 EUR zu erteilen (3).

4.1.4.

Dies ist eine Reaktion darauf, dass sich die EU-Bürger über die gewährten staatlichen Beihilfen nicht ausreichend informiert fühlen (4). Jetzt müssen die Möglichkeiten zur Konsultation dieser Informationen und anderer Informationen über die Vorschriften für die Gewährung und Rückforderung staatlicher Beihilfen besser bekannt gemacht werden, um die Verwendung öffentlicher Mittel transparenter zu machen.

4.1.5.

Der EWSA unterstützt die Maßnahmen der Kommission gegen staatliche Beihilfen, die durch Steuervorbescheide gewährt wurden und unzulässige Steuervorteile gewähren, wie auch die Annahme des Maßnahmenpakets zur Bekämpfung von Steuervermeidung, mit dem sichergestellt werden soll, dass Unternehmen dort Steuern zahlen, wo sie ihre Gewinne erzielen, und aggressive Steuerplanung verhindert werden soll (5).

4.2.   Digitaler Binnenmarkt

4.2.1.

Mit der zunehmenden Verbreitung des Breitbandnetzes wird der Markt für digitale Dienste für das Leben der europäischen Bürger und Unternehmen immer wichtiger. Der elektronische Handel wird immer stärker genutzt, und die Wettbewerbspolitik soll sicherstellen, dass der Markt richtig funktioniert, indem die Verbraucher geschützt werden und dafür gesorgt wird, dass die leistungsstärksten Unternehmen nicht die Wettbewerbsregeln untergraben.

4.2.2.

Der EWSA fordert die Kommission auf, ihre Bemühungen in Bezug auf das Geoblocking im elektronischen Handel fortzusetzen, da dieses ein Hindernis für die Schaffung eines echten digitalen Binnenmarktes bilden kann. In einem globalen Markt darf es keinerlei Ungleichbehandlung von Kunden aufgrund ihres Standorts geben.

4.2.3.

Der digitale Markt wird von einigen wenigen Technologieriesen beherrscht. Die Herausforderung besteht darin sicherzustellen, dass die Verbraucher Zugang zu den besten Produkten zu den günstigsten Preisen haben und das neue Produkte und neue Wettbewerber auf den Markt gelangen können.

4.2.4.

Einige Online-Buchungsportale geben Hoteliers aufgrund ihrer marktbeherrschenden Stellung für Reisebuchungen Anlass zu großer Sorge. Diese Portale erheben Vermittlungsgebühren, die weit über den von den Reiseagenturen verlangten Gebühren liegen, und versuchen sogar, die Hoteliers dazu zu verpflichten, in allen Verkaufskanälen die gleichen Preise für die gleiche Zimmerkategorie anzuwenden. Der EWSA fordert die Kommission auf, die Gleichstellungsklauseln und die Gebühren zu untersuchen, die den freien Wettbewerb in der Branche gefährden.

4.2.5.

Die Kommission setzt ihre Untersuchungen zu den Praktiken von Google fort (Funktionsweise der Suchmaschine; die Beschränkungen, die das Unternehmen bestimmten Dritten in Bezug auf deren Möglichkeiten auferlegt, auf ihren Websites Suchmaschinenwerbung von Wettbewerbern Googles anzuzeigen; Herstellern von Android-Geräten und Mobilfunknetzbetreibern werden restriktive Klauseln auferlegt) und führt auch die Untersuchungen zu Amazon (Absprachen mit Verlagen) weiter, da diese möglicherweise Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht sind. Google wurde vor kurzem mit einer Geldbuße in der Rekordhöhe von 2,4 Mrd. EUR belegt, weil das Unternehmen seine marktbeherrschende Stellung auf dem Markt für Suchmaschinen missbraucht hat, indem es ein anderes Google-Produkt, nämlich den eigenen Preisvergleichsdienst, in unzulässiger Weise bevorteilte.

4.2.6.

Google hat eine marktbeherrschende Stellung als Suchmaschine, und die Kommission muss dafür Sorge tragen, dass die Suchergebnisse nicht nur ausgewählte Teilresultate sind, die die Auswahlmöglichkeiten für Nutzer einschränken. Ebenso sollte die Kommission ihr Augenmerk auf die Praktiken des Internetportals Booking richten, das seine markbeherrschende Stellung missbraucht und die Suchergebnisse im Zusammenhang mit touristischen Angeboten in Europa beeinflusst, was sich auf kleinere Märkte und Unternehmen besonders negativ auswirkt.

4.2.7.

Für Verbraucher wie Unternehmen ist der Telekommunikationssektor besonders wichtig. Der EWSA lenkt die Aufmerksamkeit der Kommission auf die Tatsache, dass es in diesem Bereich immer noch keinen offenen und wettbewerbsorientierten Markt gibt. Die Betreiber von Telekommunikationsdiensten greifen nämlich weiterhin auf wettbewerbswidrige Praktiken zurück, indem sie die Preise während der Vertragslaufzeit erhöhen, ohne den Verbraucher in irgendeiner Weise vorher darüber zu informieren, sodass dieser keine Möglichkeit hat, den Vertrag rechtmäßig zu kündigen. Ein besonders starker derartiger Preisanstieg war kurz vor Ende der entgeltlichen Roamingdienste zu beobachten, was in der Praxis dazu geführt hat, dass sich die Gebühren insgesamt erhöht haben — zulasten derjenigen, die nicht reisen.

4.3.   Energiemarkt und Kreislaufwirtschaft

4.3.1.

Trotz der in den letzten Jahren geleisteten Arbeit ist der Energiebinnenmarkt nach wie vor nicht verwirklicht. Insbesondere in einigen Ländern belasten die hohen Energiepreise das Budget der privaten Haushalte und der Unternehmen, da die Liberalisierung des Marktes nicht zu einer tatsächlichen Verringerung der Tarife führt. Durch diese Preise ist Europa in punkto Energiekosten gegenüber seinen weltweiten Konkurrenten nach wie vor im Nachteil.

4.3.2.

Die Verbesserung der Energieeffizienz und die Förderung der erneuerbaren Energien müssen zentrale Schwerpunkte bleiben, damit Europa wettbewerbsfähiger und nachhaltiger wird — trotz der Umweltbedenken im Zusammenhang mit der Abfallbehandlung aufgrund der Nutzung dieser Technologie (z. B. Solarbatterien und -zellen). Trotz der technischen Fortschritte haben die erneuerbaren Energien noch nicht den Entwicklungsstand erreicht, um mit den fossilen Energieträgern und der Kernenergie konkurrieren zu können, und sollten daher weiter gefördert werden, damit sie auf einem faireren Markt wettbewerbsfähig werden.

4.3.3.

Erneuerbare Energien sind nicht nur eine saubere Energiequelle. Sie sollten auch als Entwicklungschance für lokale Gemeinschaften begriffen werden, die dabei in einem Modell der dezentralen Energieerzeugung, das ihnen Vorteile bringt, als Verbraucher und Erzeuger zugleich auftreten.

4.3.4.

Mit dem technischen Fortschritt ist die Erzeugung von Solarenergie (Photovoltaik) für Unternehmen und Familien, die eigene Erzeugungsanlagen für den eigenen Verbrauch installieren wollen, erschwinglicher geworden, aber die Genehmigungen für die Installation werden nur bis zu einer bestimmten Erzeugerleistung erteilt, was eine solche Investition für größere Akteure unattraktiv macht, obgleich sie ihre Energiekosten dadurch in den Monaten der intensivsten Sonneneinstrahlung erheblich oder sogar fast auf null senken könnten.

4.3.5.

Darüber hinaus muss Europa weiterhin seine Unabhängigkeit bei der Energieversorgung sicherstellen, indem es die Netze stärker miteinander verbindet, um seine Anfälligkeit zu senken und den Wettbewerb zu steigern.

4.3.6.

Der EWSA betont, dass den großen Herausforderungen, denen sich die EU gegenübersieht, besondere Aufmerksamkeit gelten muss:

Senkung der Energiekosten für private Haushalte und Unternehmen mit eindeutigen Vorteilen auf sozialer und wirtschaftlicher Ebene und bei der externen Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Unternehmen;

Förderung der Schaffung einer echten europäischen Energiepolitik;

Verbesserung der Integration der Energiemärkte mittels Förderung des Verbunds der europäischen Netze;

führende Rolle bei der Umsetzung des Übereinkommens von Paris zur Reduzierung der Klimagasemissionen im Kontext der nachhaltigen Entwicklung.

4.4.   Internationale Zusammenarbeit

4.4.1.

Auf dem Weltmarkt kämpft Europa nach wie vor mit dem unlauteren Wettbewerb aus Ländern mit missbräuchlichen sozialen und ökologischen Praktiken. Neben dem wichtigen sozialen Aspekt rechtfertigen auch die aufgrund der Außenbeziehungen der EU entstehenden Wettbewerbsverzerrungen ein starkes Eintreten auf diplomatischer Ebene zum Schutz von Unternehmen und Verbrauchern vor Wettbewerbsverzerrungen bei Einfuhren wie Ausfuhren.

4.4.2.

Der EWSA begrüßt das Engagement der Kommission in diesem Bereich durch aktive Mitwirkung in internationalen Gremien, die sich mit Wettbewerbsfragen beschäftigen, wie dem Wettbewerbsausschuss der OECD, der Weltbank und der Handels- und Entwicklungskonferenz der Vereinten Nationen (Unctad) und dem Internationalen Wettbewerbsnetz.

4.4.3.

Der EWSA begrüßt zudem das Engagement der Kommission bei den Verhandlungen über Freihandelsabkommen mit Armenien, Mexiko, Indonesien, den Philippinen und Japan sowie bei der technischen Zusammenarbeit mit den Schwellenländern. Es sollte lediglich darauf hingewiesen werden, dass mit diesen Abkommen nicht nur ein ausgewogener Wettbewerb zum Schutz der Unternehmen und Verbraucher gewährleistet werden muss, sondern auch ein Beitrag zum wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt in Europa geleistet werden muss.

Brüssel, den 18. Oktober 2017

Der Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Georges DASSIS


(1)  COM(2017) 285 final.

(2)  SWD(2017) 175 final.

(3)  https://webgate.ec.europa.eu/competition/transparency/public/search/home?lang=de.

(4)  „Perception and Awareness about Transparency of State Aid“ [Wahrnehmung und Kenntnis der Transparenz staatlicher Beihilfen]. Eurobarometer-Umfrage, Juli 2016.

(5)  http://ec.europa.eu/taxation_customs/business/company-tax/anti-tax-avoidance-package_de.


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