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Document 52016IP0201

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 28. April 2016 zum Thema „Anschläge auf Krankenhäuser und Schulen als Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht“ (2016/2662(RSP))

ABl. C 66 vom 21.2.2018, p. 17–22 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

21.2.2018   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 66/17


P8_TA(2016)0201

Anschläge auf Krankenhäuser und Schulen als Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 28. April 2016 zum Thema „Anschläge auf Krankenhäuser und Schulen als Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht“ (2016/2662(RSP))

(2018/C 066/03)

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf die Genfer Abkommen und andere Rechtsakte im Bereich des humanitären Völkerrechts,

unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte und andere Menschenrechtsinstrumente der Vereinten Nationen,

unter Hinweis auf das Römische Statut des Internationalen Strafgerichtshofs,

unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 10. und 11. Dezember 2015 zu den Vorbereitungen für den Weltgipfel für humanitäre Hilfe,

unter Hinweis auf Artikel 208 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) zur Politikkohärenz im Interesse der Entwicklung,

unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates (Auswärtige Angelegenheiten) vom 8. Dezember 2009 zur Förderung der Einhaltung der Normen des humanitären Völkerrechts,

unter Hinweis auf die überarbeiteten Leitlinien der Europäischen Union zur Förderung der Einhaltung des humanitären Völkerrechts (1),

unter Hinweis auf die (von der „Global Humanitarian Platform“ gebilligten) Grundsätze der Partnerschaft vom 12. Juli 2007,

unter Hinweis auf den Bericht des Generalsekretärs der Vereinten Nationen anlässlich des Weltgipfels für humanitäre Hilfe vom 2. Februar 2016 mit dem Titel „One humanity, shared responsibility“ (Eine Menschheit, gemeinsame Verantwortung),

unter Hinweis auf die Resolutionen des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen 1998 vom 12. Juli 2011 und 2143 vom 7. März 2014 zum Schutz von Kindern, die von bewaffneten Konflikten betroffen sind,

unter Hinweis auf die Resolution 64/290 der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 9. Juli 2010 zu dem Recht auf Bildung in Notsituationen,

unter Hinweis auf seine Entschließungen vom 25. Februar 2016 zur humanitären Lage im Jemen (2), vom 4. Februar 2016 zu dem vom sogenannten IS verübten systematischen Massenmord an religiösen Minderheiten (3), vom 26. November 2015 zur Bildung für Kinder in Notsituationen und andauernden Krisen (4), vom 27. Februar 2014 zum Einsatz von bewaffneten Drohnen (5) und vom 16. Dezember 2015 zur Vorbereitung des Weltgipfels für humanitäre Hilfe: Herausforderungen und Chancen für die humanitäre Hilfe (6),

unter Hinweis auf die Resolutionen des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen 1502 (2003) zur Gewalt gegen humanitäre Helfer und 2175 (2014) zum Schutz von Zivilpersonen in bewaffneten Konflikten,

unter Hinweis auf die Erklärung zum Schutz von Schulen vom Mai 2015, die auf der Konferenz in Oslo zu sicheren Schulen, die vom norwegischen Ministerium für auswärtige Angelegenheiten im Mai 2015 einberufen wurde, zur Genehmigung vorgelegt wurde, und die damit zusammenhängenden Leitlinien zum Schutz von Schulen und Universitäten vor der militärischen Nutzung bei bewaffneten Konflikten,

unter Hinweis auf den am 21. Mai 2014 vom Sonderbeauftragten des Generalsekretärs der Vereinten Nationen für Kinder und bewaffnete Konflikte vorgelegten Leitfaden zu Anschlägen auf Schulen und Krankenhäuser für alle, die an der Überwachung, der Berichterstattung und der Unterstützung beteiligt sind,

unter Hinweis auf die Resolution der 32. Internationalen Konferenz der Rotkreuz- und Rothalbmond-Bewegung vom 10. Dezember 2015 zur besseren Einhaltung des humanitären Völkerrechts,

unter Hinweis auf den Bericht des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) über das Projekt „Gesundheitsversorgung in Gefahr“ und auf seinen Bericht über Gewalt gegen Einrichtungen und Personal im Bereich der Gesundheitsversorgung,

gestützt auf Artikel 128 Absatz 5 und Artikel 123 Absatz 4 seiner Geschäftsordnung,

A.

in der Erwägung, dass die internationale Gemeinschaft in den vergangenen Jahren Zeuge eines erschütternden Trends von Anschlägen auf Krankenhäuser und Schulen in bewaffneten Konflikten weltweit geworden ist, etwa den jüngsten Angriffen auf Gesundheitseinrichtungen der Ärzte ohne Grenzen am 3. Oktober 2015 in Kundus (Afghanistan), am 10. Januar 2016 in Razah (Jemen) und im Laufe des gesamten Konflikts in verschiedenen syrischen Städten; in der Erwägung, dass die Zahl der Verweigerungen des Zugangs zu humanitärer Hilfe, der Hinrichtung von Zivilpersonen und humanitären Helfern, von Inhaftierungen unter katastrophalen Bedingungen sowie der Geiselnahme und Versklavung von Zivilpersonen in beispiellosem Maße zugenommen hat; in der Erwägung, dass der wachsende Bedarf und die zunehmenden Herausforderungen sowie die fehlenden nachhaltigen Zusagen und die steigenden Kosten der humanitären Hilfe dazu beigetragen haben, dass das derzeitige System der humanitären Hilfe an seine Grenzen gestoßen ist, und dass eine Reihe von Organisationen deshalb vorübergehend die Ernährungshilfe, Unterbringung und weitere lebensrettende humanitäre Maßnahmen aussetzen mussten;

B.

in der Erwägung, dass der erste Weltgipfel für humanitäre Hilfe am 23./24. Mai 2016 in Istanbul stattfindet; in der Erwägung, dass der Generalsekretär der Vereinten Nationen in seinem Bericht anlässlich des Weltgipfels für humanitäre Hilfe mit dem Titel „One humanity, shared responsibility“ (Eine Menschheit, gemeinsame Verantwortung) auf eine Vorgehensweise verweist, die er als unverfrorene und scheußliche Aushöhlung der Achtung der internationalen Menschenrechte und des humanitären Völkerrechts in bewaffneten Konflikten bezeichnet und durch die die Rückkehr zu einer Ära des Krieges ohne Grenzen drohe; in der Erwägung, dass in dem Bericht darauf hingewiesen wird, dass diese Aushöhlung zum Teil dadurch begründet sei, dass die Achtung dieser Normen weder eingefordert noch gefördert werde und die bestehenden Mechanismen der Durchsetzung, Überwachung und Rechenschaftspflicht keine Unterstützung erhielten;

C.

in der Erwägung, dass das humanitäre Völkerrecht — auch als Recht des bewaffneten Konflikts bezeichnet — die Auswirkungen bewaffneter Konflikte mildern soll, indem es diejenigen schützt, die nicht an dem Konflikt teilnehmen, und indem es die Mittel und Wege der Kriegsführung reglementiert;

D.

in der Erwägung, dass dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen eindeutig die Rolle zukommt, für die Einhaltung des Völkerrechts in Bezug auf den Schutz aller humanitären Helfer zu sorgen;

E.

in der Erwägung, dass der Schutz von humanitären Helfern verbessert werden muss, ohne hinsichtlich der Sicherheitsvorkehrungen zwischen internationalem und lokalem Personal zu unterscheiden;

F.

in der Erwägung, dass die zunehmende Beteiligung nichtstaatlicher Akteure, terroristischer Gruppierungen und sonstiger Organisationen an bewaffneten Konflikten eine Herausforderung für die Anwendung des humanitären Völkerrechts darstellt; in der Erwägung, dass alle Parteien eines Konflikts, zu denen auch staatliche und nichtstaatliche bewaffnete Parteien gehören, den Akteuren der humanitären Hilfe den erforderlichen Zugang sicherstellen müssen, damit sie den schutzbedürftigen Gruppen der Zivilbevölkerung, die vom jeweiligen Konflikt betroffen sind, helfen können;

G.

in der Erwägung, dass die humanitären Grundsätze der Menschlichkeit, Neutralität, Unparteilichkeit und Unabhängigkeit und die grundlegenden Regeln des humanitären Völkerrechts sowie die in den Genfer Abkommen und den dazugehörigen Zusatzprotokollen aufgeführten Menschenrechte im Zentrum allen humanitären Handelns stehen müssen; in der Erwägung, dass der Schutz der Vertriebenen sichergestellt werden muss und dass sich die unabhängige Hilfe, durchsetzen muss;

H.

in der Erwägung, dass Krankenhäuser und medizinisches Personal durch das humanitäre Völkerrecht ausdrücklich geschützt sind und dass gezielte Angriffe auf Zivilpersonen und zivile Infrastruktur gemäß dem humanitären Völkerrecht eindeutig verboten sind und als gravierender Verstoß gegen dieses Recht angesehen werden;

I.

in der Erwägung, dass im Römischen Statut des Internationalen Strafgerichtshofs Angriffe auf humanitäre Helfer als Kriegsverbrechen definiert werden; in der Erwägung, dass darin ferner hervorgehoben wird, dass vorsätzliche Angriffe auf Gebäude, die dem Gottesdienst, der Erziehung, der Kunst, der Wissenschaft oder der Wohltätigkeit gewidmet sind, sowie auf geschichtliche Denkmäler Kriegsverbrechen darstellen;

J.

in der Erwägung, dass die Gebäude und das Eigentum der Vereinten Nationen, darunter Schulen und medizinische Einrichtungen, unantastbar sind und durch das Übereinkommen der Vereinten Nationen von 1946 über die Vorrechte und Immunitäten geschützt werden;

K.

in der Erwägung, dass das IKRK ebenfalls erklärte, dass es sich bei der Ermittlungspflicht bei Kriegsverbrechen um eine Regel des humanitären Völkergewohnheitsrechts handelt, die sowohl für internationale als auch für nicht internationale bewaffnete Konflikte gilt;

L.

in der Erwägung, dass einige bewaffnete Gruppen gegen säkulare Bildung und Bildung für Mädchen sowie gegen die Behandlung von Mädchen durch männliches medizinisches Personal sind und deshalb den Zugang zu diesen Diensten behindern; in der Erwägung, dass dieses allgemeine Klima der Unsicherheit infolge des Konflikts Kinder, Lehrkräfte und das medizinische Personal auch daran hindert, zur Schule zu gehen oder medizinische Betreuung in Anspruch zu nehmen; in der Erwägung, dass Frauen und Kinder bei Vertreibung und dem Wegfall der gewöhnlichen Schutz- und Unterstützungsstrukturen größeren Gefahren ausgesetzt sind; in der Erwägung, dass das humanitäre Völkerrecht vorschreibt, dass Mädchen und Frauen, die im Krieg vergewaltigt wurden, ohne jede Diskriminierung die gesamte medizinische Versorgung zuteilwerden muss; in der Erwägung, dass die Weltgesundheitsorganisation unsichere Abtreibungen als eine der drei Hauptursachen der Müttersterblichkeit anführt; in der Erwägung, dass die Gesundheit von Müttern, die psychologische Betreuung von vergewaltigten Frauen ebenso wie die Erziehung und Schulbildung von vertriebenen Kindern erhebliche Herausforderungen in den Flüchtlingslagern darstellen;

M.

in der Erwägung, dass am 14. März 2016 insgesamt 52 Staaten, darunter auch einige, aber nicht alle EU-Mitgliedstaaten, die Erklärung zum Schutz von Schulen, die im Mai 2015 auf der Konferenz in Oslo vorgelegt wurde, gebilligt haben;

N.

in der Erwägung, dass der Rat (Auswärtige Angelegenheiten) bei der Annahme der EU-Leitlinien zur Förderung der Einhaltung des humanitären Völkerrechts hervorhob, dass die Auswirkungen ernster Verstöße wirkungsvoll anzugehen sind, indem Verfahren gefördert werden, mit denen der Rechenschaftspflicht in angemessener Weise nachgekommen werden kann, und welche wichtige Rolle der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) in den Fällen spielen kann, in denen der betreffende Staat/die betreffenden Staaten nicht gewillt oder in der Lage ist/sind, seine/ihre gerichtliche Zuständigkeit auszuüben; in der Erwägung, dass „die zuständigen Arbeitsgruppen des Rates“ gemäß den EU-Leitlinien Situationen, in denen das humanitäre Völkerrecht zur Anwendung gelangen könnte, überwachen und in solchen Fällen Maßnahmen zur Förderung der Einhaltung der Normen des humanitären Völkerrechts empfehlen sollten (Ziffer 15 Buchstabe a);

O.

in der Erwägung, dass das IKRK im Zeitraum 2012–2015 ein umfassendes Konsultationsverfahren organisierte, um zu ermitteln, wie der rechtliche Schutz der Opfer eines bewaffneten Konflikts und die Wirksamkeit der Mechanismen für die Einhaltung des humanitären Völkerrechts verbessert werden können;

P.

in der Erwägung, dass die EU gemäß den überarbeiteten EU-Leitlinien zur Förderung der Einhaltung des humanitären Völkerrechts in ihren Beziehungen zu Drittländern in diesem Zusammenhang über mehrere Handlungsmittel verfügt, unter anderem den politischen Dialog, allgemeine öffentliche Stellungnahmen, restriktive Maßnahmen, Zusammenarbeit mit anderen internationalen Einrichtungen, Krisenbewältigungsoperationen, individuelle Verantwortlichkeit, Schulungen und die Kontrolle von Waffenausfuhren;

Q.

in der Erwägung, dass die Teilnehmerstaaten der 32. Internationalen Konferenz der Rotkreuz- und Rothalbmond-Bewegung im Dezember 2015 letztlich keine Einigung über die Annahme eines neuen Mechanismus zur Stärkung der Einhaltung des humanitären Völkerrechts, der vom IKRK und von der Regierung der Schweiz vorgeschlagen wurde, erzielen konnten; in der Erwägung, dass die Teilnehmerstaaten übereingekommen sind, mit Blick auf die Verbesserung der Durchsetzung des humanitären Völkerrechts einen neuen zwischenstaatlichen Prozess einzuleiten, dessen Ergebnisse auf der nächsten Internationalen Konferenz im Jahr 2019 vorgestellt werden sollen;

R.

in der Erwägung, dass die Mittel im Kapitel über humanitäre Hilfe des Haushaltsplans der EU, die sich im Jahr 2015 auf 909 Mio. EUR beliefen, weniger als 1 % des Gesamthaushalts der EU ausmachen; in der Erwägung, dass eine Möglichkeit, um die derzeitige Diskrepanz zwischen dem großen Bedarf an humanitärer Hilfe und den zur Verfügung stehenden Mitteln zu verringern, in einer besseren Verknüpfung zwischen Soforthilfe und langfristiger Hilfe besteht;

1.

weist erneut auf den wesentlichen Beitrag des humanitären Völkerrechts zur modernen Geschichte der Menschheit hin und fordert alle Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen auf, die Gelegenheit des Weltgipfels für humanitäre Hilfe zu nutzen, um den zentralen Charakter des humanitären Völkerrechts und den Schutz, den es bietet, zu bekräftigen;

2.

bedauert zutiefst, dass das humanitäre Völkerrecht nicht geachtet wird, und bekundet seine Bestürzung und tiefe Besorgnis über die tödlichen Anschläge auf Krankenhäuser, Schulen und andere zivile Ziele, die sich in bewaffneten Konflikten weltweit in zunehmend erschreckendem Maße häufen und deren Zielgruppen und Opfer Patienten, Studierende, medizinisches Personal, Lehrkräfte, humanitäre Helfer, Kinder und Familienmitglieder sind; vertritt die Auffassung, dass auf eine internationale Verurteilung unabhängige Untersuchungen und eine wirkliche Rechenschaftspflicht folgen müssen; fordert die Mitgliedstaaten, die EU-Organe und die Vizepräsidentin/Hohe Vertreterin (VP/HR) auf, das wahre Ausmaß dieser Notsituation anzuerkennen und alle ihnen zur Verfügung stehenden Instrumente zu nutzen, um dieses Problem anzugehen;

3.

verurteilt Anschläge auf Krankenhäuser und Schulen, die nach dem Völkerrecht verboten sind, und erkennt an, dass derartige Angriffe schwere Verstöße gegen die Genfer Abkommen von 1949 und nach dem Römischen Statut des IStGH Kriegsverbrechen darstellen können; ist davon überzeugt, dass die Aufrechterhaltung von Gesundheits- und Bildungseinrichtungen als neutrale, geschützte Räume in bewaffneten Konflikten sichergestellt werden muss, indem die brutalen Angriffe auf transparente, unabhängige und unparteiische Weise untersucht werden und dafür gesorgt wird, dass alle Beteiligten für die Straftaten, die sie begangen haben, auch wirklich Rechenschaft ablegen müssen; betont, wie wichtig es ist, weiterhin zwischen humanitären und militärischen Akteuren zu unterscheiden und von der Nutzung humanitärer Hilfe zu militärischen oder politischen Zwecken abzusehen, durch die wirkliche humanitäre Maßnahmen und das dazu eingesetzte Personal geschwächt und gefährdet werden;

4.

verurteilt, dass die Parteien bewaffneter Konflikte Krankenhäuser und Schulen nutzen und diese so zu Angriffszielen machen; weist erneut darauf hin, dass sich diejenigen, die geschützte Personen oder Gebäude als menschliche Schutzschilde oder als Tarnung benutzen, ebenfalls der Verletzung des humanitären Völkerrechts schuldig machen;

5.

fordert die an einem Konflikt beteiligten Parteien auf, die Grundprinzipien des humanitären Völkerrechts zu achten und auf gezielte Angriffe gegen zivile Infrastrukturen zu verzichten; hält es für wichtig, die Sicherheit humanitärer Helfer zu verbessern, damit diese wirksamer auf Angriffe reagieren können; fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten daher auf, die Vereinten Nationen und den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen zu ersuchen, für den Schutz sowohl lokaler als auch internationaler humanitärer Helfer zu sorgen;

6.

zollt dem bewundernswerten Mut und der Hingabe des internationalen und lokalen medizinischen Personals, der Lehrkräfte und der humanitären Helfer, die in Konfliktgebieten im Einsatz sind, Anerkennung;

7.

weist mit Nachdruck darauf hin, dass das Recht auf Gesundheit ein Menschenrecht ist, und fordert die in bewaffnete Konflikte verwickelten Parteien auf, die Verfügbarkeit, die Zugänglichkeit, die Angemessenheit und die Qualität der medizinischen Versorgung in bewaffneten Konflikten zu gewährleisten; fordert eine weltweite Verpflichtung, sicherzustellen, dass Frauen und Mädchen im Einklang mit dem humanitären Völkerrecht, den Genfer Abkommen und den dazugehörigen Zusatzprotokollen in allen Notlagen und Krisen von Beginn an sicher sind, indem das Risiko der sexuellen und geschlechtsbezogenen Gewalt angegangen, Sensibilisierungsarbeit geleistet und dafür gesorgt wird, dass die Täter strafrechtlich verfolgt werden und die Frauen und Mädchen in humanitären Krisen Zugang zu sämtlichen Dienstleistungen der sexuellen und reproduktiven Gesundheit haben, zu denen auch sichere Abtreibungen gehören, anstatt unmenschliche Behandlung aufrechtzuerhalten;

8.

betont, dass eine größere gegenseitige Ergänzung zwischen humanitärer Hilfe und Entwicklungshilfe erforderlich ist, um die Wirksamkeit zu verbessern und die Finanzierungslücken bei der humanitären Hilfe zu schließen, und dass dies mit der Bereitstellung von mehr Mitteln für die Entwicklungshilfe und die humanitäre Hilfe einhergehen sollte; fordert die EU, ihre Mitgliedstaaten und andere internationale Geber auf, im Rahmen des Weltgipfels für humanitäre Hilfe alle zentralen Verpflichtungen anzunehmen, die in der „Agenda for Humanity“ (Agenda für Menschlichkeit) vorgeschlagen werden, deren Schwerpunkt auf der Verringerung der humanitären Folgen von Kampfhandlungen und der Ermöglichung humanitärerer Maßnahmen liegt;

9.

fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen zu ersuchen, alle verfügbaren Mittel — darunter zielgerichtete Maßnahmen, die Einführung von Erkundungsmissionen, die Einrichtung von Untersuchungsausschüssen und Justizmechanismen wie die Anrufung des IStGH — zu nutzen; fordert, bei Beschlüssen des Sicherheitsrats zu Fragen im Zusammenhang mit humanitären Maßnahmen von der Nutzung des Vetorechts abzusehen, für eine bessere Einhaltung völkerrechtlicher Normen, in denen der Schutz von humanitären Helfern geregelt ist, zu sorgen und sicherzustellen, dass Handlungen, durch die möglicherweise gegen diese Normen verstoßen wird, systematisch untersucht werden und dass Personen, die im Verdacht stehen, für derartige Handlungen verantwortlich zu sein, vor Gericht gestellt werden;

10.

bedauert, dass einige Partner der EU und ihrer Mitgliedstaaten an schweren Verstößen gegen das humanitäre Völkerrecht beteiligt sind; fordert die EU auf, alle ihr zur Verfügung stehenden bilateralen Instrumente einzusetzen, um die Einhaltung des humanitären Völkerrechts durch ihre Partner wirksam zu fördern, unter anderem durch ihren politischen Dialog, und — falls dieser Dialog zu keinen Ergebnissen führt — weitere Maßnahmen in Übereinstimmung mit den EU-Leitlinien zur Förderung der Einhaltung des humanitären Völkerrechts zu erwägen;

11.

fordert die VP/HR auf, eine Initiative ins Leben zu rufen, um gegen Staaten, die für schwere Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht, unter anderem für gezielte Angriffe auf zivile Infrastruktur, verantwortlich sind, ein EU-Waffenembargo zu verhängen; betont, dass die anhaltende Genehmigung von Waffenverkäufen an solche Staaten einen Verstoß gegen den Gemeinsamen Standpunkt 2008/944/GASP des Rates vom 8. Dezember 2008 (7) darstellt;

12.

fordert den Rat (Auswärtige Angelegenheiten) und die VP/HR auf, die EU-Missionsleiter und die einschlägigen EU-Vertreter (die Leiter der zivilen Einsätze der EU, die Befehlshaber der Militäreinsätze der EU und die Sonderbeauftragten der EU) zu ersuchen, Fälle schwerwiegender Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht zu melden;

13.

legt der EU und ihren Mitgliedstaaten nahe, die an alle Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen gerichtete Forderung des Generalsekretärs der Vereinten Nationen uneingeschränkt zu unterstützen und folglich den Weltgipfel für humanitäre Hilfe als Chance anzusehen, sich erneut zum Schutz von Zivilpersonen und zur Gewährleistung der Menschenrechte aller Menschen zu verpflichten, indem sie die bereits vereinbarten Normen achten, umsetzen und fördern; hebt hervor, dass der Generalsekretär der Vereinten Nationen im Kampf gegen die Straffreiheit bei Verstößen gegen das humanitäre Völkerrecht der Stärkung der internationalen Ermittlungs- und Rechtssysteme, einschließlich des IStGH, als Ergänzung zu nationalen Rahmen besondere Bedeutung beimisst;

14.

würdigt die Bedeutung der EU-Leitlinien zur Förderung der Einhaltung des humanitären Völkerrechts, da keine anderen Staaten oder Organisationen ein gleichwertiges Dokument angenommen haben; fordert die EU und die Mitgliedstaaten auf, die EU-Leitlinien wirksam umzusetzen;

15.

fordert den Rat (Auswärtige Angelegenheiten) und die VP/HR auf, dafür zu sorgen, dass die Strategien und Maßnahmen der EU zum Schutz des humanitären Völkerrechts auf kohärente und wirksame Weise ausgearbeitet werden und dass die Durchsetzung der Leitlinien über das humanitäre Völkerrecht in erster Linie in den Zuständigkeitsbereich der Gruppe „Völkerrecht“ des Rates fällt, in der der Ratsvorsitz den Vorsitz führt; hebt in diesem Zusammenhang hervor, dass „die zuständigen Arbeitsgruppen des Rates“ gemäß den EU-Leitlinien verpflichtet sind, Situationen, in denen das humanitäre Völkerrecht zur Anwendung gelangen könnte, zu überwachen und in solchen Fällen Maßnahmen zur Förderung der Einhaltung der Normen des humanitären Völkerrechts zu empfehlen; fordert die EU und die Mitgliedstaaten auf, bezüglich der Anwendung der Leitlinien in spezifischen Konfliktsituationen ausführlicher Bericht zu erstatten, insbesondere im Jahresbericht der EU über Menschenrechte und Demokratie;

16.

erinnert an den in den EU-Leitlinien vertretenen Standpunkt, dass gegebenenfalls erwogen werden sollte, die Dienste der gemäß dem I. Zusatzprotokoll zu den Genfer Abkommen von 1949 eingesetzten Internationalen Humanitären Ermittlungskommission (IHFFC) in Anspruch zu nehmen, die aufgrund ihrer Ermittlungs- und Vermittlungsfunktion bei der Förderung der Einhaltung des humanitären Völkerrechts behilflich sein kann; bedauert, dass die Dienste der IHFFC noch nicht in Anspruch genommen wurden, und fordert die Beteiligten auf, diese zu nutzen; fordert alle Mitgliedstaaten auf, die Zuständigkeit der IHFFC anzuerkennen;

17.

fordert, dass der internationalen Gemeinschaft auf institutioneller Ebene mehr Spielraum eingeräumt wird, um sich mit gemeinsamen Anliegen in Bezug auf die Durchsetzung des humanitären Völkerrechts zu befassen; begrüßt die Zusicherung, die die EU und ihre Mitgliedstaaten dem IKRK gegeben haben, die Einrichtung eines wirksamen Mechanismus zur Stärkung der Einhaltung des humanitären Völkerrechts umfassend zu unterstützen, fordert aber die VP/HR auf, dem Parlament über ihre Ziele und Strategien bezüglich der Umsetzung dieser Zusicherung im Rahmen des anstehenden zwischenstaatlichen Verfahrens Bericht zu erstatten, damit Möglichkeiten gefunden werden können, die Durchsetzung des humanitären Völkerrechts wie auf der 32. Internationalen Konferenz der Rotkreuz- und Rothalbmond-Bewegung im Dezember 2015 vereinbart zu verbessern, und so möglicherweise das Steuerungssystem des humanitären Völkerrechts gestärkt werden kann;

18.

begrüßt die Praxis der EU und der Mitgliedstaaten, gegenüber dem IKRK Zusagen zu machen; fordert die VP/HR auf, regelmäßig über die Umsetzung dieser Zusagen Bericht zu erstatten, was insbesondere durch die Aufnahme eines ausführlichen Abschnitts in das Kapitel über das humanitäre Völkerrecht des Jahresberichts des Rates über Menschenrechte geschehen sollte;

19.

fordert die Vereinten Nationen und die EU auf, Kampagnen zu unterstützen, mit denen dafür gesorgt wird, dass sich alle Akteure, einschließlich nichtstaatlicher bewaffneter Gruppen, ihrer völkerrechtlichen Verpflichtungen bewusst sind, und ihrer Verpflichtung zur Ermöglichung humanitärer Hilfe und des Schutzes der Menschen in ihrem Einflussbereich nachzukommen;

20.

fordert die Mitgliedstaaten auf, mit gutem Beispiel voranzugehen und ihre Zusagen zu erfüllen, indem sie die wichtigsten Rechtsakte im Bereich des humanitären Völkerrechts und andere einschlägige Rechtsakte, die für das humanitäre Völkerrecht von Bedeutung sind, ratifizieren;

21.

wiederholt seine große Sorge angesichts des Einsatzes von bewaffneten Drohnen außerhalb des völkerrechtlichen Rahmens und bekräftigt seine Forderung an den Rat, einen gemeinsamen EU-Standpunkt zum Einsatz von bewaffneten Drohnen anzunehmen;

22.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung der Vizepräsidentin der Kommission/Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, dem Rat, der Kommission, dem Sonderbeauftragten der Europäischen Union für Menschenrechte, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten, dem Generalsekretär der Vereinten Nationen, dem Präsidenten der Generalversammlung der Vereinten Nationen und den Regierungen der Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen zu übermitteln.


(1)  ABl. C 303 vom 15.12.2009, S. 12.

(2)  Angenommene Texte, P8_TA(2016)0066.

(3)  Angenommene Texte, P8_TA(2016)0051.

(4)  Angenommene Texte, P8_TA(2015)0418.

(5)  Angenommene Texte, P7_TA(2014)0172.

(6)  Angenommene Texte, P8_TA(2015)0459.

(7)  ABl. L 335 vom 13.12.2008, S. 99.


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