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Document 52013DC0479

    MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN über die Einbeziehung der Seeverkehrsemissionen in die Maßnahmen der EU zur Verringerung der Treibhausgasemissionen

    /* COM/2013/0479 final */

    52013DC0479

    MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN über die Einbeziehung der Seeverkehrsemissionen in die Maßnahmen der EU zur Verringerung der Treibhausgasemissionen /* COM/2013/0479 final */


    1.           Die Notwendigkeit, jetzt bei den Treibhausgasemissionen aus dem Seeverkehr aktiv zu werden

    Die EU unterstützt ehrgeizige internationale Klimaschutzmaßnahmen. Multilateralismus und eine Zusammenarbeit auf breiter Basis sind und bleiben ein Kernpunkt der Klimapolitik der EU. Im Einklang mit diesen internationalen Bemühungen hat die EU politische Maßnahmen getroffen, die ihren eigenen Übergang zu einer CO2-armen Wirtschaft erleichtern sollen. Das Klima- und Energiepaket der EU von 2008 kann wohl als der weltweit umfassendste Regulierungsrahmen angesehen werden. Er umfasst verschiedene politische Maßnahmen, die den Übergang erleichtern sollen, und ist für unsere Partnerländer zum Vorbild geworden. Beim Klimaschutz haben frühzeitige gesamtwirtschaftliche Maßnahmen für die EU nach wie vor höchste Priorität.

    In der EU fällt der internationaler Seeverkehr als einziger Verkehrsträger noch nicht unter die Verpflichtung der EU zur Verringerung der Treibhausgas(-THG-)emissionen. Die THG-Emissionen aus dem Seeverkehr entsprechen zurzeit 4 % der THG-Emissionen der EU. Gleichzeitig wird davon ausgegangen, dass die THG-Emissionen aus dem Seeverkehr künftig erheblich zunehmen werden. Gemäß der Folgenabschätzung[1] zu dieser Mitteilung sind die CO2-Emissionen aus dem Seeverkehr der EU – d. h. Emissionen aus Fahrten innerhalb der EU oder aus Fahrten nach der oder aus der EU - von 1990 bis 2008 um 48 % gestiegen. Nach den Wachstumsprognosen für den Welthandel werden die Emissionen aus dem Seeverkehr der EU bis 2050 gegenüber 2010 um weitere 51 % zunehmen (von 1990 bis 2050 um 86 %), obwohl die internationale Seeschifffahrtsorganisation (IMO) 2011 für Schiffsneubauten Mindestnormen für die Schiffseffizienz aufgestellt hat.[2]

    Geschätzte CO2-Emissionen aus dem Seeverkehr (EU [3][4] und weltweit[5], unter Berücksichtigung des EEDI)

    Weltweit machen die Emissionen aus dem Seeverkehr derzeit 3 % der Gesamtemissionen aus, wegen des erwarteten Weltwirtschaftswachstums und der damit verbundenen Transportnachfrage wird dieser Wert bis 2050[6] voraussichtlich jedoch auf 5 % ansteigen. Mit dieser Zunahme ist zu rechnen, obwohl betriebliche Maßnahmen und Technologien zur Verfügung stehen, mit denen sich der spezifische Energieverbrauch und der CO2-Ausstoß von Schiffen um bis zu 75 % verringern werden könnten[7].

    Der Seeverkehr ist ein wesentliches Glied der weltweiten Versorgungskette und ein Schlüsselsektor für die EU-Wirtschaft. Zwar ist der Schiffsverkehr vergleichsweise noch immer weniger umweltschädlich als andere Verkehrsträger, doch sprechen die in anderen Bereichen erzielten technologischen Fortschritte, die übermäßige Abhängigkeit von Erdöl und die nachdrückliche Forderung der Öffentlichkeit, nicht nur CO2-, sondern auch Schadstoffemissionen (SOx, NOX, Feinstaub) und den ökologischen Fußabdruck (Ballastwasser, Mülltrennung) insgesamt zu verringern, deutlich dafür, dass der Schiffsverkehrssektor nicht untätig bleiben darf. Doch obgleich sich IMO und Industrie durchaus bemühen, verläuft die Einführung neuer Technologien und betrieblicher Maßnahmen nach wie vor uneinheitlich. Mehr Effizienz und Nachhaltigkeit im Seeverkehrssektor durch geringere Kraftstoffkosten und eine bessere Erfüllung der Kundenerwartungen erhalten die Wettbewerbsfähigkeit - auf globaler Ebene, indem sichergestellt wird, dass Handelsverbindungen funktionieren, auf EU-Ebene durch weitere Qualitätsführerschaft.

    Die Handlungsgründe - jüngste Entwicklungen im Seeverkehrssektor

    CO2-Emissionen im Seeverkehrssektor sind das Ergebnis des Kraftstoffverbrauchs. CO2-Emissionen senken bedeutet, den Kraftstoffverbrauch senken, was wiederum zu Einsparungen bei den Kraftstoffkosten führt. So lange die notwendigen Effizienz-Investitionen durch die resultierenden Kraftstoffeinsparungen gedeckt werden können, kann der Sektor Geld verdienen und gleichzeitig das Klima schützen. Solche Einsparungen sind im heutigen Kontext überaus wichtig.

    Die Entwicklung der Kraftstoffpreise war in den letzten Jahren unberechenbar. Zwischen 2002 und 2005 haben sich die Preise verdoppelt, zwischen 2005 und 2007 verdreifacht, um 2008 auf den Stand von 2005 zurückzufallen und sich zwischen 2008 und 2010 erneut zu verdoppeln.[8] Der Schwerölpreis liegt heute bei 650 USD/t -, dem Achtfachen des Durchschnittspreises von 1990 – und dürfte weiter ansteigen. In vielen Segmenten des Seeverkehrssektors werden erst seit 2009, als die Weltwirtschaftskrise die Gewinnspanne des Sektor erheblich verringert hat, Verbesserungen bei der Kraftstoffeffizienz verzeichnet.

    Mehreren aktuellen Studien[9] zufolge verfügt der Seeverkehrssektor in Form technischer oder betrieblicher Maßnahmen, die im Wesentlichen darauf abzielen, die Energieeffizienz von Schiffen zu verbessern, über ein beträchtliches Emissionsminderungspotenzial. Angesichts des erwarteten Anstiegs künftiger Kraftstoffpreise sind die meisten dieser technischen oder betrieblichen Maßnahmen kosteneffizient. Bei der Folgenabschätzung zu dieser Mitteilung wurde ein progressiv steigendes Einsparungspotenzial bei den Kraftstoffkosten ermittelt, das von 2015 bis 2030 kumuliert 56 Mrd. EUR beträgt.[10]

    Untersuchungen zufolge wird die Einführung dieser kosteneffizienten Maßnahmen oft durch diverse Marktbarrieren, darunter der Mangel an zuverlässigen Informationen, sowie durch technisches Scheitern und Marktversagen verhindert[11]. Technische Barrieren treten auf, wenn Schiffseigner nicht davon überzeugt sind, dass eine Lösung wirklich zu der versprochenen Kostensenkung führt oder unter Meeresbedingungen funktioniert. Ein Marktversagen kann beispielsweise ausgelöst werden durch so genannte Split-incentive-Hemmnisse (auch als Investor-Nutzer-Dilemma bekannt), d. h. der für Effizienzinvestitionen Verantwortliche kommt nicht in den Nutzen der durch die Investition erzielten Kraftstoffeinsparungen, oder durch fehlenden Zugang zu Privatkapital für Investitionen in CO2-arme Technologien. Würden diese Marktbarrieren beseitigt, bestünde beträchtlicher Spielraum, um die Einführung kosteneffizienter Maßnahmen zu fördern, ohne die Rentabilität zu gefährden.

    2.           Internationale Fortschritte

    Die IMO nahm die Senkung der THG-Emissionen 1997 in Angriff. Die im Juli 2011 erfolgten Änderungen der Anlage VI zum MARPOL-Übereinkommen[12] zum Zwecke der Verhütung der Luftverschmutzung durch Schiffsabgase (Energieeffizienzindex, EEDI) und die Annahme des Energieeffizienz-Managementplans für Schiffe (SEEMP) sind ein wichtiger Fortschritt. Diese Maßnahmen und insbesondere der EEDI dürften den Emissionsanstieg gemessen an Szenarien mit Technologie-Status Quo wesentlich drosseln (um 23 % bis 2030 entsprechend der IMO-Studie von 2011). Wie vom 59. Ausschuss für den Schutz der Meeresumwelt (MEPC) der IMO[13] jedoch bestätigt, sind weitere Maßnahmen unerlässlich.

    Trotz der schwierigen Debatten innerhalb der IMO über marktbasierte Maßnahmen zur Verringerung der THG-Emissionen von Schiffen finden die positiven Entwicklungen der jüngsten Gespräche über ein progressiveres Vorgehen, auch hinsichtlich der Verbesserung der von den Vereinigten Staaten von Amerika vorgeschlagenen Effizienzmaßnahmen[14], bei den fortschrittlicheren Staaten maßgebliche Unterstützung. Die Kommission ist für diese Entwicklungen mitverantwortlich, denn sie könnten neue Möglichkeiten bieten, Einigung über Effizienznormen für existierende Schiffe zu erzielen, Normen, die zu Emissionsreduktionen führen und später zu marktbasierten Maßnahmen (MBM) ausgebaut werden könnten. Als erster Schritt ist ein robustes System zur Überwachung von (Monitoring), Berichterstattung über (Reporting) und Prüfung von (Verification) Emissionen vorgesehen (MRV-System). Die EU arbeitet bei der Entwicklung dieser Effizienznormen und eines weltweiten MRV-Systems eng mit den USA, Japan, Australien, Kanada, Russland, Korea und anderen Ländern zusammen.

    Die IMO hat erkannt, dass zum Erreichen der notwendigen Reduktionen zusätzlich zu den technischen und betrieblichen Maßnahmen, die unter anderen Punkten der MEPC-Tagesordnung diskutiert werden, auch marktbasierte Maßnahmen erforderlich sein werden. Die Kommission hält marktbasierte Maßnahmen für ein kostenwirksames Mittel, denn sie bieten die für den Seeverkehrssektor erforderliche Flexibilität. Debatten müssen jedoch ausreifen, vor allem, wenn man bedenkt, dass innerhalb der IMO zurzeit mehrere komplementäre Optionen geprüft werden und dass divergierende Standpunkte von Industrie- und Entwicklungsländern zur Anwendung der IMO-Grundsätze der „gemeinsamen, aber differenzierten Verantwortlichkeiten“ und der „Nichtbegünstigung“ jeden Fortschritt erschwerten. So konnte sich der MEPC auf seiner 63. Sitzung im Jahr 2012 nicht auf ein Mandat für die Untersuchung der Auswirkungen der vorgeschlagenen marktbasierten Maßnahmen einigen[15].

    Die EU zeigt starke Präferenz für ein globales Vorgehen unter der Schirmherrschaft der IMO, die sie für das zur Regulierung von Emissionen aus dem Seeverkehr an besten geeignete internationale Forum hält. Trotz des schleppenden Tempos der bisherigen IMO-Gespräche und des dringlichen Gebots, rasch zu handeln, um nachteilige Klimaauswirkungen zu vermeiden, will die EU die internationalen Entwicklungen zur Reduzierung der THG-Emissionen von Schiffen weiterhin mitbestimmen. Sie wird Fortschritte kontinuierlich überwachen und im Kontext der Klimarahmenkonvention (UNFCCC) von 2015 und der IMO künftige Maßnahmen in Betracht ziehen.

    3.           Einbeziehung der Treibhausgasemissionen aus dem Seeverkehr in die Reduktionsverpflichtung der EU - ein schrittweises Vorgehen

    Die europäische Klima- und Seeverkehrspolitik untermauert das Engagement für weltweite Maßnahmen, die wirksame gesamtwirtschaftliche Emissionsreduktionen gewährleisten (vor allem, weil damit zu rechnen ist, dass seeverkehrsbedingte Emissionen in außereuropäischen Regionen künftig zunehmen), und sichert dem Seeverkehrssektor gleichzeitig weltweit einheitliche Wettbewerbsbedingungen.

    Die jüngste US-Initiative innerhalb der IMO bildet die Basis für ein wirksames schrittweises Vorgehen zur Minderung der THG-Emissionen aus dem Seeverkehr. In Einklang mit dieser Initiative sieht die EU ein schrittweises Vorgehen zur Einbeziehung der THG-Emissionen aus dem Seeverkehr in ihre Reduktionsverpflichtungen vor.

    Die Einbeziehung der THG-Emissionen aus dem Seeverkehr in die Reduktionsverpflichtungen der EU kann in drei aufeinanderfolgenden Schritten erfolgen:

    1.           Anwendung eines MRV-Systems für Emissionen

    2.           Festlegung von Reduktionszielen für den Seeverkehrssektor

    3.           Einführung einer marktbasierten Maßnahme.

    Ein robustes MRV-System ist die Basis jeder Maßnahme auf europäischer oder globaler Ebene, die die Verringerung der THG-Emissionen von Schiffen zum Ziel hat, und erleichtert eine ergebnisorientierte Fortschrittsüberwachung. Die Implementierung eines solchen Systems ist daher sinnvoll, selbst ohne marktbasierte Maßnahme.

    Mangelnde Kenntnis der Kosten, Nutzen und Kapitalrenditen bereits verfügbarer Technologien scheint die Einführung derartiger Technologien in größerem Maßstab zu verhindern. Informationen dieser Art könnten nützliche Einblicke in die Leistung einzelner Schiffe, deren Betriebskosten und den potenziellen Wiederverkaufswert für Schiffseigner vermitteln, die alsdann fundiertere Entscheidungen über Großinvestitionen treffen und die hierzu erforderlichen Mittel beschaffen könnten.

    Nach der Folgenabschätzung bringt die Einführung eines MRV-Systems (in gewissem Umfang) Umwelt- und wirtschaftliche Vorteile in Form von Reduktionen der jährlichen THG-Emissionen in Höhe von bis zu 2 % und von jährlichen Nettoeinsparungen (aufgrund niedrigerer Kraftstoffkosten) für den Sektor im Jahr 2030 in Höhe von bis zu 1,2 Mrd. EUR. Die prognostizierten Kraftstoffkosteneinsparungen dürften die Kosten der Überwachung und Berichterstattung aufwiegen. Ein MRV-System könnte auch den Abbau anderer Marktbarrieren (wie Split-incentive-Probleme zwischen Schiffseignern und Schiffsbetreibern) begünstigen, denn es schafft Klarheit in Bezug auf Energieeffizienz, Emissionsquellen und Reduktionspotenzial.

    Der Ansatz der EU soll aktiv dazu beitragen, innerhalb der IMO Einigung über weltweite Maßnahmen zur Verringerung der THG-Emissionen von Schiffen zu erzielen (siehe Abschnitt 1). Er ermöglicht auch fundierte Diskussionen in Europa über marktbasierte Maßnahmen und Reduktionsziele für den Sektor. Übereinstimmung mit der klima- und energiepolitischen Rahmenregelung für 2030 muss dabei gewährleistet sein. Das MRV-System liefert auch robuste und vergleichbare Daten für die Festsetzung von Emissionsreduktionszielen und für die Bewertung des Übergangs des Seeverkehrssektors zu einem CO2-armen Wirtschaftssystem. Wenn es gelingt, vergleichbare Politiken auf IMO-Ebene einzuführen, kann der MRV-Vorschlag der EU in ein generalisiertes MRV-System integriert werden.

    3.1.        Robuste und einheitliche Überwachungs- und Berichterstattungsvorschriften

    Hauptziel eines MRV-Systems ist es, verlässliche Daten über THG-Emissionen aus dem Seeverkehr zu liefern. Die Anwendung eines globalen MRV-Systems sollte bei den IMO-Verhandlungen Vorrang haben.

    CO2-Emissionen aus dem Seeverkehr hängen mit Menge und Art des verbrauchten Kraftstoffs zusammen. Der Kraftstoffverbrauch ist für fast alle Schiffe bereits bekannt. Regel 18 von Anlage VI des MARPOL-Übereinkommens macht für Schiffe im internationalen Seeverkehr mit mehr als 400 BRZ schon heute die Vorlage von Bunkerlieferbescheinigungen (bunker delivery notes)[16] zur Auflage. Der Gesamtkraftstoffverbrauch eines Schiffes wird demnach bereits überwacht.

    Der Berichterstattungs- und Prüfungsprozess muss jedoch noch festgelegt werden. Die Zuverlässigkeit und Zugänglichkeit der Informationen sind ausschlaggebend, wenn sichergestellt werden soll, dass entlang der gesamten Versorgungskette angemessene Informationen über die CO2-Leistung des Seeverkehrssektors zur Verfügung stehen. Die Festlegung eines angemessenen Berichterstattungs- und Prüfungsprozesses setzt technische Vorarbeiten voraus, um sicherzustellen, dass der Verwaltungsaufwand für Schiffseigner, Schiffsbetreiber und Flaggenstaaten begrenzt, gleichzeitig jedoch ein hohes Maß an Informationsgenauigkeit und Informationstransparenz gewährleistet ist.

    Längerfristig würde ein ganzheitlicher Überwachungsansatz, der allen Luftschadstoffen (auch SOx, NOx und PM) Rechnung trägt, die Klarheit bieten, die es politischen Entscheidungsträgern ermöglicht, bei sämtlichen Luftschadstoffen fundierte und konsequente Entscheidungen zu treffen, und die es Interessenträgern ermöglicht, ohne Probleme zur neuen Regelung überzugehen. Das MRV-System könnte insbesondere zu einem späteren Zeitpunkt überprüft werden.

    Mit dem vorliegenden Kommissionsvorschlag soll - als Vorreiter für ein globales System - zunächst auf regionaler Ebene ein kraftstoffverbrauchbasiertes MRV-System eingeführt werden, das Schwachstellen und Pluspunkte aufzeigt. Das von der EU vorgeschlagene MRV-System soll in die IMO-Diskussionen einfließen und den IMO-Prozess vorantreiben. Gelingt der Übergang zu einem vergleichbaren MRV-System auf globaler Ebene, wird das regionale System gegebenenfalls angeglichen.

    Fallbeispiel: Europäische Erfahrungen mit der Einsparung von Kraftstoffkosten durch Überwachung und Berichterstattung

    Mehrere Schiffseigner und Schiffsbetreiber, die unterschiedliche Arten von Schiffen betreiben (z. B. Massengutschiffe, Containerschiffe usw.) wenden eigene MRV-Systeme bereits mit Erfolg an. Die meisten der existierenden Daten über die Schiffsleistung werden mithilfe elektronischer Datenerhebungsinstrumente erfasst und von einer dritten Partei kontrolliert. Dank dieser Systeme konnten einige Schifffahrtsunternehmen ihre THG-Emissionen im Vergleich zu 2007 bereits um bis zu 25 % reduzieren. Diese Instrumente haben außerdem dazu beigetragen, Überwachungsprozesse generell zu überdenken, denn sie lassen Besatzung und Betreibern Zeit für wichtigere Aufgaben. Beispiel: Nach Angaben eines Unternehmens stehen heute 45 % der Zeit für die Leistungsoptimierung zur Verfügung, anstelle der vor Einführung des MRV-Systems üblichen 5 %.

    Das Hauptziel der EU-Klimaschutzpolitik besteht darin, THG-Emissionen zu reduzieren, und zwar ungeachtet, ob dies durch Maßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz oder durch Umstellung auf andere Kraftstoffe erreicht wird. Um eine Angleichung mit den laufenden IMO-Debatten zu gewährleisten, soll die vorgeschlagene MRV-Verordnung der EU jedoch zunächst eine Reihe von Energieeffizienzparametern einführen. Falls zu einem späteren Zeitpunkt Einigung über die Anwendung und Definition dieser Parameter erzielt wird, sollte die zurzeit vorgeschlagene Liste entsprechend angepasst werden.

    Das vorgeschlagene MRV-System wird für die Überwachung der CO2-Emissionen keine spezielle Methodik zur Auflage machen, vorausgesetzt, die angewandte Methodik und ihre Unsicherheiten werden mitgeteilt. Auf diese Weise können Schiffseigner und Schiffsbetreiber auf existierenden Praktiken aufbauen. Eine solche Maßnahme lässt sich einführen, ohne das Ziel der Erfassung des überwiegenden Anteils der THG-Emissionen aus dem Seeverkehr zu beeinträchtigen, indem die MRV-Vorschriften auf große Schiffe von mindestens 5000 BRZ begrenzt werden.

    3.2.        Festsetzung intermediärer Reduktionsziele für den Seeverkehrssektor

    Im Dezember 2010 haben die Vertragsparteien der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen (United Nations Framework Convention on Climate Change, UNFCCC) erkannt, dass die Erderwärmung die vorindustriellen Temperaturen um höchstens 2˚ C überschreiten darf[17], wenn die negativen Folgen menschlicher Eingriffe in das Klimasystem begrenzt werden sollen. Dieses langfristige Ziel setzt voraus, dass die globalen Treibhausgasemissionen bis 2050 um mindestens 50 % unter die Werte von 1990 gesenkt werden[18].

    Die Industriestaaten sollten ihre Emissionen bis 2050 gemessen am Stand von 1990 um 80 bis 95 % reduzieren[19]. Mittelfristig hat sich die EU verpflichtet, ihre Treibhausgasemissionen bis 2020 um 20 % unter die Werte von 1990 zu senken bzw. um 30 %, wenn eine globale Vereinbarung besteht. Diese Verpflichtung ist Teil eines der fünf Kernziele der Strategie „Europa 2020“.[20] Der internationale Seeverkehr ist der einzige Industriesektor und Verkehrsträger, der nicht unter die für dieses Reduktionsziel geltenden Vorschriften fällt. Außerdem haben sich der Europäische Rat und das Europäische Parlament darauf geeinigt, dass alle Wirtschaftssektoren einen Beitrag zur Verringerung der Emissionen leisten sollten[21]. Für den internationalen Seeverkehr der EU wurde im Verkehrsweißbuch von 2011[22] ein Reduktionsziel für 2050 von 40 % (wenn machbar: 50 %) gegenüber 2005 festgelegt.

    Auf globaler Ebene müssen jedoch für den Seeverkehr noch ein fester absoluter Emissionsreduktionspfad bis 2050 sowie Zwischenziele für den Zeitraum 2020-2050 geprüft werden, um sicherzustellen, dass der Sektor zum 2˚ C-Ziel einen angemessenen Beitrag leistet.

    Auf EU-Ebene darf bei derartigen Diskussionen der allgemeinere klima- und energiepolitische Rahmen für 2030 nicht aus dem Auge verloren werden und Aspekte wie Umweltwirksamkeit, vor allem hinsichtlich der kumulativen CO2-Reduktionen, Kosten für den Sektor, Emissionsentwicklung nach 2005, etwaige neue Effizienznormen der IMO sowie Verfügbarkeit und Kosten aktueller und erwarteter künftiger Reduktionstechnologien, sollten berücksichtigt werden. Bei der Festsetzung derartiger Ziele sollte die Besonderheit von Klimaschutzmaßnahmen im Seeverkehrssektor, die keinerlei – oder sogar negative – Kosten („tief hängende Früchte“) verursachen (wie dies aus der Zweiten THG-Studie der IMO von 2009 hervorgeht) und daher eindeutig für frühzeitige Maßnahmen sprechen, nicht außer Acht gelassen werden. Und schließlich dürften auch die über das MRV-System erhobenen Daten ein integraler Bestandteil derartiger Zukunftsentscheidungen sein.

    3.3.        Wirksame und effiziente marktbasierte Maßnahmen zur Verringerung der THG-Emissionen aus dem Seeverkehr

    Aus der Folgenabschätzung geht hervor, dass marktbasierte Maßnahmen wirksam und gut geeignet sind, um Emissionsreduktionen im Seeverkehr zu erreichen und gleichzeitig (aufgrund der auf CO2-Emissionsreduktionen zurückzuführenden substantiellen Einsparungen an Kraftstoffkosten) wirtschaftliche Vorteile für den Sektor zu erwirtschaften.

    Eine marktbasierte Maßnahme kann auf wirksame Weise Marktbarrieren, vor allem Split-incentive-Hemmnisse, beseitigen, beispielsweise durch Anwendung des Verursacherprinzips. Sie hat das Potenzial, Marktbarrieren, die den Zugang zu Finanzmitteln behindern, zu überwinden, vorausgesetzt, die potenziell generierten Einkünfte werden so kanalisiert, dass die Unterstützung des Sektors aus privaten Finanzierungsquellen gesichert ist. Je nach Beitragshöhe oder Zielniveau kann eine marktbasierte Maßnahme einen starken Anreiz dafür bieten, gesamtwirtschaftliche absolute Emissionsreduktionsziele auf kostenwirksame Weise zu erreichen.

    Unter Berücksichtigung regionaler Gesichtspunkte und der IMO-Diskussionen wurden in der Folgenabschätzung aus allen Varianten, die sich zur Verringerung der THG-Emissionen aus dem Seeverkehr eindeutig als die am erfolgversprechendsten marktbasierten Maßnahmen erwiesen haben, insbesondere die folgenden drei Optionen herausgearbeitet:

    1.           Beitragsfinanzierter Kompensationsfonds. Hier würde ein freiwilliger Beitrag (in EUR/tCO2) in den Fonds gezahlt. Der Beitrag würde sich nach den Emissionen des unter die Regelung fallenden Schiffes richten. Dieses freiwillige Instrument kann nur erfolgreich angewendet werden, wenn ein flankierendes Instrument (z. B. Tempolimits, EHS, usw.) eingeführt wird und die Teilnahme am Fonds als freiwilliges Opt-out aus dem flankierenden Instrument gesehen wird[23].

    2.           Zielgerichteter Kompensationsfonds. Hierbei wird für alle unter die Regelung fallenden Schiffe ein einheitliches Ziel festgelegt. Eine sektorale Organisation[24] übernimmt die Verantwortung für die Einhaltung des Zielwertes. Jedes unter die Regelung fallende Schiff muss eine vertragliche Beziehung mit dieser Organisation eingehen, damit sichergestellt ist, dass das Ziel erreicht wird. Die vertragliche Vereinbarung würde die Zahlung einer Mitgliedsgebühr voraussetzen (zur Förderung von Investitionen in die Schiffseffizienz), und eine Regelung für den Fall enthalten, dass das Ziel kollektiv überschritten wird.

    3.           Emissionshandelssystem (EHS). In diesem Fall müsste jedes Schiff am Ende des Verpflichtungszeitraums Zertifikate in Höhe seiner Vorjahresemissionen abgeben.

    Hierbei ist klar, dass die Debatte über die aktuellen IMO-Vorschläge und ihre Komplementarität fortgeführt werden muss. Die Konzipierung der einzelnen Optionen würde weitere Arbeiten und konzeptuelle Entscheidungen erfordern[25]. Der vorliegende Vorschlag für ein MRV-System, das auf den zurzeit in der EU und in der IMO erörterten Optionen basiert, ist so konzipiert, dass künftige Leistungsnormen und künftige marktbasierte Maßnahmen untermauert werden können.

    4.           Parallelmassnahmen zur Beseitigung von Marktbarrieren

    Im Jahr 2009 hat die Kommission strategische Ziele und Empfehlungen für die europäische Seeverkehrspolitik angenommen. Darin hat sie als oberste Priorität einen umfassenden und kohärenten Ansatz für die Verringerung der THG-Emissionen aus dem internationalen Seeverkehr festgeschrieben, die im Verkehrsweißbuch von 2011 erneut bekräftigt wurde. Als Folgemaßnahme zum Weißbuch erarbeitet die Kommission zurzeit eine Forschungs-, Innovations- und Einführungsstrategie für den Verkehr, die ein integriertes, effizientes und umweltverträgliches europäisches Verkehrssystem gewährleisten soll.

    Die Kommission prüft nach wie vor entschlossen, wie Marktbarrieren, die die Einführung CO2-armer Technologien verhindern, angemessen beseitigt werden können. Nach Diskussionen mit dem Europäischen Parlament, den Mitgliedstaaten, der Industrie und Interessenträgern aus der Zivilgesellschaft kann die Kommission Bereiche für weitere Untersuchungen und künftige Initiativen priorisieren. Aufgrund der Globalität des Sektors wären derartige Arbeiten eng an die Arbeiten innerhalb der IMO gebunden.

    Insbesondere untersucht die IMO zurzeit die etwaige Notwendigkeit und Form einer Kraftstoffverbrauchsnorm und die mögliche Entwicklung einer Norm zur Messung der Leistung von Schiffsschraube und Schiffsrumpf. Zu diesem Zweck sollten die Kommission und die Mitgliedstaaten innerhalb der IMO aktiv zusammenarbeiten und die laufenden Normierungsarbeiten auf andere wichtige Technologielösungen ausdehnen.

    Die Verringerung der THG-Emissionen aus dem Seeverkehr ist zum großen Teil von einer angemessenen landseitigen Infrastruktur abhängig. Durch finanzielle Anreize und Regelungsmaßnahmen[26] fördert die Kommission schon heute die Entwicklung einer derartigen Infrastruktur, beispielsweise zur Hafenelektrifizierung, und alternativer Kraftstoffe wie Flüssigerdgas (LNG). Künftige Initiativen sollten vor allem berücksichtigen, dass verschiedene Emissionstypen aus Gründen der Regelungssicherheit sowie der rechtlichen und operativen Durchsetzbarkeit gemeinsam geprüft werden müssen.

    Viele energieeffiziente technologische Lösungen für den Seeverkehrssektor gehen mit beträchtlichen Investitionskosten einher, die beim derzeitigen Wirtschaftsklima möglicherweise nur schwer gebunden werden können. Innovative Finanzierungslösungen – wie Energieleistungsverträge – und die Inanspruchnahme der EU-Investitionsförderungs-fazilitäten der Europäischen Investitionsbank könnten sich als zweckdienliche Instrumente erweisen und Schiffseignern helfen, die Anfangskosten zu schultern.

    Obgleich bereits zahlreiche Technologien auf dem Markt erhältlich sind, sind für einen Übergang zu einem CO2-armen oder gar CO2-freien Seeverkehr langfristig noch beträchtliche Forschungsarbeiten erforderlich. Im Rahmen ihres Siebten Forschungsrahmenprogramms (7. FRP) stellt die Kommission bereits beträchtliche Mittel für die Entwicklung und Anwendung von Technologien bereit, die auf die Reduzierung des Kraftstoffverbrauchs der Schiffe von morgen und der von ihnen verursachten Emissionen abzielen. Mit dem vorgeschlagenen Rahmenprogramm „Horizont 2020“[27] sollen diese Maßnahmen fortgesetzt und intensiviert werden.

    5.           Schlussfolgerungen und Perspektive

    Das vorgeschlagene schrittweise Vorgehen zur Reduzierung der THG-Emissionen von Schiffen mithilfe eines robusten MRV-Systems als erstem Schritt steht in Einklang mit anderen Maßnahmen, die innerhalb der IMO vorgeschlagen wurden, und katapultiert Maßnahmen von der theoretischen auf die praktische Ebene. Der Vorschlag wird in die Debatten auf IMO-Ebene einfließen und kann als Vorbild für ein globales System dienen.

    Alle internationalen Partner müssen unbedingt an den Verhandlungstisch treten und so ihre Bereitschaft bezeugen, den IMO-Prozess voranzutreiben und sich auf eine globale marktbasierte Maßnahme sowie mögliche Normen für die Leistungseffizienz der existierenden Flotte zu einigen. Um glaubhaft zu sein, müssen diese Arbeiten auf einem robusten weltweiten MRV-System aufbauen.

    Es liegt im Interesse der EU, an ihren klimapolitischen Zielen und dem in diesem Kontext angestrebten Ambitionsniveau festzuhalten. Deshalb sollte die EU, da nach wie vor kein Konsens besteht, weitere Maßnahmen anstreben und den Seeverkehr im Einklang mit der Strategie „Europa 2020“ in ihre gesamtwirtschaftlichen Bemühungen einbeziehen. Die Kommission fordert das Europäische Parlament, die Mitgliedstaaten und sämtliche Interessenträger auf, die in dieser Mitteilung aufgeworfenen noch offenen Fragen zu erörtern und potenzielle Initiativen der EU zur künftigen Reduzierung der THG-Emissionen aus dem Seeverkehr herauszuarbeiten.

    [1]               Verweis auf Folgenabschätzung.

    [2]               AEA Technology und andere, 2013.

    [3]               „EU“ bezieht sich hier auf CO2, das auf Fahrten vom letzten Anlaufhafen in einen EU-Hafen und von einem EU-Hafen zum nächsten Anlaufhafen, einschließlich innerhalb von EU-Häfen, emittiert wurde.

    [4]               AEA Technology und andere, 2013.

    [5]               Lloyds Register and DNV, 2012

    [6]               Geschätzte CO2-Emissionsreduktionen aufgrund der Einführung verbindlicher technischer und betrieblicher Energieeffizienzmaßnahmen für Schiffe.) Studie von Lloyd's Register und DNV im Auftrag der IMO, 2011, und 4. Sachstandsbericht des Weltklimarates.

    [7]               Zweite THG-Studie der IMO, 2009.

    [8]               Vivid Economics.

    [9]               Zweite THG-Studie der IMO, 2009, CE Delft et al., 2009, DNV 2010, Ricardo-AEA et al, 2012

    [10]             Diskontsatz: 10 % pro Jahr.

    [11]             Maddox Consulting, 2012.

    [12]             Anlage VI zum MARPOL-Übereinkommen betrifft die Luftverschmutzung durch Schiffsabgase.

    [13]             Bericht des 59. MEPC, Nummer 4.92.

    [14]             MEPC 65/4/19.

    [15]             Vier Instrumente kommen in Betracht: ETS, THG-Fonds, die Hafenstaatabgabe (Port State Levy) und das Effizienzanreizsystem (Efficiency Incentive Scheme, EIS).

    [16]             Auf der Bunkerlieferbescheinigung müssen Namen und IMO-Nummer des den Kraftstoff beziehenden Schiffes, der Bunkerhafen, Kontaktangaben des Bunkerkraftstofflieferanten, die Kraftstoffmenge und die Kraftstoffdichte angegeben sein.

    [17]             Beschluss 1/CP.16 der Konferenz der UNFCCC-Vertragsparteien („Vereinbarungen von Cancún“).

    [18]             Gestützt auf den Vierten Sachstandsbericht des Weltklimarates (Intergovernmental Panel on Climate Change, IPCC).

    [19]             Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 29./30. Oktober 2009 und Entschließung des Europäischen Parlaments vom 4. Februar 2009 (2008/2105(INI)).

    [20]             KOM(2010) 2020 endg.

    [21]             Richtlinie 2003/87/EG und Beschluss Nr. 406/2009/EG

    [22]             KOM(2011) 144 endgültig.

    [23]             Dieser Mechanismus sollte so konzipiert werden, dass der beitragsfinanzierte Kompensationsfonds praktisch Hauptinstrument bleibt. Der norwegische NOx-Fonds steht als Beispiel dafür, dass eine Abgabe als flankierendes Instrument fungieren kann. Es kann folglich davon ausgegangen werden, dass die Anwendung alternativer Mechanismen marginal sein wird.

    [24]             z.B. eine Vereinigung oder eine öffentliche Stelle.

    [25]             Entscheidungen wie beispielsweise solche über die für das Einziehen von dem Sektor rückzuvergütenden Einkünften zuständige Organisation, über die Gewährleistung weitreichender Anwendungen und über mögliche zusätzliche Anreizmechanismen.

    [26]             COM(2013) 17 final, COM(2013) 18 final und SWD(2013) 4 final.

    [27]             KOM(2011) 809 endgültig.

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