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Document 52013DC0298

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN EINE EUROPÄISCHE STRATEGIE FÜR MIKRO- UND NANOELEKTRONISCHE KOMPONENTEN UND SYSTEME

/* COM/2013/0298 final */

52013DC0298

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN EINE EUROPÄISCHE STRATEGIE FÜR MIKRO- UND NANOELEKTRONISCHE KOMPONENTEN UND SYSTEME /* COM/2013/0298 final */


MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN

EINE EUROPÄISCHE STRATEGIE FÜR MIKRO- UND NANOELEKTRONISCHE KOMPONENTEN UND SYSTEME

1.           Einleitung

Mikro- und nanoelektronische Komponenten und Systeme[1] sind nicht nur für digitale Produkte und Dienste unverzichtbar, sie bilden auch eine wichtige Grundlage für die Innovation und Wettbewerbsfähigkeit in allen großen Wirtschaftszweigen. Dank ihrer elektronischen Bauteile sind heutige Kraftfahrzeuge, Flugzeuge und Züge sicherer, energieeffizienter und bequemer. Das Gleiche gilt für große Sektoren wie Medizin- und Gesundheitstechnik, Haushaltsgeräte, Energienetze und Sicherheitssysteme. Deshalb ist die Mikro- und Nanoelektronik eine grundlegende Schlüsseltechnologie („KET“)[2], auf die es im Hinblick auf Wachstum und Beschäftigung in der Europäischen Union ganz maßgeblich ankommt.

In dieser Mitteilung wird eine Strategie zur Stärkung der Wettbewerbs- und Wachstumsfähigkeit der Mikro- und Nanoelektronikindustrie in Europa vorgestellt. In Übereinstimmung mit der aktualisierten Industriepolitik[3] strebt Europa danach, seine führende Stellung in Entwurf und Fertigung zu behaupten und die Vorteile dieser Technologien für die gesamte Wirtschaft nutzbar zu machen.

Die Strategie umfasst Instrumente auf regionaler, nationaler und EU-Ebene, darunter auch die finanzielle Förderung der Forschung, Entwicklung und Innovation (FEI), Zugang zu Kapitalinvestitionen (CAPEX) und die Verbesserung der einschlägigen Rechtsvorschriften und ihrer Anwendung. Die Strategie baut auf Europas Stärken[4] und auf seinen regionalen Exzellenzclustern auf. Sie deckt die gesamte Wertschöpfungskette von der Herstellung der Materialien und Ausrüstungen über den Entwurf bis hin zur Massenproduktion mikro- und nanoelektronischer Komponenten und Systeme ab.

Angesichts der Bedeutung dieses Gebiets und der Herausforderungen, vor denen die Beteiligten in der EU stehen, sind ambitionierte Maßnahmen dringend notwendig, damit in der europäischen Innovations- und Wertschöpfungskette kein schwaches Glied verbleibt. Die Schwerpunkte sind:

· Anwerbung und Kanalisierung von Investitionen zur Unterstützung eines europäischen Strategieplans zur Erlangung einer industriellen Führungsrolle in der Mikro- und Nanoelektronik;

· Schaffung eines EU-Mechanismus, der die von Mitgliedstaaten, EU und Privatsektor geleistete FEI-Unterstützung auf dem Gebiet der Mikro- und Nanoelektronik kombiniert und konzentriert.

· Maßnahmen zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit Europas im Hinblick auf die Schaffung weltweit gleicher Wettbewerbsbedingungen in Bezug auf staatliche Beihilfen, die Unterstützung der Unternehmensentwicklung und die KMU-Förderung sowie die Behebung des Qualifikationsdefizits.

2.           Warum ist die Mikro- und Nanoelektronik für Europa so wichtig?

2.1.        Ein wichtiger Industriezweig mit großem Wachstumspotenzial und gewaltiger wirtschaftlicher Wirkung

Die Mikro- und Nanoelektronik trägt einen beträchtlichen Teil der Weltwirtschaft. Ihre Rolle wird weiter wachsen, denn künftige Produkte und Dienste werden – wie unten illustriert – noch stärker digital geprägt sein.

· Der weltweite Gesamtumsatz des Sektors lag im Jahr 2012 bei ungefähr 230 Milliarden EUR[5]. Der Gesamtwert der Produkte, die Mikro- und Nanokomponenten enthalten, beläuft sich auf etwa 1,6 Billionen EUR weltweit.

· Trotz der jüngsten finanziellen und wirtschaftlichen Rückschläge ist der weltweite Mikro- und Nanoelektronikmarkt seit 2000 jährlich um 5 % gewachsen. Für die verbleibenden Jahre dieses Jahrzehnts wird ein weiteres Wachstum in mindestens gleicher Größenordnung vorhergesagt.

· Das hohe Innovationstempo in diesem Bereich ist eine der Haupttriebkräfte hinter den hohen Wachstumsraten im gesamten digitalen Sektor, der heute ein Gesamtvolumen von etwa 3 Billionen EUR erreicht[6].

· Die Mikro- und Nanoelektronik hat in Europa 200 000 direkte und mehr als 1 Million indirekte Arbeitsplätze[7] geschaffen, und die Nachfrage nach qualifizierten Arbeitskräften ist ungebrochen.

· Der Beitrag der Mikro- und Nanoelektronik zur Gesamtwirtschaft wird auf 10 % des weltweiten BIP geschätzt[8].

2.2.        Eine Schlüsseltechnologie für die Bewältigung der gesellschaftlichen Herausforderungen

Die Mikro- und Nanoelektronik sorgt nicht nur für die Rechenleistung in Computern und Mobilgeräten. Sie stellt auch die Sensor- und Aktorfunktionen[9] bereit, die beispielsweise in intelligenten Stromzählern und Energienetzen für einen niedrigeren Energieverbrauch sorgen oder in Implantaten und hochentwickelten medizinischen Geräten eine bessere Gesundheitsversorgung und Unterstützung älterer Menschen ermöglichen. Außerdem stellt sie die Bausteine für eine bessere Gefahrenabwehr, eine höhere Sicherheit und Effizienz des gesamten Verkehrssystems und die Umweltüberwachung bereit.

Keine der gesellschaftlichen Herausforderungen kann heute ohne Einsatz von Elektronik erfolgreich bewältigt werden.

3.           Industrieller Wandel in der Mikro- und Nanoelektronik

3.1.                  Technischer Fortschritt eröffnet neue Chancen

Zwei Haupttrends prägen die technische Entwicklung und treiben den wirtschaftlichen Umbau voran. Im ersten Entwicklungsstrang wird die Miniaturisierung der Komponenten im Nanobereich nach einem von der Industrie aufgestellten internationalen Technologieentwicklungsplan[10] vorangetrieben. Dies ist der „Mehr-Moore“-Strang („More Moore“), der auf Leistungssteigerung, Kostensenkung und weniger Energieverbrauch abzielt[11].

Beim zweiten Strang geht es um die Diversifizierung der Funktionen auf einem Chip durch Integration weiterer Mikro-Bauteile wie Leistungstransistoren und elektromechanischer Schaltelemente. Dieser Strang wird als „Mehr-als-Moore“-Strang („More than Moore“) bezeichnet und ist die Grundlage für Innovationen auf vielen wichtigen Gebieten wie energieeffiziente Gebäude, intelligente Städte und intelligente Verkehrssysteme.

Darüber hinaus werden völlig neue, umwälzende Technologien und Architekturen erforscht. Dies wird häufig als der „Nach-CMOS“[12]-Strang („Beyond CMOS“) bezeichnet. Er erfordert eine multidisziplinäre Forschung, ein tiefgreifendes Verständnis der Physik und Chemie und herausragende ingenieurstechnische Kenntnisse.

Überdies steigert die Industrie auch schrittweise die Größe der Träger[13] für die Herstellung mikro- und nanoelektronischer Bauelemente, um die Produktionskosten zu senken. Solche Umstellungen der Herstellungsstandards erfordern große FEI-Investitionen und hohe Investitionsausgaben (CAPEX).

3.2.        Hochschnellende FEI-Kosten und ein wettbewerbsfähigeres FEI-Umfeld

Jede weitere Miniaturisierung setzt eine enorme Steigerung der FEI-Kosten und der Investitionsausgaben (CAPEX) voraus. Die Forschungs-, Entwicklungs- und Innovationsintensität der Mikro- und Nanoelektronikindustrie stieg von 11 % im Jahr 2000 auf 17 % im Jahr 2009[14]. Dieser Trend scheint sich fortzusetzen. Derart hohe Investitionen rechnen sich nur bei einem hohen Produktionsvolumen.

Derzeit läuft in der Industrie ein Konsolidierungsprozess, der dazu führen könnte, dass weltweit nur noch einige wenige Akteure übrig bleiben, davon vielleicht keiner in Europa. Es wird geschätzt, dass ein Halbleiterhersteller einen weltweiten Marktanteil von ca. 10 % benötigt, damit die Investitionen, die nötig sind, um mit der Technologieentwicklung Schritt zu halten, rentabel bleiben.

Folglich entstehen internationale Unternehmensallianzen, beispielsweise die in New York ansässige IBM-Allianz für die 300-mm-Wafer-Technik und das Global 450 Consortium, das die Umstellung auf 450-mm-Wafer anstrebt. In Europa konzentriert sich die Entwicklung der nächsten Technologiegeneration auf führende Forschungszentren wie LETI[15], Fraunhofer[16], und Imec[17], die eng mit Industrieunternehmen zusammenarbeiten. Auch die Forschung selbst nimmt mit dem Aufstieg Asiens zur Herkunftsort von Patentinhabern und hochqualifizierten Arbeitskräften immer globalere Züge an.

3.3.        Neue Geschäfts- und Produktionsmodelle

Das industrielle Umfeld der Mikro- und Nanoelektronik durchläuft gegenwärtig dramatische Veränderungen und hat in den letzten 15 Jahren eine bedeutende Verlagerung des Produktionsvolumens nach Asien erfahren[18]. Insgesamt ist die Produktion in Europa im Jahr 2011 auf knapp unter 10 % der Weltproduktion gefallen. Trotz der Stärken US-amerikanischer Unternehmen auf diesem Gebiet entfallen lediglich 16 % der Produktion auf die USA.

Angesichts der gestiegenen Kosten beim Aufbau von Produktionsanlagen („Fabs“) ist die Gewährung finanzieller Anreize durch Gebietskörperschaften zu einem wichtigen Auswahlkriterium geworden, wenn zu entscheiden ist, wo neue Kapazitäten aufgebaut werden. Steuervergünstigungen, Grundstücke, billige Energieversorgung und andere Anreize spielen dabei eine genauso wichtige Rolle wie die Verfügbarkeit qualifizierter Arbeitskräfte[19].

Ein anderer wichtiger Trend ist der Aufschwung der Auftragsfertigung („Foundry“-Modell)[20]. Auftragsfertiger haben sich vor allem in Asien schnell verbreitet und machen bereits heute etwa 10 % der weltweiten Produktion von Elektronikbauteilen aus. Gleichzeitig steigt auch die Zahl der Unternehmen ohne eigene Fertigung[21], die ihren Umsatz mit dem Verkauf von Chip-Entwürfen machen. Da sie ohne eigene Fertigung auskommen, entfallen bei diesen Unternehmen die hohen finanziellen Belastungen der Fertigung.

Die Sicherung des Zugangs zu Produktionskapazitäten könnte in Zukunft jedoch problematisch werden, wenn Auftragsfertiger ihre Angebotspalette um Entwurf und Prototypherstellung erweitern, wodurch sie einen Einblick in die Endprodukte erlangen. Um das Risiko zu verringern, erhalten einige Unternehmen, die selbst Entwürfe produzieren, begrenzte Fertigungsanlagen im eigenen Hause aufrecht (sog. „Fab-lite“-Modell).

3.4.        Ausrüstungshersteller besitzen Schlüsselelemente der Wertschöpfungskette

Ohne Fortschritte bei den Produktionsanlagen wird es keine Fortschritte bei der weiteren Miniaturisierung und Funktionserweiterung von Chips geben. Ausrüstungshersteller sind zu einem entscheidenden Glied der Wertschöpfungskette geworden, was sich auch darin widerspiegelt, dass sie in internationalen Technologieallianzen eine herausragende Rolle spielen.

4.           Europas Stärken und Schwächen

4.1.        Industrie im Umfeld von Exzellenzzentren und erweiterte europaweite Lieferketten

Ähnlich wie überall auf Welt konzentriert sich auch die europäische Mikro- und Nanoelektronikindustrie auf einige große regionale Produktions- und Entwurfsstandorte. In den Regionen um Dresden (DE), Grenoble (FR) und Eindhoven–Leuven (NL-BE) befinden sich drei wichtige Forschungs- und Produktionszentren, die sich auf einen der drei Bereiche („Mehr-Moore“, „Mehr-als-Moore“ und Ausrüstungen und Materialtechnik) spezialisiert haben. Außerdem befindet sich in der Region Dublin (IE) ein großer europäischer Fertigungsstandort für Mikroprozessoren und z. B. in Cambridge (VK) das Unternehmen, das führend ist beim Entwurf von Mikroprozessoren mit geringem Stromverbrauch, die heute in den meisten Mobil- und Tablet-Geräten stecken.

Die Gruppierung (Clustering) und regionale Spezialisierung sind für die künftige Entwicklung des Sektors entscheidend. Beide hängen aber vom Bestehen einer europaweiten Lieferkette ab. Dazu zählen auch relativ kleinere, aber hochgradig innovative und spezialisierte Cluster wie die Regionen Graz und Wien (AT), Mailand und Catania (IT) oder Helsinki (FI).

Europa hat drei große einheimische Mikro- und Nanoelektronikunternehmen, die im Jahr 2012 nach weltweitem Umsatz an 8. (STMicroelectronics), 10. (Infineon) und 12. Stelle (NXP) standen. Außerdem konnten einige große Unternehmen aus Übersee zu Investitionen in Europa bewegt werden (z. B. GlobalFoundries und Intel). Die Mikro- und Nanoelektronikfertigung in Europa stützt sich zudem auf eine äußerst wettbewerbsfähige und breite Wertschöpfungskette und ein „Ökosystem“ aus Unternehmen, darunter zahlreichen KMU. Die hauptsächlichen Fertigungsstandorte sind dabei in die oben erwähnten regionalen Cluster eingebettet.

4.2.        In entscheidenden vertikalen Märkten führend, in anderen großen Marktsegmenten kaum vertreten

Bauteile für Computer und Verbraucherprodukte, die einen großen Teil des gesamten Marktes ausmachen, werden relativ weitgehend ohne europäisches Zutun hergestellt. Allerdings ist Europa führend in der Elektronik für die Automobilindustrie (~50 % der Weltproduktion), für Energieanwendungen (~40 %) und für die industrielle Automatisierung (~35%). Außerdem hat Europa noch immer seine Stärken beim Elektronikentwurf für die mobile Telekommunikation.

Europäische Unternehmen, darunter eine Vielzahl von KMU, sind weltweit führend bei intelligenten Mikrosystemen wie medizinischen Implantaten und in der Sensortechnik. Diese Gebiete sind gegenwärtig zwar noch Nischenmärkte, weisen aber ein hohes Wachstum auf (üblicherweise mehr als 10 % jährlich). Ein anderer wichtiger Trumpf ist die europäische Führungsposition im Wachstumsmarkt der Bauteile mit geringem Stromverbrauch.

4.3.        Unangefochtene europäische Führung in der Material- und Ausrüstungstechnik

In Europa sind einige der wichtigsten Ausrüstungs- und Materiallieferanten ansässig, beispielsweise ASML und SOITEC, die beträchtliche Anteile an den betreffenden Weltmärkten halten. Diese Unternehmen hängen von zahlreichen Zulieferern überall in Europa ab, von denen viele KMU sind. Die europäischen Ausrüstungs- und Materiallieferanten meistern in einzigartiger Weise hochentwickelte Technologien von der Optik und der Lasertechnik bis zur Präzisionsmechanik und Chemie. Sie spielen eine wichtige Rolle bei der Vorantreibung der Mikro- und Nanoelektronik. Dies wird auch anerkannt, wie es z. B. die jüngste strategische Investition großer Halbleiterunternehmen in ASML belegt[22].

4.4.        Investitionen der EU-Unternehmen bleiben relativ bescheiden

Obwohl die Investitionen europäischer Unternehmen in absoluten Zahlen hoch sind (in einer Größenordnung von vielen Milliarden EUR), bleiben sie im Vergleich zu den anderswo getätigten Investitionen doch relativ bescheiden. Dennoch ist Europa wegen seines Konsumvolumens, das mehr als 20 % des Weltmarkts ausmacht, weiterhin wirtschaftlich attraktiv. Für künftige Investitionen in die Elektronikfertigung gibt es aber keinerlei Garantie. Der Wettbewerb mit anderen Regionen der Welt ist hart.

Öffentliche FEI-Investitionen und politische Maßnahmen zur Einwerbung privater Investitionsmittel sind trotz der in den letzten fünf Jahren erzielten Fortschritte in der EU weiterhin fragmentiert. Dies steht in starkem Kontrast dazu, dass die europäische FEI in der Mikro- und Nanoelektronik andererseits zur Weltklasse gehört und für internationale Akteure sehr attraktiv ist.

5.           Bisherige europäische Bemühungen

5.1.        Regionale und nationale Bemühungen zur Stärkung der Exzellenzcluster

Beträchtliche Anstrengungen wurden vor allem in den letzten 15 Jahren auf regionaler Ebene unternommen, um Industrie- und Technologiecluster aufzubauen. Die erfolgreichsten Cluster sind das Ergebnis langfristig verfolgter Strategien, die Instrumente wie Steueranreize, FEI-Investitionen in öffentliche Laboratorien, intensive Zusammenarbeit zwischen Hochschulbereich und Industrie, Weltklasse-Infrastrukturen, Abdeckung aller wichtigen Glieder der Wertschöpfungskette und ein dynamisches Unternehmensumfeld miteinander verbinden. Die Verfügbarkeit von Qualifikationen und Wissen ist hier ebenfalls von großer Bedeutung.

Angesichts der bevorstehenden Herausforderungen, zu denen steigende FEI-Kosten, ein scharfer weltweiter Wettbewerb und die Erosion wichtiger Teile der Wertschöpfungskette in Europa (z. B. bei der Zusammenführung von Komponenten in Systemen) gehören, ist eine viel engere Zusammenarbeit entlang der Wertschöpfungsketten und innerhalb von Innovationsökosystemen auf EU-Ebene unverzichtbar.

5.2.        Steigerung und bessere Koordinierung der FEI-Investitionen auf EU-Ebene

Investitionen in die FEI auf dem Gebiet der Mikro- und Nanoelektronik sind Teil der EU-Programme für Forschung und Entwicklung, seit es diese überhaupt gibt. So beinhaltet das Programm EUREKA auch ein großes Forschungscluster zur Mikro- und Nanoelektronik[23].

Nach 10 Jahren stagnierender EU-Unterstützung für die Forschung, Entwicklung und Innovation auf diesem Gebiet[24] begann im Jahr 2011 eine schrittweise Anhebung der Mittel um jährlich 20 %, so dass im Jahr 2013 ein Budget in Höhe von mehr als 200 Millionen EUR zur Verfügung steht. Im Hinblick auf eine Bündelung der FEI-Bemühungen und das Erreichen einer kritischen Masse gründeten die Kommission, die Mitgliedstaaten und private Beteiligte im Jahr 2008 gemeinsam eine öffentlich-private Partnerschaft in Form eines gemeinsamen Unternehmens[25] (ENIAC JU). Zum Jahresende 2013 wird das gemeinsame Unternehmen ENIAC sowohl öffentliche als auch private Mittel in Höhe von mehr als 2 Milliarden EUR in die Forschung, Entwicklung und Innovation investiert haben, und zwar zusätzlich zu der ca. 1 Milliarde EUR, die bereits im Zuge des Siebten Rahmenprogramms in die Mikro- und Nanoelektronik investiert worden ist.

5.3.        Technologische Durchbrüche und gleichzeitig Lücken in der Innovationskette

Schwerpunkt der auf EU-Ebene geleisteten FEI-Unterstützung ist die Vorbereitung auf die nächsten beiden Technologiegenerationen[26]. Dank dieser Programme konnte die Industrie mit den neuesten Entwicklungen im Bereich der weiteren Miniaturisierung Schritt halten. Ebenfalls dank dieser Programme wurden ausgefeilte intelligente Systeme entwickelt, die heute beispielsweise in Kraftfahrzeugen oder Gesundheitssystemen eingesetzt werden.

Die FEI-Programme der EU unterstützten bislang nur die frühen Phasen des Innovationsprozesses, d. h. die Validierung der Technologien bis zur Laborstufe[27]. Nach dieser Logik sollten die folgenden Schritte, die näher am Endpunkt liegen, der Industrie überlassen bleiben, da sie hohe Investitionen erfordern. Dies führte allerdings zu deutlichen Lücken in der Innovationskette. Um wirksam zu sein und das so genannte „Tal des Todes“ überwinden zu helfen, muss die Forschungs- und Innovationsförderung auf diesem Gebiet verstärkt die gesamte Innovationskette über einzelne Unternehmen, Regionen oder Mitgliedstaaten hinaus ins Visier nehmen.

Das gemeinsame Unternehmen ENIAC wies erst kürzlich auf den Bedarf an Pilotanlagen für die Fertigung hin, die sich genau auf diese höheren Stufen der technologischen Reife beziehen. Das starke Interesse, das private Beteiligte und öffentliche Stellen an der Förderung solcher Pilotanlagen zeigen, verdeutlicht ihre große strategische Bedeutung.

6.           Der weitere Weg – eine europäische industriepolitische Strategie

Die vorgeschlagene Strategie baut auf der europäischen Initiative für Schlüsseltechnologien (KET) und dem Vorschlag für das Forschungs-, Entwicklungs- und Innovationsprogramm „Horizont 2020“[28] auf. Ihr Schwerpunkt liegt aber auf den Maßnahmen, die für die besonderen Problemstellungen der Mikro- und Nanoelektronik von Bedeutung sind.

6.1.        Ziel: Steigerung statt Rückgang des EU-Anteils an der weltweiten Produktion

Europa kann sich den Niedergang seiner Entwurfs- und Fertigungskapazitäten in der Mikro- und Nanoelektronik nicht leisten. Dadurch würden in wichtigen Industriezweigen große Teile der Wertschöpfungsketten in Gefahr geraten. Gleichzeitig würden Europa unverzichtbare Technologien fehlen, die es zur Bewältigung seiner gesellschaftlichen Herausforderungen unbedingt braucht.

Angesichts der breiten Palette künftiger Möglichkeiten und der Herausforderungen, vor denen die Industrie heute steht, ist es dringend notwendig, alle einschlägigen öffentlichen Maßnahmen europaweit zu verstärken und zu koordinieren. Eine industriepolitische Strategie sollte dafür sorgen, dass die Rückkehr zum Wachstum gelingt und dass innerhalb eines Jahrzehnts in der EU ein Produktionsniveau erreicht wird, das sich dem Anteil Europas am weltweiten BIP stärker annähert. Die Ziele im Einzelnen:

· Sicherung der Verfügbarkeit der Mikro- und Nanoelektronik, die für die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Schlüsselindustrien unerlässlich ist;

· Anwerbung hoher Investitionen in eine hochentwickelte Fertigung in Europa und Stärkung der industriellen Wettbewerbsfähigkeit in der gesamten Wertschöpfungskette vom Entwurf bis zur Fertigung;

· Behauptung der Führungsstellung bei der Lieferung von Materialien und Ausrüstungen und in Bereichen wie „Mehr-als-Moore“ und energieeffiziente Komponenten;

· Aufbau einer Führungsposition beim Chipentwurf in Märkten mit hohem Wachstum, vor allem beim Entwurf komplexer Komponenten.

6.2.        Konzentration auf Europas Stärken, Fortentwicklung und Ausbau führender Cluster in Europa

Wie oben erläutert, gehören zu Europas Trümpfen in der Mikro- und Nanoelektronik eine herausragende akademische Forschung und eine führende Rolle der Industrie in vertikalen Märkten. Europa als Ganzes betrachtet ist darüber hinaus industriell und technologisch in der gesamten Wertschöpfungskette präsent: Ausrüstungen, Materialien, Fertigung, Entwurf und leistungsfähige gewerbliche Abnehmer.

Aufbauend auf diesen Stärken sollte Europa alle erforderlichen Ressourcen mobilisieren, um zu einem wichtigen Akteur auf dem Gebiet der Mikro- und Nanoelektronik zu werden. Zur Mobilisierung der Ressourcen wird es nötig sein, die auf regionaler, nationaler und europäischer Ebene ergriffenen Maßnahmen zu koordinieren. Dies lässt Zuversicht entstehen und fördert die Erneuerung und das Wachstum der Fertigungskapazitäten in Europa.

Ein Schwerpunkt ist dabei die Stärkung und Fortentwicklung der Spitzenkapazitäten der Forschungs- und Technologieorganisationen (RTO) im Hinblick auf deren Anlagen und Personal. Die RTO sollten talentierte Ingenieure und Forscher anziehen und im Mittelpunkt von „Ökosystemen“ stehen, die für private Investitionen in Entwurf und Fertigung attraktiv sind. Im Hinblick auf möglichst hohe Renditen und die Gewährleistung von Spitzenleistungen wird der Erfolg davon abhängen, ob weitere Fortschritte hin zu einer ergänzenden Spezialisierung und einer verstärkten Zusammenarbeit der hauptsächlichen RTO erzielt werden, wie es mit der EU-Strategie für eine intelligente Spezialisierung[29] angestrebt wird.

Um den weiteren Einsatz der Elektronik in allen Industriezweigen voranzutreiben und die Chancen zu ergreifen, die sich aus einer fachübergreifenden Arbeit ergeben, sollte die engere grenz- und sektorübergreifende Zusammenarbeit – auch mit gewerblichen Abnehmern – ausgebaut werden.

6.3.        Ergreifung der Chancen auf unkonventionellen Gebieten und Unterstützung des Wachstums der KMU

Die KMU spielen eine Schlüsselrolle auf neu entstehenden Gebieten wie Kunststoffelektronik, organische Elektronik und intelligente integrierte Systeme sowie allgemein beim Entwurf. Ein wichtiges Ziel ist es daher, die KMU besser in die Wertschöpfungsketten zu integrieren und ihnen Zugang zum neuesten Stand der Technologien und zu FEI-Einrichtungen zu verschaffen. Die Unterstützung von Exzellenzzentren, die bei der Einbettung mikro- und nanoelektronischer Komponenten in alle möglichen Arten von Produkten und Diensten behilflich sind, ist von größter Bedeutung, wenn es darum geht, die Innovation in der gesamten Wirtschaft voranzubringen, vor allem auch in nicht technologisch ausgerichteten KMU.

EU-weite Partnerschaften zwischen gewerblichen Endabnehmern, öffentlichen Stellen und (großen wie kleinen) Mikro- und Nanoelektroniklieferanten werden dabei helfen, neue Bereiche mit hohem Wachstumspotenzial zu erschließen, z. B. elektrische Kraftfahrzeuge, energieeffiziente Gebäude und intelligente Städte sowie alle Arten von mobilen Webdiensten.

7.           Die Maßnahmen

7.1.        Ein europäischer Strategieplan für Investitionen auf diesem Gebiet

Ziel ist die Gewinnung höherer öffentlicher und privater Investitionen und deren Lenkung auf die Verwirklichung eines von der Industrie aufzustellenden Strategieplans zur Übernahme einer Führungsrolle.

Die Höhe der öffentlichen und privaten Investitionen wird der Größe der Herausforderung entsprechen. Beabsichtigt ist, die gesamten auf EU-Ebene sowie auf nationaler und regionaler Ebene getätigten öffentlichen und privaten Investitionen in die Forschung, Entwicklung und Innovation auf mehr als 1,5 Milliarden EU jährlich anzuheben und so ein Gesamtbudget von über 10 Milliarden EUR über sieben Jahre zu erreichen.

Dazu wird die Kommission den Dialog mit den Beteiligten fortsetzen und eine Electronics Leaders Group einsetzen, die einen europäischen industriepolitischen Strategieplan ausarbeiten und an dessen Umsetzung mitwirken soll. Der Plan soll die Stärken Europas ausbauen und die drei folgenden Entwicklungsstränge abdecken:

· Entwicklung der „Mehr-als-Moore“-Technik für Wafer-Größen von 200 mm und 300 mm. Dadurch wird Europa in die Lage versetzt, auf einem Markt, der sich auf ungefähr 60 Milliarden EUR pro Jahr beläuft und ein jährliches Wachstum von 13 % aufweist, seine führende Position[30] zu verteidigen und auszubauen. Dies wird sich direkt auf die Schaffung hochwertiger Arbeitsplätze insbesondere auch in KMU auswirken.

· Weitere Fortschritte bei den „Mehr-Moore“-Technologien für die letztlich angestrebte Miniaturisierung auf Wafergrößen von 300 mm. Die Investitionen sollen Europa in die Lage versetzen, seine Produktion in diesem Markt, der mehr als 200 Milliarden EUR[31] ausmacht, schrittweise zu erhöhen.

· Entwicklung einer neuen Fertigungstechnik für 450-mm-Wafer. Die Investitionen werden zunächst Ausrüstungs- und Materialherstellern in Europa zugute kommen, die heute auf einem Markt führend sind, der sich auf etwa 40 Milliarden EUR jährlich beläuft; außerdem gibt er der gesamten in fünf bis zehn Jahren einen eindeutigen Wettbewerbsvorsprung.

Der Strategieplan wird spätestens bis Ende 2013 aufgestellt werden und eine Reihe konkreter Maßnahmen beinhalten, um insbesondere Europas Exzellenzcluster für Fertigung und Entwurf zu stärken und die Offenheit der Partnerschaften und Allianzen über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg zu gewährleisten. Der öffentliche Sektor, die Europäische Kommission, die Mitgliedstaaten und regionale Behörden werden folgende Maßnahmen ergreifen:

· Förderung der FEI durch institutionelle Finanzierung oder Finanzhilfen für aus dem Strategieplan abgeleitete Aktionen. Gezielte und koordinierte Eingriffe[32], die eine kritische Masse erzeugen und möglichst hohe Renditen ermöglichen.

· Entwicklung einer fortgeschrittenen Infrastruktur für die Fertigung und für Pilotprojekte in Partnerschaft mit der Industrie und zur Unterstützung der Infrastruktur, um die bestehende Lücke in der Innovationskette zu überwinden und um Entwurf und tatsächlichen Einsatz aneinander anzunähern.

· Erleichterung des Zugangs zu Finanzierungsmitteln (CAPEX) durch Darlehen und Eigenkapital, vor allem aus regionalen Mitteln und aus den Innovationsprogrammen der Europäischen Investitionsbank (EIB). In diesem Zusammenhang unterzeichnete die Europäische Kommission im Februar 2013 eine Vereinbarung mit der EIB, in der grundlegende Schlüsseltechnologien (KET) als Investitionsprioritäten genannt werden.

Die Kommission wird den Weg bereiten, damit sich die Unternehmen entlang der Wertschöpfungskette zusammenschließen sowie den Strategieplan weiterentwickeln und regelmäßig aktualisieren können. Mitgliedstaaten, regionale Behörden und Europäische Kommission werden jeweils für sich und gemeinsam die Umsetzung des Strategieplans unterstützen, auch mit Hilfe einer gemeinsamen Technologieinitiative (JTI) und des Programms EUREKA. So wird die bestmögliche Verwendung regionaler Strukturfonds sichergestellt, auch durch intelligente Spezialisierung zwischen den Zielclustern und durch Einsatz der im Rahmen der Europäischen Struktur- und Investitionsfonds (ESI-Fonds)[33] vorgesehenen Finanzierungsinstrumente.

Die Industrie soll sich zur Aufrechterhaltung und Ausweitung von Entwurfs- und Fertigungstätigkeiten in Europa verpflichten und den Strategieplan mit Hilfe der RTO und der akademischen Forschung regelmäßig überarbeiten, um ihn entsprechend der Dynamik der Technologie- und Marktentwicklungen auf dem neuesten Stand zu halten.

7.2.        Gemeinsame Technologieinitiative: ein Dreiermodell für Großprojekte

Die Europäische Kommission wird auf der Grundlage von Artikel 187 AEUV eine gemeinsame Technologieinitiative[34] vorschlagen, die auf Projektebene Ressourcen zur Unterstützung einer von Industrie und Hochschulen getragenen grenzüberschreitenden kooperativen Forschung, Entwicklung und Innovation zusammenführen wird. Der Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Gründung eines gemeinsamen Unternehmens soll die bestehenden gemeinsamen Unternehmen für eingebettete IKT-Systeme (ARTEMIS) und für Nanoelektronik (ENIAC) ablösen, die im Zuge des Siebten Rahmenprogramms geschaffen worden waren. Im Rahmen des Programms „Horizont 2020“ werden die neuen gemeinsamen Technologieinitiativen im Teil „Führende Rolle bei grundlegenden und industriellen Technologien“ drei miteinander verbundene Gebiete betreffen:

· Entwurfstechniken, Fertigungsprozesse und ‑integration, Ausrüstungen und Materialien für die Mikro- und Nanoelektronik.

· Verfahren, Methoden, Werkzeuge und Plattformen, Referenzentwürfe und ‑architekturen für eingebettete bzw. cyberphysikalische Systeme.

· Multidisziplinäre Konzepte für intelligente Systeme.

Die neue JTI wird die Lehren aus den laufenden JTI[35] berücksichtigen und eine vereinfachte Finanzierungsstruktur aufweisen. Sie wird hauptsächlich kapitalintensive Aktionen[36] wie Pilotanlagen oder großmaßstäbliche Demonstrationssysteme unterstützen, die bereits eine höhere technologische Einsatzreife ab Stufe 8 erreicht haben. Diese Aktionen werden eine Dreier-Finanzierung unter Einbeziehung der Europäischen Kommission, der Mitgliedstaaten und der Industrie erfordern und dabei helfen, die einschlägigen Investitionsstrategien in ganz Europa aneinander auszurichten. Die Durchführung wird nach den Grundsätzen des Programms „Horizont 2020“ erfolgen und im Einklang mit dem übergreifenden Arbeitsprogramm für die Schlüsseltechnologien (KET) stehen, damit sich die verschiedenen KET besser gegenseitig befruchten können.

Die Unterstützung der JTI wird ergänzt durch EU-Mittel für die technologische FuE und für Innovationsmaßnahmen, die sich vor allem an KMU richten. Dies umfasst die FEI auf neuen Gebieten der Mikro- und Nanoelektronik (siehe Abschnitt 6.3), darunter auch auf Gebieten, auf denen eine Kombination aus mehreren Schlüsseltechnologien nötig ist, beispielsweise fortgeschrittene Materialien, industrielle Biotechnologie, Photonik, Nanotechnologie und fortgeschrittene Fertigungssysteme[37].

Innerhalb der neuen JTI wird die Kommission überdies prüfen, wie die Genehmigung staatlicher Beihilfen vereinfacht und beschleunigt werden kann, u. a. auch durch ein Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse gemäß Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe b AEUV.

7.3.        Fortentwicklung und Unterstützung horizontaler Maßnahmen zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit

Die Verfügbarkeit hochqualifizierter Arbeitskräfte wie Ingenieure und Techniker und hochqualifizierter Wissenschaftler ist eine wichtige Voraussetzung, um private Investitionen im Bereich der Elektronik anzuziehen. Ähnlich wie im gesamten IKT-Sektor wird auch in der Mikro- und Nanoelektronik ein zunehmendes Qualifikationsdefizit und eine Diskrepanz zwischen Qualifikationsangebot und ‑nachfrage beklagt. Die Kommission wird den Aufbau digitaler Kompetenzen für die Industrie weiterhin im Zuge ihrer „e-Skills“-Initiative fördern, und hat erst kürzlich die „große Koalition für Kompetenzen und Beschäftigung im IKT-Bereich“ ins Leben gerufen. In der Mikro- und Nanoelektronik kommt es entscheidend auf das Engagement der Industrie an, die junge Generation schon in einer frühen Ausbildungsphase zu gewinnen. Zusätzlich zu den Bemühungen der Industrie und einschlägiger Initiativen auf regionaler und nationaler Ebene wird sich die Kommission weiterhin an der Finanzierung von „Horizont 2020“-Projekten zur Entwicklung und Verbreitung von Ausbildungs- und Lehrmaterial über neueste Technologien in der Mikro- und Nanoelektronik beteiligen und Kampagnen zur Sensibilisierung von Jungunternehmern unterstützen.

Zudem arbeitet die Europäische Kommission an der Einrichtung eines EU- Kompetenzpanoramas mit aktuellen Prognosen für das Qualifikationsangebot und den Bedarf am Arbeitsmarkt bis 2020, um die europäische Klassifikation der Qualifikationen, Kompetenzen und Berufe (ESCO) als gemeinsame Schnittstelle zwischen den Welten der Beschäftigung und der Aus- und Fortbildung transparenter zu machen und um die Mobilität zu fördern.

Zusammen mit Forschungs- und Technologieorganisationen, Universitäten und regionalen Behörden wird sich die Kommission darum bemühen, gemeinsam zu nutzende Einrichtungen und Dienstleistungen für Tests und frühe Experimente mit mikro- und nanoelektronischen Technologien für neu gegründete Unternehmen, KMU und Anwender in ganz Europa zugänglich zu machen.

Darüber hinaus werden durch die Vergabe öffentlicher Aufträge für auf Mikro- und Nanoelektronik beruhende Innovationen, beispielsweise in der Gesundheits- und Sicherheitstechnik, bessere Voraussetzungen für die Marktentwicklung in diesen Bereichen geschaffen.

7.4.        Internationale Dimension

Die Europäische Kommission wird die internationale Zusammenarbeit in der Mikro- und Nanoelektronik insbesondere auf Gebieten von gegenseitigem Interesse wie internationale Technologieplanung, Leistungsvergleich, Normung, Gesundheits- und Sicherheitsfragen im Zusammenhang mit Nanomaterialien[38] sowie die Vorbereitungen zur Umstellung auf 450-mm-Wafer oder die fortgeschrittene „Nach-CMOS-“Forschung fördern.

Die Europäische Kommission wird sich in internationalen multi- und bilateralen Foren weiterhin für die Schaffung eines stärker transparenten und globalen Wettbewerbsumfelds und die Begrenzung von Handels- bzw. Marktverzerrungen einsetzen. Ferner wird sie die Industrie in Handelsverhandlungen des Sektors sowie in einschlägigen Fragen unterstützen, die eine internationale Diskussion erforderlich machen, beispielsweise beim Problem der Unternehmen, die ihre Patente nicht nutzen (NPE).

8.           Schlussfolgerungen

Ähnlich dem Vorgehen in anderen strategisch wichtigen Bereichen wie der Luftfahrt- und Raumfahrt hat Europa gar keine andere Wahl, als eine ehrgeizige industriepolitische Strategie für die Mikro- und Nanoelektronik aufzustellen. In dieser Mitteilung wird eine solche Strategie vorgeschlagen, die auf einem europäischen Strategieplan für dieses Gebiet beruht. Sie dient der Unterstützung einer intelligenten regionalen Spezialisierung und der Förderung einer engen Zusammenarbeit entlang der gesamten Wertschöpfungskette und der Innovationskette.

Die Finanzierungsmittel der EU, der Mitgliedstaaten und der Regionen für diesen Bereich müssen koordiniert werden, damit die kritische Masse erreicht wird, die nötig ist, um Investitionen und die besten Talente der Welt anziehen zu können. Die finanziellen Mittel sollen auf Europas führende Cluster konzentriert werden. Die weitere Entwicklung dieser Cluster wird alle europäischen Unternehmen – unabhängig vom Standort – in die Lage versetzen, sich die neuesten Entwicklungen in der Mikro- und Nanoelektronik nutzbar zu machen. Der Aktionsplan im Anhang gibt einen Überblick über den Handlungsbedarf.

ANHANG

|| Wichtigste Aktionen: || Wer || Wann

1 || Fortsetzung des Dialogs mit den Beteiligten und Einsetzung einer Electronics Leaders Group zur Ausarbeitung eines europäischen Strategieplans für die Elektronikindustrie || Europäische Kommission, Industrie || spätestens Ende 2013

|| Förderung einer intelligenten Spezialisierung, Nutzung der Finanzierungsinstrumente der Europäischen Struktur- und Investitionsfonds (ESI-Fonds) und des Programms Horizont 2020 || Europäische Kommission, Mitgliedstaaten || fortlaufend, zu verstärken

|| Förderung der Mittel zur Sicherung von Kapitalinvestitionen in die europäische Produktion im Rahmen der mit der EIB unterzeichneten Vereinbarung über grundlegende Schlüsseltechnologien (KET) || Europäische Investitionsbank, Industrie || 1. Quartal 2014

2 || Erlass einer Verordnung des Rates und Gründung der neuen dreiseitigen JTI || Europäische Kommission, Mitgliedstaaten, Industrie || Anfang 2014

|| Innerhalb der JTI: Prüfung, wie die Genehmigung staatlicher Beihilfen vereinfacht und beschleunigt werden kann, auch durch ein Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse gemäß Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe b AEUV || Europäische Kommission, Mitgliedstaaten, Industrie || 3. Quartal 2013

3 || Fortlaufender Dialog mit wichtigen RTO, Regionen und Mitgliedstaaten zur Stärkung des Mikro- und Nanoelektronik-Ökosystems auf europäischer Ebene || Europäische Kommission, Mitgliedstaaten, Regionen, RTO || fortlaufend, zu verstärken

|| In Horizont 2020: Zugänglichmachung gemeinsam zu nutzender Einrichtungen für Tests und frühe Experimente für neu gegründete Unternehmen, KMU, Hochschulen und Anwender || RTO, Europäische Kommission || 1. Quartal 2014

|| Investitionen in Bausteine (Aus- und Fortbildung), Förderung eines günstigen technischen Umfelds in Europa || Mitgliedstaaten, Hochschulen || 1. Quartal 2014–4. Quartal 2020

4 || Ausarbeitung und Umsetzung einer Strategie zum Aufbau der Marktnachfrage nach elektronikintensiven Produkten unter Einsatz verschiedener Instrumente, z. B. öffentlicher Aufträge || Industrie, Mitgliedstaaten, Regionen, Europäische Kommission || 2. Quartal 2014

|| Ausarbeitung politischer Maßnahmen zur Schaffung weltweit gleicher Wettbewerbsbedingungen durch Begrenzung von Handels- bzw. Marktverzerrungen, auch auf dem Treffen der Regierungen und Behörden über Halbleiter (GAMS) || Europäische Kommission, Industrie || fortlaufend, zu verstärken

[1]               In dieser Mitteilung als „Mikro- und Nanoelektronik“ bezeichnet. Die Palette reicht von Transistoren im Nanoformat bis zu Mikrosystemen, die mehrere Funktionen auf einem Chip vereinen.

[2]               COM(2012) 341 final.

[3]               COM(2012) 582 final, „Eine stärkere europäische Industrie bringt Wachstum und wirtschaftliche Erholung“.

[4]               Z. B. Elektronikausrüstungen für den Kraftfahrzeugbau, die Energietechnik und die Fertigung.

[5]               World Semiconductor Trade Statistics (WSTS), 2012 (http://www.wsts.org/).

[6]               Digiworld Report, IDATE 2012 (http://www.idate.org).

[7]               http://ec.europa.eu/enterprise/sectors/ict/files/kets/hlg_report_final_en.pdf.

[8]               Siehe: ESIA 2008 Competitiveness Report „Mastering Innovation Shaping the Future“ (Wettbewerbsbericht des Europäischen Halbleiterindustrieverbands (ESIA) 2008: Innovation meistern – Zukunft gestalten) (https://www.eeca.eu/data/File/ESIA_Broch_CompReport_Total.pdf).

[9]               Ein Sensor ist ein Gerät, z. B. ein Thermometer, das einen physikalischen Zustand feststellt. Aktoren sind Geräte, z. B. Schalter, die Aktionen ausführen, beispielsweise Dinge ein- oder ausschalten oder Änderungen in einem operativen System vornehmen.

[10]             International Technology Roadmap for Semiconductors (ITRS) (http://www.itrs.net).

[11]             Moore'sches Gesetz: Das Verhältnis der Leistung zu den Kosten verdoppelt sich alle 18–24 Monate.

[12]             CMOS (Complementary Metal Oxide Semiconductor, komplementäre Metall-Oxid-Halbleiter) ist die Standardtechnologie für integrierte Schaltkreise im „Mehr-Moore“-Strang.

[13]             Mikro- und nanoelektronische Chips werden aus runden Trägerscheiben hergestellt, sog. „Wafern“. Die aufeinander folgenden Technologiegenerationen werden anhand des Durchmessers der Wafer benannt, auf denen die Chips produziert werden. Die heutige Herstellung erfolgt hauptsächlich auf 200- und 300mm-Wafern. Die nächste Wafer-Größe wird 450 mm sein.

[14]             OECD Information Technology Outlook        (http://www.oecd.org/internet/ieconomy/oecdinformationtechnologyoutlook2010.htm).

[15]             LETI ist ein Institut der französischen Forschungs- und Technologieorganisation CEA. Es hat sich auf Nanotechnologien und deren Anwendungen spezialisiert, von Drahtlosgeräten über Biologie und Gesundheitstechnik bis zur Photonik (http://www-leti.cea.fr).

[16]             Die deutsche Fraunhofer-Gesellschaft beschäftigt sich mit anwendungsorientierter Forschung, aus der sich ein direkter Nutzen für private und öffentliche Unternehmen sowie für die Gesellschaft insgesamt ergibt. Mehrere ihrer Institute befassen sich mit integrierten Schaltkreisen und Systemen (http://www.fraunhofer.de).

[17]             Das belgische Imec ist in der Nanoelektronikforschung weltweit führend und bringt seine wissenschaftlichen Erkenntnisse in internationalen Partnerschaften auf den Gebieten IKT, Gesundheitsfürsorge und Energie zur Geltung (http://www.imec.be).

[18]             So stiegen die Investitionsausgaben südkoreanischer Unternehmen von 13 % im Jahr 2005 auf 27 % im Jahr 2012.

[19]             Siehe: Semiconductor Industry Association (SIA), „Maintaining America's Competitive Edge: Government Policies Affecting Semiconductor Industry R&D and Manufacturing Activity“ (Behauptung des amerikanischen Wettbewerbsvorsprungs: Auswirkungen staatlicher Politik auf die Forschung und Entwicklung und auf die Fertigung in der Halbleiterindustrie), März 2009 (http://www.semiconductors.org/clientuploads/directory/DocumentSIA/Research%20and%20Technology/Competitiveness_White_Paper.pdf)

[20]             Als „Foundry“ (Auftragsfertiger) wird ein Unternehmen bezeichnet, das Fertigungsanlagen betreibt und seine Fertigungskapazitäten anderen Unternehmen bereitstellt, die selbst keine eigenen Produktionsanlagen haben.

[21]             Ein Unternehmen, das seine eigenen Bauteile zwar selbst entwirft, mit deren Herstellung aber einen Dienstleister (den Auftragsfertiger) beauftragt.

[22]             Siehe http://www.asml.com/asml/show.do?ctx=5869&rid=46974 – Als Teil des Programms werden Intel, TSMC und Samsung für 3,85 Milliarden EUR in bar ASML-Anteile erwerben, die zusammen eine 23-prozentige Minderheitsbeteiligung an ASML ergeben.

[23]             http://www.catrene.org/.

[24]             Bei ~130 Millionen EUR pro Jahr.

[25]             Auf der Grundlage von Artikel 187 AEUV.

[26]             Entsprechend dem International Technology Roadmap for Semiconductors (internationaler Technologieentwicklungsplan für die Halbleiterindustrie, ITRS) (http://www.itrs.net/).

[27]             Die Bewertung des Reifegrads neu aufkommender Technologien erfolgt anhand der technologischen Einsatzreife (Technology Readiness Level, TRL). Die Stufen 1 bis 4 betreffen üblicherweise die frühe FuE, wogegen sich die Stufen 5 bis 8 auf die Prototyperstellung und die eigentliche Systemvalidierung in einem Betriebsumfeld beziehen.

[28]             KOM(2011) 809 endg.

[29]             http://s3platform.jrc.ec.europa.eu/home.

[30]             Gegenwärtig beträgt die diesbezügliche Produktion in Europa mehr als 30 % der Weltproduktion.

[31]             Der europäische Produktionsanteil liegt bei ca. 9 %, aber Europa steht beim Miniaturisierungswettlauf noch immer an der technologischen Spitze.

[32]             Seitens regionaler, nationaler und EU-Programme.

[33]             http://s3platform.jrc.ec.europa.eu/home.

[34]             Auf die Auswirkungen des Vorschlags wird in der Folgenabschätzung eingegangen. Die Auswirkungen auf den Haushalt werden im Finanzbogen dargelegt.

[35]             Erste Zwischenbewertung der gemeinsamen Technologieinitiativen ARTEMIS und ENIAC, 2010:     http://ec.europa.eu/dgs/information_society/evaluation/rtd/jti/artemis_and_eniac_evaluation_report_final.pdf.

[36]             Gegenwärtig beläuft sich die öffentliche Unterstützung von Pilotanlagen im gemeinsamen Unternehmen ENIAC auf 50 bis 120 Millionen EUR pro Aktion.

[37]             Siehe COM(2012) 582 final, Abschnitt III Buchstabe A Nummer 1 Ziffer ii).

[38]             COM(2012) 572 final: Zweite Überprüfung der Rechtsvorschriften zu Nanomaterialien.

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