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Document 52009DC0626

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und an den Rat - Überprüfung der Richtlinie 2002/65/EG über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen an Verbraucher

/* KOM/2009/0626 endg. */

52009DC0626

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und an den Rat - Überprüfung der Richtlinie 2002/65/EG über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen an Verbraucher /* KOM/2009/0626 endg. */


[pic] | KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN |

Brüssel, den 20.11.2009

KOM(2009) 626 endgültig

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND AN DEN RAT

ÜBERPRÜFUNG DER RICHTLINIE 2002/65/EG ÜBER DEN FERNABSATZ VON FINANZDIENSTLEISTUNGEN AN VERBRAUCHER

EINLEITUNG

1. Artikel 20 der Richtlinie 2002/65/EG über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen an Verbraucher (im Folgenden „die Richtlinie“) besagt, dass die Kommission das Funktionieren der Richtlinie überprüft, damit gewährleistet wird, dass sich der grenzübergreifende Fernabsatz solcher Dienstleistungen ordnungsgemäß entwickelt.

2. Ziel der Richtlinie ist es, den Binnenmarkt zu konsolidieren und dabei ein hohes Verbraucherschutzniveau sicherzustellen. In Einklang mit Artikel 20 der Richtlinie legt die Überprüfung einen besonderen Schwerpunkt auf die Unterschiede zwischen den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften hinsichtlich der Aspekte, die nicht vollständig harmonisiert sind, nämlich die Bereitstellung sogenannter vorvertraglicher Information und das Widerrufsrecht der Verbraucher. In dem Bericht werden die möglichen Schwierigkeiten der Verbraucher und der Finanzdienstleistungsanbieter infolge dieser Unterschiede bewertet, und es wird der Frage nachgegangen, ob die Richtlinie ggf. geändert werden müsste.

3. Die als horizontales Regelungsinstrument für Finanzdienstleistungen jeder Art gedachte Richtlinie wurde am 23. September 2002 verabschiedet. Den Mitgliedstaaten wurde für die Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht eine Frist von zwei Jahren eingeräumt. In dem entsprechenden Bericht der Kommission, der dem Europäischen Parlament und dem Rat fristgerecht im April 2006[1] vorgelegt wurde, heißt es, dass sich die Überprüfung aufgrund der verspäteten Umsetzung der Richtlinie in verschiedenen Mitgliedstaaten verzögern würde[2]. Die meisten Mitgliedstaaten setzten die Richtlinie erst in der Zeit 2005 bis 2006 um.

4. In den vorliegen Bericht eingeflossen sind die Schlussfolgerungen verschiedener Studien und Analysen sowie Rückmeldungen zum Entwicklungsstand des Marktes und zur Frage, inwiefern der von einzelnen Mitgliedstaaten genutzte Spielraum im Zusammenhang mit den nicht vollständig harmonisierten Bestimmungen Einfluss auf die Verwirklichung des Binnenmarkts genommen und sich auf die mit der Richtlinie angestrebten Ziele in Sachen Verbraucherschutz ausgewirkt hat. Die Analyse beruht im Wesentlichen auf zwei von der Kommission in Auftrag gegebenen Studien[3]. Die Studie über Rechtsaspekte behandelt die Auswirkungen der Richtlinie aus juristischer Sicht. Die entsprechenden Ergebnisse wurden bei der Studie über ökonomische Aspekte berücksichtigt, die ihrerseits die wirtschaftlichen Folgen der Richtlinie für den grenzüberschreitenden Fernabsatz von Finanzdienstleistungen untersucht.

5. Darüber hinaus fanden in den Jahren 2007 und 2008 Gespräche mit Verbrauchergruppen und der Finanzdienstleistungsbranche statt. Im September 2007 wurde den Mitgliedstaaten ein Fragebogen zugestellt, und im März 2008 fand für die Vertreter der Mitgliedstaaten ein Workshop statt. Berücksichtigt werden in dem Bericht auch die Ergebnisse von auf nationaler wie auf EU-Ebene durchgeführten Erhebungen wie beispielsweise den Eurobarometer-Umfragen, die Ergebnisse der im Jahr 2007 von der Kommission eingesetzten Sachverständigengruppe zum Thema vorvertraglicher Information sowie die im Rahmen der laufenden Überprüfung des Standes der Umsetzung der EU-Vorschriften durch die Kommission gewonnenen Erkenntnisse. Die gesammelten Daten beruhen auf Material aus der Zeit vor Ausbruch der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise. Aktuellere Daten liegen nicht vor.

DER AKTUELLE STAND DES MARKTES

6. Nach wie vor ist der Markt für grenzüberschreitende Finanzdienstleistungsgeschäfte generell, und zwar unabhängig von den benutzen Vermarktungs-Instrumenten, für den Privatkundenbereich recht bescheiden; dies gilt gleichermaßen für das Bank- als auch für das Versicherungswesen. Eurobarometer-Umfragen[4] zufolge waren 2003 in den damals 15 EU-Mitgliedstaaten 4 % der Bürger Inhaber eines Kontos außerhalb ihres Wohnlandes[5]. 2006 war dieser Prozentsatz (bezogen auf die EU der 25) auf 8 % angestiegen.[6]

Vergleicht man nun den Fernabsatz von Gütern des ständigen Bedarfs und Dienstleistungen (und zwar grenzüberschreitend wie bezogen auf das Wohnland selbst) mit dem Fernabsatz von Finanzdienstleistungen, so kauften der jüngsten Eurobarometer-Umfrage zufolge im Jahr 2007 über die Hälfte aller EU-Bürger (52 %) im Fernabsatz Waren oder Dienstleistungen in der Europäischen Union[7] ein, aber bei den im Fernabsatz erworbenen Finanzdienstleistungen war der Anteil deutlich geringer (nämlich 12%)[8]. Auch wenn dieser Anteil noch immer sehr bescheiden ist, so weist der Trend zum Fernabsatz für den Bereich Finanzdienstleistungen dennoch nach oben, denn im Jahr 2006 betrug er nur rund 7 %[9].

Auf grenzüberschreitender Ebene betrachtet ergibt sich, im Gegensatz zum nationalen Handel mit Finanzdienstleistungen, ein noch größerer Kontrast: Von den 12 % der EU-Bürgerinnen und Bürger, die im Wege des Fernabsatzes eine Finanzdienstleistung erwarben, tätigten 10 % der Betroffenen diese Transaktion mit einem Anbieter im eigenen Land, 1 % mit Anbietern im EU-Ausland und 1 % mit Anbietern außerhalb der EU[10]. Den neuesten Statistiken zufolge ist der grenzüberschreitende Handel generell derzeit rückläufig[11]. Untermauert wird diese Feststellung durch die genannte Studie über die ökonomischen Aspekte, in der es heißt, dass die grenzüberschreitende Vermarktung von Finanzdienstleistungen vom Volumen her äußerst bescheiden ausfällt.

7. Vom Profil her sind die typischen grenzüberschreitenden Käufer junge Berufstätige mit hohem Bildungsstand und einem Internet-Anschluss, die mit Abstand geläufigste Fernabsatztechnik, wie die Studie der Kommission zu den Schwerpunktgruppen gezeigt hat[12]. 31 % der Bürger und Bürgerinnen der EU sind überhaupt nicht am grenzübergreifenden Einkaufen interessiert, weil sie keinen Internet-Zugang haben.[13] Dies erklärt auch, weshalb in den Ländern mit einer hohen Internet-Anschlussquote, wie z. B. die Staaten Nordeuropas, der Fernabsatz vergleichsweise stark entwickelt ist.

8. Nach dem jüngsten Bericht der Kommission über den grenzüberschreitenden elektronischen Geschäftsverkehr in der EU[14], der die Internet-Präferenz und die Kluft zwischen Fernabsatzkäufen innerhalb und außerhalb der Grenzen bestätigt, stieg zwischen 2004 und 2008 die Zahl der Verbraucher und Verbraucherinnen, die über das Internet Waren oder Dienstleistungen bestellt haben , von 22 % auf 34 %. Allerdings beschränkte sich dieser Zuwachs auf die nationalen Märkte. Die Verbraucher, die elektronisch einkaufen, zögern nach wie vor, Waren oder Dienstleistungen außerhalb ihres Wohnlandes zu bestellen. so wird die Kluft immer größer, denn zwischen 2006 und 2008 hat der Anteil des grenzüberschreitenden E-Commerce nur marginal, nämlich von 6 % auf 7 %, zugenommen.

9. Grenzüberschreitendes Einkaufen ist in der EU der 15 Mitgliedstaaten und den Ländern der Eurozone geläufiger als in den Mitgliedstaaten, die der EU seit 2004 beigetreten sind bzw. den Ländern, die nicht zur Eurozone gehören. Im Allgemeinen haben die Europäer heute mehr Vertrauen in grenzüberschreitendes Einkaufen als dies noch 2006 der Fall war.[15]

10. Den Angaben des Bankensektors zufolge hat der grenzüberschreitende Fernabsatz von Finanzdienstleistungen noch immer keine nennenswerte Größe erreicht, zum Teil deshalb, weil der Fernabsatz noch keine wesentliche Vertriebstechnik der Banken ist. Wie beim grenzüberschreitenden Einkaufen von Waren des allgemeinen Bedarfs und Dienstleistungen sind der jüngsten Eurobarometer-Umfrage zufolge auch bei grenzübergreifenden Finanzdienstleistungen Sprachprobleme für die Verbraucher das größte Hemmnis. Verständigungsschwierigkeiten empfinden laut dieser Erhebung 37 % der Befragten. Als weitere Probleme werden die Angst vor etwaigem Betrug (30 %), unverständliche oder unzureichende Informationen (29 % bzw. 26 %) sowie anfallende Zusatzkosten (24 %) genannt.[16]

11. Es besteht ein deutlicher Unterschied zwischen grenzüberschreitenden Finanzdienstleistungen, die vom Erbringer direkt angeboten werden, und solchen, die indirekt von einer Niederlassung oder Filiale über einen Vermittler oder mithilfe einer Online-Technik in einem anderen Mitgliedstaat angeboten werden, wobei in der Regel auf ein Back Office in dem Land, in dem die Mutterfirma des Anbieters angesiedelt ist, zurückgegriffen wird. Davon abgesehen besteht normalerweise kein eindeutiges Modell für die Online-Bedienung der Kunden; stattdessen nutzen die Anbieter von Finanzdienstleistungen sog. Multichannel-Marketingmethoden als Kombination von Fernabsatztechniken und Face-to-face-Kontakten. Auf diese ausgesprochene Präferenz weist die genannte Studie über ökonomische Aspekte hin, in der im Übrigen festgestellt wird, dass Verträge nur in den seltensten Fällen im Wege einer einzigen Kommunikationstechnik, d.h. ausschließlich über Internet, per Telefon oder im direkten Kontakt („face to face“) geschlossen werden. Diese Präferenz kommt auch in der Kommissionsstudie über Schwerpunktgruppen[17] zum Ausdruck, der zufolge die Verbraucher zusätzlich zu den im Internet angebotenen Informationen auch noch persönliche Fachberatung in Form von Face-to-face-Gesprächen wünschen.

12. Auch wenn sich in Sachen Inanspruchnahme dieser Art von Beratung vermutlich nichts ändern wird, hat aber die Absatztechnik zur Vermarktung von Finanzdienstleistungen durchaus auf längere Sicht Entwicklungspotenzial. Der genannten Studie über ökonomische Aspekte zufolge bestehen nämlich dort Wachstumsperspektiven, wo Großunternehmen auf neuen Märkten Kostenersparnisse durch wirtschaftliche Größenordnungen erzielen können oder auf großräumigen Märkten. Demgegenüber ist es schwieriger, die „kritische Masse“ in kleineren oder weniger entwickelten Märkten zu erreichen, auch wenn mitunter Banken auf Märkte gelockt werden, weil dieses Hindernis durch erhebliche Preisunterschiede zu überwinden ist. Die Konsolidierung des Marktes und die Integration im Bank- und im Versicherungswesen führen dazu, dass einige wenige Großunternehmen auf gesamteuropäischer Ebene operieren und dass deren Marktanteil nachweislich ständig steigt, und zwar sowohl in der Versicherungsbranche[18] als auch in der Kreditwirtschaft[19].

13. Die sich anbietenden Bereiche, in denen Fernabsatzmethoden mit Erfolg zum Einsatz kommen könnten, umfassen in erster Linie unkomplizierte Produkte der Sparten Spar- und Kapitalanlagen, Darlehen und Nichtlebensversicherungen. Wie der Studie über ökonomische Aspekte zu entnehmen ist, sind bei den Banken nicht durch Hypothek abgesicherte Darlehen und Sparkonten die gängigsten Produkte im Fernabsatz; dahinter folgen Aktien/Wertpapiere/Obligationen und Kreditkarten. Soweit das grenzübergreifende Anbieten von Bankprodukten im Fernabsatz betroffen ist, beschränkt sich die Produktpalette auf einige wenige, unter denen Spareinlagen und Kreditkarten die unkompliziertesten und von daher die gängigsten am Markt sind.

DIE UMSETZUNG DER RICHTLINIE

Umsetzung in den Mitgliedstaaten

14. Bei der Prüfung der Übereinstimmung der nationalen Vorschriften mit der Richtlinie zeigt sich, dass sich die meisten Umsetzungsschwierigkeiten auf einige wenige Bestimmungen aus der Richtlinie beschränken.

15. Gegenstand von Artikel 3 ist die obligatorische Unterrichtung des Verbrauchers vor Abschluss des Fernabsatzvertrags. Die Richtlinie schreibt vor, dass der Verbraucher die Identität des Vertreters des Anbieters in dem Mitgliedstaat, in dem der Verbraucher seinen Wohnsitz hat, oder – wenn der Verbraucher mit einer anderen gewerblich tätigen Person als dem Anbieter geschäftlich zu tun hat – die Identität dieser Person erfährt. Einige Mitgliedstaaten haben es unterlassen, eine dieser Festlegungen in nationales Recht umzusetzen.

16. Artikel 6 definiert das Widerrufsrecht und Absatz 2 dieses Artikels legt fest, in welchen Fällen das Widerrufsrecht nicht gilt. Einige Mitgliedstaaten haben dazu einen Geltungsbereich festgelegt, der weiter gefasst ist als die in Artikel 6 Absatz 2 der Richtlinie genannten Ausnahmen.

17. Artikel 7 betrifft die Zahlung für eine vor Widerruf des Vertrags erbrachte Dienstleistung. Übt der Verbraucher nämlich sein Widerrufsrecht aus, so darf von ihm lediglich die Zahlung für die vom Anbieter gemäß dem Vertrag tatsächlich erbrachte Leistung verlangt werden. Binnen 30 Tagen hat der Anbieter dem Verbraucher im Rahmen des Vertrags bereits gezahlte Beträge zu erstatten bzw. der Verbraucher bereits erhaltene Geldbeträge an den Anbieter zurückzugeben. Einzelne Mitgliedstaaten haben eine dieser Bestimmungen nicht ordnungsgemäß in nationales Recht überführt.

18. In verschiedenen Fällen hat die Kommission wie bereits erwähnt förmliche Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet; sie behält sich vor, Ähnliches in weiteren Fällen zu tun.

Rechte auf Information vor Vertragsabschluss

19. Artikel 4 Absatz 2 räumt den Mitgliedstaaten das Recht ein, zusätzliche Anforderungen in Bezug auf die Auskunftserteilung vor Vertragsabschluss festzulegen (indem sie bisher geltende Anforderungen beibehalten oder neue festlegen).

20. Nach den vorliegenden Erkenntnissen haben 16 Mitgliedstaaten (Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, Lettland, Malta, Österreich, Portugal, Rumänien, Schweden, die Slowakische Republik, Ungarn und das Vereinigte Königreich) von der mit Artikel 4 Absatz 2 eingeräumten Möglichkeit Gebrauch gemacht.[20]

21. Unter diese zusätzlichen Anforderungen in Bezug auf zu erteilende Informationen fallen z. B. nähere Angaben zur Anschrift des Anbieters/Lieferers, Regelungen betreffend Zulassung oder Lizenzerteilung, Bedingungen für die Ausübung des Rechts auf Abänderung von Vertragsbedingungen, Form der Unterrichtung bei behinderten Menschen, Vertragslaufzeit, Einzelheiten in Bezug auf Garantiefonds oder Einlagensicherungssysteme, ob der Anbieter von einem Insolvenzverfahren betroffen ist, zu verwendende Sprache, Empfangsbestätigungen, Einzelheiten über Rechtsmitteleinlegung oder Widerrufsrecht, inhärente Risiken, Art der Speicherung von Informationen und Anforderungen hinsichtlich der Offenlegung von Daten im Zusammenhang mit Telefongesprächen.

22. Derzeit liegen keine gesicherten Erkenntnisse darüber vor, dass die Unterschiede in den Rechtsvorschriften infolge des Rückgriffs auf Artikel 4 Absatz 2 durch verschiedene Mitgliedstaaten bisherige Transaktionen wesentlich erschwert haben oder direkte Auswirkungen auf das Volumen des EU-weiten Fernabsatzes von Finanzdienstleistungen zeitigen. In der Studie über die rechtlichen Aspekte wurden keinerlei spezielle Beschwerden oder Bedenken im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme der besagten Richtlinienbestimmung ausgemacht.

Widerrufsrecht

23. Artikel 6 Absatz 3 gestattet es den Mitgliedstaaten zu bestimmen, dass das Widerrufsrecht in bestimmten Fällen ausgeschlossen ist, z. B. a) bei einem Kredit, der vorwiegend für den Erwerb oder die Erhaltung von Eigentumsrechten an einem Grundstück oder einem bestehenden oder geplanten Gebäude oder zur Renovierung oder Aufwertung eines Gebäudes bestimmt ist, oder b) bei einem Kredit, der durch Hypothek auf einer Immobilie oder durch ein Recht an einer Immobilie gesichert ist, oder c) bei Erklärungen von Verbrauchern, die unter Mitwirkung einer Amtsperson unter der Voraussetzung abgegeben werden, dass die Rechte des Verbrauchers gemäß Artikel 5 Absatz 1 der Richtlinie gewahrt bleiben.

24. Den vorliegenden Angaben zufolge haben 14 Mitgliedstaaten (Belgien, Bulgarien, Dänemark, Frankreich, Irland, Litauen, Luxemburg, die Niederlande, Polen, Portugal, Rumänien, Schweden, Spanien und das Vereinigte Königreich) von den Optionen a) und b) bzw. vier Mitgliedstaaten (Italien, Luxemburg, Polen und Rumänien) von der Möglichkeit c) Gebrauch gemacht.[21]

25. Derzeit liegen keine gesicherten Erkenntnisse darüber vor, dass die Unterschiede bei den Bestimmungen über das Widerrufsrecht infolge des Rückgriffs auf Artikel 6 Absatz 3 ein wesentliches rechtliches Hemmnis darstellen oder direkte Auswirkungen auf das Volumen des EU-weiten Fernabsatzes von Finanzdienstleistungen zeitigen. In der Studie über die rechtlichen Aspekte wurden keinerlei spezielle Beschwerden oder Bedenken im Zusammenhang mit der besagten Richtlinienbestimmung ausgemacht.

AUSWIRKUNGEN DER RICHTLINIE INSGESAMT

2 6. Aus der Studie über die wirtschaftlichen Aspekte geht hervor, dass die Hemmnisse, welche die Entwicklung des Wirtschaftssektors des Fernabsatzes von Finanzdienstleistungen erschweren, im Wesentlichen auf der Anbieterseite liegen. Allerdings werden rein nationale Festlegungen zur Bekämpfung der Geldwäsche und die mangelnde Harmonisierung der einschlägigen einzelstaatlichen Rechtsvorschriften bzw. das Fehlen von Rechtsvorschriften auf EU-Ebene zu Aspekten, die nicht durch die Richtlinie abgedeckt sind, in der Studie als sehr wichtige Hemmnisse erachtet. Während es sich bei der erstgenannten Kategorie um voneinander abweichende Einzelbestimmungen handelt, die zwingend festlegen, wie die Finanzinstitute in Sachen Bestätigung der Anschrift und der Personalien eines Kunden vorzugehen haben, betrifft die zweitgenannte Kategorie hauptsächlich produktspezifische nationale Regelungen. Keine dieser beiden Kategorien von Hemmnissen fällt in den Geltungsbereich der Richtlinie. Hinzu kommt, dass unzureichende und teilweise widersprüchliche Erkenntnisse hinsichtlich des Schweregrads der Beeinträchtigung durch die Hemmnisse der zweitgenannten Kategorie vorliegen, weil die Anbieter von Finanzdienstleistungen selbst und Verbände der Kreditwirtschaft unterschiedliche Auffassungen zur Bedeutung der Hemmnisse vertreten. Im Gegensatz zu den Verbänden der Kreditwirtschaft, die die betreffenden Hemmnisse für signifikant erachten, sind nur einige wenige Unternehmen (Anbieter von Finanzdienstleistungen) dieser Meinung. Im Übrigen schließt sich auch der Europäische Ausschuss für das Kreditwesen (European Banking Industry Committee, EBIC), als Vertretung von Vereinigungen für das Kreditgewerbe auf europäischer Ebene, der Feststellung an, dass die Unterschiede in den Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten den grenzüberschreitenden Fernabsatz von Finanzdienstleistungen nicht beeinträchtigen.[22]

27. Die wichtigsten Hemmnisse auf der Nachfrageseite liegen in der Verschiedenheit der Sprachen und in den unterschiedlichen Kulturen begründet, sind aber auch durch den Mangel an verfügbaren Informationen über grenzüberschreitend vermarktete Produkte bedingt. Die Europäische Kommission hat bereits Maßnahmen ergriffen, um die Qualität der für die Verbraucher zugänglichen sogenannten vorvertraglichen Information zu verbessern, z.B. mit Hilfe des Formulars „Europäische Standardinformationen für Verbraucherkredite“ im Anhang zu der neuen Richtlinie über Verbraucherkreditverträge[23] und des Merkblatts „Wesentliche Anforderungen für den Anleger“, das derzeit im Hinblick auf eine Überarbeitung der Richtlinie betreffend Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW)[24] erprobt wird. Für den Bereich Hypotheken zielt die Überprüfung des Formulars „Europäische Standardinformationen für Verbraucherkredite“ darauf ab, die Präsentation der für Verbraucher bestimmten Informationen vor Vertragsabschluss zu verbessern.[25] In der Mitteilung der Kommission zu Anlageprodukten für Kleinanleger[26] werden Vorschläge formuliert, damit den Anlegern für diese Art von Finanzprodukten klare, miteinander vergleichbare vorvertragliche Informationen bereitgestellt werden können. All diese Maßnahmen laufen darauf hinaus, die Präsentation der vorvertraglichen Informationen so weit zu standardisieren, dass der Verbraucher Angebote unterschiedlicher Finanzdienstleister leichter miteinander vergleichen kann. Damit soll der Gefahr, dass Verbraucher zu viel bezahlen bzw. unnötige Risiken eingehen, entgegengewirkt werden. Im Übrigen wird die Kommission in Kürze eine Verhaltensstudie zum Thema Anlagedienstleistungen für Privatanleger durchführen. Mit dieser Studie sollen die wichtigsten Verhaltensmerkmale bei Verbraucherentscheidungen in diesem Sektor systematisch erfasst werden.

28. Zusätzlich verstärkt wird die Kombination von Hemmfaktoren auf der Angebots- und der Nachfrageseite durch die besonderen Eigenheiten von Finanzdienstleistungen. Im Vergleich zu Produkten und Dienstleistungen nichtfinanzieller Art stechen Finanzdienstleistungen durch spezielle Wesensmerkmale hervor, die insbesondere dadurch bedingt sind, dass Finanzdienstleistungen in der Regel sehr komplex sind und vielfach beträchtliche ökonomische Langzeit-Verpflichtungen zugunsten des angestrebten Ziels voraussetzen. Daraus ergibt sich ein spezieller Beratungsbedarf, bevor Verbraucher derartige langfristige Verbindlichkeiten überhaupt eingehen. Im Übrigen sind gewisse Dienstleistungen von der Natur der Sache her rein lokaler Art, z. B. Kraftfahrzeugversicherungen, aufgrund der Belegenheit des zu versichernden Risikos, so dass sie sich nicht ohne Weiteres grenzüberschreitend transferieren lassen. Obgleich die Richtlinie einen rechtliches Regelungsumfeld schafft, das den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen zu fördern vermag, ändert sie dennoch nichts an deren komplexer Beschaffenheit.

29. Mit der Richtlinie ist in sämtlichen Mitgliedstaaten ein Rechtsrahmen für die Anbieter von Finanzdienstleistungen wie auch für die Verbraucher geschaffen worden, die mithilfe der Fernabsatztechniken Finanzdienstleistungen erwerben möchten. Während der Fernabsatz von Finanzdienstleistungen auf den inländischen Märkten zugelegt hat – vom Volumen her aber insgesamt immer noch bescheiden ist – lässt der gegenwärtige Stand nicht den Schluss zu, dass der gebotene Rechtsrahmen sich in einer Weise ausgewirkt hätte, die der Entwicklung grenzübergreifender Marktätigkeiten förderlich gewesen wäre. Wie der Studie über die rechtlichen Aspekte zu entnehmen ist, liegen derzeit keinerlei Erfahrungswerte zu Beschwerden von Verbrauchern über die Art und Weise der Anwendung der Richtlinie vor. Die im Rahmen der Studie konsultierten Rechtsexperten und Verbraucherorganisationen führen diesen Mangel an Erkenntnissen auf das nach wie vor kaum signifikante Volumen der im Fernabsatz getätigten Transaktionen zurück.

SCHLUSSFOLGERUNG

3 0. Der Markt für den grenzüberschreitenden Fernabsatz von Finanzdienstleistungen ist nach heutigem Stand recht bescheiden. In den meisten Mitgliedstaaten sind die nationalen Rechtsvorschriften zur Umsetzung der Richtlinie erst seit 2005 bzw. 2006 in Kraft. Außerdem hat sich der Markt seit Verabschiedung der Richtlinie nicht wesentlich verändert. Dies deckt sich mit den Schlussfolgerungen des Berichts über den elektronischen Geschäftsverkehr[27], wonach der Markt mittel- bis langfristig durchaus wachsen könnte, da Unternehmenseinstellungen vielfach eher durch Wahrnehmungen bestimmt werden als durch konkrete Probleme und sich die Online-Abwicklung von Transaktionen bei den Verbrauchern zunehmender Beliebtheit erfreut, so dass eine Nachfrage nach mehr grenzüberschreitenden Angeboten entstehen wird.

31. Die wichtigsten Hemmnisse, die Verbraucher davon abhalten, für Finanzdienstleistungen auf Fernabsatztechniken zurückzugreifen, sind sprachliche und kulturelle Präferenzen. Diesbezüglich kann die Kommission freilich keinerlei Maßnahmen ergreifen. Was den Mangel an Informationen über Rechtsvorschriften zu Finanzprodukten auf einzelnen Märkten betrifft, so unternimmt die Kommission viel, um die Qualität der Informationen für die Bereiche Kredite und Anlagen zu verbessern.

32. Sollten sich Fortschritte im elektronischen Geschäftsverkehr nicht generell in entsprechenden Entwicklungen auf dem Gebiet des Fernabsatzes von Finanzdienstleistungen niederschlagen, könnte die Kommission prüfen, ob eine Änderung der Richtlinie oder anderweitige einschlägige Initiativen angezeigt sind.

33. Derzeit liegen keinerlei gesicherte Erkenntnisse darüber vor, dass die Verbraucher Schwierigkeiten infolge einer unsachgemäßer Anwendung der Richtlinie hätten. Auch deutet nichts darauf hin, dass die uneinheitliche Rechtssituation, die durch die unterschiedliche Inanspruchnahme der in der Richtlinie vorgesehenen Optionen durch die Mitgliedstaaten entstanden ist, unmittelbare Auswirkungen auf den schwachen Entwicklungstand im Bereich des grenzüberschreitenden Fernabsatzes von Finanzdienstleistungen gehabt haben könnte.

34. In Anbetracht der vorgenannten Erwägungen ist es nach Auffassung der Kommission derzeit nicht angebracht, Änderungen der Richtlinie in Vorschlag zu bringen. Sie wird die Entwicklungen am Markt und die Anwendung der Richtlinie weiterhin im Auge behalten.

[1] KOM(2006) 161 endg.

[2] Der Europäische Gerichtshof ist zu der Schlussfolgerung gelangt, dass zwei Mitgliedstaaten ihrer Pflicht zur fristgerechten Umsetzung der Richtlinie nicht nachgekommen sind. Siehe hierzu die Rechtssachen C-127/06, Kommission/Luxemburg , Urteil vom 7. Dezember 2006, Slg. I-131, und C-141/06, Kommission/Spanien, Urteil vom 19. April 2007, Slg. I-58.

[3] Siehe http://ec.europa.eu/consumers/rights/fin_serv en.htm

[4] Eurobarometer 60.2 (2004), EU Public Opinion in Europe: Financial Services, Bericht B. S. 53, http://ec.europa.eu/public_opinion/archives/ebs/ebs_205_fullreport_de.pdf.

[5] Qualitative study among cross-border buyers of financial services in the European Union, Optem. Dezember 2003, S. 5. Obgleich die Strichprobenauswahl nicht repräsentativ war, erwiesen sich Bankkonten als am einfachsten zu bewertendes Produkt. http://ec.europa.eu/consumers/cons_int/fina_serv/cons_experiences/cross_border_final_report_en.pdf

[6] Eurobarometer Spezial 252 (2006), Verbraucherschutz im Binnenmarkt, S.106, siehe Fußnote 4.

[7] Eurobarometer Spezial 298 (2008), Verbraucherschutz im Binnenmarkt, S. 14, siehe Fußnote 4.

[8] Ebd., S. 84.

[9] Siehe Fußnote 6, S. 112.

[10] Siehe Fußnote 7, S. 84.

[11] Europäische Kommission, Zweite Ausgabe des Verbraucherbarometers, KOM(2009) 25 endg., S. 3.

[12] Europäische Kommission, Pre-contractual Information for financial services, qualitative Untersuchung in den 27 Mitgliedstaaten, Januar 2008.

http://ec.europa.eu/consumers/rights/docs/PCI_final_report_22Feb2008_en.pdf

[13] Siehe Fußnote 6, S. 57.

[14] SEK(2009) 283 endgültig, S. 5.

[15] Siehe Fußnote 7, S. 52.

[16] Siehe Fußnote 6, S. 89.

[17] Siehe Fußnote 12, S. 14.

[18] CEIOPS (2007), Report on Financial Conditions and Financial Stability in the European Insurance and Occupational Pension Fund Sector 2006-2007 (Risk Update), S. 16,http://www.ceiops.eu/media/files/publications/reports/CEIOPS-DOC-12-07.pdf

[19] SEK(2007) 1696, European Financial Integration Report 2007, Anhang II, Diagramm 1.4, S. 50 und Diagramm 3.1, S. 64.

[20] Siehe Legal Study, S. 51-56 und S. 63-74 sowie nationale Berichte.

[21] Siehe Legal Study, nationale Berichte.

[22] EBIC Position on the Draft Final report on the Legal Impact of Directive 2002/65 on the Distance Marketing of Consumer Financial Services, S. 9.

[23] Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates, Anhang II . ABl. L 133 vom 22.5.2008, S. 66.

[24] Neufassung der Richtlinie 85/611/EWG, KOM(2008) 458 endg., siehe Artikel 76.

[25] Weißbuch über die Integration der EU-Hypothekarkreditmärkte, KOM(2007) 807 endg., S. 6.

[26] KOM(2009) 204 endg.

[27] Siehe Fußnote 14, S. 20.

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