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Document 52008DC0611

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen - Konsolidierung des Gesamtansatzes zur Migrationsfrage: für mehr Koordinierung, Kohärenz und Synergie

/* KOM/2008/0611 endg. */

52008DC0611

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen - Konsolidierung des Gesamtansatzes zur Migrationsfrage: für mehr Koordinierung, Kohärenz und Synergie /* KOM/2008/0611 endg. */


[pic] | KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN |

Brüssel, den 8.10.2008

KOM(2008) 611 endgültig

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN

KONSOLIDIERUNG DES GESAMTANSATZES ZUR MIGRATIONSFRAGE: FÜR MEHR KOORDINIERUNG, KOHÄRENZ UND SYNERGIE

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN

KONSOLIDIERUNG DES GESAMTANSATZES ZUR MIGRATIONSFRAGE: FÜR MEHR KOORDINIERUNG, KOHÄRENZ UND SYNERGIE

1. EINLEITUNG

Der Gesamtansatz zur Migrationsfrage bildet die externe Dimension der Migrationspolitik der Europäischen Union. Er legt eine echte Partnerschaft mit Drittländern zugrunde, ist vollständig in die anderen externen Politikbereiche der EU integriert und bezieht in umfassender und ausgewogener Weise sämtliche Migrations- und Asylfragen ein. Angenommen im Jahr 2005, ist er Ausdruck des Bestrebens der Europäischen Union, einen bereichsübergreifenden Rahmen für eine kohärente Steuerung der Migration im Wege des politischen Dialogs und der engen praktischen Zusammenarbeit mit Drittländern zu schaffen.

In den letzten drei Jahren war der Gesamtansatz bereits Thema von drei Kommissionsmitteilungen[1], in denen kurzfristige Maßnahmen für einzelne geografische Bereiche und Länder entwickelt wurden. Im Dezember 2007 war der Gesamtansatz außerdem Gegenstand eines Zwischenberichts[2]. Auch verschiedene andere Mitteilungen, deren Hauptschwerpunkt nicht der Gesamtansatz war, trugen zur Entwicklung mindestens eines seiner Kernthemen - Steuerung der legalen Migration, Bekämpfung der irregulären Einwanderung sowie Migration und Entwicklung - bei.

Diesen Dokumenten ist zu entnehmen, dass der Gesamtansatz noch in der Entwicklung begriffen ist; allerdings wurden bereits viele wichtige Ergebnisse erzielt. Zu den vielversprechendsten Initiativen zählen die Gründung eines Zentrums für Migrationsfragen in Mali, Mobilitätspartnerschaften in Kap Verde und Moldau, die Entwicklung von Handlungskompetenzen in nationalen Beschäftigungs-–und Migrationszentren wie in Marokko und der Aufbau eines Netzwerks von Migrationsforschern im Mittelmeerraum[3]. Allerdings ist nun der Zeitpunkt für die EU gekommen, ihr Management der externen Migration zu konsolidieren und somit besser zu koordinieren und kohärenter zu gestalten.

Die Mitteilung „Eine gemeinsame Einwanderungspolitik für Europa“ vom Juni 2008 betonte, dass der Gesamtansatz weiterentwickelt werden muss, um eine kohärente gemeinsame europäische Migrationspolitik zu gewährleisten[4]. Sie stellte erneut heraus, dass eine wirksame Lenkung der Migrationsströme nur in echter Partnerschaft und Zusammenarbeit mit Drittländern möglich ist und dass Migrationsfragen uneingeschränkt in die Außen- und Entwicklungspolitik der EU integriert und weitere sich daraus ergebende Fragen aufgegriffen werden müssen. Diese Elemente müssen auch Eingang finden in den vom Europäischen Rat anzunehmenden Europäischen Pakt zu Einwanderung und Asyl, als dessen erster Baustein diese Mitteilung zu betrachten ist.

Mit dieser Mitteilung wird ferner auf die Aufforderung des Europäischen Rates an die Kommission reagiert, über die Umsetzung des Gesamtansatzes Bericht zu erstatten. Kommende Entwicklungen werden umrissen und sowohl inhaltliche als auch methodische Verbesserungen des Gesamtansatzes mit dem Ziel vorgeschlagen, vermehrte Koordinierung, Kohärenz und Synergie zu erreichen. Die Kommission prüft die Bedeutung der thematischen Entwicklung des Gesamtansatzes und spricht sich für spezifischere Aktionen mit mehr Tiefenwirkung aus. Im Hinblick auf die geografischen Aspekte wird ein differenzierterer Kooperationsansatz vorgeschlagen, mit dem die spezifischen Rahmenbedingungen in den verschiedenen Regionen und Ländern noch stärker berücksichtigt werden. Die Kommission betrachtet den Gesamtansatz als Grundstruktur für Kohärenz und Koordinierung, mit der die Voraussetzungen für eine bessere Lenkung der Migrationsströme und einen wirkungsvolleren Einsatz der verfügbaren Finanzinstrumente geschaffen werden.

Die Weiterentwicklung der externen Aspekte der Asylgewährung und des Schutzes von Flüchtlingen ist ein Kernelement des Ansatzes der EU zu Migrationsfragen, wird jedoch in dieser Mitteilung nicht behandelt, da sie Gegenstand der im Juni 2008 von der Kommission vorgelegten Asylstrategie ist[5].

2. BEDEUTUNG DES GESAMTKONZEPTES AUF THEMATISCHER EBENE

Der Gesamtansatz spiegelt wesentliche Änderungen bei der externen Ausgestaltung der europäischen Migrationspolitik in den letzten Jahren wider. Dazu zählt insbesondere der Übergang von einem in erster Linie sicherheitsorientierten Ansatz, der den Schwerpunkt auf die Verringerung des Migrationsdrucks legt, zu einem transparenteren und ausgewogeneren Konzept, das von einem tieferen Verständnis aller mit der Migration zusammenhängenden Aspekte geleitet wird und zu einer Verbesserung der Begleitmaßnahmen für die Migrationssteuerung führt, wodurch Migration und Mobilität zu positiven Kräften für die Entwicklung werden; bei der Ausarbeitung der Maßnahmen zu Steuerung der Wirtschaftsmigration wird dem Aspekt der menschenwürdigen Arbeit größere Aufmerksamkeit geschenkt.

Die Union hat dem multidimensionalen Gesamtansatz die Themen legale Migration und Mobilität, irreguläre Einwanderung sowie Migration und Entwicklung zugrunde gelegt. Dem Gesamtansatz gingen viele konkrete Maßnahmen vor Ort voraus; allerdings wurden sie häufig isoliert durchgeführt. Dagegen ist das Gesamtkonzept darauf angelegt, die Maßnahmen der Gemeinschaft, der EU-Mitgliedstaaten, der Drittländer und sonstigen Beteiligten aus den verschiedenen thematischen Bereichen systematischer aufeinander abzustimmen.

2.1. Legale Wirtschaftsmigration und Mobilität

Die EU unterstützt die Anstrengungen der Drittländer, ihre Kapazitäten zur Steuerung der legalen Migration auszubauen, indem sie u.a. die Arbeit nationaler Dienste oder autonomer Zentren erleichtert, die potenzielle Migranten und/oder im Ausland lebende Angehörige des betreffenden Staates beraten. Wie bereits in der Mitteilung vom Juni über eine gemeinsame Einwanderungspolitik für Europa dargelegt, müssen in Anbetracht des Arbeitskräftebedarfs in der EU und unter Wahrung der Gemeinschaftspräferenz für EU-Bürger die Drittländer auch als Partner betrachtet werden. Daher muss die EU Mittel bereitstellen, um potenzielle Migranten über die legalen Möglichkeiten des Zugangs zur EU und die Gefahren der irregulären Einwanderung sowie über ihre Rechte und Pflichten in den Bestimmungsländern zu informieren. Zu diesem Zweck wird in Bälde ein Migrationsportal eingerichtet, in dem potenzielle Migranten Auskunft über die Regeln und Verfahren für die legale Einreise in die EU und ihre Mitgliedstaaten erhalten. Solche Informationen sollen außerdem über gezielte Aufklärungskampagnen verbreitet werden. Von Bedeutung sind in diesem Zusammenhang auch die Pilot-Mobilitätspartnerschaften - die ersten beiden wurden am 5. Juni 2007 mit der Republik Moldau und mit der Republik Kap Verde geschlossen -, die mit einzelnen Drittländern einen Gesamtrahmen für die Migrationssteuerung einführen.

Eine weiterentwickelte gemeinsame europäische Einwanderungspolitik muss sich verstärkt mit der Frage befassen, wie Arbeitsplatzsuchende und offene Stellen besser zueinander gebracht werden können und wie Arbeitsmigranten einen flexibleren Zugang erhalten können. Das bedeutet, dass die Anstrengungen in den Bereichen Anerkennung von ausländischen Studiennachweisen, Übertragbarkeit von Pensions- und Sozialversicherungsansprüchen sowie die Förderung der Integration in den Arbeitsmarkt auf beiden Seiten des Migrationsweges, die soziale Eingliederung der Migranten und die Entwicklung interkultureller Kompetenzen intensiviert und sehr viel vorrangiger behandelt werden müssen. Außerdem wird die volle Umsetzung des Visumpakets für Forscher[6], mit dem die Zulassung und Mobilität von in der Forschung tätigen Drittstaatsangehörigen gefördert wird, von entscheidender Bedeutung sein.

Die Mobilität für kurzfristige Aufenthalte und geschäftliche Zwecke nimmt für die wirtschaftliche Entwicklung der Union an Bedeutung zu. Die EU und ihre Mitgliedstaaten haben also ein Interesse an der Förderung der kurzfristigen Mobilität, die durch vereinfachte Reisebedingungen für Bona-fide-Reisende aus bestimmten Drittländern, insbesondere den Nachbarländern der EU, erreicht werden kann. Das 2009 betriebsbereite Visa-Informationssystem (VIS) wird bis 2011 schrittweise alle der Visumpflicht unterliegenden Drittländer einbeziehen. Anfang 2010 wird die Kommission entsprechend den Schlussfolgerungen des Rates vom Juni 2008 einen Vorschlag für ein Registrierungssystem für Reisende vorlegen.

Ferner wird der Visakodex der Gemeinschaft[7] dafür sorgen, dass mehr Informationen bereitstehen und mehr Rechtssicherheit für die Visumantragsteller gegeben ist, die Verfahrensgarantien erhalten, da die Ablehnung eines Visumantrags begründet werden muss. Harmonisierte Verfahren wirken sich zugunsten der Gleichbehandlung von Visumantragstellern aus, und es werden Bestimmungen eingeführt, wonach Bona-fide-Reisenden häufiger Mehrfacheinreisevisa mit langer Gültigkeitsdauer erhalten.

In diesem Zusammenhang schlägt die Kommission Folgendes vor:

- Die erste Generation der Mobilitätspartnerschaften sollte unter Berücksichtigung der außenpolitischen Prioritäten der EU umgesetzt und anschließend mit Blick auf ihre Verbreitung als Schlüsselmechanismus für die strategische Zusammenarbeit mit ausgewählten Drittländern evaluiert werden.

- Gefördert werden sollte die Erweiterung der nationalen Kapazitäten sowie die Entwicklung von Informations- und Steuerungszentren für Migration in den betroffenen Ländern unter Berücksichtigung der laufenden Maßnahmen.

- Informationskanäle sollten systematischer genutzt werden, um die Migranten - auch in Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern in den Drittländern - über die Zulassungsbedingungen und ihre Rechte und Pflichten, darunter die Grundrechte, zu informieren und sie gegebenenfalls auf die Integration vorzubereiten.

- Es sollten Instrumente zur Zuordnung von Arbeitskräften und offenen Stellen entwickelt werden; anzuregen ist die Partnerschaft zwischen Arbeitsmarktagenturen und wichtigen Institutionen in den Mitgliedstaaten und Drittländern.

- Zwischen den Mitgliedstaaten, Migranten- und Diaspora-Organisationen sowie regionalen und lokalen Akteuren in Drittländern sollte der Austausch bewährter Verfahren im Bereich der Integration von Migranten gefördert werden.

- Durch die Einführung oder Konsolidierung der nachstehenden rechtlichen und operativen Maßnahmen sollten Anreize für die zirkuläre Migration geschaffen werden:

- Sammlung bewährter Verfahren und Einleitung von Pilotinitiativen für die zirkuläre Migration, damit diese einen höheren Beitrag zur Entwicklung in den Herkunftsländern leisten kann und sichergestellt ist, dass die Mobilität den Markterfordernissen in den Bestimmungsländern entspricht und nicht zur Abwanderung von hochqualifizierten Arbeitskräften führt. Erkunden spezifischer Instrumente zur Erleichterung der zirkulären Migration und der Mobilität hochqualifizierter Arbeitkräfte („brain circulation“), beispielsweise durch „Doppelstellen“ (z.B. für Angehörige der Gesundheitsberufe, Lehrer und Forscher) und die Partnerschaft zwischen öffentlichen Arbeitgebern und Einrichtungen in den EU-Mitgliedstaaten und den Herkunftsländern der Migranten und Förderung der Reintegration in die Arbeitsmärkte der Herkunftsländer.

- Ermittelung, wie legalen Einwanderern das Recht auf vorrangigen Zugang zu einem verlängerten legalen Aufenthalt in der EU zuerkannt werden kann und Prüfung, wie die Übertragbarkeit von erworbenen sozialen Ansprüchen, insbesondere Rentenansprüchen, auf Drittländer diese Mobilität fördern kann.

- Um die Antragstellung zu erleichtern, sollten gemeinsame Visumstellen eingerichtet werden.

2.2. Bekämpfung der irregulären Einwanderung

Die EU bietet Unterstützung für den Ausbau des Grenzschutzes in Drittländern, für die Schulung der Grenzbeamten und der für Migration zuständigen Beamten, für die Finanzierung von Aufklärungskampagnen über die Gefahren der irregulären Einwanderung, für die Verbesserung der Aufnahmebedingungen und für die Entwicklung des Einsatzes biometrischer Technologien, die die Sicherheit von Reise- und Identitätsdokumenten erhöhen sollen. FRONTEX und die Netze der Verbindungsbeamten für Einwanderungsfragen waren für Fortschritte in diesem Bereich von großem Wert. Der Rat hat die Kommission aufgefordert, zu erwägen, das Mandat von FRONTEX zu erweitern, um Drittländer bei der Grenzverwaltung unterstützen zu können. Außerdem wurden Rückübernahmeabkommen zwischen der Gemeinschaft und elf Drittländern geschlossen. Eine weitere Verhandlung konnte erfolgreich abgeschlossen werden, und vier weitere Verhandlungsmandate müssen noch wahrgenommen werden. Für die Umsetzung dieser Vereinbarungen ist eine wirksame Zusammenarbeit und sind Begleitmaßnahmen für die Rückkehr und Wiedereingliederung von Migranten in ihren Herkunftsländern erforderlich.

Um den Menschenhandel zu unterbinden, unterstützt die Gemeinschaft die Ratifizierung und Umsetzung internationaler Instrumente, die Erarbeitung und Umsetzung nationaler Aktionspläne gegen den Menschenhandel, legislative Verbesserungen und Präventions-, Wiedereingliederungs- und Rehabilitierungsmaßnahmen für die Opfer. Der Aktionsplan von Ouagadougou vom November 2006 (inzwischen Teil der EU-Afrika-Partnerschaft in den Bereichen Migration, Mobilität und Beschäftigung) hat neue Perspektiven für die diesbezügliche Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und Afrika eröffnet.

Außerdem muss die EU die Gespräche und konzertierten Aktionen mit den Partnerländern in bestimmten Regionen fortsetzen.

Daher schlägt die Kommission Folgendes vor:

- Beschaffung und Bereitstellung zeitnaher, aktueller Informationen über Veränderungen bei den in die EU führenden Migrationsrouten durch die Förderung der Erhebung zuverlässiger, vergleichbarer Daten, die sowohl in den Herkunfts- als auch in den Bestimmungsländern gesammelt werden, Erkundung neuer wissenschaftlicher Methoden und Ausschöpfung neuer Technologien, beispielsweise des elektronischen Kartierungssystems.

- Unterstützung wichtiger Drittländer beim Ausbau ihrer Migrationssteuerung, z.B. Erfahrungsaustausch über Fragen der Grenzkontrolle, Schulung von Grenzbeamten und Austausch operativer Informationen.

- Hilfestellung für Drittländer bei der Annahme und Umsetzung nationaler integrierter Grenzschutzstrategien, die den EU-Standards entsprechen.

- Unterstützung lokaler Organisationen, die daran arbeiten, potenzielle Migranten davon zu überzeugen, dass es besser ist zu bleiben, und ihnen helfen, Möglichkeiten in ihren Herkunftsländern wahrzunehmen.

- Intensivierung gemeinsamer Maßnahmen unter aktiver Einbeziehung der Herkunfts- und Transitländer, insbesondere im Rahmen der Europäischen Nachbarschaftspolitik, und der Zusammenarbeit beim Aufbau einer Infrastruktur für die Grenzüberwachung entsprechend dem Europäischen Grenzüberwachungssystem (EUROSUR).

- Stärkere Berücksichtigung der Rückübernahmepolitik im Rahmen des Gesamtansatzes und seiner Prioritäten und Nutzung des Potenzials der Mobilitätspartnerschaften sowie verstärkte Anstrengungen im Hinblick auf Rückübernahmeabkommen zwischen der EG und den wichtigsten Herkunfts- und Transitländern. Sicherstellen, dass Drittländer - gegebenenfalls im Rahmen des Cotonou-Abkommens - ihrer Verpflichtung zur Rückübernahme von Personen, die sich illegal in der EU aufhalten, nachkommen, Anerkennung von Dokumenten, die die Rückkehr von Migranten ohne Ausweispapiere erleichtern, und Hilfestellung bei dieser Rückübernahme. Gewährleistung aufgrund von Schulungen, Austausch von bewährten Verfahren und Beratung, dass alle Rückführungsmaßnahmen in Würde und unter Wahrung der Menschenrechte durchgeführt werden, sowie verstärkte Zusammenarbeit, um sicherzustellen, dass die Rückführung von Dauer ist.

- Förderung der Ratifizierung und Umsetzung internationaler Instrumente zur Bekämpfung des Menschenhandels durch Drittländer.

- Stärkung der weltweiten Zusammenarbeit innerhalb internationaler Organisationen, vor allem innerhalb der Vereinten Nationen zur Bekämpfung des Menschenhandels.

- Angemessene Berücksichtigung des Themas Menschenhandel in den politischen und kooperationsbezogenen Gesprächen mit den Partnerländern und mit regionalen Organisationen wie der Afrikanischen Union, ECOWAS, ASEAN und ASEM.

- Priorität für die Umsetzung des Aktionsplans von Ouagadougou, Unterstützung regionaler Organisationen bei der Entwicklung von Strategien und Aktionsplänen zur Bekämpfung des Menschenhandels und Gewährleistung, dass bestehende Strategien und Aktionspläne tatsächlich durchgeführt werden.

2.3. Migration und Entwicklung

Es gibt viele laufende und neue Initiativen im Bereich Migration und Entwicklung. Dazu gehören Maßnahmen, die darauf abzielen, die positiven Auswirkungen der Geldtransfers von Migranten auf die Entwicklung ihrer Herkunftsländer zu steigern und die Kosten dieser Transfers zu senken. Andere Initiativen, mit denen Mitgliedern von Diaspora-Gemeinschaften dabei geholfen werden soll, einen Beitrag für ihr Herkunftsland zu leisten oder solche, bei denen es um die vorübergehende Rückkehr hochqualifizierter Migranten in ihr Herkunftsland geht, haben sich als erfolgreich erwiesen. Dies gilt auch für Initiativen zur Förderung der zirkulären Migration aus entwicklungspolitischer Perspektive, Maßnahmen zur Verhinderung der Abwanderung hochqualifizierter Arbeitskräfte und für eine an ethischen Grundsätzen orientierte Personalbeschaffung, insbesondere im Hinblick auf die Fachkräfte des Gesundheitswesens.

Die Arbeit im Bereich Migration und Entwicklung sollte jetzt vertieft und feiner abgestimmt werden. Die EU muss sich verstärkt darum bemühen, unter besonderer Berücksichtigung der Themen Beschäftigung, Governance und demografische Entwicklung die wahren Ursachen der Migration freizulegen und anzugehen. Dabei müssen die Ziele, Grundsätze und organisatorischen Aspekte des Europäischen Konsens über die Entwicklungspolitik[8] zur Anwendung kommen.

Die Migrationspolitik sollte strukturell in die Gesundheits-, Bildungs- und Humankapitalpolitik sowie in die Strategien für sozioökonomische Entwicklung aufgenommen werden. Migrations- und Entwicklungspolitik sollte den Schwerpunkt verstärkt auf wirtschaftliche Reformen und die Schaffung von Arbeitsplätzen sowie die Verbesserung der Arbeitsbedingungen und der sozioökonomischen Situation in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommensniveau und Regionen mit hohem Emigrationsdruck legen. Dies umfasst auch die Förderung des Zugangs zu einer hochwertigen Bildung für alle, die Entwicklung und Verbesserung der Berufsbildung und die Stärkung von Managementkompetenzen sowie den weiteren Ausbau der Rolle des offiziellen Arbeitsmarktes.

Die im Jahr 2007 eingeführte EU-Afrika-Partnerschaft in den Bereichen Migration, Mobilität und Beschäftigung bietet in den afrikanischen Ländern nunmehr hierfür einen Rahmen. In anderen Regionen wie Osteuropa und Asien sind bestehende Kooperationsstrukturen und Mobilitätspartnerschaften potenzielle Instrumente für solche Bemühungen. Parallel zu einem auf Humankapital und Beschäftigung ausgerichteten Ansatz sind Maßnahmen in den Bereichen ausländische Direktinvestitionen und Handel unentbehrlich. Darüber hinaus sollte die EU auch eine Politik erarbeiten, mit der auf neue Entwicklungen, z.B. die zunehmenden Auswirkungen des Klimawandels auf Migrationsbewegungen, reagiert wird.

Diesbezüglich schlägt die Kommission Folgendes vor:

- Erarbeitung effizienter, sicherer und kostengünstiger Geldtransfermöglichkeiten, damit sich diese Transfers verstärkt auf die Entwicklung auswirken können. Dazu ist es erforderlich, dass

- die Statistiken verbessert und die Entwicklung des Finanzsektors unterstützt wird.

- ein Umfeld geschaffen wird, das sich günstig auf ausländische Direktinvestitionen in den Herkunftsländern der Migranten auswirkt. Dazu gehört die produktive Investition der Geldtransfers von Migranten und in diesem Zusammenhang die Zusammenarbeit mit dem Finanzsektor, um die Entstehung von Mobilitätsinvestitionsfonds zu fördern.

- die Mitgliedstaaten dazu angeregt werden, im Rahmen der Richtlinie über Zahlungsdienste auch einseitige Transaktionen zu regeln, bei denen mindestens einer der Transferdiensteanbieter seinen Sitz außerhalb des EWR hat, damit Geldtransfers auf transparentere Weise und unter einem angemessenen Verbraucherschutz erfolgen können.

- in enger Zusammenarbeit mit der Afrikanischen Union und der Weltbank ein Geldtransferinstitut in Afrika gegründet wird; ferner sollte die Arbeit betreffend Geldtransfers in den Westbalkan beschleunigt werden.

- Förderung und Unterstützung der Initiativen von Migrantengruppen und Diaspora-Gemeinschaften, die in politische Initiativen der EU zu ihren Herkunftsländern und -regionen einbezogen werden wollen, mit folgendem Ziel:

- Erfassung des menschlichen und wirtschaftlichen Potenzials der Diaspora-Gemeinschaften für die Entwicklung der Partnerländer durch gezielte Aktionen in bestimmten Bereichen, z.B. bei Handelserleichterungen, Investitionsförderung und länderübergreifender Vernetzung.

- Unterstützung der Bemühungen der Herkunftsländer, mit den Diaspora-Gemeinschaften in Kontakt zu bleiben.

- Unterstützung von Diaspora-Gruppen, die sich für entwicklungsorientierte Aktivitäten in ihren Herkunftsländern einsetzen.

- Förderung von Initiativen, durch die Migranten und Mitglieder der Diaspora-Gemeinschaften Zugang zu betriebswirtschaftlicher Beratung erhalten, Mikrokredite aufnehmen und in ihren Herkunftsländern KMU gründen können.

- Stärkung der Dimension „Politikkohärenz im Interesse der Entwicklung“ mit Blick auf den Zusammenhang zwischen Migration und Entwicklung in enger Zusammenarbeit mit den betroffenen Ländern und unter besonderer Berücksichtigung der Abwanderung von hochqualifizierten Arbeitskräften, durch

- die Sammlung genauerer sektorspezifischer Erkenntnisse über das derzeitige und voraussichtliche Ausmaß und die Folgen der Abwanderung von hochqualifizierten Arbeitskräften,

- die Förderung der Festlegung und Umsetzung länderspezifischer Maßnahmen zur „Sicherung von Fachkenntnissen und Fertigkeiten für die Entwicklung“, die auf Aus- und Fortbildung, Retention, einer an ethischen Grundsätzen orientierten Personalbeschaffung und Rückkehrmaßnahmen basiert[9],

- die Unterstützung der Erarbeitung und Durchführung von länderspezifischen Maßnahmen gegen die Abwanderung hochqualifizierter Arbeitskräfte auf der Grundlage der oben genannten vier Dimensionen,

- die Überlegung - im Rahmen eines Grünbuchs über das europäische Gesundheitspersonal - wie die an ethischen Grundsätzen orientierte Beschaffung von Personal aus Drittländern optimal gestaltet werden kann.

- Förderung des Zugangs zu einer hochwertigen Bildung für alle, der Entwicklung und Verbesserung der beruflichen Bildung und der Verbreitung von Managementkenntnissen, Weiterentwicklung der Rolle der offiziellen Arbeitsmärkte und angemessener Arbeitsbedingungen in Ländern mit niedrigem oder mittlerem Einkommensniveau, damit die Bedingungen und Beschäftigungsmöglichkeiten in Regionen verbessert werden, die durch einen hohen Emigrationsdruck gekennzeichnet sind.

- Anwendung der Ziele, Grundsätze und organisatorischen Aspekte des Europäischen Konsens zur Entwicklungspolitik, damit vermehrt die wahren Ursachen der Migration angegangen werden können; dabei ist den Themen Beschäftigung, Governance und demografische Entwicklung besondere Aufmerksamkeit zu schenken.

- Untersuchung der Beziehung zwischen Klimawandel und Migration und Ermittlung, wie viele Menschen heutzutage und künftig hiervon betroffen sind.

3. BEDEUTUNG DES GESAMTANSATZES IN GEOGRAFISCHER HINSICHT

3.1. Südliche Migrationsrouten

Der Gesamtansatz beschäftigte sich zunächst mit Afrika und vor allem den afrikanischen Ländern südlich der Sahara, wobei sämtliche Länder entlang den südlichen in die Europäische Union führenden Migrationsrouten einbezogen wurden. Er führte neue Formen des Dialogs und der Zusammenarbeit zwischen Ländern unterschiedlicher Regionen ein, die von den traditionellen Mustern der Beziehungen zwischen der Europäischen Union und diesen Ländern abwichen.

Auf politischer Ebene wurde mit der Ministerkonferenz über Migration und Entwicklung, die im Juli 2006 in Rabat stattfand, ein wichtiger regionaler Prozess eingeleitet, mit dem ein Rahmen für umfassende Maßnahmen festgelegt wurde, auf den konkrete Initiativen, Workshops und eine zweite Ministerkonferenz im November 2008 in Paris folgten. Der Gesamtansatz fand auch Beachtung auf der Ministerkonferenz von Tripolis vom November 2006, auf der erstmals ein gemeinsames Konzept von der Europäischen Union und ganz Afrika in Angriff genommen wurde. Das erste EuroMed-Ministertreffen zum Thema Migration, das im November 2007 in Albufeira stattfand, setzte Prioritäten in Form konkreter Kooperationsinitiativen. Der EU-Afrika-Gipfel von Lissabon (Dezember 2007) konkretisierte das gemeinsame Konzept durch die Annahme der EU-Afrika-Partnerschaft für Migration, Mobilität und Beschäftigung. Ausgelöst durch die Migrationsmissionen der EU gemäß Artikel 8 und Artikel 13 des Cotonou-Abkommens wurde außerdem auf bilateraler Ebene mit einer Reihe von Schlüsselländern der politische Dialog über Migration aufgenommen. Ferner wurde mit Äthiopien eine Kooperationsplattform eingeführt. Die erste Mobilitätspartnerschaft mit Kap Verde vom Juni 2008, die sich auf die legale Einwanderung, die Bekämpfung der irregulären Einwanderung sowie Migration und Entwicklung bezog, sowie die künftigen Sondierungsgespräche mit Senegal dürften den Weg für eine erweiterte operative Zusammenarbeit mit dieser Region im Bereich der Migration ebnen.

Angesichts der großen Zahl von laufenden Initiativen muss jetzt sowohl bei der Ausarbeitung der Politiken als auch bei deren Umsetzung besonders auf Kohärenz geachtet werden. Die vereinbarten Maßnahmen entlang den Migrationsrouten erfordern innerafrikanische Zusammenarbeit, insbesondere zwischen den Ländern südlich der Sahara und den nordafrikanischen Ländern. Organisationen wie die Afrikanische Union und ECOWAS benötigen Ressourcen, um diese Zusammenarbeit zu koordinieren. Politisch sensible Themen wie Schutz der Flüchtlinge, Visaerleichterung und Rückübernahme müssen in einem ausgewogenen Gesamtkontext behandelt werden, so dass auf allen Ebenen Fortschritt möglich wird.

In diesem Zusammenhang schlägt die Kommission Folgendes vor:

- Sicherstellen, dass sämtliche Aspekte der Zusammenarbeit EU-Afrika umgesetzt und auf politischer Ebene im Zuge mehrerer Ministertreffen bewertet werden, wobei ein erstes Folgetreffen zum Gipfel von Lissabon für 2010 vorzusehen ist.

- Einsatz des kürzlich ins Leben gerufenen Umsetzungsteams der EU für die Partnerschaft in den Bereichen Migration, Mobilität und Beschäftigung als einen der Hauptmotoren für die Koordinierung der operativen Zusammenarbeit zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten.

- Stärkung der politischen Eigenverantwortung unter den afrikanischen Ländern durch Herausstellung der Bedeutung der Migrationsströme zwischen den Ländern des Südens und Unterstützung der Länder, die einen eigenen Rahmen für Migrationspolitik entwickeln möchten.

- Förderung der dreiseitigen Zusammenarbeit (d.h. Zusammenarbeit der Maghreb-Staaten und der südlich der Sahara gelegenen afrikanischen Länder mit Unterstützung der EU), insbesondere durch Initiativen zur Einführung von Beobachtungsstellen für Migration, Information über legale Migration, Förderung der konsularischen Zusammenarbeit, Zusammenarbeit bei der Rückübernahme, Organisation der Grenzkontrollen und Steuerung gemischter Migrationsströme.

- Erweiterung der Kenntnisse über den Geldtransfer in Afrika und Einrichtung eines afrikanischen Instituts für den Geldtransfer unter der Leitung der Afrikanischen Union und in Partnerschaft mit der Weltbank.

- Verstärkte Nutzung bilateraler Kanäle sowie regionaler und kontinentaler Kooperationsinstanzen wie ECOWAS, EuroMed, des Rabat-Prozesses und der Afrikanischen Union für einen stärker ergebnisorientierten Dialog und bessere Zusammenarbeit.

- Gewährleistung systematischer operativer Folgemaßnahmen für gemeinsame Migrationsmissionen und sonstige migrationsbezogene Kooperation im Zusammenhang mit dem Cotonou-Abkommen.

3.2. Östliche und südöstliche Nachbarregionen der EU

2007 wurde der Gesamtansatz auf die östlichen und südöstlichen an die Europäische Union grenzenden Regionen und – in geringerem Umfang – auf den Nahen Osten und Asien ausgedehnt. Die diese Regionen betreffenden Prioritäten des Gesamtansatzes griffen die Prioritäten früherer Instrumente, beispielsweise der Europäischen Nachbarschaftspolitik, der Heranführungsstrategie und des Erweiterungsprozesses, auf. Im Rahmen dieser Instrumente war bereits viel für den Dialog und die Zusammenarbeit im Bereich Migration getan worden. Parallel dazu gab es regionale Anstrengungen wie den Budapest- und den Söderköping-Prozess, und auch regionale Organisationen wie die OSZE und der Europarat waren in diesem Bereich sehr aktiv. Der Gesamtansatz konnte auf die Ergebnisse dieser Bemühungen aufbauen.

Die Pilot-Mobilitätspartnerschaft mit der Republik Moldau und die Einführung der Kooperationsplattform für das Schwarzmeergebiet sind in dieser Region Ergebnisse des Gesamtansatzes. Sondierungsgespräche mit Georgien für eine weitere Pilot-Mobilitätspartnerschaft könnten ebenfalls Früchte tragen und den Weg für die Zusammenarbeit mit weiteren Partnerländern ebnen. Während zu den wichtigsten ersten Zielen für die Zusammenarbeit in dieser Region Sicherheitsfragen (Grenzkontrolle, Bekämpfung der irregulären Einwanderung usw.) und in zunehmendem Maße Fragen der legalen Migration zählten, gewinnt inzwischen das Thema Migration und Entwicklung an Bedeutung. In der Tat wäre es von unbestreitbarem Nutzen, wenn sich die Zusammenarbeit in den Bereichen Lenkung der Arbeitsmigration, entwicklungsfördernder Geldtransfer, freiwillige Rückkehr, Wiedereingliederung von Migranten und Diaspora-Netzwerke mit geeigneten Ländern ausbauen ließe.

Einige der übrigen Instrumente des Gesamtansatzes zur Migrationsfrage, beispielsweise Migrationsprofile und Kooperationsplattformen, müssen systematischer auf die östlichen und südöstlichen Regionen angewendet werden.

Sachdienlich wäre in diesem Zusammenhang:

- Eine stärkere Profilierung des Gesamtansatzes im Rahmen der Europäischen Nachbarschaftspolitik und der Heranführungsstrategie durch eine intensivere Zusammenarbeit mit den Nachbarländern und durch die bessere Nutzung bestehender Strukturen für Dialog und Kooperation.

- Freilegen von Synergien zwischen dem Gesamtansatz und anderen Kooperationsstrukturen, insbesondere im Verhältnis zur Türkei und den westlichen Balkanländern.

- Verstärkte Präsenz der EU in regionalen Konsultationsprozessen, insbesondere dem Budapest- und dem Söderköping-Prozess und bei regionalen Organisationen, um auf regionaler Ebene für den Gesamtansatz zu werben.

- Sicherstellen, dass bestehende migrationsbezogene Vereinbarungen vollständig umgesetzt werden, sowie operative Zusammenarbeit in den Bereichen Grenzverwaltung, irreguläre Einwanderung, Rückübernahme und Rückführung sowie Menschenhandel.

- Entwicklung der Kooperationsplattform für das Schwarzmeergebiet und systematischere Verwendung von Migrationsprofilen und –missionen in der Region.

- Hervorhebung des Themas Migration und Entwicklung durch konkrete Initiativen mit den Schwerpunkten zirkuläre Migration, Geldtransfer und Diaspora-Netzwerke.

3.3. Differenzierung des Ansatzes im Verhältnis zu anderen Regionen

Obgleich sie Bezugspunkte in der vorangegangenen Mitteilung zum Gesamtansatz waren, wurde dem südlichen Kaukasus, Zentralasien, dem Nahen Osten und Asien im Gesamtansatz nur relativ wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Dabei ist das Migrationspotenzial dieser Regionen (sowohl, was die irreguläre Einwanderung als auch was die legale Wirtschaftsmigration in die EU anbelangt) nicht zu übersehen und macht auf multilateraler und bilateraler Ebene einen pragmatischeren, differenzierteren und ergebnisorientierteren methodischer Ansatz notwendig. Länder wie Indien, China, Vietnam, Sri Lanka, die Philippinen und der Nahe Osten gewinnen für die Migrationspolitik der EU immer mehr an Bedeutung.

Im Hinblick auf Lateinamerika und die Karibik muss als Folgemaßnahme zur auf dem Gipfeltreffen EU-Lateinamerika/Karibik im Mai 2008 abgegebenen Erklärung von Lima ein strukturierter, umfassender Dialog über Migration entwickelt werden, der gemeinsame Herausforderungen und Bereiche für die Zusammenarbeit definiert und von der Tätigkeit der Experten für EU-Lateinamerika/Karibik profitiert.

Sachdienlich wäre in diesem Zusammenhang:

- Rückgriff auf zwischen der EU und Asien bestehende multilaterale Strukturen, insbesondere das Europäisch-Asiatische Gipfeltreffen, um den Dialog über Migrationspolitik zu vertiefen, Erfahrungen und bewährte Verfahren auszutauschen und mögliche Synergien zwischen den beiden Kontinenten auszuloten.

- Erweiterung des mit China geführten Dialogs über irreguläre Einwanderung um migrationsbezogene Aspekte und Einführung eines Dialogs mit einigen asiatischen Ländern, insbesondere Indien, Vietnam und Philippinen.

- Gewährleistung von Folgemaßnahmen zur Erklärung von Lima, um das gegenseitige Verständnis der Migrationsprobleme und der vorhandenen Migrationspolitiken zu vertiefen und die bisherige Zusammenarbeit durch Einführung eines gemeinsamen Rahmens für verstärkte Kooperation und Partnerschaft zwischen der Europäischen Union und Lateinamerika sowie dem karibischen Raum über Migration und Mobilitätspolitik zu intensivieren.

4. DER GESAMTANSATZ ALS RAHMEN FÜR KOHÄRENZ, KOORDINIERUNG UND EFFIZIENZ MIT DEM ZIEL VERSTÄRKTER GOVERNANCE IM BEREICH MIGRATION

DER IN DER MITTEILUNG VOM JUNI 2008 über eine gemeinsame Einwanderungspolitik für Europa enthaltene Vorschlag für einen neuen Governance-Ansatz wird sich auch auf die künftigen Arbeitsmethoden im Rahmen des Gesamtansatzes auswirken, die kohärenter, koordinierter und effizienter sein müssen. Vor allem werden in enger Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und der Kommission durchgeführte regelmäßige Analysen und Evaluierungen benötigt, die, wie in der Juni-Mitteilung und voraussichtlich im Europäischen Pakt zu Einwanderung und Asyl vorgesehen, in den Jahresbericht für die Frühjahrstagung des Europäischen Rates eingehen werden.

4.1. Koordinierung und Kohärenz

Der Gesamtansatz mit seinem umfassenden Politikkonzept zur Migration macht eine engere Abstimmung zwischen der EU und den nationalen, regionalen und lokalen Stellen sowie mit den Drittländern unter Einsatz unterschiedlicher Instrumente notwendig. Migrationsmissionen, Migrationsprofile, Mobilitätspartnerschaften und Kooperationsplattformen haben ihren Wert bereits unter Beweis gestellt; allerdings müssen solche Instrumente systematischer zum Einsatz kommen, um strukturelle Koordinierung und politische Kohärenz zu gewährleisten. Es bedarf unzweifelhaft verstärkter Zusammenarbeit zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten in Drittländern, wobei sicherzustellen ist, dass die Anstrengungen in angemessener Weise koordiniert werden. Ferner besteht die Notwendigkeit, Migrationsinitiativen auf eine breitere faktengestützte Grundlage zu stellen, wobei es nützlich sein könnte, sämtliche bei der Kommission, den Mitgliedstaaten, EU-Agenturen und sonstigen Organisationen eingehenden Informationen zu bündeln.

Darüber hinaus müssen die politischen Ziele der Europäischen Union in Absprache mit den Drittländern in konkrete operative Aktionen übersetzt werden. Eine wirkliche Partnerschaft kann nur aufgebaut und aufrechterhalten werden, wenn beide Seiten sich hinreichend bemühen, die andere Seite über ihre Absichten und Entwicklungen in der Migrationspolitik zu unterrichten. Die lebhaften Diskussionen im Zusammenhang mit der Annahme der Rückführungsrichtlinie im Sommer 2008 machen deutlich, dass die EU ihre Ziele eingehender erläutern muss.

Die EU und ihre Mitgliedstaaten sollten aktiv für den Gesamtansatz eintreten und Anstrengungen unternehmen, um ihm auf der Ebene multilateraler, globaler oder regionaler Kooperationsgremien zu einem höheren Bekanntheitsgrad zu verhelfen. Zu diesen Gremien zählt beispielsweise das Globale Forum über Migration und Entwicklung, das im Oktober in Manila erneut zusammentritt und der EU Gelegenheit gibt, einen kohärenten, konsolidierten Standpunkt einzunehmen; andere Gremien sind die Vereinten Nationen und ihre spezialisierten Unterorganisationen, der G8-Gipfel, die OECD, die OSZE, der Europarat, die Internationale Organisation für Migration, die Weltbank und regionale Entwicklungsbanken sowie regionale Konsultationsprozesse.

Auf der Grundlage der vorstehenden Ausführungen empfiehlt die Kommission:

- die Migration in anderen Politikbereichen, u.a. der Außen-, Sicherheits-, Handels-, Umwelt-, Agrar-, Beschäftigungs-, Bildungs-, Gesundheits-, Forschungs- und Sozialpolitik durchgängig zu berücksichtigen und zu koordinieren und die rechtzeitige Konsultation mit den anderen externen und internen Akteuren zu fördern.

- regelmäßige Kontakte zwischen den verschiedenen Ministerien in den Mitgliedstaaten zu intensivieren, um die Umsetzung des Gesamtansatzes zu gewährleisten.

- die Kapazitäten zur Migrationssteuerung als Teil der Kernaufgaben der Delegationen der Kommission und der Botschaften der Mitgliedstaaten aufzuwerten und zu erhöhen, z.B. durch Einführung eines Unterstützungsmechanismus für den Austausch von Informationen, Fachwissen und Fortbildung.

- in ausgewählten Herkunfts- und Transitländern z.B. durch die Einführung von Migrationsunterstützungsteams unter Mitwirkung von durch die Behörden der Mitgliedstaaten benannten Sachverständigen verstärkt Maßnahmen zum Kompetenzaufbau durchzuführen.

4.2. Wirkungsvoller Einsatz der finanziellen Mittel

Der Gesamtansatz wird im Wesentlichen über die verfügbaren EU-Finanzinstrumente finanziert. Dazu gehören das Programm AENEAS, das inzwischen durch das Thematische Programm zur Zusammenarbeit mit Drittländern auf den Gebieten Migration und Asyl und durch das Programm „Solidarität und Steuerung der Migrationsströme“ abgelöst wurde. Weitere Mittel wurden über geografisch ausgerichtete Instrumente zur Verfügung gestellt, insbesondere die Programme Meda und Tacis, inzwischen ersetzt durch das Europäische Nachbarschafts- und Partnerschaftsinstrument, sowie über das Instrument für die südlich der Sahara gelegenen afrikanischen Länder und den karibischen und pazifischen Raum, den Europäischen Entwicklungsfonds, sowie über das Finanzierungsinstrument für die Entwicklungszusammenarbeit mit Asien und Lateinamerika. Die Durchführungsbestimmungen für die zuletzt genannten Instrumente schränken allerdings bisweilen ihre Verwendung im Bereich Migration ein. Der Krisenreaktionsmechanismus, inzwischen ersetzt durch das Stabilitätsinstrument, wurde ebenfalls für die Unterstützung einiger Migrationsinitiativen herangezogen.

Die ergänzende, rechtzeitige Mobilisierung der verschiedenen EG-Finanzierungsquellen bleibt eine Herausforderung. Es muss bedacht werden, wie diese verschiedenen Quellen, einschließlich der Mittel von EU-Mitgliedstaaten und externen Stellen, am besten kombiniert werden können.

Die Art und Weise, wie die einzelnen Gemeinschaftsinstrumente verwendet werden, ebenso wie die Maßnahmen der Mitgliedstaaten und der Gemeinschaft, müssen verbessert werden. Die freiwillige Zusammenlegung der Ressourcen der Gemeinschaft, der Mitgliedstaaten und Drittländer entsprechend den Vorschlägen in der Mitteilung über eine gemeinsame Einwanderungspolitik für Europa sollte gefördert werden.

Die verstärkte Wirkung des Gesamtansatzes hängt teilweise von der Methode und der Aufgabenstellung der Finanzierung ab; zusätzlich sind mehr Humanressourcen vonnöten. Dafür bedarf es einer intensiveren Koordinierung zwischen den Beteiligten sowie einer wirkungsvolleren und regelmäßigen Überwachung und Evaluierung.

Auf der Grundlage der vorstehenden Ausführungen empfiehlt die Kommission:

- Einführung eines Systems zur Koordinierung und, soweit dies möglich ist, Zusammenlegung der Ressourcen der Mitgliedstaaten, der Gemeinschaft und der Drittländer, um die vorrangigen Ziele des Gesamtansatzes verfolgen zu können.

- Evaluierung der Wirksamkeit der derzeitigen EG-Finanzierungsinstrumente im Hinblick darauf, ob sie geeignet sind, die Ziele des Gesamtansatzes zur Migrationsfrage zu erreichen.

5. SCHLUSSFOLGERUNGEN

Im Rahmen des Gesamtansatzes entwickelt die Europäische Union einen innovativen Weg zur Bewältigung der Migrationsprobleme in all ihrer Komplexität. Obgleich er erst vor kurzem ins Leben gerufen wurde, hat dieser Ansatz bereits den notwendigen politischen Anstoß gegeben und die externe Dimension der europäischen Migrationspolitik deutlich zutage treten lassen. Dieses umfassende Konzept wurde in thematischer und geografischer Hinsicht rasch erweitert.

Diese Mitteilung beruht auf den Grundsätzen der Mitteilung über eine gemeinsame Einwanderungspolitik für Europa und liefert erste Elemente für die darin vorgeschlagenen Maßnahmen, die auch in den Europäischen Pakt zu Einwanderung und Asyl aufgenommen werden sollten.

Die Mitteilung enthält eine Analyse des Gesamtansatzes in sowohl geografischer als auch thematischer Hinsicht. Allerdings bedarf es nunmehr einer präziseren Ausarbeitung, damit den strategischen Migrationszielen der EU und den Besonderheiten der einzelnen Regionen und Länder besser Rechnung getragen werden kann und die Möglichkeit geschaffen wird, wirksamer auf neue Herausforderungen zu reagieren und die Chancen der Migration zu nutzen.

Dies kann nur durch verstärkte Koordinierung und Synergie zwischen der Kommission, den Mitgliedstaaten und den betreffenden Drittstaaten geschehen, damit die praktische Umsetzung des Gesamtansatzes kohärenter erfolgen und eine größere Wirkung entfalten kann.

[1] Vorrangige Maßnahmen zur Lösung von Migrationsproblemen: Erste Folgemaßnahmen nach Hampton Court“ - KOM(2005) 621; Der Gesamtansatz zur Migrationsfrage nach einem Jahr: Schritte zur Entwicklung eines umfassenden europäischen Migrationskonzepts - KOM(2006) 735 - und Anwendung des Gesamtansatzes zur Migration auf die östlichen und südöstlichen Nachbarregionen der Europäischen Union - KOM(2007) 247.

[2] Interim report on the progress of the overall approach in the field of migration - SEK(2007) 1632.

[3] Migration Information and Management Centre (CIGEM); Euro-Mediterranean Consortium for Applied Research on International Migration (CARIM) und Agence nationale de promotion de l'Emploi et des Competences (ANAPEC).

[4] Eine gemeinsame Einwanderungspolitik für Europa: Grundsätze, Maßnahmen und Instrumente - KOM(2008) 359.

[5] Künftige Asylstrategie: Ein integriertes Konzept für EU-weiten Schutz - KOM(2008) 360.

[6] ABl. L 289 vom 3.11.2005, S. 15. ABl. L 289 vom 3.11.2005, S. 23. ABl. L 289 vom 3.11.2005, S. 26.

[7] Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über einen Visakodex der Gemeinschaft - KOM(2006) 403.

[8] Gemeinsame Erklärung des Rates und der im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten, des Europäischen Parlaments und der Kommission zur Entwicklungspolitik der Europäischen Union: Der Europäische Konsens (ABl. C 46 vom 24.2.2006, S. 1).

[9] Arbeitspapier der Kommissionsdienststellen über Politikkohärenz im Interesse der Entwicklung - SEK(2008) 434.

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