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Document 52008DC0130

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat - Stärkung der Katastrophenabwehrkapazitäten der Europäischen Union

/* KOM/2008/0130 endg. */

52008DC0130

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat - Stärkung der Katastrophenabwehrkapazitäten der Europäischen Union /* KOM/2008/0130 endg. */


[pic] | KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN |

Brüssel, den 5.3.2008

KOM(2008) 130 endgültig

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT

Stärkung der Katastrophenabwehrkapazitäten der Europäischen Union

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT

Stärkung der Katastrophenabwehrkapazitäten der Europäischen Union

1. EINLEITUNG

Zweck dieser Mitteilung ist es, ausgehend von dem bisherigen Besitzstand Vorschläge zur Stärkung der Katastrophenabwehrkapazitäten der EU zu unterbreiten. Die Vorschläge sind ein erster Schritt auf dem Weg zu einem umfassenden, integrierten Gesamtkonzept der EU und sollen Synergien zwischen den vorhandenen Instrumenten schaffen und verstärken und die Koordinierung der Instrumente untereinander verbessern.

In der Mitteilung wird der Begriff der ‚Katastrophe’ im weiteren Sinne verwendet, um sowohl Naturkatastrophen als auch von Menschenhand verursachte Unglücke und größere konfliktbedingte Notsituationen in- und außerhalb der EU zu erfassen. Wie von Rat und Parlament gewünscht, ist ihr ein Anhang zum Thema Waldbrände beigefügt, der aufzeigen soll, wie künftige Maßnahmen auf den Gebieten Prävention, Vorsorge, Abwehr und Bewältigung der Folgen von Katastrophen so miteinander kombiniert werden könnten, dass sich auch große Katastrophen wie die vom vergangenen Sommer in Europa besser meistern lassen.

Die Kommission wird sich hinsichtlich der in dieser Mitteilung vorgeschlagenen ersten Maßnahmen mit dem Rat, den Mitgliedstaaten und anderen Beteiligten ins Benehmen setzen und regelmäßig die Fortschritte prüfen, um gegebenenfalls weitere Schritte in Richtung eines integrierten EU-Krisenbewältigungssystems zu unternehmen.

2. DIE NOTWENDIGKEIT BESSERER KATASTROPHENABWEHRKAPAZITÄTEN DER EU

Große anstehende Herausforderungen in- und außerhalb der EU: Große vom Menschen verursachte Katastrophen und/oder Naturkatastrophen wie der Tsunami im Indischen Ozean im Jahr 2004, der Krieg im Libanon 2006, die Fälle von Meeresverschmutzung in Drittländern oder die jüngsten Waldbrände und Hochwasserkatastrophen vom Sommer 2007 in Europa haben die Rufe nach einer effizienteren Katastrophenabwehr der EU lauter werden lassen. Hinzu kommt, dass infolge des Klimawandels die Häufigkeit von Naturkatastrophen zunimmt. Dies wird auch die unmittelbare Nachbarschaft der Union berühren.

Große Erwartungen: Die EU-Bürger erwarten von der Union, dass diese ihr Leben und ihren Besitz in der EU schützt und gleichzeitig wirksame Katastrophenhilfe in anderen Teilen der Welt leistet, mit der sie die Solidarität Europas zum Ausdruck bringt. Organisationen wie die Vereinten Nationen und nichtstaatliche Einrichtungen sowie die Partner der EU in Drittländern knüpfen hohe Erwartungen an die Rolle der EU auf dem Gebiet der Katastrophenhilfe. Das Europäische Parlament und der Europäische Rat vom Dezember 2007 haben Rat und Kommission aufgefordert, die Katastrophenschutzverfahren der Gemeinschaft im Zusammenspiel mit dem Finanzierungsinstrument für den Katastrophenschutz optimal zu nutzen, um größere Katastrophen künftig besser bewältigen zu können und die Zusammenarbeit mit und unter den Mitgliedstaaten weiter auszubauen. Ferner haben das Europäische Parlament und der Europäische Rat im Dezember 2007 den Europäischen Konsens über humanitäre Hilfe unterzeichnet, der einen umfassenden Rahmen für eine verbesserte Bereitstellung von humanitärer Hilfe auf EU-Ebene darstellt. In seiner Entschließung zum europäischen Konsens über die humanitäre Hilfe forderte das Europäische Parlament die EU auf, sich mittels einer adäquaten jährlichen Haushaltsplanung zu einer angemessenen humanitären Hilfe mit entsprechend berechenbarer und flexibler Finanzierung zu verpflichten.

Ähnliche Herausforderungen in- und außerhalb der EU: Die Katastrophen von heute betreffen häufig mehrere Länder zugleich und erfordern daher eine multilaterale, koordinierte Reaktion. Gleichzeitig verschwimmen die Grenzen zwischen inländischen und ausländischen Katastrophen zusehends: Die Flutkatastrophe im Indischen Ozean traf europäische Touristen ebenso wie die einheimische Bevölkerung, Hochwasser wie auch Waldbrände betreffen sowohl die Mitgliedstaaten der EU als auch ihre Nachbarländer, Epidemien können schnell von einem Erdteil auf den anderen überspringen und ebenso schnell kann beispielsweise die Notwendigkeit entstehen, EU-Bürger aus Krisengebieten zu evakuieren. Häufig setzen die Gemeinschaft und die Mitgliedstaaten (insbesondere beim Zivilschutz) die gleichen Instrumente ein, um denselben Herausforderungen in- und außerhalb der EU zu begegnen, sei es als alleinstehender Beitrag zur Katastrophenbewältigung oder als ergänzende Maßnahme zur humanitären Hilfe. Die EU muss bei der Katastrophenabwehr die vorhandenen Hilfsmittel situations- und bedarfsgerecht einsetzen. Außerdem müssen Aspekte wie Schnelligkeit, Effizienz und Wirtschaftlichkeit berücksichtigt werden.

Gesamtkonzept für die Katastrophenvorsorge-, -milderung und –abwehr: Die Komplexität und der Umfang dieser vielschichtigen Herausforderungen erfordern ein Gesamtkonzept der EU für eine kontinuierliche Risikobewertung, Vorhersage, Prävention, Vorsorge und (vor- und nachgeschaltete) Katastrophenmilderung, das die verschiedenen Strategien, Instrumente und Maßnahmen, die bei einer Zusammenarbeit zwischen der Gemeinschaft und den Mitgliedstaaten zur Verfügung stehen, in sich vereint und so dazu beiträgt, ein ausgewogenes Verhältnis zwischen nationaler Verantwortung und europäischer Solidarität zu schaffen. Die bestehenden Verbindungen zwischen Katastrophenschutz und Umweltpolitik müssen intensiviert werden, damit die in den Umweltschutzvorschriften vorgesehenen Präventivmaßnahmen in vollem Umfang genutzt werden können und ein Gesamtkonzept der EU für die Katastrophenvorsorge und die Folgenabschwächung möglich wird. Außerdem bedarf es nicht zuletzt wegen der Kostenwirksamkeit und der knappen Ressourcen eines koordinierten und integrierten Vorgehens. Die Unterstützung von Katastrophenopfern außerhalb der EU-Grenzen muss zu einem festen Bestandteil der von der EU geleisteten internationalen Hilfe werden.

3. DER WEG ZU EINER BESSEREN KATASTROPHENABWEHR DER EU

3.1. Schrittweiser Aufbau einer integrierten Koordinierung

Diversität der europäischen Beteiligten und ihrer Politik: Auf dem Gebiet der Katastrophenbewältigung gibt es je nach Politik oder Instrument unterschiedliche Beschlussfassungsverfahren für die Entscheidung, ob die entsprechenden Kapazitäten innerhalb oder außerhalb der EU mobilisiert werden können.

Die Europäische Kommission ist für eine breite Palette derartiger Instrumente sowie für eine Reihe unterschiedlicher Frühwarn- und Koordinierungsmechanismen verantwortlich:

- Sie betreibt zahlreiche Frühwarnsysteme, die eine rasche und wirksame Reaktion auf sektorspezifische Katastrophen ermöglichen, die von biochemischen Anschlägen, ansteckenden Epidemien und Tierkrankheiten über Öl- und Meeresverschmutzungen bis hin zum Schutz wichtiger Infrastrukturen reichen[1].

- Sie entscheidet über humanitäre Hilfe der Gemeinschaft (GD ECHO). Die Kommission leistet humanitäre und sonstige Hilfe sowie Schutz für Opfer von Konflikten und Katastrophen in Drittländern und engagiert sich zudem sehr auf dem Gebiet der Katastrophenvorsorge.

- Sie vereinfacht und koordiniert den Rückgriff auf die Zivilschutzkapazitäten der Mitgliedstaaten im Rahmen des im Jahr 2001 geschaffenen Gemeinschaftsverfahrens für den Katastrophenschutz innerhalb und außerhalb der EU.

- Das Stabilitätsinstrument ermöglicht „außerordentliche Hilfsmaßnahmen“ für eine zeitnahe Reaktion auf Katastrophen und politische Krisen.

- Verschiedene geografische Instrumente für die Außenhilfe sind zudem mit Notfallreserven ausgestattet, auf die unter bestimmten Umständen und nach Durchlaufen spezifischer Beschlussfassungsverfahren zurückgegriffen werden kann, um kurz- oder mittelfristige Maßnahmen zur Reaktion auf Katastrophen zu finanzieren.

- Als weitere Instrumente stehen der EU und den Mitgliedstaaten u.a. der Europäische Fonds für regionale Entwicklung (EFRE), der EU-Solidaritätsfonds (EUSF), Mittel für die ländliche Entwicklung, das Finanzierungsinstrument für den Zivilschutz sowie LIFE+ zur Verfügung. Der EUSF kann die finanzielle Belastung von großen Naturkatastrophen betroffener Mitgliedstaaten oder in Beitrittsverhandlungen mit der EU stehender Länder durch die Refinanzierung der Kosten von Notfallmaßnahmen der nationalen Behörden erleichtern. Der EFRE kann zur Kofinanzierung der Vorbereitung und Durchführung von Maßnahmen zur Verhütung und Beherrschung natürlicher Risiken sowie für Wiederaufbaumaßnahmen nach Naturkatastrophen herangezogen werden. Mittel für die ländliche Entwicklung, des Finanzierungsinstruments für den Zivilschutz sowie von LIFE+ können von den Mitgliedstaaten für Maßnahmen zur Katastrophenvorsorge verwendet werden.

- Seit Juni 2006 arbeitet die Kommission an der Entwicklung eines internen Koordinierungsmechanismus (ARGUS), der ihr eine wirksame Reaktion auf mehrdimensionale Katastrophen und Krisen im Rahmen ihrer Befugnisse und einen aktiven Beitrag im Rahmen der Krisenkoordinierungsvorkehrungen der EU ermöglichen sollen.

- Die nach dem Tsunami von 2004 eingerichtete Krisenplattform der GD RELEX dient zur politischen Koordinierung zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten in externen Krisensituationen.

Es bedarf einer kontinuierlichen engen Zusammenarbeit und Absprache zwischen dem Ratsvorsitz, den Mitgliedstaaten und dem Generalsekretariat des Rates, insbesondere bei der konsularischen Zusammenarbeit und bei einer etwaigen Unterstützung durch militärische Ressourcen und Kompetenzen der Mitliedstaaten der EU. Der Ratsvorsitz ist dafür zuständig, erstens vor jedweder Aktivierung des Krisenbewältigungsmechanismus durch die Kommission zu bewerten, ob eine außerhalb der EU geplante Katastrophenschutzmaßnahme der EU unter die Krisenbewältigungsbestimmungen der Verträge fällt und zweitens in Drittländern durchgeführte Katastrophenschutzmaßnahmen der EU politisch zu koordinieren

Jüngste Anstrengungen zur Verbesserung der Koordinierung der Katastrophenbewältigungsinstrumente:

- Im Anschluss an einen von der Kommission im Jahr 2005 vorgelegten Vorschlag und den Barnier-Bericht vom Mai 2006 über die Einsetzung einer Katastrophenschutztruppe der EU hat der Rat einen geänderten legislativen Rahmen angenommen, mit dem der Kommission neue Aufgaben auf dem Gebiet des Zivilschutzes übertragen wurden. Außerdem hat die Kommission ihre internen Koordinierungsverfahren überarbeitet.

- Der Europäische Konsens über die humanitäre Hilfe, auf den sich die Mitgliedstaaten, das Europäische Parlament und die Kommission im Dezember 2007 geeinigt haben, enthält als erste Vereinbarung dieser Art eine ausdrückliche Erklärung der EU über ihre gemeinsamen Ziele und Grundsätze für die von ihr geleistete humanitäre Hilfe. Darin wird die Notwendigkeit hervorgehoben, die Reaktion auf große Katastrophen besser zwischen der Gemeinschaft und den Mitgliedstaaten zu koordinieren und auch die Absprache bei der humanitären Hilfe zu verbessern.

- Die Delegationen der Gemeinschaft in Drittländern sind so umorganisiert worden, dass sie im Katastrophenfall ihrer Rolle besser gerecht werden können. Beispielsweise werden sich zu diesem Zweck sechs Delegationen im Rahmen eines Pilotprojekts auf Fragen der Katastrophenabwehr spezialisieren, und alle 130 Delegation in der gesamten Welt verfügen inzwischen über einen „Krisenkorrespondenten“, der bei Katastrophen und politischen Krisen dem Hauptquartier der Kommission, den Gemeinschaftsdelegationen in den Nachbarländern und den Partnern vor Ort als lokaler Ansprechpartner dient.

- Die Kommission hat im Jahr 2007 einen Aktionsplan[2] zum konsularischen Schutz angenommen, durch den der in Artikel 20 EG-Vertrag verankerte Grundsatz in die Praxis umgesetzt werden soll, dass jeder Unionsbürger im Hoheitsgebiet eines Drittlandes, in dem der Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, nicht vertreten ist, den diplomatischen und konsularischen Schutz eines jeden Mitgliedstaats unter denselben Bedingungen wie Staatsangehörige dieses Staates besitzt. Der Aktionsplan sieht eine Reihe von Maßnahmen zur Sensibilisierung für dieses Thema, zur Stärkung des Umfangs des konsularischen Schutzes und zur Förderung der konsularischen Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten vor.

- Die Kommission arbeitet zudem an einer Verbesserung ihres Beitrags, indem sie mit den Mitgliedstaaten, den Vereinten Nationen und anderen internationalen Stellen (beispielsweise bei der Entwicklung von Methoden für die Schadens- und Bedarfsanalyse nach Krisen- oder Katastrophenende) zusammenarbeitet und die Reaktionsmöglichkeiten wichtiger Handlungsträger auf dem Gebiet der humanitären Hilfe (Vereinte Nationen, Rotes Kreuz usw.) durch Förderung einer vorausschauenden Positionierung von humanitären Hilfsgütern, die im Katastrophenfall rasch und kosteneffizient zum Einsatz gebracht werden können, unterstützt.

Um die angestrebte integrierte Katastrophenabwehrfähigkeit der EU zu erreichen, müssen deren Kohärenz, Effizienz und Sichtbarkeit verbessert werden:

- Die Kommission möchte die Wirksamkeit ihres Beitrags in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten sowie mit internationalen, nationalen und lokalen Stellen insbesondere durch Synergien und eine bessere Koordinierung der Schulungsmaßnahmen, der Bedarfsanalysen, der Planung und der operativen Maßnahmen verbessern.

- Vor allem bei großen Naturkatastrophen, bei denen sowohl auf Gemeinschaftsinstrumente als auch auf GASP-Instrumente zurückgegriffen wird, könnte die „horizontale“ Koordinierung zwischen der Kommission, dem Ratsvorsitz, den Mitgliedstaaten und dem Hohen Vertreter bzw. Generalsekretär sowohl in Brüssel als auch vor Ort weiter verschlankt werden. Der zeitnahe Austausch von sachdienlichen Informationen und die analytische Berichterstattung in sämtlichen Phasen (Planung, Maßnahmenkoordinierung und Austausch bewährter Praktiken mit Unterstützung durch entsprechende technische Infrastruktur) könnten verbessert werden, und gegebenenfalls könnten zu diesem Zweck gemeinsame Planungs- und Einsatzteams gebildet werden. Vorab sollten unterschiedliche, breit gefächerte Szenarien ausgearbeitet werden, damit für jede Katastrophenkategorie und jedes geografische Gebiet feste Vorgehensweisen entwickelt werden können, um eine echte Notfallplanung auf EU-Ebene zu ermöglichen. Eine verbesserte Notfallplanung würde es erleichtern, rasch einzugreifen und im akuten Notfall gegebenenfalls Anpassungen vorzunehmen.

- Die auf EU-Ebene, auf Gemeinschaftsebene und in den Mitgliedstaaten vorhandenen Ressourcen und Instrumente müssen effizienter gebündelt werden. Dazu gilt es die „vertikale“ Koordinierung zwischen der EU-Ebene und den Mitgliedstaaten zu verbessern. Da sich die Unterschiede, die in Bezug auf die Mandate der zuständigen Stellen der Mitgliedstaaten und der humanitären Dienste bestehen, auf die Reaktionsmöglichkeiten der Kommission auswirken, sollte diese Koordinierung optimiert werden.

Die Kommission möchte als Teil ihres Beitrags zur Verbesserung der Katastrophenabwehrkapazitäten der EU die nachfolgend aufgeführten, hauptsächlich Vorschläge des Barnier-Berichts aufgreifenden Verbesserungsmaßnahmen durchführen. Um die angestrebte integrierte Katastrophenabwehrfähigkeit der EU zu erreichen, werden auf lange Sicht angelegte Anstrengungen der Kommission, der EU und ihrer Mitgliedstaaten erforderlich sein. Die in dieser Mitteilung vorgeschlagenen Verbesserungsmaßnahmen sind ein weiterer Schritt auf dem Weg zu einer rationelleren Nutzung der vorhandenen Katastrophenbewältigungsinstrumente. Einige Vorschläge betreffen die Verbesserung der vorhandenen Instrumente (Punkt 3.2 und 3.3), wohingegen mit der Entwicklung von bereichsübergreifenden Werkzeugen (Punkt 3.4) eine neue Maßnahme eingeführt werden könnte, die auf eine wirksamere Koordinierung abstellt.

3.2. Verbesserung des Gemeinschaftsverfahrens für den Katastrophenschutz

Im Bereich des Katastrophenschutzes schlägt die Kommission vor, die Kapazitäten der EU und der Kommission durch folgende Maßnahmen zu verbessern.

- Ausbau des Beobachtungs- und Informationszentrums zum Einsatzzentrum für europäische Katastrophenschutzeinsätze . Das setzt voraus, dass das Zentrum, das bisher für die Weitergabe von Informationen und die Reaktion auf Notfälle zuständig war, jetzt vor allem in die Früherkennung und Echtzeit-Überwachung von Notfällen sowie in Einsätze und die Koordinierung der Einsätze eingebunden wird. Das umfasst auch Frühwarnsysteme, die den Bedarf und die zur Verfügung stehenden Ressourcen ermitteln und die Mitgliedstaaten über Einsatzressourcen informieren, die Entwicklung von Szenarien, Standardeinsatzverfahren und die Auswertung der Erfahrungen, die Wahrnehmung der Befugnis der Kommission zur Zusammenlegung der vorhandenen Transportmittel und zur Bereitstellung von Kofinanzierungsmitteln für den Transport, verstärkte Fortbildungsmaßnahmen und Übungen für die Mitgliedstaaten und für Experten und die Unterstützung der Mitgliedstaaten beim Aufbau gemeinsamer Einsatzkräfte. Dazu gehört auch die Nutzung von Beobachtungsinstrumenten wie der Instrumente, die im Rahmen der GMES-Initiative für die Überwachung der Umwelt und die Umweltsicherheit (Global Monitoring for Environment and Security) entwickelt wurden, oder die Verwirklichung von Instrumenten wie GALILEO (europäisches Satellitennavigationssystem).

- Verbesserung der Katastrophenschutzkapazitäten der EU . Nachdem es im Sommer 2007 in Mitgliedstaaten zu Katastrophen gekommen war, forderte das Europäische Parlament eine europäische Katastrophenschutztruppe. Der Rat ersuchte die Kommission um Vorschläge für Katastrophenschutzmaßnahmen. Bei einer Meeresverschmutzung können die betroffenen Länder zusätzlich zu ihren eigenen Schiffen auch Spezialschiffe einsetzen, die die Europäische Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs ihnen zur Bekämpfung der Meeresverschmutzung zur Verfügung stellt. Für die am häufigsten in den Mitgliedstaaten auftretenden Katastrophen, wie Überschwemmungen und Waldbrände, sind die Mitgliedstaaten hingegen bisher allein auf ihre eigenen Ressourcen angewiesen. Es sollte ermittelt werden, wo es an Einsatzressourcen mangelt, und es sollten Optionen geprüft werden, wie diese Lücken gefüllt werden können, darunter beispielsweise durch Einrichtung von Reserveeinheiten für europäische Katastrophenschutzeinsätze. Diese könnten im Wesentlichen aus zwei Komponenten bestehen – Bereitschaftsteams und ergänzende europäische Einsatzkräfte, wobei eine Verdoppelung der existierenden Einsatzkapazitäten zu vermeiden ist. Mit den Mitteln, die vom Europäischen Parlament für ein Pilotprojekt und eine vorbereitende Maßnahme bewilligt wurden, soll eine solche Struktur getestet werden.

3.3. Verstärkung der europäischen humanitären Hilfe

Der europäische Konsens zur humanitären Hilfe bildet eine solide Grundlage für die Verbesserung humanitärer Hilfsmaßnahmen. Im Bereich der humanitären Hilfe schlägt die Kommission vor, die Kapazitäten der EU und der Kommission durch folgende Maßnahmen zu verbessern.

- Der Konsens sieht vor, dass u. a. durch eine Studie zur Bestandsaufnahme der Logistik Lücken in der humanitären Hilfe auf EU- und internationaler Ebene ermittelt werden sollen. Dabei sollen insbesondere die Materialvorhaltung und -beschaffung sowie der Transport von Hilfsgütern zum Ort ihrer Verwendung mit dem Ziel der Feststellung etwaiger Defizite erfasst werden. In einer zweiten Phase sollen diese Defizite beseitigt werden. Die Studie soll einen Überblick darüber geben, welche der vorhandenen Mittel in der jeweiligen Situation am schnellsten verfügbar und am besten geeignet sind sowie am kostenwirksamsten eingesetzt werden können.

- Weitere Verstärkung der Kapazitäten für eine rasche Bewertung und Reaktion vor Ort durch die Außenstellen von ECHO und Experten vor Ort: 6 regionale Außenstellen von ECHO werden schrittweise um sektorübergreifende Sachverständigenteams erweitert, die im Katastrophenfall sofort zum Einsatz kommen können. Der Aufbau einer solchen Kapazität für Noteinsätze wird eine rasche Bedarfsabschätzung vor Ort im Hinblick auf die Kanalisierung der humanitären Hilfe ermöglichen und die frühzeitige Koordinierung zwischen den verschiedenen vor Ort tätigen Hilfsorganisationen erleichtern.

- Verbindungen zu anderen Akteuren. Um alle vorhandenen Instrumente für Katastrophenschutzeinsätze in Drittländern nutzen zu können, wird die Kommission angesichts der zunehmenden Vielfalt von Akteuren bei internationalen Kriseneinsätzen einen Dialog mit diesen Akteuren über die Grundsätze der humanitären Hilfsmaßnahmen aufnehmen.

- Im Zusammenhang mit dem Ausbau der weltweiten Katastrophenabwehrfähigkeit wird die Kommission weiterhin auch die wichtigen Humanitärhilfeorganisationen wie die Vereinten Nationen und das Rote Kreuz bei der Vorabplanung humanitärer Hilfe unterstützen, so dass diese in Katastrophenfällen rasch und kostenwirksam erfolgen kann.

- Darüber hinaus sollen lokale Kapazitäten für humanitäre Hilfseinsätze aufgebaut, die unter der Leitung der VN zur Zeit laufende Umstrukturierung unterstützt und bessere Rechtsgrundlagen in der multilateralen Katastrophenhilfe (International Disaster Response Law - IDRL) sowie humanitäre Grundsätze für die EU-Einrichtungen und andere Akteure entwickelt und verbreitet werden.

3.4. Aufbau von Kapazitäten für mehrere Politikbereiche und Instrumente der Gemeinschaft

Zusätzlich zum Ausbau des Gemeinschaftsverfahrens für den Katastrophenschutz und zum europäischen Konsens zur humanitären Hilfe könnten weitere Maßnahmen in Betracht gezogen werden:

- Schaffung eines europäischen Netzes für die Katastrophenhilfeschulung . Hohe Anforderungen hinsichtlich der Bereitschaft, Selbstständigkeit und Interoperabilität erfordern verstärkte Schulungsmaßnahmen auf europäischer Ebene. Geeignet wäre ein strukturiertes Netz, in das die Erfahrungen der Mitgliedstaaten und die wissenschaftlichen Kenntnisse einfließen, die auf einzelstaatlicher und europäischer Ebene durch Forschungsprojekte des Rahmenprogramms im Bereich der natürlichen Gefahren und Naturkatastrophen erarbeitet wurden. In einem europäischen Netz für die Katastrophenhilfeschulung wären die vorhandenen Exzellenzzentren der Mitgliedstaaten miteinander verbunden, die eine Vielfalt von Tätigkeiten anbieten, darunter Fortbildungsmaßnahmen, Übungen und den Austausch von Experten. Das Ausbildungsnetz würde Schulungsprogramme entwickeln, die von einem Netz ausgewählter Exzellenzzentren durchgeführt werden, Qualitätsstandards festlegen und Synergien zwischen den verschiedenen Fortbildungsprogrammen ermitteln. Das Ausbildungsnetz könnte insbesondere die Komplementarität von Katastrophenschutz und humanitärer Hilfe nutzen und auch Fachkenntnisse in Bereichen wie Logistik, Kommunikation in Krisen, Wasser, Ernährung, Gesundheitswesen, Schutz und Unterbringung aufbauen, wobei es vom Aufbaustudiengang NOHA (Network on Humanitarian Assistance) und von anderen Ausbildungsnetzen, wie der Europäischen Gruppe für Ausbildung (European Group on Training - EGT), Gebrauch machen sollte.

- Verbesserte Katastrophenschutzvorsorge, Frühwarnsysteme und Verwendung der einheitlichen europäischen Notrufnummer 112 . Die Kommission arbeitet an Initiativen zur Katastrophenvorbeugung in der EU und in Drittländern. Für die meisten großen natürlichen Gefahren in Europa gibt es Frühwarnsysteme, nicht aber für Tsunamis im Mittelmeerraum, was ein großes Manko ist. Frühwarnsysteme können auch durch die Informationen verbessert werden, die Bürger über Notrufe melden, besonders über die einheitliche europäische Notrufnummer 112. Darüber hinaus wird ein Austausch der Erfahrungen mit der Vorbereitung und Durchführung von Noteinsätzen auf europäischer Ebene zur Verbesserung des Systems der Notrufnummer 112 beitragen. Angesichts der zunehmenden Mobilität der Bürger innerhalb und außerhalb Europas ist es besorgniserregend, dass es keine einheitlichen Alarmsignale und -protokolle gibt. Auch sollte geprüft werden, ob Breitbandnetze und die mobile Kommunikation für die Zivil- und Katastrophenschutzdienste verbessert werden können und ob die Interoperabilität EU-weit sichergestellt werden sollte.

- Katastrophenvorsorge in Drittländern. Bei Naturkatastrophen ist in den meisten Fällen keine internationale Katastrophenhilfe nötig. Wird internationale Katastrophenhilfe ausgelöst, dauert es oft zwischen 12 und 72 Stunden, bis die Hilfe vor Ort ist. Daher ist es wichtig, einsatzfähige Experten vor Ort zu haben und sicherzustellen, dass anfällige Volksgemeinschaften und die lokalen Behörden in katastrophengefährdeten Gebieten in der Lage sind, Soforthilfe zu leisten. Dadurch, dass der Klimawandel die Witterung weiterhin beeinflussen und die Zahl der Naturkatastrophen, vor allem solcher, die ohne Vorwarnung über Risikogruppen hereinbrechen, in die Höhe treiben wird, erhält die Katastrophenvorsorge einen zentralen Stellenwert. Die Kommission wird eine EU-Strategie zur Reduzierung des Katastrophenrisikos in Entwicklungsländern vorschlagen, die unter anderem den strategischen Rahmen für die Aufstockung der Unterstützung im Bereich der Katastrophenvorsorge in stark katastrophengefährdeten Drittländern liefern soll. Zu den Beitrittsländern und potenziellen Beitrittskandidaten sowie den in die Europäische Nachbarschaftspolitik eingebundenen Ländern sollten die Beziehungen intensiviert werden.

4. AKTIONSPLAN

Im Einklang mit den vorstehend erläuterten Initiativen schlägt die Kommission vor, dass (sofern nichts Anderes bestimmt wird) bis Ende 2008 folgende Aktionen geprüft und/oder durchgeführt werden:

4.1. Verbesserung der interinstitutionellen Zusammenarbeit

Es wird vorgeschlagen, dass Kommission, Rat und die Mitgliedstaaten innerhalb ihrer jeweiligen Befugnisse

- unterschiedliche Szenarien für Katastrophenhilfemaßnahmen innerhalb und außerhalb der EU für allen wichtigen Katastrophenarten und geografischen Gebiete entwickeln,

- eine Studie über die weltweit vorhandenen logistischen Möglichkeiten zur Katastrophenbewältigung in Auftrag geben, bei der ein enger Bezug zu den einschlägigen Arbeiten auf dem Gebiet der internationalen humanitären Hilfe und zur Ermittlung von Lücken bei den Ressourcen für die Katastrophenabwehr im Rahmen des europäischen Zivilschutzes hergestellt wird. Gegebenenfalls müssen Anstrengungen unternommen werden, um bestehende Lücken zu schließen, um darauf aufbauend Protokolle für die Notfallplanung auf EU-Ebene unter Angabe geeigneter Instrumente zu entwickeln und standardisierte Abläufe für die Reaktion der Kommission auf Katastrophen innerhalb und außerhalb der EU zu erarbeiten; diese Art der Planung würde ein rasches Reagieren erleichtern und gleichzeitig die in akuten Krisensituationen erforderlichen Anpassungen ermöglichen,

- sicherstellen, dass die derzeit laufende Bestandsaufnahme der vorhandenen logistischen Kapazitäten im Rahmen der internationalen humanitären Hilfe eng mit der anstehenden Ermittlung der Defizite im Bereich der für die Katastrophenabwehr zur Verfügung stehenden Ressourcen verzahnt wird und gegebenenfalls Schritte unternommen werden, um die bestehenden Lücken zu füllen,

- unter Rückgriff sowohl auf Gemeinschaftsinstrumente als auch Maßnahmen des Rates für besondere Katastrophenfälle gegebenenfalls gemeinsame Planungs- und Einsatzteams einrichten und sich bei der Bedarfsermittlung nach Katastrophen auf die gemeinsam von der EU, den Vereinten Nationen und der Weltbank entwickelte Methodik stützen,

- den Austausch faktischer und analytischer Informationen mit Hilfe der entsprechenden technischen Infrastruktur fördern und Instrumente zur besseren Situationseinschätzung entwickeln,

- weiterhin in Forschungs- und Pilotprojekte auf dem Gebiet der Informations- und Kommunikationstechnik investieren, die zu Verbesserungen bei den in Notstandssituationen und Katastrophenfällen einsetzbaren Frühwarn- und Abwehrsystemen führen.

4.2. Intensivierung der humanitären Hilfe durch die EU

Geplant sind folgende Maßnahmen:

- Studie zur Bestandsaufnahme der vorhandenen Logistik wie Materialvorhaltung und -beschaffung und Möglichkeiten des Transport der Hilfsgüter zum Ort ihrer Verwendung mit dem Ziel der Feststellung etwaiger Defizite und in einer zweiten Phase Beseitigung dieser Defizite,

- Aufstellung eines umfangreichen Kapazitätsaufbauprogramms, das dem Ausbau der Soforthilfe im Rahmen der Vereinten Nationen und des Roten Kreuzes zugute kommen soll,

- sofortige Umsetzung der im Rahmen des „Europäischen Konsenses“ erfolgten Aufforderung zu einer stärkeren Koordinierung der humanitären Hilfe der EU, z.B. durch die rechtzeitige Verteilung der ECHO-Lageberichte der Experten vor Ort an die Kontaktstellen (Hauptstadtbüros und Außenstellen) in den Mitgliedstaaten,

- zusammen mit den Akteuren im Bereich der Entwicklungshilfe Weiterentwicklung des strategischen Rahmens für Initiativen im Rahmen der Katastrophenvorsorge mit dem Ziel, in katastrophengefährdeten Ländern die Kapazitäten vor Ort zu stärken.

4.3. Verbesserung des europäischen Katastrophenschutzes

Geplant sind folgende Maßnahmen:

- Ausbau des Beobachtungs- und Informationszentrums zu einem Einsatzzentrum für europäische Katastrophenschutzeinsätze,

- Ermittlung etwaiger Defizite bei den im Katastrophenfall zur Verfügung stehenden Ressourcen sowie gegebenenfalls Unterbreitung von Vorschlägen zur Verbesserung der Katastrophenabwehrfähigkeit der EU, die auf den folgenden beiden Komponenten aufbauen :

- freiwilliger Pool von sofort einsatzfähigen zentralen Katastrophenschutzmodulen und

- Reservekapazitäten, die bei Katastrophen größeren Ausmaßes wie Waldbränden oder Überschwemmungen herangezogen werden können.

4.4. Ausbau der Kapazitäten im Rahmen der verschiedenen Politikbereiche und Instrumente der Gemeinschaft

Die Kommission wird zu diesem Zweck

- bis Mitte 2009 Vorschläge für ein europäisches Ausbildungsnetz im Bereich Katastrophenschutz vorlegen- und sich dabei auf die Erfahrungen des Gemeinschaftsverfahrens für den Katastrophenschutz und Synergien zwischen den bestehenden Ausbildungsinitiativen stützen,

- die Vorschläge für ein integriertes europäisches Konzept zur Verhütung von Naturkatastrophen und für eine EU-Strategie zur Reduzierung des Katastrophenrisikos in Entwicklungsländern fertig stellen,

- den Mitgliedstaaten dabei helfen, gemeinsame Frühwarnsignale zu entwickeln, in diesem Zusammenhang wird an die Mitgliedstaaten appelliert, die Arbeiten an einem Tsunami-Frühwarnsystem zu beschleunigen,

- zusätzliche Informationen bereitstellen, die einen Beitrag zur Katastrophenvorsorge und –früherkennung sowie zur Katastrophenabwehr und Folgenbewältigung leisten, unter anderem über ihre GMES-Initiative,

- prüfen, ob in akuten Notstandssituationen Bandbreiten für Kommunikationszwecke reserviert werden können.

Die Vorschläge in dieser Mitteilung sind ein erster Schritt auf dem Weg zu einer Stärkung der Katastrophenabwehrkapazitäten der Union. Dabei wird im Rahmen der derzeit laufenden Überprüfung der personellen Ressourcen der Kommission der Notwendigkeit einer Auslotung der Rationalisierungsmöglichkeiten gebührend Rechnung getragen.

ANHANG

WALDBRÄNDE

Der Sommer 2007 war durch dramatische Waldbrände und andere Flächenbrände in ganz Südeuropa gekennzeichnet, wobei Griechenland besonders betroffen war. Durch starke Winde angefachte Großfeuer zerstörten hunderttausende Hektar Land und forderten zahlreiche Menschenleben, darunter auch engagierte Feuerwehrleute.

Innerhalb eines Zeitraums von 11 Wochen wurde das Gemeinschaftsverfahren für den Katastrophenschutz von Bulgarien, Zypern, Griechenland, Italien, Albanien und der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien zwölfmal aktiviert, fünfmal so häufig wie in den Vorjahren.

Wann immer möglich leisteten die Mitgliedstaaten Beistand und stellten Löschflugzeuge, Brandbekämpfungsgeräte, Schutzkleidung und Fachwissen bereit. Allerdings war das Ausmaß der Unterstützung begrenzt, da in mehreren Mitgliedstaaten gleichzeitig Brände wüteten und in anderen Mitgliedstaaten eine hohe Brandgefahr bestand. Deshalb konnte nur ein begrenzter Teil der verfügbaren Flotte mobilisiert werden, um den am stärksten betroffenen Mitgliedstaaten beizustehen; dies hatte zur Folge, dass vor allem Bulgarien nur eine eingeschränkte Hilfe zuteil werden konnte.

Waldbrände und andere Flächenbrände sind ein wiederkehrendes Phänomen. Trotz der Eindämmungsmaßnahmen der EU dürfte die Häufigkeit und Intensität heißer und trockener Sommer und die Wasserknappheit[3] in Südost- und Südwesteuropa infolge des Klimawandels[4] zunehmen, so dass die Gefahr von Waldbränden und anderen Flächenbränden weiter steigt. Allerdings unterscheiden sich solche Brände hinsichtlich ihrer Intensität und ihres geografischen Auftretens von Jahr zu Jahr. Im Schnitt verbrennen jährlich zwischen 450 und 600 000 Hektar und mitunter werden die Mitgliedstaaten von verheerenden Bränden heimgesucht, die viermal mehr Flächen als im Jahresdurchschnitt verwüsten. Die Erfahrung hat gezeigt, dass solche Ereignisse nicht alle gefährdeten Mitgliedstaaten im selben Jahr oder zur selben Zeit im Sommer betreffen. Im Sommer 2003 traten die schlimmsten Brände im Südwesten der EU auf; am stärksten betroffen war Portugal, wo fast 5 % des nationalen Hoheitsgebiets verbrannten. Im Jahr 2007 verzeichnete Südosteuropa eine besonders schlimme Waldbrandsaison; mehr als 810 000 Hektar verbrannten, davon 68,2 % Waldland, 31 % Agrarland und 0,8 % Stadt- und Industriegebiete[5]. Von den 465 000 Hektar, die in den EU-Mittelmeerländern den Flammen zum Opfer fielen, befanden sich 21,9 % in Natura-2000-Schutzgebieten[6].

Betroffen sind häufig Regionen, die aufgrund der kombinierten Wirkung hoher Temperaturanstiege und geringer Niederschläge bereits mit Wasserknappheit zu kämpfen haben und daher besonders anfällig für die Folgen des Klimawandels in Europa sind. Im Zuge der Klimaveränderung wird die Funktion der europäischen Wälder für die Bereitstellung von Umwelt- und Ökosystemdienstleistungen zunehmend an Bedeutung gewinnen. Wälder leisten einen wichtigen Beitrag zur effizienten Wasserrückhaltung in Trockengebieten, zum Schutz von Wasserläufen gegen übermäßigen Nährstoffeintrag, zur Verbesserung des Hochwasserschutzes sowie zur Erhaltung und Wiederherstellung multifunktioneller Landschaften. Der Schutz der Waldökosysteme vor Waldbränden und die Förderung einer klimaresistenten Bewirtschaftung der Wälder in Europa ist der Schlüssel für eine gesteigerte Anpassungsfähigkeit dieser Gebiete an den Klimawandel.

Das Auftreten von Wald- und anderen Flächenbränden wird durch eine Reihe von Faktoren beeinflusst, wie:

- Bewirtschaftungspraxis von Agrar- und Waldland

- klimatische Bedingungen: heißes, windiges und trockenes Wetter sowie Blitzschlag

- fehlende Durchsetzung von Vorschriften, um Siedlungen und Gebäude von Vegetation frei zu halten;

- Fahrlässigkeit oder menschliches Verschulden einschließlich Brandstiftung

- wirtschaftliche Triebkräfte und unzureichender Rechtsrahmen, die Einfluss darauf haben können, ob Brandstiftung profitabel sein kann und/oder genügend Anreize für einen wirksamen Schutz der Wälder bestehen.

Um das Problem der Wald- und Flächenbrände angehen zu können, sind wie vom Rat und dem Parlament verlangt, umfassende wissenschaftliche Erkenntnisse erforderlich sowie eine Politik, welche die Bereiche Prävention, Vorsorge, Abwehr und Folgenbewältigung abdeckt.

- Prävention: Die Umsetzung von Maßnahmen zur Verhütung von Waldbränden zählt zu den primären Aufgaben der Mitgliedstaaten und die Kommission ermutigt sie, die nationalen Rechtsvorschriften daraufhin zu überprüfen, ob Brandstiftung hinreichend geahndet wird. In diesem Zusammenhang würde die Kommission eine Ausweitung ihres Vorschlags über den strafrechtlichen Schutz der Umwelt begrüßen, damit auch die großflächige Zerstörung von Wäldern einbezogen werden kann[7]. Die Gemeinschaft verfügt über eine Reihe von Finanzinstrumenten, mit denen die Anstrengungen der Mitgliedstaaten im Hinblick auf verstärkte nationale Präventionsmaßnahmen unterstützt werden können. Diese Instrumente unterliegen der nationalen Programmplanung. Um die Verhütung von Waldbränden leichter in nationale Programme einzubeziehen, wird die Kommission den Mitgliedstaaten eine Aufschlüsselung der relevanten Instrumente übermitteln. Außerdem prüft die Kommission derzeit, ob ein integrierter europäischer Ansatz zur Verhütung von Naturkatastrophen nötig ist. Zwei laufende Studien konzentrieren sich (1) auf die Gemeinschaftssituation, die Ermittlung potenzieller Lücken und die Notwendigkeit einer Gemeinschaftsaktion und (2) auf die Ermittlung bewährter Verfahren in den Mitgliedstaaten. Darauf aufbauend sollen bis Ende 2008 Vorschläge erarbeitet werden. Außerdem werden die Ergebnisse der laufenden Studie über die Faktoren, die zu Waldzerstörung einschließlich Waldbränden führen, in die Gemeinschaftsleitlinien für die Verhütung von Waldbränden einfließen, die anhand erfolgreicher Ansätze der Mitgliedstaaten erarbeitet werden.

- Vorsorge: Die Gemeinschaft unterstützt Maßnahmen, um den Katastrophenschutz in den Mitgliedstaaten insbesondere durch finanzielle Förderung (Expertenaustausch, Übungen und Projekte zur Katastrophenvorsorge), Kurse für nationale Experten, den Aufbau des Europäischen Waldbrand-Informationssystems (EFFIS) durch die Gemeinsame Forschungsstelle sowie Projektfinanzierung zu verbessern. Für den Bereich Waldbrände und Erdbeben sei das Pilotprojekt FIRE 4 genannt, das auf eine Intensivierung der Zusammenarbeit zwischen vier Mitgliedstaaten (Frankreich, Italien, Spanien und Portugal) abzielt. Sechs weitere Mitgliedstaaten (Zypern, Griechenland, Ungarn, Malta, die Slowakei und die Tschechische Republik) sind eng an den Aktivitäten beteiligt, die im Rahmen dieses Projekts durchgeführt werden (Workshops, Schulungen und Feldübungen); Griechenland hat vor kurzem angekündigt, dass es die volle Einbeziehung in das Projekt anstrebt. Die Kommission schlägt vor, ein Ausbildungsnetz für Katastrophenhilfe zu errichten, das die in den Mitgliedstaaten bestehenden Kompetenzzentren verbindet, um sowohl die Reaktionsfähigkeit der Zivilschutzdienste als auch die Kooperationsfähigkeit von Teams aus verschiedenen Mitgliedstaaten zu verbessern.

- Abwehr: Während in diesen Sommer in mehreren Mitgliedstaaten gleichzeitig Waldbrände wüteten, bestand in anderen Mitgliedstaaten eine hohe Brandgefahr. In dieser Situation konnten die Mitgliedstaaten für die Brandbekämpfung aus der Luft nur begrenzte Unterstützung bereitstellen, die sich ungleich auf die betroffenen Länder verteilte. Dies zeigte, dass möglicherweise keine ausreichenden Kapazitäten vorhanden sind, um von größeren Katastrophen betroffenen Mitgliedstaaten zu helfen, wenn andere Mitgliedstaaten selbst mit Bränden zu kämpfen haben oder im eigenen Land ein hohes Brandrisiko besteht. Sollte sich diese offensichtliche Lücke im Rahmen einer umfassenden Bewertung bestätigen, könnte die Kommission in Erwägung ziehen, die Finanzierung von EU-Ausrüstungen vorzuschlagen, um nationale Ressourcen zu ergänzen. Die EU verfügt bereits über Kapazitäten zur Bekämpfung der Meeresverschmutzung[8]. Europäische Reservekapazitäten sollten zur Bekämpfung großflächiger Brände bereitstehen, die selten in nur einem Mitgliedstaat auftreten und in der Region als Ganzes nicht ungewöhnlich sind. Künftige EU-Reservekapazitäten könnten – wenngleich nicht ausschließlich – leistungsstarke Löschflugzeuge umfassen, die auf unterschiedliche geografische Gegebenheiten abgestimmt sind.

- Folgenbewältigung: Die Kommission wird auf Antrag den Solidaritätsfonds weiterhin möglichst effizient einsetzen, um von Katastrophen heimgesuchten Regionen zu helfen und den Rat dazu zu drängen, die Verhandlungen über die Revision der Solidaritätsfondsverordnung im Hinblick auf eine wirksamere Nutzung wiederaufzunehmen. Die Mitgliedstaaten werden ermutigt, die vorhandenen Gemeinschaftsinstrumente zur Beseitigung der Schäden durch die verheerenden Brände auszuschöpfen, einschließlich den Europäischen Solidaritätsfonds und die Verordnung über die Entwicklung des ländlichen Raums. Damit die Mitgliedstaaten bei der nationalen Programmplanung diese Instrumente besser nutzen können, wird die Kommission eine Aufschlüsselung der in Betracht kommenden Gemeinschaftsinstrumente vorlegen. Nach Auffassung der Kommission sollten in die Gemeinschaftsförderung für die Wiederaufforstung von Wäldern auch Präventivmaßnahmen der antragstellenden Mitgliedstaaten sowie spezifische Maßnahmen einbezogen werden, um die Anpassungsfähigkeit neuer Wälder an den Klimawandel zu steigern. In diesem Zusammenhang wird die Kommission überdies prüfen, wie die bestehenden Finanzinstrumente verbessert werden könnten, indem beispielsweise eine Konditionalitätsklausel aufgenommen wird, die an wirksame Präventivmaßnahmen gekoppelt ist und ob die Gemeinschaft eine größere Rolle bei der Finanzierung der Wiederaufforstung von Wäldern übernehmen sollte.

[1] Beispielsweise das ECURIE-System (Gemeinschaftsvereinbarungen über den beschleunigten Informationsaustausch im Fall einer radiologischen Notstandssituation), das Tierseuchenmeldesystem ADNS, das Frühwarnsystem für biologische und chemische Anschläge und Bedrohungen (RAS BICHAT), das Frühwarn- und Reaktionssystem (EWRS), das Operative Zentrum für das Management von gesundheitlichen Krisensituationen (HEOF), das RAPEX-System für den raschen Austausch von Informationen über Maßnahmen gegen ernste und unmittelbare Risiken durch Non-Food-Konsumgüter, das Schnellwarnsystem für Lebens- und Futtermittel (RASFF), das noch in der Entwicklung befindliche Frühwarnsystem für chemische Stoffe (RAS-CHEM) und das Warn- und Informationsnetz für kritische Infrastrukturen.

[2] KOM(2007) 767.

[3] KOM(2007) 414.

[4] KOM(2007) 354.

[5] Die Emissionen durch Waldbrände im gesamten betroffenen Gebiet beliefen sich in diesem Sommer auf 12,3 Mio. t CO2-Äquivalente; davon entfallen 6,9 Mio. t auf die betroffenen EU-Mitgliedstaaten, was rund 0,4 % ihrer jährlichen Emissionen entspricht (Quelle: GFS).

[6] Vorläufige Mindestschätzungen anhand von Satellitenbildern des EFFIS, dem Europäischen Waldbrand-Informationssystem, das von der Gemeinsamen Forschungsstelle verwaltet wird. Diese Angaben beziehen sich auf Bulgarien, Zypern, Frankreich, Italien, Portugal und Spanien sowie Kroatien, Bosnien-Herzegowina, die frühere jugoslawische Republik Mazedonien und Serbien.

[7] KOM(2007) 51.

[8] Die Europäische Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs kann auf Ersuchen die Maßnahmen der Mitgliedstaaten zur Verschmutzungsbekämpfung mit zusätzlichen europäischen Mitteln unterstützen, die in Bereitschaft gehalten werden.

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