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Document 52006DC0371

Bericht der Kommission über den Durchführungsstand der Bestimmungen der Richtlinie 2003/88/EG (Arbeitszeitgestaltung für Arbeitnehmer, die im regelmäßigen innerstädtischen Personenverkehr beschäftigt sind)

/* KOM/2006/0371 endg. */

52006DC0371

Bericht der Kommission über den Durchführungsstand der Bestimmungen der Richtlinie 2003/88/EG (Arbeitszeitgestaltung für Arbeitnehmer, die im regelmäßigen innerstädtischen Personenverkehr beschäftigt sind) /* KOM/2006/0371 endg. */


[pic] | KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN |

Brüssel, den 7.7.2006

KOM(2006) 371 endgültig

BERICHT DER KOMMISSION

über den Durchführungsstand der Bestimmungen der Richtlinie 2003/88/EG (Arbeitszeitgestaltung für Arbeitnehmer, die im regelmäßigen innerstädtischen Personenverkehr beschäftigt sind)

BERICHT DER KOMMISSION

über den Durchführungsstand der Bestimmungen der Richtlinie 2003/88/EG (Arbeitszeitgestaltung für Arbeitnehmer, die im regelmäßigen innerstädtischen Personenverkehr beschäftigt sind)

1. EINLEITUNG

1.1. Rechtsrahmen

Die Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (im Folgenden: Richtlinie)[1] [2] enthält Mindestvorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeitszeitgestaltung von Arbeitnehmern[3] im Hinblick auf tägliche Ruhezeiten, Ruhepausen, wöchentliche Ruhezeiten, wöchentliche Höchstarbeitszeit, Jahresurlaub sowie Aspekte der Nacht- und der Schichtarbeit und des Arbeitsrhythmus.

Die Richtlinie gilt für alle privaten oder öffentlichen Tätigkeitsbereiche[4], soweit nicht andere Gemeinschaftsinstrumente speziellere Vorschriften über die Arbeitszeitgestaltung für bestimmte Beschäftigungen oder berufliche Tätigkeiten enthalten[5]. Derzeit gibt es vier derartige Instrumente[6], von denen eine – die Richtlinie 2002/15/EG[7] - für diesen Bericht relevant ist. Sie bezieht sich auf das „Fahrpersonal von Unternehmen mit Sitz in einem Mitgliedstaat, das im Straßenverkehr im Sinne der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 tätig ist" . Diese Verordnung gilt für den Straßenverkehr, jedoch nicht für „ Fahrzeuge, die zur Personenbeförderung im Linienverkehr dienen, wenn die Linienstrecke nicht mehr als 50 km beträgt“ [8].

Die Arbeitszeit von Arbeitnehmern, die im regelmäßigen innerstädtischen Personenverkehr beschäftigt sind, sowie von Fahrpersonal auf Linienstrecken von nicht mehr als 50 km Länge ist deshalb in der Richtlinie geregelt. Ist die Linienstrecke länger als 50 km, so ist die Richtlinie 2002/15/EG anwendbar. In Anbetracht dieser unterschiedlichen Regelungen ist es wichtig, dass für die betroffenen Arbeitnehmer die richtigen oder jedenfalls diejenigen Bestimmungen gelten, die sie am stärksten schützen.

1.2. Warum dieser Bericht?

Artikel 26 der Richtlinie lautet: „Die Kommission überprüft bis zum 1. August 2005 nach Konsultation der Mitgliedstaaten sowie der Arbeitgeber und Arbeitnehmer auf europäischer Ebene den Stand der Durchführung der Bestimmungen für Arbeitnehmer, die im regelmäßigen innerstädtischen Personenverkehr beschäftigt sind, um, falls erforderlich, im Hinblick auf die Gewährleistung eines kohärenten und angemessenen Ansatzes für diesen Sektor geeignete Änderungen vorzuschlagen“.

Um dieser Verpflichtung nachzukommen, hat die Kommission einen Fragebogen ausgearbeitet und diesen den Mitgliedstaaten und den Sozialpartnern vorgelegt. Im vorliegenden Bericht werden die eingegangenen Stellungnahmen zusammengefasst und einige Schlussfolgerungen in Bezug auf die Zweckmäßigkeit der Richtlinienbestimmungen für die innerstädtische Personenbeförderung gezogen.

2. ÜBERBLICK ÜBER DIE BERICHTE DER MITGLIEDSTAATEN

2.1. Österreich

Der Personennahverkehr ist durch Verträge zwischen den Städten und den kommunalen Verkehrsunternehmen geregelt. Für die Arbeitnehmer privater Bus- und Bahnunternehmen gelten bundesweite Tarifverträge. Es gibt auch einige Kollektivverträge auf Unternehmensebene.

Darüber hinaus gelten für den Bereich des innerstädtischen Personenverkehrs zwei Sonderregelungen, von denen sich eine auf Eisen- und Straßenbahnunternehmen und die andere auf Kraftfahrlinienunternehmen bezieht. Die Letztere lässt in Übereinstimmung mit der Richtlinie und der Richtlinie 2002/15/EG Ausnahmen bei den täglichen und wöchentlichen Ruhezeiten und bei der wöchentlichen Arbeitszeit zu, sofern ein Tarifvertrag dies vorsieht.

Österreich wendet die Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 auch auf Busfahrer im regelmäßigen innerstädtischen Personenverkehr an. Die österreichischen Behörden legen den Begriff „Straßenverkehr“ (Artikel 1 Nummer 1 der Verordnung) dahin aus, dass er für alle Fahrer auf öffentlichen Straßen gilt, und folgern daraus, dass solche Arbeitnehmer unter die Richtlinie 2002/15/EG fallen (Artikel 2 Absatz 1 der Verordnung).

2.2. Belgien

Es gibt Unternehmen, die sowohl innerstädtische als auch regionale Strecken bedienen, so dass manche Linien die 50-km-Grenze überschreiten.

Im innerstädtischen Personenverkehr werden die Richtlinienbestimmungen angewandt. Es gibt keine unterschiedlichen Regelungen für den Straßen- und Bahnverkehr. Ausnahmen sind zugelassen, wenn ein Tarifvertrag durch königliche Verordnung („Arrêté royal“) für verbindlich erklärt wurde. Die durchschnittliche wöchentliche Höchstarbeitszeit (einschließlich Überstunden) beträgt 38 Stunden.

2.3. Zypern

Die innerstädtische Beförderung übernehmen private Unternehmen (Schienenverkehr gibt es nicht). Sämtliche Mindestvorschriften werden nach Umsetzung der Richtlinie durch Gesetz angewandt. Es gibt keine Ausnahmen für Arbeitnehmer, die im innerstädtischen Personenverkehr tätig sind. Tarifverträge enthalten jedoch günstigere Regelungen und sind auf Unternehmensebene anwendbar (Tarifverträge auf nationaler oder regionaler Ebene gibt es in dieser Branche nicht). Die durchschnittliche wöchentliche Höchstarbeitszeit (einschließlich Überstunden) beträgt 48 Stunden.

2.4. Tschechische Republik

In der Tschechischen Republik werden nach Umsetzung der Richtlinie durch Gesetz alle Mindestvorschriften im innerstädtischen Personenverkehr angewandt, und zwar unabhängig vom Verkehrsmittel. Die Arbeitszeitgestaltung ist im Arbeitsgesetzbuch und in einer speziellen Rechtsvorschrift über die Arbeitszeit im Verkehrssektor geregelt (Fahrzeiten, Ruhezeiten, Sicherheitspausen). Tarifverträge gelten nur auf Unternehmensebene.

LKW- oder Busfahrer dürfen am Tag höchstens 9 Stunden fahren (zwei Mal pro Woche darf die Fahrzeit auf bis zu 10 Stunden ausgedehnt werden). Die Gesamtfahrzeit darf innerhalb von zwei aufeinanderfolgenden Wochen 90 Stunden nicht überschreiten.

2.5. Dänemark

Für den innerstädtischen Personenverkehr gelten nationale Tarifverträge, außer für die kommunalen Busbetriebe von Odense and Århus, die unter kommunale Vereinbarungen fallen.

Die Tarifverträge gelten nicht zwingend für alle Busunternehmen, die den öffentlichen Personennahverkehr sicherstellen. In der Praxis müssen sich aber fast alle Unternehmen an einen Tarifvertrag halten, da die Kommunen im Allgemeinen die Vergabe öffentlicher Aufträge von der Einhaltung des jeweiligen nationalen Tarifvertrags abhängig machen.

Ausnahmen von den Bestimmungen über tägliche und wöchentliche Ruhezeiten sind bei bestimmten Tätigkeiten im Schienen- und regelmäßigen innerstädtischen Personenverkehr möglich. Die durchschnittliche wöchentliche Höchstarbeitszeit (ohne Überstunden) darf 42 Stunden oder – über einen Zeitraum von höchstens 16 Wochen hinweg – von durchschnittlich 37 Stunden nicht überschreiten. Überstunden werden in der Regel durch Ruhezeiten ausgeglichen.

2.6. Estland

Den innerstädtischen Personenverkehr organisieren die Kommunen. Rechtlich gibt es keinen Unterschied zwischen Straßen- und Schienenverkehr. Für die meisten Beschäftigten im innerstädtischen Straßenverkehr gilt ein nationaler Tarifvertrag, der alle Straßenverkehrsunternehmen bindet. Im Schienenverkehr werden die Tarifverträge auf Unternehmensebene geschlossen.

Die Wochenarbeitszeit ist auf höchstens 40 Stunden beschränkt. Die durchschnittliche wöchentliche Höchstarbeitszeit (einschließlich Überstunden) darf innerhalb eines Bezugszeitraums von vier Monaten 48 Stunden nicht überschreiten. In der Personenbeförderung wird von der Möglichkeit des individuellen Opt-out vorwiegend im Straßenverkehr Gebrauch gemacht.

2.7. Finnland

Die Richtlinie wurde durch das Arbeitszeitgesetz umgesetzt, das Abweichungen von der Richtlinie in Tarifverträgen zulässt (die alle Unternehmen des Sektors abschließen müssen). Spezielle Vorschriften gelten für die Fahrzeiten im regelmäßigen innerstädtischen Schienenverkehr. Nach Ansicht der finnischen Behörden eignen sich bestimmte Vorschriften der Richtlinie weniger für den Schienenverkehr (z. B. diejenigen über Nachtarbeit und Sicherheitsgarantien).

Die durchschnittliche wöchentliche Höchstarbeitszeit (einschließlich Überstunden) für Busfahrer beträgt 48 Stunden innerhalb eines Bezugszeitraums von 12 Monaten. Es gibt keine förmliche Begrenzung der wöchentlichen Höchstarbeitszeit für das Bahnpersonal. Nach Auskunft der nationalen Behörden liegt die durchschnittliche Arbeitszeit pro Woche (einschließlich Überstunden) jedoch nicht über 48 Stunden.

2.8. Frankreich

Im innerstädtischen Personenverkehr ist die Richtlinie noch nicht vollständig umgesetzt worden (zwei Verordnungen zur Regelung der Arbeitszeit im innerstädtischen Personenverkehr und bei der Régie Autonome des Transports Parisiens – RATP – Busse und U-Bahn – treten demnächst in Kraft).

Die bereits erlassenen Bestimmungen zur Umsetzung der Richtlinie lassen Ausnahmen zu, insbesondere in Bezug auf Pausen sowie tägliche und wöchentliche Ruhezeiten. Ähnliche Vorschriften gelten für den Straßen- und Schienenverkehr. Die Fahrzeiten im innerstädtischen Verkehr sind nicht geregelt.

Der innerstädtische Verkehr fällt unter nationale branchenübergreifende Tarifverträge (die landesweit für alle Unternehmen aller Branchen oder einer bestimmten Branche gelten), unter den nationalen Tarifvertrag für den innerstädtischen Personenverkehr (an den alle im innerstädtischen Verkehrssektor tätigen Unternehmen gebunden sind), unter Tarifverträge zur Ergänzung des nationalen Branchentarifvertrags (sie gelten zwingend für Unternehmen, die den unterzeichnenden Branchenverbänden angehören, andere Unternehmen wenden sie freiwillig an) sowie unter Vereinbarungen auf Unternehmensebene.

Die RATP ist weder an einen nationalen Tarifvertrag für den innerstädtischen Personenverkehr noch an die entsprechenden Ergänzungsvereinbarungen gebunden, unterliegt jedoch speziellen Vorschriften und internen Vereinbarungen.

2.9. Deutschland

A uf nationaler Ebene gelten für die Arbeitnehmer des öffentlichen Personennahverkehrs die allgemeinen Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes. Für die Beschäftigten im Bus- und Straßenbahnverkehr gilt darüber hinaus die Fahrpersonalverordnung.

Die Tariflandschaft ist sehr umfangreich. Tarifverträge können für alle Verkehrsträger (Straßen- und Schienenverkehr) oder nur für einen Teilbereich gelten. Für Privatunternehmen gibt es Tarifverträge auf Ebene der Bundesländer. Für die Unternehmen im Bereich des öffentlichen Dienstes gibt es ein bundesweites Tarifwerk. Von wenigen Ausnahmen abgesehen sind die Tarifverträge für den Nahverkehr nicht für allgemeinverbindlich erklärt worden (sie gelten nur für diejenigen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, die den vertragschließenden Verbänden angehören).

Für Fahrer im Straßenverkehr gibt es eine besondere Arbeitszeitregelung. Fahrer, die im Linienverkehr bis zu 50 km eingesetzt sind, unterliegen in Bezug auf Lenkzeiten, Lenkzeitunterbrechungen und Ruhezeiten auch der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85.

Die durchschnittliche wöchentliche Höchstarbeitszeit (einschließlich Überstunden) darf innerhalb eines Bezugszeitraums von 12 Monaten 48 Stunden nicht überschreiten. Seit 2004 lässt das deutsche Arbeitszeitgesetz eine Ausdehnung der Arbeitszeit zu, wenn dies tarifvertraglich vereinbart ist und der einzelne Arbeitnehmer einwilligt (individuelles Opt-out). Ob in einschlägigen Tarifverträgen von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht wurde, ist nicht bekannt.

2.10. Griechenland

Der Bereich des innerstädtischen Personenverkehrs ist in vollem Umfang durch tarifvertragliche Bestimmungen oder durch Arbeitszeitregelungen abgedeckt. Für Unternehmen gelten entweder ein nationaler Tarifvertrag oder gegebenenfalls Unternehmenstarifverträge.

Der nationale Tarifvertrag erlaubt eine wöchentliche Höchstarbeitszeit von 40 Stunden sowie drei Überstunden, sofern ein Unternehmenstarifvertrag nichts anderes vorsieht. Der Bezugszeitraum umfasst in der Regel eine Woche.

2.11. Ungarn

Für Unternehmen, die die innerstädtische Personenbeförderung sicherstellen, gelten Tarifverträge auf Unternehmensebene, gelegentlich auch auf Branchenebene.

Die ungarischen Rechtsvorschriften schreiben vor, dass die täglichen Ruhezeiten im innerstädtischen Personenverkehr der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 entsprechen müssen. Die wöchentliche Höchstarbeitszeit (einschließlich Überstunden) liegt im Durchschnitt bei 42 bis 48 Stunden, und der Bezugszeitraum kann unterschiedlich lang sein (ein, zwei oder drei Monate). Die Fahrzeit ist auf maximal 11 Stunden beschränkt. Von der individuellen Opt-out-Möglichkeit nach Artikel 22 wird Gebrauch gemacht.

2.12. Irland

Es gibt Regelungen, die vor allem auf nationaler Ebene gelten und durch einige Tarifverträge auf Unternehmensebene ergänzt werden. Die Regelungen der Road Traffic Acts sind zwingend, was bei den Tarifverträgen nicht der Fall ist.

Aufgrund des jeweils unterschiedlichen Rechtsrahmens unterscheiden sich die Bestimmungen für die Personenbeförderung auf der Straße von denjenigen für den Schienenverkehr. Spezielle, auf die wirtschaftlichen und sozialen Bedürfnisse des regelmäßigen innerstädtischen Personenverkehrs zugeschnittene Bestimmungen gibt es auch für die Fahrzeit. Die wöchentliche Höchstarbeitszeit hängt vom jeweiligen Verkehrsunternehmen ab, darf jedoch 48 Stunden nicht überschreiten.

Schließlich gelten allgemeine Ausnahmen für die Dauer der Nachtarbeit, für die Untersuchung des Gesundheitszustands von Nachtarbeitern und deren Versetzung auf Arbeitsstellen mit Tagarbeit sowie in Bezug auf Garantien für Arbeit während der Nachtzeit.

2.13. Italien

Die Maßnahmen zur Umsetzung der Richtlinie lassen Abweichungen im innerstädtischen Personenverkehr zu, sofern diese tarifvertraglich vorgesehen sind. Tarifverträge sind auf nationaler und regionaler Ebene anwendbar.

Die wöchentliche Höchstarbeitszeit beträgt 40 Stunden. Ausnahmen sind im Personenlinienverkehr auf der Straße zulässig, sofern der Wochendurchschnitt 48 Stunden einschließlich Überstunden nicht übersteigt. Tarifverträge können günstigere Regelungen enthalten. Der Bezugszeitraum darf 4 Monate (bzw. 6 oder 12 Monate, wenn dies aus technischen oder arbeitsorganisatorischen Gründen im Tarifvertrag so vorgesehen ist) nicht überschreiten.

2.14. Lettland

Öffentliche Verkehrsmittel sind Busse, Straßenbahnen oder Obusse (es gibt keinen innerstädtischen Eisenbahnverkehr). Auf Unternehmensebene sind Tarifverträge anwendbar.

Die wöchentliche Höchstarbeitszeit beträgt 56 Stunden (die Überstunden dürfen in einem Viermonatszeitraum 144 Stunden nicht überschreiten).

Dieses System entspricht nicht immer den Bestimmungen über die Arbeits- und Ruhezeiten. Nach Auskunft der lettischen Behörden ist dies auf den Mangel an Fahrern zurückzuführen. Sie argumentieren, die für öffentliche Verkehrsmittel geltenden Arbeitszeitvorschriften müssten den tatsächlichen Marktgegebenheiten angepasst werden. Die Einhaltung dieser Vorschriften könne erst nach einer Übergangszeit von mindestens drei Jahren gewährleistet werden.

2.15. Litauen

Die Arbeitszeitgestaltung ist im Arbeitsgesetzbuch sowie in einem Regierungsbeschluss geregelt, der Ausnahmen im innerstädtischen Personenverkehr zulasst (es gibt keinen innerstädtischen Schienenverkehr).

Das litauische Arbeitsrecht sieht für alle Sektoren die Möglichkeit vor, auf Unternehmens-, Branchen-, regionaler oder nationaler Ebene Tarifverträge abzuschließen. Derzeit gibt es im innerstädtischen Verkehr nur Tarifverträge auf Unternehmensebene. Eine vollständige Liste liegt nicht vor, da keine öffentliche Stelle solche Vereinbarungen auf Unternehmensebene registrieren darf. Nach dem Arbeitsgesetzbuch sind Tarifverträge unwirksam, wenn sie schlechtere Arbeitsbedingungen zulassen als die im Arbeitsgesetzbuch oder anderen Gesetzen vorgeschriebenen.

Im innerstädtischen Personenverkehr gilt eine wöchentliche Höchstarbeitszeit von 60 Stunden, wobei der Durchschnitt in einem Bezugszeitraum von vier Monaten (sechs Monate, sofern dies objektiv gerechtfertigt ist und die betroffenen Sozialpartner konsultiert wurden) 48 Stunden nicht überschreiten darf.

2.16. Luxemburg

Für die im innerstädtischen Personenverkehr tätigen Busfahrer und das sonstige Hilfspersonal gilt ein Tarifvertrag (der landesweit für alle privaten Unternehmen verbindlich ist).

Luxemburg hat die Anforderungen der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 in Bezug auf die wöchentliche Höchstarbeitszeit auf alle im innerstädtischen Verkehr tätigen Busfahrer ausgedehnt. Die maximale Fahrzeit darf deshalb 90 Stunden in zwei Wochen nicht überschreiten.

2.17. Malta

Das Personal im innerstädtischen Personenverkehr ist zu 80 % selbständig (Schienenverkehr existiert nicht). Es gibt keine Tarifverträge.

Die maltesischen Behörden unterstreichen bestimmte Besonderheiten, die sie auf die speziell in Malta gegebenen Verhältnisse zurückführen: kurze Fahrten (höchstens 60 Minuten), niedrige Geschwindigkeitsbegrenzungen auf Straßen, lange Arbeitsbereitschaften zwischen den einzelnen Fahrten und ein Schichtsystem, bei dem ein Arbeitstag mit einem Ruhetag abwechselt. Das individuelle Opt-out wurde eingeführt.

2.18. Niederlande

Für den innerstädtischen Personenverkehr gilt ein nationaler Tarifvertrag. Einige Unternehmen sind jedoch nicht daran gebunden und haben eigene Tarifverträge abgeschlossen. Außerdem gibt es Unternehmen, in denen zusätzliche Betriebsvereinbarungen zur Ergänzung dieser Tarifverträge gelten. Die Kollektivverträge erfassen somit die gesamte Branche.

Der regelmäßige Personenverkehr auf der Straße (Busse) fällt unter ein Arbeitszeitdekret, das auf der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 basiert; ausgenommen sind die Pausen, die ebenso wie der regelmäßige Personenverkehr mit den Verkehrsmitteln U-Bahn, Straßenbahn, LRC-Zug und Bahn unter die Rechtsvorschriften zur Umsetzung der Richtlinie fallen („Arbeitszeitgesetz“).

Die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit von Busfahrern beträgt 48 Stunden innerhalb eines 13-wöchigen Bezugszeitraums (26 Wochen, wenn ein Tarifvertrag dies vorsieht). Im Verkehr mit U-Bahnen, Straßenbahnen, LRC-Zügen und Bahnen werden pro Woche durchschnittlich 45 Stunden gearbeitet (einschließlich Überstunden), und zwar innerhalb eines Bezugszeitraums von 13 Wochen (48 Stunden innerhalb eines Bezugszeitraums von 13 Wochen, wenn ein Tarifvertrag dies vorsieht).

2.19. Polen

Es gibt keine nationalen oder regionalen Tarifverträge für den innerstädtischen Personenverkehr, in den meisten Unternehmen gelten jedoch Unternehmenstarifverträge. Diese dürfen keine ungünstigeren Bestimmungen enthalten als das Arbeitsgesetzbuch.

Für Fahrer in der innerstädtischen Personenbeförderung sehen das Arbeitsgesetzbuch und das Arbeitszeitrecht für Fahrer keine unterschiedlichen Regelungen vor. Eine Bestimmung des Arbeitszeitrechts erlaubt jedoch in Ausnahmefällen unregelmäßige Arbeitszeiten nach einem vorher festgelegten Zeitplan bei Fahrern, die auf innerstädtischen Linien eingesetzt werden. Die wöchentliche Höchstarbeitszeit (einschließlich Überstunden) darf 48 Stunden nicht überschreiten.

2.20. Portugal

Für den innerstädtischen Verkehr gelten die allgemeinen Bestimmungen des Arbeitsgesetzbuches. Ausnahmen sind in Bezug auf tägliche Ruhezeit, Pausen, wöchentliche Ruhezeit, wöchentliche Höchstarbeitszeit und Dauer der Nachtarbeit zulässig, falls sie in Unternehmenstarifverträgen vorgesehen sind.

Die wöchentliche Höchstarbeitszeit (einschließlich Überstunden) darf 48 Stunden nicht überschreiten, wobei der Bezugszeitraum in einem Tarifvertrag festzulegen ist. Dieser darf jedoch 12 Monate (bzw. 4 oder 6 Monate im innerstädtischen Verkehr, falls es keinen Tarifvertrag gibt) nicht überschreiten darf.

2.21. Slowakei

Auf Unternehmensebene geschlossene Tarifverträge gelten für alle Beschäftigten des innerstädtischen öffentlichen Nahverkehrs und enthalten Bestimmungen, die sie stärker schützen. Darüber hinaus werden einige Bestimmungen der Unternehmenstarifverträge durch einen auf höherer Ebene geschlossenen Tarifvertrag, der für alle Arbeitgeber und Gewerkschaften der betreffenden Branche verbindlich ist, erweitert und geändert.

Nach dem Arbeitsgesetzbuch darf die wöchentliche Höchstarbeitszeit einschließlich Überstunden 48 Stunden nicht überschreiten; sie müssen gleichmäßig über die einzelnen Wochen verteilt sein. Allerdings kann der Arbeitgeber die Arbeitszeit nach Vereinbarung mit den Arbeitnehmervertretern oder mit dem einzelnen Arbeitnehmer innerhalb eines viermonatigen Bezugszeitraums auch ungleichmäßig auf die einzelnen Wochen verteilen.

2.22. Slowenien

Der öffentliche Linienverkehr auf der Straße besteht aus dem Stadt- und dem Vorortverkehr. Slowenien gilt unter dem Gesichtspunkt des Straßenverkehrs als eine einzige Region. Da es nicht in allen Kommunen eine innerstädtische Personenbeförderung gibt, deckt die außerstädtische Personenbeförderung sowohl mittlere Entfernungen (5 bis 50 km) als auch weitere Entfernungen (über 50 km) ab.

Den regelmäßigen innerstädtischen Personenverkehr regeln zwei landesweite Tarifverträge (für den Straßen- und den Schienenverkehr) sowie Unternehmenstarifverträge, die den Arbeitnehmern zusätzliche Rechte einräumen. Für den Straßen- und Schienenverkehr gelten unterschiedliche Bestimmungen. Die durchschnittliche Wochenarbeitszeit liegt bei 40 Stunden, und die wöchentliche Höchstarbeitszeit darf 48 Stunden nicht überschreiten.

2.23. Spanien

Für den innerstädtischen Personenverkehr gelten das nationale Arbeitsrecht und Tarifverträge auf Unternehmens- und nationaler Ebene. Für die Organisation des Personenlinienverkehrs auf Strecken bis 50 km sind die „Autoridades Autonómicas“ zuständig, für die innerstädtische Personenbeförderung hingegen die Kommunen.

Die durchschnittliche Wochenarbeitszeit liegt bei 40 Stunden innerhalb eines zwölfmonatigen Bezugszeitraums; im Jahr sind höchstens 80 Überstunden zulässig. Spezielle Vorschriften für die Fahrzeiten im regelmäßigen innerstädtischen Verkehr gibt es nicht.

2.24. Schweden

Die innerstädtische Personenbeförderung fällt nicht unter eine spezielle Regelung. Das schwedische Arbeitszeitgesetz, das im Übrigen für die meisten Branchen gilt, ist in vollem Umfang anwendbar. Die Sozialpartner können in Tarifverträgen vom Gesetz abweichen, sofern diese die Arbeitnehmer nicht schlechter stellen als die Richtlinie. Spezielle Rechtsvorschriften für die Fahrzeit in der regelmäßigen innerstädtischen Personenbeförderung gibt es nicht, es könnte aber sein, dass Tarifverträge solche Vorschriften enthalten.

Tarifverträge wurden auf nationaler und auf Unternehmensebene abgeschlossen. Soweit es um den innerstädtischen Schienenverkehr geht, werden Tarifverträge auch auf kommunaler Ebene unterzeichnet. An die Tarifverträge sind diejenigen Unternehmen gebunden, die Arbeitgeberverbänden angehören oder selbst Tarifverträge abgeschlossen haben.

Die maximale Gesamtarbeitszeit pro Woche (unter Einschluss der normalen Arbeitszeit, der Überstunden und des Bereitschaftsdienstes) liegt bei 48 Stunden für jeden über vier Monate hinweg berechneten Siebentagezeitraum. Der Berechnungszeitraum kann durch Tarifvertrag auf zwölf Monate ausgedehnt werden.

2.25. Vereinigtes Königreich

Auf den innerstädtischen Personenverkehr sind nationale Regelungen und Unternehmenstarifverträge anwendbar. Die wöchentliche Höchstarbeitszeit von 48 Stunden (einschließlich Überstunden) unterliegt der individuellen Opt-out-Möglichkeit, von der im Vereinigten Königreich Gebrauch gemacht wird. Nach Angaben der britischen Behörden sehen die meisten Unternehmenstarifverträge eine wöchentliche Arbeitszeit von 35 bis 45 Stunden vor; hinzu kommen freiwillig geleistete Überstunden.

3. SOZIALPARTNER

Für ein Hauptproblem hält die Europäische Transportarbeiter-Föderation (European Transport Workers' Federation, ETF) den Umstand, dass keine wirksamen und abschreckenden Sanktionen verhängt werden könnten; nur so sei die Durchsetzung der Arbeitszeitvorschriften zu gewährleisten. Darüber hinaus fordert die ETF die zwingende Anwendbarkeit von Tarifverträgen auf alle Unternehmen und Arbeitnehmer, die in der innerstädtischen Personenbeförderung tätig sind. Mit der Einführung der wettbewerblichen Auftragsvergabe, der Vergabe von Unteraufträgen und der Privatisierung sei die Zahl der Arbeitnehmer, für die kein Tarifvertrag gilt, in denjenigen Ländern gestiegen, in denen es keine Tarifverträge auf nationaler Ebene gebe. Schließlich habe die Anwendung der Richtlinie die Branche nicht belastet. Dies sei auf ihre besonderen Merkmale zurückzuführen, da Artikel 17 Absatz 3 Abweichungen zulasse, die für große Flexibilität sorgten. Allerdings weist die ETF auf zwei Faktoren hin, die ihrer Ansicht nach erhebliche Sicherheits- und Gesundheitsprobleme mit sich bringen, und zwar das Fehlen einer quantitativen Definition der „ausreichenden Ruhezeiten“ und der häufige Rückgriff auf das individuelle Opt-out bei Busfahrern im regelmäßigen innerstädtischen Personenverkehr des Vereinigten Königreichs.

Der Internationale Verband für öffentliches Verkehrswesen (International Association for Public Transport, UITP) ist der Ansicht, dass sich die Bestimmungen der Richtlinie für den innerstädtischen Personenverkehr eignen. Er hält insbesondere die Beibehaltung der Abweichungen für notwendig, die Artikel 17 Absatz 3 Buchstabe c Ziffer viii zur Gewährleistung der „Kontinuität des Dienstes oder der Produktion“ zulässt.

4. FAZIT

Der regelmäßige innerstädtische Personenverkehr unterliegt nationalen und/oder regionalen Regelungen, deren Inhalt und Struktur in den einzelnen Mitgliedstaaten unterschiedlich sind. In vielen Ländern sind je nachdem, ob es um den Straßen- oder Schienenverkehr geht, verschiedene Rechtsvorschriften und/oder Tarifverträge anwendbar.

Im Allgemeinen geht der Schutz, den die Arbeitnehmer der innerstädtischen Personenbeförderungsunternehmen genießen, über die Mindestanforderungen der Richtlinie hinaus.

In den meisten Mitgliedstaaten gelten für diese Arbeitnehmer Tarifverträge, deren Anwendungsbereich sich je nach Land unterscheidet. Diese Tarifverträge regeln im Allgemeinen sämtliche Aspekte der Beziehungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Je nach Mitgliedstaat werden sie auf nationaler, regionaler und/oder Unternehmensebene abgeschlossen.

In mehreren Mitgliedstaaten ist die Richtlinie durch verschiedene nationale Rechtsvorschriften umgesetzt worden. In diesen Fällen gibt es oft spezielle nationale Rechtsvorschriften für Busfahrer. Darüber hinaus dehnen einige Mitgliedstaaten die Bestimmungen der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 auf Busfahrer im regelmäßigen innerstädtischen Personenverkehr aus. Dennoch ist bislang nicht klar, ob sämtliche Vorschriften der Richtlinie 2002/15/EG zur Anwendung kommen.

In Fällen, in denen dasselbe Unternehmen sowohl innerstädtische als auch regionale Strecken bedient, ist nicht immer klar, ob die Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 und die Richtlinie 2002/15/EG für Arbeitnehmer gelten, die Strecken von über 50 km befahren. Die Nichtanwendung dieser Rechtsvorschriften auf Arbeitnehmer, die in ihren Geltungsbereich fallen, stellt einen Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht dar, da diese Spezialvorschriften die Arbeitnehmer stärker schützen als die Richtlinie.

In manchen Fällen scheinen die Bestimmungen der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 und der Richtlinie 2002/15/EG in Verbindung mit den weiteren Abweichungsmöglichkeiten angewandt zu werden, die die Richtlinie zulässt.

Außerdem lassen es die Rechtsvorschriften mancher Mitgliedstaaten zu, bei der Berechnung der durchschnittlichen wöchentlichen Höchstarbeitszeit einen zwölfmonatigen Bezugszeitraum zugrunde zu legen, was der Richtlinie widerspricht.

Fünf Mitgliedstaaten berichten, dass sie das individuelle Opt-out eingeführt haben (Estland, Deutschland, Ungarn, Malta und das Vereinigte Königreich). Alle beschränken diese Möglichkeit jedoch nicht speziell auf den Bereich der innerstädtischen Personenbeförderung, sondern wenden sie allgemeiner an.

Weder die Gewerkschaften noch die Arbeitgeber haben eine Überprüfung der derzeit geltenden Rechtsvorschriften gefordert. Die Gewerkschaften verweisen auf Probleme mit der Rechtsdurchsetzung, da sie die anwendbaren Sanktionen für unwirksam halten. Ihrer Ansicht müssen in dieser Frage Fortschritte erzielt werden, wenn die Entwicklung der Branche nicht gefährdet werden soll.

Abschließend ist festzustellen, dass sich die Bestimmungen der Richtlinie offenbar für die innerstädtische Personenbeförderung eignen und dass keine wesentlichen Probleme ermittelt wurden. Nur ein Mitgliedstaat (Lettland) hat über Schwierigkeiten mit der Einhaltung der Richtlinienbestimmungen berichtet, insbesondere im Hinblick auf die wöchentliche Höchstarbeitszeit.

Die Kommission hält daher eine Änderung der Vorschriften über die Arbeitzeitgestaltung im Bereich der regelmäßigen innerstädtischen Personenbeförderung nicht für notwendig. Die Kommission wird jedoch den Hinweisen auf Schwierigkeiten bei der Einhaltung des Gemeinschaftsrechts und insbesondere der Richtlinie nachgehen und ihren Verpflichtungen aus dem Vertrag nachkommen.

[1] ABl. L 299 vom 18.11.2003, S. 9.

[2] Durch die Richtlinie 2003/88/EG wurden die Richtlinie 93/104/EG des Rates vom 23. November 1993, (ABl. L 307 vom 13.12.1993, S. 18) und die Richtlinie 2000/34/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Juni 2000 (ABl. L 195 vom 1.8.2000, S. 41) kodifiziert.

[3] Bei den von der Richtlinie 2003/88/EG erfassten Arbeitnehmern lässt sich eine Unterscheidung treffen zwischen „mobilen Arbeitnehmern“ und anderen Arbeitnehmern. Mobile Arbeitnehmer werden definiert als Arbeitnehmer, die als Mitglied des fahrenden oder fliegenden Personals im Dienst eines Unternehmens beschäftigt sind, das Personen oder Güter im Straßen- oder Luftverkehr oder in der Binnenschifffahrt befördert. Nach Artikel 20 Absatz 1 der Richtlinie gelten die Artikel 3, 4, 5 und 8 nicht für sie.

[4] Artikel 1 Absatz 3.

[5] Artikel 14.

[6] Richtlinie 1999/63/EG des Rates vom 21. Juni 1999 (ABl. L 167 vom 2.7.1999, S. 33);Richtlinie 2000/79/EG des Rates vom 27. November 2000 (ABl. L 302 vom 1.12.2000, S. 57);Richtlinie 2002/15/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 2002 (ABl. L 80 vom 23.3.2002, S. 35); Richtlinie 2005/47/EG des Rates vom 18. Juli 2005 (ABl. L 195 vom 27.7.2005, S. 15).

[7] ABl. L 80 vom 23.3.2002, S. 35.

[8] Artikel 4 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85.

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