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Document 52005DC0532

Umsetzung des Lissabon-programms der gemeinschaft - Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament - Der Beitrag der Steuer- und Zollpolitik zur Lissabon-Strategie

/* KOM/2005/0532 endg. */

52005DC0532

Umsetzung des Lissabon-programms der gemeinschaft - Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament - Der Beitrag der Steuer- und Zollpolitik zur Lissabon-Strategie /* KOM/2005/0532 endg. */


[pic] | KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN |

Brüssel, den 25.10.2005

KOM(2005) 532 endgültig

UMSETZUNG DES LISSABON-PROGRAMMS DER GEMEINSCHAFT MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DEN RAT UND DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT

Der Beitrag der Steuer- und Zollpolitik zur Lissabon-Strategie

INHALTSVERZEICHNIS

1. Ein Neubeginn für die Lissabon-Strategie 3

1.1. Besteuerung, Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit 4

1.2. Die Zollpolitik: eine der Säulen des Binnenmarktes 4

2. Die Anziehungskraft Europas als Investitions- und Beschäftigungsstandort erhöhen 5

2.1. Erweiterung und Vertiefung des Binnenmarktes 5

2.1.1. Eine einheitliche konsolidierte Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage für EU-Unternehmen 5

2.1.2. Vereinfachung der steuerlichen Bedingungen und Schaffung gleicher Ausgangsbedingungen 6

2.1.3. Gezielte Maßnahmen zur Beseitigung steuerlicher Hemmnisse für EU-Unternehmen bei grenzüberschreitender Tätigkeit 9

2.1.4. Eine neue Strategie für die Pkw-Besteuerung 10

2.1.5. Beseitigung von durch Steuerbetrug und Steuerumgehung verursachten Verzerrungen 10

2.2. Gewährleistung offener und wettbewerbsfähiger Märkte innerhalb und außerhalb Europas 11

2.2.1. Strategie gegen Produkt- und Markenpiraterie 11

2.2.2. Verbesserung der Zollvorschriften sowie ihrer Einhaltung und Förderung des „e-Zolls“ 12

2.3. Verbesserung der europäischen und der nationalen Vorschriften 13

2.3.1. Modernisierung der MwSt-Vorschriften 13

3. Wissen und Innovation für Wachstum 14

3.1. Mehr und gezieltere Investitionen in Forschung und Entwicklung 14

3.1.1. Mitteilung über steuerliche FuE-Anreize 14

3.2. Förderung eines nachhaltigen Ressourceneinsatzes 15

3.2.1. Energie-, verkehrs- und umweltbezogene Steuern 16

ANHANG 18

UMSETZUNG DES LISSABON-PROGRAMMS DER GEMEINSCHAFT MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DEN RAT UND DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT

Der Beitrag der Steuer- und Zollpolitik zur Lissabon-Strategie

EIN NEUBEGINN FÜR DIE LISSABON-STRATEGIE

Die Kommission hat kürzlich einen Neubeginn für die Lissabon-Strategie mit Schwerpunkt auf Wachstum und Arbeitsplätzen vorgeschlagen.[1] Um dieser Herausforderung gerecht zu werden, muss Europa ein attraktiverer Standort für Investitionen und Beschäftigung werden, Wissen und Innovation sind zu fördern und die Politik ist so zu gestalten, dass mehr und bessere Arbeitsplätze geschaffen werden.

Die Steuer- und Zollpolitik spielt eine bedeutende Rolle bei der Verwirklichung dieser Ziele. Sie kann dazu beitragen, die Effizienz unserer Volkswirtschaften, u. a. durch die effiziente Nutzung der natürlichen Ressourcen, und die Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen zu steigern. Durch sie können ferner der Wettbewerb auf den Märkten belebt, der Handel angekurbelt und Wissen und Innovation gefördert werden.

In dieser Mitteilung werden die wichtigsten Maßnahmen in den Bereichen Steuer- und Zollpolitik vorgestellt, die zu der raschen strukturellen Anpassung beitragen würden, die in unseren Volkswirtschaften erforderlich ist, um die oben genannten Ziele zu erreichen. Damit wird den Handlungsschwerpunkten der Mitteilung für die Frühjahrstagung des Europäischen Rates: „Zusammenarbeit für Wachstum und Arbeitsplätze – Ein Neubeginn für die Lissabon-Strategie “[2] entsprochen.

In der vorliegenden Mitteilung sollen sowohl die laufenden als auch die geplanten Maßnahmen im Bereich Steuern und Zoll – ein kohärentes Paket von Initiativen zur Unterstützung einer der wichtigsten politischen Verpflichtungen der EU – umfassend dargelegt werden.

In Abschnitt 2 werden die Hauptmaßnahmen zur Vertiefung des Binnenmarktes, zur Sicherung offener und wettbewerbsorientierter Märkte und zur Verbesserung der europäischen und der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften dargestellt. In Abschnitt 3 werden die Hauptinitiativen für umfangreichere und bessere Investitionen in Forschung und Entwicklung sowie für die Innovationsförderung und die schonende Nutzung der Ressourcen beschrieben (siehe Tabelle der politischen Maßnahmen im Anhang). Aufgrund ihrer besonderen Merkmale werden diese Initiativen in unterschiedlicher Form umgesetzt und gegebenenfalls von einer Folgenabschätzung begleitet.

Diese Initiativen würden dem Wachstum neue Impulse verleihen und somit zur Schaffung von mehr und besseren Arbeitsplätzen führen. In Einzelbereichen der Beschäftigungspolitik können gezielte steuerliche Maßnahmen auf der Ebene der Mitgliedstaaten zu mehr Beschäftigung und zur Förderung von Volkswirtschaften ohne soziale Ausgrenzung beitragen. Die relativ höhere Besteuerung der Arbeit war anscheinend ein Hindernis für die Schaffung von mehr –vor allem gering qualifizierten – Arbeitsplätzen. Die Verbreiterung der Steuergrundlage durch eine höhere Beschäftigungsquote ist aber für Regierungen nach wie vor der wirksamste Weg zu mehr Einnahmen, ohne die Steuern erhöhen zu müssen. Eine Verlagerung der Besteuerung der Arbeit auf die Besteuerung des Konsums und/oder der Umweltverschmutzung könnte als Teil einer breiter gefassten Strategie helfen, das Beschäftigungsniveau zu heben.

Besteuerung, Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit

Ein gewisses Maß an Steuerwettbewerb ist zwar gesund und kann positive wirtschaftliche Auswirkungen haben, das Hauptziel eines jeden Steuersystems ist jedoch die Erzielung von Steuereinnahmen zur Finanzierung von öffentlichen Leistungen und Transferleistungen. Dies sollte auf möglichst wirkungsvolle Weise angegangen werden. Steuersysteme können durch geringere wirtschaftliche Effizienz – aufgrund steuerlich bedingter Verzerrungen – oder durch Befolgungspflichten und Verwaltungsaufwand für den Steuerzahler und die Steuerverwaltung Kosten verursachen.

Aufgrund der unterschiedlichen Steuersysteme in der EU entstehen beträchtliche zusätzliche Verwaltungskosten im Zusammenhang mit den steuerlichen Verpflichtungen. Dies hemmt eine effizientere Verteilung der Ressourcen und schafft ungleiche Ausgangsbedingungen[3]. Doppelbesteuerung, steuerlich bedingte Kosten für die Umstrukturierung von Unternehmen sowie allgemeinere Unterschiede zwischen den Steuervorschriften der Mitgliedstaaten haben zur Folge, dass Firmen es gegebenenfalls vorziehen, im Land zu bleiben, als in einem anderen Mitgliedstaat tätig zu werden. Durch diese wesentlichen Hindernisse können die Vorteile eines wettbewerbsfähigen Binnenmarktes nicht uneingeschränkt genutzt werden. Die Beseitigung dieser Hindernisse würde Markteinsteigern neue Möglichkeiten bieten und der daraus resultierende Wettbewerb würde zu mehr Investitionen und Innovation führen. Eine Kostensenkung in Verbindung mit dem Abbau dieser steuerlich bedingten Hindernisse würde dazu beitragen, die Wettbewerbsfähigkeit des Produktionssektors der EU zu stärken.

Die Steuerpolitik könnte außerdem eine aktive Rolle bei der Förderung von Wissen und Innovation als Triebkraft des Wachstums spielen. Gezielte steuerliche Maßnahmen könnten Forschung und Entwicklung sowie den Rahmenbedingungen für die Unternehmen zugute kommen. Auch könnte der Wandel im Umweltbereich steuerlich unterstützt werden, der seinerseits zu nachhaltigeren Produktions- und Konsummustern führt.

Die Zollpolitik: eine der Säulen des Binnenmarktes

Die Zollpolitik spielt eine wichtige Rolle bei der Belebung des Handels . Neben dem in den letzten Jahren gestiegenen Handelsvolumen ergeben sich aus der Komplexität der modernen Lieferkette, den Sicherheitsbelangen, der Zahl der Beteiligten und der Geschwindigkeit, mit der Waren gehandelt werden, erheblich höhere Anforderungen an handelsbezogene Daten.

Durch vereinfachte Zollvorschriften, gestraffte Zollabläufe und -verfahren und die Einführung eines kohärenten, interoperablen elektronischen Zollsystems können Wirtschaftsbeteiligte bei der Zollabwicklung Geld und Zeit sparen. Der zunehmende EDV-Einsatz sowie die Interoperabilität stellt zugleich ferner die Rückverfolgbarkeit von Warenflüssen sowie Transparenz für die Zollverwaltungen wie auch die Wirtschaft sicher.

Die Anziehungskraft Europas als Investitions- und Beschäftigungsstandort erhöhen

Erweiterung und Vertiefung des Binnenmarktes

In der Lissabon-Strategie wird betont, dass nach wie vor wichtige Reformen zur Vollendung des Binnenmarktes ausstehen und diesen Reformen besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden sollte. Die meisten Maßnahmen der EU im Bereich der Steuerpolitik betreffen Aspekte der Errichtung und des Funktionierens des Binnenmarktes. In diesem Zusammenhang soll auf den zentralen Beitrag hingewiesen werden, die die Gemeinschaftsprogramme Zoll 2013 und Fiscalis 2013[4] weiterhin zum reibungslosen Funktionieren des Binnenmarktes leisten werden – nicht zuletzt durch die Finanzierung der Vernetzung der Computersysteme der Mitgliedstaaten in den Bereichen Zoll und Steuern.

Derzeit wirken sich verschiedene Aspekte der einzelstaatlichen Steuersysteme negativ auf die Marktintegration aus oder verhindern, dass die Vorteile des Binnenmarktes umfassend genutzt werden. Zudem ist die Wirtschaft heute stärker auf eine grenzüberschreitende Tätigkeit angelegt, als dies noch vor zwanzig Jahren der Fall war, wodurch steuerliche Hemmnisse als verbleibende Hindernisse auf dem Binnenmarkt deutlicher zu Tage treten.

Die Beseitigung solcher steuerlicher Hemmnisse würde es der Wirtschaft ermöglichen, bessere unternehmerische Entscheidungen zu treffen, die auf der Faktorproduktivität basieren und weniger durch bestimmte Zusatzkosten beeinflusst sind. Dies würde zu einer Produktivitätssteigerung in den Volkswirtschaften der Mitgliedstaaten führen und je nach Produktmarkt und dem tatsächlichen Verhalten der Unternehmen Kosten- und Preissenkungen zufolge haben. Dies würde wiederum zu Wohlstandsgewinnen führen.

Eine einheitliche konsolidierte Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage für EU-Unternehmen

Die derzeit 25 nebeneinander existierenden, unterschiedlichen und teilweise sogar miteinander unvereinbaren Körperschaftsteuersysteme in der EU verursachen de facto zusätzliche Befolgungskosten und bieten selten die Möglichkeit eines grenzüberschreitenden Verlustausgleichs, obwohl für rein inländische Sachverhalte häufig durchaus ein Verlustausgleich vorgesehen ist. In einem echten Binnenmarkt sollte dies nicht der Fall sein. Obwohl Unternehmen die EU im Rahmen ihrer Tätigkeit (Forschung, Produktion, Inventur, Verkauf usw.) zunehmend als einen Binnenmarkt betrachten, sind sie gezwungen, diesen für ausschließlich steuerliche Zwecke in nationale Märkte zu unterteilen.

Die Körperschaftsteuervorschriften regeln die grenzüberschreitende Tätigkeit in der EU anders und meist ungünstiger als rein inländische Tätigkeiten. Dadurch werden Unternehmen dazu bewogen, im Inland zu investieren, und davon abgehalten, sich an ausländischen Unternehmen zu beteiligen oder Tochtergesellschaften im Ausland zugründen. Die Disparität der einzelstaatlichen Systeme erleichtert zudem die Steuerumgehung.

Die Bemühungen der Kommission um eine einheitliche konsolidierte Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage begannen bereits 2001[5] und wurden 2003[6] bekräftigt. Eine einheitliche konsolidierte KSt-Bemessungsgrundlage würde es den im Binnenmarkt agierenden Unternehmen ermöglichen, ihre Bemessungsgrundlagen in verschiedenen EU-Mitgliedstaaten nach denselben Vorschriften zu berechnen. Die Kommission beabsichtigt nicht, einen harmonisierten Körperschaftsteuersatz vorzuschlagen. Eine einheitliche konsolidierte KSt-Bemessungsgrundlage würde jedoch einen grenzüberschreitenden Verlustausgleich ermöglichen und die derzeitigen Steuerprobleme im Zusammenhang mit grenzüberschreitender Tätigkeit und der Umstrukturierung von Konzernen und Unternehmenlösen. Damit jeder Mitgliedstaat seinen eigenen Steuersatz auf seinen Anteil an der konsolidierten Bemessungsgrundlage anwenden könnte, müsste eine Methode zur Aufteilung der konsolidierten Bemessungsgrundlage zwischen den Mitgliedstaaten vereinbart werden. Diese Methode sollte zu einem einfacheren und transparenteren Körperschaftsteuersystem in der EU führen.

Dies ist eine anspruchsvolle Aufgabe, doch die Kommission beabsichtigt, in den kommenden drei Jahren die erforderlichen Vorarbeiten für eine einheitliche konsolidierte KSt-Bemessungsgrundlage zu leisten, um bis 2008 einen Vorschlag für einen Gemeinschaftsrechtsakt vorlegen zu können.

Vereinfach ung der steuerlichen Bedingungen und Schaffung gleicher Ausgangsbedingungen

Die oben vorgestellte Maßnahme zielt darauf ab, viele der Hindernisse im Bereich der Körperschaftsteuer abzubauen, denen sich multinationale Unternehmen gegenübersehen. Im Zusammenhang mit grenzüberschreitender Tätigkeit gibt es jedoch noch eine Reihe anderer steuerlicher Maßnahmen, insbesondere im Bereich der MwSt, die den Unternehmen lästige Verpflichtungen auferlegen und handels- und investitionshemmend wirken. Eine grenzüberschreitende Tätigkeit führt statistisch für alle Unternehmen zu erheblich höheren Befolgungskosten[7]. Kleine und mittlere Unternehmen sind von solchen Hemmnisse besonders betroffen, da sie gegenüber größeren Unternehmen vergleichsweise höhere Befolgungskosten zu tragen haben. Durch den Abbau dieser Hemmnisse könnte die Beteiligung der KMU am Binnenmarkt – die derzeit deutlich geringer ist als die großer Unternehmen – beträchtlich gesteigert werden. Die gegenwärtige Situation führt zu wirtschaftliche Ineffizienz und möglichen negativen Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum und die Schaffung von Arbeitsplätzen.

a) Befolgungspflichten im Zusammenhang mit der MwSt

Laut der Studie "European Tax Survey"[8] haben 14 % der KMU und 10 % der großen Unternehmen lediglich aufgrund der Anforderungen im Zusammenhang mit den MwSt-Pflichten noch keine mehrwertsteuerpflichtige Tätigkeit in Mitgliedstaaten aufgenommen, in denen sie keine Betriebsstätten haben. Die Kommission legte daraufhin im Oktober 2004 einen umfassenden Vorschlag zur Vereinfachung der MwSt-Pflichten bei grenzüberschreitender Tätigkeit vor, um die Lieferung von Waren und die Erbringung von Dienstleistungen in anderen EU-Mitgliedstaaten für die Wirtschaftsbeteiligten zu erleichtern. Der Vorschlag sieht insbesondere das Prinzip einer einzigen Anlaufstelle vor, das es Wirtschaftsbeteiligten ermöglichen würde, eine einzige MwSt-Nummer für alle Leistungen innerhalb der EU zu verwenden und eine einzige Gesamt-MwSt-Erklärung über ein elektronisches Portal abzugeben, die automatisch an die verschiedenen Mitgliedstaaten, in denen der Wirtschaftsbeteiligte steuerpflichtig ist, geleitet würde. Der Vorschlag enthält fünf weitere Maßnahmen zur Vereinfachung, die es für Unternehmen, insbesondere für KMU einfacher machen dürften, in anderen Mitgliedstaaten tätig zu werden. Die diesbezüglichen Verhandlungen im Rat dauern noch an.

b) Versuchsweise Anwendung der Sitzlandbesteuerung

Im Zusammenhang mit der Strategie der Kommission zur Unternehmensbesteuerung gilt das Konzept der Sitzlandbesteuerung als mögliche Lösung für steuerliche Mechanismen, die KMU am stärksten an einer grenzüberschreitenden Tätigkeit hindern. Mit der Sitzlandbesteuerung wird das Konzept der gegenseitigen Anerkennung innerhalb des Binnenmarktes auf die körperschaftsteuerliche Behandlung von KMU angewendet. Nach diesem Konzept würden bestimmte Unternehmen die in dem Mitgliedstaat ihres Hauptsitzes geltenden Vorschriften über die Körperschaftsteuer auf ihre Niederlassungen und Betriebsstätten in anderen teilnehmenden Mitgliedstaaten anwenden. Dies würde keine Harmonisierung der Steuersätze bedeuten, da diese weiterhin von den Mitgliedstaaten festgelegt und angewendet würden.

Die Kommission vertritt den Standpunkt, dass dieses Konzept, das bis in einzelne Details ausgearbeitet wurde, nutzbringend getestet werden könnte, indem es KMU gestattet würde, es über fünf Jahre im Rahmen eines Pilotprojekts versuchsweise anzuwenden. Die Kommission beabsichtigt, vor Ende 2005 eine entsprechende Mitteilung vorzulegen.

c) MwSt-Vorschriften über grenzüberschreitende Dienstleistungen

Das Steuerrecht orientiert sich an wirtschaftlichen Gegebenheiten und ist nur dann effizient, wenn es kontinuierlich an neue Entwicklungen und Herausforderungen angepasst wird. Die Tatsache, dass immer mehr Dienstleistungen grenzüberschreitend erbracht werden können, stellt eine besondere Herausforderung dar. Der EU ist es gelungen, angemessen auf die Folgen des E-Commerce und der Liberalisierung der Telekommunikationsdienste für die MwSt zu reagieren, und so müssen auch die MwSt-Vorschriften über den Ort der Besteuerung anderer Dienstleistungen, die aus der Ferne erbracht werden, in ähnlicher Weise geändert werden, um sicherzustellen, dass für Wirtschaftsbeteiligte innerhalb und außerhalb der EU gleiche Ausgangsbedingungen herrschen und dass die Steuereinnahmen dem Land des Verbrauchs zufließen.

2003 legte die Kommission einen Vorschlag betreffend den Ort der Erbringung von Dienstleistungen durch Steuerpflichtige an andere Steuerpflichtige (B2B-Dienstleistungen) vor.[9] Dieser Vorschlag wurde kürzlich geändert, um auch die überarbeiteten Regeln über den Ort der Erbringung von Dienstleistungen durch Unternehmen an Endverbraucher (B2C-Dienstleistungen) zu integrieren.[10] Mit dem geänderten Vorschlag dürfte, wenn er angenommen wird, die MwSt-Belastung für Unternehmen verringert werden, die grenzüberschreitend Dienstleistungen an andere Unternehmen erbringen, da eine zusätzliche MwSt-Registrierung und kostspielige Erstattungsverfahren überflüssig werden. Er wird ferner dazu beitragen, Wettbewerbsverzerrungen, die durch unterschiedliche MwSt-Sätze (deren weitere Harmonisierung unwahrscheinlich ist) in den verschiedenen Mitgliedstaaten verursacht werden, zu beseitigen und gleiche Wettbewerbsbedingungen für Wirtschaftsbeteiligte in der EU und in Drittländern zu schaffen.

d) MwSt-Vorschriften über Finanzdienstleistungen

Die MwSt-Vorschriften über Finanzdienstleistungen stammen aus dem Jahr 1977 und sehen eine allgemeine Befreiung für diesen Sektor vor. Das bedeutet, dass die von Kreditinstituten auf ihre Eingangsumsätze entrichtete MwSt im Allgemeinen nicht abzugsfähig ist und somit Endkosten für die Kreditinstitute darstellt. Es tritt eine Kaskadenwirkung ein, durch die die Kosten für Dienstleistungen an Firmenkunden steigen. Noch komplizierter wird es, wenn die Finanzinstitute einen Teil ihrer Tätigkeiten ausgliedern und auf diese Leistungen eine weitere MwSt erhoben wird. Vieles deutet darauf hin, dass dieses System der Befreiung von Grund auf ineffizient und kostentreibend ist.

Diese Vorschriften müssen überarbeitet werden , da sie zunehmend Spannungen verursachen. Auf innerstaatlicher Ebene lassen sich die Vorschriften zudem unterschiedlich auslegen. Diese veralteten MwSt-Vorschriften stehen zunehmend im Widerspruch zu anderen Zielen der Gemeinschaftspolitik wie denen des Aktionsplans für Finanzleistungen. Unbeabsichtigte Folgen der MwSt-Vorschriften stehen häufig einer Effizienzsteigerung im Finanzsektor entgegen, die ansonsten als Ergebnis der Schaffung eines einzigen gesamteuropäischen Marktes für Finanzdienstleistungen zu erwarten wäre.

Nach umfassender Konsultation aller Beteiligten beabsichtigt die Kommission, einen Vorschlag für einen Rechtsakt vorzulegen, mit dem die MwSt-Vorschriften für Finanzdienstleistungen an die Entwicklung des Binnenmarktes für Finanzdienstleistungen angepasst werden sollen.

e) Öffentliche Einrichtungen im Wettbewerb mit der Privatwirtschaft

Die Vorschriften über Befreiungen für dem Gemeinwohl dienende Dienstleistungen und den Ausschluss öffentlicher Einrichtungen vom Anwendungsbereich der MwSt sind ebenfalls zu modernisieren. Die geltenden Vorschriften sind veraltet und entsprechen nicht mehr der wirtschaftlichen Realität im 21. Jahrhundert, in der ehemalige Monopole einem Liberalisierungsprozess unterzogen und weite Bereiche des öffentlichen Dienstes teilweise oder vollständig privatisiert worden sind. Dies führt zu Wettbewerbsverzerrungen und wirtschaftlichen Ineffizienzen und verleitet zur Steuerumgehung. Die Kommission beabsichtigt, bis Ende 2006 einen Vorschlag zur Änderung der derzeit geltenden MwSt-Vorschriften vorzulegen, um gleiche Wettbewerbsbedingungen in bestimmten Bereichen zu schaffen, in denen sowohl öffentliche Einrichtungen als auch Privatunternehmen agieren.

Gezielte Maßnahmen zur Beseitigung steuerlich er Hemmnisse für EU-Unternehmen bei grenzüberschreitender Tätigkeit

Im Bereich der Unternehmensbesteuerung hat die Kommission für die Zeit bis zur Umsetzung der einheitlichen konsolidierten Körperschaftsteuerbemessungsgrundlage mehrere gezielte Lösungen zur Beseitigung einzelner steuerlich bedingter Hemmnisse erarbeitet.

a) Grenzüberschreitender Verlustausgleich

Die fehlende Möglichkeit eines grenzüberschreitenden Verlustausgleichs wirkt sich auf unternehmerische Entscheidungen dahingehend aus, dass Firmen entweder im Inland investieren oder grenzüberschreitende Investitionen in größeren Mitgliedstaaten vornehmen, da es wahrscheinlicher ist, dass sie dort bereits Steuern entrichten müssen, und somit ein Verlustausgleich möglich ist.

Während grenzüberschreitende Verluste innerhalb eines Unternehmens (Verluste einer Betriebsstätte im Ausland) in den meisten Mitgliedstaaten auf der Ebene des Stammhauses geltend gemacht werden können, sehen nur wenige Mitgliedstaaten den grenzüberschreitenden Verlustausgleich innerhalb eines Konzerns (Ausgleich von Verlusten eines ausländischen Unternehmens, das demselben Konzern angehört) vor. Zweifellos führt eine solche unterschiedliche Behandlung zu Verzerrungen.

Nachdem die Kommission einen Richtlinienvorschlag von 1990 zur Regelung dieser Frage zurückgezogen hatte, nahm sie technische Beratungen mit den Mitgliedstaaten auf, um bald nach dem richtungsweisenden Urteil des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache C-446/03 (Marks & Spencer) eine diesbezügliche Mitteilung vorlegen zu können.

b) Verrechnungspreise

Die Arbeiten im Zusammenhang mit Verrechnungspreisen stellen eine wesentliche Ursache zusätzlicher Befolgungskosten für EU-Unternehmen dar.[11] 2002 gründete die Kommission das Gemeinsame EU-Verrechnungspreisforum mit dem Ziel, pragmatische, nicht legislative Lösungen für Probleme mit der Verrechnungspreisgestaltung innerhalb der EU zu entwickeln. Das Forum setzt sich aus Steuerexperten aus den Steuerverwaltungen der Mitgliedstaaten und aus der Wirtschaft zusammen. Nach dem ersten Bericht des Forums nahm die Kommission 2004 eine Mitteilung sowie einen Vorschlag für einen Verhaltenskodex zur effektiven Durchführung des Schiedsübereinkommens[12] an, den der Rat im vergangenen Dezember genehmigte.

Nach dem zweiten Bericht des Forums vom Mai 2005 beabsichtigt die Kommission dieses Jahr, einen Verhaltenskodex über ein gemeinsames Konzept für die Verrechnungspreisdokumentation für verbundene Unternehmen in der EU vorzuschlagen. Die Kommissionsdienststellen und die Mitglieder des Forums konzentrieren sich jetzt außerdem insbesondere auf alternative Verfahren zur Vermeidung und Beilegung von Steuerstreitigkeiten.

c) Gesellschaftsteuer

Bestimmte indirekte Steuern wie die Gesellschaftsteuer (eine Abgabe auf Kapitaleinlagen in Kapitalgesellschaften) wirken sich eindeutig schädlich auf Unternehmen in der EU aus und sollten als Teil des Prozesses, durch den Europa zu einem attraktiveren Standort für Investitionen werden soll, abgeschafft werden. Die Erhebung der Gesellschaftsteuer ist besonders bei Umstrukturierungen und dem Aufbau von EU-Unternehmen schädlich. Sie stellt ferner eine Benachteiligung von neu gegründeten Unternehmen und von Unternehmen dar, die ihr Kapital erhöhen wollen. In den letzten Jahren geht der Trend zu einer Abschaffung der Gesellschaftsteuer, die derzeit von nur 10 der 25 Mitgliedstaaten erhoben wird. Ab 2006 wird es die Gesellschaftsteuer nur noch 8 Mitgliedstaaten geben.

Deshalb arbeiten die Kommissionsdienststellen gegenwärtig an einem Vorschlag für eine Neufassung der Gesellschaftsteuer-Richtlinie[13] vor Ende 2006. Mit der Neufassung sollen die Vorschriften vereinfacht und modernisiert und das Auslaufen der Gesellschaftsteuer soll vorgesehen werden, um die Entwicklung von EU-Unternehmen zu fördern.

Eine neue Strategie für die Pkw-Besteuerung

Der europäische Automobilmarkt ist ein gutes Beispiel für einen Sektor, der noch nicht umfassend von den Vorteilen des Binnenmarktes profitiert hat , was auch auf steuerliche Aspekte zurückzuführen ist. Nach einer Mitteilung im Jahr 2002[14] und einem ausführlichen Konsultationsprozess unterbreitete die Kommission am 5. Juli 2005 einen neuen Vorschlag zur Besteuerung von Personenkraftwagen[15]. In diesem Vorschlag werden die schrittweise Abschaffung der Zulassungssteuern in den Mitgliedstaaten und ihre Ersetzung durch jährliche Kraftfahrzeugsteuern oder andere bereits existierende bzw. innovative neue Steuern gefordert. Die schrittweise Abschaffung der Zulassungssteuer würde weniger Verwaltungsaufwand bedeuten und die hohen Transaktionskosten für den Verbraucher senken. Sie würde ferner zu mehr Transparenz und Rechtssicherheit für alle Wirtschaftsbeteiligten führen und die Preisunterschiede bei Kraftfahrzeugen um rund ein Fünftel reduzieren.

Der Vorschlag zielt auch darauf ab, der gegenwärtigen Fragmentierung des Automobilmarktes der EU entgegenzuwirken, die den grenzüberschreitenden Automobilhandel beeinträchtigt. Zurzeit ist die Automobilindustrie häufig gezwungen, aus steuerlichen Gründen besondere Modelle mit unterschiedlichen Spezifikationen für verschiedene Mitgliedstaaten herzustellen. Der Vorschlag würde der Automobilindustrie mehr Anreize bieten, zusätzliche Größenvorteile durch die Herstellung von Kraftfahrzeugen mit denselben technischen Spezifikationen für den gesamten Binnenmarkt zu nutzen.

Beseitigung von durch Steuerbetrug und Steuerumgehung verursachten Verzerrungen

Steuerbetrug führt zu erheblichen Verzerrungen auf dem Binnenmarkt, verhindert fairen Wettbewerb und mindert Steuereinnahmen, die für die Finanzierung öffentlicher Leistungen auf nationaler Ebene bestimmt sind. Betrug in großem Ausmaß erhöht die Steuerbelastung steuerehrlicher Unternehmen, da die Staaten ihre Einnahmeausfälle ausgleichen müssen.

Steuersysteme sind Sache der Mitgliedstaaten und sollten es auch bleiben. Dennoch ist die Kommission der Auffassung, dass gemeinsame und besser aufeinander abgestimmte Ansätze dazu beitragen würden, die Mitgliedstaaten bei der Bekämpfung des Steuerbetrugs zu unterstützen und sie in ihren Bemühungen zu bestärken. Sie prüft daher gegenwärtig, inwiefern es einer neuen Betrugsbekämpfungsstrategie auf europäischer Ebene bedarf. Dafür kommt ein breites Spektrum an Instrumenten infrage, so z. B. eine verbesserte Zusammenarbeit zwischen den innerstaatlichen Verwaltungen, die Beseitigung von Hemmnissen für den effektiven Informationsaustausch (z. B. durch einen besseren Zugang zu Bankdaten), verstärkte Verhandlungen mit Drittländern über die Einführung von Vorschriften für den Informationsaustausch, die Weiterentwicklung der innergemeinschaftlichen Instrumente für die Verwaltungszusammenarbeit und die Verbesserung der grundlegenden Steuervorschriften.

Die Kommission würde für die erforderliche Koordinierung sorgen, insbesondere was die Verbesserung der den Mitgliedstaaten zur Verfügung stehenden Instrumente für die Verwaltungszusammenarbeit angeht. Die Vorlage einer Mitteilung zu diesem Thema ist für 2006 geplant.

Gewährleistung offener und wettbewerbs fähiger Märkte innerhalb und außerhalb Europas

Europäische Unternehmen sind mit einer wachsenden Anzahl internationaler Herausforderungen konfrontiert. Ihnen innerhalb und außerhalb der EU gleiche Ausgangsbedingungen zu garantieren, würde die Investitionstätigkeit im EU-Binnenmarkt stimulieren. Deshalb ist es für die Verwirklichung der Lissabon-Agenda von grundlegender Bedeutung, dass Maßnahmen zur Verbesserung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der EU-Unternehmen ergriffen werden.

Strategie gegen Produkt- und Markenpiraterie

Die gewerblichen und geistigen Eigentumsrechte von EU-Unternehmen werden durch Raubkopien und Fälschungen massiv verletzt. Studien der Internationalen Handelskammer von 1997 und der OECD von 1998 ergaben,

- dass Fälschungen einen Anteil von 5 bis 7 % am Welthandel haben,

- dass Fälschungen in Europa rund 200 000 Arbeitsplätze vernichtet haben.

Seitdem hat sich der Handel mit diesen Produkten deutlich ausgeweitet. 2003 forderten Spitzenvertreter der internationalen Wirtschaft und Politik in Davos „eine massive, globale Anstrengung zur Bekämpfung der Produktpiraterie, deren Umfang Schätzungen zufolge derzeit über 450 Milliarden Dollar jährlich ausmacht“. Zentrale Bedeutung wurde in diesem Zusammenhang verbesserten Grenzkontrollen beigemessen.

Die Zollbehörden in der EU beschlagnahmen jedes Jahr mehr als 100 Mio. Waren im Wert von über 1 Mrd. EUR, was einem Anstieg um 1000 % in den letzten fünf Jahren entspricht. Alle Wirtschaftszweige in der EU sehen sich zunehmender Konkurrenz durch diesen illegalen und unlauteren Handel ausgesetzt. Er führt außerdem zu sinkenden Steuereinnahmen und gefährdet die Sicherheit der Bürger.

Wirksame Maßnahmen zum Schutz der Rechte an geistigem Eigentum sind notwendig, um Forschungs- und Entwicklungsinvestitionen zu stimulieren und gleiche Ausgangsbedingungen innerhalb und außerhalb der EU zu gewährleisten.

Eine kohärente Strategie basierend auf praktischen Maßnahmen, die den Unternehmen kostengünstige, konkrete Hilfe im Kampf gegen diese Bedrohung bieten, erfordert entschiedenes Handeln auf Gemeinschaftsebene. Auch die internationale Zusammenarbeit muss gefördert werden, um die Herstellung und Ausfuhr von Fälschungen schon in den Herkunftsländern zu stoppen. Ohne dieses Sicherheitsnetz wird es für die Unternehmen immer schwieriger werden, in diesem unfairen Kampf gegen neue Herstellerregionen zu bestehen, die Fälschungen in noch nie da gewesenem Maßstab produzieren.

Nach der Vorlage eines Bündels strafrechtlicher Maßnahmen zur Durchsetzung der Rechte an geistigem Eigentum im Juli 2005[16], legte die Kommission im Oktober 2005 eine Mitteilung[17] vor, in der sie darlegt, wie die Zollbehörden durch konkrete Maßnahmen den Schutz vor Produkt- und Markenpiraterie verbessern können, z. B. durch verstärkte Partnerschaft mit den Wirtschaftsbeteiligten und intensivere internationale Zusammenarbeit mit den Handelspartnern der EU.

Verbesserung der Zollvorschriften sowie ihrer Einhaltung und Förderung des „e-Zolls“

Im derzeitigen internationalen Unternehmensumfeld sind einfache, überschaubare und kosteneffiziente Förmlichkeiten im grenzüberschreitenden Warenverkehr eine wesentliche Voraussetzung für zunehmendes Wirtschaftswachstum durch die Teilnahme eines Landes oder einer Region am Welthandel. Zudem können die Zollbehörden am besten gewährleisten, dass die Einfuhren bestimmten ökologischen, gesundheitlichen und technischen Anforderungen entsprechen und dass handelspolitische Maßnahmen wirksam durchgesetzt werden. Dieser Teil der Zolltätigkeit ist von grundlegender Bedeutung, um zu gewährleisten, dass

* gleiche Wettbewerbsbedingungen mit den Handelspartnern geschaffen, gewahrt oder wiederhergestellt werden,

* in der Gemeinschaft hergestellten, sensiblen Konsumgütern die mit ihrem Produktionsstandard und -ort verbundenen Vorteile uneingeschränkt zugute kommen und

* Defensivmaßnahmen, die notwendig sind, um die notwendige Anpassung in der Gemeinschaft abzufedern, wirksam durchgesetzt werden.

2003 legte die Kommission eine Mitteilung über eine vereinfachte, papierlose Umgebung für Zoll und Handel sowie über die Rolle des Zolls bei einer integrierten Verwaltung der Außengrenzen[18] vor. Sie enthält einen Aktionsplan zur grundlegenden Überprüfung, Vereinfachung und Straffung der Zollverfahren im Hinblick auf eine umfassende Nutzung der Möglichkeiten der Informations- und Kommunikationstechnologie. Waren, die über die Außengrenzen der Gemeinschaft verbracht werden, müssen grundsätzlich den Zollbehörden gestellt werden. Die hierbei angewandten Verfahren haben beträchtlichen Einfluss darauf, wie sich die inländische Industrie im Welthandel positioniert und welchen wirtschaftlichen Beitrag sie im Inland leistet. Eine wirksame und effiziente Warenabfertigung erleichtert der heimischen Industrie die Teilnahme am Weltmarkt, steigert ihre Wettbewerbsfähigkeit und ermutigt kleine und mittlere Unternehmen zur Teilnahme am Welthandel, während sie gleichzeitig den Sicherheitserfordernissen Rechnung trägt. Durch Straffung und Anpassung der Zollvorschriften und –verfahren sowie gemeinsame Standards für die IT-Systeme wird ein modernisierter Zollkodex in Verbindung mit operativen Maßnahmen in den Mitgliedstaaten dazu beitragen, für Zoll und Handel eine vereinfachte, papierlose Umgebung zu schaffen.

Dieser modernisierte Zollkodex, für den die Kommission später in diesem Jahr einen Vorschlag unterbreiten wird, wird die rechtliche Grundlage für den e- Zoll bilden. Er wird nicht nur die Rechtsgrundlage sein für den elektronischen Datenaustausch zwischen den Wirtschaftsbeteiligten und den Zollbehörden der Mitgliedstaaten, sondern auch – wie in der Mitteilung der Kommission über die Rolle elektronischer Behördendienste ( e -Government) für die Zukunft Europas[19] beschrieben – für den Datenaustausch mit anderen am internationalen Warenverkehr beteiligten Behörden und Verwaltungsstellen. Gemäß dieser Initiative müssen die Wirtschaftsbeteiligen ihre Daten nur ein einziges Mal den Zollbehörden übermitteln („einziger Schalter“) und die Waren werden von allen beteiligten Behörden zur gleichen Zeit und am selben Ort („einzige Anlaufstelle“) kontrolliert.

Damit ein wirksames, effizientes Risikomanagement gewährleistet ist, müssen die Zollverwaltungen aller Mitgliedstaaten in der Lage sein, sich an dem elektronischen Datenaustausch zu beteiligen. Dies gilt insbesondere für den Austausch von Vorabanmeldungen, Risikodaten und Informationen über die Wirtschaftsbeteiligten. Die Zollsysteme und die Zollpraxis der Mitgliedstaaten müssen sich deshalb einander annähern und die automatisierten Zollsysteme der Mitgliedstaaten und der Kommission aufeinander abgestimmt werden. Außerdem müssen die Wirtschaftsbeteiligte die gesamte Kommunikation und sämtliche Transaktionen mit den Zollbehörden elektronisch abwickeln. Dies sollte nach dem Prinzip des „Zugangs für alle“ (plattformübergreifender Zugang) erfolgen, das in der oben erwähnten Kommissionsmitteilung über die Rolle elektronischer Behördendienste beschrieben wird.

Verbesserung der europäischen und der nationalen Vorschriften

Modernisierung der MwSt-Vorschriften

Die Verbesserung der Vorschriften ist ein wichtiges Element der erneuerten Strategie von Lissabon. Im Bereich der Mehrwertsteuer hat die Kommission mehrere Vorschläge unterbreitet, die auf eine Verbesserung des Rechtsrahmens abzielen und Hindernisse für das Funktionieren des Marktes beseitigen sowie mehr Wettbewerb einführen sollen.

Die grundlegenden MwSt-Vorschriften, die in der Sechsten MwSt-Richtlinie festgelegt sind, wurden mehrfach geändert, wodurch sie höchst komplex und schwer verständlich wurden. Die Kommission hat deshalb eine Neufassung der Sechsten MwSt-Richtlinie [20] vorgeschlagen, damit die EU-Regeln für Unternehmen, die innerhalb der EU wirtschaftlich tätig sein wollen, klar sind. Die Beratungen über diesen Vorschlag sind im Rat weit gediehen und werden fortgesetzt, damit der Vorschlag noch vor Ende dieses Jahres angenommen werden kann.

Außerdem zeigt sich immer deutlicher, dass das MwSt-System einheitlicher angewandt werden muss, um Unternehmen die EU-weite Tätigkeit zu erleichtern. 2004 schuf der Rat die Möglichkeit, Durchführungsvorschriften zu erlassen, um die einheitliche Anwendung der geltenden MwSt-Vorschriften zu gewährleisten[21]. Die erste Verordnung[22], die die Kommission auf der Basis dieser neuen Rechtsgrundlage vorschlug, und wird in Kürze angenommen. Nach Ansicht der Kommission ließen sich viele Schwierigkeiten, mit denen Unternehmen infolge der unterschiedlichen Auslegung der gemeinsamen MwSt-Vorschriften konfrontiert sind, beseitigen, wenn intensiver von der Möglichkeit Gebrauch gemacht würde, auf Gemeinschaftsebene verbindliche sekundäre MwSt-Vorschriften zu erlassen .

Dass eine einheitliche Anwendung der MwSt-Vorschriften Not tut, zeigt sich besonders deutlich in Situationen, in denen Auslegungsunterschiede zur Doppelbesteuerung (bzw. Nichtbesteuerung) führen können. Es gibt allerdings auch Fälle, in denen die Doppelbesteuerung oder die Pflicht eines Wirtschaftsbeteiligten, auf ein und dieselbe Leistung in zwei Mitgliedstaaten MwSt zu zahlen, darauf zurückzuführen ist, dass die Mitgliedstaaten unterschiedlicher Auffassung darüber sind, um welche Art von Leistung es sich handelt. Zu einer solchen unterschiedlichen Bewertung der Sachlage kann es auch dann kommen, wenn die betroffenen Mitgliedstaaten identische MwSt-Vorschriften haben. Die Kommission wird deshalb Ende 2005 einen EU-Mechanismus zur Lösung oder jedenfalls zur Milderung derartiger Fälle von Doppelbesteuerung vorschlagen.

Wissen und Innovation für Wachstum

Mehr und gezieltere Investitionen in Forschung und Entwicklung

Sowohl die Wirtschaftstheorie als auch Eempirische Untersuchungen betonen die Schlüsselrolle von Forschung und Entwicklung für das Wirtschaftswachstum. FuE-Investitionen erzeugen typischerweise so genannte Spillover-Effekte, d.h. der soziale Ertrag der Investition ist höher als der private Ertrag für das Unternehmen. Dies bedeutet, dass die Forschungsinvestitionen der Unternehmen ohne öffentliche Förderung auf suboptimalem Niveau bleiben und nicht das volle Wachstumspotenzial der Wirtschaft zur Entfaltung bringen würden.

Dementsprechend enthält die Lissabon-Agenda mehrere Maßnahmen zur Förderung von FuE. So stellte der Vorsitz des Europäischen Rates vom 23. März 2005 in seinen Schlussfolgerungen ausdrücklich fest, dass das Ziel eines Investitionsniveaus von 3% „ unter anderem durch steuerliche Anreize für Privatinvestitionen (…)“ erreicht wird.

Mitteilung über steuerliche FuE-Anreize

Je nach wirtschaftlichem Hintergrund, FuE-Kapazität und allgemeinem Steuersystem eines Landes können steuerliche Anreize dazu beitragen, Marktversagen zu beheben und die Forschungsinvestitionen der Unternehmen zu steigern, indem sie die FuE-Kosten senken. Steuerliche Maßnahmen erleichtern den Unternehmen die Entscheidung, auf welche Projekte und Prioritäten sie ihre FuE-Investitionen konzentrieren sollen und bieten größere Rechts- und Planungssicherheit. Sie erlauben es auch, eine direkte Verbindung zwischen öffentlichen Anreizen und einer Erhöhung der privaten FuE-Ausgaben herzustellen. Dies ist angesichts des durchschnittlichen Mangels an privater Forschung und Innovation von entscheidender Bedeutung. Der Wert steuerlicher FuE-Anreize ist jedoch unter Berücksichtigung des gesamten Steuersystems zu beurteilen. So ist z. B. die Höhe der Körperschaftsteuersätze von entscheidender Bedeutung dafür, welche Wirkung steuerliche Anreize letztlich haben.

In den letzten Jahren haben die Mitgliedstaaten eine Vielzahl unterschiedlicher steuerlicher FuE-Anreize geschaffen oder die bereits vorhandenen Anreize verstärkt. In den beiden vergangenen Jahren fand ein vom CREST organisierter Informationsaustausch über die beste Praxis in diesem Bereich zwischen den Mitgliedstaaten statt. Ziel dieses Austauschs war es, voneinander zu lernen und das Niveau der FuE-Investitionen zu steigern. Derzeit sind die FuE-Anreize der Mitgliedstaaten sehr unterschiedlicher Natur, was auf EU-Ebene zu einer recht unübersichtlichen Situation führt. Da die Mitgliedstaaten oft mit ähnlichen Problemen zu tun haben, kann diese mangelnde Koordination zu einer suboptimalen Allokation öffentlicher Mittel führen und verhindern, dass innerhalb der EU gleiche Ausgangsbedingungen gewährleistet sind.

Eine Mitteilung über steuerliche FuE-Anreize könnte dazu beitragen, dieses Defizit zu beheben und im Idealfall bewirken, dass die Mitgliedstaaten für gemeinsame Probleme auch gemeinsame Lösungen finden und vielleicht sogar sich verstärkende FuE-Anreize entwickeln, wodurch für FuE im Europäischen Forschungsraum ein günstiges steuerliches Umfeld entstünde. Entsprechend der Ankündigung in ihrem „Aktionsplan Staatliche Beihilfen“ wird die Kommission die bestehenden Rahmenvorschriften für FuE-Beihilfen und Innovation überarbeiten. Parallel hierzu soll eine Mitteilung vorgelegt werden, die den Mitgliedstaaten Leitlinien für das Entwerfen und die Integration von FuE-Anreizen in ihr allgemeines Steuersystem an die Hand gibt und ihnen insbesondere aufzeigt, welche gemeinschaftsrechtlichen Beschränkungen diesbezüglich bestehen.

In dieser Mitteilung soll folgendes dargelegt werden:

- die wichtigsten gemeinschaftsrechtlichen Anforderungen an steuerliche FuE-Anreize der Mitgliedstaaten;

- Beispiele guter Praxis einzelner Mitgliedstaaten bei der steuerlichen Behandlung von FuE und steuerlichen FuE-Anreizen, die als Vorbild dienen könnten, und

- gegebenenfalls Skizzierung der politischen Botschaft und des wesentlichen Inhalts etwaiger künftiger an die Mitgliedstaaten gerichteter Initiativen.

Eine solche Mitteilung wäre selbstverständlich nur dazu gedacht, den Mitgliedstaaten Hilfe anzubieten, die steuerliche Anreize einsetzen möchten – in keinem Fall würde sie Mitgliedstaaten zum Einsatz steuerlicher Anreize zwingen.

Förderung eines nachhaltigen Ressourceneinsatzes

Indirekte Steuern können – als marktwirtschaftliches Instrument – erheblich zu einem nachhaltigen Ressourceneinsatz in der Europäischen Union beitragen. Vernünftig gestaltete Verbrauchsteuern oder spezifische Ökosteuern senden bessere Preissignale, indem sie externe Umweltkosten internalisieren und die Wirtschaftsbeteiligten somit zu einer Verhaltensänderung bewegen. Die Besteuerung bietet für die Unternehmen auch einen Anreiz, in technologische Innovation zu investieren, um ihre steuerliche Belastung zu verringern. Energie-, verkehrs- und umweltbezogene Steuern könnten zur Förderung einer solchen nachhaltigen Ressourcenverwendung eingesetzt werden, und zwar vorzugsweise innerhalb eines koordinierten EU-Rahmens, um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden.

Energie-, verkehrs- und umweltbezogene Steuern

Mit der Richtlinie über die Besteuerung von Energieerzeugnissen[23] verfügen die Mitgliedstaaten über eine neue Grundlage für die Anwendung von Steuern zur Förderung des nachhaltigen Ressourceneinsatzes. So können sie z. B. Steuerermäßigungen für Unternehmen vorsehen, die Vereinbarungen einhalten, die zur Erreichung der Umweltziele oder zu besserer Energieeffizienz führen.

a) Besteuerung von Dieselkraftstoff für gewerbliche Zwecke

Diese Richtlinie muss geändert werden, um die Wettbewerbsverzerrungen auf dem Güterkraftverkehrsmarkt in den Griff zu bekommen , die durch die sehr unterschiedlichen Steuersätze der EU-Mitgliedstaaten für Dieselkraftstoff für gewerbliche Zwecke entstehen. Während die unlängst durchgeführte Sichtung der anhängigen Vorschläge die Kommission dazu veranlasst hat, ihren Vorschlag für Dieselkraftstoff für gewerbliche Zwecke von 2002[24] zurückzuziehen, beabsichtigt sie, noch vor Ende 2005 einen neuen Vorschlag zu unterbreiten, der den Anmerkungen des Europäischen Parlaments, des Rates und der Wirtschaftsbeteiligten während der Erörterung des ersten Vorschlags Rechnung trägt.

b) Besteuerung von Energieerzeugnissen

Die Kommission prüft außerdem, ob sie einen Vorschlag zur Änderung der Richtlinie zur Besteuerung von Energieerzeugnissen unterbreiten soll, um für die Energiebesteuerung ehrgeizigere Umweltziele einzuführen, die auf eine volle Internalisierung externer Kosten abzielen. In dem Grünbuch von 2005 über Energieeffizienz[25] legte die Kommission dar, dass zusätzliche Initiativen geprüft werden müssten, um die positive Wirkung der Steuerpolitik auf die Energieeffizienz zu verstärken. Denkbar wäre z. B. eine Annäherung der Verbrauchsteuersätze für Energieerzeugnisse und für gewerblich verwendeten Strom auf höherem Niveau und die Einführung einer automatischen Indexierung sämtlicher Verbrauchsteuersätze.

c) Besteuerung von Personenkraftwagen

Zu bedenken ist auch, dass der unlängst unterbreitete Vorschlag betreffend die Besteuerung von Personenkraftwagen, auf den bereits unter 2.1.4 Bezug genommen wurde, auch Bestimmungen enthält, wonach in die Bemessungsgrundlage der Mitgliedstaaten eine CO2-Komponente aufgenommen werden soll. Steuerliche Maßnahmen bilden eine der drei Säulen der Gemeinschaftsstrategie zur Verringerung der CO 2 -Emissionen von Personenkraftwagen . Ihr optimaler Einsatz in Verbindung mit Selbstverpflichtungen der Automobilindustrie und einer Information der Verbraucher sind von entscheidender Bedeutung dafür, ob die Gemeinschaft den Zielwert von 120g CO2/km erreicht. Die Senkung der CO2-Emissionen ginge einher mit einem niedrigeren Energieverbrauch, was wiederum die Verwendung von Energieerzeugnissen und die Nachhaltigkeit der Energieversorgung positiv beeinflussen würde.

ANHANG

Lissabon-Strategie: Die wichtigsten bereits verabschiedeten oder in Betracht gezogenen steuer- und zollpolitischen Maßnahmen

Stärkung der Anziehungskraft Europas als Investitions- und Beschäftigungsstandort | Wissen und Innovation für Wachstum |

1. Erweiterung und Vertiefung des Binnenmarkts | 1. Mehr und effizientere Investitionen in FuE |

Einheitliche konsolidierte KSt-Bemessungsgrundlage für EU-Unternehmen (2008) Vereinfachte steuerliche Rahmenbedingungen und Schaffung gleicher Ausgangsbedingungen: Befolgungspflichten im Zusammenhang mit der MwSt: einzige Anlaufstelle (2004); Sitzlandbesteuerung (2005); MwSt-Vorschriften – grenzüberschreitende Dienstleistungen und Finanzdienstleistungen (2005/2006); MwSt – öffentliche Einrichtungen (2006); Gezielte Maßnahmen zur Beseitigung steuerlicher Hemmnisse für EU-Unternehmen bei grenzüberschreitender Tätigkeit Grenzüberschreitender Verlustausgleich (2006), Verrechnungspreise (2005), Gesellschaftsteuer (2006) Neue Strategie für die Pkw-Besteuerung (2005); Beseitigung von durch Steuerbetrug und Steuerumgehung verursachten Verzerrungen (2006). | Mitteilung über steuerliche FuE-Anreize (2006) . |

2. Gewährleistung offener und wettbewerbsfähiger Märkte innerhalb und außerhalb Europas | 2. Förderung des nachhaltigen Ressourceneinsatzes |

Strategie gegen Produkt- und Markenpiraterie (2005) Verbesserung der Zollvorschriften und Förderung von e-Zoll (2005) | Energie-, verkehrs- und umweltbezogene Steuern Besteuerung von Dieselkraftstoff für gewerbliche Zwecke (2005), Energiebesteuerung (2006), Pkw-Besteuerung (2005) |

3. Verbesserung der europäischen und der nationalen Vorschriften |

Modernisierung der MwSt-Vorschriften (2005) |

[1] KOM(2005) 330 sowie KOM(2005) 24.

[2] Ebd.

[3] Siehe „European tax survey“ (SEC(2004) 1128/2).

[4] KOM(2005) 111.

[5] KOM(2001) 582 sowie KOM(2001) 1681.

[6] KOM(2003) 726.

[7] Siehe „European tax survey“ (SEC(2004) 1128/2).

[8] SEK(2004)1128/2.

[9] KOM(2003) 822.

[10] KOM(2005) 334.

[11] Siehe „European tax survey“ (SEC(2004) 1128/2).

[12] KOM(2004) 297.

[13] Richtlinie 69/335/EWG des Rates vom 17. Juli 1969 betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital (geändert).

[14] KOM(2002) 431.

[15] KOM(2005) 261.

[16] KOM(2005)276

[17] KOM(2005)479

[18] KOM(2003) 452.

[19] KOM(2003) 567.

[20] KOM(2004) 246.

[21] Richtlinie 2004/7/EG.

[22] KOM(2004) 641.

[23] Richtlinie 2003/96/EG (ABl. L 283 vom 31.10.2003, S. 51), zuletzt geändert durch die Richtlinie 2004/75/EG (ABl. L 157 vom 30.4.2004, S. 100)

[24] KOM(2002) 410.

[25] KOM(2005) 265.

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