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Document 52005DC0290

    Mitteilung der Kommission an den Rat, an das Europäische Parlament, an den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und an Den Ausschuss der Regionen - Zivilgesellschaftlicher Dialog zwischen der EU und den Kandidatenländern {SEC(2005) 891}

    /* KOM/2005/0290 endg. */

    52005DC0290

    Mitteilung der Kommission an den Rat, an das Europäische Parlament, an den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und an Den Ausschuss der Regionen - Zivilgesellschaftlicher Dialog zwischen der EU und den Kandidatenländern {SEC(2005) 891} /* KOM/2005/0290 endg. */


    [pic] | KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN |

    Brüssel, den 29.6.2005

    KOM(2005) 290 endgültig

    MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DEN RAT , AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, AN DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND AN DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN

    Zivilgesellschaftlicher Dialog zwischen der EU und den Kandidatenländern

    {SEC(2005) 891}

    1. WOZU EIN „ZIVILGESELLSCHAFTLICHER DIALOG“ ZWISCHEN DER EU UND DEN KANDIDATENLÄNDERN?

    1.1. Einleitung

    Die Erweiterung der Europäischen Union um zehn neue Mitgliedstaaten am 1. Mai 2004 hat die Einheit des Kontinents weiter gefestigt. Aus der Erfahrung mit der letzten Erweiterung kann jedoch u.a. die Lehre gezogen werden, dass die Bürger in den EU-Mitgliedstaaten nicht hinreichend vorbereitet bzw. informiert waren. Daher muss jeder künftigen Erweiterung der EU ein umfassender, eingehender und nachhaltiger Dialog zwischen den Gesellschaften der Kandidatenländer und in den EU-Mitgliedstaaten, als auch mit den EU Institutionen, vorausgehen. Ein solcher Dialog würde dazu beitragen, das Informationsdefizit zu beheben, zu einem besseren gegenseitigen Verständnis zu kommen, die Bürger und verschiedenen Kulturen, politischen und wirtschaftlichen Systeme näher zusammenzuführen und dadurch das Bewusstsein für die Chancen und Herausforderungen künftiger Erweiterungen zu schärfen.

    1.2. Der Dialog über künftige Erweiterungen

    In diesem Zusammenhang hat die Kommission in ihrer Empfehlung über die Fortschritte der Türkei auf dem Weg zum Beitritt im Oktober 2004[1] vorgeschlagen, einen Dialog zwischen den EU-Mitgliedstaaten und der Türkei einzurichten, bei dem die Menschen „ sich freimütig und offen über ihre jeweiligen Sorgen und Wahrnehmungen “ austauschen können und die Zivilgesellschaft „ die wichtigste Rolle " spielen und dabei „ von der EU unterstützt werden “ sollte.

    Die Kommission stellte fest, dass im Falle der Türkei ein zivilgesellschaftlicher Dialog, der auf die Verbesserung der gegenseitigen Kenntnis voneinander und dem Anstoßen einer Debatte über gesellschaftliche und politische Wahrnehmungen auf beiden Seiten abzielt, besonders notwendig ist. Die türkische Öffentlichkeit befürwortet die Mitgliedschaft in der EU nachdrücklich, ist jedoch über Geschichte, Funktionsweise, Regeln und Politik der Europäischen Union weiterhin unzureichend informiert. In der EU ist die Öffentlichkeit in dieser Frage geteilt – mit unterschiedlichen Meinungen sowohl zwischen als auch innerhalb der Mitgliedstaaten. Die lebhafte Debatte zur Türkei dreht sich um eine Reihe unterschiedlicher Themen - von der Kultur und der Religion bis hin zu praktischen Erwägungen. Während einerseits behauptet wird, dass die Werte und Praktiken des türkischen Staates und der türkischen Gesellschaft nicht mit EU Normen vereinbar sind, wird andererseits die Türkei als ein Land beschrieben, das sich bei unterschiedlichem kulturellen Hintergrund doch wie auch die EU-Mitgliedstaaten an die Grundsätze der Demokratie hält. Auch die zu erwartenden Auswirkungen eines Beitritts der Türkei aufgrund der Größe des Landes, seines Bruttovolkseinkommens und seiner geographischen Lage wird in breiten Kreisen diskutiert[2].

    Am 17. Dezember 2004 billigte der Europäische Rat die Empfehlung der Kommission und ergänzte sie durch folgende Festlegung: „ Parallel zu den Beitrittsverhandlungen wird die Union mit jedem Bewerberland einen intensiven politischen und kulturellen Dialog [3] aufnehmen. In diesen integrativen Dialog wird auch die Zivilgesellschaft einbezogen, um durch das Zusammenbringen der Menschen das gegenseitige Verständnis zu verbessern. “

    Der zivilgesellschaftliche Dialog[4] wird daher auch Kroatien[5] betreffen, wenngleich er sich mit diesem Land etwas anders gestalten dürfte als mit der Türkei. Ziel des Dialogs mit Kroatien ist es eher, die öffentliche Debatte in Kroatien über die Mitgliedschaft in der EU zu fördern und dabei auf ein besseres Verständnis und eine größere Akzeptanz der Normen und Werte der EU hinzuarbeiten. Neben den allgemeinen politischen Fragen ist dieser Dialog zu bestimmten Bereichen des EU-Rechtsbestands wie z.B. Umwelt, Lebensmittelsicherheit und Verbraucherschutz so wie bei Verpflichtungen im Bereich der Entwicklungshilfe besonders wichtig.

    Auf dem Treffen des Europäischen Rates in Thessaloniki im Juni 2003 hat die EU betont, dass die Zukunft des westlichen Balkans in der Europäischen Union liegt. Abhängig von den Fortschritten der einzelnen Länder bei der Einhaltung der Kriterien von Kopenhagen und der Bedingungen des Stabilitäts- und Assoziierungsprozesses, kann der Europäische Rat, auf der Grundlage einer Stellungnahme der Kommission, über die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen entscheiden. In diesem Zusammenhang könnten viele der laufenden und zukünftig geplanten Maßnahmen in den derzeitigen Kandidatenländern gegebenenfalls auch für die Länder des westlichen Balkans ergriffen werden.

    Wichtigstes Ziel des mit der Türkei und Kroatien zu entwickelnden zivilgesellschaftlichen Dialogs ist die verbesserte Aufklärung der Öffentlichkeit in der EU und den Kandidatenländern über die Chancen und Herausforderungen einer künftigen Erweiterung. In Bezug auf die Türkei wird der Dialog eine Diskussion über die Wahrnehmungen der Alltagskultur und der Werte in Staat und Gesellschaft beider Seiten anregen. Zur Verwirklichung dieser Ziele wird der Dialog durch Förderung des bilateralen Austausches einen Beitrag zur verstärkten Teilnahme der Zivilgesellschaft an der politischen, kulturellen und wirtschaftlichen Entwicklung der betreffenden Kandidatenländer leisten. So unterstützt er die weitere Entwicklung einer lebendigen und dynamischen Zivilgesellschaft in den Kandidatenländern, die eine Schlüsselvoraussetzung für die Konsolidierung von Menschenrechten und Demokratie entsprechen den politischen Beitrittskriterien ist.

    Die Ziele des zivilgesellschaftlichen Dialogs lassen sich kurz wie folgt zusammenfassen:

    - Stärkung der Kontakte und des gegenseitigen Erfahrungsaustauschs zwischen allen Sektoren der Zivilgesellschaft in den Mitgliedstaaten und den Kandidatenländern;

    - bessere Kenntnis der und mehr Verständnis für die betreffenden Kandidatenländer, ihre Geschichte und Kultur in der Europäischen Union, so dass die Chancen und Herausforderungen der künftigen Erweiterungen besser wahrgenommen werden;

    - bessere Kenntnis der EU und mehr Verständnis für die EU, ihre Grundwerte, ihre Funktionsweise und ihre Politik in den Kandidatenländern.

    1.3. Definition der Zivilgesellschaft

    Das Konzept der Zivilgesellschaft lässt sich unterschiedlich fassen. In Bezug auf diesen zivilgesellschaftlichen Dialog soll jedoch von der umfassendsten Definition des Begriffs „Zivilgesellschaft“ ausgegangen werden[6]. Danach setzt sich die Zivilgesellschaft aus folgenden Akteuren zusammen: den Sozialpartnern (Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden); Organisationen, die im weiteren Sinne soziale und wirtschaftliche Akteure vertreten (z.B. Verbraucherverbände); Nichtregierungsorganisationen (NRO) und gemeinschaftliche Organisationen, d.h. Basisorganisationen, über die sich die Bürger am kommunalen Leben beteiligen (Jugend- und Familienorganisationen), sowie Glaubensgemeinschaften und Medien.

    Alle gesellschaftlichen Organisationen außerhalb des Staates und der öffentlichen Verwaltung werden, ganz gleich, ob die Mitgliedschaft darin freiwillig oder obligatorisch ist (wie z.B. bei den Handelskammern in bestimmten Ländern), zur Teilnahme an dem Dialog ermutigt. Die Gemeinden und Kommunen werden in den Dialog einbezogen und außerdem sollen die Bereiche Bildung, Medien und Kultur eine Schlüsselrolle spielen. Schließlich tauschen sich in dem Dialog, wie oben erläutert, die Meinungsführer der nationalen und europäischen Institutionen aus.

    In dieser Mitteilung wird ein Konzept zum Aufbau eines zivilgesellschaftlichen Dialogs zwischen der EU und den Kandidatenländern dargelegt. Im ersten Teil der Mitteilung steht die Stärkung der bereits laufenden Maßnahmen auf nationaler und EU-Ebene im Mittelpunkt. Im Anschluss daran wird eine Reihe neuer Maßnahmen vorgeschlagen, um den Dialog weiter auszubauen.

    2. AUSBAU BEREITS LAUFENDER MAßNAHMEN

    2.1. Kroatien

    In Kroatien hat sich die Zivilgesellschaft selbstverständlich gemäß den spezifischen Rahmenbedingungen des Landes entwickelt. Die EU arbeitet mit der kroatischen Zivilgesellschaft im Rahmen ihrer Politik gegenüber dem westlichen Balkan zusammen, deren Kernstück der Stabilisierungs- und Assoziierungsprozess bildet. An diesem zivilgesellschaftlichen Dialog nehmen mehrere Akteure wie etwa Parlament, Medien, Bildungseinrichtungen, Minderheiten, Berufsverbände und weitere NRO teil. Dieser Dialog erhielt mit Inkrafttreten des Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommens (SAA) EU-Kroatien am 1. Februar 2005 neue Impulse. So fand z.B. am 3./4. März 2005 in Zagreb die erste Sitzung des Gemischten Parlamentsausschusses EU-Kroatien statt.

    Darüber hinaus kommt dem zivilgesellschaftlichen Dialog auch die weitergehende Teilnahme Kroatiens an den Gemeinschaftsprogrammen zugute, so etwa am 6. Forschungsrahmenprogramm, an den Programmen Jugend, Gleichstellung, Tempus, Beschäftigung und am Life-Drittländerprogramm, die durch das SAA sowie durch Mittel aus der Heranführungshilfe unterstützt wird. Mit der vollen Assoziierung Kroatiens am 6. Rahmenprogramm ab dem 1. Januar 2006 (zusammen mit dem ersten Aktionsplan) wird Kroatien des Weiteren auf dem Gebiet Forschung und technologische Entwicklung den gleichen Status genießen wie die Mitgliedstaaten. Dies bedeutet eine einzigartige Gelegenheit, die Integration der kroatischen wissenschaftlichen Zivilgesellschaft in den EU Forschungsraum voranzutreiben. Unter dem Tempus Programm stellt die Kommission Mittel in Höhe von 4 Mio EUR zur Verfügung, um gemeinsame Projekte von höheren Bildungseinrichtungen in der EU und in Kroatien zu unterstützen, die ebenfalls Akteure der Zivilgesellschaft einschließen. Zusätzlich beteiligt sich auch eine Reihe von Mitgliedstaaten an der Förderung bilateraler kultureller und bildungspolitischer Kontakte sowie sonstiger Formen der Kooperation mit Kroatien.

    2.2. Türkei

    Die engen politischen und wirtschaftlichen Beziehungen der Türkei zu den Europäischen Institutionen reichen bis in das Jahr 1963 zurück, als ein Assoziierungsabkommen unterzeichnet wurde, das dann 1995 zur Errichtung einer gemeinsamen Zollunion führte. Seit Anfang der sechziger Jahre bestehen also enge bilaterale Kontakte – sowohl auf institutioneller Ebene als auch an der Basis -, die seit der offiziellen Anerkennung des Landes als Beitrittskandidat im Jahr 1999 weiter intensiviert wurden. Wie aus der folgenden Darstellung hervorgeht, haben die Institutionen auf nationaler und europäischer Ebene bereits eine Reihe von bilateralen Aktivitäten entwickelt, die auch den zivilgesellschaftlichen Dialog tangieren. Nun gilt es, diese Aktivitäten verstärkt fortzusetzen und – in manchen Fällen – zu straffen und wirksamer zu fördern.

    2.2.1. Öffentliche Institutionen auf Länderebene

    2.2.1.1. Bilaterale Beziehungen

    Die Mitgliedstaaten fördern recht aktiv den bilateralen Austausch. Dazu gehören u.a. Mobilitätsprogramme, Stipendien, Medienentwicklung, finanzielle Förderung von NRO, Austauschprogramme zwischen Berufsverbänden, Schulpartnerschaften usw. Darüber hinaus pflegen die Mitgliedstaaten und die Türkei insbesondere intensive kulturelle Beziehungen, die in einigen Fällen von Kulturinstituten der Mitgliedstaaten in der Türkei zusätzlich gefördert werden. Auch die türkische Regierung war bisher bei der Unterstützung von kulturellen Veranstaltungen, Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit und parlamentarischen Kontakten aktiv. Es ist davon auszugehen, dass all diese Aktivitäten in Zukunft fortgesetzt, intensiviert und diversifiziert werden. Dies wird zur weiteren Entwicklung des zivilgesellschaftlichen Dialogs beitragen.

    2.2.1.2. Türkische Gemeinden in den Mitgliedstaaten

    Auch bei der Förderung der Integration von türkischen Gemeinden in ihrem Gastland sind die Behörden in den Mitgliedstaaten und der Türkei aktiv und arbeiten dabei mit NRO und zivilgesellschaftlichen Organisationen zusammen. Türkische Staatsangehörige bilden bei weitem die größte Gruppe von Drittstaatsangehörigen in der EU, und ihre Präsenz prägt auch das Bild der Türkei in der EU[7]. Die Aktivitäten in diesem Bereich sollten verstärkt und die Gemeinden der in den Mitgliedstaaten lebenden Türken zur aktiveren Teilnahme am Dialog EU-Türkei ermutigt werden. Die Mitgliedstaaten sollten weiterhin eine führende Rolle bei der Durchführung von Projekten spielen - in Zusammenarbeit mit den verschiedensten Partnern, von Ortsvereinen über prominente Persönlichkeiten türkischer Herkunft bis hin zu Wissenschaftlern und Gelehrten.

    2.2.2. Parlamente, Europäischer Wirtschafts- und Sozialausschuss, Ausschuss der Regionen

    Interparlamentarische Beziehungen, Kontakte zwischen politischen Parteien und nachhaltige persönliche Kontakte zwischen Parlamentariern tragen zum gegenseitigen Verständnis bei und stellen einen wichtigen Faktor im zivilgesellschaftlichen Dialog dar. Das Europäische und das türkische Parlament spielen daher eine entscheidende Rolle bei der Förderung dieses Dialogs. Seit vielen Jahren bietet insbesondere der Gemischte Parlamentsausschuss EU-Türkei eine Plattform für einen Meinungsaustausch zwischen gewählten Volksvertretern. Auch zwischen den nationalen Parlamenten findet ein fruchtbarer Austausch statt. Daneben sollten türkische Parlamentsmitarbeiter verstärkt die Möglichkeit haben, Praktika in den Parlamenten der Mitgliedstaaten wie auch im Europäischen Parlament zu absolvieren. Auch ein verstärkter Austausch zwischen den Jugend- und Frauenorganisationen der politischen Parteien in der EU und der Türkei sollte ermutigt werden.

    Institutionen der EU wie der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) tragen aktiv zum Ausbau der Beziehungen zur Türkei bei. Bereits vor zehn Jahren setzte der EWSA einen Gemischten Beratenden Ausschuss mit der Türkei ein, um den Dialog und die Zusammenarbeit zwischen wirtschaftlichen und sozialen Interessengruppen beider Seiten zu fördern. Dieser Ausschuss leistet damit einen deutlichen Beitrag zum Dialog der Zivilgesellschaften und beabsichtigt spezifische Maßnahmen zur Weiterentwicklung dieser Arbeit. Eine ähnliche Rolle sollte auch der Ausschuss der Regionen spielen, insbesondere bei der Förderung eines Dialogs auf Kommunalebene zwischen der Türkei und den Mitgliedstaaten.

    2.2.3. Laufende EU-finanzierte Maßnahmen

    2.2.3.1. Entwicklung der Zivilgesellschaft

    In den letzten Jahren nahm die türkische Zivilgesellschaft eine beeindruckende Entwicklung. NRO in vielen verschiedenen Bereichen vertreten ihre Interessen immer nachdrücklicher und bemühen sich um eine verstärkte soziale und politische Einflussnahme. Seit 2001 führt die EU ein Programm zur Entwicklung der Zivilgesellschaft durch, innerhalb dessen ein bedeutender Teil der Stärkung der türkischen NRO gewidmet ist[8]. Auch die Europäische Initiative für Demokratie und Menschenrechte betrachtet die Türkei als Schwerpunktland und fördert die Entwicklung von NRO im Rahmen von Klein- und Großprojekten. Bei der Planung der EU-Heranführungshilfe für die Türkei werden die Stärkung der Vereinigungsfreiheit und die Entwicklung der Zivilgesellschaft auch künftig wichtige Schwerpunkte bilden. Für 2005 sind für diesen Bereich 8 Mio EUR eingeplant.

    2.2.3.2. Sozialer Dialog, Beschäftigung und soziale Angelegenheiten

    Die Sozialpartner und soziale NRO spielen eine Schlüsselrolle bei der Ausarbeitung und Anwendung von Rechtsvorschriften der EU in den Bereichen Arbeitsrecht, Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz, Gleichstellung und Nichtdiskriminierung[9]. Ferner sind sie an der Formulierung, Umsetzung und Überwachung von Strategien und politischen Maßnahmen in den Bereichen Beschäftigung, soziale Eingrenzung und sozialer Schutz beteiligt. Aus diesem Grund legt die Kommission großen Wert auf den Aufbau von Kontakten zu den Sozialpartnern und im Sozialbereich tätigen zivilgesellschaftlichen Organisationen in der Türkei, um sie insbesondere näher an die EU-Standards heranzuführen und die von der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) festgelegten Gewerkschaftsrechte uneingeschränkt zu gewährleisten.

    Die Kommission wird sich weiterhin um enge Kontakte und um die Vernetzung mit solchen Organisationen in der Türkei bemühen. Sie wird außerdem darauf hinarbeiten, die Teilnahme der Türkei an Gemeinschaftsprogrammen in diesem Bereich weiter zu stärken. Die Türkei beteiligt sich bereits an den Gemeinschaftsprogrammen in den Bereichen Gleichstellung, Nichtdiskriminierung, Bekämpfung der sozialen Ausgrenzung und Anreizmaßnahmen zur Beschäftigungsförderung. In diesem Zusammenhang sollte die Türkei an allen Bereichen der transnationalen Zusammenarbeit uneingeschränkt teilnehmen. Dadurch erhalten türkische Organisationen die Möglichkeit zur direkten Teilnahme an offenen Auschreibungen zur Einreichung von Projektvorschlägen, was wiederum eine bessere Nutzung des Potentials dieser Programme zur Förderung des zivilgesellschaftlichen Dialogs gewährleisten wird. Mittel der Heranführungshilfe sollten bereitgestellt werden, um die damit verbundene Erhöhung des Finanzierungsbeitrags der Türkei abzudecken.

    2.2.3.3. Die Gemeinschaftsprogramme Sokrates, Jugend, Leonardo da Vinci

    Maßnahmen im Bereich der allgemeinen und beruflichen Bildung sind das wohl wirksamste Mittel zur Begegnung der Bürger und zur Förderung der gegenseitigen Kenntnis und Verständigung. Seit April 2004 nimmt die Türkei in vollem Umfang an den Gemeinschaftsprogrammen Sokrates , Jugend und Leonardo da Vinci teil. Das Programm Sokrates stärkt durch transnationale Projekte die europäische Dimension im Bildungswesen und fördert die Mobilität von Lehrpersonal und Lernenden auf allen Ebenen des Bildungssystems (Schul- und Hochschulbereich sowie Erwachsenenbildung) in den teilnehmenden Ländern. Das Programm Jugend gibt jungen Menschen, Jugendarbeitern und Jugendorganisationen die Möglichkeit, transnationale Austauschprogramme und nichtformale Bildungsaktivitäten zu entwickeln. Schließlich fördert das Berufsbildungsprogramm Leonardo da Vinci die transnationale Zusammenarbeit von Institutionen im Bereich der beruflichen Bildung, um dadurch die Mobilität zu erhöhen, Innovationen zu fördern und die Qualität der Berufsausbildung zu verbessern.

    Die große Zahl der Antragsteller und Teilnehmer 2004 und der erhebliche Anstieg der Bewerbungen auf die Aufrufe zur Einreichung von Vorschlägen für 2005 hin verdeutlichen die großen Erwartungen, die die türkische Öffentlichkeit in diese Programme setzt. Insgesamt nahmen im ersten Jahr schätzungsweise 9 000 Personen aus Türkei an den drei Programmen teil. Die zuständige türkische Behörde strebt bis 2006 eine Verdoppelung dieser jährlichen Zahl an. Die Relevanz und das Potential der drei Programme in diesem Land mit seinen 17 Millionen Schülern und Studenten sind groß. Allerdings bleibt noch viel zu tun, um die Gegenseitigkeit der Programme zu gewährleisten, denn die Zahl der Studenten, die zu einem Studienaufenthalt in die Türkei gehen, bleibt gering. 2005 wurden insgesamt rund 30 Mio. EUR für die Teilnahme der Türkei an den drei Programmen bereitgestellt, davon knapp zwei Drittel im Rahmen der Heranführungshilfe und ein Drittel aus dem Staatshaushalt der Türkei. Die Kommission wird beispielsweise durch Prüfung der Möglichkeit, ergänzend zu den Programmzuschüssen zusätzliche Heranführungshilfemittel bereitzustellen, eine verstärkte Beteiligung der Türkei an den Programmen fördern.

    2.2.3.4. Weitere laufende Aktivitäten im akademischen Bereich

    Das von der Delegation der EG in Ankara verwaltete Jean-Monnet-Stipendienprogramm dient zur Finanzierung von Stipendien für Postgraduierten-Studiengänge mit dem Ziel, das Wissen junger Menschen in der Türkei über die europäische Integration zu verbessern und die Verbindungen zwischen türkischen und EU-Bürgern zu stärken. Das Programm läuft bereits seit rund 15 Jahren und hat inzwischen mehreren hundert Teilnehmern aus der Türkei die Möglichkeit gegeben, sich mit Fragen der europäischen Integration und Kultur vertraut zu machen. Ferner hat es auch zur Stärkung der Verbindungen zwischen Hochschuleinrichtungen in der EU und der Türkei beigetragen. In Zukunft wird die Kommission das Programm durch die Aufstockung der dafür bereitgestellten Mittel stärken. In diesem Zusammenhang werden auch weitere Maßnahmen in Erwägung gezogen, wie z.B. die Einrichtung einer Vereinigung ehemaliger Teilnehmer am Jean-Monnet-Programm sowie die Ergänzung des Programms um Studienaufenthalte in der Türkei für Teilnehmer aus der EU.

    Die von der Europäischen Kommission (GD Bildung und Kultur) verwaltete Jean-Monnet-Aktion „Europäische Integration in den Hochschulstudiengängen“ ist eine Initiative, die Mitgliedstaaten und Nichtmitgliedstaaten offensteht. Sie soll akademische Spitzenleistungen im Bereich der Europastudiengänge anregen und die akademische Diskussion über die derzeitigen Prioritäten der europäischen Integration fördern. Im Rahmen der Initiative werden hochrangige Konferenzen und thematische Arbeitsgruppen gefördert, indem Jean-Monnet-Professoren, politische Entscheidungsträger und die Zivilgesellschaft zusammengebracht werden. Derzeit bestehen an türkischen Universitäten 7 Jean-Monnet-Lehrstühle und 26 Jean-Monnet-Module oder –Kurse. Die Kommission lädt die türkischen Universitäten ein, sich weiter zu beteiligen, um den Dialog über Fragen der europäischen Integration zwischen den Akademikern in der Türkei und in der Europäischen Union zu intensivieren.

    2.2.3.5. Humanressourcen und Mobilitätsmaßnahmen im Forschungsbereich (Marie-Curie-Aktionen)

    Im Rahmen der vollen Assoziierung der Türkei mit den Rahmenprogrammen für Forschung, technologische Entwicklung und Demonstration bieten die Marie Curie Aktionen ein zusammenhängendes Paket strukturierter Maßnahmen für Forscher, die der Entwicklung und Weitergabe von Forschungskompetenzen, der Konsolidierung und Ausweitung der Laufbahnaussichten für Forscher auf allen Ebenen und der Förderung von Spitzenleistungen in der europäischen Forschung dienen.

    3. EINFÜHRUNG NEUER MAßNAHMEN

    Die unten beschriebenen Maßnahmen sollen die bereits laufenden ergänzen. Bei der Förderung des zivilgesellschaftlichen Dialogs handelt es sich allerdings um einen langfristigen Prozess, der in Zukunft die Beitrittsverhandlungen begleiten wird. Daher lässt sich sein genauer Umfang vorab nicht in Gänze bestimmen, da er sich zwangsläufig entsprechend den Bedürfnissen und Anregungen der Zivilgesellschaft entfalten wird.

    Bei allen Maßnahmen wird es Aufgabe der Europäischen Kommission sein, Projekte im Rahmen des zivilgesellschaftlichen Dialogs zu fördern und zu unterstützen. Auch zur Verbreitung der Projektergebnisse wird sie beitragen. Doch es wird vor allem an den zivilgesellschaftlichen Akteuren selber liegen, die Initiative zu ergreifen, spezifische Themen aufzugreifen und weiterzuentwickeln und den Dialog aktiv voranzutreiben.

    3.1. Kroatien

    Die Entwicklung des zivilgesellschaftlichen Dialogs mit Kroatien wird von verschiedenen Faktoren bestimmt werden, darunter der Vertiefung der Beziehungen zwischen der EU und Kroatien, der Ausweitung der regionalen Zusammenarbeit und dem Fortschritt der Versöhnung innerhalb der Region. Eine Reihe bereits laufender oder geplanter Maßnahmen, so wie sie oben im Falle der Türkei im Einzelnen erläutert wurden, könnten ggf. auch zur Förderung des Dialogs mit Kroatien eingeführt bzw. weiterentwickelt werden. So wäre es z.B. sinnvoll, den Dialog mit Kroatien in den Bereichen auszubauen, die direkt vom Beitrittsprozess betroffen sind. Dadurch könnte das Verständnis für die Vorteile und Herausforderungen der europäischen Integration verbessert und eine Debatte zu den Grundwerten der EU gefördert werden. Dazu sollte der Aufbau von Kontakten zwischen Wirtschafts- und Sozialpartnern, NRO, Berufs- und Unternehmensverbänden sowie den Medien in Kroatien und der EU unterstützt und dabei auch auf die Einbeziehung weiterer wichtiger zivilgesellschaftlicher Akteure wie der Religionsgemeinschaften geachtet werden.

    3.2. Türkei

    3.2.1. NRO, Sozialpartner und Berufsverbände

    3.2.1.1. Langfristige Partnerschaften

    Aufbauend auf den Erfahrungen bei der Förderung der zivilgesellschaftlichen Entwicklung in der Türkei wird die Kommission ein spezielles Zuschussprogramm für den zivilgesellschaftlichen Dialog auflegen, um den NRO und sonstigen zivilgesellschaftlichen Organisationen die notwendige Unterstützung zu gewähren, damit sie mit ihren Partnern in den Mitgliedstaaten gemeinsame bilaterale Austauschprojekte kofinanzieren können, die insbesondere durch den Austausch der bewährtesten Praktiken der gegenseitigen Verständigung dienen und die Zusammenarbeit fördern.

    Durch diese wachsende Internationalisierung sollen die türkischen NRO gestärkt und in die Lage versetzt werden, sich aktiver an den Debatten zu EU-Themen zu beteiligen. Vor allem die Organisationen in so wichtigen Bereichen wie Jugend, Gleichstellung, Umwelt, Verbraucherrechte, kulturelle Rechte, Bürger- und Menschenrechte sowie Bekämpfung der sozialen Ausgrenzung und von Diskriminierungen aller Art sollten ermutigt werden, einen Dialog mit ähnlichen Organisationen in der EU aufzubauen. Vorrang genießen Projekte, die auf den Aufbau langfristiger, dauerhafter Beziehungen zwischen NRO-Gruppierungen in der EU und der Türkei abzielen. Dabei soll darauf geachtet werden, dass zu dem Kreis der Projektträger und -partner auch diejenigen NRO zählen, die in entlegenen Gebieten ansässig sind bzw. bisher kaum in EU-finanzierte Projekte einbezogen wurden.

    Auch der Unternehmenssektor und die Berufsverbände und Sozialpartner sollen in umfassender Weise in den zivilgesellschaftlichen Dialog eingebunden werden. Diesbezüglich wird die Kommission den Aufbau langfristiger Partnerschaften zwischen den jeweiligen Organisationen in der EU und der Türkei unterstützen. Dies gilt sowohl für sektorale als auch für nationale Verbände. Der Austausch zwischen Partnern in der EU und der Türkei soll u.a. zwischen Bauern, Richtern und Rechtsanwälten und ihren jeweiligen Berufsverbänden sowie Gleichstellungsgremien besonders gefördert werden.

    3.2.1.2. Gleichstellung

    Durch die Herstellung enger Verbindungen zwischen Organisationen in der Türkei und der EU, die in den Bereichen Frauenrechte und Chancengleichheit aktiv sind, dient der zivilgesellschaftliche Dialog auch dem Ziel, die Stellung und Beteiligung der Frau in allen Bereichen der Gesellschaft zu stärken und auch andere Probleme wie z.B. häusliche Gewalt anzugehen. Dies entspricht den Empfehlungen des vor kurzem veröffentlichten Berichts des Europäischen Parlaments zur Rolle der Frau im gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Leben der Türkei[10]. Besonderes Augenmerk gilt dabei der Präsenz von Frauen auf dem Arbeitsmarkt sowie im politischen Entscheidungsprozess auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene. Bei allen in dieser Mitteilung dargelegten Aktivitäten wird die Kommission auf Aspekte der Gleichstellung und Chancengleichheit achten.

    3.2.2. Wirtschaftsrat EU-Türkei

    Bei früheren Beitrittsverhandlungen spielte die Wirtschaft eine entscheidende Rolle durch Förderung der bilateralen Handels- und Investitionsflüsse und des Austausches von Know-how. Anhand der Erfahrungen mit ähnlichen erfolgreichen Projekten in den Beitrittsländern Ost- und Mitteleuropas im Rahmen der Beitrittsverhandlungen wird daher die Einrichtung eines Wirtschaftsrats EU-Türkei geprüft werden. Dieser Rat könnte als Forum für die wichtigsten in der Türkei tätigen EU-Unternehmen und für türkische Unternehmen dienen sowie ein Verbindungsglied zwischen den EU-Institutionen und den lokalen Wirtschaftsverbänden im Interesse von mehr Handel und Investitionen bilden.

    3.2.3. Kommunen und Städtepartnerschaften

    Die transnationale Zusammenarbeit von Kommunen ist ein wichtiger Faktor bei der Förderung von Frieden, Stabilität und Demokratie. Städtepartnerschaften, deren Zahl seit dem zweiten Weltkrieg stetig gestiegen ist, haben sich als Mittel zur Versöhnung und Völkerverständigung zwischen Nachbarländern bewährt. Inzwischen bestehen fast 13 000 derartige Partnerschaften in der EU (einschließlich der neuen Mitgliedstaaten).

    Was die Türkei betrifft, so sind zwar in den letzten Jahren einige Städtepartnerschaften mit der EU entstanden, doch fehlt weiterhin ein allgemeiner Rahmen zur Förderung dieses so nützlichen Kooperationsinstruments. Als Teil des zivilgesellschaftlichen Dialogs wird die Kommission prüfen, wie Partnerschaften zwischen Städten in der Türkei und der EU mit dem Ziel unterstützt werden können, die gegenseitige Verständigung zu verbessern, gemeinsame Projekte zu entwickeln, Seminare zu Fragen von gemeinsamem Interesse durchzuführen und die Beteiligung der Bürger zu fördern. Was die anderen in dieser Mitteilung beschriebenen Aktivitäten angeht, so wird auf die Einbeziehung von Kommunen in entlegenen oder benachteiligten Regionen besonderen Wert gelegt werden.

    Für den Zeitraum 2007-2013 hat die Kommission insbesondere die Einführung eines Gemeinschaftsprogramms „Bürger für Europa" vorgeschlagen, mit dem eine aktive europäische Bürgerschaft und insbesondere die Zusammenarbeit zwischen Bürgern und zivilgesellschaftlichen Organisationen aus verschiedenen Ländern gefördert werden soll. Dabei soll der Schwerpunkt auf dem transnationalen Austausch zwischen Bürgern und Organisationen aus den derzeitigen und künftigen Mitgliedstaaten liegen. Rund 40 % der Programmmittel sollen in Städtepartnerschaften und Bürgerprojekte fließen. Auch die Türkei könnte sich gemäß den im Rahmenabkommen über ihre Teilnahme an Gemeinschaftsprogrammen niedergelegten Bedingungen an diesem Programm beteiligen. Ihre Teilnahme würde teilweise aus Mitteln der Heranführungshilfe finanziert werden.

    3.2.4. Austauschprogramme für Jugendliche, Studierende und junge Berufstätige

    Die Kommission wird auf den Ausbau des Austausches zwischen der EU und den Kandidatenländern in diesem Bereich großen Wert legen und zu diesem Zweck deren Teilnahme an den entsprechenden EU-Austauschprogrammen (siehe oben) forcieren. Mit Blick auf neue Initiativen in diesem Bereich wird die Kommission breit angelegte Konsultationen mit Schulen und Hochschulen in der EU und der Türkei einleiten.

    Was den Schulbereich anbetrifft, so wird die Kommission prüfen, ob mit den bestehenden Mechanismen alle Zielgruppen erreicht werden können. So könnten z.B. Austauschprogramme für Schüler der Sekundarstufe sowie Projekte, die der besseren gegenseitigen Vermittlung von Wissen über die gemeinsame Geschichte dienen, verstärkt unterstützt werden. In Erwägung gezogen könnten zudem Online-Projekte für Schüler unter 18 Jahren wie z.B. die Teilnahme an einer Online-Debatte zu den EU-Beitrittsverhandlungen.

    Im Hochschulbereich hat die Kommission die Absicht, eine engere institutionelle Zusammenarbeit zwischen Hochschulen in der EU und der Türkei zu fördern. Ziel dabei ist es, nicht nur den Erfahrungsaustausch und die Entwicklung von Lehrplänen zu unterstützen, sondern auch gemeinsame unabhängige Hochschuleinrichtungen zu schaffen, die Studierenden aus der Türkei und der EU offen stehen. Aufgabe solcher Einrichtungen wäre es, Lehre und Forschung im Bereich der Geschichte der EU und der Türkei, Identität, Kultur und Zivilisation zu betreiben und Studiengänge zum Thema europäische Integration zu entwickeln. In diesem Zusammenhang könnte die Kommission z.B. die Einrichtung lokaler Niederlassungen anerkannter türkischer Hochschulen und solcher in der EU unterstützen. Oder sie könnte eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen auf EU-Studien spezialisierten Hochschulen in der Türkei und ähnlichen Hochschulen in der EU mit dem Ziel fördern, gemeinsame Fakultäten oder Institute zu gründen.

    Darüber hinaus wird die Kommission die direkte Zusammenarbeit zwischen Hochschuleinrichtungen in der EU und der Türkei fördern, insbesondere in Bereichen wie Recht, Wirtschaft, Sozialwissenschaft und Geschichte, die für den Dialog EU-Türkei von Relevanz sind. Gemeinsame Forschungsvorhaben und Veröffentlichungen türkischer und europäischer Wissenschaftler in all diesen Bereichen werden unterstützt werden. Dies gilt auch für die Veranstaltung von Seminaren, Konferenzen und Workshops sowie für die Durchführung von Maßnahmen zur wirksamen Verbreitung der Forschungsergebnisse. Schließlich wird die Kommission die Möglichkeit prüfen, ein Programm von Kurzzeit-Praktika einzuführen, um den Austausch von Nachwuchskräften in verschiedenen Bereichen zu fördern.

    3.2.5. Kulturaustausch

    Die Entwicklung eines interkulturellen Austausches spielt eine entscheidende Rolle im zivilgesellschaftlichen Dialog und soll vorrangig vorangetrieben werden. Im Rahmen der neu ausgerichteten Programme „European Horizons“ und „Mosaic“, die - inzwischen in einem einzigen Programm zusammengeführt – von der EG-Delegation in Ankara verwaltet werden, wird die Kommission die grenzübergreifende Zusammenarbeit zwischen türkischen und EU NRO im Bereich Kunst und Kultur fördern. Dazu gehören z.B. die Finanzierung gemeinsamer Workshops und die Einrichtung von Online-Kulturforen. Zwei verschiedene Maßnahmenpakete sind vorgesehen: Das eine ist auf Kinder ausgerichtet (dazu gehört z.B. die weitere Förderung des türkisch-europäischen Kinderorchesters), das andere für Erwachsene konzipiert (und reicht von den bildenden Künsten zu Schulungen im Kultursektor, vom Kulturerbe zur „populären Kultur“).

    Darüber hinaus wird die Kommission auch regelmäßig stattfinde Kulturveranstaltungen wie Ausstellungen, Festspiele, Konferenzen und Austauschprogramme für Künstler unterstützen, um das Wissen über die türkische Kunst und Kultur in der EU bzw. der europäischen Kunst und Kultur in der Türkei zu verbreiten. Zudem wird ein europäisch-türkischer Kulturpreis für Künstler eingeführt und die Beteiligung türkischer Kulturschaffender an den bestehenden Kulturpreisen der Europäischen Gemeinschaft gefördert werden. Schließlich wird die Kommission den Zugang türkischer NRO im Kulturbereich zu den EU Netzwerken und zu möglichen Partnern in der EU fördern und die türkischen NRO über die bestehenden Möglichkeiten zur grenzübergreifenden Kooperation informieren.

    3.2.6. Teilnahme an den Gemeinschaftsprogrammen „Kultur“ und „Media“

    Derzeit nimmt die Türkei an zwei Gemeinschaftsprogrammen, die einen wichtigen Beitrag zur Förderung der Beziehungen zwischen der EU und der Türkei leisten könnten, nämlich „Kultur 2000" und "MEDIA Plus", nicht teil. Im Rahmen von „Kultur 2000“ werden Zuschüsse gewährt, um Kooperationsprojekte in allen Bereichen der Kunst und Kultur (darstellende Künste, bildende Künste, Literatur, Kulturerbe, Kulturgeschichte usw.) zu unterstützen. Ziel von „MEDIA Plus“ ist es, die Wettbewerbsfähigkeit der audiovisuellen Industrie in Europa zu stärken und zwar durch unterstützende Maßnahmen wie Ausbildungsinitiativen für Fachleute der audiovisuellen Industrie, Entwicklung von Produktionsvorhaben (Spielfilme, Fernsehdramen, Dokumentarfilme, Zeichentrickfilme und neue Medien) sowie Vertrieb und Förderung audiovisueller Werke.

    Vor allem mit Blick auf die Förderung des interkulturellen Dialogs und der gegenseitigen Verständnisses füreinander würde die Kommission die Teilnahme der Türkei am Programm „Kultur 2000“ und seinen Nachfolgeprogrammen begrüßen. Die Kommission unterstützt auch die Teilnahme der Türkei an dem Programm „MEDIA Plus“, insbesondere in Hinblick auf dessen Katalysatorfunktion für die Produktion von Fernseh- und Kinofilmen mit europäischem Inhalt. Doch die Teilnahme von Kandidatenländern an diesem Programm unterliegt – wie in der entsprechenden Verordnung niedergelegt – einer vorherigen Prüfung der Vereinbarkeit der nationalen Vorschriften mit dem Gemeinschaftsrecht im audiovisuellen Bereich. Die Kommission hat die Türkei dazu angehalten, ihre Vorschriften so bald wie möglich anzupassen, damit ihr die Vorteile auch dieses Programms zuteil werden können.

    3.2.7. Sprachkurse

    Ein erhebliches Hindernis für eine engere Zusammenarbeit zwischen zivilgesellschaftlichen Organisationen in der Türkei, insbesondere denjenigen mit Sitz in entlegenen Provinzen, und ähnlichen Organisationen in der EU ist der Mangel an Fremdsprachenkenntnissen. Dies Problem betrifft den Großteil der NRO, nicht zuletzt im kulturellen Bereich, und wirkt sich auf alle von dieser Mitteilung erfassten Handlungsfelder auf. Aus diesem Grund wird die Kommission Maßnahmen unterstützen, die den Erwerb von Sprachkenntnissen und das Dolmetschen/Übersetzen ins Türkische und aus dem Türkischen fördern sollen. Die Kommission wird mit den kulturellen Organisationen der Mitgliedstaaten bei der Förderung von Sprachkursen zusammenarbeiten und dabei Schwerpunktbereiche festlegen.

    3.2.8. Förderung öffentlicher Debatten, auch im Internet

    Die Kommission wird alles in ihrer Macht Stehende tun, um - mit Beteiligung von Akteuren in der Türkei und der EU - eine öffentliche Debatte zur Erweiterung, zur Beitrittsperspektive der Türkei sowie zu allen anderen kulturellen, politischen und institutionellen Themen des zivilgesellschaftlichen Dialogs mit dem Ziel besseren gegenseitigen Verständnisses zu fördern. Wichtige Meinungsführer aus der EU und den Beitrittsländern werden zur Teilnahme an Multimedien-Debatten in den EU-Mitgliedstaaten eingeladen werden. Auch Vertreter von NRO und Basisorganisationen werden an den Debatten teilnehmen, die das Interesse der breiten Öffentlichkeit wecken und den Dialog fördern sollen.

    Ferner wird die Schaffung von Internet-gestützten Plattformen zur Förderung einer on-line Debatte zu Themen des zivilgesellschaftlichen Dialogs unterstützt werden. Dazu wird eine Website mit Informationen über die Türkei, den Erweiterungsprozess und Maßnahmen im Rahmen des zivilgesellschaftlichen Dialogs sowie mit Links zu NRO, Schulen, Hochschulen und Forschungszentren eingerichtet werden. Geplant sind auch regelmäßige „Chats“ zu beitrittsbezogenen Fragen unter Beteiligung von wichtigen Akteuren und sonstigen Interessierten.

    3.2.9. Medien

    Die laufenden Arbeiten zur Förderung der Information und Kommunikation zur Türkei werden intensiviert werden, um insbesondere den Bekanntheitsgrad der Maßnahmen im Rahmen des zivilgesellschaftlichen Dialogs - mit Schwerpunkt auf der audiovisuellen Komponente - zu erhöhen. Dazu wird die Kommission Fernsehsendungen teilfinanzieren, die Aspekte des Lebens und der Gesellschaft in der Türkei und den EU-Mitgliedstaaten vorstellen und die türkischen Zuschauer über die EU, ihre Regeln und ihre Politik informieren. Zielgruppe ist die breite Öffentlichkeit in der Türkei und der EU, einschließlich der türkischen Minderheiten in der EU. Besonderer Wert wird dabei auf Sendungen gelegt werden, die von regionalen und lokalen Mediengruppen produziert werden. Unterstützt werden sollen auch Partnerschaftsprojekte türkischer und europäischer Fernsehgesellschaften, die die Produktion gemeinsamer Sendungen zum Ziel haben.

    3.2.10. Austausch und Sensibilisierung von Journalisten

    Ein Seminarprogramm für Journalisten aus der Türkei und der EU wird aufgelegt werden, um ihnen die Gelegenheit zu geben, sich mit Fragen im Zusammenhang mit einem EU-Beitritt der Türkei vertraut zu machen, die gegenseitige Kenntnis zu verbessern und Möglichkeiten zum Austausch bewährter Praktiken zu eröffnen.

    Das Programm wird möglicherweise mit der Unterstützung von Organisationen, die Journalisten vertreten, und weiteren Organisationen ohne Erwerbscharakter auf EU-Ebene entwickelt werden. Um eine möglichst nachhaltige Wirkung des Programms in den EU-Mitgliedstaaten zu erzielen, wird die Kommission allerdings dem Aufbau direkter Kontakte - vor allem in Form von Studienbesuchen und gemeinsamen Seminaren - zwischen Journalistenverbänden in der Türkei und den EU-Mitgliedstaaten Vorrang geben. Das Programm wird möglicherweise aus zwei Komponenten bestehen - einer für junge Journalisten und einer, die regelmäßige Treffen zwischen führenden türkischen und europäischen Redakteuren und prominenten Politikern in der EU und den Mitgliedstaaten vorsieht.

    3.2.11. Religiöse Gemeinschaften und Vereinigungen

    Wie in der Kommissionsempfehlung vom Oktober 2004 hervorgehoben, sollten im Rahmen des zivilgesellschaftlichen Dialogs auch religiöse Themen behandelt werden. Aus diesem Grund soll auch mit den Kirchen und anderen religiösen Gemeinschaften, Vereinigungen und Organisationen ein offener, transparenter und regelmäßiger Dialog - unter Achtung ihrer besonderen Identität und ihres speziellen Beitrags - gefördert werden.

    Seit den achtziger Jahren pflegt die Kommission einen Dialog zu Fragen der europäischen Integration zwischen den Kirchen und Religionsgemeinschaften in den EU-Mitgliedstaaten und Beitrittsländern einerseits und den Organen der EU andererseits. Eine wachsende Zahl religiöser Organisationen verfügen über Vertretungen in Brüssel, die diese Dialogarbeit wahrnehmen und daher eine wichtige Rolle bei der Weiterentwicklung dieser Komponente des zivilgesellschaftlichen Dialogs spielen könnten.

    4. DURCHFÜHRUNGSMODALITÄTEN

    4.1. Beratung durch führende Persönlichkeiten

    Die Kommission wird regelmäßige Konsultationen pflegen mit führenden Persönlichkeiten, die aufgrund ihres Fachwissens über die Beziehungen EU-Türkei und ihres zivilgesellschaftlichen Engagements ausgewählt werden, um ihren Rat bei der Ausarbeitung von Vorschlägen für künftige Maßnahmen einzuholen. Darüber hinaus könnten solche Persönlichkeiten zur Teilnahme an Konferenzen, Seminaren und anderen Veranstaltungen im Rahmen des zivilgesellschaftlichen Dialogs eingeladen werden.

    4.2. Finanzielle Unterstützung

    Die in dieser Mitteilung vorgeschlagenen Maßnahmen werden grundsätzlich aus Mitteln der Heranführungshilfe für die jeweiligen Kandidatenländer nach den derzeit geltenden Bestimmungen und Verfahren kofinanziert werden. Daneben können Maßnahmen und Veranstaltungen auch von Mediengruppen, Wirtschaftsverbänden und Sozialpartnern, Kultureinrichtungen und sonstigen öffentlichen und privaten Institutionen finanziert werden. Die Kommission kann solche Veranstaltungen, die den Zielen des zivilgesellschaftlichen Dialogs entsprechen, unterstützen. Bilaterale und multilaterale Maßnahmen, die von der EU und den Regierungen der Kandidatenländer unterstützt und finanziert werden, werden fortgeführt und gestärkt werden.

    Zur Finanzierung der Maßnahmen zum Thema Türkei wird die Kommission die Mittel der Heranführungshilfe für die Türkei in Anspruch nehmen, die von 300 Mio. EUR (2005) auf 500 Mio. EUR (2006) steigen wird. Durch die Bereitstellung der zur Finanzierung der geplanten Maßnahmen des zivilgesellschaftlichen Dialogs erforderlichen Mittel sollte sich insgesamt der Anteil der Maßnahmen erhöhen, die zurzeit unter der Rubrik „politischer und kultureller Dialog“ des Planungsdokuments der Heranführungshilfe finanziert werden. Ersten Schätzungen zufolge wird die Finanzierung des zivilgesellschaftlichen Dialogs, einschließlich der Teilnahme an Gemeinschaftsprogrammen, zwischen 8 und 10 % des jährlichen Gesamtbetrags der Heranführungshilfe in Anspruch nehmen. Für das Programmjahr 2006 ist ein Betrag von 40 Mio. EUR vorgesehen.

    Bei den Gemeinschaftsprogrammen leisten die Kandidatenländer einen eigenen Finanzierungsbeitrag. Dieser Beitrag wird teils aus dem Staatshaushalt des jeweiligen Kandidatenlands, teils aus Mitteln der Heranführungshilfe abgedeckt. Um die Teilnahme der Kandidatenländer an den laufenden Programmen zu stärken, wird die Kommission dafür sorgen, dass ein angemessener Anteil der Heranführungshilfe zu diesem Zweck verwendet wird. Kurzfristig können auch andere Formen der zusätzlichen Finanzierung in Erwägung gezogen werden. Was die Programme betrifft, an denen die Kandidatenländer derzeit nicht teilnehmen, wird die Kommission diese Länder zur Teilnahme ermutigen und ggf. Unterstützung gewähren, um die reibungslose und wirkungsvolle Durchführung der Programme sicherzustellen. Bei anderen spezifischen Aktivitäten kann die Kommission gemäß der Haushaltsordnung und den einschlägigen Durchführungsbestimmungen einzelnen Begünstigten auch direkte Zuschüsse gewähren, um die Verwirklichung bestimmter Ziele des zivilgesellschaftlichen Dialogs zu fördern.

    Auch die Kommunikationsstrategie für die Erweiterung ist auf das Ziel ausgerichtet, die öffentliche Debatte in den EU-Mitgliedstaaten und Kandidatenländern zu künftigen Erweiterungsrunden anzuregen, und unterstützt daher den zivilgesellschaftlichen Dialog in mehrerer Hinsicht. Für entsprechende Maßnahmen können neben dem Informations- und Kommunikationsbudget der EG-Delegationen in den Kandidatenländern auch Mittel des Programms PRINCE für die Erweiterung in Anspruch genommen werden.

    In Bezug auf die Verwaltung und Durchführung von Projekten im Zusammenhang mit dem zivilgesellschaftlichen Dialog wird sich die Kommission auf ihre bestehenden Strukturen und Ressourcen - sowohl in Brüssel und in den EG-Delegationen in den Kandidaten - sowie auf geeignete Stellen in den Kandidatenländern stützen. Der Aufbau zusätzlicher Strukturen wird nur dann in Erwägung gezogen werden, wenn sich dies im Verlauf des Dialogs als notwendig erweist. Dabei könnten bereits bestehende Stiftungen, die den Kultur- und Wissensaustausch zwischen der EU und anderen Weltregionen fördern, als Beispiel dienen.

    4.3. Die Visaproblematik

    Türkische Staatsbürger unterliegen derzeit der Visumspflicht, die sich vor allem dann als Hindernis für die Teilnahme an einigen in dieser Mitteilung genannten Aktivitäten erweisen könnte, wenn innerhalb relativ kurzer Zeit die Zahl der Anträge sprunghaft ansteigt. Für die Teilnehmer an dem zivilgesellschaftlichen Dialog wäre daher jede weitere Straffung der Visaverfahren zu begrüßen. Um den reibungslosen Ablauf des zivilgesellschaftlichen Dialogs zu gewährleisten, ist es erforderlich, dass die EU-Mitgliedstaaten, die für die Visumserteilung zuständig sind, ihre volle Kooperationsbereitschaft zeigen und dafür sorgen, dass die Teilnehmer rechtzeitig - und ohne unverhältnismäßig viele Unterlagen vorlegen zu müssen – ihr Visum erhalten.

    5. MONITORING UND BERICHTERSTATTUNG

    Bei der vorliegenden Mitteilung handelt es sich lediglich um einen ersten Schritt zum Auf- und Ausbau eines Dialogs zwischen den Zivilgesellschaften in der Türkei und Kroatien einerseits und in der EU andererseits. Da dieser Dialog parallel zu den Beitrittsverhandlungen stattfinden wird, ist davon auszugehen, dass sich die Bedürfnisse und Ziele mit der Zeit verändern. Dadurch könnte eine Neuausrichtung des Dialogs erforderlich werden.

    Daher wird die Kommission in regelmäßigen Abständen die Ergebnisse der einzelnen Maßnahmen prüfen. Dazu wird u.a. der Regelmäßige Bericht zur Türkei, der jedes Jahr erscheint, einen besonderen Abschnitt über die wichtigsten Maßnahmen und Fortschritte im zivilgesellschaftlichen Dialog enthalten. Darüber hinaus werden auf einer gesonderten Seite der EU-Website „Europa“ Informationen über laufende Projekte und Initiativen im Zusammenhang mit dem zivilgesellschaftlichen Dialog veröffentlicht werden.

    Außer den Ergebnissen allgemeiner Umfragen zur öffentlichen Akzeptanz der EU-Erweiterung mangelt es an genauen Informationen über Einstellungen und gegenseitige Wahrnehmungen in Bezug auf die kulturellen Beziehungen zwischen der EU und Türkei. Um hier Abhilfe zu schaffen, wird die Kommission für ein wirksames, regelmäßiges Monitoring der Zivilgesellschaft in der EU und der Türkei sowie ihrer Einstellungen sorgen. Die Ergebnisse werden als Richtschnur bei der konzeptionellen Weiterentwicklung des Dialogs dienen. Auch die Möglichkeit, eine gezielte Studie zu den gegenseitigen Wahrnehmungen der Türkei und der EU in Auftrag zu geben, könnte in Erwägung gezogen werden.

    [1] Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament - Empfehlung der Europäischen Kommission zu den Fortschritten der Türkei auf dem Weg zum Beitritt - KOM(2004) 656. Gemäß den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 17. Dezember 2004 beginnen die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei am 3. Oktober 2005, sofern das Land das Protokoll über die Anpassung des Ankara-Abkommens unterzeichnet und sechs von der Kommission benannte Rechtsakte in Kraft gesetzt hat (Europäischer Rat von Brüssel, 16./17. Dezember 2004. Schlussfolgerungen des Vorsitzes vom 17.12.2004 Nr. 16238/1/04 Rev1).

    [2] Siehe hierzu auch das Arbeitspapier der Kommissionsdienststellen: Fragen im Zusammenhang mit der möglichen Mitgliedschaft der Türkei in der Europäischen Union - SEK(2004) 1202.

    [3] Ein politischer Dialog mit der Türkei erfolgt im Rahmen der regelmäßigen Überwachung der Fortschritte der Türkei bei der Erfüllung der politischen Kopenhagener Kriterien – Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Achtung der Menschen- und Minderheitenrechte. Die Kommission führt regelmäßig Gespräche zu diesem Thema mit den türkischen Behörden.

    [4] Was in der Empfehlung der Kommission als „zivilgesellschaftlicher Dialog“ bezeichnet wurde, war eigentlich die dritte Säule einer auf drei Säulen beruhenden Strategie gegenüber der Türkei. Schwerpunkt der ersten Säule war die Stärkung des politischen Reformprozesses in der Türkei, bei der zweiten Säule ging es um die Verhandlungsführung nach einer geänderten Vorgehensweise und Gegenstand der dritten Säule war der Dialog zwischen der EU und der Türkei.

    [5] Nach der Entscheidung des Europäischen Rates vom 17. und 18. Juni 2004, dass Kroatien ein Beitrittsland ist, entschied der Europäische Rat vom 16. und 17. Dezember 2004, dass die Beitrittsverhandlungen am 17. März 2005 eröffnet werden würden, sofern vollständige Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien in Den Haag gegeben sei. Angesichts der nicht vollständigen Zusammenarbeit wurde der Beginn von Verhandlungen durch den Rat für Allgemeine Angelegenheiten und Auswärtige Beziehungen am 16. März vertagt, bis der Rat feststellen kann, dass Kroatien vollständig mit dem Strafgerichtshof zusammenarbeitet.

    [6] Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss definiert den Begriff „zivilgesellschaftliche Organisationen“ folgendermaßen: „Gesamtheit aller Organisationsstrukturen, deren Mitglieder über einen demokratischen Diskurs- und Verständigungsprozess dem allgemeinen Interesse dienen und welche auch als Mittler zwischen öffentlicher Gewalt und den Bürgern auftreten.“

    [7] Arbeitspapier der Kommissionsdienststellen, Fragen im Zusammenhang mit der Beitrittsperspektive der Türkei. Darin heißt es: „2002 waren rund 3 Mio. türkische Staatsbürger in den 15 EU-Mitgliedstaaten amtlich gemeldet. Hauptgastländer dieser Wanderarbeitnehmer sind Deutschland (77,8 % bzw. 2,3 Mio. Personen), Frankreich (7,9 % bzw. 230 000 Personen), Österreich (4,7 % bzw. 135 000 Personen) und die Niederlande (4,4 % bzw. 128 000 Personen).“

    [8] In diesem Rahmen wurde z.B. ein Zentrum für die Entwicklung der Zivilgesellschaft eingerichtet, um NRO zu unterstützen, und es wurden mehrere Mikroprojekte wie z.B. die „Local Civic Initiative“ und der „Greek-Turkish Civic Dialogue“ finanziert.

    [9] Der soziale Dialog ist integraler Bestandteil des EU-Besitzstands im Sozialbereich, und Sozialpartner spielen aufgrund des obligatorischen Konsultationsverfahrens nach Artikel 138 EU-Vertrag und der Möglichkeit zum Abschluss von Übereinkünften, die durch Richtlinien des Rates umgesetzt werden können, eine herausragende Rolle im Rechtssetzungsprozess auf EU-Ebene. Außerdem sind die Sozialpartner und zivilgesellschaftliche Organisationen wichtige Akteure bei der Koordinierung der Politik in den Bereichen Beschäftigung, soziale Integration und sozialer Schutz.

    [10] Berichtsentwurf des Europäischen Parlaments (A6-0175/2005) endgültig.

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