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Document 52005AE0388

Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates bezüglich der Schaffung eines Europäischen Verbunds für grenzüberschreitende Zusammenarbeit“(KOM(2004) 496 endg. — 2004/0168 (COD))

ABl. C 255 vom 14.10.2005, p. 76–78 (ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, NL, PL, PT, SK, SL, FI, SV)

14.10.2005   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 255/76


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates bezüglich der Schaffung eines Europäischen Verbunds für grenzüberschreitende Zusammenarbeit“

(KOM(2004) 496 endg. — 2004/0168 (COD))

(2005/C 255/15)

Der Rat der Europäischen Union beschloss am 8. November 2004, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 262 des EG-Vertrags um Stellungnahme zu obenerwähnter Vorlage zu ersuchen.

Die mit den Vorarbeiten beauftragte Fachgruppe Wirtschafts- und Währungsunion, wirtschaftlicher und sozialer Zusammenhalt nahm ihre Stellungnahme am 18. März 2005 an. Berichterstatter war Herr NOLLET.

Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 416. Plenartagung am 6./7. April 2005 (Sitzung vom 6. April) mit 118 gegen 2 Stimmen bei 6 Stimmenthaltungen folgende Stellungnahme:

1.   Einleitung

1.1

Am 1. Mai 2004 wurde ein neues Kapitel in der Geschichte Europas aufgeschlagen.

1.2

Nach langer Vorbereitungszeit sind der Europäischen Union der fünfzehn Mitgliedstaaten zehn neue Länder beigetreten. Diese Erweiterung eröffnet neue Entwicklungsmöglichkeiten und –perspektiven. Wenn die Organe der Europäischen Union effizienter arbeiten sollen, dann müssen sie mehr Nähe zum Bürger und zum Leben in den Gemeinden, Regionen und in der Gemeinschaft zeigen. Dies setzt voraus, dass der Qualität der gemeinschaftlichen Rechtsetzung mehr Aufmerksamkeit geschenkt wird.

1.3

Im Rahmen einer Vertiefung dieses Dialogs genießt die Einführung eines neuen Rechtsinstruments für grenzüberschreitende Zusammenarbeit folglich Vorrang und stellt eine neue Aufgabe dar, die effektiv erfüllt werden muss.

1.4

Die Kommission hat am 14. Juli 2004 einen Vorschlag für fünf neue Verordnungen zur Aktualisierung der Strukturfonds und -instrumente für den Zeitraum 2007-2013 verabschiedet, darunter einen Vorschlag für eine neue Verordnung bezüglich der Schaffung eines Europäischen Verbunds für grenzüberschreitende Zusammenarbeit (EVGZ).

1.5

Die Kommission erachtet den EVGZ als pragmatische Antwort auf die Forderung einiger Mitgliedstaaten. Sie schlägt ein fakultatives Instrument vor, das dem Aufbau einer Struktur der grenzüberschreitenden Verwaltung dient.

1.6

Die Kommission will die den Mitgliedstaaten übertragenen Zuständigkeiten keineswegs in Frage stellen. Diese sind für die Nutzung der Strukturfonds verantwortlich.

1.7

Angesichts der Sachlage hat die Kommission darauf verzichtet, die Einzelheiten des Abkommens festzulegen. Sie überlässt es den Beteiligten, ihre eigenen Satzungen zu erarbeiten.

1.8

Die Kommission stellt es den Mitgliedstaaten frei, weiterreichende Maßnahmen zu treffen. Der EVGZ ist fakultativ.

1.9

Zum Zeitpunkt der Abfassung des vorliegenden Stellungnahmeentwurfs muss die Kommission dem EWSA noch einen ergänzenden Vermerk über die rechtlichen Aspekte übermitteln.

1.10

Die Kommission wollte mit diesem neuen Instrument (EVGZ) bewusst keine weiteren steuerrechtlichen Aspekte regeln. Der EVGZ wird sich für das Steuersystem eines Mitgliedstaates seiner Wahl entscheiden.

1.11

Die Kommission strebt keine Harmonisierung an und bekräftigt daher, sie habe keine detailliertere Verordnung vorlegen wollen. Zwar blieb das Problem der Steuerharmonisierung in den Beratungen der Studiengruppe des EWSA unerwähnt, doch wird diese Position der Kommission den Bestrebungen zur Verwaltungsvereinfachung nicht gerecht.

1.12

Die Kommission wollte nicht Aufgaben der Mitgliedstaaten lösen und unterstreicht daher, der EVGZ sei gegenwärtig und auch künftig ein Instrument der Subsidiarität.

1.13

Aufgrund ihrer Erfahrungen ist die Kommission zu dem Schluss gelangt, dass die Konzipierung eines detaillierten Modells unmöglich ist.

1.14

Nach Ansicht der Kommission üben die nichtstaatlichen Organisationen (NRO) keine Kompetenz als öffentliche Körperschaft aus.

1.15

Die Kommission hat folglich einen Mindestrahmen vorgesehen. Beispielsweise können auch Hochschulen zu den Nutznießern zählen.

1.16

Die Kommission bekräftigt die Möglichkeit, auch ohne Rückgriff auf einen EVGZ in den Genuss der Strukturfonds zu kommen.

1.17

Nach Ansicht der Kommission hat ihr Vorschlag für eine Verordnung bezüglich der Schaffung eines Europäischen Verbunds für grenzüberschreitende Zusammenarbeit den großen Vorteil, dass deren Umsetzung ab 2007 möglich ist, ohne dass etwaige Revisionen der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften abgewartet werden müssen.

1.18

Der Ausschuss der Regionen hat am 18. November 2004 eine insgesamt positive Stellungnahme abgegeben und einige Änderungsvorschläge unterbreitet, namentlich folgenden: Das neue Rechtsinstrument „Europäischer Verbund für grenzüberschreitende Zusammenarbeit“ sollte in „Europäischer Verband für transeuropäische Zusammenarbeit“ umbenannt werden. Nach Ansicht des Ausschusses der Regionen hätte diese neue Bezeichnung den Vorteil, dass das betreffende Rechtsinstrument auch für die transnationale und interregionale Zusammenarbeit im Sinne von Artikel 1 des Verordnungsentwurfs verwendet werden könnte.

2.   Allgemeine Bemerkungen

2.1

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss hat den Vorschlag für eine Verordnung bezüglich der Schaffung eines Europäischen Verbunds für grenzüberschreitende Zusammenarbeit (bzw. — gemäß dem Vorschlag des Ausschusses der Regionen — eines Europäischen Verbands für transeuropäische Zusammenarbeit (EVTZ)) zur Kenntnis genommen.

2.2

Der EWSA stimmt dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates bezüglich der Schaffung eines Europäischen Verbunds für grenzüberschreitende Zusammenarbeit (EVGZ) und den darin genannten Zielen generell zu.

2.3

Der EWSA nimmt die Argumentation der Kommission und insbesondere den Aspekt der fakultativen Schaffung des EVGZ zur Kenntnis.

2.3.1

Der EVGZ kann die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zum Beispiel hinsichtlich der Finanzströme erleichtern.

2.3.2

Der EVGZ kann verschiedene Partner in mehreren Ländern betreffen. Da die Gemeinschaft im Zuge der Erweiterung mehr Land- und Wassergrenzen als früher besitzt, muss die Stärkung ihrer interregionalen Zusammenarbeit erleichtert werden.

2.3.3

Der EVGZ ist nicht beschränkend und kein Hemmschuh für weiterreichende Kooperationsabkommen. Der EVGZ ersetzt nicht die Euroregion.

2.4

Der EWSA befürwortet die Kommissionsinitiative bezüglich der Schaffung eines neuen Rechtsinstruments zur Erleichterung der Zusammenarbeit. Diese zusätzlichen Verordnungen sollen eine wirksame Kooperation erleichtern, weisen jedoch eine Schwachstelle auf: Die Beteiligung der Sozialpartner sowie der anderen betroffenen Organisationen der Zivilgesellschaft an den Überwachungsmechanismen ist nicht ausdrücklich vorgesehen.

2.5

Daneben bleibt die Rechtsgrundlage für diese Verordnung missverständlich. Die Beziehung zwischen dem EFRE (Artikel 18) und dem EVGZ muss eindeutig geklärt werden, insbesondere wenn die Mitgliedstaaten die Aufgaben der Verwaltungsbehörde auf den Europäischen Verbund übertragen.

2.6

Der Ausschuss könnte ferner überlegen, ob die Anforderungen bezüglich der Programmplanung, Verwaltung, Begleitung und Kontrolle den Mitgliedstaaten eine wirksame Zusammenarbeit ermöglichen und ob diese aus den Erfahrungen der Interreg-Programme lernen können. Die Phase der ausführlichen Programmplanung und Dokumentation (mit der 2007-2013 begonnen wird) sollte genutzt werden, um die Beteiligung der Bürger und Sozialpartner sowie der anderen betroffenen Organisationen der Zivilgesellschaft zu verstärken. Aus diesem Grund muss die Durchführungsbestimmung zur Publizierung der operationellen Programme rechtzeitig erarbeitet werden (Artikel 12 Ziffer 6 Buchstabe d)).

2.7

Nach Ansicht des EWSA kann der EVGZ gewiss ein sinnvolles Instrument für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit und eine Lösung für so manches einzelstaatliche Problem darstellen.

2.8

Der EWSA hegt jedoch gewisse Zweifel hinsichtlich der Anerkennung des EVGZ, was die Finanzverfahren und die einzelstaatlichen Verwaltungsbehörden angeht.

2.9

Die Strukturfonds sollen als „Hebel“ im Dienst einer Umsetzungsstrategie fungieren, welche die Entwicklungsakteure unter größtmöglicher Einbeziehung der Bürger verfolgen. Die im Wirtschafts- und Sozialbereich tätigen kommunalen und regionalen Kräfte sind anerkannte Entwicklungsakteure. Es wäre sinnvoll, wenn sie ausdrücklich in die Schaffung eines EVGZ einbezogen werden könnten.

2.10

Der EWSA erachtet die grenzüberschreitende Zusammenarbeit als wesentlich. Der Europäische Verbund ist zwar fakultativ, doch sollte die Kommission den Beteiligten ein Modell vorschlagen. Hierbei darf es sich keinesfalls um eine zusätzliche Belastung für die künftigen EVGZ handeln, vielmehr muss das Modell beispielhafte Verfahren aufzeigen und bei der Bildung eines Europäischen Verbundes Unterstützung leisten.

2.11

Der EWSA betont, dass ein wesentlicher Punkt in dem Verordnungsvorschlag unerwähnt bleibt: die Finanzverwaltung. In der EVGZ-Verordnung sollten die Aspekte der Verwaltung der europäischen Fonds geklärt werden.

2.12

In diesem Zusammenhang werden die bereits festgelegten Regeln für die finanzielle Verantwortung der Mitgliedstaaten keineswegs in Frage gestellt. Wenn der EVGZ jedoch auf eine Vereinfachung abzielt, dann sollten flexiblere Verfahren für die Begründung und Verwaltung der Finanzkonten vorgeschlagen werden.

3.   Besondere Bemerkungen

3.1

Der EWSA ist um eine eindeutige Klärung bemüht und schlägt der Kommission daher folgende Änderungen vor:

3.1.1   Artikel 1 Absatz 3:

Der EVGZ hat zum Ziel, die grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten sowie der regionalen und kommunalen Gebietskörperschaften — HINZUFÜGEN und der wirtschaftlichen und sozialen Akteure sowie der anderen betroffenen Organisationen der Zivilgesellschaft — zu erleichtern und zu fördern, um den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt zu stärken.

3.1.2   Artikel 2:

Der EVGZ kann sich aus Mitgliedstaaten und/oder regionalen und kommunalen Gebietskörperschaften und/oder anderen lokalen öffentlichen Organismen — HINZUFÜGEN und den wirtschaftlichen und sozialen Akteuren sowie den anderen betroffenen Organisationen der Zivilgesellschaft — zusammensetzen, im folgenden „Mitglieder“ genannt.

3.1.3   Artikel 4 Absatz 5:

HINZUFÜGEN Bis zur Harmonisierung des europäischen Steuerrechts bestimmt das Abkommen das anwendbare Recht, seine Auslegung und Anwendung — HINZUFÜGEN unter Wahrung der europäischen Verordnungen und der bilateralen Steuerabkommen der Mitgliedstaaten.

Die Kommission sollte diese Aspekte präzisieren.

3.1.4   Artikel 5:

HINZUFÜGEN Im Rahmen der Personalverwaltung muss der Wahrung des Standortes (bzw. der Standorte), der europäischen Verordnungen sowie der anwendbaren Sozial- und Steuerbestimmungen äußerst konsequent Rechnung getragen werden.

4.   Schlussfolgerungen

4.1

Nach Auffassung des EWSA ist der EVGZ ein notwendiges Instrument, und für eine gute Kommunikation und Verständigung wäre es angebracht, dass die Kommission einen technischen und rechtlichen Bezugsrahmen unterbreitet. Die rechtlichen und die strategischen Aspekte sind zwei grundlegende Konzepte und müssen genau voneinander abgegrenzt werden.

4.2

Der EWSA begrüßt das Streben nach einer echten Kohärenz, damit die Mitgliedstaaten sowie die regionalen und kommunalen Gebietskörperschaften die erheblichen Schwierigkeiten überwinden, auf die sie bei der Umsetzung und Verwaltung von Maßnahmen der grenzüberschreitenden, transnationalen und interregionalen Zusammenarbeit im Rahmen der unterschiedlichen nationalen Rechtsetzung und Verfahren stoßen.

Brüssel, den 6. April 2005

Die Präsidentin

des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Anne-Marie SIGMUND


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