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Document 52003XC1104(01)

Mitteilung der Kommission zu Auslegungsfragen — Erleichterung des Marktzugangs für Waren in einem anderen Mitgliedstaat: praktische Anwendung des Prinzips der gegenseitigen Anerkennung (Text von Bedeutung für den EWR)

ABl. C 265 vom 4.11.2003, p. 2–16 (ES, DA, DE, EL, EN, FR, IT, NL, PT, FI, SV)

52003XC1104(01)

Mitteilung der Kommission zu Auslegungsfragen — Erleichterung des Marktzugangs für Waren in einem anderen Mitgliedstaat: praktische Anwendung des Prinzips der gegenseitigen Anerkennung (Text von Bedeutung für den EWR)

Amtsblatt Nr. C 265 vom 04/11/2003 S. 0002 - 0016


Mitteilung der Kommission zu Auslegungsfragen - Erleichterung des Marktzugangs für Waren in einem anderen Mitgliedstaat: praktische Anwendung des Prinzips der gegenseitigen Anerkennung

(2003/C 265/02)

(Text von Bedeutung für den EWR)

ZUSAMMENFASSUNG

In der Vergangenheit musste die Kommission feststellen, dass das Prinzip der gegenseitigen Anerkennung bei vielen Wirtschaftsteilnehmern und in vielen nationalen Verwaltungen, die mit dem innergemeinschaftlichen Warenhandel zu tun haben, nach wie vor nicht hinreichend bekannt ist.

Da die Wirtschaftsteilnehmer in erster Linie an einem raschen Marktzugang interessiert sind, sind sie häufig bereit, ihr Erzeugnis an die nationalen Vorschriften des Bestimmungsmitgliedstaates anzupassen, auch wenn sich dadurch das Inverkehrbringen verteuert. Auf der anderen Seite zeigen sich die nationalen Verwaltungen bei einem Produkt, das sie nicht kennen und das nicht genau den technischen Vorschriften des Bestimmungsmitgliedstaates entspricht, verunsichert. Diese Unsicherheit äußert sich in einer übergroßen Vorsicht der zuständigen Behörden, die dem betreffenden Produkt den Zugang zum Markt des Bestimmungslands verweigern beziehungsweise erschweren.

Um in diesem Bereich Abhilfe zu schaffen, hat sich die Kommission verpflichtet, in einer Mitteilung die Rechte und Pflichten der Wirtschaftsteilnehmer und der nationalen Verwaltungen für die Fälle zu erläutern, in denen das Prinzip der gegenseitigen Anerkennung Anwendung finden muss. Diese Mitteilung soll ein praktischer Leitfaden sein und es den Mitgliedstaaten und den Wirtschaftsteilnehmern ermöglichen, in den vielen Wirtschaftsbereichen, in denen es noch keine harmonisierten Vorschriften gibt, die Vorteile des freien Warenverkehrs zu nutzen.

In dieser Mitteilung wird erklärt, dass der Mitgliedstaat, für den ein Erzeugnis bestimmt ist, das Inverkehrbringen dieses Erzeugnisses erlauben muss, wenn es rechtmäßig in einem anderen Mitgliedstaat oder in der Türkei hergestellt und/oder in den Verkehr gebracht wurde bzw. in einem EFTA-Mitgliedsland rechtmäßig hergestellt wurde, das Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ist, und einen gleichwertigen Schutz der berechtigten Interessen der Allgemeinheit garantiert.

Nicht in allen Fällen erfolgt die gegenseitige Anerkennung automatisch: Sie kann dem Überprüfungsrecht des Bestimmungsmitgliedstaates unterliegen, d. h. der Bestimmungsmitgliedstaat kann prüfen, ob das fragliche Erzeugnis ein Schutzniveau garantiert, das dem in den innerstaatlichen Vorschriften geforderten Schutzniveau entspricht. Macht der Bestimmungsmitgliedstaat von diesem Recht Gebrauch, kann er auf die in dieser Mitteilung vorgeschlagenen praktischen Instrumente zurückgreifen. Sie legen die Voraussetzung für die Anwendung des Überprüfungsrechts fest, damit es mit dem Grundrecht des freien Warenverkehrs vereinbar ist.

Trotz der unmittelbaren Wirkung der Artikel 28 und 30 EG-Vertrag lassen sich allein schon durch die bloße Existenz einer technischen Vorschrift die Wirtschaftsteilnehmer entmutigen und die nationalen Verwaltungen verunsichern. Aus diesen Gründen enthält die Mitteilung einige Anregungen für die Mitgliedstaaten, wie sie das Prinzip der gegenseitigen Anerkennung korrekt anwenden. Hier sei vor allem der Vorschlag genannt, in die nationalen Rechtsvorschriften eine Klausel für die gegenseitige Anerkennung aufzunehmen.

1. EINFÜHRUNG

1.1 Die Produktvielfalt - ein Plus für die Europäische Union

Der Binnenmarkt zeichnet sich durch eine große Vielfalt von Produkten aus, die für Verbraucher und Umwelt ein hohes Schutzniveau garantieren. Diese Vielfalt stellt für die europäischen Verbraucher ein großes Plus dar und fördert die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Unternehmen. Darüber hinaus werden sich mit der Erweiterung der Europäischen Union, der Ausweitung des Welthandels und der zunehmenden Liberalisierung des Handels verbunden mit einer raschen Entwicklung der Produktions- und Vertriebstechniken die Vielfalt und die technische Komplexität der Erzeugnisse sicherlich in den kommenden Jahren noch vergrößern.

Trotz der Fortschritte, die die Kommission im Verlauf der letzten 15 Jahre im Bereich des freien Warenverkehrs feststellen konnte und trotz der Gemeinschaftsvorschriften zur Produktsicherheit(1) kann diese Vielfalt gleichermaßen nationale Verwaltungen und Wirtschaftsteilnehmer verunsichern(2). Die Kommission konnte bereits feststellen, dass sehr viele Wirtschaftsteilnehmer und nationale Verwaltungen nicht genau wissen, in welchem Umfang Erzeugnisse, für die es keine harmonisierten Gemeinschaftsregelungen gibt, in einem anderen Mitgliedstaat in den Verkehr gebracht werden dürfen, ohne an die Vorschriften des Bestimmungsmitgliedstaates angepasst werden zu müssen(3).

Gibt es für ein Produkt keine harmonisierten Gemeinschaftsregelungen und entspricht dieses Produkt nicht den technischen Vorschriften des Bestimmungsmitgliedstaates, wissen die Verwaltungen und die Wirtschaftsteilnehmer häufig nicht, wie sie sich verhalten sollen. In vielen Fällen führt diese Unkenntnis dazu, dass dem Produkt die Marktzulassung verweigert bzw. dass es aus dem Verkehr genommen wird, d. h. der Wirtschaftsteilnehmer verzichtet darauf, sein Erzeugnis im Bestimmungsmitgliedstaat auf den Markt zu bringen. Diese Unsicherheit kann also in der Praxis den Marktzugang im Bestimmungsmitgliedstaat erheblich behindern und dafür sorgen, dass die Möglichkeiten des Binnenmarktes nicht voll genutzt werden können.

1.2 Das Ziel dieser Mitteilung - Die Rechte und Pflichten erläutern

Vor diesem Hintergrund hält es die Kommission für sinnvoll, die allgemeinen Grundsätze noch einmal in Erinnerung zu rufen, anhand deren die Wirtschaftsteilnehmer und die nationalen Behörden gegebenenfalls praktische Probleme lösen können, die bei der Bewertung der Konformität von EWR-/Türkei-Erzeugnissen(4) mit den technischen Vorschriften des Bestimmungsmitgliedstaats auftreten.

Die vorliegende Mitteilung fasst noch einmal die Rechte zusammen, die die Wirtschaftsteilnehmer aufgrund des Gemeinschaftsrechts, insbesondere aufgrund des Prinzips der gegenseitigen Anerkennung haben, das auf den Artikeln 28 und 30 EG-Vertrag basiert(5). Dies betrifft insbesondere die Fälle, in denen sie Probleme haben, EWR-/Türkei-Erzeugnisse auf den Markt eines anderen Mitgliedstaates zu bringen. Des gleichen kann die Mitteilung auch den nationalen Verwaltungen Orientierungshilfe bieten, die die Angemessenheit des Schutzes bewerten, den die EWR-/Türkei-Erzeugnisse im Verhältnis zu dem in ihrem Land definierten Schutzniveau garantieren können (Überprüfung der Konformität der Erzeugnisse)(6).

Das Prinzip der gegenseitigen Anerkennung ist für das Funktionieren des Binnenmarktes von großer Bedeutung. Es sichert den freien Warenverkehr, wo keine harmonisierten Gemeinschaftsvorschriften existieren. Aufgrund dieses Prinzips kann ein Bestimmungsmitgliedstaat die Vermarktung eines EWR-/Türkei-Erzeugnisses in seinem Hoheitsgebiet nicht untersagen, auch wenn die technischen und qualitativen Auflagen für dieses Erzeugnis von denjenigen abweichen, denen in seinem Land hergestellte Erzeugnisse unterliegen. Die einzige Ausnahme von diesem Prinzip bilden Beschränkungen des Bestimmungsmitgliedstaats, die aus den in Artikel 30 EG-Vertrag genannten Gründen oder auf der Basis der vom Gerichtshof anerkannten zwingenden Erfordernisse des Allgemeininteresses gerechtfertigt sind.

Die Mitteilung wiederholt noch einmal die Bedingungen für eine korrekte Anwendung des Prinzips der gegenseitigen Anerkennung. Vor allem wird die Vereinbarkeit nationaler technischer Vorschriften, die das Inverkehrbringen von Erzeugnissen, für die es keine harmonisierten Regelungen gibt, in einem anderen Mitgliedstaat behindern können, mit den Artikeln 28 und 30 EG-Vertrag untersucht.

Im Sinne dieser Mitteilung ist eine technische Vorschrift eine technische Spezifikation, die die an ein Erzeugnis gestellten Anforderungen festlegt, wie beispielsweise seine Zusammensetzung (Qualitätsniveau, Gebrauchstauglichkeit, Leistung, Sicherheit, Abmessungen usw.) und/oder seine Aufmachung (Verkaufsbezeichnung, Verpackung, Etikettierung) oder die Prüfungen bzw. Prüfverfahren im Rahmen der Konformitätsbewertung, wobei die Erfuellung dieser Anforderungen de jure und de facto für das Inverkehrbringen oder die Verwendung im Bestimmungsmitgliedstaat verbindlich ist.

Die Mitteilung behandelt lediglich bestimmte Maßnahmen des Bestimmungsmitgliedstaates, die das Inverkehrbringen bestimmter Erzeugnisse in diesem Staat behindern können. Im Wesentlichen geht es dabei um die Auswirkungen der nationalen technischen Vorschriften auf den Zugang bestimmter Erzeugnisse zum Markt eines anderen Mitgliedstaates. Dementsprechend behandelt die Mitteilung nicht:

- die Warenbesteuerung in den Mitgliedstaaten, die mit anderen Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts vereinbar sein muss;

- die im Gemeinschaftsrecht vorgesehenen Tätigkeiten der Marktaufsicht und die durch Gemeinschaftsrecht vorgegebenen technischen Vorschriften;

- die Modalitäten für den Verkauf der Waren, die durch Maßnahmen des Bestimmungsmitgliedstaates vorgegeben sind, insbesondere Einschränkungen im Hinblick auf Öffnungszeiten, Verkaufsstätten, Sonderangebote, nationale Preisregelungen usw.(7);

- die Schwierigkeiten beim Zugang zum Markt eines anderen Mitgliedstaates, die Privatpersonen oder privaten Einrichtungen zuzuschreiben sind und nicht auf Befugnisse zurückgehen, die diesen von Behörden übertragen wurden.

Da die nationalen Regelungen für Waren sehr spezifisch sind, lassen sich die Grundsätze dieser Mitteilung nicht unbedingt auf andere Bereiche, wie den freien Dienstleistungs-, Kapital- und Personenverkehr übertragen.

Der Gerichtshof hat bestätigt, dass in Ermangelung einer Harmonisierung auf Gemeinschaftsebene die Mitgliedstaaten befugt sind, technische Vorschriften festzulegen.

Andererseits muss der Bestimmungsmitgliedstaat einem im EWR/in der Türkei hergestellten Erzeugnis eine Marktzulassung erteilen, sofern es in angemessener Weise den berechtigten Interessen der Allgemeinheit entspricht(8). Dieses Prinzip wird nachfolgend als Prinzip der gegenseitigen Anerkennung(9) bezeichnet.

Die gegenseitige Anerkennung erfolgt nicht immer automatisch: sie kann an das Recht des Bestimmungsmitgliedstaates geknüpft sein, nachzuprüfen, ob das betreffende Erzeugnis ein Schutzniveau bietet, das dem im nationalen Recht vorgeschriebenen Niveau gleichwertig ist.

Die Mitteilung verweist noch einmal auf die Rechtsmittel, die den Wirtschaftsteilnehmern offen stehen, und macht Vorschläge, wie die Grundfreiheit des freien Warenverkehrs mit dem Überprüfungsrecht des Bestimmungsmitgliedstaates vereinbart werden kann.

2. VON DIESER MITTEILUNG BETROFFENE ERZEUGNISSE

Diese Mitteilung betrifft lediglich sogenannte "EWR-/Türkei-Produkte", d. h. Erzeugnisse(10), die die unter Ziffer 2.1 und 2.2 genannten Erfordernisse erfuellen.

2.1 Erzeugnisse, für die es keine gemeinschaftsweit harmonisierten Vorschriften gibt(11)

Die vorliegende Mitteilung gilt also nicht für Erzeugnisse, die

- eine für die gesamte Gemeinschaft geltende Marktzulassung haben(12); oder

- aufgrund von Gemeinschaftsrichtlinien eine CE-Kennzeichnung tragen, die die Konformität mit allen auf Gemeinschaftsebene harmonisierten Aspekten bestätigt(13); oder

- den gemeinschaftlichen Vorschriften entsprechen und deren Zulassung zum europäischen Markt auf diese Weise garantiert ist(14). Es sei darauf hingewiesen, dass einige gemeinschaftliche Rechtsvorschriften ein System nationaler Genehmigungen vorsehen, das auf einer eingehenden Prüfung durch die zuständigen Stellen eines Mitgliedstaates beruht. Sobald diese Stellen die Marktzulassung erteilt haben, sind nach dem Gemeinschaftsrecht die entsprechenden Stellen in den anderen Mitgliedstaaten gehalten, diese Zulassung anzuerkennen und ihrerseits eine Zulassung zu erteilen. Es gibt aber Ausnahmefälle(15),

- da sie einer europäischen Norm entsprechen, deren Referenzen von der Kommission veröffentlicht wurden, im Hinblick auf die von den entsprechenden Normen abgedeckten Risiken und Risikokategorien unter die Sicherheitsvermutung der Richtlinie über die allgemeine Produktsicherheit(16) fallen.

Diese Mitteilung betrifft ausschließlich Produkte beziehungsweise Merkmale von Produkten, deren freier innergemeinschaftlicher Handel in Artikel 28 und 30 EG-Vertrag garantiert wird, was gleichwohl voraussetzt, dass für sie keine gemeinschaftlichen Regelungen bestehen(17).

2.2 Erzeugnisse, die rechtmäßig in einem anderen Mitgliedstaat oder in der Türkei hergestellt und/oder in den Verkehr gebracht wurden, bzw. Erzeugnisse, die rechtmäßig in einem EFTA-Mitgliedsland hergestellt wurden, das auch Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ist

- Ein Erzeugnis, das in einem anderen Mitgliedstaat, in der Türkei(18) oder einem EFTA-Mitgliedsland, das Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum(19) ist, nach den dort geltenden Produktionsvorschriften und -methoden hergestellt wird(20), gilt als rechtmäßig hergestellt. Es handelt sich also nicht nur um Erzeugnisse, die gemäß den möglicherweise im Recht des Herstellungsmitgliedstaates vorgesehenen technischen Vorschriften produziert werden, sondern auch um Produkte, die gegen keine andere nationale Vorschrift verstoßen. Selbstverständlich gilt ein Erzeugnis auch als rechtmäßig hergestellt, wenn es für diese Art von Produkt keine spezifischen technischen oder andere Vorschriften nationaler Stellen gibt. Erzeugnisse, die für die Verbraucher bestimmt sind (oder von ihnen verwendet werden können) unterliegen, wenn sie auf die gemeinschaftlichen Märkte gebracht werden, den Sicherheitsauflagen und -kriterien der Richtlinie über die allgemeine Produktsicherheit.

- Die Mitteilung betrifft ebenfalls Erzeugnisse, die in einem anderen Mitgliedstaat oder der Türkei rechtmäßig in den Verkehr gebracht wurden(21).

Im Sinne dieser Richtlinie ist ein "Herkunftsstaat":

- ein anderer Mitgliedstaat oder die Türkei, wenn das Erzeugnis dort rechtmäßig hergestellt oder in den Verkehr gebracht wurde, und

- ein EFTA-Mitgliedstaat, der Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ist, wenn das Erzeugnis dort rechtmäßig hergestellt wurde.

Die Richtlinie über die allgemeine Produktsicherheit sieht vor, dass die Pflicht, sichere Produkte auf den Markt zu bringen, auf jeden Fall dem Wirtschaftsteilnehmer obliegt. Ein Produkt gilt als sicher, wenn es bei normaler oder vernünftigerweise vorhersehbarer Verwendung, was auch die Gebrauchsdauer sowie gegebenenfalls die Inbetriebnahme, Installation und Wartungsanforderungen einschließt, keine oder nur geringe Gefahren birgt, und sein Gebrauch mit der Wahrung eines hohen Schutzniveaus für die Gesundheit und Sicherheit von Personen zu vereinbaren ist(22).

3. BESCHRÄNKENDE WIRKUNG DER TECHNISCHEN VORSCHRIFTEN AUF DIE MARKTZULASSUNG EINES ERZEUGNISSES IM BESTIMMUNGSMITGLIEDSTAAT

Sehr häufig wird der innergemeinschaftliche Handel mit sogenannten EWR-/Türkei-Erzeugnissen durch technische Vorschriften behindert, wie sie unter Ziffer 2 dieser Mitteilung beschrieben werden, selbst wenn diese Regeln sowohl für einheimische als auch für EWR-/Türkei-Erzeugnisse gelten(23). In der Praxis kommt es meistens dann zu Problemen mit der Anwendung des Prinzips der gegenseitigen Anerkennung, wenn ein Wirtschaftsteilnehmer ein Produkt auf den Markt bringen möchte und der Bestimmungsmitgliedstaat für dieses Erzeugnis die Einhaltung der nationalen technischen Vorschriften fordert.

Solche Vorschriften zwingen den Wirtschaftsteilnehmer unter Umständen, die EWR-/Türkei-Erzeugnisse im Bestimmungsmitgliedstaat vom Markt zu nehmen(24) oder sie an dessen Vorschriften anzupassen. Dadurch entstehen ihm zusätzliche Kosten. Selbst wenn diese Kosten letztendlich von den Verbrauchern getragen werden, bedeutet allein schon der Umstand, diese Kosten zunächst selbst aufbringen zu müssen, für die Wirtschaftsteilnehmer eine Behinderung, da er sie davon abschrecken könnte, sich den Markt in dem jeweiligen Mitgliedstaat zu erschließen(25).

Eine technische Vorschrift des Bestimmungsmitgliedstaates, die eine technische Norm(26) enthält oder eine nationale Norm verbindlich macht, ist besonders dann geeignet, den freien Warenverkehr zu behindern, wenn sie alternative technische Lösungen ausschließt, die ein gleichwertiges Schutzniveau garantieren, selbst wenn diese Norm gleichermaßen für alle in dem jeweiligen Hoheitsgebiet in den Verkehr gebrachten Erzeugnisse, einschließlich der EWR-/Türkei-Produkte gilt(27).

Auch eine sehr präzise und übermäßig detaillierte technische Vorschrift kann in besonderem Maße ein Hindernis für den freien Warenverkehr darstellen, selbst wenn sie gleichermaßen für alle im Hoheitsgebiet des Bestimmungsmitgliedstaates in den Verkehr gebrachten Erzeugnisse, einschließlich der EWR-/Türkei-Erzeugnisse gilt(28).

Gemeint sind hier beispielsweise technische Vorschriften über

- die Zusammensetzung eines Erzeugnisses(29), d. h. seine Qualität(30), seine Sicherheit(31), seine Abmessungen(32);

- die Aufmachung des Erzeugnisses, d. h. seine Verkaufsbezeichnung(33), seine Verpackung(34), seine Etikettierung(35).

Die technischen Vorschriften des Bestimmungsmitgliedstaates dürfen nämlich nicht verlangen, dass die EWR-/Türkei-Erzeugnisse buchstabengetreu und genau den technischen Bestimmungen und Merkmalen genügen, die auch für die im Bestimmungsmitgliedstaat hergestellten Erzeugnisse gelten, sofern diese EWR-/Türkei-Erzeugnisse ein gleichwertiges Schutzniveau garantieren, insbesondere im Hinblick auf die Gesundheit und das Leben der Verbraucher, die das Erzeugnis verwenden oder verbrauchen(36).

Daraus folgt, dass die Überwachungsstellen im Bestimmungsmitgliedstaat des Erzeugnisses bei der Ausübung ihres Überprüfungsrechts und bei der Prüfung der Konformität eines EWR-/Türkei-Produkts mit ihren technischen Vorschriften überprüfen müssen, in welchem Maß das jeweilige Erzeugnis ein gleichwertiges Schutzniveau gewährleistet.

4. DAS ÜBERPRÜFUNGSRECHT DES BESTIMMUNGSMITGLIEDSTAATES

Ein wichtiger Grundsatz des Gemeinschaftsrechts besagt, dass für ein EWR-/Türkei-Produkt die im EG-Vertrag verankerte Warenverkehrsfreiheit in Anspruch genommen werden kann, wenn der Bestimmungsmitgliedstaat nicht eine begründete Entscheidung dagegen getroffen hat, die sich auf technische Vorschriften stützt, die dem Erfordernis der Verhältnismäßigkeit genügen(37).

Der freie Warenverkehr ist keine absolute Freiheit: Die gegenseitige Anerkennung ist an das Recht des Bestimmungsmitgliedstaates in der Weise geknüpft, dass überprüft wird, ob das von dem Erzeugnis gebotene Schutzniveau dem Schutzniveau gleichwertig ist, das in den eigenen nationalen Vorschriften gefordert wird.

Dieses Recht muss sich auf objektive, nicht-diskriminierende, vorab bekannte Kriterien stützen, die dem Ermessen der nationalen Behörden Grenzen setzen, die seine missbräuchliche Ausübung verhindern.

Mithin müssen die Kriterien in entsprechender Form veröffentlicht oder leicht zugänglich sein. In jedem Fall muss das Überprüfungsrecht stets in einem möglichst kurzen, rationellen und kostengünstigen Verfahren ausgeübt werden. Im Prinzip darf im Bestimmungsmitgliedstaat keine systematische Kontrolle vor dem Inverkehrbringen vorgenommen werden. Der Bestimmungsmitgliedstaat kann die Konformität eines EWR-/Türkei-Produkts mit seinen eigenen technischen Vorschriften also generell nur bei einer Prüfung im Rahmen seiner Marktaufsichtstätigkeit und nur nach dem Inverkehrbringen im betreffenden Mitgliedstaat untersuchen. Indessen kann ein Genehmigungsverfahren, das dem Inverkehrbringen im Bestimmungsmitgliedstaat vorgeschaltet ist, unter sehr strengen Voraussetzungen gerechtfertigt sein(38).

Die Grundsätze dieser Mitteilung sind daher entsprechend auch auf ein Verfahren der Vorabgenehmigung vor Inverkehrbringen im Bestimmungsmitgliedstaat anzuwenden.

Nach Auffassung der Kommission ist die Überprüfung der Konformität eines EWR-/Türkei-Produkts im Lichte der Rechtsvorschriften des Bestimmungsmitgliedstaates nur dann mit Artikel 28 und 30 EG-Vertrag vereinbar, wenn dabei, in mehreren Stufen, folgende Faktoren berücksichtigt werden:

4.1 Erste Stufe: Einholen der benötigten Informationen

Wenn die zuständige Behörde des Bestimmungsmitgliedstaates überprüft, ob ein EWR-/Türkei-Produkt den technischen Vorschriften des betreffenden Staates entspricht, wäre es logisch, dass sie sich zunächst an den Wirtschaftsteilnehmer wendet, der die benötigten Informationen innerhalb einer angemessenen Frist liefern kann(39). Auf gezielte Fragen wird der betreffende Wirtschaftsteilnehmer die relevanten technischen Informationen und, erforderlichenfalls, ein Muster des infragestehenden Erzeugnisses liefern können. Angesichts ihrer Erfahrung mit der Bearbeitung von Beschwerden und Verstößen hält die Kommission eine Frist von 20 Arbeitstagen für angemessen. Auch wenn innerhalb dieser Frist keine Antwort eingeht bzw. die Anfrage mit Verspätung beantwortet wird, stellt dies an sich keinen Rechtfertigungsgrund für eine den Marktzugang verhindernde oder beschränkende Maßnahme dar.

Die zuständige Behörde des Bestimmungsmitgliedstaates hat auch das Recht, nähere Informationen einzuholen über die Konformität des EWR-/Türkei-Produkts mit den Vorschriften eines Herkunftsstaates. Insbesondere:

- wenn der Wirtschaftsteilnehmer einen Konformitätsnachweis besitzt (beispielsweise eine schriftliche Bestätigung der zuständigen Behörde eines Herkunftsstaates(40)), wäre es nach Auffassung der Kommission sinnvoll, diesen Nachweis der zuständigen Behörde des Bestimmungsmitgliedstaates vorzulegen.

- wäre es ferner sinnvoll, wenn der Wirtschaftsteilnehmer die in einem Herkunftsstaat anwendbare Vorschrift nennt.

Nach Auffassung der Kommission darf das Einholen von Informationen durch die zuständige Behörde des Bestimmungsmitgliedstaates und/oder die Prüfung des Erzeugnisses durch diese Behörde nicht dazu führen, dass das Inverkehrbringen des EWR-/Türkei-Produkts im Bestimmungsmitgliedstaat ausgesetzt wird, bis die zuständige Behörde eine begründete Entscheidung über dieses Inverkehrbringen getroffen hat(41). Ausnahmen bilden lediglich Sofortmaßnahmen, die nach einer in der Richtlinie 2001/95/EG oder in der Verordnung 178/2002 vorgesehenen Warnung erlassen werden.

Die zuständige Behörde des Bestimmungsmitgliedstaates kann eine Übersetzung dieser Unterlagen fordern. Eine von einer Verwaltungs- oder Konsularbehörde bestätigte oder beglaubigte Übersetzung wäre jedoch eine überzogene Forderung(42), ebenso wie eine zu knappe Frist für die Einreichung dieser Übersetzungen, außer unter besonderen Gegebenheiten. Desgleichen ist die Kommission der Ansicht, dass die zuständige Behörde des Bestimmungsmitgliedstaates genau angeben muss, welche Teile der Unterlagen übersetzt werden müssen. Ferner sollte die Behörde auf eine Übersetzung verzichten, wenn die fraglichen Unterlagen in einer Sprache vorliegen, die in der Behörde verstanden wird.

Die zuständige Behörde des Bestimmungsmitgliedstaates ist berechtigt, eine oder, sofern erforderlich mehrere Proben des Erzeugnisses zu nehmen, um seine Konformität mit den innerstaatlichen Regeln überprüfen zu können(43). Die Zahl der Proben sollte in einem vernünftigen Verhältnis zu der von dem Produkt möglicherweise ausgehenden Gefahr stehen.

Die zuständige Behörde des Bestimmungsmitgliedstaates darf keinesfalls Kontrollen vornehmen, die Kontrollen entsprechen, die bereits im Rahmen anderer Verfahren, entweder im selben oder in einem anderen Mitgliedstaat, durchgeführt wurden(44).

Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs ist dabei Folgendes zu berücksichtigen:

- die von der zuständigen Behörde eines Herkunftsstaates vorgenommenen Kontrollen(45);

- die bereits in einem Herkunftsstaat erfolgten technischen oder wissenschaftlichen Analysen oder Labortests(46). Nach Auffassung der Kommission kann eine Weigerung, die von einer im Herkunftsstaat rechtmäßig niedergelassenen Kontrolleinrichtung durchgeführten Tests und ausgestellten Zertifikate anzuerkennen, nur dann gerechtfertigt sein, wenn diese Einrichtung keine angemessenen und hinreichenden Garantien bezüglich ihrer technischen Fähigkeiten, ihrer Professionalität und ihrer Unabhängigkeit bietet. Die auf der Grundlage der Kriterien der Normreihe EN 45000 akkreditierten Zertifizierungsstellen bieten nach Ansicht der Kommission angemessene und hinreichende Garantien bezüglich ihrer technischen Fähigkeiten, ihrer Professionalität und ihrer Unabhängigkeit. Daraus folgt, dass der Bestimmungsmitgliedstaat die Ergebnisse der Testverfahren anerkennen muss, die im Herkunftsstaat gemäß technischen Prüfspezifikationen mit dem im Bestimmungsmitgliedstaat geforderten Niveau von einer Einrichtung durchgeführt wurden, die nach den Kriterien der genannten Normreihe zugelassen wurde. Der Bestimmungsmitgliedstaat kann die Prüfergebnisse nicht wegen mangelnder technischer oder beruflicher Kompetenz oder sogar wegen fehlender Unabhängigkeit dieser Einrichtung anzweifeln. Andererseits müssen auch alternative Mittel zur angemessenen und hinreichenden Überprüfung und Bescheinigung der Kompetenz und der Unabhängigkeit von Zertifizierungsstellen akzeptiert werden.

Die Nachweise über die bereits erfolgten Kontrollen und/oder die technischen und wissenschaftlichen Berichte können beim betreffenden Wirtschaftsteilnehmer erlangt werden(47) oder gegebenenfalls bei der zuständigen Verwaltungsbehörde des Herkunftsstaates(48).

Zusätzliche Tests darf der Bestimmungsmitgliedstaat indessen nur verlangen, wenn alle nachfolgenden Voraussetzungen erfuellt sind:

- Die Tests sind noch nicht durchgeführt worden oder noch nicht von einer Einrichtung, die Garantien bietet, die denjenigen gleichwertig sind, die für nationale Einrichtungen gefordert werden(49).

- Diese Art von Test ist auch für inländische Produkte vorgeschrieben.

- Die Tests sind notwendig, um der zuständigen Behörde die Informationen zu verschaffen, die sie benötigt, um das Schutzniveau zu beurteilen, welches das Produkt bietet(50).

Der Bestimmungsmitgliedstaat kann stets zusätzliche Tests vornehmen lassen, aber auf eigene Kosten(51).

4.2 Zweite Stufe: Überprüfung der Gleichwertigkeit des Schutzniveaus

4.2.1 Anerkennung der Konformität des Produktes mit den gesetzlichen Anforderungen des Herkunftsstaates

Wenn die zuständige Behörde des Bestimmungsmitgliedstaates erfährt, dass das EWR-/Türkei-Produkt die gesetzlichen Anforderungen eines (oder mehrerer) Herkunftsstaaten erfuellt, könnte diese Behörde zuweilen im Zuge der Verwaltungszusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten bereits über den Mindestschutz unterrichtet sein, den die Rechtsvorschriften dieses Staates bzw. dieser Staaten gewährleisten. Entspricht das Schutzniveau dem des Bestimmungsmitgliedstaates, ist eine eingehendere Prüfung des Produktes nicht mehr notwendig. Vorbehaltlich der Stichprobenkontrollen, die der Bestimmungsmitgliedstaat auf dem Markt vornehmen kann, kann das Erzeugnis also weiter im Bestimmungsmitgliedstaat vermarktet werden, ohne dass der Wirtschaftsteilnehmer weitere Maßnahmen im Rahmen der Konformitätsbewertung im Bestimmungsmitgliedstaat ergreifen müsste.

Das Schutzniveau, das von den Rechtsvorschriften eines Herkunftsstaates gewährleistet wird, kann zur Bewertung der Konformität des EWR-/Türkei-Produkts mit den Vorschriften des Bestimmungsmitgliedstaates beitragen, ist aber sicher nicht der entscheidende Faktor bei der abschließenden Beurteilung des vom Produkt gebotenen Schutzniveaus. Es ist nämlich möglich, dass der Hersteller sich für eine höhere Qualität entschieden hat als die, die in einem Herkunftsstaat gefordert wird.

4.2.2 Ermittlung der für das Produkt geltenden technischen Vorschriften

Anhand der über das betreffende EWR-/Türkei-Produkt eingeholten Informationen kann die zuständige Behörde des Bestimmungsmitgliedstaates prüfen, ob und inwieweit ihre nationalen technischen Vorschriften auf das betreffende Produkt anzuwenden sind.

Hat der Bestimmungsmitgliedstaat keine technischen Vorschriften für das Inverkehrbringen der EWR-/Türkei-Produkte auf seinem Hoheitsgebiet, wird die Vermarktung dort prinzipiell nicht behindert. Das wird in der Regel für einfache oder sehr gängige Produkte der Fall sein, die bei normalem Gebrauch keine Gesundheits- oder Sicherheitsrisiken bergen.

Doch auch wenn es im Bestimmungsmitgliedstaat keine spezifische technische Vorschrift gibt, könnte dieser die Vermarktung eines Produktes beschränken, wenn Sicherheitsprobleme in Verbindung mit diesem Erzeugnis auftreten; die Rechtsgrundlage hierfür bieten die Richtlinie über die allgemeine Produktsicherheit bzw. die Verordnung 178/2002, natürlich nur, wenn alle Voraussetzungen zur Anwendung dieser Rechtsvorschriften gegeben sind.

Hat der Bestimmungsmitgliedstaat hingegen technische Vorschriften für das Inverkehrbringen der EWR-/Türkei-Produkte auf seinem Hoheitsgebiet, sollte die zuständige Behörde im Lichte dieser Vorschriften die Unterlagen über das Produkt und, falls erforderlich, das Produkt selbst prüfen. Anhand dieser Prüfung kann festgestellt werden, welchen technischen Vorschriften das betreffende EWR-/Türkei-Produkt nicht entspricht, was wiederum die Ausübung des Rechts zur Überprüfung der Gleichwertigkeit des betreffenden Produkts vereinfacht.

4.2.3 Verhältnismäßigkeit der Anwendung der technischen Vorschriften des Bestimmungsmitgliedstaates

Die technischen Vorschriften, deren Anforderungen das EWR-/Türkei-Produkt nicht erfuellt, bilden die Grundlage für die Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Anwendung dieser Vorschriften im jeweiligen Fall.

Es sei daran erinnert, dass es für den nicht harmonisierten Bereich den Mitgliedstaaten frei steht, unter Einhaltung des Vertrags und des Prinzips der Verhältnismäßigkeit, das Schutzniveau festzulegen, das sie für angemessen halten, um die rechtmäßigen Ziele, wie beispielsweise die öffentliche Gesundheit, den Schutz der Verbraucher und der Umwelt, die öffentliche Ordnung oder die Straßenverkehrssicherheit zu garantieren(52).

In der Regel wird das Schutzniveau auf der Grundlage einer Risikobewertung(53) mit Hilfe verschiedener Instrumente, insbesondere technischer Vorschriften, festgelegt.

Der zuständigen Behörde wird das Recht, ihre technische Vorschrift auf ein EWR-/Türkei-Produkt anzuwenden, nur zuerkannt, wenn die folgenden Fragen mit ja beantwortet werden können:

- Wird mit der technischen Vorschrift als solcher ein Ziel verfolgt, das im Gemeinschaftsrecht als Ziel von allgemeinem Interesse anerkannt ist?

- Ist die Anwendung der Vorschrift auf das Produkt geeignet, die Verwirklichung des angestrebten Ziels zu gewährleisten, ohne über das für die Zielerreichung Erforderliche hinauszugehen?

Die Anwendung einer technischen Vorschrift auf ein Produkt erfuellt nur dann das Erfordernis der Verhältnismäßigkeit, wenn sie sowohl notwendig als auch angemessen ist:

a) Die Erforderlichkeit der Anwendung der technischen Vorschrift: Die Anwendung der technischen Vorschrift auf ein EWR-/Türkei-Produkt muss sich in erster Linie auf relevante technische oder wissenschaftliche Gründe stützen(54). Zweitens muss die Vorschrift erforderlich sein für den Schutz eines oder mehrerer der Interessen, die im Vertrag oder vom Gerichtshof als Rechtfertigungsgründe anerkannt sind(55).

Beispiel:

Der Bestimmungsmitgliedstaat verbietet das Inverkehrbringen von Brot, dessen Salzgehalt in der Trockenmasse den Grenzwert von 2 % überschreitet. Kann dieser Mitgliedstaat für dieses Erfordernis keinen wissenschaftlich fundierten, gesundheitsschutzbezogenen Grund vorbringen, darf er es nicht auf EWR-/Türkei-Produkte anwenden.

b) Die Angemessenheit der Anwendung der technischen Vorschrift: Die Anwendung einer technischen Vorschrift ist nicht angemessen, wenn die Interessen, die sie schützen soll, ebenso wirksam durch Maßnahmen geschützt werden können, die den innergemeinschaftlichen Handel weniger beeinträchtigen. Vor diesem Hintergrund muss der Schutz durch alternative Maßnahmen geprüft werden(56).

Beispiel:

Der Bestimmungsmitgliedstaat hat technische Vorschriften, nach denen für Trockenteigwaren ausschließlich Hartweizen verwendet werden darf: Der Verkauf von Teigwaren aus Weichweizen oder einer Mischung aus Hart- und Weichweizen ist verboten. Mit diesen Vorschriften sollen die Verbraucher geschützt werden, um das Lauterkeitsrecht zu wahren. Dies kann im innergemeinschaftlichen Handel mit diesen Teigwaren durch weniger beschränkende Maßnahmen erreicht werden, beispielsweise durch eine angemessene Etikettierung oder eine spezifische Bezeichnung dieser Erzeugnisse.

Damit ist die zuständige Behörde verpflichtet, bei der Prüfung eines EWR-/Türkei-Produktes aus eigener Initiative auf die Anwendung der technischen Vorschriften zu verzichten, die keine verhältnismäßige Maßnahme zum Schutz der in Artikel 30 EG-Vertrag aufgeführten Interessen oder der Interessen, deren Schutz einem vom Gerichtshof anerkannten zwingenden Erfordernis entspricht, darstellen.

Es muss betont werden, dass der Verzicht auf die Anwendung nicht verhältnismäßiger technischer Vorschriften auf ein EWR-/Türkei-Produkt eine durch das Gemeinschaftsrecht vorgegebene Entscheidung darstellt, die in jedem Fall Vorrang vor nationalem Recht hat.

Des Weiteren darf eine nationale Vorschrift nicht fordern, dass EWR-/Türkei-Produkte den Bestimmungen und technischen Anforderungen, die für einheimische Erzeugnisse gelten, buchstabengetreu entsprechen, wenn diese EWR-/Türkei-Produkte dasselbe Schutzniveau bieten(57).

Das Ergebnis der Prüfung der Anwendbarkeit einer technischen Vorschrift auf ein EWR-/Türkei-Produkt kann dazu führen, dass einheimische Erzeugnisse anders, d. h. strenger, behandelt werden als das betreffende EWR-/Türkei-Produkt. Diese unterschiedliche Behandlung darf für die zuständige Behörde bei der Überprüfung der Konformität des EWR-/Türkei-Produktes kein vorrangiges Kriterium sein.

Schließlich ist es möglich, dass im Bestimmungsmitgliedstaat ein anderes Schutzsystem besteht als im Herkunftsstaat. Dieser Unterschied hat keine Bedeutung für die Beurteilung der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit der im Bestimmungsmitgliedstaat geltenden technischen Vorschriften. Diese sind nur im Lichte der von den nationalen Behörden des Bestimmungsmitgliedstaates angestrebten Ziele und des Schutzniveaus, das sie gewährleisten sollen, zu beurteilen(58).

4.3 Dritte Stufe: Die Ergebnisse der Bewertung und die Unterrichtung des Antragstellers

Hat der Bestimmungsmitgliedstaat das EWR-/Türkei-Produkt geprüft, müssen die Ergebnisse dieser Prüfung - unabhängig ob negativ oder positiv - dem betreffenden Wirtschaftsteilnehmer umgehend mitgeteilt werden(59).

Die Kommission hält es für wichtig, dass die zuständige Behörde dem betroffenen Wirtschaftsteilnehmer all ihre Gründe darlegt, und zwar nicht nur im Falle einer negativen, sondern auch bei einer positiven Entscheidung. Eine positive Bewertung bestätigt, dass das EWR-/Türkei-Produkt rechtmäßig im Bestimmungsmitgliedstaat in Verkehr gebracht werden kann.

Die Handelsbeschränkung indessen, die aus einer negativen Bewertung folgen kann, ist im Prinzip eine Maßnahme mit gleicher Wirkung wie eine mengenmäßige Einfuhrbeschränkung; diese ist nach Artikel 28 EG-Vertrag verboten.

Es obliegt dem Mitgliedstaat, der sich auf einen Grund für eine Beschränkung des freien Warenverkehrs beruft, die Realität eines zwingenden Grundes des Allgemeininteresses, die Notwendigkeit der betreffenden Beschränkung und ihre Verhältnismäßigkeit im Hinblick auf das verfolgte Ziel nachzuweisen.

Einer der allgemeinen Grundsätze des Gemeinschaftsrechts besagt, dass jedermann vor den Gerichten der Mitgliedstaaten wirksame Rechtsbehelfe zur Verfügung stehen müssen gegen nationale Entscheidungen, die ein im Vertrag oder im abgeleiteten Gemeinschaftsrecht verankertes Recht beeinträchtigen können(60). Das setzt voraus, dass die Betroffenen, bevor sie irgendeinen Rechtsbehelf einlegen, von der Verwaltung die Gründe für die Entscheidung erfahren können(61).

Abgesehen von den Maßnahmen, die gemäß der Richtlinie über die allgemeine Produktsicherheit ergriffen werden können, muss nach Auffassung der Kommission die zuständige Behörde des Bestimmungsmitgliedstaates, die der Meinung ist, dass ein EWR-/Türkei-Produkt nicht auf ihrem Markt zugelassen werden sollte, in jedem Fall Folgendes tun:

- Schriftlich gegenüber dem Hersteller oder Vertreiber darlegen, welche Teile der innerstaatlichen technischen Vorschriften ihrer Auffassung nach einer Vermarktung des Produktes im Bestimmungsmitgliedstaat entgegenstehen;

- gegenüber dem betroffenen Wirtschaftsteilnehmer anhand aller relevanten wissenschaftlichen Daten, die dem Bestimmungsmitgliedstaat zur Verfügung stehen, darlegen, aus welchen zwingenden Gründen des Allgemeininteresses die betreffenden Teile der technischen Vorschrift auf das Produkt angewandt werden müssen und warum weniger einschränkende Maßnahmen nicht akzeptabel sind;

- anschließend, bevor eine Einzelmaßnahme bezüglich der Einschränkung der Vermarktung des Produktes getroffen wird, den Wirtschaftsteilnehmer auffordern, etwaige Anmerkungen mitzuteilen, und ihm dafür eine angemessene Frist (ca. 20 Arbeitstage) einräumen;

- diese Anmerkungen in der Begründung der endgültigen Entscheidung gebührend berücksichtigen;

- nachdem die Einzelmaßnahme zur Beschränkung der Vermarktung des betreffenden Produktes getroffen wurde, diese Entscheidung mit der Begründung dem betroffenen Wirtschaftsteilnehmer unter Hinweis auf die verfügbaren Rechtsbehelfe mitteilen;

- diese Entscheidung der Kommission mitteilen gemäß Artikel 7 der Richtlinie 92/59/EWG über die allgemeine Produktsicherheit bzw. ab 15. Januar 2004 gemäß Artikel 11 oder 12 der Richtlinie 2001/95/EG über die allgemeine Produktsicherheit; oder gemäß Artikel 50 der Verordnung 178/2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts;

- oder, wenn diese Artikel nicht anwendbar sind, die Entscheidung der Kommission gemäß Entscheidung Nr. 3052/95/EG des Parlaments vom 13. Dezember 1995 zur Einführung eines Verfahrens der gegenseitigen Unterrichtung über einzelstaatliche Maßnahmen, die vom Grundsatz des freien Warenverkehrs in der Gemeinschaft abweichen, mitteilen.

5. DIE WIDERSPRUCHSMÖGLICHKEITEN DES WIRTSCHAFTSTEILNEHMERS

5.1 Die direkte Anwendbarkeit von Artikel 28 und 30 EG-Vertrag

Die Bestimmungen von Artikel 28 bis 30 EG-Vertrag haben Vorrang vor jeglicher entgegenstehenden nationalen Maßnahme(62).

Wenn innerstaatliche Rechtsvorschriften mit Artikel 28 bis 30 EG-Vertrag unvereinbar sind, müssen die Gerichte und Verwaltungen der Mitgliedstaaten daher die volle Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts gewährleisten, indem sie die damit unvereinbaren Vorschriften des innerstaatlichen Rechts aus eigener Entscheidungsbefugnis unangewendet lassen(63).

Außerdem ist die strafrechtliche oder sonstige Bewehrung einer nationalen Beschränkungsmaßnahme, die für gemeinschaftsrechtswidrig erkannt worden ist, ebenso wenig mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar wie die Beschränkung selbst(64).

Der nationale Richter, der im Rahmen seiner Zuständigkeit die Artikel 28 und 30 EG-Vertrag anzuwenden hat, ist nämlich gehalten, für deren volle Wirksamkeit Sorge zu tragen, indem er erforderlichenfalls jede - auch spätere - entgegenstehende Bestimmung des nationalen Rechts aus eigener Entscheidungsbefugnis unangewendet lässt, ohne dass er die vorherige Beseitigung dieser Bestimmung auf gesetzgeberischem Wege oder durch irgendein anderes verfassungsrechtliches Verfahren beantragen oder abwarten müsste(65).

Die nationalen Gerichte können gemäß Artikel 234 EG-Vertrag ein Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung der Artikel 28 und 30 an den Gerichtshof richten.

5.2 Widerspruch gegen die ablehnende Entscheidung der zuständigen Behörde des Bestimmungsmitgliedstaates

Eine Verweigerung der Marktzulassung eines EWR-/Türkei-Produktes durch den Bestimmungsmitgliedstaat ist im Prinzip eine Maßnahme mit gleicher Wirkung wie eine mengenmäßige Einfuhrbeschränkung, die nach Artikel 28 EG-Vertrag verboten ist. Daher kann der Wirtschaftsteilnehmer eine gegen ihn getroffene ablehnende Entscheidung gemäß innerstaatlichem Recht stets anfechten.

Wird Rechtsbehelf bei einem nationalen Gericht eingelegt, muss dieses die Artikel 28 und 30 EG-Vertrag in der Auslegung des Gerichtshofs und gegebenenfalls die in dieser Mitteilung dargelegten Grundsätze anwenden sowie die ablehnende Entscheidung für mit diesen Artikeln unvereinbar erklären.

6. EINIGE EMPFEHLUNGEN FÜR DIE MITGLIEDSTAATEN

Mit der korrekten Anwendung des Prinzips der gegenseitigen Anerkennung können zwei Ziele miteinander vereinbart werden: der in den Artikeln 28 und 30 EG-Vertrag verankerte freie Warenverkehr und u. a. der Schutz der Gesundheit, der Umwelt und der Verbraucher.

Da die Mitgliedstaaten Artikel 28 und 30 EG-Vertrag Vorrang vor jeglicher innerstaatlichen Rechtsvorschrift einräumen müssen, die diesen Bestimmungen entgegensteht, müssen sie sicherstellen, dass ihre technischen Vorschriften gemeinschaftsrechtskonform sind. Hierfür haben sie mehrere Möglichkeiten, die teilweise miteinander kombiniert werden können:

6.1 Die Klausel über die gegenseitige Anerkennung

Obwohl Artikel 28 und 30 EG-Vertrag unmittelbare Wirkung entfalten, stellt man häufig fest, dass eine innerstaatliche technische Vorschrift Wirtschaftsteilnehmer bisweilen davon abschreckt, ihre Erzeugnisse in einem anderen Mitgliedstaat zu vermarkten, auch wenn ihre Produkte ein angemessenes, in einigen anderen Mitgliedstaaten anerkanntes Schutzniveau bieten. Außerdem scheut sich die zuständige Behörde des Bestimmungsmitgliedstaates häufig, Artikel 28 bis 30 EG-Vertrag anzuwenden, wenn die innerstaatlichen technischen Vorschriften keine besondere rechtliche Regelung über die Konformitätsbewertung von EWR-/Türkei-Produkten enthalten.

Aus diesen Gründen bemüht sich die Kommission um die Aufnahme einer Klausel über die gegenseitige Anerkennung, die für eine korrekte Anwendung dieses Grundsatzes sorgt, in die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten(66). Diese Klausel, die in das innerstaatliche Recht aufgenommen werden soll, dürfte die Vermarktung von Produkten ermöglichen, die in einem anderen Mitgliedstaat rechtmäßig hergestellt und/oder in Verkehr gebracht werden.

Die Grundsätze der Rechtssicherheit und des Rechtsschutzes erfordern auf den vom Gemeinschaftsrecht erfassten Gebieten eine eindeutige Formulierung der Rechtsnormen der Mitgliedstaaten, die den betroffenen Personen die klare und genaue Kenntnis ihrer Rechte und Pflichten ermöglicht und die innerstaatlichen Gerichte in die Lage versetzt, deren Wahrung sicherzustellen. Die Kommission hält die Klausel über die gegenseitige Anerkennung für einen nützliches Instrument zur Umsetzung dieser Grundsätze.

Diese Klausel kann folgende Form annehmen:

- die einer einfachen Klausel, wenn die anderen Teile des innerstaatlichen Rechts bereits die in dieser Mitteilung aufgeführten verwaltungstechnischen Garantien enthalten;

- die einer Klausel, in der ein detaillierteres Verfahren gemäß den in dieser Mitteilung dargelegten Grundsätzen beschrieben ist.

Beispiel für eine detaillierte Klausel über die gegenseitige Anerkennung:

Die Erfordernisse dieser Vorschrift gelten nicht für Erzeugnisse, die in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder der Türkei oder einem EFTA-Staat, der Vertragspartei des EWR-Abkommens ist, rechtmäßig hergestellt und/oder in Verkehr gebracht werden.

Wenn den zuständigen Behörden ein Nachweis darüber vorliegt, dass ein bestimmtes Erzeugnis, das in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder der Türkei oder in einem EFTA-Staat, der Vertragspartei des EWR-Abkommens ist, rechtmäßig hergestellt und/oder in Verkehr gebracht wird, kein Schutzniveau bietet, das dem in dieser Vorschrift Vorgeschriebenen entspricht, können sie das Inverkehrbringen dieses Erzeugnisses verbieten oder es vom Markt nehmen lassen, nachdem sie:

- dem Hersteller oder Vertreiber schriftlich mitgeteilt haben, aufgrund welcher Teile der nationalen technischen Vorschriften das betreffende Erzeugnis nicht in Verkehr gebracht werden darf; und

- anhand aller relevanten wissenschaftlichen Fakten dargelegt haben, aus welchen zwingenden Gründen des Allgemeininteresses diese Teile der technischen Vorschrift auf das Erzeugnis angewandt werden müssen und warum weniger einschränkende Maßnahmen nicht akzeptabel sind; und

- den Wirtschaftsteilnehmer aufgefordert haben, etwaige Anmerkungen binnen einer Frist (von mindestens vier Wochen oder 20 Arbeitstagen) mitzuteilen, bevor eine individuelle Maßnahme zur Beschränkung der Vermarktung des Erzeugnisses gegen ihn getroffen wird; und

- diese Anmerkungen bei der Begründung ihrer endgültigen Entscheidung gebührend berücksichtigt haben.

Anschließend muss die zuständige Behörde die Einzelmaßnahme zur Einschränkung der Vermarktung des Erzeugnisses dem betroffenen Wirtschaftsteilnehmer unter Angabe der verfügbaren Rechtsbehelfe mitteilen.

6.2 Die Aufhebung der technischen Vorschrift

Eine andere Möglichkeit ist die Aufhebung der technischen Vorschrift. Die Beurteilung möglicher einschränkender Wirkungen einer technischen Vorschrift können zu dem Schluss führen, dass diese nicht mehr zeitgemäß oder nur auf die inländische Produktion anwendbar ist.

Wie dem auch sei, der Umstand, dass die Erfordernisse für inländische Produkte strenger sind als die für EWR-/Türkei-Erzeugnisse steht einer ordnungsgemäßen Anwendung des Grundsatzes der gegenseitige Anerkennung nicht entgegen.

6.3 Sicherung der Transparenz

Einige Wirtschaftsteilnehmer ziehen es vor, absolut sicherzugehen, und möchten alles vermeiden, was den Ruf ihres Produktes schädigen könnte, wie beispielsweise eine vorübergehende Aussetzung der Vermarktungserlaubnis, wenn die Behörden des Bestimmungsmitgliedstaates feststellen, dass ein EWR-/Türkei-Produkt einer technischen Vorschrift des Bestimmungsmitgliedstaates nicht entspricht. Andere Wirtschaftsteilnehmer fürchten die Unkalkulierbarkeit der Anwendung der gegenseitigen Anerkennung im Bestimmungsmitgliedstaat, auch wenn dessen Recht technische Vorschriften enthält, bei denen bereits auf den ersten Blick klar ist, dass sie unverhältnismäßig sind.

Nach Auffassung der Kommission kann die Vorhersehbarkeit der gegenseitigen Anerkennung mit unterschiedlichen Mitteln verbessert werden, die für mehr Transparenz sorgen. Einige Beispiele:

6.3.1 Besserer Zugang zu technischen Vorschriften

Die Zugänglichkeit der geltenden technischen Vorschriften ist für die Wirtschaftsteilnehmer, die ihre EWR-/Türkei-Produkte in einem anderen Mitgliedstaat vermarkten möchten, unerlässlich.

Die Kommission hat allzu oft feststellen müssen, dass der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung graue Theorie bleibt, weil die Betroffenen nicht wissen, an wen sie sich wenden sollen und was sie für eine Anwendung der gegenseitigen Anerkennung vorlegen müssen.

Die Kommission fordert die Mitgliedstaaten auf dafür zu sorgen, dass diese Vorschriften, die klar formuliert sein sollten, in einer Form bekannt gemacht werden, die den Wirtschaftsteilnehmern einen leichten Zugang ermöglicht, insbesondere über informative Internetsites und beispielsweise nach Produktgruppen gegliederten Broschüren, in denen die Behörden aufgeführt sind, die Auskunft geben können.

Da ein Problem der Wirtschaftsteilnehmer darin besteht, herauszufinden, welche Behörde für die Anwendung des Prinzips der gegenseitigen Anerkennung auf das betreffende Produkt zuständig ist, fordert die Kommission die Mitgliedstaaten auf, in angemessener Weise bekannt zu machen, welche Stelle für die Anwendung einer technischen Vorschrift und des Prinzips der gegenseitigen Anerkennung zuständig ist, damit die Wirtschaftsteilnehmer die notwendigen Informationen einholen können.

6.3.2 Bekanntmachung gleichwertiger Alternativen

Selbst wenn die Rechtsvorschriften des Bestimmungsmitgliedstaates für Produkte, die beispielsweise ein gleichwertiges Schutzniveau garantieren, eine Klausel zur gegenseitigen Anerkennung vorsehen, ist es manchmal für den Wirtschaftsteilnehmer schwer festzustellen, ob die von ihm gewählte technische Alternative tatsächlich gleichwertig ist.

Der betreffende Mitgliedstaat könnte die Anwendung des Prinzips der gegenseitigen Anerkennung erleichtern, wenn er die technischen Vorschriften und Normen anderer Mitgliedstaaten veröffentlichen würde, die bereits als gleichwertig anerkannt wurden, da ihre Einhaltung das für das verfolgte Ziel erforderliche Schutzniveau gewährleistet.

6.3.3 Angabe der Ziele der Rechtsvorschriften

Die Kommission fordert die Mitgliedstaaten auf, in ihren Rechtsvorschriften die damit verfolgten Ziele explizit zu benennen. Auf diese Weise können nationale Verwaltungen und Wirtschaftsteilnehmer leichter die Gleichwertigkeit beurteilen.

(1) In Ermangelung spezifischer Gemeinschaftsvorschriften hat die Richtlinie über die allgemeine Produktsicherheit, d. h. die Richtlinie 92/59/EWG des Rates vom 29. Juni 1992 (und ab 15. Januar 2004 die Richtlinie 2001/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates) für Produkte, die für die Verbraucher bestimmt sind oder von ihnen verwendet werden können, einen horizontalen Rechtsrahmen geschaffen, der ein hohes Niveau an Sicherheit und Gesundheitsschutz garantieren soll. Diese Richtlinie verpflichtet die Wirtschaftsteilnehmer generell, nur sichere Produkte auf den Markt zu bringen. Auf diese Weise unterliegen alle in den Verkehr gebrachten Produkte, die für die Verbraucher bestimmt sind oder von ihnen verwendet werden können, den Sicherheitsauflagen und -kriterien der genannten Richtlinie. Gleiches gilt für Lebensmittel gemäß den Bestimmungen der Verordnung 178/2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit. Diese Bestimmungen enthalten allgemeine Vorschriften, die darauf abzielen, dass lediglich sichere Lebensmittel und Futtermittel auf den Markt kommen.

(2) Als Wirtschaftsteilnehmer gilt jede Person, die Erzeugnisse in den Verkehr bringen will. Dies gilt im Wesentlichen für Produzenten, ihre Vertreter, Großhändler, Importeure, Vertriebshändler und alle anderen, die an dem Prozess des Inverkehrbringens beteiligt sind.

(3) Mitteilung KOM(1999) 299 endg. an den Rat und das Europäische Parlament vom 16. Juni 1999: Die gegenseitige Anerkennung im Rahmen der Folgemaßnahmen zum Aktionsplan für den Binnenmarkt. Erster Zweijahresbericht über die Anwendung des Prinzips der gegenseitigen Anerkennung (SEK(1999)1106 vom 13. Juli 1999) und zweiter Zweijahresbericht KOM(2002) 419 endg. vom 23. Juli 2002. Die Texte können auf der Internetseite: http://europa.eu.int/comm/ internal_market/de/goods/mutrec.htm abgerufen werden.

(4) Für eine Definition der EWR-/Türkei-Erzeugnisse siehe Ziffer 2.

(5) In Ermangelung harmonisierter Gemeinschaftsregelungen untersagt Artikel 28 EG-Vertrag im Warenhandel zwischen den Mitgliedstaaten alle mengenmäßigen Einfuhrbeschränkungen sowie alle Maßnahmen gleicher Wirkung, die den freien Warenverkehr behindern. Artikel 30 EG-Vertrag besagt, dass die Bestimmungen des Artikels 28 Einfuhr-, Ausfuhr- und Durchfuhrverboten oder -beschränkungen nicht entgegenstehen, die aus Gründen der öffentlichen Sittlichkeit, Ordnung und Sicherheit, zum Schutze der Gesundheit und des Lebens von Menschen, Tieren oder Pflanzen, des nationalen Kulturguts von künstlerischem, geschichtlichem oder archäologischem Wert oder des gewerblichen und kommerziellen Eigentums gerechtfertigt sind. Diese Verbote oder Beschränkungen dürfen jedoch weder ein Mittel zur willkürlichen Diskriminierung noch eine verschleierte Beschränkung des Handels zwischen Mitgliedstaaten darstellen. Gleichwohl hat der Gerichtshof festgestellt, dass Beschränkungen des Inverkehrbringens in einem anderen Mitgliedstaat aufgrund nationaler Maßnahmen, die Maßnahmen gleicher Wirkung im Sinne des Artikels 28 EG-Vertrag darstellen können, im Lichte bestimmter, von ihm anerkannter zwingender Erfordernisse gerechtfertigt sein können, sofern diese Maßnahmen notwendig und verhältnismäßig sind.

(6) Die Verweise in dieser Mitteilung auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs erheben nicht den Anspruch auf Vollständigkeit. Sie beinhalten lediglich spezifische Urteile, die den zuständigen Stellen und den Wirtschaftsteilnehmern bei der Prüfung eines bestimmten Problems im Lichte der einschlägigen gemeinschaftlichen Rechtsprechung von Nutzen sein können.

(7) Gemeint sind hier Verkaufsmodalitäten im Sinne des Urteils des Gerichtshofs vom 24. November 1993, Strafverfahren gegen Bernard Keck und Daniel Mithouard, Rechtssache C-267/91, Slg. 1993, S. I-6097 und seiner späteren Rechtsprechung zu diesem Thema.

(8) Von den am häufigsten angeführten berechtigten Interessen können insbesondere der Schutz der Gesundheit und des Lebens von Mensch und Tier, die Erhaltung der Pflanzenwelt, der Umweltschutz und der Verbraucherschutz genannt werden.

(9) Dieses Prinzip geht auf das Urteil "Cassis de Dijon" vom 20. Februar 1979 zurück (Rewe-Zentral AG gegen Bundesmonopolverwaltung für Branntwein), Rechtssache 120/78, Slg. 1979, S. 649. Seit 1980 hat die Kommission eine Reihe von Orientierungshilfen für die Anwendung des Prinzips der gegenseitigen Anerkennung gegeben, die auf der Rechtsprechung des Gerichtshofs beruhen; siehe Mitteilung über die Auswirkungen des Urteils des Europäischen Gerichtshofes vom 20. Februar 1979 in der Rechtssache 120/78 ("Cassis de Dijon") (ABl. C 256 vom 3.10.1980).

(10) Im Sinne dieser Mitteilung ist ein Erzeugnis ein bewegliches Gut, das Gegenstand von Handelsgeschäften sein kann: Urteil des Gerichtshofs vom 21. Oktober 1999, Peter Jägerskiöld gegen Torolf Gustafsson, Rechtssache C-97/98, Slg. 1999, S. I-7319. Gemäß der Rechtsprechung des Gerichtshofs unterliegen Gegenstände, die im Hinblick auf Handelsgeschäfte über eine Grenze verbracht werden, unabhängig von der Natur dieser Geschäfte Artikel 28 EG-Vertrag, vgl. Randnr. 20 des Urteils des Gerichtshofs vom 28. März 1995, The Queen gegen Secretary of State for Home Department, ex parte Evans Medical Ltd und Macfarlan Smith Ltd, Rechtssache C-324/93, Slg. 1995, S. I-563.

(11) Vgl. Randnr. 32 des Urteils des Gerichtshofs vom 13. Dezember 2001, DaimlerChrysler AG gegen Land Baden Württemberg, Rechtssache C-324/99, Slg. 2001, S. I-9897.

(12) Beispielsweise bestimmte Arzneimittel, Biozid-Produkte oder Pflanzenschutzmittel.

(13) Das Verzeichnis der Richtlinien des "neuen Konzepts", die den freien Warenverkehr bei Erfuellung wesentlicher Anforderungen bzw. über die CE-Kennzeichnung gewährleisten, ist unter http://europa.eu.int/comm/ enterprise/newapproach/ standardization/harmstds/ reflist.html abrufbar.

(14) Das in Kraft stehende Gemeinschaftsrecht kann unter folgender Adresse eingesehen werden: http://europa.eu.int/eur-lex/de/ lif/index.html. Die Gemeinschaftsvorschriften sollten sorgfältig gelesen werden, um beurteilen zu können, in welchem Maß das Prinzip der gegenseitigen Anerkennung auf das betreffende Erzeugnis Anwendung finden könnte. Tatsächlich können bestimmte Merkmale eines Produkts auf Gemeinschaftsebene harmonisiert sein, während es andere Merkmale desselben Produkts nicht sind. Letztere Merkmale unterliegen dann weiterhin dem Prinzip der gegenseitigen Anerkennung.

(15) Es handelt sich vor allem um Genehmigungen für das Inverkehrbringen gemäß der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel, der Richtlinie 98/8/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 1998 über das Inverkehrbringen von Biozid-Produkten, und der Richtlinie 91/414/EWG des Rates vom 15. Juli 1991 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln.

(16) Vgl. Artikel 4 Absatz 2 der Richtlinie 92/59/EWG bzw. ab 15. Januar 2004, Artikel 3 Absatz 2 der Richtlinie 2001/95/EG über die allgemeine Produktsicherheit.

(17) Randnr. 25 des Urteils des Gerichtshofs vom 23. März 2000, Strafverfahren gegen Berendse-Koenen M. G. en Berendse H. D. Maatschap, Rechtssache C-246/98, Slg. 2000, S. I-1777; Randnrn. 25 und 26 des Urteils des Gerichtshofs vom 23. Mai 1996, The Queen gegen Ministry of Agriculture, Fisheries and Food, ex parte: Hedley Lomas (Ireland) Ltd, Rechtssache C-5/94, Slg. 1996, S. I-2553. Die innerstaatlichen Rechtsvorschriften müssen einen Hinweis auf die gemeinschaftliche Vorschrift enthalten, die sie umsetzen. Auf diese Weise können die Teile der innerstaatlichen Rechtsvorschrift erkannt werden, die Gemeinschaftsrecht umsetzen und diejenigen, die sich auf Artikel 28 und 30 EG-Vertrag stützen. Dennoch ist es äußerst wichtig, die Gemeinschaftsvorschriften aufmerksam zu lesen, um festzustellen, in welchem Maß das Prinzip der gegenseitigen Anerkennung auf das fragliche Produkt Anwendung finden könnte. So können beispielsweise bestimmte Merkmale eines Produkts auf Gemeinschaftsebene harmonisiert sein, während es andere nicht sind. Das Prinzip der gegenseitigen Anerkennung findet in diesem Fall auf letztere Anwendung.

(18) Die Artikel 5 bis 7 des Beschlusses Nr. 1/95 des Assoziationsrates EG-Türkei vom 22. Dezember 1995 über die Durchführung der Endphase der Zollunion (ABl. L 35 vom 13.2.1996, S. 1) sehen ein Verbot aller mengenmäßigen Beschränkungen sowie aller Maßnahmen gleicher Wirkung zwischen der Europäischen Union und der Türkei vor. Gemäß Artikel 66 des Beschlusses Nr. 1/95 werden die Bestimmungen der Artikel 5 bis 7 für die Zwecke ihrer Durchführung und Anwendung in Bezug auf unter die Zollunion fallende Waren im Einklang mit der Rechtsprechnung des Gerichtshofs ausgelegt. Dementsprechend finden die Grundsätze der Rechtsprechung des EuGH in Fragen bezüglich der Artikel 28 und 30 EG-Vertrag, insbesondere das Urteil Cassis de Dijon auf die Mitgliedstaaten und die Türkei Anwendung.

(19) Artikel 8 Absatz 2 und Artikel 9 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sowie Protokoll Nr. 4. Die Artikel 28 und 30 EG-Vertrag sind Bestandteil des gemeinschaftlichen Besitzstands, der im Wortlaut in den Artikeln 11 und 13 EWR-Abkommen übernommen wurde. Sie werden gemäß der einschlägigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften, die vor der Unterzeichnung des Abkommens erfolgte, interpretiert. Diese Mitteilung gilt dementsprechend auch für in Island, Liechtenstein und Norwegen hergestellte Erzeugnisse.

(20) Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass in den Fällen, in denen eine nationale Vorschrift den Artikeln 28 und 30 EG-Vertrag entgegensteht, der Gerichtshof bestätig hat, dass die Anwendung der Regelung nur bei eingeführten Erzeugnissen, nicht aber bei Erzeugnissen einheimischen Ursprungs untersagt ist. Vgl. Randnr. 21 des Urteils des Gerichtshofs vom 5. Dezember 2000 in der Rechtssache C-448/98 (Strafverfahren gegen Jean-Pierre Guimont), Slg 2000, S. I-663.

(21) Artikel 24 EG-Vertrag besagt: "Als im freien Verkehr eines Mitgliedstaates befindlich gelten diejenigen Waren aus dritten Ländern, für die in dem betreffenden Mitgliedstaat die Einfuhr-Förmlichkeiten erfuellt sowie die vorgeschriebenen Zölle und Abgaben gleicher Wirkung erhoben und nicht ganz oder teilweise rückvergütet worden sind." In Randnr. 37 des Urteils des Gerichtshofs vom 22. Januar 2002, Canal Satélite Digital SL gegen Adminstración General del Estado, Beteiligte Distribuidora de Televisión Digital SA (DTS), Rechtssache C-390/99, Slg. 2002, S. I-607 wird dieser Grundsatz bestätigt: "Zum einen ist es nach gefestigter Rechtsprechung erforderlich, dass ein Erzeugnis, das in einem Mitgliedstaat rechtmäßig in den Verkehr gebracht worden ist, vorbehaltlich der im Gemeinschaftsrecht vorgesehenen und anerkannten Ausnahmen grundsätzlich in jedem anderen Mitgliedstaat in den Verkehr gebracht werden kann, ohne zusätzlich Kontrollen unterworfen zu werden."

(22) Vgl. Richtlinie 2001/95/EG und Richtlinie 92/59/EWG über die allgemeine Produktsicherheit.

(23) Vgl. Randnr. 26 des Urteils des Gerichtshofs vom 21. Juni 2001, Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen Irland, Rechtssache C-30/99, Slg. 2001, S. I-4619.

(24) Vgl. Randnr. 36 des Urteils des Gerichtshofs vom 24. Oktober 2002, Strafverfahren gegen Walter Hahn, Rechtssache C-121/2000, Slg. 2002, S. I-9193.

(25) Vgl. Randnr. 17 und 18 des Urteils des Gerichtshofs vom 16. November 2000, Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen Königreich Belgien, Rechtssache C-217/99, Slg. 2000, S. I-10251.

(26) Eine nationale Norm ist eine technische Spezifikation, die von einem anerkannten Normungsgremium zur wiederholten oder ständigen Anwendung angenommen wurde und der Öffentlichkeit zugänglich ist, deren Einhaltung jedoch nicht zwingend vorgeschrieben ist.

(27) Vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 22. September 1988, Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen Irland, Rechtssache 45/87, Slg. 1988, S. 4929.

(28) Vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 14. Juni 2001, Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen Französische Republik, Rechtssache C-84/2000, Slg. 2001, S. I-4553.

(29) Vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 14. Juli 1988, Strafverfahren gegen Zoni, Rechtssache 90/86, Slg. 1988 S. 4285.

(30) Vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 5. April 2001, Strafverfahren gegen Christina Bellamy und English Shop Wholesale SA, Rechtssache C-123/2000, Slg. 2001, S. I-2795; Urteil des Gerichtshofs vom 14. Juni 2001, Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen Französische Republik, Rechtssache C-84/2000, Slg. 2001, S. I-4553.

(31) Vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 24. Oktober 2002, Strafverfahren gegen Walter Hahn, Rechtssache C-121/2000, Slg. 2002, S. I-9193.

(32) Vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 12. Oktober 2000, Cidrerie Ruwet SA gegen Cidre Stassen SA und HP Bulmer Ltd, Rechtssache C-3/99, Slg. 2000, S. I-8749; Urteil des Gerichtshofs vom 10. November 1982, Walter Rau Lebensmittelwerke gegen De Smedt PVBA, Rechtssache 261/81, Slg. 1982, S. 3961.

(33) Vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 5. Dezember 2000, Strafverfahren gegen Jean-Pierre Guimont, Rechtssache C-448/98, Slg. 2000, S. I-10663.

(34) Vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 4. Dezember 1986, Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen Bundesrepublik Deutschland, Rechtssache 179/85, Slg. 1986, S. 3879; Urteil des Gerichtshofs vom 6. Juni 2002, Sapod Audic gegen Eco-Emballages SA, Rechtssache C-159/2000, Slg. 2002, S. I-5031.

(35) Vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 12. September 2000, Strafverfahren gegen Yannick Geffroy und Casino France SNC, Rechtssache C-366/98, Slg. 2000, S. I-6579; Urteil des Gerichtshofs vom 16. November 2000, Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen Königreich Belgien, Rechtssache C-217/99, Slg. 2000, S. I-10251.

(36) Vgl. Randnr. 17 des Urteils des Gerichtshofs vom 28. Januar 1986, Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen Französische Republik (Zulassung von Holzbearbeitungsmaschinen), Rechtssache 188/84, Slg. 1986, S. 419.

(37) Gleichwohl gibt die Richtlinie über die allgemeine Produktsicherheit den Mitgliedstaaten die Möglichkeit, für gefährliche oder mutmaßlich gefährliche Produkte Beschränkungen mit rascher Wirkung zu erlassen, und zwar auf der Grundlage von Artikel 6, 7 oder 8 und 14 der Richtlinie 92/59/EWG und ab 15. Januar 2004 Artikel 8, 11 oder 12 und 18 der Richtlinie 2001/95/EG.

(38) In seinem Urteil vom 22. Januar 2002 (Canal Satélite Digital SL gegen Adminstración General del Estado, Beteiligte: Distribuidora de Televisión Digital SA (DTS), Rechtssache C-390/99). Slg. 2002, S. I-607 hat der Gerichtshof nachdrücklich daran erinnert, dass ein Vorabgenehmigungsverfahren den freien Warenverkehr einschränkt. Daher müsse eine solche Vorschrift, um im Hinblick auf diese Grundfreiheit zulässig zu sein, einen im Gemeinschaftsrecht anerkannten und im Allgemeininteresse liegenden Grund haben und dem Erfordernis der Verhältnismäßigkeit genügen, d. h. geeignet sein, die Verwirklichung des angestrebten Ziels zu gewährleisten, und nicht über das dafür Erforderliche hinausgehen.

(39) Vgl. Randnr. 15 des Urteils des Gerichtshofs vom 13. Dezember 1990, Strafverfahren gegen Jean-Claude Bellon, Rechtssache C-42/90, Slg. 1990, S. I-4863.

(40) Diese Bescheinigung der Behörde des Mitgliedstaates, in dem das EWR-/Türkei-Erzeugnis rechtmäßig hergestellt und/oder in Verkehr gebracht wird, ist jedoch nur eine von vielen Möglichkeiten - sie kann nicht von der zuständigen Behörde des Bestimmungsmitgliedstaates vorgeschrieben werden. Vgl. Randnr. 63 des Urteils des Gerichtshofs vom 8. Mai 2003 (ATRAL gegen Belgischer Staat, Rechtssache C-14/02). Darin hat der Gerichtshof festgestellt, dass die Aufstellung einer Voraussetzung, dass für EWR-Produkte die Konformität mit technischen Normen und Regelungen bescheinigt wird, die ein Schutzniveau sicherstellen, das dem im Bestimmungsmitgliedstaat verlangten entsprechen, verstößt gegen Artikel 28 EG-Vertrag.

(41) Bei einem Verfahren zur Vorabgenehmigung, das den Ausnahmefall bildet, darf das Erzeugnis erst nach Erteilung der Genehmigung in Verkehr gebracht werden.

(42) In diesem Sinn hat der Gerichtshof in seinem Urteil vom 17. Juni 1987, Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen Republik Italien, Rechtssache 154/85, Slg. 1987, S. 2717, entschieden.

(43) Im Ausnahmefall des Vorabgenehmigungsverfahrens hingegen genügt die Verweigerung der Vorabgenehmigung.

(44) Vgl. Randnr. 36 des Urteils des Gerichtshofs vom 22. Januar 2002, Canal Satélite Digital SL gegen Adminstración General del Estado, Beteiligte: Distribuidora de Televisión Digital SA (DTS), Rechtssache C-390/99, Slg. 2002, S. I-607.

(45) Vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 8. Juni 1993, Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen Königreich Belgien, Rechtssache C-373/92, Slg. 1993 S. I-3107.

(46) Vgl. Randnr. 35 des Urteils des Gerichtshofs vom 17. September 1998, Strafverfahren gegen Jean Harpegnies, Rechtssache C-400/96, Slg. 1998, S. I-5121.

(47) Vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 17. Dezember 1981, Strafverfahren gegen Frans-Nederlandse Maatschappij voor Biologische Producten BV, Rechtssache 272/80, Slg. 1981, S. 3277; Randnr. 23 des Urteils vom 14. Juli 1983, Strafverfahren gegen Sandoz BV, Rechtssache 174/82, Slg. 1983, S. 2445.

(48) Vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 8. Juni 1993, Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen Königreich Belgien, Rechtssache C-373/92, Slg. 1993, S. I-3107.

(49) Der Bestimmungsmitgliedstaat müsste die Berichte und Bescheinigungen von Einrichtungen anerkennen, die Garantien bieten, die denen gleichwertig sind, die von inländischen Einrichtungen verlangt werden. Daraus folgt, dass die Garantien für die Unabhängigkeit der Einrichtung des Herkunftsmitgliedstaats nicht zwangsläufig mit denen identisch sein müssen, die in den Vorschriften des Bestimmungsmitgliedstaates gefordert werden: Randnr. 69 des Urteils des Gerichtshofs vom 21. Juni 2001, Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen Irland, Slg. 2001, S. I-4619.

(50) Vgl. Randnr. 34 und 36 des Urteils des Gerichtshofs vom 5. Juni 1997, Ditta Angelo Celestini gegen Saar-Sektkellerei Faber GmbH & Co. KG, Rechtssache C-105/94, Slg. 1997, S. I-2971.

(51) Im Falle einer gerechtfertigten Kontrolle müssen die damit verbundenen Kosten, die zu Lasten der Person gehen, die die Kontrollen durchführen lässt oder eine Zulassung beantragt, verhältnismäßig sein und nicht über das hinausgehen, was zur Deckung der Kosten des Prüfverfahrens erforderlich ist: Vgl. Randnr. 41 und 42 des Urteils des Gerichtshofs vom 22. Januar 2002 in der Rechtssache C-390/99 (Canal Satélite Digital SL gegen Administración General del Estado, Beteiligte: Distribuidora de Televisión Digital SA (DTS)). Eine nachträglich auf dem Markt durchgeführte Kontrolle, kann dagegen nach Auffassung des Gerichtshofs nicht als eine gegenüber dem Importeur erbrachte Dienstleistung angesehen werden und daher müssen die durch diese Kontrolle entstehenden Kosten von der Allgemeinheit getragen werden, die insgesamt vom freien Warenverkehr in der Gemeinschaft profitiert; vgl. Randnr. 31 des Urteils des Gerichtshofs vom 15. Dezember 1993 in den verbundenen Rechtssachen C-277/91, C-318/91 und C-319/91, Slg. 1993, S. I-6621 (Ligur Carni Srl und Genova Carbi Srl gegen Unità Sanitaria Locale n. XV di Genova et Ponente SpA gegen Unità Sanitaria n. XIX di La Spezia und CO.GE.SE.MA Coop arl).

(52) Es handelt sich hierbei genauer gesagt um die in Artikel 30 EG-Vertrag genannten Ausnahmen von Artikel 28 EG-Vertrag sowie die vom Gerichtshof anerkannten zwingenden Erfordernisse, die eine Maßnahme mit gleicher Wirkung im Sinne des Artikels 28 EG-Vertrag rechtfertigen können.

(53) Die Risikobewertung beinhaltet zum einen die Ermittlung der Höhe des Risikos (d. h. der kritischen Schwelle, ab der negative Auswirkungen auf eines der in Artikel 30 EG-Vertrag genannten oder vom Gerichtshof anerkannten vorrangigen Interessen wahrscheinlich sind, deren Schutz eine Maßnahme gleicher Wirkung im Sinne von Artikel 28 EG-Vertrag rechtfertigt) und, zum anderen, eine wissenschaftliche Bewertung der Risiken. Das Vorsorgeprinzip kann beim Risikomanagement eine wichtige Rolle spielen: Siehe Mitteilung der Kommission KOM(2000) 1 über die Anwendbarkeit des Vorsorgeprinzips: http://europa.eu.int/comm/food/fs/ pp/pp_index_en.html

(54) Vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 14. Juli 1994, Strafverfahren gegen J.J.J. Van der Veldt, Rechtssache C-17/93, Slg. 1994, S. I-35; Urteil des Gerichtshofs vom 4. Juni 1992, Strafverfahren gegen Michel Debus, verbundene Rechtssachen C-13/91 und C-113/91, Slg. 1992, S. I-3617; Urteil des Gerichtshofs vom 24. Oktober 2002, Strafverfahren gegen Walter Hahn, Rechtssache C-121/2000, Slg. 2002, S. I-9193.

(55) Artikel 30 EG-Vertrag bzw. Rechtsprechung zu den zwingenden Erfordernissen. Vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 28. Januar 1986, Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen französische Republik (Zulassung von Holzbearbeitungsmaschinen), Rechtssache 188/84, Slg. 1986, S. 419.

(56) So muss sich die zuständige Behörde überlegen, ob eine angemessene Etikettierung, oder der Beipackzettel, oder andere Merkmale des Produktes nicht ausreichen, um einen angemessenen Verbraucherschutz zu gewährleisten.

(57) Dies widerspräche dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit: Urteil des Gerichtshofs vom 28. Januar 1986, Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen französische Republik (Zulassung von Holzbearbeitungsmaschinen), Rechtssache 188/84, Slg. 1986, S. 419.

(58) Vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 21. September 1999, Markku Juhani Läärä, Cotswold Microsystems Ltd und Oy Transatlantic Software Ltd gegen Kihlakunnansyyttäjä (Jyväskylä) und Suomen valtio (finnischer Staat), Rechtssache C-124/97, Slg. 1999 S. I-6067.

(59) Die Anwendung dieses Grundsatzes ist umso wichtiger im Ausnahmefall eines Vorabgenehmigungsverfahrens vor Inverkehrbringen, das nur erforderlich ist, wenn davon ausgegangen werden muss, dass eine Ex-Post-Kontrolle zu spät erfolgen würde, um wirklich wirksam und zielführend zu sein. Mit einem solchen Verfahren muss ein nach dem Gemeinschaftsrecht im Allgemeininteresse liegendes Ziel verfolgt und es muss dabei der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet werden, d. h. das Verfahren muss geeignet sein, die Verwirklichung des verfolgten Zieles zu erreichen, darf jedoch nicht über das dafür Erforderliche hinausgehen. Wenn ein solches Verfahren dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügen soll, muss es sich in jedem Fall auf objektive, nicht-diskriminierende und vorab bekannte Kriterien stützen, die dem Ermessen der nationalen Behörden Grenzen setzen, die seine missbräuchliche Ausübung verhindern. Außerdem darf ein solches Verfahren keine Kontrollen beinhalten, die im Wesentlichen eine Wiederholung von bereits im Rahmen anderer Verfahren vorgenommenen Überprüfungen, entweder in diesem Mitgliedstaat oder in einem anderen Mitgliedstaat, darstellen. Schließlich ist ein Vorabgenehmigungsverfahren nicht mit dem Grundsatz des freien Warenverkehrs vereinbar, wenn es aufgrund seiner Dauer und damit verbundener unverhältnismäßig hoher Kosten geeignet ist, die betroffenen Wirtschaftsteilnehmer von der Weiterverfolgung ihres Vorhabens abzuschrecken. Die Kommission hält eine Dauer von mehr als 90 Tagen für in jedem Fall unverhältnismäßig.

(60) Vgl. Randnr. 16 des Urteils vom 13. Dezember 1990, Strafverfahren gegen Jean-Claude Bellon, Rechtssache C-42/90, Slg. 1990, S. I-4863.

(61) Vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 9. Mai 1985, Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen französische Republik (Frankiermaschinen), Rechtssache 21/84, Slg. 1985, S. 1355; Urteil des Gerichtshofs vom 19. März 1991, Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen Königreich Belgien, Rechtssache C-249/88, Slg. 1991, S. I-1275.

(62) Vgl. Randnr. 26 des Urteils des Gerichtshofs vom 28. März 1995, The Queen gegen Secretary of State for Home Department, ex parte Evans Medical Ltd und Macfarlan Smith Ltd, Rechtssache C-324/93, Slg. 1995, S. I-5.

(63) Vgl. Randnr. 18 des Urteils des Gerichtshofs vom 13. März 1997, Tommaso Morellato gegen Unità sanitaria locale (USL) n. 11 di Pordenone, Rechtssache C-358/95, Slg. 1997 S. I-1431.

(64) Vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 20. Juni 2002, Radiosistemi Srl gegen Prefetto di Genova, verbundene Rechtssachen C-388/2000 und C-429/2000, Slg. 2002 S. I-5845.

(65) Vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 4. Juni 1992, Strafverfahren gegen Michel Debus, verbundene Rechtssachen C-13/91 und C-113/91, Slg. 1992, S. I-3617.

(66) Vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 22. Oktober 1998, Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen französische Republik ("Foie gras"-Urteil), Rechtssache C-184/96, Slg. 1998 S. I-6197. Im Wege des Mitteilungsverfahrens der Richtlinie 98/34/EG wacht die Kommission darüber, dass eine derartige Klausel in alle neuen technischen Regelungen aufgenommen wird. Auf der Internetseite http://europa.eu.int/comm/ enterprise/tris können alle im Rahmen der Richtlinie 98/34/EG mitgeteilten Entwürfe für technische Vorschriften sowie die nach Beendigung des Verfahrens verabschiedeten Texte eingesehen werden. Auf diese Weise erhalten die Wirtschaftsteilnehmer einen einfachen Zugang zu den geltenden Vorschriften.

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