EUR-Lex Access to European Union law

Back to EUR-Lex homepage

This document is an excerpt from the EUR-Lex website

Document 52003DC0285

Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament - Der Westbalkan und die Europäische Integration

/* KOM/2003/0285 endg. */

52003DC0285

Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament - Der Westbalkan und die Europäische Integration /* KOM/2003/0285 endg. */


MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DEN RAT UND DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT - Der Westbalkan und die europäische Integration

1. DER WESTBALKAN UND DIE HERAUSFORDERUNGEN DER ERWEITERUNG

Auf seiner Tagung in Feira im Jahr 2000 bestätigte der Europäische Rat das Ziel einer möglichst umfassenden Integration der Länder des westlichen Balkans [1] in das politische und wirtschaftliche Gefüge Europas und erkannte diese Länder als potentielle Kandidaten für eine Mitgliedschaft in der EU an. Diese Perspektive wurde auf der Tagung des Europäischen Rates im Dezember 2002 in Kopenhagen erneut bekräftigt. Dabei betonte der Europäische Rat die Entschlossenheit der EU zur weiteren Unterstützung dieser Länder bei der Verwirklichung ihrer europapolitischen Ziele. Auf seiner Tagung im März 2003 in Brüssel erklärte der Europäische Rat : "Die Zukunft der westlichen Balkanländer liegt in der EU", und ersuchte "den Rat und die Kommission, auch auf der Grundlage der Erfahrungen aus dem Erweiterungsprozess Mittel und Wege zu prüfen, wie die Stabilisierungs- und Assoziierungspolitik der Union gegenüber dieser Region weiter gestärkt werden kann". Die Vorbereitung der Länder des westlichen Balkans auf die Integration in die europäischen Strukturen ist eine wichtige Priorität der Europäischen Union. Die Einigung Europas wird nicht vollendet sein, solange diese Länder der Europäischen Union nicht beigetreten sind.

[1] Albanien, Bosnien und Herzegowina, Kroatien, die ehemalige jugoslawischen Republik Mazedonien und Serbien und Montenegro.

Der Stabilisierungs- und Assoziierungsprozess bildet die Strategie der EU für die Beziehungen zwischen der Europäischen Union und dem westlichen Balkan, die darauf ausgerichtet ist, die fünf Länder der Region bei ihren Reformen zu unterstützen und an die Mitgliedschaft in der EU heranzuführen. Für die Förderung der Stabilität der Region ist sie von unschätzbarem Wert. Wir müssen diese Strategie jetzt intensivieren, um die Stabilität weiter zu stärken und die betreffenden Länder näher an eine Assoziierung und schließlich an die Mitgliedschaft in der Union heranzuführen.

Nach der Unterzeichnung des Vertrags von Athen im April 2003, mit der der Weg für den Betritt von zehn neuen Mitgliedstaaten frei gemacht wurde, bietet der Gipfel in Thessaloniki eine Gelegenheit, dem Stabilisierungs- und Assoziierungsprozess neue Impulse zu verleihen. Der Erfolg der Länder Mittel- und Osteuropas bei der Erfuellung der Kriterien für den Beitritt zur EU sollte den Ländern des westlichen Balkans, die auf dasselbe Ziel hinarbeiten, als Inspiration und Ermutigung dienen. In dieser Mitteilung werden Wege aufgezeigt, um den Stabilisierungs- und Assoziierungsprozess um zusätzliche Elemente zu ergänzen und, insbesondere durch Rückgriff auf die Erfahrungen mit dem laufenden Erweiterungsprozess, weiterzuentwickeln und zu bestimmen, welche Ziele als gemeinsame Agenda der europäischen Integration zu betrachten sind.

2. Intensivierung des Stabilisierungs- und Assoziierungsprozesses - eine neue Partnerschaft

Durch den Stabilisierungs- und Assoziierungsprozess (SAP) und die verschiedenen damit verbundenen Instrumente, aber insbesondere durch die eigenen Anstrengungen ist es den Ländern der Region gelungen, beachtliche Fortschritte zu erzielen. Erhebliche weitere Anstrengungen sind allerdings erforderlich, um die im Rahmen des Stabilisierungs- und Assoziierungsprozesses festgelegten prioritären Ziele zu verwirklichen und die 1993 vom Europäischen Rat in Kopenhagen festgelegten und in den Artikeln 49 und 6 des EU-Vertrags verankerten Kriterien für die Aufnahme in die EU zu erfuellen. Heute geht es vor allem darum, die Unumkehrbarkeit des bereits Erreichten zu gewährleisten, damit dieses als solide Grundlage für weitere Forschritte dienen kann. Dabei gilt es, über den Wiederaufbau und die Rehabilitation hinauszugehen und im Hinblick auf das Ziel einer Mitgliedschaft in der EU den politischen und wirtschaftlichen Übergang dieser Länder zu unterstützen; dies schließt - soweit angebracht - auch die Angleichung an das EU-Recht ein. Die Europäische Union wird ihre Unterstützung der Länder des westlichen Balkans bei der Bewältigung der damit verbundenen Herausforderungen weiter verstärken.

Das Engagement der EU muss allerdings mit dem festen Willen sämtlicher Regierungen der Region zur Durchführung der notwendigen Reformen, zur Schaffung der erforderlichen Verwaltungskapazität und zur Zusammenarbeit untereinander einhergehen. Alle Länder des westlichen Balkans stehen weiterhin vor der gemeinsamen Aufgabe, solide und funktionsfähige Staaten zu errichten, die in der Lage sind, die Bedürfnisse der eigenen Bürger zu befriedigen, eine wirksame regionale Zusammenarbeit zu gewährleisten und ein engeres Verhältnis zur EU einzugehen. In diesem Zusammenhang gilt es, der Bekämpfung von Korruption und organisierter Kriminalität höchste Priorität einzuräumen. Fortschritte in diesem Bereich sind unverzichtbar, um Rechtsstaatlichkeit zu gewährleisten, das Vertrauen in die Institutionen des Staates zu stärken, Privatinvestitionen anzukurbeln und eine weitere Annäherung an die Mitgliedschaft in der Europäischen Union zu erreichen. Die Verwirklichung dieses Ziel hängt vom politischen Willen und den eigenen Kapazitäten dieser Länder sowie von ihrer Fähigkeit zur Übernahme europäischer Werte und Normen ab.

Angesicht der europäischen Perspektive, die den Ländern des westlichen Balkans eröffnet und auf der Tagung des Europäischen Rates 2002 in Kopenhagen sowie auf seiner Tagung 2003 in Brüssel bestätigt wurde, schlägt die Kommission vor, den Stabilisierungs- und Assoziierungsprozesses durch Aufnahme zusätzlicher Elemente nach dem Modell des für die jetzigen Beitrittsländer geltenden Heranführungsprozesses weiterzuentwickeln.

- Europäische Integrationspartnerschaften

Im zweiten Jahresbericht der Kommission vom März 2003 [2] werden die in allen Ländern erzielten Fortschritte gewürdigt, jedoch zugleich die noch bestehenden Schwachstellen, insbesondere im Hinblick auf die Funktions- und Leistungsfähigkeit der staatlichen Institutionen, die Anwendung rechtsstaatlicher Grundsätze und die mit Korruption und organisierte Kriminalität verbundenen Probleme, hervorgehoben. Diese Schwachstellen müssen überwunden werden, damit die politischen und wirtschaftlichen Reformen wie auch die Übernahme, Umsetzung und Durchsetzung des gemeinschaftlichen Besitzstands vorangetrieben werden können.

[2] KOM (2003) 139 endgültig

Angesichts dessen sollte die Einführung europäischer Integrationspartnerschaften mit den Ländern des westlichen Balkans in Erwägung gezogen werden. Nach dem Modell der Heranführungsstrategie für die jetzigen Beitrittsländer würden solche Partnerschaften dazu dienen, prioritäre Maßnahmen zur Unterstützung der Bemühungen um Annäherung an die Europäischen Union festzulegen. Zweck dieser Partnerschaften wäre es außerdem, die von diesen Ländern kurz- und mittelfristig unzusetzenden Reformen festzulegen, als "Checkliste" zur Verfolgung der dabei erzielten Fortschritte zu dienen und Leitlinien für die weitere Unterstützung im Rahmen des Programms CARDS vorzugeben. Sie würden dem Entwicklungsstand jedes einzelnen Landes Rechnung tragen und wären auf dessen spezielle Bedürfnisse zugeschnitten.

Die prioritären Ziele der Partnerschaften würden anhand der strategischen Prioritäten, so wie sie sich aus der Bewertung in den Jahresberichten der Kommission ergeben, und unter gebührender Beachtung der Kopenhagener Beitrittskriterien und der besonderen Umstände des westlichen Balkans, einschließlich der 1997 definierten Konditionalität [3], festgelegt werden. Die Ausarbeitung der Partnerschaften würde nach informellen Konsultationen mit den betroffenen Ländern erfolgen. Danach würde die Kommission einen Vorschlag für einen Beschluss des Rates zur Annahme jeder einzelnen Partnerschaft vorlegen.

[3] Schlussfolgerungen des Rates Allgemeine Angelegenheiten, 29.-30. April 1997

Nach Annahme der europäischen Integrationspartnerschaften wären von den Ländern der Region zu erwarten, dass sie Aktionspläne ausarbeiten, in denen sie Maßnahmen zur Erreichung der prioritären Ziele der Partnerschaften und einen entsprechenden Zeitplan festlegen. Die Fortschritte bei der Umsetzung dieser Aktionspläne würden im Rahmen der Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen oder, falls kein solches Abkommen besteht, eines regelmäßigen Dialogs verfolgt und in regelmäßigen Abständen, insbesondere in den Jahresberichten, von der Kommission bewertet werden.

- Verstärkte Unterstützung beim Auf- und Ausbau von Institutionen

Das Twinning, d.h. die Einrichtung von Verwaltungspartnerschaften, hat sich als wirksames Instrument beim Auf- und Ausbau von Institutionen in den Kandidatenländern erwiesen und könnte in den SAP-Ländern eine ähnliche Rolle spielen. Im Rahmen solcher Verwaltungspartnerschaften werden Beamte aus den EU-Mitgliedstaaten als Berater an Institutionen in den Partnerländern abgestellt. Dieses Instrument wird seit Oktober 2002 im Rahmen des Programms CARDS in den SAP-Ländern eingesetzt. In Albanien und Kroatien sind Twinningprojekte bereits angelaufen, für die restlichen Ländern der Region sind ähnliche Projekte in Vorbereitung. Das Twinning wird fortan als integraler Bestandteil des Programms CARDS den Transfer von Wissen und Fähigkeiten an Verwaltungsbehörden in den SAP-Ländern fördern.

Das Amt für technische Hilfe und Informationsaustausch (TAIEX) wurde im Rahmen der Heranführungsstrategie eingerichtet, um den Kandidatenländern gezielte technische Hilfe bei der Übernahme des Besitzstands zu gewähren. Seine Dienstleistungen entsprechen auch den Bedürfnissen der Balkanländer. Die Modalitäten für eine Ausweitung der Tätigkeit von TAIEX auf diese Länder, einschließlich der Verfügbarkeit der hierfür erforderlichen Humanressorucen, werden zurzeit erörtert. Die Überwachung und Bewertung des innerstaatlichen Rechts der einzelnen Länder soll weiterentwickelt werden, um dessen Übereinstimmung mit den Normen der EU zu gewährleisten. Die Ergebnisse dieser Bewertung werden in die Jahresberichte einfließen und als Grundlage für die regelmäßige Anpassung der Integrationspartnerschaften dienen.

Angesichts der Notwendigkeit, die fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten der Beamten in der Region zu verbessern, wird die Kommission die Gründung einer Hochschule für die Reform der öffentlichen Verwaltung unterstützen.

Dabei sollte besonderen Wert auf die Bereitstellung von Fachwissen durch die neuen Mitgliedstaaten gelegt werden, die ja den eigenen Übergang und die Vorbereitungen auf den EU-Beitritt erfolgreich bewältigt haben. Durch die Weitergabe ihres Fachwissens an ihre Nachbarn können sie einen wichtigen Beitrag zu deren Entwicklung leisten.

- Förderung von Rechtsstaatlichkeit - Zusammenarbeit im Bereich Justiz und Inneres

Die Rechtsstaatlichkeit zählt zu den grundlegenden Werten der Europäischen Union. Sie ist unabdingbar für die wirtschaftliche Entwicklung, die Rückkehr von Flüchtlingen, den Schutz von Menschen- und Minderheitenrechten und die Bekämpfung von Korruption und organisierter Kriminalität. Fortschritte im Bereich Justiz und Inneres sind daher von entscheidender Bedeutung.

Die Kommission wird mit den Ländern der Region einen Dialog einleiten, um erreichbare, messbare und realistische Erfolgsindikatoren festzulegen, anhand deren die Fortschritte im Bereich Justiz und Inneres bewertet werden können. Der Dialog wird auch dazu dienen, im Rahmen der europäischen Integrationspartnerschaften eine Prioritätensetzung in diesem Bereich vorzunehmen. Diese Länder haben ihr besonderes Interesse an einer Liberalisierung der Visaregelung der EU und ihrer Migrationspolitik im Allgemeinen bekundet. Die Kommission wäre bereit, im Rahmen des Stabilisierungs- und Assoziierungsprozesses konkrete Diskussionen mit ihnen darüber zu führen, welche Anforderungen erfuellt sein müsen, um konkrete Fortschritte in diesen Fragen zu erzielen. Die Hilfsprogramme in diesem Schwerpunktbereich sollten gestärkt werden.

- Teilnahme an Gemeinschaftsprogrammen

Den SAP-Ländern könnte die Möglichkeit zur Teilnahme an ausgewählten Gemeinschaftsprogrammen eingeräumt werden. Die internationale Kooperationsprogramm im Rahmen des sechsten Rahmenprogramms für Forschung und technologische Entwicklung steht diesen Länder bereits offen. Ausgehend von den positiven Erfahrungen mit dem Programm TEMPUS wäre es besonders sinnvoll, die Länder des westlichen Balkans - zu einem geeigneten Zeitpunkt und je nach den Bedürfnissen und Kapazitäten der einzelnen Länder - in weitere Gemeinschaftsprogramme einzubeziehen, z.B. im Bereich der allgemeinen und beruflichen Bildung und Energie. Durch die Teilnahme an solchen Programmen könnten sich diese Länder mit den Politiken und Arbeitsmethoden der Gemeinschaft vertraut machen und sich besser auf ein engeres Verhältnis zur EU vorbereiten. Die Kommission ist zur Prüfung der damit verbundenen rechtlichen und finanziellen Fragen bereit.

- Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung

Der Übergang von einer zentralen Planwirtschaft zur Marktwirtschaft setzt Reformen in zahlreichen Bereichen voraus. Dazu gehören die Privatisierung und Entwicklung des Finanzsektors. Die Kommission wird auch in diesem Bereich weiterhin Unterstützung gewähren.

Der Handel ist ein Eckpfeiler des Stabilisierungs- und Assoziierungsprozesses. Seit der Einführung von EU-Handelspräferenzen zugunsten der Länder des westlichen Balkans sind deren Ausfuhren in die EU erheblich gestiegen. Das Netz der Freihandelsabkommen zwischen den Ländern der Region wird durch Förderung von Handel und Investitionen auch die wirtschaftliche Entwicklung weiter ankurbeln. Unabdingbar ist, dass diese Länder das Potential der Handelspräferenzen und der Freihandelsabkommen voll ausschöpfen. Die Kommission wird sie dabei unterstützen. Die mittelfristige Schaffung einer Freihandelszone in der Region wäre wünschenswert, weil dadurch den beteiligten Ländern weitere Vorteile aus der Handelsliberalisierung erwachsen würden.

Auch die Ausdehnung des Systems der paneuropäischen diagonalen Ursprungskumulierung auf die Länder der Region (unter der Voraussetzung, dass das System in voller Übereinstimmung mit allen einschlägigen Gemeinschaftspolitiken angewandt wird) würde diesem Ziel dienen. Dies wäre außerdem ein weiterer Schritt zur Förderung des intraregionalen Handels, der nicht nur für die wirtschaftliche Entwicklung dieser Länder unverzichtbar ist, sondern verstärkte Zusammenarbeit und gegenseitiges Vertrauen erfordert und damit zur Verwirklichung der allgemeinen Ziele des Stabilisierungs- und Assoziierungsprozesses beiträgt. Aufgrund des unterschiedlichen Vorbereitungsstands der einzelnen Länder wäre ein stufenweises Vorgehen notwendig, damit nur die Länder dem regionalen Handelssystem beitreten, die alle erforderlichen Voraussetzungen erfuellen einschließlich der Fähigkeit zur Verwaltung und Überwachung eines solchen Systems. Dazu gehört u.a. der Abschluss eines Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommens oder eines Interimabkommens.

Kleine und mittlere Unternehmen schaffen Arbeitsplätze, Innovationen und Wohlstand und spielen daher eine unverzichtbare Rolle bei der Umwandlung von Planwirtschaften in wettbewerbsfähige Marktwirtschaften. Folglich ist eine Verbesserung des geschäftlichen Umfelds solcher Unternehmen erforderlich. Diesem Zweck würden u.a. eine Verpflichtung der Länder des westlichen Balkans zur Beachtung der in der Europäische Charta für Kleinunternehmen verankerten Grundsätze dienen. Dadurch wäre ein Austausch praxisbewährter Methoden mit anderen europäischen Ländern möglich.

Die Kommission beabsichtigt einen regelmäßigen Wirtschaftsdialog mit jedem der betreffenden Länder.

Ein besonderes Abkommen zur Regelung des Energiehandels brächte enorme Vorteile, weil dadurch Investitionen in diesen strategischen Sektor gelockt würden. Die Kommission wird vor Ende 2003 Vorschläge für die Ausweitung des Energie-Binnenmarkts auf die gesamte Region vorlegen und den Ländern dabei empfehlen, dass dies auf rechtverbindlicher Grundlage geschieht.

Die wissenschaftliche und technologische Entwicklung ist ein wichtiges Instrument für die Stabilisierung und Entwicklung der Wirtschaft. Die Modalitäten der Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und den westlichen Balkanländern in diesem Bereich sollen auf der Ministertagung am 27. Juni in Thessaloniki erörtert werden.

- Antworten auf neue Anforderungen - finanzielle Unterstützung

Das CARDS-Programm bleibt das wichtigste Finanzierungsinstrument zur Unterstützung des Stabilisierungs- und Assoziierungsprozesses. Nach der anfänglichen Konzentration auf Wiederaufbau und Rehabilitation verlagert sich der Schwerpunkt des Programms auf den Auf- und Ausbau von Institutionen, die Stärkung der Verwaltungskapazitäten und die Förderung des Bereichs Justiz und Inneres. Während in Zukunft auf nationaler und regionaler Ebene noch weitere Bedürfnisse zu behandeln sein werden, hat die Kommission zur Verwirklichung dieser prioritären Ziele - unter Berücksichtigung der besonderen Bedürfnisse und Kapazitäten der einzelnen Länder - eine Aufstockung des CARDS-Programms vorgeschlagen.

Bei Vorliegen eines besonderen Bedarfs ist die Kommission ferner bereit, in Zusammenarbeit mit den internationalen Finanzinstitutionen die ausnahmsweise Gewährung einer makrofinanziellen Hilfe zu prüfen. Diese von der Verfügbarkeit von Mitteln abhängige Hilfe würde an bestimmte Bedingungen geknüpft sein.

- Verbesserung der regionalen Zusammenarbeit

Die regionale Zusammenarbeit ist ein integraler Bestandteil der Vorbereitungen auf die Einbindung in die europäischen Strukturen. Die erheblichen Fortschritte in diesem Bereich und die wachsende Zahl regionaler Aktivitäten und Vereinbarungen sind für die Kommission ein ermutigendes Zeichen, etwa die Schaffung eines regionalen Elektrizitätsmarktes in Südosteuropa, so wie er in der Vereinbarung von Athen vom November 2002 vorgesehen ist mit dem Ziel, die Zusammenarbeit auf alle Energiefragen auszuweiten.

Die Länder des westlichen Balkans sollten dazu angehalten werden, den Ausbau der regionalen Zusammenarbeit stärker in die eigene Hand zu nehmen, z.B. im Rahmen des von ihnen selbst eingeleiteten südosteuropäischen Kooperationsprozesses. Die grenzübergreifende Zusammenarbeit mit EU-Mitgliedstaaten sollte ebenfalls gefördert werden.

Der Stabilitätspakt spielt eine wichtige Rolle bei der Unterstützung dieses Prozesse in Bereichen wie Handel und Investitionen, Energie, Verkehr, und Infrastruktur, Rückkehr von Flüchtlingen, Migration, Freizügigkeit und die Bekämpfung organisierter Kriminalität.

- Stärkung der Demokratie - parlamentarische Zusammenarbeit

Die Stärkung der Parlamente im westlichen Balkan und die Förderung ihrer weiteren Einbindung in das Netz der parlamentarischen Strukturen auf regionaler und internationaler Ebene tragen zur verantwortungsvollen Staatsführung in der Region bei.

Parlamentsausschüsse für den Stabilisierungs- und Assoziierungsprozess könnten mit allen Ländern der Region eingerichtet werden. Die Europaausschüsse der nationalen Parlamente sollten ermutigt werden, ihre Kontakte auf regionaler Ebene auszubauen, z.B. im Rahmen einer Balkan-Konferenz der Europaausschüsse. In einem weiteren Schritt könnte diese Konferenz die Beziehungen zu den Parlamenten der Mitgliedstaaten und zum Europäischen Parlament verstärken, z.B. durch Beantragung eines Sonderstatus im Rahmen der COSAC [4], die während jeder EU-Präsidentschaft ein Mal zusammentritt. Dies würde das Europäische Parlament sowie die nationalen Parlamente der EU-Mitgliedstaaten, der Beitrittsländer und der Länder des westlichen Balkans in die Lage versetzen, einen regelmäßigen Meinungsaustausch zu europapolitischen Fragen zu führen.

[4] Conférence des Organes Spécialisés en Affaires Européennes

- Verbesserung der politischen Zusammenarbeit

Die Länder des westlichen Balkans sollten eingeladen werden, sich den Erklärungen, gemeinsamen Standpunkten und anderen Beschlüssen der EU im Rahmen der GASP anzuschließen. Dadurch können die Angleichung der politischen Prioritäten und die politische Annäherung dieser Länder an die EU gefördert werden.

Der politische Dialog ist ein wichtiges Element des Stabilisierungs- und Assoziierungsprozesses. Wie die Kommission in ihrem zweiten Jahresbericht feststellte, stehen die Länder der Region vor vielen gemeinsamen Problemen, die zum Teil auch eine grenzübergreifende Dimension haben. Der politische Dialog zwischen der Union und allen Ländern der Region könnte weiter ausgebaut werden. Dazu bietet der Gipfel in Thessaloniki ein wichtiger Anlass. Der Dialog sollte allerdings auch auf anderen Ebenen gepflegt und gefördert werden.

3. SCHLUSSFOLGERUNGEN UND EMPFEHLUNGEN

Aus der obigen Analyse ergeben sich folgende Schlussfolgerungen und Empfehlungen der Kommission:

* Die Vorbereitung der Länder des westlichen Balkans auf ihre künftige Integration in die europäischen Strukturen ist ein prioritäres Ziel der Europäischen Union. Diese Länder sollten nach Erfuellung aller erforderlichen Kriterien eine klare Perspektive für den Beitritt zur Europäischen Union erhalten.

* Mit dem Stabilisierungs- und Assoziierungsprozess hat die Europäische Union die Grundlage für die weiteren Reformen gelegt, die für die Annäherung dieser Länder an die Europäischen Union - mit dem Ziel einer Mitgliedschaft - erforderlich sind. Dieser Prozess sollte durch die in dieser Mitteilung vorgeschlagenen Maßnahmen weiter gestärkt und intensiviert werden, um diese Länder im Rahmen einer gemeinsamen Agenda für die europäische Integration immer näher an die Union heranzuführen.

* Die Europäische Union wird diesen Ländern jede mögliche Unterstützung gewähren, doch letztendlich hängt ihre weitere Integration in die europäischen Strukturen von ihrem eigenen Engagement und ihrer Fähigkeit ab, als funktionsfähige Staaten politische und wirtschaftliche Reformen durchzuführen, sowie auch von ihrem Bekenntnis zu den grundlegenden Werten und Prinzipien der Union.

* Die Länder des westlichen Balkans müssen ihre konkrete Zusammenarbeit insbesondere in Bereichen wie Flüchtlingsrückkehr, Migration, Freizügigkeit, Bekämpfung der organisierten Kriminalität, Handel, Energie und Verkehr weiter ausbauen.

* Die Länder des westlichen Balkans sollten einen regionalen Rahmen für die parlamentarische Zusammenarbeit schaffen und die Beziehungen zum Europäischen Parlament und zu den Parlamenten der Mitgliedstaaten und der Beitrittsländer ausbauen.

* Die Einführung von europäischen Integrationspartnerschaften nach dem Modell der bei der derzeitigen Erweiterung verfolgten Heranführungsstrategie wird den Reformen in diesen Länder neue Impulse verleihen. Die Kommission könnte dazu aufgefordert werden, das Konzept der europäischen Integrationspartnerschaften weiterzuentwickeln und diese gemeinsam mit den nächsten SAP-Berichten vorzulegen.

* Die Länder des westlichen Balkans sollten dazu eingeladen werden, sich bestimmten Erklärungen, gemeinsamen Standpunkten und anderen Beschlüssen im Rahmen der GASP anzuschließen. Der politische Dialog sollte auf verschiedenen Ebenen gestärkt werden.

* Alle Länder der Region sollten in den Wirtschaftsdialog einbezogen werden.

* Die Unterstützung beim Auf- und Ausbau von Institutionen im Rahmen des Programms CARDS sollte durch Ausweitung des Twinnings, die Unterstützung der Länder dieser Region durch TAIEX-ähnliche Unterstützung sowie durch Überwachung der Gesetzgebung und der Verwaltungskapazitäten verstärkt werden. Dabei sollte besonderen Wert auf die Bereitstellung von Fachwissen aus den neuen Mitgliedstaaten gelegt werden, die über Erfahrungen mit der erfolgreichen Bewältigung des politischen und wirtschaftlichen Übergangs und der Vorbereitungen auf den EU-Beitritt verfügen.

* Im Bereich Justiz und Inneres wird die Kommission einen Dialog mit den Ländern der Region einleiten, um Prioritäten und Erfolgsindikatoren, u.a. im Hinblick auf die Bekämpfung von Korruption und organisierter Kriminalität, festzulegen. Die Programme in diesem Bereich sollten ausgebaut werden. Die Kommission hält die Länder der Region dazu an, nationale Aktionspläne zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität zu erstellen.

* Um die Exportchancen der Region zu verbessern und Investitionen und Wirtschaftswachstum zu fördern, sollte das System der paneuropäischen diagonalen Ursprungskumulierung auf die Länder des westlichen Balkans ausgedehnt werden, vorausgesetzt, dass die einzelnen Länder die dafür erforderlichen Voranssetzungen erfuellen.

* Kleine und mittlere Unternehmen spielen eine besonders wichtige Rolle bei der wirtschaftlichen Entwicklung und beim Übergang von der Planwirtschaft zur voll funktionsfähigen Marktwirtschaft. Die Länder des westlichen Balkans sollten sich zur Beachtung der in der Europäischen Charta für Kleinunternehmen verankerten Grundsätze verpflichten.

* Die Teilnahme der Länder des westlichen Balkans an einschlägigen Gemeinschaftsprogrammen sollte ausgeweitet werden. Die Kommission könnte aufgefordert werden, die hierfür erforderlichen Vorschläge zu unterbreiten.

Die Kommission schlägt vor, dass die Orientierungspunkte dieser Mitteilung als Richtschnur für die Zusammenarbeit der Europäischen Union mit den Ländern des westlichen Balkans bei der schrittweisen Verwirklichung des gemeinsamen Ziels einer Mitgliedschaft in der EU dienen.

Liste der Abkürzungen

CARDS // Community Assistance for Reconstruction, Development and Stabilisation- Gemeinschaftshilfe für Wiederaufbau, Entwicklung und Stabilisierung

GASP // Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik

COSAC // Conférence des Organes Spécialisés en Affaires Européennes

EU // Europäische Union

SAA

SAP // Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen

Stabilisierungs- und Assoziierungsprozess

TAIEX // Technical Assistance and Information Exchange Office - Amt für technische Hilfe und Informationsaustausch

Top