Choose the experimental features you want to try

This document is an excerpt from the EUR-Lex website

Document 52001AE0050

    Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem "Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste"

    ABl. C 123 vom 25.4.2001, p. 56–61 (ES, DA, DE, EL, EN, FR, IT, NL, PT, FI, SV)

    52001AE0050

    Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem "Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste"

    Amtsblatt Nr. C 123 vom 25/04/2001 S. 0056 - 0061


    Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem "Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste"

    (2001/C 123/13)

    Der Rat beschloss am 16. Oktober 2000 gemäß Artikel 95 des EG-Vertrags, den Wirtschafts- und Sozialausschuss um Stellungnahme zu dem vorgenannten Vorschlag zu ersuchen.

    Die mit der Vorbereitung der Arbeiten beauftragte Fachgruppe Verkehr, Energie, Infrastrukturen, Informationsgesellschaft nahm ihre Stellungnahme am 7. Dezember 2000 an. Berichterstatter war Herr Lagerholm.

    Der Wirtschafts- und Sozialausschuss verabschiedete auf seiner 378. Plenartagung am 24. und 25. Januar 2001 (Sitzung vom 24. Januar) mit 77 Ja-Stimmen bei 1 Stimmenthaltung folgende Stellungnahme.

    1. Einleitung

    1.1. Seit 1990 hat die Kommission schrittweise einen umfassenden Rechtsrahmen für die Liberalisierung des Telekommunikationsmarktes eingeführt. Dies war für die weltweite Wettbewerbsfähigkeit der EU von entscheidender Bedeutung. Eine fortschrittliche Kommunikationsindustrie ist auch Voraussetzung für den Übergang Europas zur Informationsgesellschaft. Auf der Tagung des Europäischen Rates am 23.-24. März 2000 in Lissabon wurde auf das Potential an Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung hingewiesen, das die Umstellung auf eine digitale, wissensgestützte Wirtschaft bietet. Der Rat hob vor allem hervor, dass europäische Unternehmen und Bürger Zugang zu einer kostengünstigen Kommunikationsinfrastruktur von Weltrang und einer breiten Palette von Diensten erhalten müssen.

    1.2. Mit dem derzeitigen Rechtsrahmen für Telekommunikation wurden die Bedingungen für den effizienten Wettbewerb im Telekommunikationssektor in der Phase des Übergangs vom Monopolbetrieb zum vollständigen Wettbewerb geschaffen. Der neue Ordnungsrahmen für Kommunikationsinfrastruktur und dazugehörige Dienste soll schwerpunktmäßig darauf ausgerichtet sein, im Interesse der europäischen Bürger und zur Konsolidierung des Binnenmarktes einen offenen und konkurrenzfähigen Markt für Kommunikationsdienste zu fördern und auf Dauer zu sichern.

    2. Vorschlag der Kommission

    2.1. Angesichts der Konvergenz von Telekommunikation, Medien und Informationstechnologie(1) sollte für alle Übertragungsnetze und -dienste ein einheitlicher Rechtsrahmen gelten. Dieser Rechtsrahmen soll aus der vorliegenden Rahmenrichtlinie sowie folgenden vier Rechtsakten bestehen:

    - der Richtlinie über die Genehmigung elektronischer Kommunikationsnetze und -dienste;

    - der Richtlinie über den Zugang zu elektronischen Kommunikationsnetzen und zugehörigen Einrichtungen sowie deren Zusammenschaltung;

    - der Richtlinie über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und -diensten;

    - der Richtlinie über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation;

    - der Verordnung über den entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss.

    2.1.1. Neben diesem Maßnahmenpaket liegt außerdem ein Vorschlag für einen Beschluss über einen Rechtsrahmen für die Frequenzspektrumpolitik der Gemeinschaft vor.

    2.1.2. Diese Vorschläge stützen sich auf umfassende öffentliche Anhörungen zum Grünbuch zur Konvergenz, zum Grünbuch zur Frequenzpolitik(2) und auf den Kommunikationsbericht 1999(3) zum bestehenden Rechtsrahmen.

    2.2. Artikel 1 legt Zweck und Geltungsbereich des neuen Rechtsrahmens fest: Schaffung einheitlicher Rahmenbedingungen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste, d. h. er erstreckt sich auf alle satellitengestützten und terrestrischen - einschließlich fester und drahtloser - Netze.

    2.3. In Kapitel II der Rahmenrichtlinie werden die Grundsätze für die Einsetzung der nationalen Regulierungsbehörden (NRB) und bestimmte Verfahren festgelegt, die für sie gelten. Die Mitgliedstaaten gewährleisten ihre Unabhängigkeit und veröffentlichen ihre Zuständigkeitsbereiche. Die Richtlinie sieht weiter ein Beschwerderecht vor und stellt klar, dass jeglicher Rechtsbehelf bei einer von der Regierung unabhängigen Beschwerdestelle einzulegen ist. Die NRB werden berechtigt, Informationen von Marktteilnehmern einzuholen, um ihre Aufgaben effizient erfuellen zu können. Sie müssen die Beteiligten zu vorgeschlagenen Beschlüssen konsultieren und sind zur unparteiischen und transparenten Ausübung ihrer Befugnisse verpflichtet.

    2.4. Gemäß Kapitel III sind die NRB verpflichtet, auf technologieneutrale Weise zu einem offenen, wettbewerbsorientierten Markt und zur Entwicklung des Binnenmarktes beizutragen und die Interessen der Bürger zu wahren. Sie fördern die Vereinheitlichung der Nutzung der Funkfrequenzen auf Gemeinschaftsebene und sorgen für ihre effiziente Verwaltung und die Bereitstellung adäquater Nummern und Nummerierungsbereiche nach transparenten, nichtdiskriminierenden und objektiven Kriterien. Es sollen zügige Verfahren zur Erteilung von Wegerechten und die gemeinsame Nutzung von Einrichtungen eingeführt werden, die unter Umständen obligatorisch werden können.

    2.5. Die allgemeinen Bestimmungen in Kapitel IV gelten für mehrere Richtlinien des neuen Rechtsrahmens. Diesen zufolge verfügt ein Unternehmen dann über beträchtliche Marktmacht, wenn es entweder allein oder gemeinsam mit anderen eine wirtschaftlich starke Stellung einnimmt, die es ihm gestattet, sich in beträchtlichem Umfang unabhängig von Mitbewerbern, Kunden und letztlich auch den Verbrauchern zu verhalten.

    2.6. Über einen Mitgliedstaat hinausreichende Märkte, die von der Kommission in ihrem (noch nicht vorgelegten) Beschluss über relevante Produkt- und Dienstleistungsmärkte genannt werden, sollen regelmäßigen Marktanalysen unterworfen werden. Falls eine Regulierungsbehörde im Rahmen einer solchen Analyse feststellt, dass der Wettbewerb in einem bestimmten geographischen Gebiet nicht greift, soll sie sektorspezifische Regulierungspflichten einführen bzw. beibehalten.

    2.7. Andere Bestimmungen beziehen sich auf die Normung und die Beilegung von Streitigkeiten. Zur Harmonisierung des Binnenmarkts kann die Kommission Empfehlungen beschließen oder mit Hilfe des Ausschussverfahrens (Komitologie) verbindliche Harmonisierungsbestimmungen vorschreiben, wobei sie vom Kommunikationsausschuss unterstützt wird. Durch die Rahmenrichtlinie wird außerdem eine Hochrangige Kommunikationsgruppe mit beratender Funktion eingesetzt.

    3. Allgemeine Bemerkungen

    3.1. Die Sektoren Informationstechnologie (IT) und Telekommunikation haben sich während des vergangenen Jahrzehnts auf beeindruckende Weise entwickelt. Die europäischen Nutzer kommen bislang nicht immer in den Genuss der niedrigsten Preise, in den meisten Mitgliedstaaten können sie jedoch Dienste wählen, die ihren Bedürfnissen in einem Maße entsprechen, dass in weltweitem Maßstab einzigartig sein dürfte. In den meisten Mitgliedstaaten sinken die Preise zügig.

    Dies wurde hauptsächlich durch technische Veränderungen ermöglicht, doch wären diese Möglichkeiten den Endnutzern nicht zugute gekommen, wenn die EU-Rechtsvorschriften im Telekommunikationsbereich nicht dem Wettbewerb durch die Abschaffung historischer Monopole und anderer Sonderrechte den Weg gebahnt hätten.

    Auch wenn der Übergang von einem monopolistischen zu einem vom Wettbewerb geprägten Angebot noch nicht in allen Mitgliedstaaten und auf sämtlichen relevanten Märkten vollständig abgeschlossen ist, steht mit zunehmender Deutlichkeit fest, dass der Rechtsrahmen der 90er Jahre nicht ausreichend flexibel ist, um mit den heutigen schnellen Marktveränderungen Schritt zu halten. Dieser Wandel bedeutet, dass bestehende Waren und Dienstleistungen verbessert und neue geschaffen werden, was z. T. durch die Konvergenz neuer Technologien bedingt ist.

    3.2. In seiner Stellungnahme zum Kommunikationsbericht 1999(4) der Kommission unterstützte der Wirtschafts- und Sozialausschuss den Vorschlag für einen neuen Rechtsrahmen für die elektronische Kommunikation.

    3.2.1. In dieser Stellungnahme begrüßte der Ausschuss

    "insbesondere die Absicht, die vorgeschlagene Weiterentwicklung des Reglementierungsrahmens auf folgende Eckpunkte zu stützen:

    - Förderung und Aufrechterhaltung eines offenen und wettbewerbsorientierten europäischen Marktes;

    - Festigung des Binnenmarktes;

    - stärkere Betonung der Wettbewerbsregeln und Vereinfachung und Reduzierung sektorspezifischer Rechtsvorschriften begleitet durch Empfehlungen, Leitlinien und Vereinbarungen zwischen Branchen. Abgesehen von dem Regulierungsbedarf für den Zugang zu knappen Ressourcen sollte sektorspezifische Regulierung nur in den Bereichen zum Einsatz kommen, in denen ein ausreichender Wettbewerb nicht stattfindet und dann auch nur für einen Übergangszeitraum;

    - Neutralität bezüglich der Technologie, u. a. keine internetspezifischen Maßnahmen. Die technologisch neutrale Regulierung sollte jedoch nicht zu einer strengeren Regulierung neuer Dienste führen, sondern einen Rückbau der bestehenden spezifischen Reglementierung traditioneller Dienste beinhalten."

    3.2.2. Der Ausschuss vertrat die Ansicht, dass "nach Maßgabe der weiteren Ausgestaltung der detaillierten Sichtweisen der Kommission darauf zu achten sein wird, dass die vorstehenden Prinzipien auch auf Dauer im Vordergrund stehen werden. Des Weiteren wird möglicherweise auch dafür Sorge getragen werden müssen, dass die Umsetzung der Vorschläge nicht im Tempo des langsamsten Mitgliedstaates voranschreitet, sondern dass die sektorspezifische Regulierung durch allgemeine Wettbewerbsvorschriften betreffend die verschiedenen Märkte (geographische Lage und Dienstleistungen) ersetzt wird, in dem Maße, wie sich Wettbewerbsverhältnisse einstellen. Dies könnte ein größeres Problem im Zuge der Erweiterung der EU werden. Außerdem ist zu erwarten, dass die Erweiterung möglicherweise entsprechende Unterstützungsmaßnahmen für bestimmte Marktneulinge erforderlich machen wird."

    3.2.3. Der Ausschuss betonte außerdem "den globalen Charakter der konvergierenden Kommunikationsmärkte. Der vorgeschlagene europäische Rechtsrahmen darf nicht isoliert betrachtet werden. Es kommt darauf an, dass die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Akteure aufrechterhalten wird und gedeihen kann. Es besteht die Gefahr, dass eine regionale Regulierung zu einer Isolierung des regionalen europäischen Marktes gegenüber dem Weltmarkt führt, insbesondere dann, wenn zu starke Reglementierung das Spiel der Marktkräfte einengt. Deswegen sollte die Kommission unbedingt die Auswirkungen jedweder Maßnahmen auf die globale Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie berücksichtigen."

    3.3. Der Ausschuss stellt mit Befriedigung fest, dass die Kommission die Grundzüge des vorgeschlagenen Rechtsrahmens nach den umfassenden öffentlichen Anhörungen zum Kommunikationsbericht 1999 beibehalten hat.

    3.3.1. Der Ausschuss ist der Ansicht, dass der Grundsatz flexiblerer Vorschriften mit einer begrenzten Zahl öffentlicher Schutzmaßnahmen, durch den der Richtlinienvorschlag gegenwärtig gekennzeichnet ist, sowohl inhaltlich als auch zeitlich angebracht ist. Außerdem ist zu begrüßen, dass mit dem neuen Rechtsrahmen Prognostizierbarkeit und eine bessere Übereinstimmung mit den allgemeinen EU-Rechtsvorschriften im Wettbewerbs- und Verbraucherschutzbereich angestrebt wird.

    3.4. Der Ausschuss betont die Bedeutung einer schnellen Anpassung an die allgemeinen Bestimmungen. Der von der Kommission vorgeschlagene Zeitplan dürfte aus institutionellen und praktischen Gründen nicht weiter zu straffen sein. Er könnte sich jedoch im Verhältnis zur tatsächlichen Technologie- und Marktentwicklung als zu langsam erweisen und droht, die heute für den europäischen Sektor der elektronischen Kommunikation gegebene Wettbewerbsfähigkeit zu schmälern.

    3.5. Der Ausschuss unterstützt das Ziel der Kommission, einen einheitlichen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste in der EU einzuführen, und begrüßt den Grundtenor des Vorschlags. Einige Details in den verschiedenen Richtlinienvorschlägen findet jedoch nicht seine Unterstützung.

    3.6. Zum Teil sind darin Formulierungen enthalten, die als widersprüchlich und nicht vollständig in Übereinstimmung mit den allgemeinen Richtlinien angesehen werden können. Diese Aspekte werden vom Ausschuss in seinen Stellungnahmen zum jeweiligen Richtlinienvorschlag behandelt.

    4. Die Rahmenrichtlinie

    4.1. Der WSA begrüßt die Tatsache, dass die Rahmenrichtlinie sich nur auf Fälle bezieht, in denen auf einem relevanten Markt kein Wettbewerb herrscht. Es ist zu begrüßen, dass die Definition des relevanten Marktes mit derjenigen in den EU-Wettbewerbsvorschriften übereinstimmt. Hier liegt eine Erfahrung vor, und das Ergebnis lässt sich mit vergleichsweise hoher Sicherheit voraussagen.

    4.2. Inwieweit das Ergebnis der Marktanalyse zur Regulierung des Wettbewerbs im Voraus anstelle der traditionellen Regulierung im Nachhinein führen soll, ist Gegenstand einer Debatte in den Mitgliedstaaten. Es wird häufig die Meinung vertreten, dass im Voraus festgelegte Bestimmungen nur auf Unternehmen angewandt werden dürfen, die ihre marktbeherrschende Stellung durch Finanzierung ihrer Investitionen im Rahmen eines Monopolsystems erreicht haben. Dies scheint auch mit dem Richtlinienvorschlag der Kommission, wie unter Ziffer 20 der Begründung zum Ausdruck kommt, übereinzustimmen. Nach Ansicht des Ausschusses sollte dies aber auch unmittelbar in der Richtlinie verankert werden.

    4.3. Es ließe sich sogar die Ansicht vertreten, dass das Umkehrverfahren zum regulierenden Eingriff - d. h. die vorübergehende oder vollständige Aufhebung einer bestimmten Rechtsvorschrift nach Erfuellung ihres Zwecks - stärker betont werden sollte. Sowohl für den Endnutzer wie auch für den Anbieter ist mindestens genauso wichtig, dass eine Reglementierung nach Erfuellung ihres Zwecks nicht weiterbesteht. Daher muss Spielraum für die Anwendungsstabilität gewährleistet sein, damit nicht sofort wieder zu einer Regulierung gegriffen wird, wenn eine - vielleicht vorübergehende - Entfernung von den festgelegten Zielen festgestellt wird.

    4.4. Die Kommission schlägt vor, dass die bestehenden Verpflichtungen für Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht auf ein neues System überführt werden sollen. Nach Ansicht des Ausschusses muss dann jedoch klargestellt werden, dass die geltenden Rechtsvorschriften nur solange angewendet werden sollen, bis die erste Marktanalyse gemäß der neuen Richtlinie durchgeführt worden ist. Dies hätte eindeutig aus dem Vorschlag für eine Rahmenrichtlinie hervorgehen sollen.

    4.5. Ein wesentlicher Aspekt ist die Vorhersehbarkeit der Rechtsvorschriften. Vertrauen in die Wettbewerbsbestimmungen pflegt die Vorhersehbarkeit zu begünstigen. Die Erfahrung hat jedoch gezeigt, dass die Anwendung eines gemeinsamen Rechtsrahmens dennoch stark zu einer unterschiedlichen Auslegung durch die Mitgliedstaaten führen kann, was aus der Mitteilung über Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht im Mobilfunkmarkt hervorging. Während es sich beim Telefondienst weitgehend um einen nationalen Dienst handelte, tendieren die neuen IT-Dienste zur zügigen Internationalisierung, was eine stärker harmonisierte Auslegung, als im bestehenden System verfügbar, erforderlich macht.

    4.6. Daher unterstützt der WSA den Gedanken der Erstellung von Verzeichnissen über vertretbare Eingriffe durch die nationalen Regulierungsbehörden und einer Mitteilungspflicht für geplante Regulierungsmaßnahmen in den Mitgliedstaaten in Übereinstimmung mit Artikel 6. Es ist jedoch fraglich, ob eine vollständige Konsultation aller Mitgliedstaaten in der Praxis mit der für die Regulierung des IT-Markts notwendigen hohen Geschwindigkeit vereinbar ist. Es liegt auf der Hand, dass sich dieses Problem im Zuge der Erweiterung der Union und die dadurch bedingte Zunahme der Unterschiede zwischen den Kommunikationssektoren der Mitgliedstaaten noch verstärken dürfte. Daher sollte erwogen werden, ob das übliche Verfahren für die Harmonisierung von Regulierungsmaßnahmen so gestaltet werden kann, dass eine Maßnahme der Kommission lediglich mitgeteilt werden muss.

    4.7. Der Ausschuss ist außerdem besorgt darüber, dass die Kommission z. B. gemäß Artikel 14 formell nur dazu verpflichtet ist, die nationalen Regulierungsbehörden zu konsultieren. Nach Ansicht des Ausschusses müssten auch die Nutzer und die Industrie auf eine mit den erforderlichen knappen Fristen vereinbare Weise konsultiert werden. Der Ausschuss ist insbesondere besorgt über Artikel 14 Absatz 6 der Richtlinie. Danach kann jede Entscheidung einer nationalen Regulierungsbehörde von der Kommission geändert oder aufgehoben werden.

    4.8. Gemäß der Rahmenrichtlinie soll die Kommission - zumindest vorübergehend - das Recht haben, die Durchführung von Beschlüssen der nationalen Regulierungsbehörden über Maßnahmen auf Grundlage der oben genannten Artikel und in Zusammenhang mit der Frequenzzuweisung und -zuteilung zu untersagen. Diese Einschränkung des Beschlussrechts der Mitgliedstaaten wird mit der entscheidenden Bedeutung der Marktdefinitionen und der Zusammenschaltung für das Funktionieren des Binnenmarktes begründet. Dem Subsidiaritätsprinzip zufolge ist die Ebene der Gemeinschaft das niedrigste Niveau, auf dem diese Beschlüsse getroffen werden können. Selbstverständlich muss der Artikel eine angemessene und mit dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit übereinstimmende Anpassung erfahren. Diese Einschränkung sollte nicht auf andere als die in dem Artikel genannten Regulierungsmaßnahmen ausgedehnt werden können.

    4.8.1. Falls die Zuweisung von Frequenznutzungsrechten auf Grundlage von Artikel 8.6 gemäß dem in Artikel 6 beschriebenen Verfahren stattfinden soll, muss klargestellt werden, inwieweit ein bestimmtes Zuweisungsverfahren von derart internationaler Bedeutung ist, dass es nicht besser auf nationaler Ebene vorgenommen werden könnte. Der Großteil der Frequenznutzungsrechte dürfte sich auf die Nutzung in einem Mitgliedstaat beziehen, ohne wesentliche Folgen für die EU in ihrer Gesamtheit zu haben. Um ggf. auftretende Störungen in Grenzgebieten praktisch lösen zu können, besteht eine Reihe gut funktionierender internationaler Verfahren, die sich auf die ITU-Vollzugsverordnung stützen. Ein Verfahren gemäß Artikel 6 sollte daher auf für den Wettbewerb im gesamten IT-Sektor bedeutende Bereiche, wie GSM oder UMTS, begrenzt werden.

    4.9. Der Wortlaut von Artikel 4 über das Recht, Rechtsbehelf gegen die Entscheidung einer nationalen Regulierungsbehörde einzulegen, scheint in einem wichtigen Punkt unklar zu sein. In Artikel 4.1 heißt es u. a., dass bis zum Abschluss eines solchen Verfahrens "die Entscheidung der nationalen Regulierungsbehörde ihre Gültigkeit behält". Es muss klargestellt werden, dass dies die Möglichkeit eines Betroffenen, die Aufschiebung der Durchführung einer Entscheidung einer NRB bis zum Abschluss des Verfahrens zu erreichen, in den Mitgliedstaaten, in denen dies zulässig ist, unberührt lässt.

    4.10. Der Ausschuss hält den von der Kommission verfolgten Grundsatz der Technologieneutralität für begrüßenswert, betont jedoch, dass dieses Ziel kurzfristig kaum zu erreichen ist.

    4.10.1. Technologieneutralität darf nicht so ausgelegt werden, dass Vorschriften, die für traditionelle Dienste vorgesehen waren, auf neue Bereiche angewendet werden. Ein Beispiel dafür, wie dies fehlschlagen kann, ist nach Ansicht des Ausschusses der Vorschlag über die Regulierung der Zusammenschaltung.

    4.10.2. Die Vorschriften über die Zusammenschaltung haben ihren Ursprung im Telefondienst, bei dem es sich um einen standardisierten Übertragungsdienst mit standardisierten Nutzerterminals handelt. Die Zusammenschaltung kann dabei leicht definiert werden: Alle sollen Zugang zum Telefondienst haben und über diesen erreicht werden können, unabhängig davon, an welchen Telefondienst sie angeschlossen sind. Dadurch, dass neuere Dienste auf der Grundlage des Telefondienstes entwickelt werden, fällt z. B. auch der Telefaxdienst unter die Zusammenschaltung.

    4.10.3. Auf dem Internetprotokoll (IP) basierende Dienste, insbesondere das Internet selbst, sind keineswegs so einheitlich, eng abgegrenzt und ohne Wahlmöglichkeit für die Kunden wie der Telefondienst. Hinsichtlich der IP-Dienste wählen die Kunden je nach Anwendungsart verschiedene Zugänge. Eine Kunde kann über ein UMTS-Telefon oder einen PC verfügen, um im Netz zu kommunizieren. Der Kunde kann über ein Modem oder mittels Breitbandanschluss mit 10- bis 20-mal größerer Kapazität an das Telefonnetz angeschlossen sein. So kann es nur sinnvoll sein, z. B. für einen teuren Breitbandanschluss zu bezahlen, wenn der Kunde gleichzeitig bereit ist, für das Herunterladen von Diensten, wie z. B. bewegliche Bilder, aufzukommen. Für "normales Surfen" reicht ein Zehntel der für bewegliche Bilder nötigen Kapazität vollkommen aus.

    4.10.4. In der IP-Welt herrscht also nicht die grundsätzliche Gleichheit aller wie im Telefonnetz, auf dem der traditionelle Zusammenschaltungsbegriff aufbaut. Nicht alle IP-Dienste können in der Praxis in allen elektronischen Kommunikationsnetzen weiter übertragen werden, da beträchtliche Kapazitätsunterschiede herrschen können. Netze mit geringerer Kapazität könnten vollständig blockiert werden, falls die obligatorische Zusammenschaltung eingeführt werden sollte. Die Alternative könnte in einem kostspieligen Upgrading bestehen.

    4.10.5. Das Fehlen von Zusammenschaltungsrechten dürfte nach Ansicht des Ausschusses jedoch kaum Probleme verursachen. In den meisten Mitgliedstaaten findet ein sehr zügiger Ausbau paralleler Breitbandinfrastrukturen im Wettbewerb statt. Die Eigentümer dieser Strukturen haben mithin ein großes wirtschaftliches Interesse daran, durch Offenheit so viel Verkehr wie möglich anzuziehen; Transparenz ist auch eine Forderung der Nutzer des Internets. Es scheint eher die Gefahr zu bestehen, dass bestimmte neue Infrastrukturen auf ungesunde Weise konkurrieren könnten, indem sie sich auf verbliebene Sonderrechte, z. B. bei der Stromversorgung oder der physischen Kommunikation, verlassen als die Gefahr einer Begrenzung des elektronischen Kommunikationsflusses.

    4.10.6. Selbstverständlich können schnell wachsende Märkte, wie der für Breitbanddienste, zeitweise einen Mangel an tatsächlichem Wettbewerb aufweisen, der bei statischer und rein formalistischer Betrachtung als beherrschende Marktstellung betrachtet werden könnte. Falls dies wiederum als Grundlage für die Forderung nach Orientierung der Gebühren an den Kosten herangezogen würde, könnte dies nach Ansicht des Ausschusses einen Rückgang der Investitionsneigung und langfristig eine Gefährdung des Wettbewerbs bedeuten. Es ist wichtig, zu erkennen, dass die Verhältnisse auf diesen neuen Märkten durch einen entscheidenden Unterschied zum Bezugsrahmen des Zusammenschaltungsbegriffs - dem traditionellen Telefondienst - gekennzeichnet sind, da dort der Hauptteil der Netzinvestitionen bereits erfolgt ist und der Grund für die Regulierung darin besteht, den historischen Wert auf bestmögliche Weise zu nutzen.

    Brüssel, den 24. Januar 2001.

    Der Präsident

    des Wirtschafts- und Sozialausschusses

    Göke Frerichs

    (1) "Grünbuch zur Konvergenz der Branchen Telekommunikation, Medien und Informationstechnologie und ihren ordnungspolitischen Auswirkungen - Ein Schritt in Richtung Informationsgesellschaft" (KOM(1997) 623 endg.); Stellungnahme des WSA, ABl. C 214 vom 10.7.1998.

    (2) "Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen - Frequenzpolitik: die nächsten Schritte - Ergebnisse der öffentlichen Anhörung zum Grünbuch" (KOM(1999) 538 endg.); Stellungnahme des WSA zum Grünbuch , ABl. C 169 vom 16.6.1999.

    (3) "Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen - Entwicklung neuer Rahmenbedingungen für elektronische Kommunikationsinfrastrukturen und zugehörige Dienste - Kommunikationsbericht 1999" (KOM(1999) 539 endg.); Stellungnahme des WSA im ABl. C 204 vom 18.7.2000. "Mitteilung der Kommission - Die Ergebnisse der öffentlichen Anhörung zum Kommunikationsbericht 1999 und Leitlinien für den neuen Rechtsrahmen" (KOM(2000) 239 endg.); Stellungnahme des WSA im ABl. C 14 vom 16.1.2001.

    (4) "Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen - Entwicklung neuer Rahmenbedingungen für elektronische Kommunikationsinfrastrukturen und zugehörige Dienste - Kommunikationsbericht 1999" (KOM(1999) 539 endg.); Stellungnahme des WSA im ABl. C 204 vom 18.7.2000. "Mitteilung der Kommission - Die Ergebnisse der öffentlichen Anhörung zum Kommunikationsbericht 1999 und Leitlinien für den neuen Rechtsrahmen" (KOM(2000) 239 endg.); Stellungnahme des WSA im ABl. C 14 vom 16.1.2001.

    Top