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Document 52000DC0730

Dritter Bericht der Kommission an den Rat zur Lage des Weltmarkts im Schiffbausektor

/* KOM/2000/0730 endg. */

52000DC0730

Dritter Bericht der Kommission an den Rat zur Lage des Weltmarkts im Schiffbausektor /* KOM/2000/0730 endg. */


DRITTER BERICHT DER KOMMISSION AN DEN RAT ZUR LAGE DES WELTMARKTS IM SCHIFFBAUSEKTOR

INHALTSVERZEICHNIS

1. Einleitung

2. Allgemeine Analyse des Marktes

2.1. Marktanteile

2.2. Preisentwicklungen

2.3. Das Marktsegment der Containerschiffe

3. Eingehende Marktüberwachung und -analyse

3.1. Aktualisierung früherer Untersuchungen

3.2. Neu analysierte Aufträge

3.3. Auswirkungen auf die EU-Werften

4. Massnahmen im Anschluss an die Schlussfolgerungen des Rates vom 9 November 1999 und vom 18 Mai 2000

5. Gegenwärtige und künftige Massnahmen zur Unterstützung der Werften in der EU

5.1. Historischer Hintergrund der Betriebsbeihilfen

5.2. Höhe der von den Mitgliedstaaten gewährten Beihilfen

6. Schlussfolgerungen und Empfehlungen

7. Liste der Tabellen und Abbildungen

8. Verweise

ZUSAMMENFASSUNG

Die Verordnung (EG) Nr. 1540/98 des Rates zur Neuregelung der Beihilfen für den Schiffbau verpflichtet die Kommission, über die Lage des Weltmarkts im Schiffbausektor zu berichten. Der erste Bericht (KOM(1999) 474 endgültig) wurde dem Rat am 9. November 1999 vorgelegt. Der zweite Bericht (KOM(2000) 263 endgültig) wurde dem Rat am 18. Mai 2000 vorgelegt. Beide Male ersuchte der Rat die Kommission darum, bestimmte Maßnahmen zu ergreifen, um der Lage des Weltmarkts im Schiffbausektor gerecht zu werden. Dies ist der dritte Bericht. Er analysiert die jüngsten Entwicklungen auf dem Weltmarkt und bewertet die Ergebnisse der Maßnahmen, die aufgrund des Ratsersuchens ergriffen wurden.

Der Weltmarkt im Schiffbausektor ist weiterhin mit ernsten Problemen konfrontiert. Das Angebot ist noch immer höher als die Nachfrage, und wenig deutet darauf hin, dass sich an dieser Situation etwas ändern wird. Trotz Zunahme der Auftragseingänge in den ersten 8 Monaten dieses Jahres aufgrund günstiger Marktbedingungen bei fluessigem Massengut (Rohöl und Ölerzeugnisse) und trotz Entwicklung neuer innovativer Schiffskonzepte (sehr große Containerschiffe), haben sich die Schiffspreise nicht von der massiven Talfahrt im Jahr 1997 erholt, obwohl Anzeichen für eine Erholung gegenüber den Tiefs zum Ende des Jahres 1999 auszumachen sind. Die Preise für alle Schiffstypen außer Tankern sind (mit ganz wenigen Ausnahmen) in den letzten 12 Monaten weiter gefallen. Die Preise für Tanker haben sich dagegen um 5-10 % leicht erholt. Ursache des anhaltenden Preisverfalls sind die niedrigen Angebotspreise koreanischer Werften.

Südkorea ist nun der größte Schiffsbauer am Weltmarkt. Seine Werften konnten in den ersten 8 Monaten des Jahres 2000 über 40 % aller Neuaufträge (in gewichteter Bruttotonnage - cgt) für sich verbuchen (Japan 25 %, EU + Norwegen 16 %, übrige Welt 19 %). In dem wichtigen Marktsegment der Containerschiffe verbuchten koreanische Werften im selben Zeitraum 60 % aller Neuaufträge (Japan 4 %, EU + Norwegen 8 %, übrige Welt 25 %). Bei sehr großen Containerschiffen (,Post-Panamax"), die neuerdings den Schiffbau für den Linienfrachtverkehr beherrschen, sicherten sich koreanische Werften 82 % des Marktes (Japan 4 %, EU + Norwegen 0 %, übrige Welt 14 %). Andererseits beherrschen EU-Werften weiterhin den Markt für hochwertige Kreuzfahrtschiffe.

Die umfassenden Kostenanalysen für Schiffbauaufträge in den beiden vorangehenden Berichten wurden aktualisiert, um Annahmen zur Inflation einzubeziehen und neuen Informationen aus Korea über die Finanzlage der Werften Rechnung zu tragen. Danach liegen die berechneten Verluste koreanischer Werften zwischen 4 % und 39 % der tatsächlichen Baukosten (der untere Wert gilt für eine Werft, die ihre Schulden durch Abschreibung massiv abgebaut hat). Der durchschnittliche Verlust bei allen untersuchten Aufträgen wird auf etwa 20 % veranschlagt. Für den dritten Bericht der Kommission wurden weitere sieben Aufträge analysiert; sie betreffen Schiffstypen, die für die Produktpalette von EU-Werften typisch sind. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen legen nahe, dass koreanische Werften (mit wenigen Ausnahmen) weiterhin Aufträge zu Preisen hereinnehmen, die nicht alle Kosten decken. Koreanische Werften konkurrieren in fast allen Marktsegmenten und überlassen den Werften der EU im Wesentlichen nur noch kleinere Inlandsaufträge und den Bau von Spezialschiffen. Daher erhärtet dieser dritte Bericht der Europäischen Kommission zur Lage des Weltmarkts im Schiffbausektor die Erkenntnisse der ersten beiden Berichte.

Alle Möglichkeiten zur Lösung des Problems werden derzeit verfolgt, wie es der Ministerrat auf den Sitzungen vom 9. November 1999 und vom 18. Mai 2000 gefordert hat (siehe Kapitel 4). Die Kommission bemüht sich insbesondere intensiv um verbindliche Zusagen der koreanischen Seite, bei der Finanzierung von Schiffbauaktivitäten nicht zu intervenieren. Nach mehreren Beratungsrunden trafen die Europäische Kommission und die koreanische Regierung eine Vereinbarung in Form einer ,Vereinbarten Niederschrift zur Lage des Weltmarkts im Schiffbausektor", die am 22. Juni 2000 unterzeichnet wurde. Nach der Unterzeichnung wurden weitere Gespräche über die Umsetzung der vereinbarten Grundsätze geführt. Allerdings konnte kein gemeinsamer Ansatz zur Problemlösung gefunden werden, weshalb die bilateralen Gespräche mit Korea ergebnislos endeten.

Die bei der Marktbeobachtung durch die Europäische Kommission eingeholten Informationen haben der EU-Schiffbauindustrie genügend Material geliefert, um im Rahmen der Verordnung über Handelshemmnisse (Ratsverordnung (EG) Nr. 3286/64) eine Beschwerde einzureichen. Die Industrie hat am 24. Oktober 2000 eine derartige Beschwerde bei der Kommission eingereicht. Die Kommission wird den Markt weiter beobachten.

Da dem IWF nach Ansicht der Kommission eine gewisse Aufgabe im Hinblick auf die Umstrukturierung des Sektors in Korea zukommt, wurden Kontakte zum IWF aufgenommen, um auf die möglichen Auswirkungen nicht marktkonformer Geschäftspraktiken koreanischer Werften hinzuweisen. Der IWF hat die Angelegenheit zwar geprüft, stellte aber fest, dass ihm das Mandat fehlt, sich mit sektoralen Aspekten zu befassen. Die Kommission informiert den IWF weiterhin über die Entwicklungen um sicherzustellen, dass die aufgelaufenen Verluste koreanischer Werften weder direkt noch indirekt von der koreanischen Regierung ausgeglichen werden und dass die Grundsätze der Marktwirtschaft in vollem Umfang respektiert werden.

Darüber hinaus hat die Kommission die derzeitigen Beihilfevereinbarungen für EU-Werften gemäß Ratsverordnung 1540/98 geprüft und kam dabei zu dem Schluss, dass Betriebsbeihilfen das koreanische Problem nicht gelöst haben.

Angesichts der vorangehenden Erwägungen werden folgende Maßnahmen vorgeschlagen:

- Die Europäische Kommission wird den Markt weiter beobachten.

- Die Kommission wird die Beschwerde der Industrie auf der Grundlage der Verordnung über Handelshemmnisse schnellstmöglich prüfen und, falls sie der Beschwerde stattgibt, die Angelegenheit rigoros weiterverfolgen, um die WHO gegebenenfalls zu einer Maßnahme zu veranlassen.

- Parallel dazu wird die Kommission offen bleiben für etwaige Vorschläge Koreas, die den Belangen der EU Rechnung tragen.

- Die Kommission und die Mitgliedstaten werden sich weiter bemühen, auf internationaler Ebene gleiche Ausgangsbedingungen für den Schiffbau in der OECD zu schaffen.

- Die Kommission und die Mitgliedstaaten werden den IWF weiter darin bestärken, die Umstrukturierung der koreanischen Werften genau beobachten und bewerten zu lassen.

- Die Kommission wird in Wettbewerbsfragen auch weiter eng mit der Industrie zusammenarbeiten.

- In Übereinstimmung mit den Regelungen in Artikel 12 der Ratsverordnung (EG) Nr. 1540/98 und ohne spezifische Berücksichtigung der vorgenannten Maßnahmen, soll die Kommission so bald wie möglich untersuchen, welche Möglichkeiten für Maßnahmenvorschläge, die geeignet sind, das Problem zu lösen, bestehen.

1. Einleitung

Dies ist der dritte Bericht der Europäischen Kommission zur Lage des Weltmarkts im Schiffbausektor. Er baut auf den ersten beiden Berichten auf, die dem Ministerrat am 9. November 1999 als Dokument KOM(1999) 474 endgültig bzw. am 18. Mai 2000 als Dokument KOM(2000) 263 endgültig vorgelegt wurden. Der Bericht befasst sich nur mit dem Bau von Handelsschiffen. Marineschiffe, Offshore-Anlagen und Kleinfahrzeuge bleiben in diesem Zusammenhang unberücksichtigt.

Der dritte Bericht basiert wiederum auf dem Ansatz und den Erkenntnissen der ersten beiden Berichte. Daher werden einige Elemente der vorangehenden Berichte nicht wiederholt. Zu diesen Elementen zählen die langfristigen Analysen zu Angebot und Nachfrage, allgemeine Ausführungen zur Gestaltung von Schiffbauverträgen und zu den zugrunde liegenden Studien, die Analyse des Finanzsektors in der Republik Korea, Einzelheiten zu bestimmten untersuchten Werften sowie die Beschreibung der Vorgehensweise. Die Informationen aus den ersten beiden Berichten werden allerdings aktualisiert, soweit dies angebracht ist; wesentliche Elemente werden falls erforderlich wiederholt. Dies betrifft vor allem die ausführlichen Kostenanalysen für Schiffbauaufträge, die asiatischen Werften erteilt wurden, da das zugrunde liegende Kostenmodell jedes Mal neu erstellt wird, wenn neue oder bessere Informationen vorliegen.

Der dritte Bericht der Kommission aktualisiert die Informationen über Marktanteile und Preisentwicklungen. Darüber hinaus wurden seit dem letzten Bericht neue Kostenanalysen für Aufträge an Werften in der Republik Korea erstellt; die Ergebnisse werden im Folgenden präsentiert. Der Bericht bewertet ferner die Ergebnisse der verschiedenen vom Rat geforderten Maßnahmen.

2. Allgemeine Analyse des Marktes

Die Analyse des bestehenden Ungleichgewichts zwischen Angebot und Nachfrage bei Schiffbaukapazitäten verzeichnet gegenüber den ersten beiden Berichten nur geringe Fortschritte. Die drei großen Schiffbauverbände, AWES (Verband Westeuropäischer Schiffswerften) und SAJ (Shipbuilders' Association of Japan) auf der einen Seite und KSA (Korean Shipbuilders' Association) auf der anderen, sind sich über den Umfang dieses Ungleichgewichts nicht einig und prognostizieren Angebot und Nachfrage auf unterschiedlichen Niveaus. Beide Seiten sind sich jedoch dahingehend einig, dass der Abstand zwischen Angebot und Nachfrage in den kommenden Jahren zunehmen wird, da sich die Produktivität der Werften steigern wird, einige Reparaturwerften auf den Schiffsneubau umstellen werden und neue Mitbewerber wie die Volksrepublik China in den Markt eintreten werden.

Ab wann sich die bevorstehenden neuen EU-Vorschriften und IMO-Bestimmungen für Tanker auf die Nachfrage auswirken und ob die EU-Werften von der zusätzlichen Nachfrage profitieren werden, bleibt abzuwarten.

Die Kapazitäten für den Schiffsneubau betragen weltweit fast 21 Mio. cgt (gewichtete Bruttotonnage, Messung der Arbeitsintensität eines Schiffstyps unter Berücksichtigung der Größe des Schiffes; Quelle: OECD und AWES). Die Kapazitäten werden bis 2005 voraussichtlich auf etwa 24 Mio. cgt anwachsen. Die Gesamtproduktion im Schiffsneubau betrug 17,5 Mio. cgt im Jahr 1999 nach 18,0 Mio. cgt im Jahr 1998 und 17,1 Mio. cgt im Jahr 1997 (Quelle: Lloyd's Register of Shipping). Diese Zahlen legen nahe, dass die Nachfrage tatsächlich wesentlich geringer ist als das Angebot. Eine nennenswerte Erhöhung der Preise für Schiffsneubauten wegen erhöhter Nachfrage ist daher zumindest kurzfristig nicht zu erwarten.

2.1. Marktanteile

Was die Einschätzung der derzeitigen Marktbewegungen anbetrifft, spiegeln die Zahlen für Neuaufträge am besten die derzeitige Marktlage wider. Zahlen über erteilte Aufträge und Fertigstellungen eignen sich zwar zur Analyse der längerfristigen Entwicklungen des Sektors, diese Zahlen stützen sich aber auf Aufträgen, die in der Vergangenheit erteilt wurden. Man darf nicht vergessen, dass die Vorlaufzeiten im Schiffbau bis zu drei Jahre betragen. Vor allem die Zahlen über Fertigstellungen können irreführen, da die derzeitigen Auslieferungen auf Aufträge aus dem Jahr 1998 zurückgehen. In diesem Jahr kämpften die koreanischen Werften aber mit den Schwierigkeiten, Kapital für den Schiffbau bei einheimischen Finanzinstitutionen zu beschaffen. Die 1997 bis 1999 erteilten Aufträge und die Fertigstellungen in diesem Zeitraum wurden im zweiten Bericht der Kommission analysiert. Da die Zahlen für das gesamte Jahr 2000 noch nicht verfügbar sind, wurde diese spezielle Analyse nicht aktualisiert.

Die Schiffbaustatistik bezieht sich häufig auf die Bruttotonnage oder den Produktionswert. Beide Zahlen führen zu einer gewissen Verzerrung, wenngleich in gegensätzlicher Richtung. Die Bruttotonnage beschreibt den Schiffbau nach dem tatsächlichen Volumen und ergibt daher einen größeren Anteil für Regionen, die sich auf die Produktion von Tankern und Massengutfrachtern konzentrieren. Dagegen gibt der Produktionswert den Ausschlag zugunsten von Schiffbauregionen, die komplexe Schiffe produzieren, z. B. Kreuzfahrtschiffe, Fährschiffe oder Spezialbauten. Um diese Verzerrungen zu vermeiden, stützt sich die Analyse im vorliegenden Bericht auf die gewichtete Bruttotonnage (cgt), da sie den zu erfassenden Gegenstand am besten charakterisiert.

Das nachstehende Schaubild enthält Informationen über die Entwicklung der Neuaufträge seit 1997 nach cgt und Hauptschiffbauregion. Danach folgt eine kurze Analyse.

Abb. 1 - Marktanteile bei Neuaufträgen nach cgt in Prozent, 1997 -2000 (*)

TGRAPH

Quelle: Lloyd's Register of Shipping

(*) Die Zahlen für das Jahr 2000 betreffen lediglich die ersten 8 Monate.

Das Schaubild zeigt den starken Anstieg des koreanischen Marktanteils bei Neuaufträgen seit der Wirtschaftskrise in Asien im Jahr 1997. 1998 war ein Ausnahmejahr, da die koreanischen Werften in diesem Jahr mit dem Problem kämpften, Kapital für den Schiffbau bei einheimischen Finanzinstitutionen zu beschaffen, und folglich Schwierigkeiten mit der Akquisition von Aufträgen hatten. In den ersten sechs Monaten des Jahres 2000 wurden weltweit viele Schiffbauaufträge erteilt; der monatliche Auftragseingang war im Durchschnitt fast doppelt so hoch wie 1999. Das Gesamtauftragsvolumen betrug 10.895.762 cgt. Nach cgt gingen 74 % dieser ,zusätzlichen" Aufträge nach Korea. Folglich sind die koreanischen Auftragsbücher voll (teilweise bis 2004), so dass die Werften ein höheres Preisniveau anvisieren können (bei dem dann keine spekulativen Aufträge mehr erteilt werden). Darüber hinaus scheint die Nachfrage jetzt teilweise befriedigt zu sein. Korea erreichte in den ersten 8 Monaten des Jahres 2000 einen Weltmarktanteil von etwa 40 %. 1999 lag dieser Anteil noch bei 33 %. Japan kam auf 24 %, die EU auf 16 %. Der Marktanteil wuchs im Wesentlichen zu Lasten Japans, wenngleich auch die EU Marktanteile verlor. Die EU-Werften haben den Bau von Standardtankern und Massengutfrachtern von geringem Wert fast völlig aufgegeben und einen Großteil ihres Anteils am Containerschiffmarkt verloren. Sie verlegen sich immer mehr auf den Bau von Fahrgast- und Spezialschiffen.

Der Auftragsboom bei Kreuzfahrtschiffen mit vergleichsweise hohen cgt-Werten hat die Lage der EU-Schiffbauindustrie insgesamt stabilisiert. Allerdings sind derzeit nur 10 EU-Werften in diesem Segment tätig. Die Zahl der Werften, die sich ohne größeren Aufwand auf den Bau von Kreuzfahrtschiffen verlegen könnten, ist aufgrund technischer und kommerzieller Voraussetzungen beschränkt. Außerdem bemühen sich koreanische und japanische Werften verstärkt um Aufträge für Kreuzfahrtschiffe. (Japan hat bereits zwei Aufträge für große Kreuzfahrtschiffe an Land gezogen.) Kürzlich von Korea hereingeholten Aufträge für Fahrgastfähren lassen erkennen, dass koreanische Werften bereits das Know-how zum Bau großer Fahrgastschiffe erwerben. Der Schritt von komplexen Fährschiffen zu Kreuzfahrtschiffen dürfte ihnen mittelfristig möglich sein. Die obige Analyse scheint darauf hinzudeuten, dass die EU-Werften insgesamt noch in einem vergleichsweise stabilen Geschäftsumfeld operieren. Die Auftragsbücher sind relativ gut gefuellt, auch wenn die Lage in bestimmten Mitgliedstaaten und Werften je nach Produktpalette sehr unterschiedlich sein kann. Besonders bedrohlich ist die Lage für kleine und mittlere Werften, die hauptsächlich Frachtschiffe wie Containerschiffe, Produktentanker oder Gastanker bauen. Diese Werften haben normalerweise nicht die Möglichkeit, einen verlorenen Marktanteil durch den Bau großer Kreuzfahrtschiffe oder Marineschiffe zu kompensieren, auch wenn sie hinsichtlich ihrer Produktivität vielleicht durchaus wettbewerbsfähig sind. Die jüngsten Entwicklungen zeigen, dass auch größere Werften inzwischen vor ähnlichen Problemen stehen, besonders dann, wenn bestimmte strategische Aufträge nicht gesichert werden können und andere Marktsegmente wegen des Wettbewerbs aus Korea nicht mehr zugänglich sind.

2.2. Preisentwicklungen

Die Preise für Neubauten werden in diesem Sektor nur selten systematisch beobachtet. Dies liegt an der Art der Schiffbauverträge, die als einmalige technische Großprojekte betrachtet werden müssen, bei denen zahlreiche Parameter die Kosten und den Preis bestimmen. Zu diesen Parametern zählen die Schiffsspezifikationen, Lieferfristen, (ggf.) Umfang der Baureihe, Finanzierungsbedingungen usw. Folglich werden Preise oft in Bezug auf bestimmte Standardschiffstypen der nachstehend genannten Art angegeben. Diese Informationen stützen sich im Wesentlichen auf Input von Schiffsmaklern, die vielleicht nicht immer den Gesamtüberblick über den Markt haben und denen daran gelegen sein mag, positive (oder negative) Signale an den Markt auszusenden. Somit sind Preisinformationen dieser Art mit Vorsicht zu genießen. Die koreanische Regierung hatte ihre Lageeinschätzung in den Verhandlungen mit der Kommission über die ,Vereinbarte Niederschrift" auf diese Zahlen gestützt, doch vermitteln diese Ergebnisse ein unvollständiges Bild, wie im Folgenden erläutert wird.

Tab. 1 - Entwicklung der Preise für Schiffsneubauten (Preise zum Jahresende in Mio. USD)

>PLATZ FÜR EINE TABELLE>

Quelle: Clarkson World Shipyard Monitor

Tab. 2 - Entwicklung der Preise für Schiffsneubauten (jährliche Änderung in Prozent)

>PLATZ FÜR EINE TABELLE>

Die Preise für diese wichtigen Schiffstypen im Zeitraum 1997 bis 2000 zeigen deutlich, dass der Nachfrageanstieg von 1998 bis 1999 und die vergleichsweise hohen Auftragszahlen zu Beginn des Jahres 2000 nur einen begrenzten positiven Einfluss auf die Preise ausübten. Die Preise für neue Schiffe liegen im Durchschnitt noch immer etwa 13 % unter dem Niveau von 1997 und bewegen sich erst jetzt auf das Niveau von 1998 zurück. Die Preise für Öltanker und bestimmte Massengutfrachter haben erheblich angezogen. Die Gründe dafür liegen in der starken Nachfrage nach Transportkapazitäten, die höhere Frachttarife ermöglicht und somit die Aufträge für Neubauten ankurbelt. Da die koreanischen Werften nur über begrenzte Zeitfenster für eine frühzeitige Auslieferung verfügen und die EU-Werften auf diesem noch immer sehr niedrigen Preisniveau nicht im Wettbewerb sind, müssen die Eigner im Gegensatz zu 1998 und 1999 einen Aufschlag zahlen. Darüber hinaus stellt sich der Markt bereits auf die bevorstehenden neuen EU-Vorschriften und IMO-Bestimmungen ein, die die Nutzung älterer Tankertonnagen einschränken. Da sich der Markt für kleinere Tanker derzeit gut entwickelt und die Sorge vorherrscht, dass die Preise deutlich anziehen, wenn die neuen Vorschriften in Kraft getreten sind, ist die Nachfrage gestiegen, so dass die Werften höhere Preise für diese Schiffstypen durchsetzen konnten. In Bereichen, in denen koreanische Werften noch versuchen, Marktanteile zu erobern, und sich auf ihrem heimischen Markt selbst heftig Konkurrenz machen, z. B. bei großen Containerschiffen und Gastankern, steigen die Preise laut Clarkson World Shipyard Monitor nur zögerlich und liegen noch immer über 20 % unter dem Preisniveau vor der Wirtschaftskrise in Asien. Es muss allerdings darauf hingewiesen werden, dass die Kommission den Preis, den Clarkson für Flüssiggastanker angibt (175 Mio. USD Ende August 2000), anhand ihrer Untersuchungen nicht bestätigt: Die beiden jüngsten Aufträge, die in Korea für diesen Schiffstyp erteilt wurden, bezifferten sich auf 152 bzw. 165 Mio. USD. Da pro Jahr nur eine begrenzte Zahl Flüssiggastanker gebaut wird (in einigen Jahren wurden überhaupt keine Tanker dieser Art gebaut), muss der tatsächliche Preis wohl näher an dem Wert liegen, den Clarkson für 1999 angibt.

Die Kommission bezweifelt die Zulässigkeit des obigen Ansatzes, den die koreanische Regierung vorschlägt. Es gibt drei wesentliche Gründe, warum sich die oben genannten Informationen nicht dazu eignen, die Preisentwicklung richtig einzuschätzen.

- Sehr häufig sind die Preise für einzelne Aufträge selbst bei demselben Schiffstyp nicht direkt miteinander vergleichbar. Bauserien, unterschiedliche technische Spezifikationen oder Finanzierungsvereinbarungen haben einen starken Einfluss auf die Preise; daher liefern die Preisangaben nach Schiffstyp kein vollständiges Bild des tatsächlichen Preisniveaus.

- Die Liste der Schiffstypen, die Clarkson zugrunde legt, ist nicht umfassend. Außerdem enthält sie keine Informationen über bestimmte wichtige Schiffstypen wie Post-Panamax-Containerschiffe.

- Die derzeitige Praxis der Preisermittlung für ausgewählte Schiffstypen liefert lediglich eine Momentaufnahme. Langzeitanalysen der Preisentwicklung oder die Bewertung der Preispolitik einzelner Werften sind mit dieser Methode nicht möglich.

Um diese Nachteile auszugleichen, analysiert die Kommission die Preisentwicklung auf eigene Weise. Sie vergleicht die Preisniveaus in Korea nach Schiffstyp und nach Werft. Ziel dieser Methodik ist die Ermittlung eines ,Grundpreises", der das durchschnittliche Preisniveau der Aufträge widerspiegelt, die im Zeitraum April 1999 bis April 2000 erteilt wurden. Dieser Grundpreis wird mit dem Durchschnittspreis verglichen, der sich aus den seit April 2000 erteilten Aufträgen ergibt. (Seit dieser Zeit wird die ,Vereinbarte Niederschrift" angewandt.) Der zugrunde liegende Datenbestand umfasst derzeit etwa 250 Aufträge, die koreanischen Werften erteilt wurden. Die Preise werden in USD/cgt erfasst. Diese Analyse dürfte aufzeigen, in welchem Maße einzelne koreanische Werften die Preise angehoben haben, und welche Schiffstypen die Preiserhöhungen gegebenenfalls betrafen.

Die allgemeine Preisentwicklung für alle koreanischen Werften wird im Folgenden aufgezeigt.

Abb. 2 - Gesamtpreisentwicklung in allen Schiffswerften der Republik Korea

TGRAPH

Es ist erkennbar, dass sich die Preise von dem Tief Ende 1999 erholen; sie sind im Schnitt um etwa 6 % gestiegen. Der Anstieg erfolgt allerdings sehr langsam, und die derzeitigen Preise kommen an das Niveau im Frühjahr 1999 noch nicht heran.

Bei Betrachtung der Preise nach Schiffstyp bestätigen sich die obigen Feststellungen: Tanker und Massengutfrachter profitieren von der gesunden Konjunktur im Transportgeschäft. Die daraus resultierende Nachfrage nach neuen Schiffen hat die Preise angetrieben (obwohl dieser Effekt bei Tankern deutlicher zu spüren ist). Dagegen haben die Preise für Containerschiffe in der ersten Jahreshälfte 2000 zwar angezogen, sind inzwischen aber wieder etwas gefallen, was teilweise darauf zurückzuführen ist, dass sich die Frachtraten nicht wie bei fluessigem Massengut wieder erholt haben. Ferner ermöglichen größere Schiffe deutliche Kosteneinsparungen, so dass die Unternehmen mit vergleichsweise niedrigen Frachtraten operieren können. Alle großen koreanischen Werften visieren dieses Marktsegment an, da es ihnen profitabler erscheint als der Bau von Tankern und Massengutfrachtern. Der innerkoreanische Wettbewerb verhindert einen anhaltenden Aufwärtstrend bei den Preisen für Containerschiffe. Die allgemeine Preispolitik der großen koreanischen Werften ist uneinheitlich, da sie sich finanziell in unterschiedlicher Lage befinden. Der ständige Bedarf nach Auftragseingängen ist bei einigen dieser Werften wohl größer, was die Preise für bestimmte wichtige Aufträge drückt.

2.3. Das Marktsegment der Containerschiffe

Wie in den ersten beiden Bericht erörtert, stellen Containerschiffe im gewerblichen Schiffbau nach cgt das größte Marktsegment. Containerschiffe gehören seit Jahren zu den wichtigsten Erzeugnissen japanischer und europäischer Werften. Der erste Bericht hielt außerdem fest, dass koreanische Werften seit 1997 erhebliche Anteile des Marktes für Containerschiffe erobern konnten. Die Lage dieses besonderen Marktsegments stellt sich derzeit wie folgt dar:

Abb. 3 - Marktanteile bei Neuaufträgen für Containerschiffe nach cgt in Prozent, 1997 -2000 (*)

TGRAPH

Quelle: Lloyd's Register of Shipping

(*) Die Zahlen für das Jahr 2000 betreffen lediglich die ersten 8 Monate.

Die Republik Korea hat ihre beherrschende Stellung beim Bau von Containerschiffen ausgebaut. Die Gruppe ,übrige Welt", zu der in diesem Marktsegment Länder wie China, Taiwan und Polen zählen, hat sich etwas erholt, was im Wesentlichen auf den Bau kleinerer Containerfeederschiffe zurückzuführen ist. Die Stellung der EU in diesem Marktsegment scheint kontinuierlich schwächer zu werden, obwohl der Euro seit Januar 1999 deutlich an Wert gegenüber dem Dollar verloren hat. Die Tatsache, dass der Yen im vergangenen Jahr deutlich aufgewertet wurde, hat die Probleme der japanischen Werften noch verschärft.

Korea beherrscht das Segment sehr großer Containerschiffe (Post-Panamax), die sich rasch als Standardschiff für den interkontinentalen Linienfrachtverkehr etablieren. Post-Panamax-Containerschiffe repräsentieren 65,5 % (nach cgt) aller in den ersten 8 Monaten des Jahres 2000 erteilten Aufträge für Containerschiffe. Dieser Schiffstyp wurde 1988 zwar in Europa entwickelt, da aber zunächst noch die komplexen globalen Logistikvoraussetzungen fehlten, die für den Aufbau von Transportdiensten auf der Basis dieser Großschiffe gegeben sein müssen (z. B. Ausbau von Hafenanlagen, Wasserwegen, Anbindungen an das Hinterland), kann erst jetzt eine größere Zahl derartiger Schiffe in Dienst gestellt werden. Folglich verläuft der Auftragseingang für diesen neuen Schiffstyp im Jahr 2000 sehr dynamisch: 70 der 85 Neuaufträge gingen an koreanische Werften, das sind 82 % des Gesamtauftragsvolumens. Japan konnte 4 % der Aufträge für Post-Panamax-Containerschiffe akquirieren. Die EU-Werften gingen völlig leer aus, obwohl sich einige EU-Werften angeblich auf diesen Schiffstyp spezialisiert haben. Der Anteil der übrigen Welt betrug 14 %.

Sehr großer Containerschiffe haben einer Kapazität bis zu 8.000 TEU; wobei eine TEU (Twenty Foot Equivalent Unit - Zwanzig-Fuß-Einheit) einem Standardcontainer entspricht. Der Betrieb derartigen Schiffe zwischen zentralen Knotenpunkten erfordert Zubringerdienste mit kleineren Containerfeederschiffen (200 bis 2.500 TEU), die die Anbindung kleiner Häfen sicherstellen. Da sich die koreanischen Werften nicht auf diese kleineren Schiffe spezialisiert haben und kurz- und mittelfristig auch nicht über die Kapazitäten für deren Bau verfügen, gingen kürzlich entsprechende Aufträge an Werften in der EU und in Polen. Obwohl dies eine positive Entwicklung für die betreffenden Werften bedeutet, darf nicht übersehen werden, dass die Aufträge nur ein Nebenergebnis aus dem Großschiffbau darstellen und weder im Wert noch im Volumen an die Aufträge für Post-Panamax-Schiffe herankommen.

3. Eingehende Marktüberwachung und -analyse

Zur Erhebung der erforderlichen Daten greift die Kommission auf Berater zurück. Aus deren Studie ist ein Modell für die Aufschlüsselung aller relevanten Kostenelemente hervorgegangen, die sowohl die direkte Schiffsproduktion als auch die Schiffswerften im Allgemeinen betreffen. Die Kostenelemente des Modells umfassen direkte Kosten (Material, Arbeitszeit, Ausrüstung usw.) und indirekte Kosten (Finanzierung des Schiffs und der Produktionsausrüstung, Auslegungskosten, Versicherungen usw.). Der errechnete Baupreis schließt außerdem eine Gewinnspanne von 5 % ein. Einzelheiten zu dem Kostenaufschlüsselungsmodell sind Anhang I des ersten Berichts zu entnehmen.

Bei der Studie werden laufend zusätzliche Informationen eingeholt und zur Überprüfung der früheren Kostenanalysen verwendet. Daher wurden die 18 Aufträge für Korea neu berechnet, die in den beiden ersten Berichten bereits untersucht wurden. Die aktualisierten Ergebnisse werden im Folgenden dargestellt. Schon im ersten Bericht wurde darauf hingewiesen, dass alle Parameter mit der gebotenen Vorsicht behandelt wurden, damit die für ein bestimmtes Vorhaben errechneten Mindestkosten nicht in Frage gestellt werden können. Die aktualisierte Analyse enthält jetzt auch Annahmen zur Inflation. Da Aufträge zwar jetzt erteilt, aber erst in den kommenden zwei bis drei Jahren ausgeführt werden, gilt es als normale Geschäftsgepflogenheit, die zu erwartenden Kosten vom Bau bis zur Auslieferung zu schätzen.

3.1. Aktualisierung früherer Untersuchungen

Im Bericht KOM(1999) 474 endgültig wurden neun Aufträge untersucht, die von Werften in der Republik Korea ausgeführt wurden. Weitere 13 Aufträge wurden für den zweiten Bericht KOM(2000) 263 endgültig analysiert. Neun dieser Aufträge gingen an sechs verschiedenen koreanischen Werften, vier Aufträge an vier Werften in der Volksrepublik China (VRC). Die Kommission hat unter Berücksichtigung der allgemeinen Ziele dieses Vorhabens, der relativen Dringlichkeit der Angelegenheit sowie der Verfügbarkeit aussagekräftiger Vergleichsdaten für eine ausgewogene Auswahl der Fälle gesorgt. Nicht bei allen ausgewählten Projekten handelt es sich um bestätigte Aufträge. In einigen Fällen ist die Finanzierung möglicherweise noch nicht gesichert. Daraus könnten sich je nach Sachlage höhere oder niedrigere Auftragspreise ergeben. Die Kommission ist jedoch davon überzeugt, dass bei der Analyse die besten derzeit verfügbaren Informationen zugrunde gelegt wurden.

Die folgende Tabelle fasst die Erkenntnisse zusammen, die über die 18 genannten Aufträge an koreanische Werften vorliegen:

Tab. 3 - Vergleich der Auftragspreise und der Baupreiskalkulation für ausgewählte Schiffsneubauten (aktualisiert)

>PLATZ FÜR EINE TABELLE>

(*) Diese Aufträge wurden neu berechnet, nachdem neue Informationen über die Verschuldung der Unternehmen vorlagen.

Zu beachten ist, dass nach dem Kostenmodell keiner der untersuchten Aufträge wirtschaftlich kalkuliert wurde. Die Preise reichen nicht aus, um die direkten Kosten, einen angemessenen Teil der Gemeinkosten und einen angemessenen Teil der Kapitalkosten (Schuldendienst) zu decken und darüber hinaus noch einen Gewinn zu erzielen.

In einigen Fällen reicht der Preis noch nicht einmal zur bloßen Deckung der Kosten ohne Erzielung eines Gewinns. Durchschnittlich entstehen den koreanischen Werften bei diesen Aufträgen Verluste, die bei Berücksichtigung der Inflation ca. 20 % der tatsächlichen Baukosten erreichen. Einige Aufträge mögen der Rentabilität nahe kommen, doch wurden sie von Werften ausgeführt, die ihre Schulden abbauen konnten, sei es durch Ausgabe neuer Aktien wie bei HHI oder durch Umschuldung (Tilgungsaufschub, Zinsmoratorien, Abschreibungen, Umwandlung von Forderungen in Kapital) wie bei Daewoo und Halla/Samho. Die Aktualisierung der Kostenanalyse bedeutet nicht, dass die Kommission die neue Verschuldungssituation als solche gutheißt in dem Sinne, dass sie sie für konform mit dem WTO-Übereinkommen hält. Denn die Gläubiger der koreanischen Werften sind überwiegend vom Staat kontrollierte Finanzinstitute, und die südkoreanischen Behörden haben notleidende Werften in der Vergangenheit kräftig unterstützt und tun das weiterhin. Doch werden entsprechend der Methodik des Kostenmodells Änderungen an der Verschuldungssituation berücksichtigt. So werden abgeschriebene Schulden nicht in die Kostenberechnungen einbezogen.

3.2. Neu analysierte Aufträge

Seit dem letzten Bericht der Kommission wurden die Aufträge an koreanische Werften eingehender untersucht. Dabei wollte man möglichst viel von der koreanischen Schiffbauindustrie erfassen und zusätzliche Unternehmen und Aufträge betrachten, die für die EU-Werften aufschlussreich sein könnten. Folgende Aufträge wurden analysiert:

- 6.250 TEU Containerschiff (Serie von 4), 45.500 cgt, ausführende Werft: Hanjin Heavy Industries & Construction Co. Ltd. (HHIC);

- 5.608 TEU Containerschiff (2 Schiffe), 43.225 cgt, ausführende Werft: Hanjin Heavy Industries & Construction Co. Ltd. (HHIC);

- 1.200 TEU Containerschiff (Serie von 8), 11.250 cgt, ausführende Werft: Hanjin Heavy Industries & Construction Co. Ltd. (HHIC);

- 7.200 TEU Containerschiff (Serie von 7), ca. 55.000 cgt, ausführende Werft: Hyundai Heavy Industries;

- Flüsiggastanker (LNG), 71.250 cgt, ausführende Werft: Daewoo Heavy Industries;

- Suezmax-Tanker (2 Schiffe), 36.000 cgt, ausführende Werft: Hyundai Heavy Industries;

- Produktentanker (2 Schiffe), 20.800 cgt, ausführende Werft: Shina Shipbuilding.

Die Ergebnisse dieser Untersuchung sind in der nachstehenden Tabelle zusammengefasst.

Tab. 4 - Vergleich der Auftragspreise und der Baupreiskalkulation für ausgewählte Schiffsneubauten (neue Untersuchung)

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Aufträge an HHIC wurden erstmalig untersucht. HHIC ist eine Aktiengesellschaft und wird seit 1956 an der koreanischen Börse notiert. Das Unternehmen gehört zur Hanjin-Gruppe und ist tätig im Schiffbau, im Baugewerbe, im Anlagenbau und in der Logistik. Im Allgemeinen gilt HHIC als Unternehmen, das eine vernünftige Strategie verfolgt und nicht wie andere Werften ohne Rücksicht auf den Markt expandiert. So überrascht es nicht, dass HHIC zu Preisen anbietet, die (auch bei Berücksichtigung der Inflation) den tatsächlichen Baukosten zu entsprechen scheinen. Nach dem Kostenmodell ergibt sich für die Aufträge an HHIC kein Gewinn, aber zumindest Kostendeckung.

Der Auftrag von Hapag-Lloyd für ein Großcontainerschiff an Hyundai und der Auftrag für einen Flüssiggastanker an Daewoo wurden für eine eingehende Kostenanalyse ausgewählt, weil Aufträge für diese Schiffstypen auch für EU-Werften in Frage kommen und weil es Anzeichen dafür gab, dass EU-Werften Schaden erlitten haben könnten. Beide Aufträge mussten neu berechnet werden, nachdem neue Informationen über die Verschuldung der Unternehmen vorlagen. Mit dem deutlichen Abbau der Schulden ergibt sich ein neues Bild: Vor der Umschuldung wurde für das bei HHI in Auftrag gegebene Containerschiff ein Normalpreis mit 92,4 Mio. USD errechnet und für den bei Daewoo in Auftrag gegebenen Flüssiggastanker ein Normalpreis von 171,0 Mio. USD. Das hätte einen kalkulatorischen Verlust von 19 % bzw. 12 % ergeben. Wie bereits gesagt bedeutet die Aktualisierung der Kostenanalyse nicht, dass die Kommission die neue Verschuldungssituation als solche gutheißt.

die Kostenanalyse für den bei Shina in Auftrag gegebenen Produktentanker ist die erste, die bei dieser Werft durchgeführt wird. Shina ist mit einer Belegschaft von 350 eine der kleineren koreanischen Werften und konzentriert sich seit einiger Zeit stark auf den Bau kleinerer Produktentanker für europäische Auftraggeber, während in der Vergangenheit 75 % seiner Lieferungen für koreanische Auftraggeber bestimmt waren. Shina verschuldete sich weniger hoch als andere koreanische Werften, so dass die auf diesen Auftrag entfallenden Kapitalkosten niedriger sind. Bei Annahme einer realistischen Inflationsrate ergibt sich dennoch keine volle Kostendeckung, der Auftrag wird folglich mit Verlust abschließen.

3.3. Auswirkungen auf die EU-Werften

Wie bereits in den ersten beiden Berichten zur Lage des Weltmarkts im Schiffbausektor wird mit negativen Auswirkungen auf die EU-Werften gerechnet, wenn der Angebotspreis der koreanischen Werft nicht kostendeckend ist und so niedrig liegt, dass EU-Werften nicht konkurrieren können, die bei realistischer Preisgestaltung durchaus konkurrenzfähig wären. Dies trifft insbesondere dann zu, wenn der Reeder seine Aufträge in der Vergangenheit an EU-Werften vergeben hat. Aber selbst dort, wo asiatische Mitbewerber früher erhebliche Marktanteile besaßen, wird sich diese Preispolitik auf den Markt insgesamt nachteilig auswirken, und unter diesen Voraussetzungen könnte dies als schädigende Preisgestaltung aufgefasst werden.

Von den neu analysierten Aufträgen an koreanische Werften haben vier spürbare Auswirkungen auf EU-Werften. Die drei Aufträge an HHIC sind dem Anschein nach wirtschaftlich kalkuliert, so dass eine Schädigung von EU-Werften zu verneinen ist. Die Kernpunkte der vier die EU möglicherweise schädigenden Aufträge sind:

- Das von Hyundai Heavy Industries zu bauende 7.200 TEU-Containerschiff wurde von einer der großen europäischen Reedereien in Auftrag gegeben, die es auch betreiben wird. Es handelt sich um eines der Post-Panamax Containerschiffe, für die koreanische Werften intensiv bieten, weil Aufträge für solche Schiffe als rentabler gelten als Aufträge für Massengutfrachter oder Tanker. Wie die Analyse jedoch zeigt, ist Rentabilität hier schwer erkennbar.

- Flüssiggastanker sind teure Spezialschiffe. Der Bau der Ladetanks und der maschinentechnischen Ausrüstung erfordert beträchtliches Know-how, und EU-Werften waren in der Vergangenheit in diesem Marktsegment führend. Zwischen 1990 und 1998 wurden 63 % aller Aufträge für Flüssiggastanker nach Japan vergeben, wobei die EU einen Marktanteil von 27 % innehatte und die Republik Korea einen Anteil von 10 %. 1999 wurden 43 % aller Aufträge für Flüssiggastanker nach Japan vergeben und 57 % nach Korea. Die EU hat keine Aufträge erhalten. Dies ist ein weiteres Beispiel dafür, dass die Republik Korea in ein Marktsegment mit hohem Wert eindringt, das sich zuvor in japanischer und europäischer Hand befand. Obwohl der Auftrag einen geringen Gewinn einbringen könnte, droht der EU die Verdrängung aus einer weiteren Marktnische.

- Der bei HHI in Auftrag gegebene Suezmax-Tanker wurde zu einem Preis angeboten, der nicht als wirtschaftlich kalkuliert gelten kann. Zwar bieten EU-Werften nicht mehr für Tanker, doch trägt dieser Auftrag zum weiteren Preisverfall bei, und er lässt erkennen, dass der gemeldete Preisanstieg für diesen Tankertyp nicht durchgängig zu beobachten ist.

- Der Auftrag für zwei Produktentanker an Shina kann aus drei Gründen als schädigend für EU-Werften angesehen werden: (a) die Reederei hat früher bei EU-Werften bauen lassen und lässt jetzt nur noch in Korea und China bauen; (b) der niedrige Angebotspreis trägt zum allgemeinen Preisverfall bei; (c) wegen der geplanten EU-Rechtsvorschriften zur Sicherheit im Seeverkehr steigt potenziell die Nachfrage nach diesem Tankertyp. Von der bereits zu verzeichnenden zusätzlichen Nachfrage haben EU-Werften noch nicht profitiert, denn fast alle Aufträge für Neubauten gehen nach Asien.

4. Massnahmen im Anschluss an die Schlussfolgerungen des Rates vom 9 November 1999 und vom 18 Mai 2000

Der Rat "Industrie" nahm auf seinen Tagungen vom 9 November 1999 und 18 Mai 2000 die Berichte der Kommission zur Kenntnis. Er forderte die Kommission, die Mitgliedstaaten und die Industrie zu einer Reihe von Maßnahmen auf, deren erste Ergebnisse im Folgenden wiedergegeben sind.

- Nach Inkrafttreten der mit Korea ausgehandelten "Vereinbarten Niederschrift" am 22. Juni 2000 fand am 18. und 19 Juli 2000 in Korea eine erste Gesprächsrunde statt. Die koreanische Regierung zeigte sich bereit, die Fragen der Kommission zu beantworten, und verhielt sich konstruktiv. Die vorgelegten Dokumente (Abrechnungen von Werften und Finanzinstituten, den Schiffbausektor betreffende rechtliche Entscheidungen) werden derzeit von der Kommission geprüft. Eine wichtige Erkenntnis ist, dass die koreanischen Werften Schulden abbauen oder umschulden, also ihre finanzielle Belastung mindern konnten, was ihnen weiterhin sehr niedrige Angebotspreise ermöglicht. Der koreanische Staat hat dazu wesentlich beigetragen, doch sind Einzelheiten schwer zu ermitteln. Entsprechend ihrer in der ,Vereinbarten Niederschrift" eingegangenen Verpflichtung zur Transparenz konnte die koreanische Regierung zwei koreanischen Werften (Hyundai und Daewoo) zudem dazu bewegen, in ihren Betrieben zwei von der Kommission und der Industrie ausgewählte Neubauaufträge von Antidumping-Fachleuten der Kommission eingehender prüfen zu lassen. Die Prüfung fand Ende September statt, doch die Ergebnisse waren unbefriedigend. Während Hyundai unter Verweis auf Geschäftsgeheimnisse die Prüfung nicht voll unterstützte, zeigte sich Daewoo kooperativ. Die Kommission hat gegenüber der koreanischen Regierung ihre Unzufriedenheit über den Mangel an Transparenz geäußert.

- Eine zweite Gesprächsrunde auf der Grundlage der "Vereinbarten Niederschrift" fand am 28 und 29 September in Brüssel statt. Dabei ging es u. a. um Fragen der Preiskalkulation. Die koreanische Seite ließ wissen, dass die koreanischen Behörden die Einrichtung eines Preisüberwachungssystems planten. Wird ein Preis für zu niedrig erachtet, erhält das betreffende Projekt keine Finanzierung. Nach Auskunft der koreanischen Regierung sollen die staatlich kontrollierten Banken den Angebotspreis mit dem "Weltmarktpreis" vergleichen, um die Wirtschaftlichkeit von Schiffbauprojekten zu beurteilen. Die Kommission gab deutlich zu verstehen, dass sie dieses Vorgehen für Unfug hält, denn da Korea Weltmarktführer ist, läuft das auf einen innerkoreanischen Preisvergleich hinaus. Das wäre für die EU nicht akzeptabel. Stattdessen müsste der Angebotspreis mit dem von der WTO definierten und von Korea im Rahmen der "vereinbarten Niederschrift" akzeptierten "Normalwert" verglichen werden. Nur so ließen sich eine Erholung der Preise und die Wiederherstellung gleicher Wettbewerbsbedingungen erreichen. Außerdem müsste die Erholung der Preise schnell erreicht werden. Die koreanische Regierung entgegnete, eine solche Bottom-up-Kostenanalyse sei nicht möglich, nicht zuletzt wegen Personalmangels bei der KEXIM-Bank. Da die Kommission ihren Verhandlungsspielraum ausgeschöpft hatte, endeten die Gespräche ergebnislos. Nach einem Treffen des für Handelsfragen zuständigen Kommissars mit dem koreanischen Handelsminister entsandte die Kommission erneut eine Delegation nach Korea. In einer Sitzungsrunde am 19.-20. Oktober 2000 sollte sie sich Klarheit verschaffen über einen neuen koreanischen Vorschlag, doch weder die koreanische Regierung noch Vertreter der großen koreanischen Werften zeigten Entgegenkommen. Am 27. Oktober informierte die koreanische Regierung die Kommission, dass ihre Bemühungen fehlgeschlagen seien, die Werften zur Annahme des EU-Ansatzes zu bewegen. Es wurde keine Lösung zur Beilegung der bilateralen Auseinandersetzung angeboten.

- Nach diesem Misserfolg hat die EU-Schiffbauindustrie nun offiziell eine Beschwerde nach der Verordnung über Handelshemmnisse eingereicht. Die Bearbeitung einer solchen Beschwerde nimmt einige Zeit in Anspruch: bis zu 45 Tage für die Prüfung und 5 bis 7 Monate für die Untersuchungen im Rahmen der Verordnung; weitere 18 bis 24 Monate dauert es dann, bis ein WTO-Gremium eine Entscheidung fällt (sofern die Beschwerde von der WTO angenommen wird). Die japanischen und amerikanischen Werften haben angedeutet, sie könnten eine Beschwerde bei der WTO unterstützen. Im günstigsten Fall, d. h., wenn die WTO Gegenmaßnahmen genehmigt, wäre dann zu klären, für welche Erzeugnisse solche Gegenmaßnahmen zu ergreifen sind, denn Schiffe unterliegen keinem Zolltarif. Das braucht einige Zeit.

- Ein Schreiben des IWF an die Kommission vom 27. Juli 2000 enthält eine positive Einschätzung der Lage in Korea, die der Einschätzung der koreanischen Regierung entspricht. Der IWF weist erneut darauf hin, dass er keinen Einblick in die Tätigkeit der Branche hat. Er räumt ein, dass die Halla-Werft keine andere Wahl hatte, als Aufträge zu Mindestpreisen hereinzunehmen, um die Lohn- und sonstigen Betriebskosten ihrer Werftanlagen zu decken. Dies habe sich als notwendig erwiesen. Anders hätte Halla ihre Tätigkeit nicht fortsetzen können, da die Kunden der Werft gezögert hätten, bestehende Verträge mit einem Unternehmen einzuhalten, das unter Zwangsverwaltung steht. Der IWF äußert sich nicht zu diesem marktwidrigen Verhalten. In ihrer Antwort auf dieses Schreiben äußerte die Kommission erneut ihre Besorgnis und erinnerte daran, dass der Schiffbau einer der bedeutendsten exportierenden Industriezweige Koreas ist und er durch fortgesetzte Akquisition verlustbringender Aufträge die Erholung der gesamten koreanischen Wirtschaft gefährdet. Die Kommission besteht darauf, dass die bei den koreanischen Werften aufgelaufenen Verluste weder direkt noch indirekt vom koreanischen Staat übernommen werden und dass den Regeln des Marktes uneingeschränkt Geltung verschafft wird.

- Es besteht derzeit keine Aussicht, dass die OECD-Vereinbarung über normale Wettbewerbsbedingungen auf dem Weltmarkt im Schiffbausektor in Kraft tritt, da die USA sich außer Stande sehen, es zu ratifizieren. Von Korea und Japan kommen zwei Vorschläge: Japan schlägt vor, das Übereinkommen unter Berücksichtigung der Vorbehalte der USA in Kraft zu setzen, Korea, das sich einem derartigen Schritt bisher immer widersetzt hat, scheint nun bereit zu sein, das Übereinkommen ohne Beteiligung der USA in Kraft zu setzen. Die Diskussionen in der OECD-Arbeitsgruppe 6, die der Angelegenheit hohe Priorität einräumt, wurden wieder aufgenommen und werden in der nächsten Arbeitssitzung am 18.-20. Dezember 2000 fortgesetzt. Die Kommission würde eine Lösung der aktuellen Probleme auf OECD-Ebene zwar begrüßen, bezweifelt aber, dass das Übereinkommen in seiner jetzigen Form geeignet ist, die tatsächlichen Probleme zu lösen.

5. Gegenwärtige und künftige Massnahmen zur Unterstützung der Werften in der EU

5.1. Historischer Hintergrund der Betriebsbeihilfen

Betriebsbeihilfen für den Schiffbau werden von der Kommission seit den frühen 70er Jahren genehmigt. Lange Zeit waren die Beihilfesätze außergewöhnlich hoch. Die Sechste Richtlinie über Beihilfen für den Schiffbau von 1987 markierte den Beginn einer restriktiveren Beihilfepolitik. Es war notwendig geworden, zur Steigerung von Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit der Branche ihre Umstrukturierung voranzutreiben und für einen fairen Wettbewerb innerhalb der EU zu sorgen. Ziel war der allmähliche Abbau der Betriebsbeihilfen, die in der EU normalerweise unzulässig sind, weil sie unrentable Betriebe künstlich am Leben halten.

1987-1988 betrug der Beihilfehöchstsatz 28 %. 1989 wurde er auf 26 % gesenkt und 1990 auf 20 %. Diese Politik wurde mit der Siebten Richtlinie über Beihilfen für den Schiffbau fortgesetzt, die 1991-1993 in Kraft war. Der Beihilfehöchstsatz wurde für 1991 auf 13 % festgesetzt und 1992 auf 9 % gesenkt. Die Beihilferegelung der Siebten Richtlinie wurde sechs Mal verlängert.

Tab. 5 - Hoechstsätze für Betriebsbeihilfen im Schiffbau

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Die allmähliche Senkung des Hoechstsatzes veranlasste die Branche zunächst zur Umstrukturierung und zur Verbesserung ihrer Wettbewerbsfähigkeit. In den letzten Jahren, nachdem der Beihilfehöchstsatz sich stabilisiert hatte, ließen die Anstrengungen jedoch nach. Allgemein haben die Beihilfen bewirkt, dass die Werften die Strenge des Marktes nur allmählich zu spüren bekamen. Sie haben die Haushalte der Mitgliedstaaten aber auch erheblich belastet. Der Schiffbau ist die einzige Branche des verarbeitenden Gewerbes, die systematisch Betriebsbeihilfen erhält. Es ist überaus fraglich, ob die Ausgaben dafür als wirtschaftlicher Umgang mit knappen öffentlichen Mitteln gelten können. Außerdem verzerren die Beihilfen wegen ihrer von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat stark unterschiedlichen Höhe den Wettbewerb zwischen den Werften in der EU. So gewährte Deutschland 1998 für große Schiffe 6,4 % Beihilfe, die Niederlande 4,4 % und Finnland 3,1 %, während Frankreich und Italien den Hoechstsatz von 9 % gewährten (siehe Tab. 8).

1997 schlug die Kommission vor, die staatliche Beihilfepolitik umzugestalten und die Bemühungen um Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit zu fördern, da viele Werften offensichtlich noch immer nicht genügend wettbewerbsfähig waren, vor allem im Vergleich mit ihren fernöstlichen Konkurrenten. Das bedeutete eine Abkehr von den Betriebsbeihilfen und die Umstellung auf andere Formen der Unterstützung, die den notwendigen Umbau in der Industrie besser ermöglichen.

Die Verordnung (EG) Nr. 1540/98 des Rates sieht deshalb eine letzte Verlängerung der Betriebsbeihilfen um zwei Jahre bis 1. Januar 2001 vor, ferner eine Reihe weiterer Maßnahmen für den Schiffbau, die bis Ende 2003 gewährt werden. Die meisten der künftigen Beihilfen sollen den Werften in der EU Anreize geben, ihre Leistungsfähigkeit zu erhöhen. Es handelt sich um folgende:

- Umstrukturierungsbeihilfen zur Anpassung der Unternehmensstrukturen und zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit können genehmigt werden, wenn sie mit den Gemeinschaftlichen Leitlinien für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten im Einklang stehen.

- Stillegungsbeihilfen einschließlich Zahlungen an entlassene oder in den Vorruhestand versetzte Arbeitnehmer und Zahlungen zur Deckung anderer üblicher Kosten in Verbindung mit der völligen oder teilweisen Stillegung von Schiffbauunternehmen können genehmigt werden, soweit sie im Einklang mit Artikel 4 der Verordnung 1540/98 stehen. Bei einer Teilstillegung erleichtert die Stillegungsbeihilfe die zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit notwendige Umstrukturierung des Unternehmens.

- Regionale Investitionsbeihilfen zur Verbesserung oder Modernisierung einer bestehenden Werft mit dem Ziel der Produktivitätssteigerung können genehmigt werden, sofern die Werft in einem für regionale Beihilfen in Frage kommenden Gebiet liegt und Beihilfe nur zur Deckung der beihilfefähigen Aufwendungen gewährt wird, wie sie in den geltenden gemeinschaftlichen Leitlinien für Regionalbeihilfen festgelegt sind.

- Beihilfen für Forschung und Entwicklung können genehmigt werden, wenn sie den Regeln des Gemeinschaftsrahmens für staatliche Forschungs- und Entwicklungsbeihilfen entsprechen, denn Forschung und Entwicklung sichern die mittel- und langfristige Wettbewerbsfähigkeit der Industrie.

- Investitionsbeihilfen für Innovationen sind eine neue Form der Beihilfe. Sie sind in der Verordnung über Beihilfen für den Schiffbau vorgesehen und werden anderen Industriezweigen nicht allgemein gewährt. Sie können bis zu 10 % der Aufwendungen für den innovativen Teil eines Projekts betragen.

- Beihilfen zur Deckung der Kosten von Umweltschutzmaßnahmen von Werften können genehmigt werden, wenn sie den Regeln des Gemeinschaftsrahmens für staatliche Umweltschutzbeihilfen entsprechen.

Zusätzlich bestehen folgende Beihilfemöglichkeiten:

- Beihilfe in Form von Entwicklungshilfe ist nach den OECD-Regeln zulässig.

- Beihilfen in Form staatlich unterstützter Kreditfazilitäten für in- und ausländische Reedereien zur Finanzierung von Schiffbauvorhaben sind zulässig, sofern sie der OECD-Vereinbarung über Exportkredite für Schiffe entsprechen.

Zu beachten ist ferner, dass Betriebsbeihilfen gemäß Verordnung (EG) Nr. 1540/98 weiterhin für Aufträge zulässig sind, die noch in diesem Jahr für Schiffe erteilt werden, die bis Ende 2003 ausgeliefert werden. Werften können demnach für ihren am 31. Dezember 2000 vorhandenen Auftragsbestand weiterhin derartige Zahlungen erhalten.

5.2. Höhe der von den Mitgliedstaaten gewährten Beihilfen

Seit Anfang der 90er Jahre bewegt sich die durchschnittliche Höhe (Durchschnitt von drei Jahren) der jährlichen Beihilfen für den Schiffbau zwischen 1.445 und 1.720 Mio. EUR (siehe 5., 6. und 8. Bericht der Kommission über staatliche Beihilfen in der EU). Der größte Teil davon sind Betriebsbeihilfen und Umstrukturierungsbeihilfen. Die Höhe der seit 1990 gewährten Betriebsbeihilfen bewegt sich zwischen 198 Mio. EUR und 1.102 Mio. EUR jährlich.

Die Betriebsbeihilfen sind auftragsbezogen. Folglich wurden sie in den letzten Jahren überwiegend für Kreuzfahrtschiffe gewährt, ein Markt, auf dem die Werften der EU weltweit führend sind. Sie erreichten für Kreuzfahrtschiffe von 1990 bis 1998 eine Höhe von 1.374 Mio. EUR, das sind 24 % sämtlicher in diesem Zeitraum gewährten Betriebsbeihilfen. 1998 betrug der Anteil der Kreuzfahrtschiffe an den gesamten Betriebsbeihilfen 57 %, und ein ähnlich hoher Anteil wird für 1999 und 2000 erwartet.

Tab. 6 - Jährliche Betriebsbeihilfen für den Schiffbau (in Mio. EUR [Nominalbeträge])

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Quelle: Kommission

Setzt man die Beihilfen für den Schiffbau ins Verhältnis zu seiner Wertschöpfung, so erkennt man, dass dieser Industriezweig hoch subventioniert wird. In den Jahren 1990-1998 betrugen sie zwischen 20 % und 26 % seiner Wertschöpfung zu Faktorkosten. Im letzten Zeitraum, für den Daten vorliegen (1996-1998), erreichten sie 22 % der Wertschöpfung. Dagegen betrugen 1996-1998 die Beihilfen für das verarbeitende Gewerbe insgesamt nur 2,3 % seiner Wertschöpfung (siehe Europäische Kommission, 8. Bericht über staatliche Beihilfen in der EU, Tab. 3. Die Zahlen für den Schiffbau und das übrige verarbeitende Gewerbe mögen nicht direkt vergleichbar sein, doch sie geben die Größenordnung korrekt wieder).

Man kann auch die je Beschäftigten gewährte Beihilfe vergleichend betrachten. 1998 betrug sie in der Schiffbauindustrie 28.000 EUR. Demgegenüber betrug 1996-1998 die gesamte in der EU gewährte staatliche Beihilfe je Beschäftigtem im produzierenden Gewerbe 1.113 EUR. Die hohen Beträge der Beihilfen für den Schiffbau im Verhältnis zur Wertschöpfung und je Beschäftigten werfen die Frage auf, ob knappe öffentliche Mittel in optimaler Weise eingesetzt werden und ob das Kapital nicht effizienter genutzt werden könnte.

Tab. 7 - Beihilfen für den Schiffbau im Vergleich zum gesamten verarbeitenden Gewerbe

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(*) einschließlich Umstrukturierungsbeihilfe

(**) durchschnittliche jährliche Beihilfe für den Schiffbau im Zeitraum 1996-1998 (1.549 Mio. EUR), dividiert durch die Zahl der 1999 im Schiffsneubau Beschäftigten (55.463), laut AWES-Jahresbericht 1999-2000.

Quellen: Europäische Kommission, 8. Bericht über staatliche Beihilfen in der EU, Tab. 3; AWES-Jahresbericht 1999-2000

Beihilfen in Form von Anreizen, z. B. für Forschung und Entwicklung, Innovation und regionale Investitionen, sind anscheinend nur in geringem Maße gewährt worden. Die Gründe für das geringe Interesse an diesen Beihilfeformen sind nicht bekannt. Ein Grund könnte sein, dass die Regeln für ihre Gewährung den Besonderheiten der Schiffbauindustrie nicht angemessen Rechnung tragen. Möglicherweise finden die Werften, solange auftragsbezogene Betriebsbeihilfen erhältlich sind, es auch nicht nötig, sich um andere Formen der Beihilfe zu bemühen, obwohl diese seit Jahren zur Verfügung stehen. Es könnte sich lohnen zu untersuchen, warum diese Beihilfeformen so wenig in Anspruch genommen werden.

Tab. 8 - Beihilfen für den Schiffbau 1996-1998 in % des Auftragswertes

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6. Schlussfolgerungen und Empfehlungen

Die Kommission fährt fort mit ihrer Beobachtung des Marktes und der eingehenden Prüfung ausgewählter Aufträge an koreanische Werften. Die jüngsten Erkenntnisse bestätigen, was bereits aus früheren Berichten hervorgeht: der Schiffbaumarkt ist weiterhin in ernsthaften Schwierigkeiten.

Das Angebot ist nach wie vor größer als die Nachfrage, und trotz verstärkten Auftragseingangs in den ersten 8 Monaten dieses Jahres infolge günstiger Marktbedingungen haben sich die Preise für Schiffsneubauten von dem seit 1997 zu beobachtenden Verfall nicht vollständig erholt. Es gibt allerdings Anzeichen für eine gewisse Erholung der Preise von ihrem Tiefstand Ende 1999.

Ursache des anhaltenden Preisverfalls sind die niedrigen Angebotspreise koreanischer Werften. Die eingehenden Kostenanalysen lassen erkennen, dass koreanische Werften weiterhin Aufträge zu Preisen hereinnehmen, die nicht alle Kosten decken.

Südkorea ist heute die bedeutendste Schiffbaunation der Welt. Es konnte seinen Marktanteil auf Kosten Japans und der EU weiter erhöhen. Koreanische Werften konkurrieren in fast allen Marktsegmenten und überlassen den Werften der EU im Wesentlichen nur noch kleinere Inlandsaufträge und den Bau von Spezialschiffen. Allein auf dem Markt für Kreuzfahrtschiffe haben die EU-Werften noch eine führende Position.

Neben der Marktbeobachtung führt die Kommission innerhalb ihrer in den Schlussfolgerungen des Rates "Industrie" vom 18. Mai festgelegten Zuständigkeiten verschieden Maßnahmen durch.

Im Rahmen ihrer Handelspolitik hat die Kommission nach der Konsultationsregelung des bilateralen Abkommens Verhandlungen mit Korea aufgenommen. Allerdings hat Korea nicht alle seine Verpflichtungen erfuellt und konnte einer Reihe konkreter Umsetzungsmaßnahmen nicht zustimmen.

Unter diesen Umständen hält die Kommission handelspolitische Maßnahmen gegen Korea für notwendig und wünschenswert, es sei denn, Korea stimmt der Einrichtung eines wirksamen Preisüberwachungssystems zu. Die Kommission wird die Zulässigkeit der Beschwerde prüfen, die die europäische Industrie nach der Verordnung über Handelshemmnisse eingereicht hat, und im Falle ihrer Zulässigkeit eine Untersuchung einleiten.

Die Kommission ist folglich der Ansicht, dass

- die Prüfung der Beschwerde nach der Verordnung über Handelshemmnisse mit Nachdruck vorangetrieben werden sollte mit dem Ziel, ein WTO-Beschwerdeverfahren in Gang zu bringen, um gegen dieses die Wirtschaft der EU schädigende Verhalten vorzugehen;

- nur eine direkte Vereinbarung mit Korea das Risiko eines bilateralen Konflikts abzuwenden in der Lage ist;

- die Schaffung gleicher Wettbewerbsbedingungen für alle weiterhin ein Ziel der Union ist, die rasche Umsetzung der OECD-Vereinbarung aber nicht die kurzfristigen Probleme der europäischen Industrie lösen kann;

- die Möglichkeit einer frühzeitigen Umsetzung der Vereinbarung von 1994 über Exportkredite für Schiffe geprüft werden sollte, auch wenn dies die Probleme des Sektors und die unfairen Praktiken Koreas nicht direkt beseitigen würde.

Die Kontakte mit dem IWF haben bislang zu keinen konkreten Ergebnissen in dem Sinne geführt, dass die koreanischen Werften ihre unfairen Wettbewerbspraktiken eingestellt haben. Der IWF hat jetzt aber umfassende Kenntnis vom Problem. Obwohl er für den Sektor nur eingeschränkt tätig werden kann, werden seine Bemühungen als politisches Signal verstanden, in dieser Angelegenheit nicht locker zu lassen.

Die Kommission hat darüber hinaus ihre Haltung zu staatlichen Beihilfen für den Schiffbau überdacht und ist zu dem Schluss gelangt, dass Betriebsbeihilfen die Probleme mit Korea nicht gelöst haben.

Angesichts der vorangehenden Erwägungen werden folgende Maßnahmen vorgeschlagen:

- Die Europäische Kommission wird den Markt weiter beobachten.

- Die Kommission wird die Beschwerde der Industrie auf der Grundlage der Verordnung über Handelshemmnisse schnellstmöglich prüfen und, falls sie der Beschwerde stattgibt, die Angelegenheit rigoros weiterverfolgen, um die WHO gegebenenfalls zu einer Maßnahme zu veranlassen.

- Parallel dazu wird die Kommission offen bleiben für etwaige Vorschläge Koreas, die den Belangen der EU Rechnung tragen.

- Die Kommission und die Mitgliedstaten werden sich weiter bemühen, auf internationaler Ebene gleiche Ausgangsbedingungen für den Schiffbau in der OECD zu schaffen.

- Die Kommission und die Mitgliedstaaten werden den IWF weiter darin bestärken, die Umstrukturierung der koreanischen Werften genau beobachten und bewerten zu lassen.

- Die Kommission wird in Wettbewerbsfragen auch weiter eng mit der Industrie zusammenarbeiten.

- In Übereinstimmung mit den Regelungen in Artikel 12 der Ratsverordnung (EG) Nr. 1540/98 und ohne spezifische Berücksichtigung der vorgenannten Maßnahmen, soll die Kommission so bald wie möglich untersuchen, welche Möglichkeiten für Maßnahmenvorschläge, die geeignet sind, das Problem zu lösen, bestehen.

7. Liste der Tabellen und Abbildungen

Abb. 1 - Marktanteile bei Neuaufträgen nach cgt in Prozent, 1997 -2000

Tab. 1 - Entwicklung der Preise für Schiffsneubauten 10 (Preise zum Jahresende in Mio. USD)

Tab. 2 - Entwicklung der Preise für Schiffsneubauten 10 (jährliche Änderung in Prozent)

Abb. 2 - Gesamtpreisentwicklung in allen Schiffswerften der Republik Korea

Abb. 3 - Marktanteile bei Neuaufträgen für Containerschiffe nach cgt 13 in Prozent, 1997 -2000

Tab. 3 - Vergleich der Auftragspreise und der Baupreiskalkulation 16 für ausgewählte Schiffsneubauten (aktualisiert)

Tab. 4 - Vergleich der Auftragspreise und der Baupreiskalkulation 18 für ausgewählte Schiffsneubauten (neue Untersuchung)

Tab. 5 - Hoechstsätze für Betriebsbeihilfen im Schiffbau

Tab. 6 - Jährliche Betriebsbeihilfen für den Schiffbau 26 (in Mio. EUR [Nominalbeträge])

Tab. 7 - Beihilfen für den Schiffbau im Vergleich 27 zum gesamten verarbeitenden Gewerbe

Tab. 8 - Beihilfen für den Schiffbau 1996-1998 in % des Auftragswertes

8. Verweise

Bericht der Kommission an den Rat zur Lage des Weltmarkts im Schiffbausektor KOM(1999) 474 endgültig

Zweiter Bericht der Kommission an den Rat zur Lage des Weltmarkts im Schiffbausektor KOM(2000) 263 endgültig

Verordnung (EG) Nr. 1540/98 des Rates vom 29. Juni 1998 zur Neuregelung der Beihilfen für den Schiffbau, ABl. L 202 vom 18.07.1998, S. 0001 - 0010

Verordnung (EG) Nr. 3286/94 des Rates vom 22. Dezember 1994 zur Festlegung der Verfahren der Gemeinschaft im Bereich der gemeinsamen Handelspolitik zur Ausübung der Rechte der Gemeinschaft nach internationalen Handelsregeln, insbesondere den im Rahmen der Welthandelsorganisation vereinbarten Regeln, ABl. L 349 vom 31.12.1994, S. 0071 - 0078

Bericht der Kommission - Fünfter Bericht über staatliche Beihilfen in der Europäischen Union im verarbeitenden Gewerbe und in einigen weiteren Sektoren, KOM(1997) 170 endgültig

Sechster Bericht über staatliche Beihilfen in der Europäischen Union im verarbeitenden Gewerbe und in einigen weiteren Sektoren, KOM(1998) 417 endgültig

Achter Bericht über staatliche Beihilfen in der Europäischen Union, KOM(2000) 205 endgültig

OECD "Vereinbarung über normale Wettbewerbsbedingungen im Handelsschiffbau und im Schiffsreparatursektor", Schlussakte abgezeichnet im Dezember 1994 durch die Europäische Kommission, die Regierungen Finnlands, Japans, der Republik Korea, Norwegens, Schwedens und der Vereinigten Staaten von Amerika

OECD "Vereinbarung über Exportkredite für Schiffe", 1994

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