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Document 32012D0051

2012/51/EU: Beschluss der Kommission vom 23. März 2011 über die staatliche Beihilfe C 39/07, die Italien zugunsten von Legler SpA gewährt hat (Bekanntgegeben unter Aktenzeichen K(2011) 1758) Text von Bedeutung für den EWR

ABl. L 27 vom 31.1.2012, p. 12–20 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

Legal status of the document In force

ELI: http://data.europa.eu/eli/dec/2012/51(1)/oj

31.1.2012   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 27/12


BESCHLUSS DER KOMMISSION

vom 23. März 2011

über die staatliche Beihilfe C 39/07, die Italien zugunsten von Legler SpA gewährt hat

(Bekanntgegeben unter Aktenzeichen K(2011) 1758)

(Nur der italienische Text ist verbindlich)

(Text von Bedeutung für den EWR)

(2012/51/EU)

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (im Folgenden „AEUV“), insbesondere auf Artikel 108 Absatz 2 Unterabsatz 1,

gestützt auf das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum, insbesondere auf Artikel 62 Absatz 1 Buchstabe a,

gestützt auf die Entscheidung der Kommission zur Einleitung eines Verfahrens nach Artikel 108 Absatz 2 AEUV in Bezug auf diese Beihilfe (1),

nach Aufforderung der Beteiligten zur Stellungnahme gemäß den genannten Bestimmungen und unter Berücksichtigung dieser Stellungnahmen,

in Erwägung nachstehender Gründe:

I.   VERFAHREN

(1)

Am 5. April 2007, sechs Monate nach Genehmigung einer als mit dem Binnenmarkt vereinbar betrachteten Rettungsbeihilfe durch die Kommission (2), hat Italien einen Umstrukturierungsplan für Legler angemeldet.

(2)

Am 25. September 2007 leitete die Kommission ein förmliches Prüfverfahren zum Umstrukturierungsplan ein (3). Am 30. November 2007 ging die Stellungnahme Italiens ein.

(3)

Am 10. Dezember 2007 erhielt die Kommission die Stellungnahme eines Beteiligten. Diese wurde am 3. März 2008 Italien zugeleitet, und die italienische Regierung reagierte darauf am 20. Mai 2008.

(4)

Am 23. Juli 2008 zogen die italienischen Behörden die Anmeldung des Umstrukturierungsplans zurück und erklärten, den Plan nicht weiter zu verfolgen.

(5)

Mit Schreiben vom 8. August und 22. Oktober 2008, 9. Februar und 4. September 2009 sowie vom 17. März 2010 forderte die Kommission ergänzende Auskünfte an, die die italienischen Behörden mit Schreiben vom 26. September und 1. Dezember 2008, vom 3. Juni und 6. Oktober 2009 sowie vom 24. Februar und 20. April 2010 erteilten.

II.   BESCHREIBUNG DER BEIHILFE

II.1.   Begünstigtes Unternehmen

(6)

Legler SpA ist die Muttergesellschaft einer 1863 gegründeten Textil-Unternehmensgruppe (im Folgenden „Legler“, „die Gruppe“ oder „die Gesellschaft“), die bei Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens aus den folgenden Rechtspersonen bestand: Legler Ottana SpA, Legler Siniscola SpA und Legler Macomer SpA. Legler SpA hielt eine Minderheitsbeteiligung an Legler Maroc SA und einen Anteil von 40 % an Legler Ottana SpA. Mehrheitsgesellschafter der Legler SpA war die Holdinggesellschaft Piltar Ltd (im Folgenden „Piltar“).

(7)

2007 bestand Legler aus 1 213 Arbeitseinheiten (4) und verfügte über Werke auf Sardinien (in Macomer, Provinz Oristano, sowie in Siniscola und Ottana, Provinz Nuoro) und in der Lombardei (in Ponte San Pietro, Provinz Bergamo). Der Umsatz der Gruppe betrug 101 Mio. EUR im Jahr 2006 und 30,9 Mio. EUR im September 2007.

(8)

Das Kerngeschäft von Legler war die Herstellung von hochwertigem Denim-Gewebe; die Gruppe war in diesem Bereich in Italien und Deutschland marktführend und in Frankreich und den Benelux-Ländern ein wichtiger Marktteilnehmer gewesen. Nach Angaben der italienischen Behörden besteht der Markt für Denim-Gewebe aus zwei Segmenten: Prêt-à-porter-Mode für sehr bekannte Marken (Haupttätigkeitsfeld von Legler) und Kleidung für den Massenmarkt, wo der Wettbewerb vor allem über den Preis stattfindet. Die Hauptkonkurrenten von Legler waren Hersteller in Italien, Griechenland, Frankreich, Tunesien, Japan und der Türkei. Die Probleme von Legler begannen im Jahr 2003, als ein erheblicher Teil der Produktion nach Asien oder in den östlichen Mittelmeerraum verlegt wurde.

(9)

Am 30. Mai 2007 beschloss der Verwaltungsrat der SFIRS, einer Investitionsgesellschaft der Region Sardinien, für einen Betrag von 450 000 EUR Forderungen der in Abwicklung befindlichen Intex SpA an Legler SpA und Legler Siniscola SpA im Nennwert von 17 Mio. EUR aufzukaufen.

(10)

Auf derselben Sitzung wurde beschlossen, einen Teil der Forderungen von insgesamt 17 Mio. EUR, nämlich den Betrag von 14,5 Mio. EUR, in Gesellschaftskapital von Legler umzuwandeln.

(11)

Am 31. Mai 2007 wurde die SFIRS im Rahmen der Hauptversammlung der Legler-Gruppe Aktionär von Legler. Durch die Umwandlung eines Teils der Schulden im Nennwert von 14,5 Mio. EUR in Kapital (Debt-Equity-Swap) erwarb die SFIRS 49 % der Stammaktien (und 100 % der Vorzugsaktien (5)) von Legler SpA. Die verbleibenden 51 % wurden von Piltar gehalten.

(12)

Im Januar 2008 beschloss die SFIRS, ihre Beteiligung an Legler SpA und die verbleibenden Forderungen gegen Legler zu veräußern und forderte zur Abgabe von Interessenbekundungen für den gemeinsamen Erwerb ihrer Beteiligung und ihrer Forderungen auf.

(13)

Das erfolgreiche Angebot der Fa. Ferratex s.r.l. (im Folgenden „Ferratex“) umfasste einen Gesamtbetrag von 2 000 001 EUR. Den italienischen Behörden zufolge spiegelte dieser Preis den von einem unabhängigen Sachverständigen auf 2 Mio. EUR veranschlagten Marktwert der gesamten Forderungen der SFIRS gegen Legler und seine Tochtergesellschaften wider, ergänzt um einen symbolischen Preis von 1 EUR für die Beteiligung der SFIRS an Legler, der ebenfalls der Bewertung eines unabhängigen Sachverständigen entsprach. Der Verkauf erfolgte am 25. Januar 2008.

(14)

Jedoch hat Legler im Zeitraum Dezember 2007 – August 2008 die Aktivitäten in den verschiedenen Werken eingestellt, und alle diese Anlagen stehen seither still.

(15)

Am 23. Juli 2008 änderte Legler SpA den Namen des Unternehmens in Texfer SpA; die Umbenennung erstreckte sich auch auf die Tochtergesellschaften, nunmehr Texfer Ottana SpA, Texfer Siniscola SpA und Texfer Macomer SpA.

(16)

Am 18. August 2008 wurde die Muttergesellschaft der Unternehmensgruppe vom zuständigen Gericht für zahlungsunfähig erklärt, und am 13. November 2008 wurde sie zusammen mit ihren Tochtergesellschaften der Sonderverwaltung (amministrazione straordinaria) unterstellt.

(17)

Die als Rettungsbeihilfe gewährte Bürgschaft wurde von der Bank umgehend in Anspruch genommen, als diese feststellte, dass keine Rückzahlung des Rettungsdarlehens durch Legler erfolgte. Daraufhin zahlte das zuständige Ministerium am 16. September 2008 das Darlehen einschließlich der angefallenen Zinsen zurück.

(18)

Am 21. Oktober 2010 wurde Texfer SpA offiziell für zahlungsunfähig erklärt, und am 17. und 18. November meldeten auch die Tochtergesellschaften Texfer Ottana SpA, Texfer Siniscola SpA und Texfer Macomer SpA Konkurs an.

(19)

Im Jahr 2006 wies Legler ein negatives Eigenkapital von 8,6 Mio. EUR aus, im Jahr davor hatte das Unternehmen noch über ein positives Eigenkapital von 17,2 Mio. EUR verfügt. Das Unternehmen verzeichnete im Jahr 2006 Verluste in Höhe von 25,9 Mio. EUR gegenüber 28,1 Mio. EUR im Jahr 2005. Der Umsatz lag 2006 bei 101,4 Mio. EUR, gegenüber 124,2 Mio. EUR im Jahr 2005. Das EBITDA (Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen) betrug – 10,9 im Jahre 2006 und – 0,7 im Jahre 2005. Auch die Zinsbelastung nahm zu.

(20)

Am 30. November 2007 betrug das Eigenkapital von Legler -16,3 Mio. EUR. Die Verluste hatten im Zeitraum 2003-2007 eine Höhe von 94,9 Mio. EUR erreicht, und die Lage des Unternehmens hatte sich angesichts steigender Verluste und eines sinkenden Umsatzes weiter verschlechtert.

(21)

Seit dem 13. November 2008 befand sich die Gruppe in einem Insolvenzverfahren nach innerstaatlichem Recht, das mit dem Konkurs endete (siehe die Erwägungsgründe 16 bis 18).

II.2.   Die Umstrukturierungsmaßnahmen

(22)

Der von Italien übermittelte Umstrukturierungsplan (piano industriale — im Folgenden „der Plan“) war für einen Zeitraum von drei Jahren (2007-2009) vorgesehen und beinhaltete drei Maßnahmen: i) eine mittelfristige Bürgschaft von 13 Mio. EUR für den Zeitraum der Umstrukturierung zur Ablösung der als Rettungsbeihilfe gewährten sechsmonatigen Bürgschaft (6), ii) 13,2 Mio. EUR in Form eines Direktzuschusses und iii) 13 Mio. EUR in Form der Umwandlung von Schulden in Kapital. Am 31. Mai 2007 führte die SFIRS dann jedoch eine Umwandlung von Schulden in Kapital im Nennwert von 14,5 Mio. EUR durch.

(23)

Ungeachtet der Tatsache, dass die italienischen Behörden einen Plan für den Zeitraum 2007-2009 vorgelegt hatten, erklärten sie, der Umstrukturierungszeitraum habe am 1. Juni 2007 begonnen und werde sich bis Ende 2012 erstrecken. Als Beleg für die Fortsetzung des Umstrukturierungsprozesses im Zeitraum 2009-2012 wurden lediglich Angaben zum Cashflow und zum Verlauf der Verbindlichkeiten der neu gegründeten Gesellschaft (Newco) vorgelegt.

(24)

In diesem größeren Zusammenhang beliefen sich die Gesamtkosten des Plans für eine durch Fusion von Legler SpA und der sardischen Tochtergesellschaften neu gegründete Gesellschaft auf 106,2 Mio. EUR, von denen 86,7 Mio. für eine grundlegende Umstrukturierung der Unternehmensgruppe bestimmt waren und der restliche Teil zur Erneuerung des Grundkapitals und zur Deckung der Verluste verwendet werden sollte.

(25)

Die Aktivitäten der neu gegründeten Gesellschaft sollten sich auf das Kerngeschäft der hochwertigen Denim-Gewebe konzentrieren, während die anderen beiden Produktionslinien (Cord und Baumwollflachgewebe) eingestellt würden. Auch war eine Standortkonzentration der Gruppe auf zwei in derselben Region liegenden Produktionsanlagen (Siniscola und Ottana) vorgesehen. Durch Veräußerung der verbleibenden Vermögenswerte würde der Eigenbeitrag von Legler bestritten und zugleich die Energie-, Transport- und Personalkosten gesenkt werden können. Das Werk Macomer war in den Plan nicht einbezogen (7).

(26)

Im Plan war darüber hinaus der Eintritt eines neuen Aktionärs zusammen mit der SFIRS vorgesehen, und es wurde auf die Notwendigkeit einiger privater Kreditlinien für die vorgesehene Umstrukturierung hingewiesen.

II.3.   Gründe für die Einleitung des Verfahrens

(27)

In ihrer Entscheidung zur Einleitung des Verfahrens äußerte die Kommission Zweifel daran, dass die Umwandlung der Schulden in Kapital keinen Beihilfecharakter habe. Sie bezweifelte, dass ein privater Investor unter den gegebenen Umständen bereit wäre, diese Schulden in Kapitalanteile umzuwandeln, zumal ein Teil der Unternehmenstätigkeit seit mehreren Monaten ausgesetzt war und die italienischen Behörden der Kommission kein alternatives Szenario vorgelegt hatten, demzufolge, aus der Sicht der SFIRS, die Investition in die Legler-Gruppe und die Übernahme der Umstrukturierungskosten wirtschaftlich vorteilhafter wären als die Liquidation des Unternehmens.

(28)

Zur Vereinbarkeit der Beihilfe mit dem Binnenmarkt auf der Grundlage der Leitlinien der Gemeinschaft für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten  (8) (im Folgenden „Leitlinien zur Rettung und Umstrukturierung“) äußerte die Kommission vor allem Zweifel, ob der Mehrheitsaktionär Piltar die Schwierigkeiten von Legler bewältigen könne und ob die Schwierigkeiten nicht auf eine willkürliche Kostenverteilung innerhalb der Gruppe zurückzuführen sei.

(29)

Darüber hinaus bezweifelte die Kommission, dass durch den Plan die langfristige Rentabilität des Unternehmens wieder herzustellen sei, da die vorgesehene Veräußerung von Vermögenswerten und Produktionslinien eher unklar sei und viele Annahmen zu den künftigen Betriebsbedingungen wenig realistisch erschienen, zumal Legler die Produktion ausgesetzt hatte. Des Weiteren äußerte die Kommission Zweifel, ob die vorgeschlagenen Ausgleichsmaßnahmen real seien und über das zur Wiederherstellung der Rentabilität Erforderliche hinausgingen, ob der Eigenbeitrag hoch genug sei und der Grundsatz der einmaligen Beihilfe gewahrt werde.

(30)

Schließlich ersuchte die Kommission die italienischen Behörden um Informationen zu den Punkten, die Anlass zu den Zweifeln gegeben hatten (Ursprung der Forderungen der SFIRS, detaillierte Informationen über Piltar und die Kostenverteilung innerhalb der Gruppe, Ausgleichsmaßnahmen, konkrete Möglichkeiten, einen neuen Aktionär zu finden und die zur Umstrukturierung von Legler erforderlichen privaten Finanzierungsmittel zu erhalten).

III.   STELLUNGNAHMEN BETEILIGTER DRITTER

(31)

Mit Schreiben vom 14. Dezember 2007 ging die Stellungnahme eines beteiligten Dritten zur Entscheidung der Kommission über die Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens ein, in der auf den wettbewerbsverzerrenden Effekt der in Rede stehenden Maßnahmen hingewiesen und vorgetragen wurde, dass in dem Sektor Überkapazitäten bestünden. Des Weiteren legte der beteiligte Dritte Angaben zur weltweiten Produktionskapazität für Denim-Gewebe im Jahr 2006 vor und erklärte, weltweit sei eine Überkapazität von 27 % zu verzeichnen.

IV.   STELLUNGNAHME ITALIENS

(32)

Als erstes legten die italienischen Behörden dar, wie die SFIRS zum Mehrheitsaktionär von Legler geworden war. Im März 2007 hatte die SFIRS zu einem Preis von 450 000 EUR Forderungen der in Abwicklung befindlichen Intex SpA gegen Legler SpA und Legler Siniscola SpA aufgekauft. Am 31. Mai 2007 verwendete die SFIRS dann einen Teil der Forderungen, im Nennwert von 14,5 Mio. EUR, zur Umwandlung in Kapital und erwarb so 49 % der Stammaktien von Legler (die verbleibenden 51 % hielt Piltar) und 100 % der Vorzugsaktien (9).

(33)

Zweitens erläuterten die italienischen Behörden, Piltar sei eine von natürlichen Personen kontrollierte Gesellschaft, die lediglich eine Hilfsfunktion wahrnehme. Die Gesellschaft sei zum Zweck des Erwerbs einer Beteiligung an Legler gegründet worden und übe keine andere wirtschaftliche Tätigkeit aus. Weiter betonten die italienischen Behörden, Piltar habe seit langem die Absicht bekundet, die Legler-Gruppe nicht weiter finanziell zu unterstützen, sondern seine Beteiligung an Legler nach und nach abzugeben. Mit der Beteiligung von 49 % habe die SFIRS in der Tat auch ein Optionsrecht auf die verbleibenden 51 % der Stammaktien erworben.

(34)

Drittens verpflichteten sich die italienischen Behörden, Informationen über die Ausgleichsmaßnahmen vorzulegen.

(35)

Viertens verwies Italien auf die ermutigenden Tendenzen in den Marktsegmenten, in denen Legler auf der Grundlage des Umstrukturierungsplans Maßnahmen zur Wiederherstellung der Rentabilität vorgesehen hatte (siehe Erwägungsgrund 25), auf die Absicht der Gesellschaft, einen Teil des Plans durch private Kreditlinien und einen neuen Aktionär zu finanzieren, und auf die Initiativen, die in diese Richtung bereits ergriffen wurden.

(36)

Als Reaktion auf die Stellungnahme des beteiligten Dritten betonten die italienischen Behörden dann, dass der Marktanteil von Legler im Jahr 2006 lediglich 0,27 % betragen habe. Im Übrigen sei im Plan als Ausgleichsmaßnahme eine Verringerung der Produktionskapazität des Unternehmens um 22 % gegenüber 2006 und um 40 % gegenüber 2005 vorgesehen. Deshalb sei an der Ansicht festzuhalten, dass die Beihilfe keine Wettbewerbsverzerrungen hervorrufen würde, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderliefen.

(37)

In ihren Anmerkungen nach der Rücknahme des Umstrukturierungsplans vertraten die italienischen Behörden die Ansicht, die Umwandlung der Schulden in Kapital sei nicht als staatliche Beihilfe gemäß Artikel 107 Absatz 1 AEUV zu werten, weil die SFIRS gemäß dem Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers agiert habe. Nach ihrer Meinung wäre ein privater Kapitalgeber ebenso vorgegangen, um den Konkurs abzuwenden und möglichst wirksam zumindest einen Teil der Forderungen zurückzuerhalten, nämlich durch die Umwandlung in Kapital und die Umstrukturierung des Unternehmens zusammen mit einem neuen privaten Kapitalgeber und einer neuen Kreditlinie.

V.   WÜRDIGUNG

(38)

Gemäß Artikel 8 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 (10) kann der betreffende Mitgliedstaat die Anmeldung im Sinne von Artikel 2 zurücknehmen, bevor die Kommission eine Entscheidung nach Artikel 4 oder nach Artikel 7 erlassen hat.

(39)

In einem solchen Fall erklärt die Kommission gemäß Artikel 8 Absatz 2 das von ihr eingeleitete förmliche Prüfverfahren für eingestellt.

(40)

Die Kommission stellt fest, dass der Direktzuschuss von 13,2 Mio. EUR von Italien nicht ausgezahlt wurde und dass Italien dieses Beihilfevorhaben nicht durchführen wird. Nach der Rücknahme des Umstrukturierungsplans besteht daher keine Grundlage mehr für die Fortsetzung des zu dieser Maßnahme eingeleiteten förmlichen Prüfverfahrens.

(41)

Da die anderen beiden angemeldeten Umstrukturierungsmaßnahmen von Italien rechtswidrig durchgeführt wurden, muss die Kommission vor Abschluss des förmlichen Verfahrens prüfen, ob die Maßnahmen eine staatliche Beihilfe gemäß Artikel 107 Absatz 1 AEUV darstellen, und, falls ja, ob diese Beihilfe mit dem Binnenmarkt vereinbar ist.

(42)

Gemäß Artikel 107 Absatz 1 AEUV sind staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Binnenmarkt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen.

(43)

Wenn einem Unternehmen in Schwierigkeiten eine staatliche Beihilfe gemäß Artikel 107 Absatz 1 AEUV gewährt werden muss oder gewährt wurde, ist ihre Vereinbarkeit auf der Grundlage der Leitlinien zur Rettung und Umstrukturierung zu prüfen. Die Beihilfe ist also nur dann auf der Grundlage von Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe c AEUV als vereinbar anzusehen, wenn die in den Leitlinien genannten Bedingungen erfüllt sind.

V.1.   Vorliegen einer Beihilfe

(44)

Die als Rettungsbeihilfe gewährte Bürgschaft in Höhe von 13 Mio. EUR wurde nach Ablauf der sechs Monate, für die sie von der Kommission genehmigt worden war, nicht abgeschafft, sondern war auch nach der Rücknahme der Anmeldung des Umstrukturierungsplans weiter verfügbar (siehe Erwägungsgrund 17).

(45)

Die Verlängerung der als Rettungsbeihilfe gewährten Bürgschaft wurde als Maßnahme zu Lasten der Mittel des zuständigen Ministeriums angemeldet und aus dem Staatshaushalt finanziert. Sie wurde also aus öffentlichen Mitteln gewährt und ist dem Staat zuzurechnen. Die Bürgschaft stellt eine selektive Begünstigung dar, da sie Legler den Zugang zu Mitteln ermöglichte, die das Unternehmen sonst angesichts seiner finanziellen Lage nicht erhalten hätte. So wurden Legler Kosten erspart, die das Unternehmen ansonsten hätte tragen müssen. Da Legler darüber hinaus im Begriff war, ein auf die Wiederaufnahme der Produktionstätigkeit abzielendes Umstrukturierungsprojekt durchzuführen, konnte die Beihilfe zu Wettbewerbsverzerrungen auf dem Markt der Europäischen Union führen und den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen. Der beteiligte Dritte hat in seiner Stellungnahme die verzerrende Wirkung der Maßnahme auf den Wettbewerb unterstrichen und darauf hingewiesen, dass der Sektor durch Überkapazitäten geprägt sei.

(46)

Die Kommission ist deshalb der Ansicht, dass die Verlängerung der als Rettungsbeihilfe gewährten Bürgschaft, die zugleich auch eine Umstrukturierungsmaßnahme darstellt, als staatliche Beihilfe gemäß Artikel 107 Absatz 1 AEUV zu werten ist.

(47)

Zur Ermittlung der Höhe der Beihilfe nimmt die Kommission Bezug auf Punkt 4.1 Buchstabe a der Mitteilung der Kommission über Haftungsverpflichtungen und Bürgschaften (11), wo festgestellt wird, dass „ein marktwirtschaftlich handelnder Garant, wenn überhaupt, zum Zeitpunkt der Übernahme der Garantie aufgrund des Ausfallrisikos eine hohe Prämie in Rechnung stellen würde. Sollte das Ausfallrisiko besonders hoch sein, gibt es möglicherweise keine solche marktübliche Prämie, und in Ausnahmefällen kann das Beihilfeelement der Garantie genauso hoch sein wie die Garantiesumme.“

(48)

Angesichts der großen finanziellen Schwierigkeiten von Legler zu der Zeit, als die Bürgschaft gewährt wurde (steigende Verluste, rückläufiger Umsatz und negatives Eigenkapital, siehe die Erwägungsgründe 19-21 und 52), hält es die Kommission für höchst unwahrscheinlich, dass das Unternehmen ohne Eingreifen des Staates auf dem Markt ein Bankdarlehen erhalten hätte; die Kommission gelangt deshalb zu dem Schluss, dass die Höhe der Beihilfe der gesamten Höhe des Darlehens entspricht (12).

(49)

Die Kommission stellt fest, dass die Umwandlung durch die SFIRS erfolgte, eine öffentliche Einrichtung, an der die Region Sardinien die Aktienmehrheit hält und auf deren Entscheidungen sie einen beherrschenden Einfluss ausübt (13). Dieser Sachverhalt wurde von Italien nicht bestritten. Die Kommission gelangt daher zu dem Schluss, dass die in Rede stehende Maßnahme dem Staat zuzuordnen ist und aus staatlichen Mitteln finanziert wurde. Da die Maßnahme ein einziges Unternehmen, nämlich Legler, begünstigt, ist sie selektiv. Da Legler darüber hinaus an einem Umstrukturierungsprojekt arbeitete, das der Wiederaufnahme der Produktionstätigkeit dienen sollte, konnte die Beihilfe zu einer Verzerrung des Wettbewerbs auf dem Markt der Europäischen Union führen und den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen. Die möglicherweise wettbewerbsverzerrende Wirkung der Maßnahme wurde auch in der Stellungnahme eines beteiligten Dritten hervorgehoben, der zudem darauf hinwies, dass der Sektor durch Überkapazitäten gekennzeichnet ist.

(50)

Italien vertritt hingegen die Ansicht, dass die Maßnahme Legler keinen Vorteil gebracht habe, weil sie dem Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers entspreche.

(51)

Um festzustellen, ob Legler einen Vorteil aus staatlichen Mitteln erhalten hat, ist nach ständiger Rechtsprechung (14) zu klären, ob unter ähnlichen Umständen ein mit der SFIRS vergleichbarer privater Kapitalgeber auf der Grundlage der zum Zeitpunkt der Durchführung der Maßnahme vorliegenden Informationen und vorhersehbaren Entwicklungen bereit gewesen wäre, eine Umwandlung der Schulden in Kapital vorzunehmen.

(52)

Zunächst stellt die Kommission auf der Grundlage der Jahresabschlüsse von Legler Folgendes fest: Im Jahr 2007 verfügte das Unternehmen über ein Kapital in Höhe von 1,8 Mio. EUR und wies ein negatives Nettovermögen von -16,2 Mio. EUR auf, im Zeitraum 2003-2007 beliefen sich die Verluste auf 94,9 Mio. EUR, und die Lage des Unternehmens verschlechterte sich angesichts steigender Verluste und rückläufiger Umsätze zusehends.

(53)

Die Kommission stellt weiter fest, dass die SFIRS trotz der oben beschriebenen kritischen finanziellen Lage weder eine umfassende Analyse der Wirtschaftlichkeit der Maßnahme noch eine Bewertung der Risiken vorgenommen hatte. In der Tat haben die italienischen Behörden ungeachtet zahlreicher entsprechender Ersuchen der Kommission kein alternatives Szenario vorgelegt, das gezeigt hätte, warum die von der SFIRS getroffene Entscheidung der Liquidation von Legler vorzuziehen wäre.

(54)

Ähnlich äußerte sich die italienische Zentralbank in ihrem Bericht (15) über die Untersuchung der Tätigkeiten der SFIRS. Darin kritisiert sie die Vorgehensweise der SFIRS wegen der Unvollständigkeit der Analyse vor der Umwandlung der Schulden in Kapital und wegen der inneren Widersprüche einer „Investition“ ohne jede Gewinnaussicht.

(55)

Doch auch abgesehen von dieser Bewertung erscheint die finanzielle Lage der Gesellschaft dergestalt, dass ein umsichtiger marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber die hier in Rede stehende Transaktion nicht durchgeführt hätte.

(56)

Die Kommission stellt diesbezüglich außerdem fest, dass der vom Unternehmen angemeldete Plan nicht als zuverlässige Grundlage für eine realistische Vorhersage der zukünftigen Entwicklung des Unternehmens betrachtet werden kann. Allein die Tatsache, dass der Plan nicht den gesamten Umstrukturierungszeitraum erfasste, sondern nur einen Teil davon, und dass er keine Informationen zum weiteren Verlauf der Umstrukturierung enthielt (siehe Erwägungsgrund 23), macht deutlich, dass ein privater Kapitalgeber eine solche Transaktion aufgrund des mangelhaften Informationsstandes nicht durchgeführt hätte.

(57)

Sodann bleibt festzuhalten, dass sich im Hinblick auf die konkreten Aussichten, die Außenstände von Legler zurückzuerhalten, die Position der SFIRS als Anteilseigner nach der Umwandlung der Schulden in Kapital gegenüber der vorherigen Position als Gläubiger verschlechtert hatte.

(58)

Der Wert und die Zukunftsaussichten der Kapitalbeteiligung der SFIRS zum Zeitpunkt der Umwandlung der Schulden in Kapital schienen angesichts der kritischen finanziellen Lage des Unternehmens kein ausreichendes Gegengewicht zu den vorgenannten Risiken darzustellen. Zu diesem Schluss kam auch ein unabhängiger Sachverständiger in seinem Gutachten über den Wert des Unternehmens, den er mit dem symbolischen Betrag von 1 EUR bezifferte.

(59)

Aus diesen Erwägungen lässt sich ableiten, dass die SFIRS bei der Umwandlung der Schulden in Kapital nicht als marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber agiert hat. Ein privater Kapitalgeber hätte eine vergleichbare Transaktion nicht ohne vorherige zuverlässige und realistische Bewertung durchgeführt, mit der nachgewiesen worden wäre, dass die Umwandlung der Schulden in Kapital mehr Vorteile bringen würde als bevorzugter Gläubiger von Legler zu bleiben.

(60)

Durch die Umwandlung der Schulden in Kapital hat die SFIRS Legler einen Vorteil verschafft.

(61)

Daraus folgt, dass diese Umwandlung eine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV darstellt.

(62)

Zur Berechnung der Beihilfehöhe ist festzustellen, dass der Begriff der staatlichen Beihilfe auf Finanzhilfen aus öffentlichen Mitteln begrenzt ist. Die Beihilfehöhe ist auf der Grundlage des Marktwerts der Schulden zu berechnen, die von der SFIRS in Gesellschaftskapital von Legler umgewandelt wurden. Wenn also die Forderungen der SFIRS gegen Legler einen Nennwert von 17 Mio. EUR hatten, ihr Marktwert hingegen am Tag vor der Umwandlung nur 450 000 EUR betrug, dann entspricht die von der SFIRS vorgenommene Umwandlung von 85,3 % der Gesamthöhe der Forderungen in Kapital (mit einem Nennwert von 14,5 Mio. EUR) einem Marktwert von 383 850 EUR (d. h. 85,3 % von 450 000 EUR). Somit beträgt der aus staatlichen Mitteln gewährte Vorteil 383 850 EUR. Der Nennwert der umgewandelten Schulden kann dagegen lediglich als buchungstechnischer Vorteil betrachtet werden.

V.2.   Vereinbarkeit der Beihilfe mit dem Binnenmarkt

(63)

Da die angemeldeten Maßnahmen (öffentliche Bürgschaft und Umwandlung der Schulden in Kapital) als staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV gewertet wurden, muss die Kommission nun prüfen, ob die Beihilfe mit dem Binnenmarkt vereinbar ist.

(64)

Die Prüfung der Vereinbarkeit der hier in Rede stehenden staatlichen Beihilfemaßnahmen mit dem Binnenmarkt muss auf der Grundlage der Leitlinien zur Rettung und Umstrukturierung erfolgen.

(65)

Im Hinblick auf die öffentliche Bürgschaft ist zur Prüfung der Vereinbarkeit zu unterscheiden zwischen der Verlängerung der Rettungsbeihilfe und der staatlichen Beihilfe in Gestalt einer mittelfristigen Bürgschaft, die ebenfalls eine Umstrukturierungsmaßnahme (für die Dauer des Umstrukturierungszeitraums) darstellt.

(66)

Zur Verlängerung der Rettungsbeihilfe heißt es in Randnummer 26 der Leitlinien: Falls der Mitgliedstaat innerhalb von sechs Monaten ab Genehmigung der Beihilfe oder — im Falle nicht angemeldeter Beihilfen — nach der erstmaligen Anwendung der Maßnahme einen Umstrukturierungsplan vorgelegt hat, verlängert sich die sechsmonatige Frist für die Rückzahlung des Darlehens oder das Auslaufen der Bürgschaft, bis die Kommission über diesen Plan entscheidet, sofern die Kommission nicht entscheidet, dass eine solche Verlängerung nicht gerechtfertigt ist.

(67)

Die Anmeldung des Umstrukturierungsplans erlaubte die Fortsetzung der Rettungsbeihilfe über die sechs Monate hinaus. Italien hat jedoch die Anmeldung zurückgenommen. Aus Randnummer 26 der Leitlinien ergibt sich, dass die Anmeldung eines Umstrukturierungsplans eine Conditio sine qua non für die Verlängerung der Rettungsbeihilfe ist. Wenn also ein angemeldeter Umstrukturierungsplan später zurückgenommen wird, ist die Verlängerung der Rettungsbeihilfe zu unterbrechen.

(68)

Wenn der Kommission weder ein Umstrukturierungsplan noch ein Liquidationsplan vorgelegt wurde oder wenn, wie im vorliegenden Fall, der Umstrukturierungsplan zurückgenommen wurde, kann gemäß der Beschlusspraxis der Kommission (Beihilfesachen Ernault (16) und Huta Cynku (17)) ab dem Zeitpunkt, zu dem der Mitgliedstaat die Anmeldung des Umstrukturierungsplans zurückgenommen hat, eine Umstrukturierungsbeihilfe nicht mehr rechtmäßig verlängert werden.

(69)

Da die mittelfristige Bürgschaft, die für die Dauer des Umstrukturierungsplans gewährt und als Umstrukturierungsbeihilfe angemeldet wurde, eine Verlängerung der als Rettungsbeihilfe gewährten Bürgschaft darstellt, ist sie bis zur Rücknahme der Anmeldung durch Italien mit dem Binnenmarkt vereinbar.

(70)

Somit ist die Vereinbarkeit der verlängerten, als staatliche Beihilfe gewährten Bürgschaft ab dem Tag zu prüfen, der auf die Rücknahme der Anmeldung durch Italien folgt (d. h. ab dem 24. Juli 2008).

(71)

Eine staatliche Beihilfe für ein Unternehmen in Schwierigkeiten kann nur dann auf der Grundlage von Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe c AEUV als mit dem Binnenmarkt vereinbar gelten, wenn alle in den Leitlinien zur Rettung und Umstrukturierung festgelegten Bedingungen erfüllt sind.

(72)

Gemäß Randnummer 12 Buchstabe a und Randnummer 14 der Leitlinien kommen nur Unternehmen in Schwierigkeiten für Umstrukturierungsbeihilfen in Frage.

(73)

Auf der Grundlage von Randnummer 9 der Leitlinien gelangt die Kommission zu der Ansicht, dass sich ein Unternehmen im Sinne dieser Leitlinien in Schwierigkeiten befindet, wenn es nicht in der Lage ist, mit eigenen finanziellen Mitteln oder Fremdmitteln, die ihm von seinen Eigentümern/Anteilseignern oder Gläubigern zur Verfügung gestellt werden, Verluste aufzufangen, die das Unternehmen auf kurze oder mittlere Sicht so gut wie sicher in den wirtschaftlichen Untergang treiben werden, wenn der Staat nicht eingreift.

(74)

Nach Randnummer 10 der Leitlinien befindet sich ein Unternehmen unabhängig von seiner Größe insbesondere in folgenden Fällen in Schwierigkeiten:

a)

wenn bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung mehr als die Hälfte des gezeichneten Kapitals verschwunden und mehr als ein Viertel dieses Kapitals während der letzten zwölf Monate verloren gegangen ist;

b)

wenn bei Gesellschaften, in denen mindestens einige Gesellschafter unbeschränkt für die Schulden der Gesellschaft haften, mehr als die Hälfte der in den Geschäftsbüchern ausgewiesenen Eigenmittel verschwunden und mehr als ein Viertel dieser Mittel während der letzten zwölf Monate verloren gegangen ist;

c)

wenn unabhängig von der Unternehmensform die im innerstaatlichen Recht vorgesehenen Voraussetzungen für die Einleitung eines Insolvenzverfahrens erfüllt sind.

(75)

Aus Randnummer 10 Buchstabe a der Leitlinien ergibt sich daher, dass ein Unternehmen, das einen wesentlichen Teil seines Kapitals verloren hat, ohne externe Hilfe unvermeidlich über kurz oder lang seine Tätigkeit einstellen muss. In einem früheren Fall (18) gelangte die Kommission zu dem Schluss, dass sich bei einem Unternehmen mit negativem Eigenkapital die Annahme von Schwierigkeiten erst recht aufdrängt. In der Entscheidung Biria (19) hat das Gericht darüber hinaus bestätigt, dass ein erheblicher Rückgang des Gesellschaftskapitals ein Anzeichen für Schwierigkeiten des Unternehmens ist und die Kommission zu Recht davon ausging, dass sich ein Unternehmen mit negativem Eigenkapital in Schwierigkeiten befindet.

(76)

Legler erfüllte das in Randnummer 10 Buchstabe a der Leitlinien angeführte Kriterium, da das Unternehmen ein negatives Eigenkapital aufwies (seit 2006 — siehe Erwägungsgrund 19).

(77)

Die Kommission stellt außerdem fest, dass Legler bereits seit dem 22. Mai 2007, dem Zeitpunkt der Genehmigung der Rettungsbeihilfe, als Unternehmen in Schwierigkeiten im Sinne von Randnummer 10 Buchstabe a galt.

(78)

Nach diesem Zeitpunkt hat sich die finanzielle Lage von Legler nicht gebessert. So wurde das Unternehmen im Jahr 2008 vom zuständigen Gericht für zahlungsunfähig erklärt (siehe Erwägungsgrund 16).

(79)

Die Kommission stellt des Weiteren fest, dass es sich bei Legler nicht um ein neu gegründetes Unternehmen im Sinne von Randnummer 12 der Leitlinien zur Rettung und Umstrukturierung handelt.

(80)

Gemäß Randnummer 13 der Leitlinien zur Rettung und Umstrukturierung kommt ein Unternehmen, das einer größeren Unternehmensgruppe angehört oder im Begriff ist, von einer Unternehmensgruppe übernommen zu werden, für Rettungs- oder Umstrukturierungsbeihilfen grundsätzlich nur dann in Frage, wenn es sich nachweislich um Schwierigkeiten des betreffenden Unternehmens selbst handelt und diese nicht auf eine willkürliche Kostenverteilung innerhalb der Gruppe zurückzuführen und außerdem zu gravierend sind, um von der Gruppe selbst bewältigt werden zu können.

(81)

Die Kommission stellt fest, dass Piltar lediglich eine Hilfsfunktion wahrnahm und außer der Beteiligung am Gesellschaftskapital von Legler keine andere wirtschaftliche Tätigkeit ausübte. Nach den Informationen, die der Kommission vorliegen, gibt es keine Hinweise darauf, dass die Schwierigkeiten des Unternehmens auf eine willkürliche Kostenverteilung innerhalb der Gruppe zurückzuführen waren. Da sich zudem alle Kapitalanteile von Piltar in Privatbesitz befanden und das Unternehmen außer der Beteiligung am Kapital von Legler keine weitere wirtschaftliche Tätigkeit ausübte, war Piltar nicht in der Lage, einen Beitrag zur Umstrukturierung von Legler zu leisten.

(82)

Aus diesen Ausführungen kann geschlossen werden, dass die Anforderungen gemäß Randnummer 9 der Leitlinien zur Rettung und Umstrukturierung erfüllt sind.

(83)

Da Legler für Umstrukturierungsbeihilfen in Betracht kommt, ist zu prüfen, ob die in den Randnummern 32-51 der Leitlinien festgelegten Voraussetzungen für die Vereinbarkeit der Umstrukturierungsbeihilfe erfüllt sind.

(84)

Da aber der Umstrukturierungsplan von Legler von Italien zurückgenommen wurde, existiert somit kein Umstrukturierungsplan mehr, für den sich der betreffende Mitgliedstaat gemäß Randnummer 35 der Leitlinien zur Rettung und Umstrukturierung verbürgt. Daher kann die Kommission keine Prüfung der rechtswidrig durchgeführten Beihilfe anhand der in den Randnummern 32-51 der Leitlinien festgelegten Kriterien vornehmen.

(85)

Zudem ist die Kommission der Ansicht, dass auch keine andere rechtliche Grundlage existiert, auf der die öffentliche Bürgschaft und die Umwandlung der Schulden in Kapital als mit dem Binnenmarkt vereinbar betrachtet werden könnten.

VI.   SCHLUSSFOLGERUNG

(86)

Das förmliche Prüfverfahren nach Artikel 108 Absatz 2 AEUV in Bezug auf den Direktzuschuss in Höhe von 13,2 Mio. EUR ist einzustellen, da Italien seine Anmeldung zurückgenommen hat und nicht beabsichtigt, die in Rede stehende Beihilfemaßnahme durchzuführen.

(87)

Nach Ansicht der Kommission fallen sowohl die öffentliche Bürgschaft als auch die Umwandlung der Schulden in Kapital in den Anwendungsbereich von Artikel 107 Absatz 1 AEUV.

(88)

Italien hat diese beiden Maßnahmen unter Verstoß gegen Artikel 108 Absatz 3 AEUV durchgeführt.

(89)

Nach AEUV und ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist die Kommission befugt zu entscheiden, ob ein Mitgliedstaat eine Beihilfe aufheben oder umgestalten muss (20), wenn diese sich als unvereinbar mit dem Binnenmarkt erweist. Ebenfalls nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs dient die einem Mitgliedstaat durch die Kommission auferlegte Verpflichtung zur Aufhebung einer mit dem Binnenmarkt unvereinbaren Beihilfe zur Wiederherstellung der früheren Lage (21). Der Gerichtshof stellte in diesem Zusammenhang fest, dass dieses Ziel erreicht ist, wenn der Empfänger den als rechtswidrige Beihilfe gewährten Betrag zurückbezahlt und dadurch den Vorteil, den er auf dem Markt gegenüber seinen Mitbewerbern besaß, verloren hat, und die Lage vor der Zahlung der Beihilfe wiederhergestellt ist (22).

(90)

Im Einklang mit dieser Rechtsprechung wird in Artikel 14 der Verordnung (EG) Nr. 659/99 des Rates (23) festgestellt: „In Negativentscheidungen hinsichtlich rechtswidriger Beihilfen entscheidet die Kommission, dass der betreffende Mitgliedstaat alle notwendigen Maßnahmen ergreift, um die Beihilfe vom Empfänger zurückzufordern.“

(91)

Da die in Rede stehenden Maßnahmen als rechtswidrige und mit dem Binnenmarkt unvereinbare Beihilfen anzusehen sind, müssen die Beträge dieser Maßnahmen in Höhe von 13 Mio. EUR und 383 850 EUR zurückgefordert werden, damit die Marktsituation vor Gewährung der Beihilfen wiederhergestellt wird.

(92)

In Bezug auf die öffentliche Bürgschaft ist die Rückzahlung ab dem Tag nach der Anmeldung der Umstrukturierung durch Italien zu leisten, d. h. ab dem 24. Juli 2008; bis zur tatsächlichen Rückzahlung sind Zinsen zahlbar.

(93)

In Bezug auf die Umwandlung der Schulden in Kapital ist die Rückzahlung ab dem Tag zu leisten, an dem die Beihilfe dem begünstigten Unternehmen bereitgestellt wurde, d. h. ab dem 31. Mai 2007; bis zur tatsächlichen Rückzahlung sind Zinsen zahlbar —

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1

Das förmliche Prüfverfahren nach Artikel 108 Absatz 2 AEUV in Bezug auf den Direktzuschuss von 13,2 Mio. EUR zugunsten von Legler SpA wird eingestellt.

Artikel 2

Die öffentliche Bürgschaft in Höhe von 13 Mio. EUR und die Umwandlung von Schulden in Kapital in Höhe von 383 850 EUR, die Italien in Abweichung von Artikel 108 Absatz 3 AEUV zugunsten von Legler SpA angeordnet hat, sind mit dem Binnenmarkt unvereinbare staatliche Beihilfen.

Artikel 3

(1)   Italien fordert die in Artikel 2 genannten Beihilfen vom Begünstigen zurück.

(2)   Die rückzufordernden Beträge umfassen die Zinsen bis zum Tag der tatsächlichen Wiedereinziehung.

In Bezug auf die öffentliche Bürgschaft werden die Zinsen ab dem Tag nach der Rücknahme der Anmeldung der Umstrukturierungsbeihilfe durch Italien berechnet.

In Bezug auf die Umwandlung der Schulden in Kapital werden die Zinsen ab dem Tag berechnet, an dem die Beihilfe dem begünstigten Unternehmen bereitgestellt wurde.

(3)   Die Zinsen werden gemäß Kapitel V der Verordnung (EG) Nr. 794/2004 der Kommission (24) und gemäß der Verordnung (EG) Nr. 271/2008 der Kommission (25) zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 794/2004 nach der Zinseszinsformel berechnet.

(4)   Italien stellt mit dem Tag der Notifizierung dieses Beschlusses alle ausstehenden Zahlungen für die in Artikel 2 genannten Beihilfen ein.

Artikel 4

(1)   Die in Artikel 2 genannte Beihilfe wird sofort und tatsächlich zurückgefordert.

(2)   Italien stellt sicher, dass dieser Beschluss binnen vier Monaten nach seiner Bekanntgabe umgesetzt wird.

Artikel 5

(1)   Italien übermittelt der Kommission binnen zwei Monaten nach Bekanntgabe dieses Beschlusses die folgenden Informationen:

a)

Gesamtbetrag (Hauptforderung und Zinsen), der vom Begünstigten zurückzufordern ist;

b)

ausführliche Beschreibung der Maßnahmen, die ergriffen wurden bzw. werden, um diesem Beschluss nachzukommen;

c)

Unterlagen, aus denen hervorgeht, dass an den Begünstigten eine Rückzahlungsanordnung ergangen ist.

(2)   Italien unterrichtet die Kommission über den Fortgang seiner Maßnahmen zur Umsetzung dieses Beschlusses, bis die Rückzahlung der in Artikel 2 genannten Beihilfe abgeschlossen ist. Auf Anfrage der Kommission legt Italien unverzüglich Informationen über die Maßnahmen vor, die ergriffen wurden bzw. beabsichtigt sind, um diesem Beschluss nachzukommen. Ferner übermittelt Italien ausführliche Angaben über die Beihilfebeträge und die Zinsen, die vom Begünstigten bereits zurückgezahlt wurden.

Artikel 6

Dieser Beschluss ist an die Italienische Republik gerichtet.

Brüssel, den 23. März 2011

Für die Kommission

Joaquín ALMUNIA

Vizepräsident


(1)  ABl. C 289 vom 1.12.2007, S. 22.

(2)  ABl. C 159 vom 12.7.2007, S. 2. Die Genehmigung der Rettungsbeihilfe erfolgte für den Zeitraum 5. Oktober 2006 bis 5. April 2007.

(3)  Siehe Fußnote 1.

(4)  Diese Angabe bezieht sich auf die Zahl der Mitarbeiter, die im gesamten berücksichtigten Zeitraum in Vollzeitbeschäftigung für das Unternehmen tätig waren.

(5)  Vorzugsaktien räumen dem Aktionär Vorrang bei der Gewinnausschüttung und der Rückzahlung des Kapitals bei Auflösung der Gesellschaft ein.

(6)  Bis zum 31. Dezember 2012.

(7)  Für diesen Standort war ein separater piano industriale vorgesehen.

(8)  Leitlinien der Gemeinschaft für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten, ABl. C 244 vom 1.10.2004, S. 2, und Mitteilung der Kommission über die Verlängerung der Leitlinien der Gemeinschaft für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten, ABl. C 156 vom 9.7.2009, S. 3.

(9)  Siehe Fußnote 6.

(10)  ABl. L 83 vom 27.3.1999, S. 1.

(11)  Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Artikel 87 und 88 des EG-Vertrags auf staatliche Beihilfen in Form von Haftungsverpflichtungen und Bürgschaften, ABl. C 155 vom 20.6.2008, S. 10.

(12)  Siehe auch die Entscheidung der Kommission in der Beihilfesache C 59/07 vom 28. Oktober 2009 über die Rettungsbeihilfen zugunsten von Ixfin SpA, ABl. L 167 vom 1.7.2010, S. 39.

(13)  Die SFIRS SpA (ein Finanzintermediär gemäß den Artikeln 106 und 107 des Gesetzesdekrets Nr. 385 vom 1. September 1993) realisiert für die Autonome Region Sardinien Planungen und erstellt Leitlinien für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung der Region. Die SFIRS gilt als operatives Instrument der Autonomen Region Sardinien, die 93 % der Anteile an der SFIRS hält. Die SFIRS wird von einem Verwaltungsrat geleitet, dessen Mitglieder von der Region ernannt werden. Darüber hinaus ist die SFIRS derselben Leitungs- und Überwachungsbehörde unterstellt, die auch für die Verwaltung der Autonomen Region Sardinien zuständig ist.

(14)  Rechtssache C-482/99, Frankreich gegen Kommission, Randnummer 70. Rechtssache C-42/93, Spanien gegen Kommission, Randnummer 13.

(15)  Von Italien als Anhang zum Schreiben vom 29. Mai 2009 vorgelegt.

(16)  Beihilfesache C 32/05 (ex N 250/05) vom 4. April 2007, ABl. L 277 vom 20.10.2007, S. 25.

(17)  Beihilfesache C 32/06 (ex N 179/06) vom 25. September 2007, ABl. L 44 vom 20.2.2008, S. 36.

(18)  Beihilfesache C 38/07 (ex NN 45/07), Arbel Fauvet Rail SA, vom 7. Oktober 2010, ABl. L 238 vom 24.10.2007, S. 17.

(19)  Rechtssache T-102/07, Freistaat Sachsen gegen Europäische Kommission und T-120/07, MB Immobilien Verwaltungs GmbH und MB System GmbH & Co. KG gegen Europäische Kommission.

(20)  Rechtssache C-70/72, Kommission gegen Deutschland, Randnummer 13.

(21)  Verbundene Rechtssachen C-278/92, C-279/92 und C-280/92, Königreich Spanien gegen Kommission, Randnummer 75.

(22)  Rechtssache C-75/97, Belgien gegen Kommission, Randnummern 64-65.

(23)  ABl. L 83 vom 27.3.1999, S. 1.

(24)  ABl. L 140 vom 30.4.2004, S.1.

(25)  ABl. L 82 vom 25.3.2008, S. 1.


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