EUR-Lex Access to European Union law

Back to EUR-Lex homepage

This document is an excerpt from the EUR-Lex website

Document 32008D0366

2008/366/EG: Entscheidung der Kommission vom 30. Januar 2008 über die staatliche Beihilfe C 35/06 (ex NN 37/06), die Schweden zugunsten von Konsum Jämtland ekonomisk förening durchgeführt hat (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2008) 311) (Text von Bedeutung für den EWR)

ABl. L 126 vom 14.5.2008, p. 3–10 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

Legal status of the document In force

ELI: http://data.europa.eu/eli/dec/2008/366/oj

14.5.2008   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 126/3


ENTSCHEIDUNG DER KOMMISSION

vom 30. Januar 2008

über die staatliche Beihilfe C 35/06 (ex NN 37/06), die Schweden zugunsten von Konsum Jämtland ekonomisk förening durchgeführt hat

(Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2008) 311)

(Nur der schwedische Text ist verbindlich)

(Text von Bedeutung für den EWR)

(2008/366/EG)

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 88 Absatz 2 Unterabsatz 1,

gestützt auf das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum, insbesondere auf Artikel 62 Absatz 1 Buchstabe a,

nach Aufforderung der Beteiligten zur Äußerung gemäß den genannten Artikeln (1) und unter Berücksichtigung ihrer Stellungnahme,

in Erwägung nachstehender Gründe:

I.   VERFAHREN

(1)

Durch eine Beschwerde, die bei der Kommission am 14. November 2005 registriert wurde, unterrichtete die Stiftung „Den Nya Välfärden“ die Kommission vom Verkauf eines Grundstücks an die „Konsum Jämtland ekonomisk förening“ durch die Gemeinde Åre. Dieser Verkauf beinhaltete nach Auffassung der Stiftung eine rechtswidrige staatliche Beihilfe.

(2)

Mit Schreiben vom 3. Januar 2006 forderte die Kommission von den schwedischen Behörden zusätzliche Informationen zu diesem Rechtsgeschäft an. Diese wurden mit Schreiben vom 2. März 2006 und 28. März 2006 übermittelt.

(3)

Mit Schreiben vom 3. Januar 2006 ersuchte die Kommission auch die Beschwerdeführerin um weitere Auskünfte zu besagtem Rechtsgeschäft. Diese wurden mit Schreiben vom 1. Februar 2006 übermittelt.

(4)

Mit Schreiben vom 19. Juli 2006 unterrichtete die Kommission Schweden von ihrer Entscheidung, wegen der fraglichen Beihilfemaßnahme das Verfahren nach Artikel 88 Absatz 2 EG-Vertrag einzuleiten (2).

(5)

Die Entscheidung der Kommission über die Verfahrenseinleitung wurde im Amtsblatt der Europäischen Union  (3) veröffentlicht. Die Kommission forderte darin die Beteiligten zur Stellungnahme auf.

(6)

Die schwedischen Behörden übermittelten ihre Stellungnahme mit Schreiben vom 27. September 2006.

(7)

Bei der Kommission gingen keine Stellungnahmen von Beteiligten ein.

(8)

Mit Schreiben vom 24. Januar 2007 forderte die Kommission von den schwedischen Behörden zusätzliche Informationen an. Diese wurden mit Schreiben vom 21. Februar 2007 übermittelt.

II.   AUSFÜHRLICHE BESCHREIBUNG DER MASSNAHME

1.   Beschwerdeführerin (4)

(9)

Bei der Beschwerdeführerin (Stiftung „Den Nya Välfärden“) handelt es sich um eine Organisation, die unter anderem für Unternehmen tätig ist und ihre Tätigkeit im Wesentlichen durch die Beiträge zahlreicher Unternehmen finanziert. Die Stiftung handelte in dieser Sache im Einvernehmen mit dem Unternehmen Lidl Sverige KB (nachstehend „Lidl“ genannt).

(10)

Lidl trat im September 2003 in den schwedischen Markt ein und betreibt gegenwärtig rund 130 Billigmärkte (Harddiscount-Geschäfte) in Schweden. Nach einem Marktanteil von 2,2 % Ende 2006 rechnet das Unternehmen für Ende 2007 mit einem Anteil von 3 %. Der Umsatz belief sich im Geschäftsjahr 2006/2007 auf 3,7 Mrd. Kronen (rd. 393 Mio. EUR). Seit dem Eintritt in den schwedischen Markt hat das Unternehmen Verluste erlitten. Für das Geschäftsjahr 2006/2007 wurde ein Betriebsverlust (nach Steuern) von 339 Mio. Kronen (rd. 36 Mio. EUR) ausgewiesen.

(11)

Lidl ist auf dem schwedischen Lebensmitteleinzelhandelsmarkt ein relativ kleiner Akteur.

2.   Beihilfeempfänger (5)

(12)

Konsum Jämtland ekonomisk förening ist ein Genossenschaftsunternehmen, das in der gesamten Provinz Jämtland Konsumgüter einschließlich Lebensmittel verkauft. Sein Jahresumsatz lag 2004 bei 260 Mio. Kronen (rd. 28 Mio. EUR).

(13)

Konsum Jämtland ekonomisk förening (nachstehend „Konsum“ genannt) fusionierte am 1. Januar 2006 mit Konsum Nord ekonomisk förening. Beide Unternehmen waren zum Zeitpunkt ihrer Fusion Mitglied von Kooperativa Förbundet (KF). KF ist der Dachverband von rund 51 Konsumgenossenschaften mit insgesamt rund 3 Mio. Mitgliedern. KF hält 42 % an Coop Norden, dem zweitgrößten Akteur auf dem schwedischen Markt für Verbrauchsgüter des täglichen Bedarfs (Marktanteil 2005: 16,2 %) und einem der größten Marktteilnehmer im dänischen und norwegischen Handel mit diesen Gütern. KF ist darüber hinaus u. a. im Immobilien- und im Mediensektor tätig. KF erzielte im Jahr 2006 einen Umsatz von 24,4 Mrd. SEK (rd. 2,6 Mrd. EUR) und einen Gewinn von 701 Mio. SEK (rd. 74 Mio. EUR).

3.   Grundstücksverkauf

(14)

Gegenstand der Beschwerde ist der Verkauf eines Grundstücks durch die Gemeinde Åre an Konsum zu einem Preis unter dem Marktpreis.

(15)

Am 5. Oktober 2005 beschloss der Gemeinderat von Åre, ein Grundstück in Produkthusområdet (Åre Prästbord 1:30, 1:68 och 1:69) für 2 Mio. SEK (rd. 0,2 Mio. EUR) an Konsum zu verkaufen. Dem Verkauf ging kein öffentliches Bietverfahren voraus.

(16)

Zunächst war vorgesehen, dass der Preis 1 SEK beträgt und dass der Gemeindevorstand den Verkauf des Grundstücks an Konsum zu diesem Preis auf seiner Sitzung am 24. August 2005 genehmigt.

(17)

Am 23. August 2005 jedoch bot Lidl dem Gemeindevorsteher von Åre zunächst telefonisch und anschließend in einer entsprechenden E-Mail für dasselbe Grundstück 6,6 Mio. SEK (rd. 0,7 Mio. EUR).

(18)

Am 24. August 2005 veröffentlichte der schwedische Rundfunksender Radio P4 Jämtland das Angebot von Lidl und strahlte ein Interview mit dem Gemeindevorsteher von Åre aus, in dem dieser den Eingang des Angebots bestätigte.

(19)

Am selben Tag, an dem Lidl sein Angebot unterbreitete, handelte die Gemeindeverwaltung mit Konsum einen neuen Verkaufspreis von 1 Mio. SEK aus.

(20)

Am 24. August 2005 genehmigte der Gemeindevorstand den Verkauf des Grundstücks an Konsum für 1 Mio. SEK. Laut Sitzungsprotokoll bildete das Angebot von Lidl die Grundlage für den Beschluss, das Grundstück für 1 Mio. SEK anstatt wie ursprünglich geplant für 1 SEK zu verkaufen. Dem Protokoll ist weiter zu entnehmen, dass die Gemeindeverwaltung beauftragt wurde, für Lidl ein anderes verfügbares Grundstück in Åre zu suchen.

(21)

In seiner Sitzung vom 20. September 2005 hob der Gemeindevorstand seinen Beschluss betreffend den Verkauf des Grundstücks für 1 Mio. SEK auf, nachdem zwei Gemeinderatsmitglieder beim Verwaltungsgericht Jämtland dagegen geklagt hatten.

(22)

Am 5. Oktober 2005 genehmigte der Gemeinderat der Verkauf des Grundstücks an Konsum für 2 Mio. SEK. Mit Vermerk der Gemeindeverwaltung vom 20. September 2005 wurde der Gemeindevorstand über das Angebot von Lidl unterrichtet und davon in Kenntnis gesetzt, dass die Verwaltung sich darum bemüht, für Lidl ein anderes Grundstück zu finden.

(23)

Mit Schreiben vom 28. Oktober 2005 an den Gemeindevorstand und Schreiben vom 30. November 2005 an die Stiftung „Den Nya Välfärden“ erklärte Lidl, dass sein Angebot von 6,6 Mio. SEK nach wie vor Gültigkeit hat und das Unternehmen sich an einem etwaigen Bietverfahren für das besagte Grundstück beteiligen würde.

(24)

Konsum war zum Zeitpunkt des Verkaufs bereits in Åre präsent, während Lidl damals versuchte, dort eine erste Verkaufsstelle zu eröffnen.

III.   ENTSCHEIDUNG ÜBER DIE EINLEITUNG DES VERFAHRENS NACH ARTIKEL 88 ABSATZ 2 EG-VERTRAG

(25)

Die Entscheidung der Kommission, das förmliche Prüfverfahren einzuleiten, basiert im Wesentlichen auf folgenden Erwägungen:

Dem Verkauf ging kein öffentliches Bietverfahren voraus.

Die schwedischen Behörden konnten nicht nachweisen, dass ein unabhängiges Gutachten über den Wert des Grundstücks eingeholt wurde (später verwiesen sie auf Wertgutachten von Ernst & Young Real Estate für einzelne Grundstücke in Åre).

Der Verkaufspreis für Konsum und das Angebot von Lidl schienen unmittelbar miteinander vergleichbar zu sein, und das Angebot von Lidl schien nicht an bestimmte Bedingungen geknüpft zu sein. Die Erhöhungen des Verkaufspreises nach dem Angebot von Lidl (erst von 1 SEK auf 1 Mio. SEK und danach von 1 Mio. SEK auf 2 Mio. SEK) scheinen die unmittelbare Vergleichbarkeit zu bestätigen. Da das Angebot von Lidl höher war als der tatsächliche Verkaufspreis, scheint eine Finanzierung aus staatlichen Mitteln vorzuliegen.

Die Beihilfemaßnahme könnte den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigen (vor allem bei Berücksichtigung der Tatsache, dass sowohl KF als auch Lidl international tätig sind).

Die Beihilfemaßnahme scheint nicht mit den Richtlinien für Regionalbeihilfen vereinbar zu sein und es scheint keinen anderen rechtlichen Grund für eine Genehmigung dieser Beihilfe zu geben.

IV.   STELLUNGNAHMEN VON BETEILIGTEN

(26)

Bei der Kommission gingen während des Verfahrens keine Stellungnahmen von Beteiligten ein.

V.   BEMERKUNGEN DER SCHWEDISCHEN BEHÖRDEN

(27)

Das Hauptargument der schwedischen Behörden war, der Verkauf des Grundstücks an Konsum sei Teil einer ganzen Reihe von Grundstücksgeschäften gewesen, darunter insbesondere der Verkauf eines Grundstücks in einem anderen Teil von Åre (Åre torg im Stadtzentrum) durch Konsum. Besagtes Grundstück liegt in einem Gebiet, für das die Gemeinde einen Entwicklungsplan aufgestellt hat.

(28)

Nach Verkauf des fraglichen Grundstücks sollte Konsum seine Verkaufsstelle aus diesem Teil von Åre verlegen und der Gemeinde auf diese Weise die Verwirklichung ihres Entwicklungsplans ermöglichen. Hätte die Gemeinde das Angebot von Lidl akzeptiert, hätte sie ihren Plan nicht durchführen können, da Konsum dann seinen Standort im Stadtzentrum von Åre beibehalten hätte.

(29)

In dem Vertrag über den Grundstücksverkauf an Konsum wird jedoch nicht auf andere Grundstücksgeschäfte (oder den Wert des Grundstücks von Konsum im Stadtzentrum) Bezug genommen (6).

(30)

Im September 2006 legten die schwedischen Behörden der Kommission neue relevante Dokumente vor. Dabei handelte es sich um ein Wertgutachten von Ernst & Young Real Estate und ein Urteil des Verwaltungsgerichts Jämtland vom 24. Mai 2006 betreffend eine Klage gegen den Beschluss des Gemeinderats vom 5. Oktober 2005, mit dem dieser den Verkauf des Grundstücks in Produkthusområdet an Konsum genehmigte.

1.   Das Wertgutachten

(31)

Das Wertgutachten betrifft nicht spezifisch das an Konsum verkaufte Grundstück, sondern andere Grundstücke in Åre (darunter ein unmittelbar an das von Konsum erworbene Land angrenzendes Grundstück). Das Gutachten stammt aus dem Mai 2003 (7). Die Bewertung stützt sich unter anderem auf Informationen aus den Datenbanken des Beratungsunternehmens, auf bestehende Mietverträge und tatsächliche Käufe sowie einen Standardsatz für Betriebs- und Instandhaltungskosten bei vergleichbaren Grundstücken. Grundlage für die Bewertung bildet eine Cashflow-Analyse, bei der die geplante Verwendung des Grundstücks berücksichtigt wurde.

(32)

Das Beratungsunternehmen veranschlagte den Marktwert des an Konsum verkauften Grundstücks mit 1,65 Mio. SEK, was dem letztlich gezahlten Transaktionspreis von 2 Mio. SEK ungefähr entspricht.

(33)

Die Gemeinde erklärte, sie habe bei dem Grundstücksverkauf berücksichtigt, dass das Gutachten von Ernst & Young Real Estate aus dem Mai 2003 stammte, der Verkauf jedoch erst im Oktober 2005, also fast zweieinhalb Jahre später, stattfand. Sie belegte diese Behauptung jedoch nicht durch Beweise.

2.   Urteil des Verwaltungsgerichts

(34)

Das Verwaltungsgericht prüfte lediglich die Rechtmäßigkeit des Gemeinderatsbeschlusses. Das Gericht untersuchte, inwieweit die Gemeinde ihre Befugnisse überschritt, indem sie ohne besonderen Grund ein bestimmtes Unternehmen begünstigte.

(35)

Das Verwaltungsgerichts kam zu dem Ergebnis, dass der Beschluss rechtmäßig war und dass es aus folgenden Gründen nicht als erwiesen angesehen werden konnte, dass mit dem Verkauf eine Begünstigung des Käufers bezweckt wurde:

Das Angebot von Lidl ging erst unmittelbar vor dem Beschluss des Gemeinderats ein.

Der Verkauf betraf ein Grundstück, für das laut dem Gesamtentwicklungsplan für das betroffene Gebiet spezielle Nutzungsbedingungen galten.

Es gab keine hinreichenden Beweise dafür, dass der Verkaufspreis unter dem Marktwert lag.

Der Gemeinderatsbeschluss ist als Teil eines größeren Plans zur Auslagerung von Unternehmen aus dem Stadtzentrum zu sehen, der zu diesem Zweck den Verkauf des Grundstücks an Konsum vorsah.

3.   Von den schwedischen Behörden übermittelte zusätzliche Informationen

(36)

Mit Schreiben vom 24. Januar 2007 forderte die Generaldirektion Wettbewerb der Kommission die schwedischen Behörden auf mitzuteilen, welche Methode sie angewandt hatten, um im Verkaufspreis die Zeit zu berücksichtigen, die zwischen der Erstellung des Wertgutachtens von Ernst & Young Real Estate (Mai 2003) und dem Verkauf des Grundstücks an Konsum (Oktober 2005) vergangen war, und alle diesbezüglich sachdienlichen Beweise (z. B. Untersuchungen, Berechnungen, Bewertungsgrundsätze) zu übermitteln.

(37)

Mit Datum vom 21. Februar 2007 übermittelten die schwedischen Behörden ein vom Vorsteher der Gemeinde Åre unterzeichnetes Schreiben. Diesem Schreiben zufolge wurden mehrere Marktindices (Verbraucherpreisindex, Einzelhandelsimmobilienpreisindex usw.) angewandt, um die Wertveränderung des Grundstücks in dem obengenannten Zeitraum zu ermitteln.

(38)

Am wichtigsten ist in diesem Zusammenhang der Preisindex für Einzelhandelsimmobilien, der sich auf bebaute Flächen in größeren Städten bezieht und sich 2005 zu rund einem Drittel aus Einkaufszentren und rund zwei Dritteln aus sonstigen Geschäftsflächen zusammensetzte. Die Anwendung sämtlicher Indices ergab für den Zeitpunkt des Verkaufs einen aktualisierten Grundstückswert, der niedriger war als der tatsächliche Verkaufspreis.

(39)

Laut Schreiben des Gemeindevorstehers gab es zum Zeitpunkt des Verkaufs in Åre keinen echten Markt für Einzelhandelsimmobilien, so dass es nicht möglich war, bei der Bewertung des Grundstücks die Preise echter Transaktionen zu Grunde zu legen.

VI.   WÜRDIGUNG DER MASSNAHME

1.   Staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag

(40)

Das Vorliegen einer staatlichen Beihilfe ist gemäß der Mitteilung der Kommission betreffend Elemente staatlicher Beihilfe bei Verkäufen von Bauten oder Grundstücken durch die öffentliche Hand (8) (nachstehend „Mitteilung“ genannt) zu prüfen.

1.1   Finanzierung aus staatlichen Mitteln

1.1.1   Anwendung der Mitteilung

(41)

Gemäß der Mitteilung gibt es zwei Möglichkeiten, das Vorliegen staatlicher Beihilfen bei Verkäufen von Bauten oder Grundstücken durch die öffentliche Hand grundsätzlich auszuschließen: den Verkauf im Wege eines bedingungsfreien Bietverfahrens, bei dem das beste Angebot den Zuschlag erhält, oder, bei Nichtdurchführung eines solchen Verfahrens, den Verkauf zu einem Preis, der mindestens so hoch ist, wie der von einem unabhängigen Sachverständigen ermittelte Wert.

(42)

Diese Wertermittlung sollte gemäß der Mitteilung vor den Verkaufsverhandlungen durch (einen) unabhängige(n) Sachverständige(n) für Wertermittlung (9) erfolgen, damit der Marktwert auf der Grundlage allgemein anerkannter Marktindikatoren und Bewertungsstandards ermittelt wird.

(43)

Im Falle des vorliegenden Grundstücksverkaufs wurde kein förmliches Bietverfahren durchgeführt. Es gab ein älteres Wertgutachten für ein unmittelbar benachbartes Grundstück. Die darin vorgenommene Bewertung (siehe Abschnitt V.1) stammte zweifellos von einem unabhängigen Sachverständigen für Wertermittlung und basierte auf allgemein anerkannten Bewertungsstandards im Sinne der Mitteilung. Obwohl diese Bewertung nicht das verkaufte Grundstück betraf, sondern ein unmittelbar benachbartes Stück Land, wird der ermittelte Wert als angemessener Marktwert für das Grundstück zum Zeitpunkt der Wertermittlung erachtet.

(44)

Diese Bewertung wurde jedoch im Mai 2003 vorgenommen, d. h. fast zweieinhalb Jahre vor dem Verkauf (Oktober 2005). In einer derart langen Zeit kann sich der Marktwert beträchtlich geändert haben.

(45)

Während des förmlichen Prüfverfahrens übermittelten die schwedischen Behörden der Kommission im Februar 2007 auf ihre Nachfrage hin eine aktualisierte Bewertung (siehe Abschnitt V.3).

(46)

Offenkundig wurde vor dem Verkauf des Grundstücks an Konsum der ermittelte Wert nicht von Ernst & Young angepasst, um der Wertveränderung zwischen der ersten Wertermittlung und dem Zeitpunkt des Verkaufs Rechnung zu tragen. Andernfalls hätten die schwedischen Behörden entsprechende, aus der Zeit des Verkaufs stammende Beweise vorgelegt. Es ist daher sehr wahrscheinlich, dass die Informationen, die die schwedischen Behörden im Februar 2007 übermittelten, im Wesentlichen dem Zweck dienten, den Verkaufspreis nachträglich zu rechtfertigen.

(47)

Im Unterschied zu der von Ernst & Young durchgeführten Bewertung basierte die von den schwedischen Behörden übermittelte Aktualisierung nicht auf allgemein anerkannten Bewertungsstandards (z. B. Cashflow-Analyse) bei Berücksichtigung künftiger Einnahmen. Die Aktualisierung ist keine vollständige Bewertung des Grundstücks, vielmehr werden bestimmte Marktindices angewandt, um den theoretischen Anstieg des Grundstückswerts zu bestimmen. Die verwendeten Indices gelten für das ganze Land und sind recht allgemein (insbesondere der Verbraucherpreisindex), so dass sie sich für die Zwecke des untersuchten Grundstücksverkaufs nicht besonders gut eignen dürften.

(48)

Der Einzelhandelsimmobilienpreisindex ist für den vorliegenden Zweck wohl am besten geeignet. Allerdings bezieht sich auch dieser Index auf ganz Schweden und trägt den besonderen Gegebenheiten in der Region, in der der Verkauf abgewickelt wurde, nicht Rechnung. Er gilt im Übrigen vor allem für größere Städte, während es sich bei Åre um eine Kleinstadt handelt. Auch bezieht er sich nicht speziell auf den Lebensmitteleinzelhandel, sondern ganz allgemein auf den Einzelhandel. Deshalb ist nicht sicher, dass dieser Index die tatsächliche Preisentwicklung bei Immobilien für den Lebensmitteleinzelhandel in Åre zwischen Mai 2003 und Oktober 2005 widerspiegelt.

(49)

Das Argument, zum Zeitpunkt des Verkaufs habe in Åre kein echter Markt für Geschäfts-/Einzelhandelsflächen existiert, das die schwedischen Behörden anführten, um zu begründen, weshalb bei der Grundstücksbewertung keine echten Transaktionspreise zu Grunde gelegt wurden, wird durch den Umstand widerlegt, dass Ernst & Young 2003 durchaus in der Lage waren, eine vollständige Bewertung u. a. auf Grundlage der Marktaussichten für Grundstücke für den Lebensmitteleinzelhandel, bestehender Mietverträge und tatsächlicher Grundstückskäufe in dem betreffenden Gebiet vorzunehmen.

(50)

Vor dem Verkauf an Konsum gab es jedoch einen anderen und nach Auffassung der Kommission auch zuverlässigeren Indikator für den Marktwert des zum Verkauf stehenden Grundstücks, nämlich das Kaufangebot von Lidl (siehe Abschnitt VI.1.1.3).

1.1.2   An den Verkauf geknüpfte Bedingungen

(51)

Für das Grundstück galten stadtplanerische Auflagen betreffend seine Nutzung (Lebensmittelverkauf) und die Verkaufsfläche. Derartige Beschränkungen können von der Gemeinde im Rahmen ihrer öffentlich-rechtlichen Befugnisse auferlegt werden.

(52)

Die schwedischen Behörden machten geltend, das untersuchte Grundstücksgeschäft sei Teil einer Serie von Grundstückgeschäften gewesen, in deren Verlauf insbesondere Konsum ein Grundstück im Stadtzentrum verkaufen sollte, das gemäß dem kommunalen Gesamtentwicklungsplan für andere Zwecke genutzt werden sollte. In dem Verkaufsvertrag wird jedoch keine wie auch immer geartete Verbindung zwischen den beiden Grundstücksverkäufen (Verkauf der Stadt und Verkauf von Konsum) hergestellt, und die schwedischen Behörden legten während der Prüfung der Sache durch die Kommission keine konkreten Informationen zu den beiden Verkäufen vor, die darauf hindeuten würden, dass beide Transaktionen Teil eines größeren Gesamtplans waren.

(53)

Der Vertrag über den Grundstücksverkauf an Konsum enthielt keinerlei Auflagen, die für diese Entscheidung von Belang wären. Folglich ist davon auszugehen, dass in Verbindung mit dem Verkauf keine „besonderen Verpflichtungen“ im Sinne der Mitteilung bestanden.

(54)

Das Angebot von Lidl war nicht an Bedingungen geknüpft. Die Tätigkeit, die das Unternehmen auf dem Grundstück ausüben wollte, war im Wesentlichen dieselbe wie die von Konsum (Lebensmitteleinzelhandel) und stand im Einklang mit den stadtplanerischen Auflagen, die die Gemeinde rechtmäßig festgelegt hatte. Das Angebot von Lidl und der tatsächlich von Konsum verlangte Preis sind daher unmittelbar vergleichbar.

1.1.3   Anwendung des Grundsatzes des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers

(55)

Ausgangspunkt für die Beantwortung der Frage, inwieweit der Verkauf an Konsum Elemente staatlicher Beihilfe enthielt, ist nach ständiger Rechtsprechung (10) der Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers. Diesem Grundsatz zufolge entspricht der Wert der Beihilfe im Falle des Verkaufs öffentlicher Grundstücke der Differenz zwischen dem vom Käufer tatsächlich gezahlten Preis und dem Preis, den er zum gleichen Zeitpunkt für den Ankauf eines vergleichbaren Grundstücks von einem privaten Verkäufer unter normalen Marktbedingungen hätte bezahlen müssen.

(56)

Demnach kann die Auffassung vertreten werden, dass im vorliegenden Fall eine staatliche Beihilfe vorlag, sofern ein privater Verkäufer das Grundstück zum Angebotspreis an Lidl hätte verkaufen können. Dies setzt voraus, dass das Angebot von Lidl glaubwürdig und verbindlich war.

(57)

Die Kommission ist aus folgenden Gründen der Auffassung, dass das Angebot von Lidl glaubwürdig und verbindlich war:

Lidl unterbreitete das Angebot dem Gemeindevorsteher von Åre am 23. August 2005 zunächst telefonisch und bestätigte es am selben Tag per E-Mail. Das Angebot wurde nicht in anderer, offiziellerer Form unterbreitet, weil Lidl gerade erst davon Kenntnis erhalten hatte, dass der Verkauf am folgenden Tag (für einen Preis von 1 SEK) stattfinden sollte. Deshalb ist davon auszugehen, dass die Zeit für ein förmlicheres Angebot nicht ausreichte.

Am 24. August 2005 wurde das Angebot von einem Rundfunksender öffentlich bekannt gemacht, der den Gemeindevorsteher von Åre zu diesem Thema befragte. Der Gemeindevorsteher äußerte keine Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Angebots.

Am selben Tag, an dem Lidl sein Angebot vorlegte, handelte die Gemeindeverwaltung den Verkaufspreis mit Konsum neu aus; Konsum erklärte sich sofort bereit, 1 Mio. SEK anstatt 1 SEK zu bezahlen. Am folgenden Tag genehmigte der Gemeindevorstand den Verkauf des Grundstücks an Konsum für 1 Mio. SEK. Dem Sitzungsprotokoll ist zu entnehmen, dass das Angebot von Lidl die Grundlage für den Beschluss bildete, das Grundstück für 1 Mio. SEK zu verkaufen und nicht wie ursprünglich geplant für 1 SEK. Dem Protokoll ist weiter zu entnehmen, dass die Gemeindeverwaltung beauftragt wurde, für Lidl ein anderes Grundstück in Åre zu suchen. Dies zeigt, dass die Gemeinde das Angebot von Lidl bereits zu diesem Zeitpunkt als glaubwürdig und verbindlich ansah.

In einem Vermerk der Gemeindeverwaltung vom 20. September 2005 wurde der Gemeindevorstand über das Angebot von Lidl unterrichtet und davon in Kenntnis gesetzt, dass die Verwaltung mit Lidl in Kontakt stand, um dem Unternehmen an anderer Stelle in Åre die Ansiedlung zu ermöglichen.

Mit Schreiben vom 28. Oktober 2005 an den Gemeindevorstand und Schreiben vom 30. November 2005 an die Stiftung „Den Nya Välfärden“ erklärte Lidl, dass sein Angebot von 6,6 Mio. SEK nach wie vor Gültigkeit habe und das Unternehmen an einem etwaigen Bietverfahren für das besagte Grundstück teilnehmen würde.

Die schwedischen Behörden äußerten zu keinem Zeitpunkt während des Prüfverfahrens Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Angebots von Lidl.

Lidl ist ein wohlbekanntes internationales Unternehmen und auf dem Lebensmitteleinzelhandelsmarkt ein direkter Wettbewerber von Konsum. Im Rahmen seiner Strategie, die steigende Nachfrage nach Harddiscount-Waren in den nordischen Ländern und den steigenden Marktanteil des Harddiscount-Segments im Handel mit Verbrauchsgütern des täglichen Bedarfs in diesen Ländern für sich zu nutzen, hatte Lidl seit 2003 in Schweden Verkaufsstellen eröffnet. Daraus lässt sich der Schluss ziehen, dass das Unternehmen wirklich Interesse an dem Grundstück hatte, das an Konsum verkauft wurde.

(58)

Nach Auffassung der Kommission ist das glaubwürdige und verbindliche Angebot von Lidl, das über dem Wert lag, den die schwedischen Behörden in ihrer aktualisierten Bewertung für das fragliche Grundstück veranschlagten, ein besserer Indikator für den Marktwert des Grundstücks als der Wert in der aktualisierten Bewertung, da das Angebot zeigte, wie viel der Markt zum Zeitpunkt des Verkaufs für das Grundstück zu zahlen bereit war.

(59)

Selbst wenn eine Bewertung durch unabhängige Sachverständige im Sinne der Mitteilung (d. h. eine Bewertung des zu verkaufenden Grundstücks vor dessen Verkauf und auf der Grundlage allgemein akzeptierter Bewertungsstandards) vorgelegen hätte, wäre diese Bewertung in Abwesenheit eines konkreten Angebots lediglich das zweitbeste Instrument gewesen, um den Marktwert des Grundstücks zu bestimmen. Sobald jedoch ein glaubwürdiges, verbindliches Angebot vorliegt, das unmittelbar vergleichbar ist und über dem von den unabhängigen Sachverständigen ermittelten Wert liegt, ist diesem Angebot bei der Bewertung der Vorzug zu geben. Das Angebot legt den tatsächlichen Marktwert fest. Im vorliegenden Falle ist die Differenz zwischen dem Angebot und dem tatsächlich gezahlten Verkaufspreis das beste Maß für die entgangenen staatlichen Mittel.

(60)

Die Kommission gelangt daher zu dem Schluss, dass dem Staat im vorliegenden Fall Mittel in Höhe der Differenz zwischen dem Angebot von Lidl und dem tatsächlich gezahlten Verkaufspreis (d. h. 4,6 Mio. SEK, das entspricht rund 0,5 Mio. EUR) entgingen.

1.2   Wirtschaftlicher Vorteil

(61)

Wäre ein offenes Bietverfahren durchgeführt worden, hätte sich der Grundstückspreis auf mindestens den von Lidl gebotenen Betrag erhöht und Konsum hätte mindestens diesen Preis zahlen müssen, um das Grundstück zu erwerben. Die Kommission ist daher der Auffassung, dass Konsum im vorliegenden Fall durch den Verkauf des Grundstücks ein selektiver wirtschaftlicher Vorteil in Höhe der Differenz zwischen dem Angebot von Lidl und dem tatsächlich gezahlten Verkaufspreis gewährt wurde.

1.3   Verfälschung des Wettbewerbs und Beeinträchtigung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten (11)

(62)

Der schwedische Handel mit Verbrauchsgütern des täglichen Bedarfs, in dem sowohl Lidl also auch KF tätig sind, lässt sich in vier Segmente unterteilen: Supermärkte/sog. „ServiceButiker“/Tankstellengeschäfte (Marktanteil am Handel mit Verbrauchsgütern des täglichen Bedarfs 2005: 68,4 %), Großmärkte (16,4 %), Soft-Discounter (11,5 %) und Hard-Discounter (3,7 %). Der Marktanteil der Konsumgenossenschaft am gesamten Handel mit Verbrauchsgütern des täglichen Bedarfs betrug 2005 16,2 %.

(63)

Der schwedische Lebensmittelgroß- und -einzelhandelsmarkt wird von vier Unternehmen beherrscht: ICA Ahold, Axfood AB, Coop Norden und Bergendahlsgruppen AB. Ihr gemeinsamer Marktanteil beträgt ungefähr 80 % (12).

(64)

Der schwedische Lebensmitteleinzelhandel war lange Zeit durch stabile Strukturen und eine geringe Internationalisierung gekennzeichnet. 1999, als der große niederländische Lebensmitteleinzelhändler Ahold eine Beteiligung von 50 % an ICA, dem führenden schwedischen Einzelhändler, erwarb, begann sich die Lage zu ändern. In der folgenden Konsolidierungswelle unter den nordischen Einzelhandelsunternehmen verschob sich deren Ausrichtung von einer rein nationalen zu einer eher nordischen Perspektive.

(65)

Generell war eine Zunahme des Umsatzes von Hypermärkten und großen Supermärkten zu beobachten, während der Umsatz kleiner und mittelgroßer Geschäfte zurückblieb.

(66)

Der Marktanteil der Billigmärkte stieg an. Ihr Anteil am Gesamtumsatz erhöhte sich zwischen 1990 und 2002 von 3 % auf 13 %. Als Reaktion auf diese Entwicklung gingen die nordischen Einzelhändler dazu über, eigene Billiggeschäfte zu eröffnen und mehr Produkte unter ihrer eigenen Handelsmarke zu verkaufen.

(67)

Das förmliche Prüfverfahren bestätigte die vorläufige Auffassung der Kommission, dass die Beihilfemaßnahme den Wettbewerb verfälschte und den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigen kann.

(68)

Der Wettbewerb wurde durch eine verzerrte Vermögensallokation zwischen konkurrierenden Unternehmen verfälscht. Zwar ist der Lebensmitteleinzelhandelsmarkt überwiegend von lokalem oder regionalem Charakter; da sich die Beihilfemaßnahme jedoch auf die Markteintrittsstrategie eines ausländischen Wettbewerbers auswirkt, hatte sie das Potenzial, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen.

(69)

Überdies verstärkte die Beihilfe die finanzielle Stellung eines internationalen Unternehmens. Hierzu erklärte der EuGH in einem Urteil (13) folgendes: „Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes muss der innergemeinschaftliche Handel, wenn eine von einem Mitgliedstaat gewährte Beihilfe die Stellung eines Unternehmens gegenüber anderen Wettbewerbern im innergemeinschaftlichen Handel verstärkt, als von der Beihilfe beeinflusst erachtet werden (Urteil vom 17. September 1980 in der Rechtssache 730/79, Philip Morris/Kommission, Slg. 1980, 2671, Randnr. 11). Wenn nämlich ein Mitgliedstaat einem Unternehmen eine Beihilfe gewährt, kann die inländische Erzeugung dadurch beibehalten oder erhöht werden, so dass sich die Chancen der in anderen Mitgliedstaaten niedergelassenen Unternehmen, ihre Erzeugnisse auf den Markt dieses Mitgliedstaats auszuführen, verringern (Urteil vom 13. Juli 1988 in der Rechtssache 102/87, Frankreich/Kommission, Slg. 1988, 4067, Randnr. 19).“

1.4   Schlussfolgerung

(70)

Die Maßnahme stellt eine staatliche Beihilfe im Sinne des Artikels 87 Absatz 1 EG-Vertrag dar.

2.   Vereinbarkeit

(71)

In ihrer Entscheidung zur Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens erklärte die Kommission, dass sie, falls sich das Vorliegen einer staatlichen Beihilfe bestätigt, keine rechtliche Grundlage sehe, auf der die Beihilfemaßnahme als mit dem EG-Vertrag vereinbar angesehen werden könne (14). Insbesondere könne die Beihilfe nicht als mit dem EG-Vertrag vereinbare Investitionsbeihilfe gemäß den Leitlinien für staatliche Beihilfen mit regionaler Zielsetzung (15) gelten. Vielmehr scheine es sich um eine Betriebsbeihilfe zu handeln, die gemäß Nummer 4.15 besagter Leitlinien in Fördergebieten nach Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe c EG-Vertrag nicht zulässig ist (16). Die Kommission bekräftigt ihre ursprüngliche, in der Entscheidung über die Verfahrenseinleitung dargelegte Schlussfolgerung, dass es keine andere rechtliche Grundlage dafür gibt, die untersuchte Maßnahme vom allgemeinen Beihilfeverbot auszunehmen.

(72)

Obwohl die Verfälschung des Wettbewerbs recht lokaler Natur ist und sich die Beeinträchtigung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten in Grenzen halten dürfte, konnten die schwedischen Behörden nicht nachweisen, dass die Beihilfe einer Zielsetzung von gemeinsamem Interesse diente, die die negativen Auswirkungen auf den Wettbewerb und den Handel hätte aufwiegen können. Die schwedischen Behörden konzentrierten ihre Argumentation vielmehr auf die Frage, ob überhaupt eine staatliche Beihilfe vorlag, und lieferten keinerlei Argument für die Vereinbarkeit der Maßnahme.

(73)

Die vorläufige Schlussfolgerung der Kommission wird daher bestätigt.

3.   Rückforderung

(74)

Da die Maßnahme ohne vorherige Anmeldung bei der Kommission durchgeführt wurde und mit den Regeln für staatliche Beihilfen unvereinbar ist, müssen die schwedischen Behörden die Beihilfe vom Empfänger zurückfordern.

(75)

Ziel der Rückforderung ist es, die Situation wiederherzustellen, die vor der Beihilfegewährung bestand. Dies ist dann erreicht, wenn der Beihilfeempfänger die unrechtmäßige und unvereinbare Beihilfe zurückgezahlt hat, denn auf diese Weise verliert er den Vorteil, den er auf dem Markt gegenüber seinen Wettbewerbern hatte. Der Rückforderungsbetrag muss so hoch sein, dass der dem Begünstigten gewährte wirtschaftliche Vorteil aufgehoben wird.

(76)

Da die Beihilfe zugunsten von Konsum der Differenz zwischen dem Angebot von Lidl und dem tatsächlichen Verkaufspreis (4,6 Mio. SEK, d. h. rund 0,5 Mio. EUR) entspricht, ist dieser Betrag zurückzufordern.

(77)

Die schwedischen Behörden werden infolgedessen aufgefordert, von Konsum einen Betrag von 4,6 Mio. SEK zurückzufordern; dieser Betrag ist gemäß Artikel 9 der Verordnung (EG) Nr. 794/2004 der Kommission vom 21. April 2004 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 93 des EG-Vertrags (17) zu verzinsen. Die Zinsen sind von dem Zeitpunkt, ab dem die rechtswidrige Beihilfe Konsum zur Verfügung stand, bis zu ihrer tatsächlichen Rückzahlung zahlbar.

VII.   SCHLUSSFOLGERUNGEN

(78)

Die Kommission stellt fest, dass Schweden den Grundstücksverkauf unter Verstoß gegen Artikel 88 Absatz 3 EG-Vertrag in rechtswidriger Weise durchgeführt hat. Sie kommt zu dem Schluss, dass im Falle der untersuchten Maßnahme, die eine reine Betriebsbeihilfe darstellt, keine der im EG-Vertrag vorgesehenen Ausnahmen anwendbar ist und die Maßnahme daher mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar ist. Die Beihilfe ist deshalb zurückzufordern —

HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Die staatliche Beihilfe in Höhe von 4,6 Mio. SEK, die Schweden unter Verletzung des Artikels 88 Absatz 3 EG-Vertrag zugunsten von Konsum Jämtland ekonomisk förening rechtswidrig gewährt hat, ist mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar.

Artikel 2

(1)   Schweden fordert die in Artikel 1 genannte Beihilfe vom Begünstigten zurück.

(2)   Der Rückforderungsbetrag umfasst Zinsen, die von dem Zeitpunkt, ab dem die Beihilfe dem Begünstigten zur Verfügung stand, bis zu deren tatsächlicher Rückzahlung berechnet werden.

(3)   Die Zinsen werden gemäß Kapitel V der Verordnung (EG) Nr. 794/2004 nach der Zinseszinsformel berechnet.

Artikel 3

(1)   Die in Artikel 1 genannte Beihilfe wird sofort und tatsächlich zurückgefordert.

(2)   Schweden stellt sicher, dass diese Entscheidung binnen vier Monaten nach ihrer Notifikation umgesetzt wird.

Artikel 4

(1)   Schweden übermittelt der Kommission binnen zwei Monaten nach Notifikation dieser Entscheidung die folgenden Informationen:

a)

Gesamtbetrag (Hauptforderung und Zinsen), der vom Begünstigten zurückzufordern ist;

b)

ausführliche Beschreibung der Maßnahmen, die ergriffen wurden bzw. beabsichtigt sind, um dieser Entscheidung nachzukommen;

c)

Unterlagen, aus denen hervorgeht, dass an den Empfänger eine Rückzahlungsanordnung ergangen ist.

(2)   Schweden unterrichtet die Kommission über den Fortgang seiner Maßnahmen zur Umsetzung dieser Entscheidung, bis die Rückzahlung der in Artikel 1 genannten Beihilfe abgeschlossen ist. Auf Anfrage der Kommission legt Schweden unverzüglich Informationen über die Maßnahmen vor, die ergriffen wurden bzw. beabsichtigt sind, um dieser Entscheidung nachzukommen. Ferner übermittelt Schweden ausführliche Angaben über die Beihilfebeträge und die Zinsen, die vom Begünstigten bereits zurückgezahlt wurden.

Artikel 5

Diese Entscheidung ist an das Königreich Schweden gerichtet.

Brüssel, den 30. Januar 2008

Für die Kommission

Neelie KROES

Mitglied der Kommission


(1)  ABl. C 204 vom 26.8.2006, S. 5.

(2)  Sache C 35/06.

(3)  Siehe Fußnote 1.

(4)  Quellen der Daten in diesem Abschnitt: Beschwerdeführerin und Just-food.com (26. Oktober 2007).

(5)  Quellen bestimmter Daten in diesem Abschnitt: Beschwerdeführerin und Jahresabschlüsse 2005 und 2006 von Kooperativa Förbundet.

(6)  In einem früheren Entwurf des Vertrags über den Grundstücksverkauf an Konsum (Vertrag mit einem Verkaufspreis von 1 Mio. SEK) wurde Konsum verpflichtet, sein Grundstück im Stadtzentrum von Åre zu verkaufen und seinen dortigen Standort innerhalb einer bestimmten Frist aufzugeben. Diese Bestimmung war jedoch in dem endgültigen Vertrag nicht mehr enthalten.

(7)  Das Grundstück wurde im Oktober 2005 an Konsum verkauft.

(8)  ABl. C 209 vom 10.7.1997, S. 3.

(9)  Ein „Sachverständiger für Wertermittlung“ ist gemäß der Mitteilung eine Person mit hinreichender Qualifikation und Erfahrung. Der Sachverständige für Wertermittlung übt seine Aufgaben unabhängig aus, d. h. öffentliche Stellen sind nicht berechtigt, hinsichtlich des Ermittlungsergebnisses Anweisungen zu erteilen. Staatliche Bewertungsbüros, Beamte oder Angestellte gelten solange als unabhängig, wie eine unzulässige Einflussnahme auf ihre Feststellungen effektiv ausgeschlossen ist.

(10)  Siehe z. B. Urteil des Gerichts erster Instanz vom 29. März 2007 in der Rechtssache T-366/00, Scott SA/Kommission der Europäischen Gemeinschaften.

(11)  Quellen bestimmter Daten in diesem Abschnitt: Jahresabschluss 2005 von Kooperativa Förbundet und der Bericht Finland, Retail Food Sector, Report 2003 von Global Agriculture Information Network.

(12)  Die Zahlen stammen aus dem Jahr 2002; seitdem dürften keine wesentlichen Änderungen eingetreten sein.

(13)  Siehe Urteil des EuGH vom 14. September 1994 in den verb. Rs. C-278/92, C-279/92 und C-280/92, Spanien/Kommission, Rdnr. 40. (Liegt nicht in schwedischer Sprache vor).

(14)  Siehe Rdnrn. 29 bis 32 in der Kommissionsentscheidung zur Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens.

(15)  ABl. C 74 vom 10.3.1998, S. 9.

(16)  Siehe insbesondere Rdnrn. 30 und 31 in der Kommissionsentscheidung zur Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens.

(17)  ABl. L 140 vom 30.4.2004, S. 1. Verordnung zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1935/2006, (ABl. L 407 vom 30.12.2006, S. 1).


Top