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Document 31998D0353

98/353/EG: Entscheidung der Kommission vom 16. September 1997 über staatliche Beihilfen zugunsten des Unternehmens Gemeinnützige Abfallverwertung GmbH (Bekanntgegeben unter Aktenzeichen K (1997) 2903) (Nur der deutsche Text ist verbindlich) (Text von Bedeutung für den EWR)

ABl. L 159 vom 3.6.1998, p. 58–64 (ES, DA, DE, EL, EN, FR, IT, NL, PT, FI, SV)

Legal status of the document In force

ELI: http://data.europa.eu/eli/dec/1998/353/oj

31998D0353

98/353/EG: Entscheidung der Kommission vom 16. September 1997 über staatliche Beihilfen zugunsten des Unternehmens Gemeinnützige Abfallverwertung GmbH (Bekanntgegeben unter Aktenzeichen K (1997) 2903) (Nur der deutsche Text ist verbindlich) (Text von Bedeutung für den EWR)

Amtsblatt Nr. L 159 vom 03/06/1998 S. 0058 - 0064


ENTSCHEIDUNG DER KOMMISSION vom 16. September 1997 über staatliche Beihilfen zugunsten des Unternehmens Gemeinnützige Abfallverwertung GmbH (Bekanntgegeben unter Aktenzeichen K (1997) 2903) (Nur der deutsche Text ist verbindlich) (Text von Bedeutung für den EWR) (98/353/EG)

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN -

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 93 Absatz 2 Unterabsatz 1,

gestützt auf das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum, insbesondere auf Artikel 62 Absatz 1 Buchstabe a),

nach Aufforderung der beteiligten Dritten zur Äußerung gemäß Artikel 93 EG-Vertrag,

in Erwägung nachstehender Gründe:

I

Am 15. Dezember 1995 eröffnete die Kommission infolge mehrerer Beschwerden das Verfahren nach Artikel 93 Absatz 2 EG-Vertrag wegen Beihilfen zugunsten des Aachener Unternehmens Gemeinnützige Abfallverwertung GmbH (GAV). Die GAV ist ein vom Sozialwerk Aachener Christen e. V. betriebenes, nicht gewinnorientiertes Unternehmen. Sie ist auf dem Abfallmarkt tätig, wo sie im Rahmen des Dualen Systems Deutschland (DSD) wiederverwertbaren Abfall sammelt, sortiert und als Sekundärrohstoff verkauft. Die GAV konkurriert in diesem Sektor mit gewinnorientierten Privatunternehmen. Diese sind der Ansicht, das Unternehmen habe ein aggressives Marktverhalten gezeigt, weshalb sie bei der Kommission Beschwerde eingelegt haben.

Die GAV beschäftigt normalerweise zwischen 40 und 60 Personen, von denen 25 % behindert sind und 50 % zur Kategorie der schwer vermittelbaren Langzeitarbeitslosen gehören. Diese "problematischen" Personen, die nicht von der GAV selbst, sondern vom örtlichen Sozial- und Arbeitsamt ausgewählt werden, erhalten befristete Arbeitsverträge. Ziel der Beschäftigung bei der GAV ist es, diese Personen zu schulen und anschließend wieder in den "normalen" Arbeitsmarkt zu integrieren. Um die besondere Aufgabe der Schulung und erneuten Integrierung problematischer Personen erfuellen zu können, beschäftigt die GAV darüber hinaus Fachkräfte (Sozialarbeiter, Pädagogen) für deren Betreuung. Von 1987 bis 1995 hat die GAV insgesamt 440 Personen auf der Grundlage befristeter Arbeitsverträge beschäftigt und geschult. 1993 erreichte der Umsatz der GAV 2,8 Mio. DEM, was 0,004 % des deutschen Gesamtmarkts mit einem Umsatz von insgesamt 75 Mio. DEM entsprach. 1994 belief sich der Umsatz der GAV auf 3,6 Mio. DEM und 1995 auf 4,1 Mio. DEM. Die Bilanz des Unternehmens wies 1995 4,7 Mio. DEM aus.

Bis 1992 führte die GAV ausschließlich für die Stadt Aachen die Sammlung wiederverwertbaren Abfalls - was zu diesem Zeitpunkt eine rein kommunale Aufgabe war - durch und erhielt von ihr einen Kostenausgleich für diese Tätigkeit. Da die GAV erhebliche Defizite verbuchte, beschloß die Stadt Aachen, sie in das neue kommunale Abfallentsorgungskonzept zu integrieren. Die Entscheidung der Stadt Aachen basierte auf den Schlußfolgerungen und Empfehlungen eines unabhängigen Beraters, der alljährlich der Stadt Aachen Berichte über die wirtschaftliche Situation der GAV vorzulegen und, falls notwendig, Empfehlungen zur Verbesserung der Viabilität und somit zur Reduzierung der finanziellen Unterstützung der GAV durch die Stadt Aachen zu unterbreiten hatte. Der Bericht des Beraters aus dem Jahre 1992 empfahl, die Tätigkeiten der GAV in das Duale System Deutschland (DSD) zu integrieren, bei dem es sich um ein staatlich nicht gefördertes privates System zur Sammlung von Verpackungsabfällen handelt, das auf einer Vereinbarung zwischen zahlreichen kommerziellen Unternehmen basiert, die miteinander im Wettbewerb stehen. In diesem Zusammenhang war die GAV verpflichtet, sämtliche wiederverwertbaren Abfälle in der Stadt Aachen zu sammeln, zu sortieren und zu vermarkten. Da der Vertrag für die ursprünglich von der GAV gemietete Gewerbehalle vom Vermieter gekündigt worden war, verpflichtete sich die GAV, um dieser Tätigkeit nachgehen zu können, eine neue Gewerbehalle auf einem Gelände der Stadt Aachen zu bauen, an dem sie das Erbbaurecht erworben hat. Die jährliche Pacht beträgt derzeit 118 000 DEM.

Da die GAV wegen ihrer prekären finanziellen Situation nicht in der Lage war, die neue Gewerbehalle ganz aus eigenen Mitteln zu finanzieren (die Investitionsgesamtkosten beliefen sich auf etwa 4 Mio. DEM), erhielt sie vom Regierungspräsidenten Köln einen Ad-hoc-Zuschuß. Laut der Verwaltungsentscheidung war die Gewährung des Zuschusses jedoch mit der Auflage verbunden, daß das Unternehmen die Halle ausschließlich für das Sortieren wiederverwertbaren Abfalls verwendet und mindestens 25 Jahre lang weiterhin benachteiligte Personen beschäftigt. Bei Nichterfuellung dieser Auflage müßte die GAV den Zuschuß sofort zurückzahlen.

Darüber hinaus erhielt die GAV von der Stadt Aachen jährliche Zuschüsse zu arbeitsmotivierenden Maßnahmen. Dem Vertrag zwischen der Stadt Aachen und der GAV zufolge bestand der finanzielle Beitrag in einer Zahlung von höchstens 240 000 DEM im Jahr 1992, zuzüglich eines Zuschusses, der für die vollständige Deckung der Pacht erforderlich sein würde. Für 1993 war vorgesehen, daß die Gesamtzahlungen einschließlich eines Zuschusses zur Pacht 240 000 DEM nicht überschreiten sollten. Ab 1994 sah der Vertrag eine Senkung der Zuschüsse bis auf eine Höhe vor, die maximal der jährlichen Pacht entsprechen durfte. Dem Vertrag zufolge hat die GAV von der Stadt Aachen folgende Beträge erhalten:

>PLATZ FÜR EINE TABELLE>

Obwohl ihnen keine genehmigten Beihilferegelungen zugrunde lagen, wurden der Kommission weder der Zuschuß für den Bau der neuen Gewerbehalle noch die Zahlungen der Stadt Aachen notifiziert, da sowohl die Aachener als auch die Kölner Behörden der Auffassung waren, daß diese Mittel keine staatlichen Beihilfen im Sinne von Artikel 92 Absatz 1 EG-Vertrag darstellten. Dabei stützten sie sich auf zwei Argumente: Erstens sei die GAV kein gewinnorientiertes, sondern ein gemeinnütziges Unternehmen. Zweitens dienten die ihr zur Verfügung gestellten Gelder lediglich dem Ausgleich der Mehrkosten, die durch die Beschäftigung, Ausbildung und Unterstützung junger Arbeitsloser und benachteiligter Personen entstuenden. Andererseits räumten die Behörden ein, daß die GAV mit anderen Unternehmen konkurriere. Sie würden GAV jedoch überwachen und hätten kein aggressives Marktverhalten festgestellt.

Die Wettbewerber der GAV, die bei der Kommission Beschwerde eingelegt hatten, beantragten gleichzeitig vor deutschen Verwaltungsgerichten vorläufigen Rechtsschutz gegen die Entscheidung des Regierungspräsidenten Köln, den Bau der neuen Gewerbehalle zu subventionieren. Sie begründeten ihre Anträge mit einem angeblichen Verstoß gegen deutsches Wettbewerbsrecht sowie gegen Artikel 92 und 93 EG-Vertrag. Daher versuchten sie in zwei verwaltungsgerichtlichen Instanzen, eine sofortige Einstellung der Zahlungen zu erwirken, wurden jedoch von beiden Instanzen abgewiesen. Beide Instanzen stellten fest, daß die Wettbewerber im Gegensatz zu GAV hohe Gewinne erzielten, und daß die GAV im Fall einstweiliger Anordnungen zugunsten der Wettbewerber Konkurs anmelden müsse. Darüber hinaus hegten beide Gerichte Zweifel, daß es sich bei den Maßnahmen zugunsten der GAV um Beihilfen im Sinne von Artikel 92 EG-Vertrag handelte. Abschließend stellten sie fest, daß die Wettbewerber ein aggressives Marktverhalten nicht nachweisen konnten.

Die Kommission gelangte bei der Beurteilung der finanziellen Unterstützung zugunsten der GAV zu dem Ergebnis, daß die Maßnahmen als einzeln notifizierungspflichtige Beihilfen im Sinne von Artikel 92 Absatz 1 EG-Vertrag einzustufen waren. Außerdem hegte sie erhebliche Zweifel, daß sie die Kriterien der Ausnahmebestimmungen des Artikels 92 Absätze 2 und 3 EG-Vertrag erfuellten. Folglich beschloß sie, das Verfahren zu eröffnen.

II

Mit Schreiben vom 2. April 1996 übermittelten die deutschen Behörden ihre Stellungnahme zu dem Beschluß der Kommission, wegen der Beihilfe zugunsten der GAV das Verfahren nach Artikel 93 Absatz 2 EG-Vertrag zu eröffnen.

Darin wiederholten sie zunächst ihre Auffassung, daß die Maßnahmen keine staatlichen Beihilfen darstellten, da 75 % der Tätigkeiten der GAV die Sammlung von Haushaltsabfällen beträfen. Die Kommission habe doch die Auffassung vertreten, daß Anreize für solche Sammlungen keine staatlichen Beihilfen darstellten, solange der Sekundärrohstoff zu Marktpreisen angeboten werde.

Darüber hinaus war ein Beihilfecharakter der Zuwendungen an GAV ihrer Ansicht nach ausgeschlossen, da die GAV kein gewinnorientiertes Unternehmen sei und aufgrund dieses Status nicht mit "normalen" Unternehmen desselben Marktes verglichen werden könne.

In diesem Zusammenhang wiesen sie erneut darauf hin, daß Hauptzweck der GAV nicht die Tätigkeit auf dem Abfallverwertungsmarkt in Konkurrenz zu anderen Unternehmen dieses Sektors sei, sondern die Schulung benachteiligter Personen. Diese Personen, die sonst vom "normalen" Arbeitsmarkt ausgeschlossen wären, könnten nach Beendigung ihres Zeitvertrags mit der GAV weit besser in diesen Markt integriert werden und benötigten daher keine weitere finanzielle Unterstützung des Staates. Die jährlichen Zuschüsse der Stadt Aachen glichen lediglich die Mehrkosten aus, die der GAV aus ihrem Sonderstatus als nicht gewinnorientiertes Unternehmen und ihrem Ziel der Schulung benachteiligter Personen entstuenden.

Die deutschen Behörden betonten außerdem, es sei sichergestellt, daß die jährlichen Zuschüsse die GAV nicht in die Lage versetzen, die Preise für die Endprodukte zu unterbieten. Der Vertrag zwischen der Stadt Aachen und der GAV sehe vor, daß vor jeder Zahlung der Stadt Kontrollen auf verschiedenen Ebenen durch voneinander unabhängige Kontrolleure durchgeführt würden. Demnach würden die Zuschüsse jedes Jahr unter der Voraussetzung gewährt, daß

- die GAV einen unabhängigen Rechnungsprüfer einsetzt, der fortlaufend über die finanziellen Aussichten des Unternehmens berichtet,

- das kommunale Rechnungsprüfungsamt ständig Einsicht in die Bilanzen des Unternehmens hat und wirksame Kontrollen durchführen kann,

- der Jugendhilfeausschuß der Stadt Aachen regelmäßig Berichte über die wirtschaftliche Lage der GAV und die Verwendung der erhaltenen Zuschüsse erhält.

Diese jeder Zahlung vorausgehenden Kontrollen schlössen aus, daß die GAV ihre Stellung mißbrauchen kann, um auf dem Markt aggressiv vorzugehen.

Was den Investitionszuschuß des Regierungspräsidenten Köln von 2,7 Mio. DEM für den Bau der neuen Gewerbehalle betrifft, so wiesen die deutschen Behörden darauf hin, daß der Bau dieser Halle nicht nur deswegen erforderlich geworden sei, weil der Besitzer der alten, gemieteten Halle den Vertrag gekündigt hatte, sondern auch, weil die alte Halle den Anforderungen der deutschen Umweltschutzvorschriften, insbesondere über Luft- und Wasserverschmutzung sowie Lärmvermeidung, nicht genügt habe. Da die alte Halle diese Umweltschutzanforderungen nicht erfuellte, sei die amtliche Genehmigung für die GAV, ihre Tätigkeiten dort durchzuführen, jeweils vorläufig und befristet gewesen. Der Umzug in eine neue Halle sei daher von existentieller Bedeutung für das Unternehmen gewesen, das den Bau jedoch aufgrund seiner schwierigen finanziellen Lage nicht aus eigenen Mitteln habe finanzieren können. In diesem Zusammenhang wiederholten die deutschen Behörden, die Gewährung des Investitionszuschusses sei nach der Verwaltungsentscheidung mit der Auflage verbunden, daß die GAV die Halle ausschließlich für das Sortieren wiederverwertbaren Abfalls verwendet und mindestens 25 Jahre lang weiterhin benachteiligte Personen beschäftigt. Bei Nichterfuellung dieser Auflage müßte die GAV den Zuschuß sofort zurückzahlen.

Abschließend vertraten die deutschen Behörden den Standpunkt, daß sämtliche Maßnahmen zugunsten der GAV im Einklang mit der fünften Empfehlung des Europäischen Rates von Essen stehen, da die Tätigkeiten der GAV ausnahmslos die (Wieder-)Integrierung von benachteiligten Personen in den Arbeitsmarkt fördern und GAV ohne finanzielle Unterstützung der öffentlichen Hand nicht in der Lage wäre, diesen Tätigkeiten nachzugehen.

III

Mit Schreiben vom 10. Juli 1996 übermittelte die Kommission Deutschland die infolge der Mitteilung über die Verfahrenseröffnung (1) eingegangenen Stellungnahmen von Dritten, nämlich von einem Rechtsanwalt, der einen regionalen deutschen Wettbewerber vertrat, und vom deutschen Verband "Sekundärrohstoffe und Entsorgung". Der Anwalt, der den regionalen deutschen Wettbewerber vertrat, pflichtete ausdrücklich der Ansicht der Kommission bei, daß die Maßnahmen zugunsten der GAV als Beihilfen im Sinne von Artikel 92 Absatz 1 EG-Vertrag anzusehen waren. Seiner Auffassung nach war keine der Ausnahmen nach Artikel 92 Absätze 2 und 3 EG-Vertrag anwendbar. Daher müsse die Beihilfe zurückgefordert werden.

Was die jährlichen Zahlungen der Stadt Aachen betrifft, so räumte der Rechtsanwalt ein, daß die GAV aufgrund ihres Sonderstatus höhere Kosten zu tragen hat als ein gewöhnliches Unternehmen, so daß ein gewisser Ausgleich dieser Mehrkosten gerechtfertigt sein könnte. Die Zahlungen der Stadt Aachen gingen jedoch über einen reinen Ausgleich hinaus und würden der GAV ermöglichen, diese Mittel für ihre Geschäfte zu verwenden und auf dem Markt aggressiv vorzugehen. Unter diesen Umständen sei sein Mandant, der keine Beihilfen erhielte, nicht mehr konkurrenzfähig und verliere seine Kunden. In diesem Zusammenhang bestritt der Rechtsanwalt auch nachdrücklich, daß die Stadtverwaltung Aachen eine wirksame Kontrolle über die Preispolitik der GAV ausübte.

Hinsichtlich des Investitionszuschusses des Regierungspräsidenten Köln bezweifelte der Rechtsanwalt jeglichen Zusammenhang zwischen dieser Zahlung und einem Ausgleich der Mehrkosten, die der GAV entstehen. Der Bau der neuen Halle ermögliche es der GAV im Gegenteil sogar, ihre Tätigkeiten auszudehnen und damit den Wettbewerb mit anderen Unternehmen des Recyclingsektors, die keine öffentlichen Mittel erhielten, zu verstärken. Daher führe auch die Unterstützung des Baus der neuen Gewerbehalle zu einer unannehmbaren Wettbewerbsverfälschung.

Der deutsche Verband "Sekundärrohstoffe und Entsorgung" teilte die Auffassung des Rechtsanwalts, wonach die Zahlungen der Stadt Aachen die wirtschaftlichen Nachteile der GAV überkompensieren. Auch er bestritt einen Zusammenhang zwischen dem Investitionszuschuß des Regierungspräsidenten Köln und den von der GAV zu bestreitenden Mehrkosten. Die GAV habe mehr öffentliche Gelder als für den Ausgleich ihrer Nachteile notwendig erhalten und sei dadurch in die Lage versetzt worden, auf dem Markt aggressiv vorzugehen und den Wettbewerb zu verfälschen. Dieses Verhalten sei nach den Gemeinschaftsvorschriften für staatliche Beihilfen nicht gerechtfertigt. Demzufolge müsse die Beihilfe zurückgefordert werden.

IV

Mit Schreiben vom 29. August 1996 übermittelte Deutschland die Antwort auf die Stellungnahmen der Dritten. Auf besonderes Ersuchen der Kommission, das sie in einem Schreiben vom 28. Oktober 1996 und anläßlich einer Zusammenkunft vom 15. April 1997 zum Ausdruck brachte, wurde die Antwort durch zwei Schreiben vom 11. Dezember 1996 und 7. Juli 1997 ergänzt. Diesen Schreiben waren zahlreiche Anhänge beigefügt, die den Sonderstatus der GAV, ihre Preispolitik und die von den Behörden ausgeübte Kontrolle sowie die Notwendigkeit einer staatlichen Unterstützung des Baus der Gewerbehalle belegen sollten.

Aus den Bilanzen des Unternehmens für den Zeitraum 1990 bis 1995 ging hervor, daß einem Eigenkapital des Unternehmens in Höhe von 350 000 DEM im Jahr 1990 ein Verlustvortrag von 370 000 DEM gegenüberstand. Dieser Verlustvortrag konnte dank bescheidener Jahresgewinne während des Berichtszeitraums zurückgeführt werden, belief sich allerdings Ende 1995 immer noch auf 42 400 DEM.

Eine ausführliche Namensliste belegte, daß von 1987 bis 1995 440 Personen zeitweise bei GAV beschäftigt und geschult worden waren.

Ein im November 1994 von einem unabhängigen Berater ausgearbeiteter Bericht enthielt unter anderem einen Vergleich zwischen den staatlichen Zahlungen und den Mehrkosten, die GAV durch die Beschäftigung und Schulung benachteiligter Personen im Zeitraum 1991 bis 1995 entstanden. Dieser Vergleich ergab, daß die Höhe der öffentlichen Mittel die wirtschaftlichen Nachteile der GAV 1991 - d. h. im letzten Jahr, in dem die GAV ausschließlich in der Abfallentsorgung für die Stadt Aachen tätig war und mithin eine ausschließlich kommunale Aufgabe ausführte - um 700 000 DEM überstieg, daß dieser Überschuß aber kontinuierlich soweit reduziert wurde, daß bereits 1994 die wirtschaftlichen Nachteile die öffentlichen Zuwendungen um 124 000 DEM überstiegen. Für 1995 wurde sogar veranschlagt, daß die wirtschaftlichen Nachteile um 393 000 DEM höher liegen würden.

Ein weiterer, im März 1996 von einem unabhängigen Berater erstellter Bericht enthielt einen Vergleich zwischen den monatlich von dem unabhängigen Marktforschungsunternehmen Europäischer Wirtschaftsdienst GmbH (EUWID) ermittelten Durchschnittspreisen für Recyclingpapier und den von GAV zwischen Februar 1994 und Januar 1996 verlangten Preisen. Die in diesem Bericht enthaltenen Zahlen ergaben, daß die GAV zu keinem Zeitpunkt die von EUWID ermittelten Preise unterboten hat. Die der Kommission ebenfalls vorgelegten Auszüge aus Verträgen zwischen der GAV und einigen ihrer Kunden bestätigten die Schlußfolgerungen des Beraters, da stets vereinbart worden war, daß die Preise für jede Lieferung von Recyclingpapier sich nach dem zum jeweiligen Lieferzeitpunkt gültigen Preisindex der EUWID richten würden.

Eine Kopie des Rahmenvertrags zwischen der Stadt Aachen und der GAV zur Regelung ihrer jeweiligen Aufgaben und Pflichten belegte, daß jeder Zahlung der Stadt Aachen Kontrollen vorausgehen, die auf mehreren Ebenen durch voneinander unabhängige Kontrolleure durchgeführt werden. Der Sitzungsbericht des Jugendhilfeausschusses vom 3. September 1991, der als Beispiel für die Durchführung der Kontrollen vorgelegt wurde, bestätigte, daß eine solche Kontrolle tatsächlich stattgefunden und das Unternehmen alle Wirtschaftsdaten im Einklang mit dem Rahmenvertrag vorgelegt hatte.

Die Kopien zweier Verwaltungsentscheidungen vom 24. Februar 1993 und 3. September 1993, mit denen GAV ausnahms- und übergangsweise die Genehmigung erteilt wurde, ihre Tätigkeiten in der alten Gewerbehalle bis zum Bau der neuen Halle fortzusetzen, bestätigten, daß die Produktion in der alten Halle den deutschen Umweltschutzvorschriften (insbesondere über Luftverschmutzung und Lärmvermeidung) nicht entsprach. Die Kopie einer Kündigung vom 27. Dezember 1994 belegte darüber hinaus, daß der Besitzer der alten Halle das Mietverhältnis Ende 1995 beenden wollte und nicht bereit war, den Vertrag darüber hinaus zu verlängern.

V

Im Rahmen des Verfahrens nach Artikel 93 Absatz 2 EG-Vertrag festigte sich der von der Kommission bei der Verfahrenseröffnung vertretene Standpunkt, daß die Maßnahmen der Stadt Aachen und des Regierungspräsidenten Köln als staatliche Beihilfen im Sinne von Artikel 92 Absatz 1 EG-Vertrag einzustufen sind.

Wie oben erläutert, hat die GAV Zahlungen der öffentlichen Hand von insgesamt 3 183 832 DEM erhalten, davon 2,7 Mio. DEM als Investitionszuschuß im Jahr 1992 und 483 832 DEM in Form jährlicher Zuschüsse in dem Zeitraum 1992, 1993 und 1994 (in dem Vertrag zwischen der Stadt Aachen und der GAV waren solche Zuschüsse ab 1995 nicht mehr vorgesehen).

Die Einstufung dieser Zahlungen als Beihilfen im Sinne von Artikel 92 Absatz 1 EG-Vertrag ist nicht aufgrund der Tatsache ausgeschlossen, daß die GAV Haushaltsabfälle sammelt. Die Kommission hat vielmehr in der Vergangenheit den Standpunkt vertreten (Antwort auf die schriftliche Anfrage 2057/92) (2), daß Anreize für solche Sammlungen keine staatlichen Beihilfen darstellen, solange der Sekundärrohstoff zu Marktpreisen angeboten wird. Deutschland hat der Kommission gegenüber betont und durch Berichte nachgewiesen, daß mindestens 75 % der Tätigkeiten der GAV die Sammlung von Haushaltsabfall betreffen. Damit wurde jedoch weder nachgewiesen, daß die GAV hiermit eine Aufgabe ausführt, die nach deutschem Recht üblicherweise in die Zuständigkeit der Kommunen fällt, noch daß hier kein Wettbewerb besteht. Vielmehr liegt das Sammeln, Sortieren und Vermarkten von wiederverwertbaren Abfällen seit Einführung des Dualen Systems in privater Hand. Im Rahmen dieses Systems sind zahlreiche Unternehmen tätig, die miteinander im Wettbewerb stehen. Dabei kann es sich durchaus um grenzübergreifenden Wettbewerb handeln, insbesondere wenn das begünstigte Unternehmen nicht weit von den Grenzen zu anderen Mitgliedstaaten ansässig ist. Folglich können Zahlungen an solche Unternehmen Beihilfen darstellen, die den Wettbewerb im Sinne von Artikel 92 Absatz 1 EG-Vertrag verfälschen und den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen können. Darüber hinaus ist festzustellen, daß die Zahlungen an die GAV nicht als Anreiz für die separate Sammlung wiederverwertbarer Abfälle gewährt wurden, sondern zur Unterstützung der Beschäftigung schwer vermittelbarer Arbeitsloser durch die GAV.

Auch die Tatsache, daß die GAV dem Sozialwerk Aachener Christen e. V. gehört und ebensowenig wie ihr Besitzer gewinnorientiert ist, ist für die Beurteilung der Auswirkungen der Beihilfe auf Handel und Wettbewerb unerheblich, solange die GAV auf dem Abfallmarkt mit gewinnorientierten Unternehmen konkurriert. Das Argument, die Beihilfe gleiche lediglich Mehrkosten aus, hat keinen Einfluß auf den Beihilfecharakter, sollte allerdings berücksichtigt werden, wenn geprüft wird, ob die Beihilfe für eine der in Artikel 92 Absatz 3 EG-Vertrag vorgesehenen Ausnahmeregelungen in Betracht kommt.

Weder der Investitionszuschuß von 2,7 Mio. DEM noch die jährlichen Zuschüsse, die die GAV von 1992 bis 1994 erhalten hat, wurden gemäß Artikel 93 Absatz 3 EG-Vertrag vorab notifiziert, obwohl ihnen keine genehmigten Beihilferegelungen zugrunde lagen. Die Beihilfen wurden folglich unrechtmäßig gewährt.

Sowohl der Investitionszuschuß als auch die jährlichen Zuschüsse könnten allerdings für eine der Ausnahmen nach Artikel 92 EG-Vertrag bzw. Artikel 61 EWR-Abkommen in Betracht kommen.

Die in Artikel 92 Absatz 2 EG-Vertrag genannten Ausnahmebestimmungen sind jedoch im vorliegenden Fall angesichts der Merkmale der Beihilfen und der Tatsache, daß sie die Voraussetzungen für die Anwendung dieser Ausnahmebestimmungen nicht erfuellen, nicht anwendbar.

Außerdem ist darauf hinzuweisen, daß die Stadt Aachen nicht in einem nach Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe a) oder c) EG-Vertrag für Regionalbeihilfen in Betracht kommenden Gebiet liegt.

Jedoch, unter Berücksichtigung sowohl des sozialen Aspektes der jährlichen Zuschüsse, die gezahlt wurden, um der GAV die Einstellung und Schulung der benachteiligten Personen zu ermöglichen, als auch der Bedeutung der neuen Halle - errichtet im Rahmen der Umsetzung eines Umstrukturierungsplanes - für die Fortführung der sozialen Aktivitäten der GAV und der Tatsache, daß die Beihilfen nicht zu marktaggressivem Verhalten mißbraucht wurden, gelangt die Kommission zu der Schlußfolgerung, daß die Handelsbedingungen nicht in einer Weise beeinträchtigt werden, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft. Aus diesen Gründen und unterstützt durch die nachfolgenden Erwägungen in Verbindung mit den gemeinschaftlichen Leitlinien für Beschäftigungsbeihilfen (3) und den gemeinschaftlichen Leitlinien für die Beurteilung von staatlichen Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten (4) gelangt die Kommission zu dem Ergebnis, daß die Beihilfen unter die Ausnahmeregelung des Artikels 92 Absatz 3 Buchstabe c) EG-Vertrag fallen und als Beihilfen zur Förderung der Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige genehmigt werden können.

Die jährlichen Zuschüsse von insgesamt 0, 48 Mio. DEM (Zahlungen inzwischen eingestellt)

Hier ist zu berücksichtigen, daß die GAV als Unternehmen des Abfallrecycling-Sektors zwar mit anderen Unternehmen im Wettbewerb steht, ihre Aufgaben aber über diese wirtschaftlichen Tätigkeiten hinausgehen. So ist das Unternehmen verpflichtet, behinderte Personen und Langzeitarbeitslose auf befristeter Grundlage einzustellen und sie zu schulen. Dies bedeutet für die betreffenden Personen einen doppelten Vorteil. Erstens finden sie zumindest für einen gewissen Zeitraum Arbeit, und zweitens kann die besondere Schulung durch die GAV ihre Aussichten erhöhen, eine Beschäftigung auf dem "normalen" Arbeitsmarkt zu finden, von dem sie sonst möglicherweise für immer ausgeschlossen gewesen wären. Daher steht die Tätigkeit der GAV im Einklang mit den Empfehlungen des Europäischen Rates von Cannes, in denen eine Verstärkung der Maßnahmen zur Förderung der Beschäftigung benachteiligter Gruppen wie Langzeitarbeitslose, junge Leute und ältere Arbeitnehmer als vorrangiges Ziel definiert wurde.

Darüber hinaus stehen die Aktivitäten der GAV auch nicht in Widerspruch zu den gemeinschaftlichen Leitlinien für Beschäftigungsbeihilfen, in deren Nummer 13 ausdrücklich festgestellt ist, "daß die Kommission Beschäftigungsbeihilfen stets befürwortet, insbesondere wenn durch diese Beihilfen Unternehmen zur Schaffung von Arbeitsplätzen oder zur Einstellung von Personen mit besonderen Eingliederungsschwierigkeiten in den Arbeitsmarkt angeregt werden sollen". Die jährlichen Zuschüsse, die die GAV von 1992 bis 1994 erhalten hat, sollten sie tatsächlich dazu anspornen, benachteiligte statt "normale" Arbeitssuchende einzustellen; da sie jedoch aufgrund ihrer Statuten ohnehin verpflichtet ist, solche Personen zu beschäftigen, ist die obengenannte Bestimmung möglicherweise nicht auf die jährlichen Zuschüsse anwendbar. Außerdem tragen die jährlichen Zuschüsse nicht unmittelbar zur Schaffung von Dauerarbeitsplätzen für diese Personen bei. Wie Nummer 21 der Leitlinien jedoch zu entnehmen ist, ist im Falle der Beschäftigung von Benachteiligten das Erfordernis einer Dauerbeschäftigung und einer Nettostellenvermehrung nicht erforderlich, wenn die zeitweise Einstellung - wie im Falle der GAV - freiwillig beendet wird; der Hauptgrund für die Regelung in Nummer 13 besteht darin, zu verhindern, daß ein Unternehmen regelmäßig Benachteiligte auf Basis von Zeitarbeitsverträgen einstellt, diese dann entläßt, wenn der Zeitarbeitsvertrag ausgelaufen ist und dann neue benachteiligte Personen mit Hilfe weiterer Beihilfen und erneut zeitlich befristet einstellt. Ein solches Verhalten wäre ein klarer Mißbrauch von Beschäftigungsbeihilfen und hätte, anstelle der Wirkung der Schaffung von Arbeitsplätzen für benachteiligte Personen, einzig die Wirkung von Betriebsbeihilfen zugunsten des fraglichen Unternehmens. Wie bereits ausgeführt, ist bezüglich der Aktivitäten der GAV bereits durch ihre Zielsetzung, zur Überwindung der Beschäftigungsprobleme benachteiligter Personen (tatsächlich wurden auch 440 Personen zwischen 1987 und 1995 eingestellt und weitergebildet) beizutragen, ausgeschlossen, daß ein derartiges Risiko besteht. Die Aktivitäten der GAV können daher sehr wohl als mit den gemeinschaftlichen Leitlinien für Beschäftigungsbeihilfen vereinbar angesehen werden.

Zudem gibt es keinerlei Anzeichen dafür, daß die GAV die Beihilfen mißbrauchen könnte, um die Preise zu unterbieten. Die deutschen Behörden haben eindeutig nachgewiesen, daß ein solches Verhalten dank des Verfahrens zur Kontrolle der Tätigkeiten der GAV ausgeschlossen ist. Der Vertrag zwischen der Stadt Aachen und der GAV sieht die Überwachung der Verwendung der Beihilfen durch das Jugendamt, einen unabhängigen Berater und das Rechnungsprüfungsamt vor. Die von Deutschland vorgelegten Unterlagen beweisen, daß diese Kontrollen tatsächlich stattfinden.

Außerdem zeigt der von einem unabhängigen Berater im November 1994 ausgearbeitete Bericht, daß die Höhe der jährlichen Zuschüsse nicht nur begrenzt war, sondern auch von Jahr zu Jahr soweit abnahm, daß die wirtschaftlichen Nachteile, die der GAV aus ihrer besonderen sozialen Aufgabe entstanden, sogar um 124 000 DEM höher lagen als die öffentlichen Mittel, die sie als Ausgleich dafür erhalten hatte. Im übrigen ging aus den beiden der Kommission vorliegenden Berichten unabhängiger Berater von November 1994 und März 1996 eindeutig hervor, daß die Preise der GAV nicht unter den Marktdurchschnittspreisen lagen, sondern diese in den meisten Fällen sogar überschritten.

Angesichts der sozialen Auswirkungen der Beihilfen, die GAV in die Lage versetzen sollten, ihre besonderen sozialen Aufgaben zu erfuellen, und der Tatsache, daß diese Beihilfen andererseits nicht für ein aggressives Marktverhalten mißbraucht worden sind, kann davon ausgegangen werden, daß die Handelsbedingungen nicht in einer dem gemeinsamen Interesse zuwiderlaufenden Weise beeinträchtigt werden und daß die Ausnahmebestimmung des Artikels 92 Absatz 3 Buchstabe c) EG-Vertrag auf die jährlichen Zuschüsse angewandt werden kann.

Der Investitionszuschuß

Zu dem 1992 für den Bau einer neuen Gewerbehalle gewährten Investitionszuschuß von 2,7 Mio. DEM ist zunächst zu sagen, daß er nicht unmittelbar für einen Ausgleich der sozialen Mehrkosten bestimmt war, die der GAV aus ihrer besonderen Aufgabe der Beschäftigung und Schulung benachteiligter Personen entstehen.

Im Rahmen des Verfahrens nach Artikel 93 Absatz 2 erwies sich jedoch, daß es für die Gewährung des Zuschusses eine ganze Reihe von Gründen gibt, unter denen die erfolgreiche Umsetzung des Beschlusses der Stadt Aachen, zur Rückführung der jährlichen Defizite der GAV diese in das neue Abfallbeseitigungssystem der Stadt zu integrieren und es ihr damit zu ermöglichen, ihre sozialen Tätigkeiten auch weiterhin durchzuführen. Der Investitionszuschuß könnte daher unter der Ausnahmeregelung des Artikels 92 Absatz 3 Buchstabe c) EG-Vertrag in Verbindung mit den "gemeinschaftlichen Leitlinien für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten" genehmigt werden; allerdings unter der Voraussetzung, daß die Bedingungen dieser Leitlinien im Falle der GAV erfuellt sind.

Im Jahre 1992 konnte die GAV sicherlich als Unternehmen in Schwierigkeiten im Sinne der Leitlinien angesehen werden, da sie zu diesem Zeitpunkt überschuldet war und unter normalen Bedingungen Konkurs hätte anmelden müssen. So lag ihr Verlustvortrag laut der Bilanz von 1992 um 20 000 DEM höher als ihr Eigenkapital und sie hatte keine anderen Vermögenswerte als Sicherheiten zu bieten. In solch einer Situation hätte keine private Bank der GAV einen Kredit gewährt, der es ihr ermöglicht hätte, den Bau der Halle zu finanzieren, und sie somit in die Lage versetzt hätte, ihre sozialen Tätigkeiten, bestehend aus Beschäftigung und Weiterbildung von benachteiligten Personen, fortzuführen.

Der Bau der neuen Halle war dagegen zwingend erforderlich, um die GAV in das DSD zu integrieren; ein Konzept, das von einem unabhängigen Berater vorgeschlagen und von der Stadt Aachen gebilligt worden war, um die enormen Defizite zurückzuführen, die das Unternehmen angehäuft hatte, als es noch ausschließlich im Bereich der kommunalen Abfallbeseitigung der Stadt Aachen tätig war.

Die konsolidierten Jahresabschlüsse, die der Kommission vorgelegt wurden, zeigen, daß das Ziel der Reduzierung der Defizite und der damit verbundenen Verbesserung der Viabilität der GAV verwirklicht werden konnte. Der Verlustvortrag des Unternehmens, der 1992 noch 370 000 DEM betragen hatte, konnte dank bescheidener jährlicher Profite auf 42 400 DEM zurückgeführt werden.

Darüber hinaus wurde es im Laufe des Verfahrens nach Artikel 93 Absatz 2 klar, daß die finanzielle Unterstützung des Baus der neuen Gewerbehalle durch die öffentliche Hand eine "conditio sine qua non" für die Umsetzung des neuen Ansatzes zur Eingliederung des Unternehmens in das Abfallbeseitigungssystem der Stadt Aachen und damit für die Fortführung seiner sozialen Aktivitäten war.

So war die alte Sortierhalle lediglich gemietet und der Mietvertrag vom Eigentümer gekündigt worden. Folglich hätte die GAV ihre Tätigkeiten einstellen müssen, wenn die neue Halle nicht gebaut worden wäre.

Ferner haben die deutschen Behörden nachgewiesen, daß der Bau der neuen Gewerbehalle notwendig war, um die Tätigkeiten der GAV mit den deutschen Umweltschutzvorschriften - insbesondere über Luft- und Wasserverschmutzung sowie Lärmvermeidung - in Einklang zu bringen. Da die Produktion in der alten Halle den Anforderungen dieser Vorschriften nicht genügte, waren die Verwaltungsentscheidungen, mit denen der GAV die Ausübung ihrer Tätigkeiten in der alten Halle gestattet wurde, nur vorläufig und befristet. Die mit der neuen Halle erreichten Standards gehen sogar über die in den Vorschriften festgelegten Normen hinaus.

Außerdem geht aus der Verwaltungsentscheidung des Regierungspräsidenten Köln klar hervor, daß eine enge Verbindung zwischen der Gewährung des Investitionszuschusses und der sozialen Aktivitäten der GAV bestand; denn die Gewährung des Investitionszuschusses war mit der Auflage verbunden, daß die GAV mindestens 25 Jahre lang weiterhin benachteiligte Personen beschäftigt. Andernfalls muß sie den Zuschuß zurückzahlen.

Ferner ist die GAV hinsichtlich Bilanz, Umsatz und der zwischen 40 und 60 schwankenden Beschäftigtenzahl einem kleinen Unternehmen im Sinne des Gemeinschaftsrahmens für Beihilfen an kleine und mittlere Unternehmen sehr ähnlich. Im übrigen betrug der Anteil der GAV am deutschen Markt für wiederverwertbaren Abfall 1993 nur 0,004 % und am Gesamtmarkt der Gemeinschaft folglich deutlich weniger.

Zudem sollte nicht vergessen werden, daß die GAV selbst wesentlich zum Bau der Halle und damit zur Umstrukturierung ihrer Tätigkeiten beigetragen hat, indem sie 1,3 Mio. DEM aus eigenen Mitteln für die Investition von insgesamt 4 Mio. DEM bereitstellte.

Schließlich ist noch einmal festzuhalten, daß die deutschen Behörden nachgewiesen haben, daß die GAV sich nicht aggressiv am Markt verhalten hat und somit die Beihilfe, die sie erhalten hatte, nicht zu diesen Zwecken mißbraucht hat.

Angesichts dieser Argumente und insbesondere der Bedeutung der neuen Halle für die Fortsetzung der sozialen Aufgaben der GAV kann davon ausgegangen werden, daß die Handelsbedingungen nicht in einer dem gemeinsamen Interesse zuwiderlaufenden Weise beeinträchtigt werden und daß die Ausnahmebestimmung des Artikels 92 Absatz 3 Buchstabe c) EG-Vertrag in Verbindung mit den gemeinschaftlichen Leitlinien über Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten auf den Investitionszuschuß des Regierungspräsidenten Köln angewandt werden kann.

VI

Da die GAV nur über einen begrenzten Marktanteil verfügt, nachweislich kein aggressives Marktverhalten an den Tag gelegt hat und die obengenannten Argumente für die Beihilfen die Nachteile für den Gemeinsamen Markt aufwiegen, können die Beihilfen an die GAV genehmigt werden. Darüber hinaus würde die Kommission mit einer ablehnenden Entscheidung ein Zeichen wider ihre eigene Politik der Förderung von Beschäftigungsmöglichkeiten für benachteiligte Personen setzen. Die Genehmigung der Beihilfe muß jedoch an die Bedingung geknüpft werden, daß Deutschland auch weiterhin die geeigneten Maßnahmen zur Kontrolle des Marktverhaltens der GAV und insbesondere ihrer Preispolitik durchführt -

HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Die jährlichen Zuschüsse von insgesamt 0,48 Mio. DEM im Zeitraum 1992 bis 1994 und der Investitionszuschuß von 2,7 Mio. DEM, die dem Unternehmen Gemeinnützige Abfallverwertung GmbH (GAV) von der Stadt Aachen bzw. vom Regierungspräsidenten Köln gewährt wurden, sind unrechtmäßige Beihilfen im Sinne von Artikel 93 Absatz 3 EG-Vertrag, da sie der Kommission nicht vorab notifiziert wurden.

Die in Absatz 1 genannten Beihilfen sind unter der Bedingung mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar, daß Deutschland auch weiterhin die geeigneten Maßnahmen zur Kontrolle des Marktverhaltens der GAV und insbesondere ihrer Preispolitik durchführt, daß sie auf die Förderung der Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige abzielen, ohne die Handelsbedingungen in einer dem gemeinsamen Interesse zuwiderlaufenden Weise zu beeinträchtigen.

Artikel 2

Deutschland unterrichtet die Kommission innerhalb von zwei Monaten nach Mitteilung dieser Entscheidung von den Maßnahmen, die getroffen wurden, um ihr nachzukommen.

Artikel 3

Diese Entscheidung ist an die Bundesrepublik Deutschland gerichtet.

Brüssel, den 16. September 1997

Für die Kommission

Karel VAN MIERT

Mitglied der Kommission

(1) ABl. C 144 vom 16. 5. 1996, S. 9.

(2) ABl. C 47 vom 18. 2. 1993, S. 14.

(3) ABl. C 334 vom 12. 12. 1995, S. 4.

(4) ABl. C 368 vom 23. 12. 1994, S. 12.

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