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Document 52017JC0021

GEMEINSAME MITTEILUNG AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT Ein strategisches Konzept für Resilienz im Rahmen des auswärtigen Handelns der EU

JOIN/2017/021 final

Brüssel, den 7.6.2017

JOIN(2017) 21 final

GEMEINSAME MITTEILUNG AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT

Ein strategisches Konzept für Resilienz im Rahmen des auswärtigen Handelns der EU

{SWD(2017) 226 final}
{SWD(2017) 227 final}


1.    Einleitung

Die EU und ihre Mitgliedstaaten haben einen soliden politischen Rahmen für das auswärtige Handeln der Union eingeführt, der in Artikel 21 des Vertrags und in der Globalen Strategie für die Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union 1 (im Folgenden „Globale Strategie der EU“) verankert ist und im Zusammenhang mit den Verpflichtungen steht, die sie auf globaler und regionaler Ebene eingegangen sind. Die Herausforderung besteht nun darin, vor dem Hintergrund eines stärker vernetzten, umstritteneren und komplexeren globalen Umfelds für anhaltende Fortschritte bei der Umsetzung der von der EU verfolgten Agenda für den Wandel zu sorgen. Der Globalen Strategie der EU zufolge ist die Stärkung der staatlichen und der gesellschaftlichen Resilienz ein Element für die Bewältigung dieser Herausforderung.

In dieser Gemeinsamen Mitteilung soll aufgezeigt werden, wie ein strategisches Konzept für Resilienz die Wirkung des auswärtigen Handelns der EU steigern und für anhaltende Fortschritte bei der Verwirklichung der politischen Ziele der EU in den Bereichen Entwicklung, humanitäre Maßnahmen sowie Außen- und Sicherheitspolitik sorgen kann, und dies vor dem Hintergrund der in der Globalen Strategie der EU beschriebenen stärker veränderlichen Szenerie der globalen Herausforderungen und Risiken. In der Mitteilung wird das Erfordernis anerkannt, von der Kriseneindämmung zu einem eher strukturell ausgerichteten, langfristigen und nicht-linearen Ansatz für Vulnerabilität überzugehen, wobei ein besonderer Schwerpunkt auf der Antizipation, Prävention und Vorsorge liegen soll.

Es wird argumentiert, dass angesichts des sich rasch wandelnden Umfelds ein politisches Konzept erforderlich ist, untermauert durch eine kohärente Mobilisierung des politischen Dialogs, der diplomatischen Ressourcen der Union und ihrer Mitgliedstaaten, der EU-Unterstützung und des sektoralen Politikdialogs sowie bilateraler Initiativen. Außerdem wird die Einführung von Grundsätzen und Arbeitsmethoden vorgeschlagen, die für die Umsetzung des Konzepts erforderlich sind. Die Mitteilung baut auf den Erfahrungen bei der Umsetzung der Mitteilung der Kommission über Resilienz aus dem Jahr 2012 2 auf, die nach wie vor als Richtschnur für die Arbeiten der EU dient, sowie auf den Erfahrungen der EU bei der Förderung der Resilienz vor dem Hintergrund komplexer interner politischer Herausforderungen.

In der vorliegenden gemeinsamen Mitteilung wird auch anerkannt, dass die EU nicht unbeeinflusst von den Belastungen bleibt, von denen ihre externen Partner betroffen sind, und dass die Außenpolitik der EU einen Beitrag zur Stärkung der Resilienz innerhalb der Union selbst leisten kann. Daher wird vorgeschlagen, dass geeignete Verbindungen zwischen der internen und der externen Politik geschaffen werden, insbesondere im Zusammenhang mit der Europäischen Sicherheitsagenda.

2.    Ein strategisches Konzept für Resilienz im Rahmen des auswärtigen Handelns der EU

Ein ehrgeiziger politischer Rahmen: In den letzten Jahren hat die EU intensive Bemühungen unternommen, um ihren außenpolitischen Rahmen angesichts des sich wandelnden globalen Umfelds umzugestalten. Dieser neue Rahmen umfasst multilaterale Ziele wie die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung, das Pariser Klimaschutzabkommen und den Sendai-Rahmen für Katastrophenvorsorge, Handlungsverpflichtungen, die auf dem Weltgipfel für humanitäre Hilfe eingegangen wurden, die EU-eigenen umfassenden Überprüfungen der Europäischen Nachbarschaftspolitik, ihrer Beziehungen zu den Ländern in Afrika, im karibischen Raum und im Pazifischen Ozean und des Europäischen Konsenses über die Entwicklungspolitik sowie die Festlegung neuer Zielvorgaben für die Sicherheits- und Verteidigungspolitik der EU. In der Erklärung von Rom wurde die Zusage der EU, eine größere Rolle auf der Weltbühne zu übernehmen, erneut bekräftigt.

Eine stärker veränderliche Szenerie der globalen Herausforderungen und Risiken: Die EU wird diese Agenda vor dem Hintergrund einer internationalen Realität vorantreiben, in der es zu immer rascheren Veränderungen und immer heftigeren Belastungen für Staaten, Gesellschaften, Gemeinschaften und Einzelpersonen kommt. Diese Belastungen, die von dem beispiellosen Tempo der Globalisierung geprägt sind, reichen von demografischen, durch den Klimawandel bedingten, ökologischen und migrationsbezogenen Herausforderungen, die von einzelnen Staaten nicht mehr bewältigt werden können, bis hin zu wirtschaftlichen Schocks, zur Aushöhlung des gesellschaftlichen Zusammenhalts aufgrund schwacher Institutionen und unzulänglicher Regierungsführung, zu Konflikten und gewalttätigem Extremismus und zu Akten externer Mächte, die vermeintliche Gegner destabilisieren wollen. Die Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten ist ständig bedroht. Auch der Bedarf an humanitärer Hilfe und Entwicklung ist enorm.

Weiter verstärkt werden die Auswirkungen dieser Belastungen durch die chronische Vulnerabilität und Fragilität in der erweiterten Nachbarschaft Europas, die außerdem die Entwicklung ganzer Regionen behindern und möglicherweise auch über deren Grenzen hinaus Folgen haben können.

Förderung von Resilienz zur Sicherung anhaltender Fortschritte: In der Mitteilung der Kommission von 2012 über das EU-Konzept für Resilienz wird letztere definiert als „die Fähigkeit eines Individuums, eines Haushalts, einer Gemeinschaft, eines Landes oder einer Region, Belastungen und Schocks [...] standzuhalten, sich diesen anzupassen und sich rasch wieder von ihnen zu erholen“. In der Globalen Strategie der EU wird das Konzept noch weiter ausgeführt. Demnach ist Resilienz ein „umfassenderer Ansatz, der alle Einzelpersonen und die Gesamtheit der Gesellschaft einbezieht“ und von „Demokratie, Vertrauen in die Institutionen und nachhaltiger Entwicklung“ sowie der Fähigkeit, Reformen durchzuführen, gekennzeichnet ist. Die Unterstützung der Resilienz auf allen Ebenen stellt auch einen integralen Bestandteil des neuen Europäischen Konsenses über die Entwicklungspolitik dar.

Das strategische Konzept der EU für Resilienz dient der Verwirklichung und Aufrechterhaltung der oben genannten ehrgeizigen Ziele für das auswärtige Handeln der EU, indem Folgendes gestärkt wird:

-    die Fähigkeit von Staaten, Gesellschaften, Gemeinschaften und Einzelpersonen zur Anpassung an politische, wirtschaftliche, ökologische, demografische oder gesellschaftliche Belastungen, um anhaltende Fortschritte bei der Verwirklichung nationaler Entwicklungsziele sicherzustellen;

-    die Fähigkeit eines Staates – trotz erheblicher Belastungen – seine Kernfunktionen und ein Mindestmaß an sozialem und politischem Zusammenhalt (wieder-)herzustellen und aufrechtzuerhalten und dabei zu gewährleisten, dass die Grundsätze der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit sowie der Menschen- und Grundrechte geachtet und dass langfristig Sicherheit und Fortschritte für alle gefördert werden;

-    die Fähigkeit von Gesellschaften, Gemeinschaften und Einzelpersonen, mit Chancen und Risiken auf friedliche und stabile Weise umzugehen und Existenzgrundlagen trotz großer Belastungen (wieder-)aufzubauen und aufrechtzuerhalten.

In den zehn Leitgedanken im Anhang werden einige der wichtigsten methodischen Erkenntnisse genannt, die die Gestaltung dieser Arbeiten prägen werden.

3.    Umsetzung eines strategischen Konzepts für Resilienz

Bei den Arbeiten werden die drei folgenden, miteinander verknüpften Ziele verfolgt:

-    Ausbau des Beitrags, den das auswärtige Handeln der EU zur Stärkung der Resilienz der Partnerländer und ihrer Bürgerinnen und Bürger leisten kann, und gleichzeitige Konsolidierung und Umsetzung bestehender Verpflichtungen auf dem Gebiet der Resilienz;

-    Bereicherung des sektorbezogenen Politikdialogs mit den Partnerländern durch Nutzung der Erfahrungen der EU bei der Förderung der Resilienz im Rahmen ihrer internen Politik sowie ihrer Forschungsbasis;

-    Gewährleistung eines wirksamen Beitrags des auswärtigen Handelns der EU zur Resilienz innerhalb der Union.

Bei diesen Arbeiten wird sich die EU auf ihre Grundsätze in den Bereichen Demokratie sowie Menschen- und Grundrechte stützen.

3.1    Ausbau des Beitrags, den das auswärtige Handeln der EU zur Stärkung der staatlichen, gesellschaftlichen und gemeinschaftlichen Resilienz in den Partnerländern leisten kann

Die EU wird den Aktionsplan für Resilienz für den Zeitraum 2013–2020 weiter umsetzen, der sich auf die Schlussfolgerungen des Rates von 2013 zum EU-Konzept für Resilienz stützt. Allerdings wird das EU-Konzept für Resilienz ausgeweitet, um die Resilienz von Staaten, Gesellschaften und Gemeinschaften einzubeziehen, wie im neuen Europäischen Konsens über die Entwicklungspolitik angeregt. Bei dem Konzept wird ein größerer Schwerpunkt auf der Bekämpfung anhaltender Krisen, der Risiken gewaltsamer Konflikte und sonstiger struktureller Belastungen wie Umweltzerstörung, Klimawandel, Migration und Vertreibung liegen.

Das Konzept wird auf die Verpflichtungen, die die EU im Rahmen der Agenda 2030 eingegangen ist, insbesondere die Verpflichtung, „niemanden zurückzulassen“, abgestimmt sowie auf die Zusage im Rahmen des Ziels 16 für nachhaltige Entwicklung, „friedliche und inklusive Gesellschaften im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung zu fördern, allen Menschen Zugang zur Justiz zu ermöglichen und effektive, rechenschaftspflichtige und inklusive Institutionen auf allen Ebenen aufzubauen“.

Resilienz und inklusive und partizipative Gesellschaften

Es gibt eindrucksvolle Nachweise für den Zusammenhang zwischen inklusiven und partizipativen Gesellschaften mit rechenschaftspflichtigen, transparenten und demokratischen Institutionen einerseits und einer nachhaltigen Entwicklung und der Verhütung gewaltsamer Konflikte andererseits. Umgekehrt stellen Defizite in den Bereichen Regierungsführung, Demokratie, Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit, Geschlechtergleichstellung und Korruption oder unzureichende Möglichkeiten für eine Beteiligung der Öffentlichkeit und der Zivilgesellschaft grundlegende Herausforderungen für die Wirksamkeit der Entwicklungsbemühungen jeglicher Gesellschaft dar. Die Qualität der Regierungsführung und der öffentlichen Verwaltung entscheidet über die Leistungsfähigkeit eines Landes in allen Bereichen seiner Politik und somit über die Schaffung von wirtschaftlichem Wohlstand, sozialem und territorialem Zusammenhalt sowie nachhaltigem Wachstum. Resiliente Gesellschaften werden durch eine nachhaltige und ausgewogene sozioökonomische Entwicklung unterstützt, mit deren Hilfe sozioökonomische Ungleichheiten und Schwachstellen sowie deren Ursachen antizipiert und bekämpft werden. Diese Erkenntnis steht im Mittelpunkt des Konzepts der EU für staatliche und gesellschaftliche Resilienz.

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Die EU sollte:

-    interne Bemühungen weiter unterstützen, die auf die Bedürfnisse und Gegebenheiten der jeweiligen Gesellschaft zugeschnitten sind, um nachhaltige demokratische Staaten, rechenschaftspflichtige und transparente Institutionen aufzubauen, den Sicherheitssektor zu reformieren, die Rechtsstaatlichkeit zu stärken sowie ein breit angelegtes inklusives Wachstum und eine ebensolche Beschäftigung, eine partizipative Entscheidungsfindung und den Zugang der Öffentlichkeit zu Informationen zu fördern. Der Beteiligung lokaler Verwaltungen, Gemeinschaften und zivilgesellschaftlicher Akteure wird besondere Aufmerksamkeit gewidmet.

Resilienz in der Praxis – Stärkung der Resilienz in einer Postkonfliktsituation:
Beispiel Nigeria

Die Bewältigung von Vulnerabilität und Fragilität in Afrika ist eine globale Priorität, die kollektive Maßnahmen aller Akteure erfordert, um die miteinander verknüpften Herausforderungen Armut, Ungleichheit, Konflikte, gewaltsamer Extremismus und Bedrohungen durch den Klimawandel anzugehen. Die anhaltende Krise in der Region hat auch erhebliche Auswirkungen auf die EU.

Die Reaktion der EU auf die Krise im Norden Nigerias ist ein Beispiel für ein gemeinsames Resilienz-Konzept auf der Grundlage einer gemeinsamen Analyse (mit der Weltbank und den Vereinten Nationen) und einer gemeinsamen strategischen Planung. Ein umfangreiches Hilfepaket zielt auf die Verbesserung der Resilienz der vom Konflikt betroffenen Menschen und auf die Einleitung des Wiederaufbaus im Nordosten Nigerias ab. Es baut auf den Soforthilfemaßnahmen auf, um schrittweise zu Wiederaufbau und Rehabilitation überzugehen, wobei sowohl humanitäre Hilfe als auch Entwicklungsgelder genutzt werden.

Resilienz in der Praxis – Resilienz und Unterstützung für unsere Partner bei den fünf Leitprinzipien der EU für Russland

Die interne Resilienz der Union ist eine wesentliche Erwägung bei ihrer Außenpolitik gegenüber Russland. In den fünf Leitprinzipien, die der Rat „Auswärtige Angelegenheiten“ im März 2016 vereinbarte, wird die Notwendigkeit einer Stärkung der Zusammenarbeit der EU mit ihrer Nachbarschaft, die sich bis nach Zentralasien erstreckt, anerkannt. Darüber hinaus wird darin das Erfordernis genannt, die Resilienz der EU, insbesondere im Hinblick auf die Energieversorgungssicherheit, hybride Bedrohungen und strategische Kommunikation, zu stärken. Damit soll sichergestellt werden, dass sowohl die Union als auch ihre benachbarten Partnerländer weiterhin frei ihre eigenen politischen, diplomatischen und wirtschaftlichen Entscheidungen treffen können, indem der Spielraum für Druck oder Nötigung von außen verringert wird.

Wirtschaftliche Resilienz

Die wirtschaftliche Resilienz ist ein zentraler Faktor für die Gesamtresilienz eines Landes und eng mit den anderen Facetten der Resilienz verbunden. Die Stärkung der wirtschaftlichen Resilienz setzt u. a. eine solide makroökonomische Politik voraus. Sie erfordert auch die Berücksichtigung anderer Faktoren, darunter die Gewährleistung einer angemessenen Finanzierung der Infrastrukturen zwecks Erbringung unentbehrlicher öffentlicher Dienstleistungen, die Sicherstellung einer stärker diversifizierten Wirtschaft mit einer effizienten und sicheren Energieversorgung sowie eine finanzielle Notfallplanung und Maßnahmen zur Gewährleistung der Kontinuität der Geschäftstätigkeit und zum Schutz der grundlegenden Dienstleistungen und Einrichtungen im Fall von Schocks.

Wenngleich makroökonomische Stabilität wesentlich für die soziale Entwicklung ist, kann die Politik zur makroökonomischen Stabilisierung und Anpassung mit Kosten verbunden sein. Durch den entsprechenden Druck werden möglicherweise bestehende Ungleichheiten und gesellschaftliche Spannungen noch verstärkt, vor allem, wenn die Schwächsten der Gesellschaft betroffen sind. Es müssen Maßnahmen zur Abmilderung dieser Folgen konzipiert werden. Die Modernisierung der Statistik- und Prognosekapazitäten ist Voraussetzung für die Verbesserung der Politikgestaltung und -überwachung.

Wirtschaftliche Resilienz erfordert auch die Schaffung der Voraussetzungen für ein nachhaltiges und inklusives Wachstum und ebensolche Investitionen und Finanzierungen. Dies beginnt mit einer diversifizierten Wirtschaft, die nicht übermäßig abhängig von einzelnen Sektoren oder Unternehmen ist und günstige Rahmenbedingungen für neue Unternehmen und das Wachstum von KMU bietet. Die Förderung der Kreislaufwirtschaft, die die Ressourcenabhängigkeit verringert, kann ebenfalls zur Verwirklichung dieses Ziels beitragen. Werden darüber hinaus Arbeitnehmer mit den notwendigen Fähigkeiten ausgestattet und erhalten Zugang zu Ausbildungen, so hilft ihnen dies bei der Anpassung an den strukturellen Wandel.

Investitionen ausländischer Unternehmen können die Länder dabei unterstützen, ihre Wirtschaft zu verbessern, doch dies muss mit Anreizen für multinationale Unternehmen einhergehen, die Achtung der Menschenrechte, einschließlich der Arbeitnehmerrechte, sicherzustellen.

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Die EU sollte:

-    die Partnerländer bei der Entwicklung wirtschaftlicher Resilienz unterstützen, untermauert durch makroökonomische Stabilität und flankiert durch Maßnahmen, die auf die Förderung des inklusiven Wachstums und auf die Eindämmung möglicher vorübergehender negativer Auswirkungen auf bestimmte gesellschaftliche Gruppen abzielen, und besonderes Augenmerk auf die Entwicklung von Kompetenzen, die Schaffung menschenwürdiger Arbeitsplätze, den sozialen Schutz und das wirtschaftliche Empowerment der in diesem Kontext benachteiligten Gruppen richten;

-    gemeinsam mit der Europäischen Investitionsbank, anderen internationalen Finanzinstitutionen (IFI), Wirtschaftsverbänden und Sozialpartnern an der Stärkung der Investitionsrahmen für wirtschaftliche und soziale Stabilität arbeiten, unterstützt durch eine inklusive wirtschaftliche Entwicklung und Arbeitsplatzschaffung sowie durch die Förderung der Geschäftstätigkeit und des Zugangs zu Finanzierungen. Darüber hinaus sollte sie die vorgeschlagene Investitionsoffensive für Drittländer bei der Umsetzung dieser Agenda voll ausschöpfen.

Stärkerer Fokus auf dem durch langanhaltende Krisen entstandenen Bedarf

Aufgrund von Vertreibungen im Zusammenhang mit gewaltsamen Konflikten besteht derzeit ein humanitärer Bedarf nie da gewesenen Ausmaßes. Ganze Regionen sind in einem Stadium anhaltender Krisen und Fragilität gefangen, wobei die Auswirkungen von wiederkehrenden Naturkatastrophen, Umweltzerstörung und Konflikten sich überlappen und gegenseitig verstärken. Derzeit leben 22  % der Weltbevölkerung, das sind 1,6 Milliarden Menschen 3 , in fragilen Situationen und diese Zahl wird bis 2030 voraussichtlich weiter steigen 4 . Zusätzlich zu der wachsenden Zahl von Menschen mit akuten humanitären Bedürfnissen gibt es auch Menschen, die über längere Zeit betroffen sind. Die durchschnittliche Dauer von Flucht- und Vertreibungssituationen liegt derzeit bei 17 Jahren. Zwei Drittel der internationalen humanitären Hilfe fließen infolge anhaltender Krisen oder wiederkehrender Katastrophen in derselben Region inzwischen an Langzeitempfänger.

Die herkömmliche lineare Arbeitsteilung zwischen der humanitären Hilfe und der Entwicklungszusammenarbeit hat sich angesichts dieser neuen Realität gewandelt. Strukturelle Fragilität, die sowohl kurz- als auch langfristige sozioökonomische und politische Auswirkungen hat, muss effektiver angegangen werden, um den Kreislauf immer wiederkehrender Notsituationen zu durchbrechen. Das derzeitige Krisenbewältigungsmodell der EU muss besser auf eine Realität abgestimmt werden, in der aufgrund von Armut, Bevölkerungswachstum, Klimawandel, rascher Urbanisierung, Wettbewerb um begrenzte Ressourcen, Konflikten und gewaltsamem Extremismus ganze Regionen in die Instabilität geraten.

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Die EU sollte:

-    der engen Zusammenarbeit der politischen, humanitären und entwicklungspolitischen EU-Akteure im Bereich von anhaltenden Krisen und Fluchtsituationen Priorität einräumen und sie vertiefen, wobei die unterschiedlichen in den Verträgen festgelegten Mandate und die humanitären Grundsätze zu berücksichtigen sind;

-    die Regierungen durch den politischen Dialog ermutigen, mit Unterstützung der Entwicklungspartner mehr Verantwortung für chronische Vulnerabilität zu übernehmen und die lokalen Kapazitäten für das Risikomanagement und eine frühere lokale Reaktion auszubauen;

-    ihre Kapazitäten für diplomatisches Engagement, sektorpolitischen Dialog und die Programmierung von Hilfe in kohärenter Weise mithilfe einer verbesserten gemeinsamen Analyse aller Faktoren mobilisieren – einschließlich der sozialen, wirtschaftlichen, politischen und ökologischen Risiken, die die Anfälligkeit gegenüber bestehenden Gefahren verstärken.

Resilienz in der Praxis – Verständnis der geschlechtsspezifischen Dimension – ein Beispiel für die Politik zur Bewältigung von Konflikten und Katastrophen

Fallstudien zeigen, dass Klimaveränderungen, Naturkatastrophen und gewaltsame Konflikte die Geschlechter auf unterschiedliche Weise betreffen können. Diese Faktoren müssen besser verstanden und in jeder Resilienz-Analyse berücksichtigt werden.

In einigen Fällen können Katastrophen und Konflikte patriarchalische Gesellschaftsnormen, die den gleichberechtigten Zugang von Frauen und Mädchen zu Rechten und Ressourcen in unverhältnismäßiger Weise einschränken, noch verstärken oder auch eine Veränderung der Geschlechterrollen und -normen bewirken.

Frauen und Mädchen können außerdem eine aktive und wichtige Rolle spielen, indem sie zu gesellschaftlicher Resilienz beitragen, die wiederum friedensfördernd wirkt. Wird sichergestellt, dass Frauen und Mädchen gut informiert sind und sich aktiv an Friedenskonsolidierungs- und Wiederaufbaubemühungen beteiligen, so gewährleistet dies nicht nur die Berücksichtigung ihrer besonderen Bedürfnisse und Fähigkeiten, sondern kann auch Chancen für den sozialen Wandel schaffen, indem herkömmliche Geschlechterrollen und geschlechtsspezifische Diskriminierung infrage gestellt werden. Dies ist ein weiterer Faktor gesellschaftlicher Resilienz, der für geeignetere und nachhaltige Ergebnisse der von der EU unterstützten Arbeiten sorgen kann.

Der spezifische Beitrag von Frauen zur Stärkung der Resilienz gegenüber gewaltsamen Konflikten innerhalb der Gesellschaft muss ebenfalls in vollem Umfang anerkannt werden; dasselbe gilt für auch ihre Rolle bei der Einbeziehung der Gemeinschaften in die Verhütung und Beilegung von Konflikten und die Bekämpfung von Terrorismus und gewaltsamem Extremismus.

Resilienz und Verhütung gewaltsamer Konflikte

Ein Resilienz-Konzept für die Verhütung gewaltsamer Konflikte zielt darauf ab, die Interventionen zu verbessern, und zwar durch ein besseres Verständnis der Faktoren, die zu gewaltsamen Konflikten führen, und durch die Ermittlung von Kapazitäten innerhalb der Gesellschaften selbst, die verhindern können, dass bestimmte Gruppen in die Gewalt abdriften. Dadurch kann Friedensinitiativen Auftrieb verliehen und Unterstützung für lokale Konfliktbeilegungsmechanismen geboten werden, insbesondere in Ländern, wo der Staat bisweilen keine klare Rolle spielt, da er sowohl Quelle politischer Autorität als auch Quelle von Gewalt oder Zwang sein kann.

Ein solches Konzept bedeutet auch eine Erweiterung des Spektrums der infrage kommenden Reaktionsmaßnahmen, indem beispielsweise in nationalen Wiederaufbauprogrammen mehr Gewicht auf den Beitrag der Beschäftigungs- und Sozialpolitik zur gesellschaftlichen Resilienz gelegt wird, indem auf eine stärkere soziale Inklusion in den Governance-Regelungen für den Zugang zu natürlichen Ressourcen hingearbeitet wird und indem die geschlechtsspezifische Dimension gestärkt wird (siehe Kasten oben).

Darüber hinaus besteht noch Raum für die Ausweitung des Beitrags der Partnerschaften der EU im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) zur Stärkung der Resilienz im Einklang mit den Schlussfolgerungen des Rates vom Mai 2017 zu Sicherheit und Verteidigung. Dies könnte u. a. Schulungen und den Aufbau von Kapazitäten sowie Arbeiten im Rahmen der Initiative für den Kapazitätsaufbau zur Förderung von Sicherheit und Entwicklung umfassen.

All dies muss durch gemeinsame politische und diplomatische Arbeiten der EU und ihrer Mitgliedstaaten untermauert werden.

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Die EU sollte:

-    ihre Arbeiten zur Konfliktprävention und Friedenskonsolidierung stärken, indem sie einen Resilienzaspekt einführt, bei dem mehr Nachdruck auf eine vollständigere, gemeinsame Analyse, das Engagement auf Gemeinschafts- und Staatsebene sowie gegebenenfalls die Einführung des in der Globalen Strategie der EU dargelegten integrierten Ansatzes zur Bewältigung von Konflikten und Krisen gelegt wird;

-    in ihrer Konfliktbewertungsmethodik mehr Gewicht auf lokale Krisenbewältigungskapazitäten und auf die positiven Faktoren der Resilienz innerhalb einer Gemeinschaft legen, gemeinsam mit einer Analyse der Machtverhältnisse und des Drucks von außen, die zu einem gesellschaftlichen Zusammenbruch führen können; den Zusammenhang zwischen ökologischer Fragilität und Konfliktrisiken stärker berücksichtigen und Klima- und Umweltindikatoren systematisch in Konflikt-Frühwarnsysteme einbeziehen;

-    diese verbesserte Analyse nutzen, um zu den politischen Bemühungen der EU und ihrer Mitgliedstaaten um Konfliktprävention beizutragen und sie zu verstärken, und zwar durch politischen Dialog, kollektives diplomatisches Vorgehen und Zusammenarbeit mit Partnern wie den Vereinten Nationen.

Resilienz, Klimawandel und Umweltzerstörung

Klimawandel, Naturkatastrophen und Umweltzerstörung sind miteinander verknüpft und haben weitreichende Auswirkungen auf die Resilienz von Gemeinschaften und die lebenswichtigen ökologischen Systeme. Sie sind Ursache oder Mitursache zahlreicher Konflikte weltweit.

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Die EU sollte:

-    ihren Ansatz in Bezug auf diese Herausforderungen ausweiten und mehr Nachdruck auf den Schutz, die Wiederherstellung und die nachhaltige Bewirtschaftung der natürlichen Ressourcen und Ökosysteme sowie die Aufrechterhaltung der von ihnen erbrachten Leistungen legen; dies sollte parallel zu den laufenden Arbeiten zum Aufbau von Resilienz gegenüber extremen klimatischen Ereignissen wie Dürren, Hungersnöten und Überschwemmungen erfolgen 5 ;

-    bei der Bewertung von Vulnerabilität nicht nur auf die Intensität solcher Ereignisse, sondern auch auf ihre Häufigkeit und Wahrscheinlichkeit achten; langfristige Umweltbelastungen in ihre Bewertung und Reaktion einbeziehen, darunter die Entwaldung und die zunehmende Nachfrage nach Wasser, und die Auswirkungen von Naturkatastrophen und schleichenden Umweltveränderungen (Bodenverschlechterung, Ozeanübersäuerung, Anstieg des Meeresspiegels, Gletscherschmelze) antizipieren;

-    systematisch Umwelt-, Klima- und Katastrophenrisikobewertungen fordern, diese in Frühwarnsysteme einbeziehen, um die potenziellen Auswirkungen von plötzlichen Katastrophen oder schleichenden Veränderungen zu ermitteln und Präventiv- und/oder Anpassungsmaßnahmen für risikogerechte Investitions-, Entwicklungs- sowie Raumordnungs- und Städteplanungstätigkeiten festzulegen und ihnen Prioritäten zuzuweisen.

Die EU ist außerdem bestrebt, mit lokalen Behörden zusammenzuarbeiten, um die Resilienz in rasch wachsenden städtischen Gebieten zu fördern, wo ein Mangel an Planung und Investitionen in Maßnahmen zur Eindämmung der Folgen des Klimawandels und geophysikalischer Gefahren dazu führen können, dass die Bevölkerung erhebliche menschliche und wirtschaftliche Schäden erleidet, wenn Schocks und Belastungen auftreten. Ein Angehen der zugrunde liegenden Risikofaktoren durch risikogerechte öffentliche und private Investitionen hat sich als kosteneffizienter erwiesen als Abhilfemaßnahmen nach Katastrophen. In diesem Zusammenhang wird die EU auch weiterhin auf dem sektoralen Dialog über nachhaltige Urbanisierung mit den wichtigsten Partnern und Institutionen – einschließlich regionaler und lokaler Behörden – aufbauen, um ihre Resilienz und Innovationskapazität im Einklang mit den Zielen der Neuen Städteagenda zu stärken.

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Die EU sollte:

-    die Anwendung ökosystembasierter Ansätze für die Verringerung des Katastrophenrisikos fördern;

-    einen Risikotransfer durch Risikofinanzierungsmechanismen wie Versicherungen und Notfallkredite fördern;

-    mit lokalen Behörden zusammenarbeiten, um Governance-Systeme zu entwickeln, die die Resilienz gegenüber dem Klimawandel und die nachhaltige Bewirtschaftung der natürlichen Ressourcen fördern.

Ergänzt werden diese Arbeiten durch die Verstärkung der politischen Kontakte der EU, insbesondere über das Netz der Umweltdiplomatie, die Arbeitsgruppen der G7 zum Thema Klima und Fragilität, die InsuResilience-Partnerschaft der G7 und das Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen. Die EU sollte sich auch in anderen einschlägigen Foren engagieren, einschließlich der VN und im Rahmen der einschlägigen multilateralen Umweltabkommen, um den Beitrag der Umwelt zu Stabilität und Sicherheit stärker ins Bewusstsein ihrer Partner zu rücken.

Resilienz, Migration und Vertreibung

In der Agenda 2030 wird der positive Beitrag von Migranten zu inklusivem Wachstum und nachhaltiger Entwicklung gewürdigt. Ebenso werden die Vulnerabilität und die Bedürfnisse von Vertriebenen anerkannt. Eine adäquat konzipierte Migrationspolitik kann für mehr wirtschaftliche Resilienz sowohl in den Aufnahmeländern als auch in den Herkunftsgemeinschaften sorgen. Auch auf individueller Ebene können Migration und Flucht eine Strategie zur Anpassung an extreme äußere Belastungen darstellen. Ein anhaltender oder besonders hoher Migrationsdruck, auch aufgrund von Vertreibung, trifft oft einige der ärmsten Teile der Welt am heftigsten und belastet die fragilen Bewältigungsmechanismen zusätzlich. Besonders Subsahara-Afrika ist hiervon betroffen. Außerdem muss Europa davon ausgehen, dass es weiterhin Zielort für viele Menschen bleibt, was sich nicht nur auf die EU, sondern zusätzlich auch auf die Transitländer in ihrer geografischen Nähe auswirkt.

Ein Resilienz-Konzept für Migration erfordert eine Politik, die der Frage gerecht wird, wie Migrationsmuster auf das komplexe Wechselspiel zwischen Demografie, institutionellen und demokratischen Defiziten, wirtschaftlichen und sozialen Ungleichgewichten, gewaltsamen Konflikten, Umweltzerstörung und Klimawandel reagieren. Dies bedeutet, dass weiter in eine solide Faktengrundlage für politische Entscheidungen und rechtzeitig in entsprechende Reaktionsmaßnahmen investiert werden muss.

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Die EU sollte die folgenden wesentlichen Aspekte eines Resilienz-Konzepts für Migration und Vertreibung weiterentwickeln, indem sie:

-    sicherstellt, dass die Arbeiten im Migrationsbereich uneingeschränkt in ihre allgemeinen politischen Beziehungen zu den Partnerländern einbezogen werden und dass sie auf den Grundsätzen der Eigenverantwortlichkeit, der geteilten Verantwortung und der vollen Achtung des humanitären Völkerrechts und des Flüchtlingsrechts sowie der Verpflichtungen im Bereich der Menschenrechte, einschließlich des Rechts auf Schutz, beruhen;

-    die Ursachen der irregulären Migration angeht, von denen einige tief verwurzelt sind, darunter Armut, Ungleichheit, Bevölkerungswachstum, Mangel an Beschäftigung, Bildung und wirtschaftlichen Möglichkeiten, Instabilität, Konflikte, Klimawandel, Umweltzerstörung und die langfristigen Auswirkungen von Vertreibung;

-    die Eigenständigkeit der Vertriebenen fördert und ihnen ermöglicht, ein Leben in Würde zu führen, bei dem sie auch einen Beitrag zu ihren Aufnahmegemeinschaften leisten 6 . Dies erfordert für Vertriebene und ihre Aufnahmegemeinschaften einen neuen entwicklungsorientierten Ansatz, der den Mensch in den Mittelpunkt rückt und den Zugang zu Bildung, Wohnraum, menschenwürdiger Arbeit, Existenzgrundlagen und Dienstleistungen erleichtert sowie auf die Beendigung der Abhängigkeit von humanitärer Hilfe abzielt;

-    den Menschenhandel und organisierte kriminelle Netze, die Migranten und Flüchtlinge ausbeuten, bekämpft und eine geschlechtersensible Methode auf die spezifischen Formen der gegen diese Gruppen gerichteten Gewalt anwendet;

-    die Aufnahmegemeinschaften unterstützt. Die EU sollte weiterhin gezielte Initiativen zur Verbesserung von sprachlichen und beruflichen Fertigkeiten, zur Verbesserung des Zugangs zu Dienstleistungen und zum Arbeitsmarkt, zur Förderung der inklusiven Bildung und des interkulturellen Austauschs und zur Unterstützung von Sensibilisierungskampagnen, die sich sowohl an die Aufnahmegemeinschaften als auch an die Migranten richten, unterstützen;

-    die Faktengrundlage für Interventionen stärkt, u. a. durch besondere Aufmerksamkeit in Bezug auf Vertreibung, die Triebkräfte der Migration und die Zusammenarbeit mit Nicht-EU-Ländern beim EU-Rahmenprogramm für Forschung und Innovation.

Resilienz in der Praxis – Verständnis der Triebkräfte und die Zusammenhänge zwischen Belastungsfaktoren: Beispiel Migration, Umwelt und Klimawandel 

Die Migration in die EU gilt als stark durch Umwelt- und Klimaveränderungen beeinflusst, wobei diese Triebkraft sich schwer von wirtschaftlichen, demografischen und sonstigen Faktoren entkoppeln lässt und selten darüber berichtet wird. Viele Migranten aus West- oder Ostafrika haben ihre Heimat zunächst aufgrund von Desertifikation und Bodendegradation verlassen, die zur Landflucht in Afrika beitragen, der zum Großteil durch Umweltschäden an den landwirtschaftlichen Systemen bedingt ist.

Die Auswirkungen von Naturkatastrophen werden durch die wirtschaftlichen und demografischen Entwicklungen und die rasche Urbanisierung noch verstärkt. Infolgedessen sind afrikanische Städte häufig durch einen hohen Bevölkerungszuwachs überlastet und können dem Bedarf ihrer Einwohner an Arbeitsplätzen, Wohnraum oder Basisdienstleistungen nicht gerecht werden. Jüngste Studien haben gezeigt, dass sich Migranten oft in informellen Siedlungen in den Außenbezirken großer afrikanischer Städte sammeln, wie beispielsweise in Accra, wo sich mehr als 90 % der Migrantenhaushalte in einem stark unterversorgten Gebiet ohne Zugang zu fließendem Wasser befinden.

3.2    Stärkung der Resilienz durch politischen Dialog und bilaterale Initiativen

Die EU wendet zunehmend ein Resilienz-Konzept an, um herkömmliche Strukturen aufzubrechen, wenn es um die Bewältigung komplexer interner Herausforderungen geht, angefangen bei der Wirtschaftspolitik und bis hin zur Anpassung an den Klimawandel und zur Sicherstellung der Energieversorgung. Darüber hinaus hat sie erhebliche Investitionen in die Forschung getätigt, um eine solide Faktengrundlage für dieses Konzept zu schaffen, und ein breites Spektrum von Analyseinstrumenten zur Unterstützung der Umsetzung der Politik entwickelt. Bei vielen dieser Herausforderungen sind die interne und die internationale Dimension der Reaktionsmaßnahmen eng miteinander verknüpft (siehe Kasten unten). Daher kann die EU den Politikdialog mit den Partnerländern bereichern, indem sie die Erfahrungen aus ihrer internen Politik einbringt. Der Politikdialog ist ein wechselseitiger Prozess und auch die EU kann auf diese Weise viel von ihren Partnern lernen.

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Die EU sollte:

-    ihre technische Erfahrung mit dem Aufbau von Resilienz im Rahmen ihrer internen Politik nutzen, um den bilateralen politischen Dialog und bilaterale Initiativen zu stärken; sie sollte versuchen, den Beitrag spezialisierter EU-Einrichtungen zu diesen Bemühungen auszubauen;

-    möglichst dafür sorgen, dass bewährte Verfahren und Standards der EU sich in einschlägigen multilateralen Instrumenten und Politikkonzepten widerspiegeln, auch im Rahmen der ILO, der WHO und der G20;

-    eine gemeinsame internationale Wissensgrundlage zur Resilienz fördern, indem sie Nicht-EU-Länder in die resilienzbezogene Forschung und Innovation im Rahmen von „Horizont 2020“ einbezieht und die Ergebnisse weitergibt und in ihrer internationalen Zusammenarbeit umsetzt.

Resilienz in der Praxis – Verknüpfung der internen und externen politischen Arbeit der Union

Schutz kritischer Infrastrukturen – Das Konzept der Resilienz ist seit 2013 in das Europäische Programm für den Schutz kritischer Infrastrukturen eingebettet. Dies hat zur Entwicklung von Risikobewertungsmethoden und Forschungsarbeiten geführt, die bereits in die Zusammenarbeit mit einer Reihe von Nicht-EU-Ländern, darunter die Ukraine, einfließen. Das Konzept wurde in der vorgeschlagenen Verordnung über die Sicherheit der Erdgasversorgung weiter ausgeführt, die Bestimmungen für von Nicht-EU-Ländern ausgehende Risiken und über wirksame grenzübergreifende Maßnahmen in nationalen Notfall- und Präventionsplänen enthält. Ein ähnlicher Ansatz wird im Bereich der Elektrizität verfolgt.

Sicherheit der EnergieversorgungDie EU-Politik im Bereich der Energieversorgungssicherheit verbindet das Konzept einer krisenfesten Energieunion mit der globalen Energiesicherheit und der Klimaschutzpolitik der EU 7 ; dazu zählt auch die Verbesserung der Sicherheit der Energieversorgung in den Partnerländern durch eine Beschleunigung des weltweiten Übergangs zu einer Niedrigemissionswirtschaft und -gesellschaft und eine Erhöhung der Energieeffizienz. Die Energie- und Klimadiplomatie der EU dient der Förderung dieses Ansatzes;

Anpassung an den Klimawandel – Die Strategie von 2013 zur Anpassung an den Klimawandel fördert die Resilienz durch umfassende Anpassungsstrategien auf nationaler und kommunaler Ebene, die auf anfällige Sektoren wie Landwirtschaft, Fischerei und kritische Infrastrukturen eingehen. Die Strategie wird derzeit bewertet und die innerhalb der EU gewonnenen Erfahrungen mit den externen Partnern geteilt.

Katastrophenschutz – Das Katastrophenschutzverfahren der EU trägt zur Resilienz bei, indem die Wirksamkeit von Prävention, Vorsorge und Bewältigung von Naturkatastrophen und durch Menschen verursachten Katastrophen in der EU, ihren Nachbarländern und darüber hinaus verbessert wird. Es fördert die Entwicklung von Risikobewertungen und die Finanzierung der Prävention und Vorsorge sowie von Schulungen und Übungen.

Wirtschaftliche Resilienz – Die EU leistet einen Beitrag zu den laufenden Arbeiten in der G20 mit Schwerpunkt auf dem Kapazitätsaufbau für die Verwirklichung eines nachhaltigen Wachstums angesichts von Risiken und Belastungen im Zusammenhang mit den strukturellen Herausforderungen unter Vermeidung einer übermäßigen Häufung von Risiken, Ungleichgewichten und Anfälligkeiten gegenüber Schocks. Obwohl dies keine bindenden Verpflichtungen schafft, haben die Arbeiten zu einem nützlichen Rahmenkonzept für die politische Entscheidungsfindung geführt. Darüber hinaus entwickelt die EU im Einklang mit ihrer Globalen Strategie eine stärker integrierte europäische Wirtschaftsdiplomatie mit dem Ziel der Förderung von Wachstum und Beschäftigung sowohl in Drittländern als auch in der EU durch die verstärkte Einbindung und Beteiligung des EU-Privatsektors in ihren Partnerländern.

Beschäftigung – Die EU unterstützt die Ausarbeitung einer Empfehlung zum Thema Beschäftigung und menschenwürdige Arbeit mit Blick auf Frieden und Resilienz im Rahmen der Internationalen Arbeitskonferenz. Diese wird den Regierungen als Orientierungshilfe für eine gezielte Beschäftigungs- und Sozialpolitik dienen, wobei humanitäre Hilfe und längerfristige Entwicklungshilfe miteinander verknüpft werden.

Globale Gesundheitsrisiken – Die EU hat anerkannt, dass ernste Gefahren für die Gesundheit von Mensch und Tier (z. B. Vogelgrippe, Ebola, Antibiotikaresistenz und Afrikanische Schweinepest) nicht nur eine Bedrohung für die Resilienz der Gesundheitssysteme, sondern auch für die gesellschaftliche und wirtschaftliche Resilienz darstellen. Arzneimittelresistente Infektionen könnten bis 2050 globale wirtschaftliche Schäden verursachen, deren Ausmaß dem der Finanzkrise von 2008 entsprechen könnte 8 . Die Strategie der EU besteht bisher darin, interne Kapazitäten zur Vorbereitung und Reaktion auf schwere und anhaltende Ausbrüche von Krankheiten aufzubauen und gleichzeitig die internationale Zusammenarbeit, auch mit der WHO, zu verstärken. Sie hat in Forschungs- und Innovationsprojekte investiert, um die frühzeitige Erkennung und Überwachung zu verbessern und angemessene medizinische Gegenmaßnahmen zu entwickeln. Der fehlende Zugang zur Wasser- und Sanitärversorgung und die Luftverschmutzung werden ebenfalls als wichtige Gesundheitsrisiken anerkannt, die die EU aktiv bekämpft.

Forschung – Die EU arbeitet bereits im Rahmen von „Horizont 2020“ an der Entwicklung einer soliden Faktengrundlage für ihre Maßnahmen zur Stärkung der Resilienz. Sie finanziert Arbeiten zur Förderung der Resilienz in den Bereichen Sicherheit, radikale Ideologien, Wirtschaft und Sozialwissenschaften, Wasser und Ernährungssicherheit sowie mit Blick auf die Herausforderungen, die größere Migrationsströme und Vertreibungen mit sich bringen. Bei vielen dieser Aktivitäten arbeitet sie mit den Partnerländern zusammen 9 . Spezialisierte Dienste wie das Wissenszentrum der Europäischen Kommission für Migration und Demografie tragen zu der Faktengrundlage bei, während forschungsgestützte Risiko-Indizes wie der Global Conflict Risk Index und der Index zum Risikomanagement die Entscheidungen über Präventions-, Vorsorge- und Bewältigungsmaßnahmen unterstützen.

Resilienz in der Praxis -
Förderung eines strategischen Ansatzes für Resilienz in den Nachbarländern der EU

Ein besonderer Schwerpunkt der Globalen Strategie der EU liegt auf der Resilienz in den Nachbarländern der EU. Dies spiegelt die besonderen politischen Verpflichtungen im Rahmen des Erweiterungsprozesses und der Nachbarschaftspolitik der EU, die enge Verflechtung unserer Volkswirtschaften und Gesellschaften, die gegenseitigen Abhängigkeiten bei unseren breiten Interessen im Sicherheitsbereich und die Tatsache wider, dass einige unserer Nachbarländer geopolitischen Rivalitäten ausgesetzt sind.

Ein glaubwürdiger Beitrittsprozess, der auf strengen und fairen Bedingungen beruht, bietet die politische Grundlage für die Stärkung der staatlichen und gesellschaftlichen Resilienz in den Ländern des westlichen Balkans und der Türkei. Im Mittelpunkt dieses Prozesses steht das Konzept „Wesentliches zuerst“, dessen Schwerpunkt auf der Rechtsstaatlichkeit, den Menschen- und Grundrechten, demokratischen Institutionen, einschließlich einer Reform der öffentlichen Verwaltung, sowie auf wirtschaftlichen Reformen und Wettbewerbsfähigkeit liegt.

Die 2015 durchgeführte Überprüfung der Europäischen Nachbarschaftspolitik (ENP) wurde eng mit den Arbeiten an der Globalen Strategie der EU koordiniert, und ihre vier Prioritäten 10 entsprechen bereits weitgehend den in der Europäischen Strategie enthaltenen Überlegungen zur Verbesserung der Resilienz. Die Umsetzung der Überprüfung wird daher einen wichtigen Teil unserer Arbeit zur Stärkung der Resilienz in der Region darstellen 11 .

Mit der ENP wird ein langfristiger sozialer, wirtschaftlicher und politischer Wandel angestrebt, der es erfordert, institutionelle Kapazitäten aufzubauen, mit verschiedenen Ebenen der Zivilgesellschaft und mit den lokalen und regionalen Behörden sowie der Zentralregierung zusammenzuarbeiten, gegen etablierte Interessen autoritärer Eliten und sektiererisches Gedankengut vorzugehen und die Reform des Sicherheitssektors umzusetzen.

Die EU-Zusammenarbeit im Bereich der Sicherheitspolitik stützt sich auf die Entwicklung eines gemeinsamen Verständnisses von Interessen und Risiken. Dies gilt vor allem für unsere Arbeit in den Bereichen Prävention gewaltsamer Konflikte, Radikalisierung und Extremismus sowie für unsere Bemühungen um die Stärkung der Cybersicherheit und der Resilienz gegenüber hybriden Bedrohungen.

Eine wichtige Dimension unseres Resilienz-Konzepts besteht in der Stärkung der Verbindung zwischen unseren Interventionen in dieser und in anderen Regionen. Hier ist beispielsweise unsere Arbeit in den Bereichen Energie, Verkehr und Vernetzung mit der östlichen und der südlichen Nachbarschaftsregion sowie mit Iran und Zentralasien zu nennen, während der EU-Treuhandfonds für Afrika der Bekämpfung der Ursachen der irregulären Migration in Afrika dient und der Regionale Treuhandfonds der EU als Reaktion auf die Syrien-Krise syrische Flüchtlinge und deren Aufnahmegemeinschaften in der Nachbarschaftsregion und in der Türkei unterstützt.

Eine Reihe wichtiger Instrumente untermauern unser strategisches Konzept für die Stärkung der Resilienz in der Region: die Einbindung von Partnern auf staatlicher und gemeinschaftlicher Ebene, eine verstärkte Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten, Partnerländern und nationalen und internationalen Akteuren, um die Eigenverantwortlichkeit zu verbessern, eine größere Flexibilität der Finanzierung, stärker maßgeschneiderte und differenziertere Beziehungen mit Partnern und eine verbesserte öffentliche Diplomatie und Kommunikation. Im Mittelpunkt steht ein politischer Ansatz, der sich auf neu vereinbarte Prioritäten der Partnerschaften oder überarbeitete Assoziierungsagenden stützt, denen eine klare Bewertung der gemeinsamen, mittelfristigen Prioritäten zugrunde liegt, untermauert durch die Verpflichtung zur Achtung der Menschen- und Grundrechte.

3.3    Resilienz und Sicherheit der EU

Im Rahmen der Globalen Strategie der EU sind Frieden und Sicherheit untrennbar mit einer nachhaltigen und inklusiven Entwicklung, der Einhaltung der weltweiten Normen und der Notwendigkeit eines auf Regeln basierenden internationalen Systems verbunden. Die Förderung dieser Agenda ist nach wie vor ein zentrales Element des außenpolitischen Handelns der EU. Aber die Globale Strategie erkennt auch an, dass die EU und ihre Mitgliedstaaten vielen strukturellen Zwängen ausgesetzt sind, die ihre Resilienz auf die Probe stellen und die Vulnerabilität unserer Partnerländer zeigen. Aus diesem Grund nennt die Strategie den Schutz der EU als zentrale Aufgabe für die Zukunft. Dazu gehört auch der Aufbau der Resilienz unserer Nachbarländer. Aber in einer Zeit, da die Union mehr Verantwortung denn je dafür trägt, einen Beitrag zur Sicherheit ihrer Bürger zu leisten, spielt die Außenpolitik der EU, einschließlich der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik, auch eine unmittelbare Rolle bei der Stärkung der Resilienz innerhalb unserer Grenzen. Dies setzt voraus, dass Bedrohungen und Druck von außen besser ermittelt und geeignete Mechanismen bereitgestellt werden, um eine angemessene politische Antwort gewährleisten zu können.

Auch bei den Arbeiten der EU zur Sicherheitsunion steht Resilienz im Mittelpunkt ihres Konzepts, wobei auch die Frage der externen nichtstaatlichen Akteure behandelt wird. Im Rahmen der Europäischen Sicherheitsagenda vom April 2015 konzentriert sich die Kommission auf die zwei folgenden großen Pfeiler: Bekämpfung des Terrorismus und der organisierten Kriminalität sowie Stärkung der Verteidigungsfähigkeit der Union und Aufbau der Resilienz.

Die Herausforderung besteht nun darin, die internen und externen Sicherheitsdimensionen der EU-Politik in einer Weise miteinander zu verknüpfen, dass sie sich gegenseitig verstärken, die Kosten feindseliger Aktivitäten Dritter spürbar erhöhen und die Union befähigen, zu antizipieren und frühzeitig politische und operative Maßnahmen auch gegen sonstige Arten von Belastungen zu ergreifen.

In diesem Zusammenhang wird sich die EU auch künftig konkret mit sechs wichtigen Arbeitsbereichen befassen:

-    Resilienz gegenüber hybriden Bedrohungen: Aufbauend auf dem Gemeinsamen Rahmen für die Abwehr hybrider Bedrohungen wird es ein zentrales Ziel der EU sein, den Schutz kritischer Infrastrukturen bei gleichzeitiger Diversifizierung der Energiequellen und -lieferanten und Stärkung der Verteidigungsfähigkeit zu verbessern. Als vorrangig werden dabei eine wirksame operative Zusammenarbeit und eine sichere Kommunikation zwischen den Mitgliedstaaten sowie die Zusammenarbeit mit Interessenträgern in den verschiedensten Bereichen angesehen, unter Nutzung der gemeinsamen Instrumente. Die Zusammenarbeit mit Drittländern, insbesondere den Nachbarländern der EU, soll verstärkt werden.

-    Cybersicherheit: Die böswillige Verwendung von Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) kann sowohl die gesellschaftliche als auch die wirtschaftliche Resilienz unterminieren. Cyber-Angriffe haben Auswirkungen auf die Sicherheit und können der Wirtschaft großen Schaden zufügen. Daher werden weiterhin sowohl eine normative als auch eine operative Agenda umgesetzt. Die Arbeiten im Einklang mit den Bemühungen der Vereinten Nationen zum Aufbau eines internationalen Konsenses über die Ablehnung des böswilligen Einsatzes von IKT gegen grundlegende Dienstleistungen, gleichgültig aus welcher Quelle, welchem Motiv, welcher Art oder welchen geografischen Ursprungs, laufen weiter. Gleichzeitig bemüht sich die EU um die Förderung der Resilienz der wesentlichen Dienstleistungen sowohl auf interner 12 als auch auf internationaler Ebene und plant, die grenzübergreifende Zusammenarbeit bei dieser Agenda zu stärken 13 .

-    Strategische Kommunikation: Die EU und einige ihrer Partnerländer sind Ziel von externen Desinformationsaktivitäten, die Teil konzertierter Strategien sind, die auf die Diskreditierung der für unsere Identität, unsere Sicherheit und unsere Stabilität wesentlichen politischen und sozialen Systeme ausgerichtet sind. Als Reaktion werden Maßnahmen entwickelt, durch die die Resilienz der Bürger gegenüber feindseliger Desinformation gestärkt wird, und zwar durch eine verstärkte Sensibilisierung, die Förderung einer stärkeren Pluralität und Professionalität der Medien sowie die Vermittlung positiver und faktenbasierter Botschaften.

Die EU sollte die Ressourcen der East StratCom Task Force und ihre Zusammenarbeit mit den EU-Organen, Mitgliedstaaten und gleichgesinnten Partnern intensivieren. Der langfristige strategische Ansatz und die Einbindung der Länder der Östlichen Partnerschaft sollen gefördert werden, wobei der Schwerpunkt auf den Kontakten zwischen den Menschen und der Zusammenarbeit mit bereits bestehenden Netzwerken der Zivilgesellschaft liegt, die bereits eine Quelle gemeinschaftsbasierter Resilienz sind. Ein ähnlicher Ansatz soll in den westlichen Balkanländern und der Türkei angewandt werden. Zu diesem Zweck wird das Team für strategische Kommunikation in den Kandidatenländern und potenziellen Kandidatenländern verstärkt.

Die EU sollte auch eine Strategie zur Einbindung der arabischen Welt entwickeln, mit der terroristische Propaganda und die Nutzung des Internets für die Radikalisierung bekämpft und die Menschen- und Grundrechte gefördert werden.

-    Die Bemühungen zur Stärkung der staatlichen und gesellschaftlichen Resilienz (siehe oben) sind ein zentrales Element des EU-Konzepts zur Bekämpfung des Terrorismus und des gewalttätigen Extremismus. Die Prävention von Radikalisierung erfordert eine sorgfältig angepasste Strategie, die auf die verschiedenen Ursachen von Gewalt eingeht. Dabei sind verbesserte rechtliche Rahmenbedingungen und effiziente Institutionen für die Aufdeckung, Prävention und Auflösung terroristischer Organisationen und ihrer Finanzquellen von grundlegender Bedeutung. Doch um die gewünschte Wirkung zu erzielen, müssen die Bemühungen in diesem Bereich von Maßnahmen begleitet sein, durch die der Schutz der Rechte und des bürgerlichen Raums sichergestellt wird, sodass friedliche und stabile Gesellschaften geschaffen werden, die weniger anfällig für die Botschaften des gewalttätigen Extremismus sind. Die EU wird die Partnerländer im Rahmen ihres Dialogs zur Terrorismusbekämpfung dazu anhalten, dieses Thema in allen relevanten Politikbereichen grundsätzlich, d. h. nicht nur im Sicherheitsbereich, zu berücksichtigen. Dies bedeutet auch, dass sichergestellt werden muss, dass lokale Sachverständige die Anzeichen von Radikalisierung, einschließlich von Radikalisierung über das Internet, erkennen und angehen.

-    Stärkung der Sicherheit kritischer Verkehrsinfrastrukturen: Die verstärkte Sicherheit kritischer Verkehrsinfrastrukturen ist ein wichtiges Element einer kooperativen, vernetzten und automatisierten Mobilität, die wiederum die Grundlage einer globalen, vernetzten Wirtschaft darstellt. Die EU sollte ihre Zusammenarbeit mit Nicht-EU-Ländern zur Eindämmung von Gefahren für die Verkehrsinfrastruktur und den Dienstleistungssektor verstärken. Sie sollte die Zusammenarbeit auf der Ebene der Sachverständigen weiter erleichtern, um Kapazitätsaufbau, Sensibilisierungsstrategien, Instrumente und Informationsnetzwerke und die Rolle der Polizei und der Justiz zu unterstützen.

-    Ausbau der Zusammenarbeit mit NATO und OSZE: Die EU und die NATO haben eine Reihe von Maßnahmen vereinbart, um die Resilienz im Rahmen ihrer Bemühungen zur Abwehr hybrider Bedrohungen zu fördern. Dazu zählen die Intensivierung der Kontakte auf fachlicher Ebene im Bereich der Anforderungen der Resilienz sowie die Förderung einer größeren Kohärenz zwischen dem Plan zur Fähigkeitsentwicklung der EU und dem NATO-Verteidigungsplanungsprozess, ebenso wie die Bereitschaft, auf Anfrage Sachverständige zu entsenden, um Mitgliedstaaten der EU oder NATO-Verbündete bei der Stärkung ihrer Resilienz bei sich anbahnenden Krisen oder auch als Reaktion auf eine Krisensituation zu unterstützen.

Hierbei wird deutlich, dass die militärischen und zivilen Behörden sowie die Privatwirtschaft bei der Stärkung der Resilienz der Mitgliedstaaten gegenüber feindseligen Handlungen von staatlichen oder nichtstaatlichen Akteuren aufeinander angewiesen sind. Dies betrifft sowohl die Nutzung militärischer und ziviler Logistik- und Kommunikationsfähigkeiten als auch die Nutzung militärischer Fähigkeiten durch die zivilen Behörden bei der Reaktion auf Störfälle, die weit reichende Folgen für eine Großzahl von Bürgern haben. Diese Interdependenz ist auszuloten, um dem Rat Vorschläge für weitere Möglichkeiten koordinierter Arbeitsschwerpunkte mit der NATO vorlegen zu können.

Die Zusammenarbeit mit der OSZE im Bereich der Resilienz kann im Hinblick auf das umfassende Sicherheitskonzept der OSZE, welches die militärische, die wirtschaftliche, die ökologische und die menschliche Dimension umfasst, noch erheblich ausgebaut werden.

4.    Der Weg in die Zukunft – vier Bausteine für ein strategisches Konzept zur Förderung der Resilienz im Rahmen des auswärtigen Handelns der EU

Der Resilienz-Schwerpunkt in der Globalen Strategie der EU macht einen bedeutenden Wandel in der Art und Weise deutlich, wie die EU die Risiken und Auswirkungen von Schocks und Belastungen im Rahmen ihrer Außenpolitik angeht. Es wird anerkannt, dass diese Schocks und Belastungen Bestandteil des Kontexts sind, in dem die EU tätig wird, und nicht als unerwartete Ausnahmen angesehen, sondern systematisch in unsere Arbeit einbezogen werden sollten. Dies impliziert eine allmähliche Schwerpunktverlagerung von der Krisenbewältigung hin zu vorgelagerten Maßnahmen, die auf langfristigen, aber flexiblen Länder- und Regionalstrategien beruhen, die stärker risikobasiert und weniger instrumentorientiert sind. Es impliziert außerdem, dass den Risikofaktoren, die die Interessen der EU berühren, größere Aufmerksamkeit gewidmet werden muss. Letztlich besteht das Ziel darin, den politischen und den sektorspezifischen Dialog sowie technische und finanzielle Hilfe wirksam im Vorfeld einer Krise zu kombinieren.

All dies erfordert ein Umdenken bei der Problemanalyse und der Programmgestaltung, wie auch bei den Methoden zur Bewertung der Nachhaltigkeit der EU-Interventionen. Daher werden vier wesentliche Bausteine zur systematischen Einbeziehung der Resilienz in das auswärtige Handeln der EU vorgeschlagen:

-eine verbesserte gemeinsame Analyse auf nationaler und regionaler Ebene als Grundlage für die anzunehmende Strategie, den politischen Dialog und die Programmierung der Hilfe;

-eine dynamischere Überwachung des Drucks von außen, sowie eine Zusammenarbeit mit dem Rat zur Sicherstellung einer zeitnahen politischen und diplomatischen Reaktion;

-die Einbeziehung des Resilienz-Konzepts in die Programmierung der EU und die Finanzierung des auswärtigen Handelns;

-die Entwicklung internationaler Strategien und Verfahren zur Stärkung der Resilienz.

4.1    Verbesserung der Risikoanalyse auf der Ebene der Länder und Regionen

Die EU hat umfassenden Zugang zu Informationen über Risiken, Belastungen und Schwachstellen in ihren Partnerländern. Dieses Wissen stammt aus den diplomatischen und informationsdienstlichen Netzwerken der EU, ihrer operativen Präsenz vor Ort, dem in den Institutionen und Mitgliedstaaten vorhandenen sektorpolitischen Fachwissen sowie den Kontrollmechanismen der EU-Agenturen. Es besteht eine Vielzahl von sich überschneidenden Risikobewertungsverfahren, die unterschiedliche politische Blickwinkel widerspiegeln: humanitäre, konfliktbezogene, ökologische und wirtschaftliche. Es gibt jedoch erhebliche Lücken, was z. B. unsere Fähigkeit angeht, die Auswirkungen des Klimawandels sowie der ökologischen und sonstigen Faktoren auf die Migrationsbewegungen vorherzusagen. Darüber hinaus wird der lokalen Resilienzfähigkeit und der positiven Dynamik, die damit einhergehen kann, bei der Analyse zu wenig Beachtung geschenkt. Die Risikobewertungsprozesse sind darüber hinaus nicht immer in der Lage, die potenziellen Auswirkungen auf die politischen, sicherheitspolitischen und wirtschaftlichen Interessen in vollem Umfang zu erfassen.

Unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Aufträge sollten die verschiedenen Informationsquellen in einer Weise zusammengebracht werden, dass sie den Entscheidungsträgern ein umfassendes Bild davon vermitteln, wie sich das Zusammenspiel der verschiedenen Faktoren auf die Entwicklung und Stabilität in einem Land oder einer Region oder auf die Programmziele auswirken kann.

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Die EU sollte:

-    die Konfliktsensitivität und die Risikoanalyse verbessern, etwa durch die Entwicklung besserer Verfahren zur Beurteilung der Art und der Auswirkungen der künftigen Fluchtbewegungen und Migrationsströme; zudem sollte sie ein besseres Verständnis des Zusammenhangs zwischen Klimawandel, Schädigung der Umwelt und gewaltsamen Konflikten fördern;

-    die derzeitigen Bewertungsverfahren straffen, um sicherzustellen, dass eine einzige Bewertung für jedes Land zur Verfügung steht, in der die Risiko- und die Resilienz-Faktoren aufgeführt sind; diese Bewertung soll den verschiedenen Akteuren der EU-Außenpolitik als Leitfaden dienen. In die Länderbewertung sollen die von den diplomatischen Netzwerken der EU sowie von den Akteuren im Bereich der humanitären Hilfe, der Krisenreaktion und der Entwicklungszusammenarbeit bereitgestellten Informationen auf systematische und dynamische Weise eingebunden werden; dies gilt auch für die speziellen Kenntnisse über das externe Umfeld, über die die Generaldirektionen und Agenturen der EU verfügen. Die Länderbewertung wird somit als Grundlage für den politischen Dialog und die Gestaltung der Hilfsprogramme dienen und einen analytischen Beitrag zur Unterstützung des für die EU-Länderstrategien, GSVP-Operationen und die Programmierung der Außenhilfe etablierten Entscheidungsprozesses in der EU leisten;

-    eine gemeinsame Analyse mit multilateralen Partnerorganisationen sowie auf bilateraler Ebene mit gleichgesinnten Entwicklungspartnern fördern, unter Einbeziehung der verschiedenen Dimensionen der Resilienz.

4.2    Eine dynamischere Überwachung externer Belastungen für eine frühzeitige Reaktion

Die EU muss in der Lage sein, externe Belastungen, die die Resilienz ihrer Partnerländer oder der EU selbst mittel- oder langfristig gefährden, zu überwachen und auf diese zu reagieren.

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Die EU sollte:

-    das Konfliktfrühwarnsystem der EU ausbauen, um neben den Risikofaktoren, die gegenwärtig überwacht werden, geeignete Indikatoren für Resilienz aufzunehmen. Das Frühwarnsystem beruht bereits auf einer Vielzahl übergeordneter Indikatoren für Risiken und Vulnerabilität, wie ökologische, klimatische und demografische Belastungen 14 , sowie auf Indikatoren für Governance und die institutionelle Kapazität zur Bewältigung solcher Belastungen. Die Überwachung der Resilienz-Indikatoren könnte dazu beitragen, den kritischen Punkt zu ermitteln, ab dem eine Belastung die Bewältigungsfähigkeit übersteigt;

-    die strategische Bedeutung der Resilienz bei der Entwicklung des Integrierten Ansatzes der EU zur Bewältigung externer Konflikte und Krisen widerspiegeln. Mit dem Integrierten Ansatz, wie er in der Globalen Strategie der EU vorgesehen ist, werden der Geltungsbereich und die Zielsetzung des Umfassenden Ansatzes erweitert. Der Integrierte Ansatz soll den Umfassenden Ansatz nach Abschluss des Aktionsplans für den Umfassenden Ansatz für den Zeitraum 2016-2017 ablösen.

Das Konfliktfrühwarnsystem dient in erster Linie zur Feststellung möglicher Ursachen gewaltsamer Konflikte in Drittländern, mit einem Zeitrahmen von vier Jahren. Es wird nun vorgeschlagen, dieses System durch Mechanismen zu ergänzen, die sich auf die Ermittlung externer Belastungen und deren kurzfristigen Auswirkungen konzentrieren, um eine Grundlage für eine verstärkte und zeitnahe politische Reaktion der EU zu schaffen.

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Die EU sollte:

-    ein unbürokratisches kurzfristiges Prognoseverfahren einrichten, um die Auswirkungen externer Belastungen auf die Interessen der EU in einem Zeitrahmen von drei bis sechs Monaten zu ermitteln. Dabei sollte der Schwerpunkt auf externen Belastungen liegen, bei denen die Gefahr besteht, dass sie den Entwicklungsprozess oder die Sicherheit eines Partnerlandes in bedeutendem Maße beeinträchtigen oder erhebliche Folgen für die Resilienz der Union haben. Soweit entsprechende Daten verfügbar sind, könnten somit erste Maßnahmen zur Eindämmung der negativen Folgen für die Interessen der Union getroffen werden, wie externe Störungen der Energieversorgungssicherheit und die Unterbrechung wichtiger Lieferketten, Notlagen im Bereich der öffentlichen Gesundheit, Auswirkungen von Krisen auf die EU-Bürgerinnen und -Bürger in Drittländern sowie große Migrationsbewegungen 15 ;

-    die Bemühungen, auch der Vereinten Nationen, zur Einrichtung eines Systems unterstützen, durch das Gräueltaten frühzeitig erkannt und verhindert werden können, u. a. durch die Ausarbeitung eines Instrumentariums zur Verhinderung von Gewalttaten.

Beide Systeme haben zum Ziel, einen wirksamen Entscheidungsprozess im Vorfeld von Krisen zu unterstützen. Hierbei haben der Rat und die Kommission eine zentrale Rolle zu übernehmen.

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Vor diesem Hintergrund

-    wird das Politische und Sicherheitspolitische Komitee (PSK) ersucht, die Ergebnisse des Prognoseverfahrens systematisch zu berücksichtigen, um zu gewährleisten, dass rechtzeitig politische Leitlinien für frühzeitige Maßnahmen aufgestellt werden;

-    wird der Vorsitz ersucht, zu prüfen, wie relevant die Informationen des Prognoseverfahrens für andere einschlägige Ratsformationen, wie den Ständigen Ausschuss für die operative Zusammenarbeit im Bereich der inneren Sicherheit, sind;

-    sollte die EU weiterhin Verfahren entwickeln, durch die die Hilfsprogramme flexibler werden, sodass bei ermitteltem Risiko frühzeitig geeignete Maßnahmen getroffen werden können.

4.3    Einbeziehung des Resilienz-Konzepts in die Programmierung und die Finanzierung des auswärtigen Handelns der EU

Die EU wird sich bei der Beurteilung der Risiko- und Resilienz-Faktoren als integrativem Bestandteil der Planung und Konzeption von Projekten der humanitären Hilfe, Krisenreaktion und Entwicklungshilfe der EU, einschließlich des EU-Treuhandfonds, auf die bestehenden Verfahren stützen. Zu den wichtigsten Lehren aus dem Resilienz-Konzept gehört die Notwendigkeit von Maßnahmen auf verschiedenen Ebenen, auch auf der Ebene der Gemeinschaft, sowie die Notwendigkeit längerfristiger Programmzyklen (auch bei der Planung der humanitären Hilfe), kombiniert mit kurzfristiger Flexibilität und der Notwendigkeit von Notfall-Finanzierungsmechanismen, um möglichen störenden Belastungen und Schocks, die die Verwirklichung der längerfristigen strategischen Ziele beeinträchtigen könnten, entgegenzuwirken. Dies sollte bei der gemeinsamen Programmierung mit den Mitgliedstaaten berücksichtigt und weiter gefördert werden.

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Die EU sollte:

-    die Leitfäden für die Programmierung, soweit erforderlich, aktualisieren und sich dabei auf ihre Erfahrungen und auf die methodische Arbeit anderer multilateraler Partner im Bereich der Resilienz stützen. Sie sollte hervorheben, dass humanitäre Hilfe und Entwicklungshilfe in einem fragilen Umfeld konfliktsensibel sein sollten, um mögliche negative Auswirkungen zu vermeiden und die Wirksamkeit der Maßnahmen zu verbessern. Die Methoden zur Ermittlung und Eindämmung dieser Risiken werden weiterentwickelt;

-    bei der Überwachung und Evaluierung der Programme berücksichtigen, dass die Stärkung der Resilienz langfristige Maßnahmen mit einem hohen Maß an Innovation und Flexibilität bei ihrer Konzipierung erfordert, wobei geeignete Indikatoren festzulegen sind, in Anerkennung der Herausforderung, die das Zusammentragen qualitativer Daten beinhaltet;

-    das strategische Resilienz-Konzept bei der derzeitigen und künftigen Finanzierung des auswärtigen Handelns der EU berücksichtigen;

-    kostenwirksame und innovative Lösungen zur Risikofinanzierung auf regionaler, nationaler und lokaler Ebene ausloten (z. B. Notfallkredite, Katastrophenfonds und Katastrophenversicherungen).

4.4    Entwicklung internationaler Strategien und Verfahren

Die EU arbeitet eng mit wichtigen internationalen Partnern zusammen, die ihr eigenes Resilienz-Konzept entwickelt haben, unter anderem mit den Vereinten Nationen, der Weltbank, der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung und der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung. Die EU hat ein Interesse daran, ein gemeinsames Verständnis und gemeinsame Verfahren zur Stärkung der Resilienz zu entwickeln und soweit möglich auf operativer Ebene mit ihren Partnern zusammenzuarbeiten.

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Die EU sollte:

-    die strategische und praktische Zusammenarbeit mit internationalen Partnern intensivieren, um Forschungsergebnisse und methodologisches Wissen auszutauschen und gegebenenfalls Resilienz-Konzepte anzugleichen und Daten und Warnsysteme auszutauschen;

-    bei der Entwicklung von Konzepten zur Stärkung der Resilienz enger mit regionalen und subregionalen Organisationen zusammenarbeiten, durch die Weitergabe und den Austausch von Erkenntnissen und Erfahrungen.

Die Hohe Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik und die Europäische Kommission ersuchen das Europäische Parlament und den Rat, das in dieser Gemeinsamen Mitteilung dargelegte Konzept zu billigen und zu unterstützen.

Anhang – Zehn Leitgedanken zu einem strategischen Konzept für Resilienz

Auf der Grundlage der Erfahrungen, die die EU im Anschluss an die Mitteilung aus dem Jahr 2012 gesammelt hat, und der Erkenntnisse aus dem breit angelegten Konsultationsprozess bei der Vorbereitung dieser Mitteilung kommen für ein wirksames und strategisches Konzept für Resilienz folgende Leitgedanken zum Tragen:

1.Die Stärkung der Resilienz ist ein Mittel, kein Zweck: Das strategische Resilienz-Konzept der EU beruht auf der Nutzung der institutionellen und gesellschaftlichen Stärken in den Partnerländern mit dem Ziel, eine langfristige Entwicklung bzw. die Ziele im Bereich der Sicherheit zu erreichen. Es geht darum, Fortschritte auf dem Weg zur Verwirklichung dieser Ziele sicherzustellen, indem die zugrunde liegenden strukturellen Schwächen und Risiken angegangen werden. Es wird anerkannt, dass die Entwicklung und die Fortschritte auf dem Weg zu Demokratie, Frieden und Sicherheit kein linearer Prozess sind, und dass sektorale Ansätze allein nicht immer ausreichen, um nachhaltige Ergebnisse sicherzustellen.

2.Das Verständnis der Faktoren von Resilienz in einem gegebenen Kontext kann uns helfen, Belastungen und Notfälle wirksamer zu bewältigen: Eine wirksamere Bewältigung von Belastungen und Notfällen erfordert ein angemessenes Verständnis der Zusammenhänge zwischen den verschiedenen Teilen der komplexen Systeme in den Mitgliedstaaten, Gesellschaften und Gemeinschaften, und der Art und Weise, wie letztere auf plötzlich auftretende Krisen oder bei wiederkehrenden oder langfristigen Belastungen reagieren.

3.Resilienz ist kontextspezifisch und erfordert maßgeschneiderte Konzepte: Zwar weisen resiliente Systeme eine Reihe von gemeinsamen Merkmalen auf, aber Sachverständige und lokale Akteure müssen dennoch kontextspezifische Arbeitsdefinitionen entwickeln: Die EU und andere externe Akteure haben dabei die Aufgabe, diesen Prozess zu unterstützen und Gesellschaften zu fördern, die besser in der Lage sind, ihre Probleme eigenständig zu ermitteln und zu lösen. Daher ist es erforderlich, dass die politischen Entscheidungsträger und Entwicklungspartner ein langfristiges Konzept annehmen, welches bei der Erprobung und Überarbeitung von Maßnahmen zur Stärkung der Resilienz den nötigen Anpassungsspielraum zulässt.

4.Die Ermittlung und Nutzung vorhandener positiver Quellen von Resilienz ist genauso wichtig wie die Ermittlung und Bewältigung von Vulnerabilität: Dies können Institutionen oder informelle demokratische Governance-Strukturen oder Justizsysteme, nichtstaatliche Einrichtungen und Organisationen, etablierte kulturelle Normen und Praktiken oder Ad-hoc-Lösungen auf Gemeinschaftsbasis sein, welche die staatlichen Kapazitäten ergänzen oder, falls diese fehlen, ersetzen. Resilienz muss auf mehreren Ebenen aufgebaut werden – auf der Ebene des Staates, der Gesellschaft und der Gemeinschaft: Die lokalen Behörden und die Zivilgesellschaft bilden in der Regel die Grundlage, auf der die Resilienz wurzelt, um auf der Ebene der Gemeinschaft weiter zu wachsen. Frauen haben eine spezifische und elementare Rolle, die anerkannt und berücksichtigt werden muss, unter Bekämpfung der strukturellen Ursachen der Geschlechterungleichheit.

5.Resilienz heißt Umstellung, nicht Wahrung des Status quo: Beim Aufbau von Resilienz geht es darum, die Kernidentität und die Fähigkeiten von Staaten, Gesellschaften und Gemeinschaften dahingehend zu stärken, dass sie starken Belastungen standhalten. Dazu gehört auch die Stärkung ihrer Anpassungs- und Reformfähigkeit im Hinblick auf neue Bedarfssituationen. Die Nutzung der transformativen Dimension der Resilienz spielt eine wesentliche Rolle.

6.Resilienz erfordert ein politisches Konzept: Es liegt in erster Linie bei den Regierungen, den Bedürfnissen ihrer jeweiligen Bevölkerung nachzukommen. Die internationale Hilfe sollte nicht zum Ersatz für lokale Zuständigkeit und politische Maßnahmen werden. Alle Länder haben sich verpflichtet, die Ziele für nachhaltige Entwicklung zu verwirklichen. Dazu gehören spezifische Verweise auf die Stärkung der Resilienz. Daher liegt die Hauptverantwortung für die Einbeziehung der Resilienz in die nationalen und lokalen Rahmenkonzepte bei den einzelnen Ländern. Aber die EU und ihre Mitgliedstaaten können den Aufbau von Resilienz unterstützen, indem sie die Resilienz als wichtigen Bestandteil in den politischen Dialog, auch auf höchster Ebene, einbeziehen.

7.Resilienz erfordert risikobasierte Programmierung: Die Maßnahmen zur Bewältigung der verschiedenen Ursachen von Fragilität sollten mit Risikomanagementmaßnahmen einhergehen, um die Bevölkerung vor Schocks und Belastungssituationen zu schützen und deren negative Auswirkungen durch eine frühzeitige Reaktion und einen schnellen Erholungsprozess einzudämmen.

8.Es wird nicht immer möglich sein, anhaltende Belastungen frühzeitig zu bewältigen oder den Folgen einer plötzlich ausbrechenden Krise zu entgehen. Werden die Probleme jedoch zu spät angegangen, wird dies unverhältnismäßig teuer. Dies bedeutet, dass Flexibilität und Anpassungsfähigkeit von Grund auf in die Programmgestaltung aufgenommen werden müssen. Es bedeutet auch, dass Überlegungen über mögliche Belastungen angestellt werden sollten, die durch die Stärkung oder Schwächung eines Teils eines Systems an anderer Stelle entstehen können.

9.Frühwarnung muss mit frühzeitigem Handeln verknüpft sein: Da eine vollständige Risikovermeidung kaum möglich ist, erfordert ein wirksames Resilienz-Konzept, dass die Entscheidungsträger in der Lage sind, Belastungen lang-, mittel- und kurzfristig zu ermitteln und zu bewerten, um wirksame, frühzeitige Maßnahmen zu ergreifen. Dies bedeutet, dass eine vollständige Risikobewertung mit geeigneten Entscheidungsprozessen verknüpft sein muss. Dabei geht es nicht nur um Schocks (wie im Falle von Naturkatastrophen, zwischenstaatlichen Konflikten oder einer Wirtschaftskrise), sondern auch um schleichende, wiederkehrende Krisen oder kumulative langfristige Belastungen, die einen kritischen Punkt erreichen können (demografischer Wandel, Schädigung der Umwelt, Klimawandel, Migration und andere chronische Belastungssituationen).

10.Den operativen Ausgangspunkt bildet eine umfassende Analyse der Stärken, Schwächen und Belastungen: Staaten und Gesellschaften beruhen auf komplexen Wechselbeziehungen zwischen politischen und sicherheitspolitischen Akteuren, dem privaten Sektor, der Zivilgesellschaft, den Gemeinschaften und Einzelpersonen. Die traditionellen sektorspezifischen Konzepte können nicht alle Schwachstellen und ihre Zusammenhänge erfassen und nicht unbedingt antizipieren, wie ein System als Ganzes auf Stresssituationen reagiert, möglicherweise auch mit Folgen für andere Staaten. Dies bedeutet, dass für jedes Ergebnis die Risiken und die Bewältigungsfähigkeit auf mehreren Ebenen analysiert werden müssen, insbesondere im Hinblick auf die Punkte, bei denen ein Resilienz-Faktor oder bestimmte Akteure von der Resilienz anderer abhängig sind, oder wo Machtbeziehungen zwischen den verschiedenen Ebenen der Gesellschaft zum Tragen kommen. In der Regel bedeutet dies ein „alle Gefahren abdeckendes Konzept“, das die Analyse auf der Ebene der Regionen, der Staaten, der Organisationen, der Gemeinschaften und der Einzelpersonen umfasst.

(1)

„Gemeinsame Vision, gemeinsames Handeln: ein stärkeres Europa. Globale Strategie für die Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union“, Juni 2016.

(2)

„Ein EU-Konzept für Resilienz: Lehren aus Ernährungssicherheitskrisen“ (COM(2012) 586 final vom 3. Oktober 2012).

(3)

OECD(2016), „States of Fragility 2016: Understanding violence“.

(4)

„One Humanity: Shared Responsibility“ (Eine Menschheit, gemeinsame Verantwortung) – Bericht des Generalsekretärs der Vereinten Nationen Ban Ki Moon, für den Weltgipfel für humanitäre Hilfe 2016.

(5)

Die entscheidende Rolle gut funktionierender Ökosysteme und der von ihnen erbrachten Leistungen wird im EU-Aktionsplan für die Natur anerkannt.

(6)

Mitteilung der Kommission „Ein Leben in Würde: von Hilfeabhängigkeit zu Eigenständigkeit. Flucht und Entwicklung“, COM(2016)234 final.

(7)

„Rahmenstrategie für eine krisenfeste Energieunion mit einer zukunftsorientierten Klimaschutzstrategie“, COM (2015)80 vom 25.2.2015.

(8)

Zahlen der Weltbank.

(9)

Beispiele dafür sind die Partnerschaft 2018-2028 für Forschung und Innovation im Mittelmeerraum (PRIMA), die darauf abzielt, neuartige Lösungen für eine nachhaltige Wasserwirtschaft und Nahrungsmittelerzeugung zu entwickeln, und die Partnerschaft EU-Afrika für Forschung und Innovation im Bereich der Nahrungsmittel, Ernährungssicherheit und nachhaltige Landwirtschaft.

(10)

Gute Regierungsführung, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte; wirtschaftliche Entwicklung; Sicherheitsdimension; Migration und Mobilität.

(11)

 Siehe Gemeinsamer Bericht über die Umsetzung der überprüften Europäischen Nachbarschaftspolitik, JOIN(2017) 18 final vom 18.5.2017.

(12)

Beispielsweise die Richtlinie (EU) 2016/1148 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Juli 2016 über Maßnahmen zur Gewährleistung eines hohen gemeinsamen Sicherheitsniveaus von Netz- und Informationssystemen in der Union (COM(2016)410 final) und die für September 2017 geplante Überprüfung der Cybersicherheitsstrategie der EU von 2013.

(13)

Einschließlich der Zusammenarbeit mit den wichtigsten Handelspartnern der EU für eine verstärkte Cybersicherheit für vernetzte Objekte, wie in der Halbzeitüberprüfung für den digitalen Binnenmarkt (COM (2017)228 final vom 10.5.2017) angekündigt.

(14)

Zur Ermittlung dieser Indikatoren wird sich die EU auf wissenschaftliche Untersuchungen stützen, die von der Gemeinsamen Forschungsstelle der Europäischen Kommission im Rahmen von Horizont 2020 durchgeführt werden.

(15)

Dazu können auch Daten von Agenturen im Bereich Justiz und Inneres wie der Europäischen Grenz- und Küstenwache zur Überwachung des Migrationsdrucks sowie des Systems für die Analyse von Vorabinformationen für Frachtgut und des Zollrisikomanagementsystems herangezogen werden, mit denen bestimmte Bedrohungen für die Sicherheit und Integrität der internationalen Lieferketten und kritischen Infrastrukturen wie Hafenanlagen, Flughäfen oder Landgrenzen ermittelt werden.

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