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Document 52019DC0521

    Empfehlung für eine EMPFEHLUNG DES RATES zum nationalen Reformprogramm Polens 2019 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Polens 2019

    COM/2019/521 final

    Brüssel, den 5.6.2019

    COM(2019) 521 final

    Empfehlung für eine

    EMPFEHLUNG DES RATES

    zum nationalen Reformprogramm Polens 2019 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Polens 2019


    Empfehlung für eine

    EMPFEHLUNG DES RATES

    zum nationalen Reformprogramm Polens 2019 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Polens 2019

    DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION –

    gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4,

    gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken 1 , insbesondere auf Artikel 9 Absatz 2,

    auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

    unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments,

    unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,

    nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,

    nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

    nach Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz,

    nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,

    in Erwägung nachstehender Gründe:

    (1)Am 21. November 2018 nahm die Kommission den Jahreswachstumsbericht an, mit dem das Europäische Semester für die wirtschaftspolitische Koordinierung 2019 eingeleitet wurde. Dabei wurde der europäischen Säule sozialer Rechte, die am 17. November 2017 vom Europäischen Parlament, vom Rat und von der Kommission proklamiert wurde, gebührend Rechnung getragen. Die Prioritäten des Jahreswachstumsberichts wurden am 21. März 2019 vom Europäischen Rat gebilligt. Am 21  November 2018 nahm die Kommission auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 auch den Warnmechanismus-Bericht an, in dem sie Polen nicht als einen der Mitgliedstaaten nannte, für die eine eingehende Überprüfung durchgeführt werden sollte.

    (2)Der Länderbericht 2019 für Polen 2 wurde am 27. Februar 2019 veröffentlicht. Darin wurden die Fortschritte Polens bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen des Rates vom 13. Juli 2018, bei der Umsetzung der Vorjahresempfehlungen und bei der Verwirklichung seiner nationalen Ziele im Rahmen der Strategie Europa 2020 bewertet.

    (3)Am 26. April 2019 übermittelte Polen sein nationales Reformprogramm 2019 und am 29. April 2019 sein Konvergenzprogramm 2019. Um wechselseitigen Zusammenhängen Rechnung zu tragen, wurden beide Programme gleichzeitig bewertet.

    (4)Die einschlägigen länderspezifischen Empfehlungen wurden bei der Programmplanung der europäischen Struktur- und Investitionsfonds („ESI-Fonds“) für den Zeitraum 2014-2020 berücksichtigt. Gemäß Artikel 23 der Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates 3 kann die Kommission einen Mitgliedstaat zur Überarbeitung seiner Partnerschaftsvereinbarung und der jeweiligen Programme und zur Unterbreitung von Änderungsvorschlägen auffordern, wenn dies für die Förderung der Umsetzung der einschlägigen Empfehlungen des Rates notwendig ist. In den Leitlinien für die Anwendung von Maßnahmen zur Schaffung einer Verbindung zwischen der Wirksamkeit der ESI-Fonds und der ordnungsgemäßen wirtschaftspolitischen Steuerung 4 hat die Kommission erläutert, wie sie diese Bestimmung anzuwenden gedenkt.

    (5)Polen befindet sich derzeit in der präventiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts. In seinem Konvergenzprogramm 2019 geht Polen von einer leichten Verschlechterung des Gesamtsaldos von einem Defizit von 0,4 % des BIP im Jahr 2018 auf 0,6 % im Jahr 2022 aus, wobei 2019 mit einem Defizit von 1,7 % und 2020 mit einem Überschuss von 0,2 % gerechnet wird. Der neu berechnete strukturelle Saldo wird mit einem Defizit von 1,1 % des BIP nahe beim mittelfristigen Haushaltsziel liegen, das für 2022 mit einem strukturellen Defizit von 1,0 % des BIP angesetzt wurde. Dem Konvergenzprogramm 2019 zufolge wird die gesamtstaatliche Schuldenquote von 48,9 % des BIP im Jahr 2018 bis 2022 auf 40,6 % des BIP zurückgehen. Das makroökonomische Szenario, das diesen Haushaltsprojektionen zugrunde liegt, ist plausibel. Allerdings wurden die operativen Einzelheiten einiger Maßnahmen, die zum Erreichen der ab 2020 anvisierten Defizitziele erforderlich sind, nicht ausreichend spezifiziert.

    (6)Aus dem Konvergenzprogramm 2019 geht hervor, dass Polen im Zusammenhang mit der Dürre Ausgleichsmaßnahmen durchgeführt hat, deren Haushaltsauswirkungen 2018 signifikant waren. Das Konvergenzprogramm belegt Umfang und Art der zusätzlichen Haushaltsbelastung in ausreichender Weise. Eine besondere Behandlung der Ausgaben im Zusammenhang mit der Dürre in Anwendung der „Klausel für außergewöhnliche Ereignisse“ könnte in Betracht gezogen werden. Der Kommission zufolge betrugen die hiermit zusammenhängenden berücksichtigungsfähigen zusätzlichen Ausgaben im Jahr 2018 rund 0,07 % des BIP. Die Bestimmungen nach Artikel 9 Absatz 1 und Artikel 10 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 ermöglichen eine Berücksichtigung dieser zusätzlichen Ausgaben, da eine derartige Dürre als außergewöhnliches Ereignis betrachtet wird, das erhebliche Auswirkungen auf die öffentlichen Finanzen Polens hat, wobei deren Tragfähigkeit durch die Gewährung einer vorübergehenden Abweichung vom Anpassungspfad in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel jedoch nicht gefährdet würde. Um die betreffenden zusätzlichen Kosten zu berücksichtigen, wurde die erforderliche Anpassung in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel für 2018 somit nach unten korrigiert.

    (7)Am 13. Juli 2018 empfahl der Rat Polen sicherzustellen, dass die nominale Wachstumsrate der staatlichen Nettoprimärausgaben 5 im Jahr 2019 4,2 % nicht übersteigt, was einer jährlichen strukturellen Anpassung von 0,6 % des BIP entspricht. Die Kommission geht in ihrer Frühjahrsprognose 2019 davon aus, dass 2019 die Gefahr einer erheblichen Abweichung von dieser empfohlenen Anpassung besteht.

    (8)Angesichts der für Polen prognostizierten Produktionslücke von 2,0 % des BIP darf im Jahr 2020 die nominale Wachstumsrate der gesamtstaatlichen Nettoprimärausgaben 4,4 % nicht überschreiten; dies steht im Einklang mit der strukturellen Anpassung von 0,6 % des BIP nach der gemeinsam vereinbarten Anpassungsmatrix hinsichtlich der Anforderungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts. Die Kommission geht in ihrer Frühjahrsprognose 2019 davon aus, dass 2020 bei einer unveränderten Politik die Gefahr einer erheblichen Abweichung von dieser Anforderung besteht. Insgesamt ist der Rat der Auffassung, dass die erforderlichen Maßnahmen ab 2019 ergriffen werden sollten, um die Vorgaben des Stabilitäts- und Wachstumspakts einzuhalten.

    (9)Bei der Steuerdisziplin hat Polen erhebliche Fortschritte erzielt. Gleichzeitig erlebte das Land ein starkes Wirtschaftswachstum, der Arbeitsmarkt war lebhaft, und der Anteil der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten stieg allmählich an. All diese Faktoren trugen zu einem Anstieg der öffentlichen Einnahmen bei. Ein Teil der Mehreinnahmen ist zyklischer Natur und bleibt bei einer Verschlechterung des makroökonomischen Umfelds möglicherweise nicht mehr bestehen. Gleichzeitig erhöhten sich in den letzten Jahren die öffentlichen Ausgaben im Verhältnis zum BIP. Mehrere neue Ausgabenkategorien sind dauerhaft und in naher Zukunft möglicherweise nicht leicht zu ändern. Weiter in die Zukunft blickend, werden die öffentlichen Finanzen Polens zudem durch steigende Ausgaben, insbesondere aufgrund der Alterung der Bevölkerung, unter Druck geraten. Diese Faktoren verstärken die Notwendigkeit neuer Instrumente zur Stärkung der Ausgabenverwaltung, darunter eine regelmäßige Bewertung der Wirksamkeit und Effizienz der Ausgaben. Polen hat zwar 2018 weiter an der Verbesserung des Haushaltsverfahrens gearbeitet, die Reform insgesamt ist allerdings komplex und wird über mehrere Jahre hinweg schrittweise angewandt werden. Während der haushaltspolitische Rahmen insgesamt stark ist und unabhängige Institutionen einige der normalerweise von Fiskalräten wahrgenommen Aufgaben übernehmen, ist Polen nach wie vor der einzige Mitgliedstaat ohne einen unabhängigen Rat für Finanzpolitik. Bei der Begrenzung der umfassenden Anwendung ermäßigter Mehrwertsteuersätze hat Polen zwar keine Fortschritte gemacht, doch die Regierung hat eine Reform eingeleitet, die dafür sorgen könnte, dass die Sätze weniger komplex und weniger fehleranfällig werden.

    (10)Bis 2017 war das Durchschnittsalter für den Renteneintritt infolge früherer Reformen, etwa zur Aufhebung von Vorruhestandsregelungen und zur schrittweisen Anhebung des gesetzlichen Renteneintrittsalters, gestiegen. 2018 sank das durchschnittliche Renteneintrittsalter sowohl für Männer als auch für Frauen, was darauf zurückzuführen ist, dass das gesetzliche Renteneintrittsalter Ende 2017 gesenkt wurde. Eine weitere Anhebung des tatsächlichen Renteneintrittsalters ist angesichts des Rückgangs der Erwerbsbevölkerung von entscheidender Bedeutung für die Erwerbsbeteiligung und damit das Wirtschaftswachstum. Sie ist auch unerlässlich, um in der Zukunft angemessene Renten sicherzustellen, Altersarmut zu verhindern und damit auch die finanzielle Tragfähigkeit des Rentensystems zu verbessern. Die Senkung des gesetzlichen Renteneintrittsalters auf 60 Jahre für Frauen und auf 65 Jahre für Männer im Herbst 2017 wird erhebliche negative Auswirkungen auf die Rentenhöhe haben und eine erhebliche Kluft zwischen Männern und Frauen verursachen. Die bestehenden präferenziellen Altersversorgungssysteme bedeuten eine Belastung für die öffentlichen Haushalte und verringern die sektorenübergreifende Mobilität der Arbeitskräfte. Das besondere Sozialversicherungssystem für Landwirte, das in Höhe von etwa 0,8 % des BIP bezuschusst wird, beeinträchtigt die Arbeitsmobilität und trägt zur versteckten Arbeitslosigkeit in der Landwirtschaft bei.

    (11)Das günstige makroökonomische Umfeld hat in den letzten Jahren dazu beigetragen, dass sich der polnische Arbeitsmarkt gut entwickelt hat. Die Beschäftigungsquote ist weiter gestiegen, und die Arbeitslosenquote lag 2018 nach mehreren Jahren des Rückgangs stabil bei einem historischen Tiefstand von unter 4 %. Allerdings verharrt die Beteiligung einiger Gruppen der Erwerbsbevölkerung, insbesondere von gering Qualifizierten, Menschen mit Behinderungen und den sie betreuenden Personen sowie älteren Menschen, im Vergleich zu anderen Mitgliedstaaten auf einem niedrigen Niveau. Das polnische Sozialleistungssystem bietet unzureichende Anreize zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit. Das Kindergeld hat dazu beigetragen, Armut und die Ungleichverteilung abzubauen, es hatte jedoch gleichzeitig durch seine Höhe und Ausgestaltung negative Auswirkungen auf die Erwerbsbeteiligung der Eltern, vor allem von Frauen. Die Quote der Kinder unter drei Jahren in formellen Kinderbetreuungseinrichtungen zählt weiterhin zu den niedrigsten in der EU. Außerdem wird Langzeitpflege in den meisten Fällen fast ohne institutionelle Unterstützung von Familienmitgliedern erbracht, was es den pflegenden Personen unmöglich macht zu arbeiten. Das gesunkene gesetzliche Renteneintrittsalter hat einige ältere Arbeitskräfte dazu bewegt, aus dem Erwerbsleben auszuscheiden. Die Migration aus Drittländern trägt dazu bei, die steigende Nachfrage nach Arbeitskräften zu befriedigen; es gibt jedoch Anzeichen dafür, dass ein weiterer Zustrom von Arbeitsmigranten schwer zu erreichen ist.

    (12)Im Zeitraum von 2015 bis 2017 hat Polen Maßnahmen gegen die Segmentierung des Arbeitsmarktes ergriffen, durch die die Möglichkeiten des Missbrauchs befristeter Beschäftigungsverhältnisse eingeschränkt und die Sozialabgaben bei bestimmten atypischen Arbeitsverhältnissen erhöht wurden und bei einigen dieser Arbeitsverhältnisse ein Mindeststundenlohn eingeführt wurde. Der Anteil der befristeten Verträge ist zwar seit 2015 dank der ergriffenen Maßnahmen und dem Mangel an Arbeitskräften zurückgegangen und dieser Prozess hat sich 2018 beschleunigt; der Anteil zählt aber immer noch zu den höchsten in der EU. Weitere Gesetzesänderungen, mit denen dieses Problem angegangen werden sollte, wurden nicht weiterverfolgt, da die Reform des Arbeitsrechts letztlich nicht umgesetzt wurde. Angemessene künftige Renten für Selbstständige und Beschäftigte mit bestimmten atypischen Verträgen stellen ein potenzielles Problem dar.

    (13)Ein qualitativ hochwertiges, auf die lebenslange Perspektive ausgerichtetes Bildungs- und Ausbildungssystem, das durch ausreichende Investitionen unterstützt wird, könnte ein entscheidender Faktor für bessere künftige Wachstumsaussichten in Polen sein. Die Vermittlung von Fähigkeiten und Kompetenzen, die für die Beschäftigung in einem sich rasch wandelnden Arbeitsmarkt benötigt werden, ist eine wichtige Herausforderung, um sowohl die Erwerbsbeteiligung als auch die Innovationsfähigkeit der Wirtschaft zu fördern. Der Anteil der Erwachsenen, die an Bildungs- und Weiterbildungsmaßnahmen teilnehmen, liegt weit unter dem EU-Durchschnitt, und die betriebliche Bildung wird zu wenig genutzt. In Kombination mit gewissen Schwächen bei den digitalen Kompetenzen sowie bei den Lese-, Schreib- und Rechenfertigkeiten, insbesondere unter Erwachsenen ohne höheren Bildungsabschluss, schmälert dies deren Beschäftigungsfähigkeit. Die unzureichende Qualität der Lehrerausbildung und ihre Qualifikationslücken dürften sich negativ auf die Qualität der Bildung auswirken. Außerdem weist das Qualitätssicherungssystem für die Hochschulbildung Schwächen auf. Trotz der jüngsten Reformen in der beruflichen Bildung und in der Hochschulbildung mangelt es nach wie vor an einer erfolgreichen Koordinierung der Erwachsenenbildung, und die Auswirkungen verschiedener politischer Maßnahmen auf die Qualität der allgemeinen und beruflichen Bildung und die Qualifikationsniveaus sind unklar. 

    (14)Die langfristigen wirtschaftlichen Aussichten Polens hängen von der Innovationsfähigkeit der Wirtschaft ab. Die Innovationstätigkeit ist in dem Land jedoch immer noch niedrig; der Niedrigtechnologiesektor hat einen bedeutenden Anteil an der Wirtschaftsstruktur des Landes und bei der Innovationsleistung bestehen große regionale Unterschiede. Zwar wurden einige Maßnahmen zur Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Wirtschaft ergriffen, doch es gibt nach wie vor eine Reihe von Hindernissen sowohl finanzieller als auch anderer Art. Insbesondere komplexe Verwaltungsverfahren und die begrenzten Kompetenzen von Wissenschaftlern im Umgang mit gemeinsamen öffentlich-privaten Forschungs- und Entwicklungsprojekten stellen immer noch große Hemmnisse dar. Bei der Verbreitung innovativer Lösungen spielen Cluster und formalisierte Unternehmensnetzwerke, insbesondere zwischen kleinen und mittleren Unternehmen sowie Großunternehmen, nur in begrenztem Maße eine Rolle. Die Hochschulreform von 2018 bringt Verbesserungen in einigen Aspekten der polnischen Wissenschaftslandschaft, setzt bei wichtigen Fragen wie der Fragmentierung des Forschungssektors, der Bezahlung der Forscher oder der Internationalisierung der polnischen Wissenschaft jedoch nur teilweise an. Die Bruttoinlandsausgaben für Forschung und Entwicklung beschränkten sich 2017 auf etwa die Hälfte des Unionsdurchschnitts, wobei erhebliche regionale Unterschiede bestehen.

    (15)Die Ergebnisse im Gesundheitsbereich haben sich zwar weiter verbessert, liegen jedoch noch immer unter dem EU-Durchschnitt, wobei die Lebenserwartung der Männer um 8,2 Jahre niedriger ist als die der Frauen und die Kluft zwischen den Polen mit dem höchsten Bildungsniveau und denen mit dem niedrigsten 10 Jahre beträgt. Der Zugang zum Gesundheitssystem und dessen Wirksamkeit leiden unter fehlender Finanzierung und Personalmangel. Die Zahl der praktizierenden Ärzte und Krankenpflegekräfte im Verhältnis zur Größe der Bevölkerung gehört zu den niedrigsten in der Union, und ein Viertel des medizinischen Personals hat das Renteneintrittsalter bereits überschritten. Der nicht gedeckte Bedarf an ärztlicher Versorgung ging 2017 zurück, ist jedoch nach wie vor mit am höchsten in der EU, und die Wartezeiten für bestimmte Behandlungen sind seit 2010 erheblich gestiegen. Polen hat Übersichten für den Bedarf in der Gesundheitsversorgung erstellt, doch sie werden noch nicht bei Entscheidungen über die Beschaffung von Gesundheitsdienstleistungen und Investitionen herangezogen. Das Gesundheitssystem basiert nach wie vor zu sehr auf der Krankenhausversorgung, und die medizinische Grundversorgung und die ambulante Behandlung sind nach wie vor unterentwickelt. Das Langzeitpflegesystem ist schwach; es mangelt an standardisierten Diensten und an einem kohärenten strategischen Ansatz. Die Langzeitpflege wird überwiegend von informell Pflegenden erbracht, häufig von Familienmitgliedern mit geringer institutioneller Unterstützung. 2017 beliefen sich die öffentlichen Gesundheitsausgaben Polens auf 4,7 % des BIP und lagen damit deutlich unter dem EU-Durchschnitt von 7 % des BIP. Polen plant, diese Ausgaben in den kommenden Jahren schrittweise zu erhöhen. Dies könnte jedoch schwer umzusetzen sein, da die kürzlich angekündigten Pläne zur Erhöhung der Sozialtransfers zugunsten von Haushalten mit mittlerem- und hohen Einkommen den haushaltspolitischen Spielraum begrenzen werden.

    (16)Die Infrastruktur hat sich in Polen zwar erheblich verbessert, in einigen Sektoren bestehen jedoch immer noch erhebliche Lücken in der Anbindung. Investitionen im Straßenbau, die gemäß dem nationalen Straßenbauprogramm bis 2024 abgeschlossen werden sollen, konzentrieren sich vor allem auf den östlichen Teil Polens, und einige nördliche Regionen bleiben schlechter angebunden. Im Transeuropäischen Schienenverkehrsnetz bestehen nach wie vor erhebliche Lücken, und Investitionen in die Bahn verlaufen langsamer als Investitionen im Straßenverkehr. Die Quote der Verkehrsunfälle mit Todesfolge gehört nach wie vor zu den höchsten in der Union. Die Städte stehen vor wachsenden Mobilitätsherausforderungen, etwa in Form von Verkehrsstaus und Luftverschmutzung infolge der zunehmenden Anzahl von Pkw und des hohen Anteils alter Fahrzeuge. Die Treibhausgasemissionen des Straßenverkehrs sind in den letzten fünf Jahren stark gestiegen. Die derzeitigen Anreize zur Nutzung öffentlicher, emissionsarmer Verkehrsmittel und aktiver Formen der Fortbewegung reichen nicht aus, um diesen Herausforderungen zu begegnen. Die Festnetz-Internetanbindung in Polen gehört nach wie vor zu den niedrigsten in der Union; ultraschnelle Breitbandverbindungen stehen hauptsächlich in Großstädten zur Verfügung.

    (17)Polen gehört zu den Ländern in der Union, deren Wirtschaft die geringste CO2-Effizienz aufweist. Die schlechte Isolierung öffentlicher und privater Gebäude trägt zu einem höheren Energieverbrauch und Energiearmut bei. Darüber hinaus befinden sich in Polen, insbesondere in den südlichen und zentralen Regionen, die Städte mit der größten Luftverschmutzung in der Union. Investitionen in höhere Energieeffizienz, insbesondere im Gebäudesektor, die Erhöhung des Anteils der CO2-armen und umweltfreundlicheren Energieerzeugung und die Förderung einer Senkung der Verkehrsemissionen würden die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen verringern und die Luftverschmutzung eindämmen und gleichzeitig die sozialen Kosten senken und die Lebensqualität verbessern. Das derzeitige rechtliche Umfeld – darunter das Gasbevorratungsgesetz, das Gesetz zum Einfrieren der Strompreise und die Vorschriften für Windparks an Land – könnte Investitionen in die Strom- und Gasmärkte hemmen und die langfristige Wettbewerbsfähigkeit des polnischen Energiesektors und der energieintensiven Industrien beeinträchtigen.

    (18)Die Qualität neuer und überarbeiteter Gesetze sowie stabile und berechenbare Rahmenbedingungen für Unternehmen sind für die Aufrechterhaltung günstiger wirtschaftlicher Bedingungen und die Förderung privater Investitionen von großer Bedeutung. Der instabile Rechtsrahmen und andere Hindernisse für die Expansion von Unternehmen wirken sich negativ auf die Investitionstätigkeit und die Produktivität aus. Die Einführung eines wirksamen Dialogs mit allen Interessenträgern würde helfen, die Qualität der Gesetzgebung zu verbessern und die Zahl der erforderlichen Überarbeitungen zu begrenzen und somit einen Beitrag zu stabilen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu leisten. Daher trüge die Stärkung der Rolle der Konsultationen der Sozialpartner und der Öffentlichkeit durch die Gewährleistung einer ausreichenden Frist für Konsultationen, eine bessere Berücksichtigung der im Laufe des Prozesses eingeholten Stellungnahmen von Interessenträgern und die Minimierung der Zahl der von Konsultationen ausgenommenen Gesetze wesentlich dazu bei, den durch häufige Gesetzesänderungen verursachten Verwaltungsaufwand so gering wie möglich zu halten, die Investitionstätigkeit zu erhöhen und langfristig ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum zu fördern. Die Kommission ist der Auffassung, dass die Gefahr schwerwiegender Verstöße gegen die Rechtsstaatlichkeit in Polen fortbesteht und sich die Lage weiter verschlechtert, da viele der beanstandeten Maßnahmen umgesetzt und verfestigt werden. Diese Bedenken sind Gegenstand laufender Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof und im Zusammenhang mit Artikel 7 EUV. Rechtssicherheit und das Vertrauen in die Qualität und Berechenbarkeit von Politik und Institutionen in den Bereichen Gesetzgebung und Steuern und in anderen Bereichen sind wichtige Faktoren für das Investitionsumfeld.

    (19)Die Programmplanung der EU-Fonds für den Zeitraum 2021-2027 könnte dazu beitragen, einige der in den Empfehlungen festgestellten Lücken zu schließen, insbesondere in den in Anhang D des Länderberichts 6 behandelten Bereichen. Dies würde es Polen ermöglichen, diese Fonds unter Berücksichtigung der regionalen Unterschiede optimal für die ermittelten Sektoren zu nutzen.

    (20)In den letzten Jahren hat die Rolle des Staates im Banken-, im Versicherungs- und im Energiesektor stark zugenommen. Diese zunehmende staatliche Beteiligung stellt eine neue Herausforderung für den Wettbewerb und den Regulierungs- und Steuerungsrahmen dar. Die Qualität des Regierungshandelns und die Unabhängigkeit der Regulierungs- und Aufsichtsbehörden gewinnen daher angesichts potenzieller Interessenkonflikte und stärkerer Verbindungen zwischen Finanzsektor und Staat immer mehr an Bedeutung.

    (21)Vor dem Hintergrund dieser Bewertung hat der Rat das Stabilitätsprogramm 2019 geprüft; seine Stellungnahme 7 hierzu spiegelt sich insbesondere in der Empfehlung 1 wider.

    EMPFIEHLT, dass Polen 2019 und 2020

    1.sicherstellt, dass die nominale Wachstumsrate der gesamtstaatlichen Nettoprimärausgaben im Jahr 2020 4,4 % nicht überschreitet, was einer jährlichen strukturellen Anpassung von 0,6 % des BIP entspricht; weitere Schritte unternimmt, um die Effizienz der öffentlichen Ausgaben zu steigern, auch durch eine Verbesserung des Haushaltsverfahrens;

    2.die Angemessenheit künftiger Rentenleistungen und die Tragfähigkeit des Rentensystems gewährleistet, indem es Maßnahmen zur Anhebung des tatsächlichen Renteneintrittsalters ergreift und die präferenziellen Altersversorgungssysteme reformiert; Maßnahmen ergreift, um die Erwerbsbeteiligung zu erhöhen – unter anderem durch die Verbesserung des Zugangs zu Kinderbetreuung und Langzeitpflege –, und die noch bestehenden Hindernisse für dauerhaftere Beschäftigungsverhältnisse beseitigt; hochwertige Bildung und den Erwerb auf dem Arbeitsmarkt benötigter Kompetenzen fördert, insbesondere durch Erwachsenenbildung;

    3.die Innovationskraft der Wirtschaft stärkt, unter anderem durch die Förderung von Forschungseinrichtungen und deren engerer Zusammenarbeit mit Unternehmen; den Schwerpunkt der investitionsbezogenen Wirtschaftspolitik auf Innovation, Verkehr – insbesondere dessen Nachhaltigkeit –, die digitale und die Energieinfrastruktur, die Gesundheitsversorgung und eine sauberere Energie legt und dabei regionalen Unterschieden Rechnung trägt; die rechtlichen Rahmenbedingungen verbessert, insbesondere durch eine stärkere Rolle von Konsultationen der Sozialpartner und der Öffentlichkeit im Gesetzgebungsprozess.

    Geschehen zu Brüssel am […]

       Im Namen des Rates

       Der Präsident

    (1)    ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.
    (2)    SWD(2019) 1020 final.
    (3)    Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 mit gemeinsamen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds, den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds sowie mit allgemeinen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1083/2006 des Rates (ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 320).
    (4)    COM(2014) 494 final.
    (5)    Die staatlichen Nettoprimärausgaben umfassen die Gesamtheit der Staatsausgaben ohne Zinsaufwendungen, Ausgaben für Unionsprogramme, die vollständig durch Einnahmen aus Fonds der Union ausgeglichen werden, und nichtdiskretionäre Änderungen der Ausgaben für Arbeitslosenunterstützung. Staatlich finanzierte Bruttoanlageinvestitionen werden über einen Zeitraum von vier Jahren geglättet. Diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen oder gesetzlich vorgeschriebene Einnahmensteigerungen werden eingerechnet. Einmalige Maßnahmen sowohl auf der Einnahmen- als auch auf der Ausgabenseite werden saldiert.
    (6)    SWD(2019) 1020 final.
    (7)    Gemäß Artikel 9 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97.
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