EUROPÄISCHE KOMMISSION
Brüssel, den 29.9.2025
COM(2025) 561 final
BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT
Risikomanagement und Resilienzaufbau in Europa fördern:
Erster Bericht über die Umsetzung der Unionsziele für Katastrophenresilienz
Zweite Aktualisierung bezüglich Prävention und Management von Katastrophenrisiken in Europa
{SWD(2025) 279 final}
1.Zusammenfassung
Das Katastrophenschutzverfahren der Union spielt eine zentrale Rolle bei der künftigen Gestaltung des Katastrophenrisikomanagements in ganz Europa. Es fördert einen proaktiven, vorausschauenden Ansatz für Katastrophenvorsorge und Resilienz im Einklang mit den 2023 angenommenen Unionszielen für Katastrophenresilienz (Union Disaster Resilience Goals – DRG) und der kürzlich angenommenen EU-Strategie für eine Union der Krisenvorsorge.
Im vorliegenden Bericht werden das Risikomanagement und der Resilienzaufbau in der EU aus der Perspektive des Katastrophenschutzverfahrens der Union untersucht. Er zeigt die Entwicklungen sowohl auf nationaler als auch auf EU-Ebene auf, wobei der Schwerpunkt auf vier Themenbereichen liegt: Antizipation, Vorsorge in der Bevölkerung, Frühwarnung und Resilienz des Katastrophenschutzes. Er stellt einen ersten Fortschrittsbericht über die Umsetzung der DRG gemäß Artikel 34 Absatz 2 und den zweiten Fortschrittsbericht über Risikoprävention und Risikomanagement gemäß Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe g des Beschlusses Nr. 1313/2013/EU dar.
Die Ergebnisse bestätigen im Großen und Ganzen, dass ein proaktiverer, umfassenderer und besser integrierter Ansatz für Resilienz und Krisenvorsorge erforderlich ist, wie in der EU-Strategie für eine Union der Krisenvorsorge vorgeschlagen. Im Bereich der Antizipation müssen für die Zwecke einer risikobasierten Entscheidungsfindung hochwertige Daten, wissenschaftliche Forschung sowie Analyseinstrumente und -kapazitäten weiterentwickelt werden. Die für 2026 geplante umfassende EU-Bewertung von Risiken und Bedrohungen wird diese Bemühungen in allen Bereichen weiter voranbringen.
Die Verbesserung der Vorsorge in der Bevölkerung ist nach wie vor von entscheidender Bedeutung. Zwar wurden Fortschritte erzielt, doch bestehen nach wie vor erhebliche Lücken, was deutlich macht, dass Kommunikationsinstrumente weiterentwickelt werden müssen, die Verhaltensänderungen bewirken, eine Kultur der Krisenvorsorge fördern und eine inklusive Kommunikation gewährleisten, die schutzbedürftige Gruppen, einschließlich Menschen mit Behinderungen, miteinbezieht. Auf EU-Ebene umfassen die geplanten Maßnahmen einen EU-weiten Tag zur Sensibilisierung für Risiken und neue Leitlinien sowie eine Pilotschulung für nationale Experten im Bereich der Risikokommunikation. Synergien mit ProtectEU, der EU-Strategie für die innere Sicherheit, werden dazu führen, dass sich die Kommunikation und die Koordinierung in Bezug auf Risiken, Bedrohungen und Resilienz in der gesamten EU weiter verbessern.
Die Wirksamkeit von Frühwarnsystemen war ein weiterer kritischer Schwerpunktbereich. Zwar verbessern sich durch technologische Fortschritte wie den Copernicus-Katastrophen- und Krisenmanagementdienst und den Start des Galileo-Satellitendienstes für Notfallwarnungen (EWSS) die öffentlichen Alarmkapazitäten erheblich, dennoch sind organisatorische und menschliche Faktoren nach wie vor unverzichtbar, damit auf Warnungen zeitnah lebensrettende Maßnahmen folgen. Weitere Anstrengungen sind erforderlich, um die Verbreitung von Warnmeldungen, die Notfallplanung und die Integration interoperabler, auf Mehrfachrisiken ausgerichteter Frühwarnsysteme auf nationaler und grenzüberschreitender Ebene zu verbessern.
Um die Resilienz des Katastrophenschutzes zu stärken, haben die Kommission und die Mitgliedstaaten Initiativen ergriffen, um Notfallzentren einem Stresstest zu unterziehen und die Planung von Investitionen zu verbessern. Nachhaltige Investitionen sowohl in die physische Infrastruktur als auch in operative Prozesse sind von entscheidender Bedeutung, um die Kontinuität der Notfalldienste zu gewährleisten. Die Stärkung der finanziellen Resilienz ist ebenfalls wichtig, um die Bewältigung unerwarteter Krisen und die rasche Erholung davon zu verbessern. Eine sektorübergreifende und grenzüberschreitende Zusammenarbeit ist für die ressortübergreifende Katastrophenresilienz nach wie vor unerlässlich.
Die Kommission hat das Instrumentarium für den Kapazitätsaufbau im Rahmen des Katastrophenschutzverfahrens der Union erweitert, um die Katastrophenschutzbemühungen in der gesamten EU besser zu unterstützen. Diese Unterstützung muss weiter ausgebaut werden, um das Katastrophenrisikomanagement und die Umsetzung der DRG zu stärken.
Dieser Bericht konzentriert sich zwar in erster Linie auf die Entwicklungen innerhalb der EU und insbesondere auf deren Katastrophenschutzverfahren, es wird darin jedoch auch anerkannt, dass die Sicherheit der Union und ihre Bemühungen im Bereich des Katastrophenrisikomanagements nicht isoliert verfolgt werden können. Die Stärkung der Resilienz in Nachbarregionen und das Bestreben, rund um die EU einen breiteren Sicherheitsgürtel zu schaffen, werden ausschlaggebend dafür sein, die Vorsorge in der Union zu stärken und die gemeinsame Sicherheit zu gewährleisten.
2.Einleitung
In den letzten Jahren war die EU mit einer Vielzahl von Katastrophen, Krisen und Bedrohungen konfrontiert, die zu Verlust von Menschenleben und Schäden zunehmenden Ausmaßes geführt und Schwachstellen in den Systemen, die grundlegende Dienstleistungen erbringen, offengelegt haben. Das Katastrophenschutzverfahren der Union hat eine zentrale Rolle bei der gemeinsamen Bewältigung in der EU gespielt, indem Ländern in Not darüber koordinierte Soforthilfe zur Verfügung gestellt worden ist. Gleichzeitig ist das Katastrophenschutzverfahren der Union an der Herausforderung einer immer komplexeren Risikolandschaft gewachsen: Seine Bewältigungsfähigkeiten wurden durch die Ausweitung von rescEU und den Ausbau des Zentrums für die Koordination von Notfallmaßnahmen (Emergency Response Coordination Centre, ERCC) gestärkt. Die Anstrengungen konzentrierten sich auch auf die Stärkung des Katastrophenrisikomanagements und der Resilienz, insbesondere durch die Annahme der Unionsziele für Katastrophenresilienz im Bereich des Katastrophenschutzes im Jahr 2023 und der EU-Strategie für eine Union der Krisenvorsorge im Jahr 2025 mit einem breiteren sektorübergreifenden Anwendungsbereich.
Gegenstand des vorliegenden Berichts sind das Risikomanagement und der Resilienzaufbau in der EU, wobei der Schwerpunkt auf vier Themenbereichen liegt:
1.Antizipation,
2.Vorsorge in der Bevölkerung,
3.Frühwarnung und
4.Resilienz des Katastrophenschutzes.
Grundlage sind zwei unterschiedliche Verpflichtungen im Rahmen des Beschlusses über ein Katastrophenschutzverfahren der Union, nämlich der erste Fortschrittsbericht über die Umsetzung der DRG gemäß Artikel 34 Absatz 2 und der zweite Fortschrittsbericht über Risikoprävention und Risikomanagement gemäß Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe g.
In diesem Bericht werden die Entwicklungen sowohl auf nationaler als auch auf EU-Ebene betrachtet, wobei jedoch auf gewisse Einschränkungen aufgrund des unterschiedlichen Zeitrahmens und des unterschiedlichen Umfangs der verfügbaren Daten hingewiesen wird. Die Erkenntnisse auf nationaler Ebene stützen sich auf die Beiträge der Mitgliedstaaten und der Teilnehmerstaaten gemäß Artikel 6 des Beschlusses über ein Katastrophenschutzverfahren der Union und zeigen die Fortschritte auf, die seit der Veröffentlichung des Berichts der Kommission von 2024 mit dem Titel „Prävention und Management von Katastrophenrisiken in Europa“ erzielt wurden. In der dem vorliegenden Bericht beigefügten Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen werden die Erkenntnisse aus diesen nationalen Informationsbeiträgen eingehender dargelegt. Zu den Entwicklungen auf EU-Ebene gehören jüngere Initiativen der Kommission, die darauf abzielen, die Unionsziele für Katastrophenresilienz voranzubringen und das Risikomanagement im Rahmen des Katastrophenschutzverfahrens zu unterstützen.
3.Antizipation
DRG 1 „Antizipieren“ – Verbesserung der Risikobewertung, Antizipation und Planung des Katastrophenrisikomanagements Ziel 1 hat zusammen mit der begleitenden Leitinitiative zur Entwicklung von Szenarien den antizipatorischen Arbeitsbereichen neue Impulse verliehen. Unter diesem Ziel werden eine bessere Nutzung von vorausschauenden Ansätzen und Mehrgefahren-Ansätzen, die Bewertung von Anfälligkeiten, grenzüberschreitenden und sektorübergreifenden Auswirkungen und die Einbeziehung von Risiko-Expertise in die Präventions- und Vorsorgeplanung gefordert.
3.1.Initiativen der Kommission
Zwei zentrale Maßnahmen haben die Antizipationsfähigkeit im Zeitraum 2023-2024 gestärkt: i) die Entwicklung von Katastrophenszenarien, die in die Planung des Katastrophenschutzverfahrens einfließen, und ii) die Verbesserung der Risikodaten für grenzüberschreitende Risiken.
3.1.1.Entwicklung von Szenarien: Ein neues Instrument zur Stärkung der Katastrophenvorsorge im Rahmen des Katastrophenschutzverfahrens der Union
Im Rahmen des 2023 als Leitinitiative auf den Weg gebrachten Projekts zur Entwicklung von Szenarien wurden zehn EU-weite Katastrophenszenarien erarbeitet, die – gestützt auf operatives, wissenschaftliches und thematisches Fachwissen – in Zusammenarbeit mit nationalen Experten, Kommissionsdienststellen und Forschenden entwickelt wurden. Die Szenarien decken 16 natürliche und vom Menschen verursachte Gefahren ab, die so ausgewählt wurden, dass sie die Breite der sich wandelnden Risikolandschaft der EU widerspiegeln und geeignet sind, plausible Worst-Case-Szenarien mit grenzüberschreitenden und sektorübergreifenden Auswirkungen zu untersuchen.
Die Analyse führte zu einem breiten Spektrum szenariospezifischer Feststellungen, zeigte aber auch mehrere bereichsübergreifende prioritäre Bereiche für verstärkte Maßnahmen auf (siehe Kasten Nr. 1 unten). Die Ergebnisse fließen in die Präventions- und Vorsorgeplanung auf EU-Ebene ein, unter anderem zur Festlegung von Zielen für die Bewältigungskapazitäten des Katastrophenschutzverfahrens und zur Stärkung der Koordinierung zwischen dem Katastrophenschutz und anderen Politikbereichen. Die Entwicklung von Szenarien ist als kontinuierlicher Prozess geplant: Im Fall sich verändernder Risiken und politischer Prioritäten können zusätzliche Szenarien entwickelt und bestehende Szenarien überarbeitet werden.
3.1.2.Zusammenstellung EU-weiter Risikodaten für grenzüberschreitende Risikobewertung und Risikomanagement
Im Rahmen des Katastrophenschutzverfahrens wurde in die Stärkung der Wissensbasis investiert, die für ein vorausschauendes Risikomanagement erforderlich ist, unter anderem durch die zentrale Plattform für Risikodaten, die im Rahmen des Wissenszentrums für Katastrophenvorsorge der Gemeinsamen Forschungsstelle entwickelt wurde.
Die zentrale Plattform für Risikodaten wurde vor dem Hintergrund der seit Langem bestehenden Herausforderung fragmentierter und uneinheitlicher Risikodaten auf EU-Ebene eingerichtet und dient dazu, sowohl das Katastrophenrisikomanagement als auch die Anpassung an den Klimawandel zu unterstützen. Als zentrale Plattform bietet sie freien Zugang zu kuratierten, faktengestützten Datensätzen in den Bereichen Gefahren, Exposition, Anfälligkeiten sowie Katastrophenschäden und -verlusten. Es gibt laufende Bemühungen, die Menge und die Qualität dieser Datensätze – durch die Aufnahme von Aspekten wie Risiko-Scores, Exposition der Bevölkerung, Gebäude, kritische Infrastrukturen und multidimensionale Anfälligkeiten – zu erhöhen, damit ein integrierter Überblick über Katastrophenrisiken möglich ist und die Öffentlichkeit besser sensibilisiert werden kann.
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Kasten Nr. 1: Lehren aus der Entwicklung von EU-Katastrophenszenarien:
fünf verstärkt anzugehende Handlungsfelder
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I.Bewältigungskapazität des Katastrophenschutzverfahrens: Die operativen Bewältigungsfähigkeiten, einschließlich Weiterentwicklung und Diversifizierung der rescEU-Reserve, müssen weiter gestärkt werden.
II.Sektorübergreifende Gesamtkoordinierung: Es ist mehr Gewicht auf einem Mehrgefahren-Ansatz, einer sektorübergreifenden Koordinierung und der Zusammenarbeit mit Akteuren, die nicht Teil des Katastrophenschutzes sind, erforderlich, um auf komplexe Notfälle besser vorbereitet zu sein.
III.Wissen und Kommunikation im Hinblick auf Katastrophenrisiken: Antizipation, Risikoermittlung, Kommunikation, Vorsorge in der Bevölkerung und Frühwarnung müssen verbessert werden.
IV.Einbeziehung schutzbedürftiger Bevölkerungsgruppen: Regelungen für Prävention, Vorsorge und Bewältigung sollten systematischer die besonderen Bedürfnisse schutzbedürftiger Gruppen und von Menschen mit Behinderungen berücksichtigen.
V.Finanzierung: Verstärkte und flexiblere Finanzierungsmechanismen könnten dazu beitragen, die Folgen sektorübergreifender, lang anhaltender und grenzüberschreitender Katastrophen abzufedern.
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3.2. Nationale Initiativen
Die Berichterstattung der Mitgliedstaaten und der Teilnehmerstaaten im Bereich der Antizipation zeigt eine kontinuierliche Weiterentwicklung der Risikobewertungsmethoden, was auf Fortschritte auf mehreren Gebieten hindeutet. Zwar sind klassische Einzelrisikobewertungen nach wie vor der am weitesten verbreitete Ansatz, doch wird gefahrenübergreifenden Ansätzen und der Untersuchung von Mehrfachrisiken und Kaskadeneffekten, insbesondere in Bezug auf kritische Infrastrukturen, zunehmend Aufmerksamkeit geschenkt. Auch bei neu auftretenden Risiken wird verstärkt hingesehen, wobei mehr als ein Drittel der Länder bei der Risikoermittlung Methoden der Vorausschau und Antizipation anwenden. Zu diesen gehören Belgien, Irland und die Niederlande, die das sogenannte „Horizon Scanning“ in ihre Risikobewertungsprozesse integriert haben.
Überschwemmungen, extreme Wetterereignisse, nukleare und radiologische Unfälle, Dürren und von Menschen oder Tieren ausgehende Gesundheitsrisiken sind nach wie vor die Risiken, die am häufigsten gemeldet werden. Die sich wandelnde Risikolandschaft hat jedoch dazu geführt, dass auch neue Bedrohungen und Szenarien, insbesondere im Sicherheitsbereich, berücksichtigt werden. Es besteht ein wachsendes Bewusstsein für vom Menschen verursachte Risiken, darunter Industrie- und nukleare Unfälle, Störungen kritischer Infrastrukturen und Cyberangriffe. Umwelt- und chemische Risiken haben seit 2015 erheblich zugenommen, und die Risiken im Bereich Transport und Verkehr verzeichnen den stärksten Anstieg seit 2020.
Die Länder bewerten zunehmend die Anfälligkeit ihrer jeweiligen Gebiete, Sektoren und Bevölkerungsgruppen und quantifizieren, wie sich Katastrophen auf der menschlichen, wirtschaftlichen und ökologischen Ebene auswirken. Mehrere Länder beziehen inzwischen die Folgen des Klimawandels in ihre Risikobewertungen ein und berücksichtigen dabei auch die politischen und gesellschaftlichen Auswirkungen, wie z. B. klimabedingte Migration. Dies weist auf ein wachsendes Verständnis der Zusammenhänge zwischen dem Katastrophenrisikomanagement und der Anpassung an den Klimawandel hin, wobei der Klimawandel als wichtiger Risikofaktor erkannt wird.
Die nationalen Berichte weisen auf Fortschritte bei der Erhebung von Daten zu Katastrophenschäden hin sowie auf die Entwicklung einer zentralen nationalen Datenbank in Spanien, Portugal und Ungarn. Obwohl weithin anerkannt wird, wie wichtig Daten über Verluste und Schäden für die Risikoanalyse und -planung sind, bestehen nach wie vor erhebliche Lücken; es fehlt etwa ein einheitliches nationales System zur Konsolidierung von Daten, und Daten werden nur begrenzt erfasst.
3.3
Weiteres Vorgehen
Die EU-Strategie für eine Union der Krisenvorsorge gibt die Richtung für die künftige Arbeit vor und legt besonderes Augenmerk auf Antizipation und einen gefahrenübergreifenden Ansatz für die Vorsorge. Um diese Vision zu verwirklichen, ist es entscheidend, dass die Fähigkeit entwickelt wird, ein breites Spektrum von Katastrophenszenarien vorherzusehen, zu bewerten und dafür vorzusorgen, wobei der Schwerpunkt auf bereichsübergreifenden Anfälligkeiten, Mehrfachrisiken und Kaskadeneffekten liegen sollte.
In den kommenden Jahren werden kontinuierliche Investitionen in Wissenschaft, hochwertige Daten und Analysefähigkeiten unverzichtbar sein, um das Wissen und die Erkenntnisse zu gewinnen, die für die Entscheidungsfindung erforderlich sind. Die Entwicklung EU-weiter Katastrophenszenarien war ein wichtiger Schritt in der Krisenvorsorgeplanung, da hier risikobasierte Fakten in vereinbarte Planungsannahmen für das Katastrophenschutzverfahren der Union einfließen. Die für 2026 geplante umfassende EU-Risikobewertung ist ein wichtiges Instrument zur Stärkung der faktengesicherten Grundlagen für eine breiter aufgestellte, sektorübergreifende Prävention und Vorsorge. Diese Bewertung sollte zusätzliche Unterstützung und Fakten liefern, um die nationalen Anstrengungen im Bereich Risikomanagement zu flankieren und EU-weit strategische Investitionen in die Resilienz zu lenken, und so dazu beitragen, die weiter bestehenden Lücken bei den Daten über Katastrophenrisiken und -verluste zu schließen, die derzeit der Antizipation sowohl auf nationaler als auch auf EU-Ebene im Weg stehen.
Im Kontext klimabezogener Risiken erfordert eine wirksame Antizipation eine stärkere Verknüpfung von Katastrophenrisikomanagement und der Anpassung an den Klimawandel. Die EU-Mission zur Anpassung an den Klimawandel liefert bereits Erkenntnisse und Lösungen zur Unterstützung dieser Bemühungen und wird die Zusammenarbeit zwischen Akteuren auf dem Gebiet des Klima- und Katastrophenrisikos auf europäischer, nationaler und regionaler Ebene weiter erleichtern und dazu beitragen, die kurz- und mittelfristige Vorsorge mit einer langfristigen Planung zur Anpassung an klimabedingte Gefahren in Einklang zu bringen.
Die Stärkung der Antizipationsfähigkeit sollte sich auch über die EU hinaus erstrecken, insbesondere auf Nachbarländer, die häufig an vorderster Front neu aufkommender Risiken stehen und eine wichtige Rolle bei der Abfederung negativer Ausstrahlungseffekte spielen können. Da viele dieser Partner derzeit nicht über die Risikodaten und institutionellen Kapazitäten verfügen, die für eine vorausschauende Vorsorge erforderlich sind, würde die Schließung dieser Lücken auch die Resilienz der EU selbst stärken.
4.Vorsorge in der Bevölkerung
DRG 2 „Vorsorgen“ – Sensibilisierung der Bevölkerung für Risiken und Vorsorgemaßnahmen. Ziel 2 fördert den Zugang der Öffentlichkeit zu Risikoinformationen, die Akzeptanz von Vorsorgemaßnahmen und eine Kultur der Risikoprävention und bürgerschaftlichen Beteiligung. Damit wird ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: Bis 2030 sollten 90 % der EU-Bevölkerung sich der Katastrophenrisiken in ihrer Region bewusst sein. Im Jahr 2024 lag dieses Bewusstsein bei 67 %, was verdeutlicht, dass es noch Raum für Fortschritte gibt.
Zwar fällt die öffentliche Kommunikation über Risiken und Vorsorge in die Zuständigkeit der nationalen Behörden, doch kann das Katastrophenschutzverfahren der Union die nationalen Bemühungen durch Wissensaustausch, Kapazitätsaufbau und finanzielle Unterstützung für nationale und grenzüberschreitende Initiativen unterstützen.
4.1.Initiativen der Kommission
4.1.1.Leitinitiative preparEU
Um das DRG 2 „Vorsorgen“ voranzubringen, hat die Kommission die Leitinitiative preparEU auf den Weg gebracht. In diesem Zusammenhang ergab eine Bestandsaufnahme der Risikokommunikationspraxis in der EU in Verbindung mit Konsultationen mit Mitgliedstaaten und Teilnehmerstaaten gemeinsame Bedürfnisse und Bereiche, in denen Maßnahmen auf EU-Ebene einen Mehrwert bewirken könnten (siehe Kasten Nr. 2). Der Prozess offenbarte eine im Bereich der Risikokommunikation umfangreiche, aber fragmentierte Landschaft, mit zahlreichen wertvollen, aber verstreuten Initiativen, was es erschwert, voneinander zu lernen. Angesichts des ermittelten Bedarfs hat die Kommission ein Paket zum Kapazitätsaufbau ausgearbeitet, das Folgendes umfasst:
·ein Verzeichnis bewährter Vorgehensweisen und unterstützender Materialien auf der Plattform des Wissensnetzes der Union für Katastrophenschutz,
·eine EU-Schulung für Fachkräfte im Bereich der Risikokommunikation,
·eine praxisorientierte Gemeinschaft zur Vernetzung von Praktikern und zur Erleichterung des Peer-Learning.
Im Jahr 2024 veröffentlichte die Kommission ein Handbuch über bewährte Vorgehensweisen zur Sensibilisierung für Waldbrände
, ein kritisches Problem, da 96 % der Waldbrände durch Menschen verursacht werden. In dem Handbuch werden Initiativen in der gesamten EU und darüber hinaus vorgestellt und Schlüsselfaktoren genannt, die zur Sensibilisierung beitragen, wie etwa die Entwicklung gezielter Kommunikationsstrategien, die Zusammenarbeit über Sektoren und Verwaltungsebenen hinweg, die Einbeziehung der Interessenträger, die Anpassung der Botschaften an den lokalen Kontext, eine gesicherte nachhaltige Finanzierung und die Verknüpfung von Wissenschaft und Praxis.
Zu verstehen, wie Menschen Risiken wahrnehmen und auf Vorsorgeempfehlungen reagieren, ist ebenfalls ein wichtiger Baustein der Sensibilisierung. In diesem Zusammenhang führt die Gemeinsame Forschungsstelle der Kommission Verhaltensstudien durch, die Aufschluss darüber geben, wie Einzelpersonen Risikokommunikation interpretieren und darauf reagieren. Erkenntnisse auf diesem Gebiet können dazu beitragen, öffentliche Botschaften und Ansätze optimal zu gestalten, was nicht nur für eine stärkere Sensibilisierung, sondern auch für die Förderung der Umsetzung von Vorsorgemaßnahmen sorgt.
Kasten Nr. 2: Pilotprojekt der Initiative preparEU – Bündelung der Kräfte für die Vorsorge in der Bevölkerung
Den Mitgliedstaaten und Teilnehmerstaaten fiel bei der Leitinitiative preparEU eine wichtige Rolle zu. Die nationalen Katastrophenschutzbehörden Schwedens, Norwegens, Spaniens und Belgiens prüften, wie nationale Risikoinformationsmaßnahmen durch eine europäische Dimension ergänzt und unterstützt werden könnten. Im Rahmen eines von der EU finanzierten Pilotprojektswurden folgende Handlungsbereiche ermittelt, um das Risikobewusstsein und die Vorsorge in der EU zu verbessern:
i)
Grundlagen der Selbstvorsorge – Leitlinien für die Vorbereitung der Haushalte auf allgemeine und umfassende Bedürfnisse
ii)
Lernprogramm für Schulen – Aufnahme der Katastrophenvorsorge in die Lehrpläne der Schulen, um eine Kultur der Vorsorge von frühester Kindheit an zu fördern
iii)
Schutzbedürftige Gruppen – Kontaktaufnahme mit und Einbeziehung von schutzbedürftigen Gruppen (auch: Leitlinien zur Unterstützung von Fachkräften bei der Gestaltung einer inklusiven Risikokommunikation)
iv)
PreparEU-Tag(e) – Vorschlag einer jährlichen EU-weiten Veranstaltung zur Sensibilisierung der Öffentlichkeit für Selbstvorsorge und Risikoresilienz
v)
Web-Plattform für Risikokommunikation und -vorsorge – Vorschlag einer Online-Datenbank für den Austausch von Informationen und Instrumenten im Zusammenhang mit der Kommunikation über das öffentliche Risikobewusstsein in der gesamten EU.
Diese Empfehlungen werden dazu beitragen, die Umsetzung der Maßnahmen der Kommission im Rahmen der Leitinitiative preparEU und zur Vorsorge in der Bevölkerung zu gestalten.
4.1.2.Eurobarometer zu Risikobewusstsein und Vorsorge der Bevölkerung
Um umfassende Erkenntnisse über das Risikobewusstsein und die Vorsorge in der Bevölkerung in der gesamten EU zu gewinnen, führte die Kommission die erste Eurobarometer-Umfrage zu diesem Thema durch, die im September 2024 veröffentlicht wurde. Im Rahmen der Umfrage wurden verschiedene Aspekte des Risikobewusstseins und der Vorsorge untersucht, darunter wahrgenommene Risiken, Informationsquellen und die Bereitschaft, sich im Bereich der Vorsorge zu engagieren.
Die wichtigsten Ergebnisse der Umfrage zeigen, dass viele Europäerinnen und Europäer nicht ausreichend für Katastrophen sensibilisiert und gewappnet sind. Etwa die Hälfte der Befragten fühlt sich nicht gut auf lokale Risiken vorbereitet, und etwa zwei Drittel der Befragten sind der Ansicht, dass sie mehr Informationen benötigen, um sich auf Katastrophen oder Notfälle vorzubereiten. Die Vorsorge ist nicht sehr ausgeprägt: Etwa die Hälfte der Befragten fühlt sich nicht auf Katastrophen vorbereitet, und je nach Land, Einkommen, Bildung und städtischem/ländlichem Umfeld ist der Stand der Vorsorge sehr unterschiedlich hoch.
Aus der Umfrage geht hervor, dass in einigen Bereichen Verbesserungsbedarf besteht, darunter im Hinblick auf das geringe Engagement in der Bevölkerung und eine begrenzte Widerstandsfähigkeit im Fall von Störungen kritischer Dienstleistungen. Sie offenbart jedoch auch ein hohes Maß an Vertrauen in die Notfallorganisationen und den Wunsch nach Informationen über die Katastrophenvorsorge, was eine Gelegenheit bietet, auf diesen Stärken aufzubauen und das allgemeine Risikobewusstsein und die allgemeine Risikovorsorge zu verbessern.
4.2.Nationale Initiativen
Die Daten aus den Mitgliedstaaten und Teilnehmerstaaten machen deutlich, wie wichtig die öffentliche Kommunikation über Risiken und Vorsorge ist, wobei die Länder bei einem breiten Spektrum an Maßnahmen gut vorankommen.
Mehr Länder machen der Öffentlichkeit Risikoinformationen zugänglich: 23 Länder veröffentlichen die Ergebnisse ihrer Risikobewertungen auf offiziellen Websites und nutzen diese Ergebnisse als Input für ihre Vorsorgebemühungen. So fließen beispielsweise in Finnland und Montenegro die öffentlichen Ergebnisse von Risikobewertungen in Schulungen und Notfallübungen ein. Dänemark und Irland führen Umfragen dazu durch, wie die Bürgerinnen und Bürger Risiken und Vorsorge wahrnehmen.
Die Mitgliedstaaten und Teilnehmerstaaten haben neue Ansätze für die Risikokommunikation und Sensibilisierung eingeführt, wie z. B. didaktische Spiele und einen nationalen Katastrophenschutztag oder eine nationale Katastrophenschutzwoche. Zwar sind Websites und das Internet nach wie vor die häufigsten Kommunikationskanäle, doch haben sich Kampagnen für mehr Risikobewusstsein und die Verwendung von Druckerzeugnissen im Vergleich zu 2020 verdoppelt. Die nordischen Länder haben Initiativen zur Sensibilisierung der Öffentlichkeit auf den Weg gebracht, z. B. Kampagnen zur Vorsorge im eigenen Zuhause, Bildungsressourcen und Informationsbroschüren, um die gesellschaftliche Vorsorge für Notfälle und im Fall potenzieller Konflikte zu verbessern.
Nationale Sensibilisierungs- und Kommunikationsmaßnahmen richten sich an bestimmte Gruppen, darunter schutzbedürftige Bevölkerungsgruppen, saisonal ansässige Einwohner und ältere Menschen. Häufig haben diese Initiativen gezielt Studierende und junge Menschen im Blick. So verfügt beispielsweise Tschechien über ein umfassendes, für Schulen aufgelegtes Programm, in dem Schülerinnen und Schüler lernen, wie man Notrufnummern wählt, sich in gefährlichen Situationen verhält und Schutz- und Sirenensignale versteht. Aktivitäten zur Vermittlung eines sicheren Verhaltens im Alltag und in Notfällen werden auch für ältere Menschen und Menschen mit Behinderungen organisiert, in Österreich beispielsweise in Form von Sicherheitsolympiaden für Kinder und Senioren.
4.3.Weiteres Vorgehen
Trotz der Fortschritte bestehen nach wie vor erhebliche Lücken bei der Sensibilisierung und Vorsorge in der Öffentlichkeit. Die Notwendigkeit wirksamerer und inklusiverer Kommunikationsstrategien ist somit offensichtlich. Die Eurobarometer-Ergebnisse zeigen, dass sich viele Bürgerinnen und Bürger nicht ausreichend informiert oder auf Katastrophen vorbereitet fühlen. Gleichzeitig haben die nationalen Behörden Schwierigkeiten, die Auswirkungen ihrer Kommunikationsinitiativen zu messen und Informationen in tatsächliche Verhaltensänderungen umzusetzen. Es gibt zudem Hinweise darauf, dass schutzbedürftige Gruppen (wie Studierende, Schülerinnen und Schüler sowie junge Menschen, Menschen mit Behinderungen, ältere Menschen und Migrantinnen und Migranten) stärker in die Kommunikations- und Vorsorgemaßnahmen einbezogen werden müssen.
Um diese Lücken zu schließen, bedarf es eines proaktiveren, inklusiveren und partizipativen Ansatzes, der Investitionen in die Bildung, die Einbeziehung von Gemeinschaften und Bürgerinnen und Bürgern, den Aufbau von Vertrauen und die Förderung einer generationenübergreifenden, auf Resilienz ausgerichteten Vorsorge vorsieht. Mit der EU-Strategie für eine Union der Krisenvorsorge wird dieser Wandel durch deren gesamtgesellschaftlichen Ansatz unterstützt, der darauf abzielt, eine Kultur der Vorsorge und Resilienz in der gesamten EU zu fördern. Synergien mit der ProtectEU-Strategie für die innere Sicherheit werden dazu beitragen, die Kommunikation über verschiedene Risiken und Bedrohungen zu stärken, die Übermittlung kohärenter öffentlicher Botschaften zu unterstützen und eine vielseitigere Vorsorge in der Bevölkerung in der gesamten EU zu fördern.
Die Initiative preparEU wird im Rahmen der Vision der EU-Strategie für eine Union der Krisenvorsorge eine Schlüsselrolle spielen, unter anderem durch Maßnahmen zur Förderung der Selbstversorgung der Bevölkerung in Notfällen und Krisen für mindestens 72 Stunden. Um die nationalen Behörden bei der Risikokommunikation zu unterstützen, wird die EU Leitlinien ausarbeiten, Ende 2025 eine Pilotschulung starten und einen jährlichen EU-weiten Tag der Krisenvorsorge organisieren. Zu den weiteren Maßnahmen gehören die Förderung der Vorsorge durch Bildungs- und Jugendprogramme sowie neue Forschung, deren Ergebnisse in Politik und Praxis einfließen.
Es könnte zudem erforderlich sein, die Bürgerinnen und Bürger verstärkt in die Lage zu versetzen, in Krisensituationen, einschließlich Kriegsszenarien, grundlegende gesundheitliche Unterstützung zu leisten, etwa durch Initiativen wie Erste-Hilfe-Schulungspakete oder die Einrichtung einer Bürgerreserve im Bereich Gesundheit.
Die Vorsorge der Bevölkerung in der unmittelbaren Nachbarschaft der EU, insbesondere im Mittelmeerraum, zu verbessern, wird auch für die eigene Vorsorge der EU wichtig sein, da eine unzureichende Resilienz im Ausland zu erhöhtem Verdrängungsdruck und anderen Ausstrahlungseffekten führen kann, die sich unmittelbar auf die Union auswirken.
5.Frühwarnung
DRG 3 „Warnen“ – Verbesserung der Frühwarnung. Aufbauend auf Ziel 3 haben sowohl die Kommission als auch die Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeiten zusätzliche Anstrengungen unternommen, um die Vorhersage-, Erkennungs- und Alarmfähigkeiten – ein wesentliches Element des antizipatorischen Risikomanagements – zu verbessern.
Frühwarnsysteme, weithin als eines der wirksamsten Instrumente zur Rettung von Menschenleben und zur Verringerung katastrophenbedingter Verluste anerkannt, sind sowohl für die nationalen als auch für die internationalen Vorsorgebemühungen von zentraler Bedeutung. Insbesondere haben die Vereinten Nationen im Rahmen ihrer Leitinitiative Early Warnings for All Maßnahmen zur Förderung inklusiver, auf Mehrfachrisiken ausgerichteter Frühwarnsysteme auf den Weg gebracht.
In der EU liegt die Zuständigkeit für Frühwarnungen und öffentliche Warnungen in erster Linie bei den Behörden der Mitgliedstaaten. Das Katastrophenschutzverfahren der Union spielt eine ergänzende Rolle, indem transnationale Instrumente entwickelt, die Fähigkeiten des ERCC zur Lageerfassung gestärkt und technische und finanzielle Unterstützung für nationale Frühwarnkapazitäten bereitgestellt werden.
5.1.Initiativen der Kommission
Die Kommission hat ein breites Spektrum von Frühwarn- und Informationssystemen (siehe Kasten Nr. 3) entwickelt, die auch den Behörden der Mitgliedstaaten zur Verfügung stehen, um ihre nationalen Instrumente zu ergänzen. Die nachstehend erläuterten Initiativen tragen erheblich zur Unterstützung des Katastrophenschutzes und des Katastrophenrisikomanagements bei.
Kasten Nr. 3: Frühwarn- und Informationssysteme
i)
Ein Katalog von 27 Systemen auf EU-Ebene, die verschiedene Arten von Gefahren abdecken, den nationalen Katastrophenschutzbehörden zugänglich sind und die Risikoüberwachung und Entscheidungsfindung unterstützen;
ii)
Das Globale Lagesystem (GSS), eine zentrale Plattform, die Daten aus verschiedenen Frühwarn- und Informationssystemen auf EU-Ebene zusammenführt und so die Fähigkeit des ERCC verbessert, neu entstehende Bedrohungen zu verfolgen und potenzielle kritische Folgen frühzeitig einzuschätzen. Die Plattform steht auch den nationalen Katastrophenschutzbehörden zur Verfügung.
iii)
Der Copernicus-Katastrophen- und Krisenmanagementdienst (CEMS), der Frühwarndienste bei Überschwemmungen, Waldbränden und Dürren bereitstellt, erstellt Karten zur Unterstützung von Einsätzen bei der Bewältigung, beim Wiederaufbau und in der Prävention und liefert Expositionsdaten, um gefährdete Gebiete und Güter zu ermitteln.
iv)
Die Europäische Wissenschaftspartnerschaft im Bereich Naturkatastrophen (ENHSP), eine wissenschaftliche Kooperation, die dem ERCC in der Waldbrandsaison eine fachliche Echtzeitüberwachung der Waldbrandlage in ganz Europa bereitstellt. Um diesen Nutzen mit den Mitgliedstaaten und Teilnehmerstaaten zu teilen, hat das ERCC ein Programm auf den Weg gebracht, das es den nationalen Behörden ermöglicht, frühzeitige Bewertungen von der ENHSP und – von der Europäischen Wissenschaftspartnerschaft im Bereich anthropogener Gefahren (EAHSP) in Bezug auf radiologische und nukleare Gefahren – für bevorstehende Notfälle anzufordern.
Die Kommission arbeitet an neuen Initiativen, einschließlich der Entwicklung eines KI-gestützten Instruments im Rahmen der Initiative „KI für das öffentliche Wohl“. Das in das Globale Waldbrandinformationssystem integrierte Tool wird sich auf KI-Algorithmen stützen, um Vorhersagen zur Waldbrandgefahr zu erstellen, Brandereignisse zu erkennen und das Brandverhalten vorherzusagen.
Ein weiterer wichtiger Fortschritt ist der Galileo-Satellitendienst für Notfallwarnungen, der einen satellitengestützten Alarmkanal bieten wird, um Menschen in abgelegenen oder weniger vernetzten Gebieten auch bei Ausfall terrestrischer Netze zu erreichen. Diese zusätzliche Redundanzebene wird die Widerstandsfähigkeit öffentlicher Warnsysteme stärken und den Mehrwert des EU-Weltraumprogramms für die Unterstützung des Katastrophenschutzes und des Katastrophenrisikomanagements aufzeigen. In mehreren Mitgliedstaaten laufen bereits Pilottests, und es wird damit gerechnet, dass der Dienst Anfang 2026 einsatzbereit ist.
Das Katastrophenschutzverfahren der Union unterstützt auch nationale und internationale Initiativen zur Frühwarnung, wie die Initiative CoastWAVE der Zwischenstaatlichen Ozeanografischen Kommission der UNESCO, mit der Küstengemeinden im Nordostatlantik und im Mittelmeerraum auf Tsunamis und andere Küstengefahren vorbereitet werden sollen. Gestützt auf eine enge Zusammenarbeit zwischen nationalen und lokalen Notfallbehörden, Wissenschaftlern und Küstengemeinden wurden im Rahmen der Initiative bereits Gemeinschaften in Zypern, Griechenland, Spanien, der Türkei, Ägypten und Marokko unterstützt.
Die EU hat mit Artikel 110 des Europäischen Kodex für die elektronische Kommunikation (Richtlinie (EU) 2018/1972) erhebliche Fortschritte im Bereich öffentlicher Warnungen erzielt, wonach die Mitgliedstaaten in Notsituationen die direkte Übermittlung von Warnungen an die Mobiltelefone von Einzelpersonen ermöglichen müssen. Die meisten Länder haben dies bereits umgesetzt, während einige den Prozess noch abschließen müssen.
5.2.Nationale Initiativen
Daten aus den Mitgliedstaaten und Teilnehmerstaaten deuten auf eine breitere Nutzung von Frühwarnsystemen hin. Die verfügbaren Informationen über Methoden und Infrastrukturen für die Gefahrenüberwachung, -erkennung und -vorhersage sind jedoch nach wie vor begrenzt.
Im Vergleich zu 2020 berichten mehr Länder, dass sie über Frühwarnsysteme zur Früherkennung aller wichtigen Risiken verfügen, wobei extreme Wetterlagen, nukleare und radiologische Risiken sowie Überschwemmungen am häufigsten gemeldet werden. Die Länder haben zudem über Frühwarnsysteme für Risiken wie Umweltverschmutzung und Massenmigration berichtet, die zuvor nicht gemeldet wurden, was zeigt, dass die Abdeckung der Frühwarnsysteme Schritt für Schritt ausgeweitet wird.
Auch die Vernetzung der Frühwarnsysteme auf europäischer und globaler Ebene nimmt zu. Mehr Länder als noch 2020 geben an, dass ihr nationales System mit den europäischen oder globalen Frühwarnsystemen verknüpft ist. Allerdings erwähnen nur weniger als zehn Länder eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit bei Frühwarnsystemen, was darauf hindeutet, dass hier noch Spielraum für Verbesserung besteht. Einige Länder geben an, dass sie auf die Unterstützung von Gebern setzen, um ihre öffentlichen Warnsysteme auszubauen und die öffentlichen Warnkapazitäten zu stärken.
5.3.Weiteres Vorgehen
Zwar bilden Technologie und das Wissen über Risiken das Fundament, jedoch hängt eine wirksame Frühwarnung in hohem Maße auch von organisatorischen und menschlichen Faktoren ab. Es müssen weitere Anstrengungen unternommen werden, um sicherzustellen, dass auf Frühwarnsignale zeitnahe und inklusive Warnmeldungen an die Bevölkerung, Notfallpläne und gut informierte individuelle Reaktionen folgen. Auf EU-Ebene liegt – wie in der EU-Strategie für eine Union der Krisenvorsorge dargelegt – die Priorität unter anderem auf der weiteren Verbesserung des Frühwarnsystems, der Förderung seiner Nutzung und Integration in die nationalen Systeme sowie auf dem Aufbau interoperabler, auf Mehrfachrisiken ausgerichteter Lösungen.
Das ERCC wird seine Fähigkeiten zur Lageerfassung weiter ausbauen und verfeinern. Die neue GSS-Plattform ist zwar bereits ein großer Schritt nach vorn, bietet jedoch noch weiteres Verbesserungspotenzial. Durch die Integration einer sektorbezogenen Überwachung können nahezu in Echtzeit Einblicke in Störungen kritischer Dienstleistungen wie Energie, Verkehr oder Gesundheitsversorgung gewonnen werden, um eine umfassendere und vorausschauende Lageerfassung zu unterstützen.
Da eine wirksame Frühwarnung auch von gut aufgestellten organisatorischen und menschlichen Faktoren abhängt, wird die Sensibilisierung und Vorsorge der Bevölkerung von entscheidender Bedeutung sein, damit auf Frühwarnungen lebensrettende Maßnahmen folgen. Der Start des Galileo-Satellitendienstes für Notfallwarnungen im Jahr 2026 dürfte die öffentlichen Alarmkapazitäten erheblich verbessern sowie die Reichweite und Redundanz des Systems erhöhen.
Um die Wirksamkeit des Frühwarnsystems zu gewährleisten, müssen weitere Anstrengungen unternommen werden, um die zugrunde liegenden Prozesse zu stärken, die Inklusivität zu fördern, Mehrgefahren-Ansätze voranzubringen und auf die grenzüberschreitende Integration von Frühwarnsystemen hinzuarbeiten. Als Richtschnur für diese Bemühungen wird die EU-Strategie für eine Union der Krisenvorsorge dienen, wobei der Entwicklung und dem Einsatz von Instrumenten auf EU-Ebene Vorrang eingeräumt wird und die sektorübergreifenden Überwachungskapazitäten des ERCC erweitert werden, um eine umfassendere Lageerfassung zu unterstützen.
Dieses Know-how könnte zusammen mit den erforderlichen Systemen und Kapazitäten auch an die Behörden in der unmittelbaren Nachbarschaft der EU weitergegeben werden, um nicht nur deren Fähigkeiten zu stärken, sondern auch Synergien und Interoperabilität aufzubauen.
6.Resilienz des Katastrophenschutzes
DRG 4 „Bewältigen“ konzentriert sich auf die Stärkung der Bewältigungskapazität im Rahmen des Katastrophenschutzverfahrens der Union. Um mit der zunehmenden Komplexität der Risikolandschaft und der Vorsorge mitzuhalten, liegt ein Schwerpunkt des Katastrophenschutzverfahrens der Union auf der Entwicklung von Notfallabwehrkapazitäten wie Spezialausrüstung und -teams und entsprechenden Fähigkeiten. Diese Bemühungen spiegeln sich in dem kürzlich von der Kommission angenommenen Kapazitätsfortschrittsbericht und in der entsprechenden Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen wider.
DRG 5 „Sichern“ zielt darauf ab, die Resilienz des Katastrophenschutzes unter Berücksichtigung der Rahmen der EU und der NATO zur Stärkung der Resilienz lebenswichtiger gesellschaftlicher Funktionen wie der EU-Richtlinie über die Resilienz kritischer Einrichtungen (EU 2022/2557) und der Resilienz-Grundanforderungen der NATO zu verbessern. Im Rahmen dieses Ziels werden die Verbesserung der Betriebskontinuität, die sektorübergreifende und grenzüberschreitende Koordinierung, die Risikokommunikation und das Informationsmanagement sowie Partnerschaften mit dem Privatsektor, der Zivilgesellschaft und Freiwilligenorganisationen gefördert. Gefördert wird auch, dass Katastrophen evaluiert und Lehren daraus gezogen werden, um die Vorsorge, Bewältigung und Prävention zu verbessern.
6.1. Initiativen der Kommission
6.1.1. Leitinitiative zu Stresstests für die Notfallzentren
Um die Betriebskontinuität bei Notfalleinsätzen im Rahmen des Katastrophenschutzverfahrens der Union zu verbessern, hat die Kommission eine Leitinitiative mit zwei Hauptkomponenten ins Leben gerufen: i) Stresstests für die Betriebskontinuität des ERCC und ii) Unterstützung der nationalen Kontaktstellen bei ihren eigenen Tests durch eine freiwillige Methodik und mittels Erfahrungsaustausch. Im Rahmen der Initiative werden kritische Elemente der Betriebskontinuität bewertet, wie die Ermittlung wesentlicher Funktionen, Einrichtungen und Ausrüstungen, Humanressourcen und Koordinierung, Kommunikationsabläufe und die Durchführung von Schulungen und Übungen.
Bislang haben zehn Länder und das ERCC Stresstests durchgeführt und ihre Ansätze und gewonnenen Erkenntnisse ausgetauscht. Die Initiative hat dazu beigetragen, das Bewusstsein für das Thema Betriebskontinuität zu schärfen und Bereiche zu ermitteln, in denen Verbesserungsbedarf besteht. Sie wurde 2025 mit Workshops zum Austausch von Erfahrungen aus nationalen Tests und zur Erarbeitung unverbindlicher Leitlinien zur Betriebskontinuität im Rahmen des Katastrophenschutzverfahrens der Union fortgesetzt. Um für einen kontinuierlichen Austausch über eine rund um die Uhr gewährleistete operative Kontinuität bei Störereignissen zu sorgen, wird die Kommission eine spezielle Expertengruppe einsetzen. Die aus dieser Initiative gewonnenen Erkenntnisse können in die Arbeit zur Gewährleistung der Kontinuität lebenswichtiger gesellschaftlicher Funktionen im Rahmen der EU-Strategie für eine Union der Krisenvorsorge einfließen.
6.1.2. Tests im Bereich der Vorsorge und Koordinierung in komplexen Krisen
2024 leitete das ERCC die groß angelegte Übung „EU Integrated Resolve 2024 – eine parallele und koordinierte Übung (EU IR24 – PACE)“, um die Vorsorge auf EU-Ebene für komplexe, hybride Krisen zu testen. Im Rahmen der Übung wurde das Funktionieren des Katastrophenschutzverfahrens und des ERCC getestet und ihre Leistungsfähigkeit in einer komplexen Krise bewertet, die eine sektorübergreifende, grenzüberschreitende und zivil-militärische Koordinierung erfordert. An dem Programm nahmen mehr als 900 Teilnehmer aus den Reihen der Planer und Schulungsteilnehmer aus Kommissionsdienststellen, dem Europäischen Auswärtigen Dienst, EU-Agenturen, dem Rat, 24 Mitgliedstaaten, Norwegen, den Vereinigten Staaten und der NATO teil.
Im selben Jahr reagierte das Katastrophenschutzverfahren auf ein gemeinsames Ersuchen Estlands, Lettlands und Litauens, die um Bewertung ihres Stands der Vorsorge und ihrer Bewältigungsfähigkeit für den Fall von Massenevakuierungen baten. Ein Team von 20 Experten aus den Mitgliedstaaten bewertete nationale Massenevakuierungsverfahren, die regionale Zusammenarbeit, die staatliche Vorsorge und die Rolle des Katastrophenschutzverfahrens der Union in solchen Szenarien und gab Empfehlungen zu Bereichen wie Planung, Notunterkünfte, medizinische Evakuierung sowie chemische, biologische, radiologische und nukleare Strategien zur Risikominderung (CBRN) ab. Bei der Durchführung dieser Bewertung arbeiteten die Experten mit Vertretern staatlicher und kommunaler Institutionen sowie nichtstaatlichen Organisationen zusammen.
6.1.3. Lehren aus den Aktivierungen des Katastrophenschutzverfahrens der Union im Bereich der Prävention, Vorsorge und Bewältigung
Das im Rahmen des Katastrophenschutzverfahrens der Union eingerichtete Programm zur Erkenntnisauswertung ermöglicht es den Mitgliedstaaten und Teilnehmerstaaten, Erfahrungen im Zusammenhang mit der Aktivierung des Katastrophenschutzverfahrens zu erörtern und Bereiche zu ermitteln, in denen Verbesserungsbedarf bei Bewältigung, Vorsorge und Prävention besteht. Neben allgemeinen Sitzungen im Rahmen des Programms zur Erkenntnisauswertung geht es in gesonderten Sitzungen um spezifische Themen wie Waldbrände, Überschwemmungen, Reaktion auf große Erdbeben oder konsularische Evakuierungen aus dem Blickwinkel von Präventions-, Vorsorge- und Bewältigungsmaßnahmen. Diese Sitzungen haben zu Maßnahmen wie der Vorabverlegung von Feuerwehreinsatzkräften und der Verbesserung der Bereitschaft Europas im Kampf gegen Waldbrände geführt, unter anderem durch den Ausbau der rescEU-Kapazitäten zur Bekämpfung von Waldbränden aus der Luft.
Im Fall, dass Mitgliedstaaten und Teilnehmerstaaten das Katastrophenschutzverfahren der Union wiederholt für dieselbe Art von Katastrophen aktiviert haben, hat die Kommission gemäß Artikel 6 Absatz 4 des Beschlusses über ein Katastrophenschutzverfahren der Union gründliche Analysen der Umstände und Maßnahmen zur Verbesserung der Prävention und Vorsorge durchgeführt. Die Kommission steht mit den nationalen Behörden aktiv im Dialog, um die Präventions- und Vorsorgemaßnahmen zu stärken, und bietet die Unterstützung der EU für diesen Prozess an.
6.2. Nationale Initiativen
Die Katastrophenschutzbehörden pflegen inzwischen eine breiter angelegte sektorübergreifende Zusammenarbeit, die sich durch die COVID-19-Pandemie weiter verstärkt hat. Viele Länder melden dauerhafte Strukturen zur Koordinierung der Anstrengungen zwischen verschiedenen Sektoren, Verwaltungsebenen und Interessenträgern. So stützen sich beispielsweise nationale Risikobewertungen seit Langem auf sektorübergreifende Ansätze unter Einbeziehung verschiedener Akteure. In den nationalen Berichten und Peer Reviews wird jedoch weiterhin hervorgehoben, dass die integrierten Ansätze im Bereich Planung und Umsetzung weiter verbessert werden müssen. Zwar wird in vielen Ländern der Privatsektor, insbesondere Betreiber kritischer Infrastrukturen, konsultiert, doch erfolgt dieser Austausch häufig auf einer Ad-hoc-Basis.
In Bezug auf die grenzüberschreitende Zusammenarbeit berichten die Mitgliedstaaten und Teilnehmerstaaten über eine Vielzahl bilateraler und multilateraler Kooperationsabkommen mit Nachbarländern sowie regionalen und internationalen Organisationen. Bemerkenswerte Beispiele für bewährte Vorgehensweisen sind die nordischen Staaten, der Benelux-Raum und der Ostseeraum, wo es die Krisenkoordinierung, den Austausch von Risikoinformationen, die gegenseitige Unterstützung und gemeinsame Übungen erleichtert, dass etablierte Kooperationsstrukturen vorhanden sind.
Die Resilienz des Katastrophenschutzes setzt eine angemessene und flexible Finanzierung voraus, damit rasche Sofortmaßnahmen und nachhaltige Investitionen möglich sind. Es fehlt jedoch an nationalen Informationen über Finanzierungsquellen und Mittelzuweisungen. Während die meisten Mitgliedstaaten und Teilnehmerstaaten angeben, dass sie über Regelungen für eine flexible Zuweisung dringend benötigter Mittel verfügen, halten nur wenige Länder spezielle Katastrophenfonds vor, die – im Gegensatz zu allgemeinen Notfallreserven – speziell für die Katastrophenabwehr vorgesehen sind, was eine größere Vorhersehbarkeit und einen schnelleren Zugang zu Finanzmitteln bietet.
Die Länder listen eine Vielzahl von Finanzierungsinstrumenten und Finanzierungsquellen auf, die für Katastrophenschutzinvestitionen zur Verfügung stehen, hauptsächlich aus öffentlichen Quellen. Nur sehr wenige Länder liefern Informationen über Investitionsprioritäten und die Zuweisung von Mitteln für Präventions- und Vorsorgemaßnahmen. Finanzmittel der EU spielen eine ergänzende Rolle, um Investitionslücken zu schließen und die nationalen Bemühungen zur Stärkung der Katastrophenschutzsysteme zu unterstützen. Die Katastrophenschutzbehörden haben jedoch nach wie vor Schwierigkeiten beim Zugang zu diesen Ressourcen, da die Verwaltungskapazitäten eingeschränkt sind und die Finanzierungsvorschriften nur in begrenztem Umfang bekannt sind.
6.3. Weiteres Vorgehen
Stresstests für die Betriebskontinuität von Notfallzentren haben sich als vielversprechend erwiesen, und ähnliche Initiativen sollten ausgeweitet werden, um Verbesserungsbedarf zu erkennen und das gegenseitige Lernen zu fördern. Investitionen in die Resilienz wirtschaftlicher Güter und operativer Prozesse werden ebenfalls von entscheidender Bedeutung sein, um die Kontinuität der Katastrophenschutzdienste zu gewährleisten.
Finanzielle Resilienz ist ebenfalls unverzichtbar, und eine angemessene, flexible und nachhaltige Finanzierung auf allen Ebenen ist erforderlich, um eine wirksame Vorsorge und effiziente Abläufe zu unterstützen. Beim Resilienzaufbau wurden durch grenzüberschreitende und sektorübergreifende Partnerschaften Fortschritte erzielt, doch sind weitere Anstrengungen erforderlich, um rechtliche und administrative Hindernisse für gemeinsame Katastrophenschutzmaßnahmen abzubauen. Instrumente wie BRIDGEforEU können dazu beitragen, die Zusammenarbeit zu erleichtern, und durch strategische Rahmen für das Katastrophenrisikomanagement wären besser koordinierte, ressortübergreifende Ansätze möglich.
Die EU-Strategie für eine Union der Krisenvorsorge spielt eine Schlüsselrolle bei der Lenkung von Maßnahmen zur systemweiten Resilienz in allen relevanten Politikbereichen im Rahmen eines ressortübergreifenden Ansatzes, einschließlich der Entwicklung von Mindestvorsorgekriterien für grundlegende Dienstleistungen. Schwierigkeiten beim Zugang zu Finanzierungsquellen aus anderen Politikbereichen müssen systematischer ausgeräumt werden, und zwar durch einen verbesserten Kapazitätsaufbau und den Austausch bewährter Vorgehensweisen zwischen Diensten und Ländern mit dem Ziel, dass ein stärker integrierter Ansatz zur Verbesserung der Resilienz und Vorsorge im Hinblick Katastrophen und Krisen entsteht.
Im Rahmen des Katastrophenschutzverfahrens der Union wurden Maßnahmen ergriffen, um diese Hindernisse durch Sensibilisierung, Unterstützung bei der Projektentwicklung und Instrumente zur Hilfe bei der Investitionsplanung zu beseitigen. Diese Anstrengungen müssen angesichts der wachsenden Nachfrage verstärkt werden.
7.Stärkere Unterstützung der nationalen Anstrengungen: das sich weiterentwickelnde Instrumentarium für den Kapazitätsaufbau
Das Unions-Wissensnetz für Katastrophenschutz (UCPKN) hat sich seit seiner Einrichtung im Jahr 2021 zu einer zentralen Plattform für die Katastrophenschutzgemeinschaft entwickelt. Es ermöglicht eine Vernetzung und den Austausch von Fachwissen und trägt so zur besseren Vorsorge für Notfalleinsätze im Rahmen des Katastrophenschutzverfahrens der Union bei. Über seine Webplattform, einen Newsletter und Veranstaltungen hält das UCPKN die Gemeinschaft über die Umsetzung der Unionsziele für Katastrophenresilienz und damit zusammenhängende Themen auf dem Laufenden. Die 2024 eingerichtete Online-Wissensbibliothek des Netzwerks bietet eine Sammlung von Ressourcen zum Thema DRG und Katastrophenrisikomanagement, während interaktive Diskussionsgruppen, zum Beispiel über Risikokommunikation, es Praktikern ermöglichen, Ideen und bewährte Vorgehensweisen auszutauschen.
Die Kommission hat das Instrumentarium für den Kapazitätsaufbau im Rahmen des Katastrophenschutzverfahrens der Union erweitert, um die Katastrophenschutzbemühungen in den Bereichen Katastrophenprävention, Vorsorge und Resilienzaufbau besser zu unterstützen. Das Instrumentarium steht im Einklang mit den strategischen Prioritäten des Katastrophenschutzverfahrens der Union und den Unionszielen für Katastrophenresilienz und umfasst folgende Hilfen:
I.Finanzhilfen für Katastrophenresilienz im Rahmen des Katastrophenschutzverfahrens der Union: „Technical Assistance for Disaster Risk Management“ (Track 1) mit Schwerpunkt auf Projekten für jeweils einzelne Länder und „Knowledge for Action in Prevention and Preparedness“ (KAPP) zur Unterstützung länderübergreifender Kooperationsinitiativen.
II.Finanzierungsfazilität für technische Hilfe (TAFF), eingerichtet im Jahr 2024, die Expertise im Bereich Katastrophenrisikomanagement anbietet. Sie wird über die Weltbank und die Globale Fazilität zur Verringerung und Bewältigung von Katastrophen (GFDRR) bereitgestellt.
Im Zeitraum 2023-2024 wurden im Rahmen von Track 1, KAPP und TAFF 65 Projekte in verschiedenen Ländern mit einem Gesamtbeitrag der EU von 43 Mio. EUR unterstützt. Im Rahmen dieser Projekte wurden alle Unionsziele für Katastrophenresilienz behandelt.
III.Das Peer-Review-Programm des Katastrophenschutzverfahrens der Union für gegenseitige Begutachtungen bot den nationalen und regionalen Katastrophenschutzbehörden über den gesamten Zeitraum 2022-2024 hinweg weiterhin die Möglichkeit, ihre Katastrophenrisikomanagementsysteme von Amtskollegen in anderen Ländern unabhängig bewerten zu lassen. Das Programm wurde aktualisiert, um eine neue, auf das Waldbrandrisikomanagement zugeschnittene Methodik aufzunehmen, die bei der Begutachtung des Waldbrandrisikomanagements in Griechenland, Italien und dem deutschen Bundesland Brandenburg zum Einsatz kam, was die Anpassungsfähigkeit des Ansatzes an den jeweiligen nationalen und regionalen Kontext unter Beweis stellt.
Bei einem Workshop im Jahr 2024, an dem Vertreter der begutachteten Länder und Peer-Reviewer teilnahmen, wurde betont, welchen Wert das Peer-Review-Programm dahin gehend hat, den Wissensaustausch zu erleichtern und Verbesserungen zu fördern. Die Verbesserungen, die im Zyklus 2022–2024 stattgefunden haben, einschließlich Verbesserungen des Prozesses, des analytischen Rahmens und der Förderung von Reformen, wurden weithin anerkannt und begrüßt.
Im Jahr 2024 führte das Katastrophenschutzverfahren der Union zudem vier Präventions- und Vorsorgemissionen zum Waldbrandrisikomanagement in Tschechien, außerdem in Chile zu Waldbränden, in der Ukraine zu CBRN und in Estland, Lettland und Litauen zu Massenevakuierungen durch.
Das umfassende Schulungsprogramm des Katastrophenschutzverfahrens der Union hat zur Weiterbildung von Experten und zur Verbesserung der Kapazitäten für die Bewältigung verschiedener Arten von Katastrophen beigetragen. Im Jahr 2023 wurde das Programm überarbeitet, um die individuellen Kompetenzen von Experten und Personal, die Koordinierung und die Interoperabilität der an internationalen Einsätzen beteiligten Bewältigungskapazitäten zu stärken. Dreißig Übungen (EU-MODEX und Vollübungen) wurden auf der Grundlage spezifischer Szenarien durchgeführt, darunter Erdbeben, medizinische Notfälle, Waldbrände, Überschwemmungen und CBRN. Diese Maßnahmen haben dazu beigetragen, den Stand der gemeinsamen Bereitschaft der EU zur Bewältigung der Folgen von Katastrophen zu verbessern.
7.1.Weiteres Vorgehen
Die Unterstützungsinstrumente des Katastrophenschutzverfahrens der Union wurden erheblich weiterentwickelt und bieten ein breiteres Spektrum an Optionen, die mit den Unionszielen für Katastrophenresilienz im Einklang stehen und gleichzeitig eine Anpassung an den spezifischen Bedarf der nationalen und regionalen Behörden ermöglichen. Das Unions-Wissensnetz für Katastrophenschutz (UCPKN) wurde weiterentwickelt, um den Zugang zu bewährten Vorgehensweisen, Forschung und gegenseitigem Lernen zu erleichtern.
In den kommenden Jahren wird der allgemeine Rahmen für Bewertungen im Peer-Review-Verfahren (peer review assessment framework – PRAF) – im Sinne anhaltender Relevanz und Wirksamkeit – aktualisiert. Darüber hinaus sind zwischen 2025 und 2027 sechs Peer-Reviews geplant, beginnend mit dem Kosovo* und Tschechien, die wertvolle Möglichkeiten für gegenseitiges Lernen und den Austausch bewährter Vorgehensweisen bieten werden. Durch die Weiterentwicklung und Verbesserung der Unterstützungsinstrumente werden die Kommission, die Mitgliedstaaten und die Teilnehmerstaaten besser gerüstet sein, um das Risikomanagement und den Resilienzaufbau zu stärken.
8.Schlussfolgerungen
Das Katastrophenrisikomanagement in der EU hat sich in den letzten Jahren durch die Stärkung des EU-Katastrophenschutzsystems erheblich verbessert, das unter Beweis gestellt hat, dass es in der Lage ist, sich an die wachsenden Anforderungen einer sich rasch wandelnden Risikolandschaft anzupassen. Ebenso spiegelt die nationale Berichterstattung im Rahmen des Beschlusses über ein Katastrophenschutzverfahren der Union die kontinuierlichen Fortschritte beim Risikomanagement auf nationaler Ebene wider. Dank der Ausweitung der Bewältigungskapazität und -fähigkeit des Katastrophenschutzverfahrens der Union in Verbindung mit einem stärkeren Schwerpunkt auf einem proaktiven Risikomanagement und Resilienzaufbau ist die EU in der Lage, immer komplexere Katastrophen besser zu bewältigen.
Die Annahme der Unionsziele für Katastrophenresilienz im Jahr 2023 war ein wichtiger Meilenstein, der eine gemeinsame Richtung in fünf Schlüsselbereichen des Katastrophenschutzes vorgegeben hat: Verbesserung der Antizipation, der Vorsorge in der Bevölkerung, der Frühwarnung, der Bewältigungskapazität und der Resilienz des Katastrophenschutzes. Über die darauf folgenden Leitinitiativen sind diese Prioritäten erfolgreich in konkrete Maßnahmen umgesetzt und die nationalen Katastrophenschutzbehörden sowie weitere Partner in eine gemeinsame Anstrengung zur Stärkung der Resilienz der EU eingebunden worden.
Die Fortschritte des Katastrophenschutzverfahrens der Union sind nicht nur als sektorspezifische Entwicklung relevant, sondern fließen auch in die umfassenderen strategischen Vorhaben zur Stärkung der Vorsorge in der EU ein. In der EU-Strategie für eine Union der Krisenvorsorge mit ihrer umfassenden Vision für die Vorsorge der EU sind Maßnahmen zur besseren Antizipation, Prävention und Bewältigung in Bezug auf ein breites Spektrum von Risiken und Bedrohungen sowie zur Sensibilisierung der Öffentlichkeit und zur Kommunikation mit den Bürgerinnen und Bürgern dargelegt. Die enge Abstimmung zwischen der Arbeit des Katastrophenschutzverfahrens der Union und der Vision der EU-Strategie für eine Union der Krisenvorsorge bietet der EU eine einzigartige Gelegenheit, die Stärken des Katastrophenschutzverfahrens und die im Rahmen dieses Verfahrens vorhandene Expertise zu nutzen, um Fortschritte bei der Vorsorge und beim Resilienzaufbau zu erzielen.
Das Katastrophenschutzverfahren der Union hat seinen Wert als Schlüsselkomponente des Katastrophenschutzsystems der EU unter Beweis gestellt. Seine weitere Entwicklung, insbesondere durch die weitere Umsetzung der Unionsziele für Katastrophenresilienz und die Weiterentwicklung ihrer Instrumente zum Kapazitätsaufbau im Rahmen des UCPKN, wird wesentliche Beiträge für einen breiteren Anwendungsbereich und zu den Zielen der EU-Strategie für eine Union der Krisenvorsorge leisten.
Mit Blick auf die Zukunft und angesichts einer Risikolandschaft, die sich in hohem Tempo wandelt, sind weitere Anstrengungen nach wie vor unerlässlich. Die Resilienz Europas zu stärken, erfordert nachhaltiges Engagement und gemeinsames Handeln der EU als Ganzes, ihrer Mitgliedstaaten und der Zivilgesellschaft. Ein umfassender, risikoorientierter Ansatz ist entscheidend, um Anfälligkeiten zu beheben und strategische Investitionen in die Fähigkeiten der EU zu lenken, die erforderlich sind, um künftige Krisen zu verhindern, zu mindern, sich darauf vorzubereiten und sich von ihnen zu erholen.
Die Zusammenarbeit im Bereich der Vorsorge muss sich auch über die Union hinaus auf die unmittelbaren Nachbarländer erstrecken. Die Stärkung der Resilienz in diesen Regionen wird zur gemeinsamen Sicherheit beitragen und letztlich die Resilienz der EU stärken.