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Document 52023DC0336

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN EUROPÄISCHEN RAT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN Halbzeitrevision des Mehrjährigen Finanzrahmens 2021–2027

COM/2023/336 final

Brüssel, den 20.6.2023

COM(2023) 336 final

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN EUROPÄISCHEN RAT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN 

Halbzeitrevision des






















Mehrjährigen Finanzrahmens 2021–2027




































{SWD(2023) 336 final}


1.EINLEITUNG

Seit 2020 ist die Union mit einer ganzen Reihe beispielloser und unerwarteter Herausforderungen konfrontiert. Der Mehrjährige Finanzrahmen 2021-2027 und NextGenerationEU ermöglichten eine wirkungsvolle Reaktion auf die COVID-19-Pandemie und ihre wirtschaftlichen und sozialen Folgen. Sie gestatteten der Union eine rasche Erholung von der Krise, und durch sie wird Europa grüner, digitaler und resilienter; gleichzeitig werden Ungleichheiten abgebaut, und die Chancengleichheit für alle wird gefördert. Doch kaum hat die EU eine der schwersten globalen Wirtschaftskrisen seit mehr als einem Jahrhundert überwunden, steht sie vor einer weiteren schweren Krise: Mit Russlands brutaler Invasion der Ukraine sind erneut zusätzliche unerwartete Herausforderungen wie etwa die Energiekrise entstanden. Der EU-Haushalt hat im Rahmen seiner Grenzen eine starke Reaktion der EU ermöglicht, indem von seinen begrenzten strukturellen Spielräumen Gebrauch gemacht wurde. Die Bewältigung dieser vielfältigen Herausforderungen hat die Mittel des EU-Haushalts fast vollständig aufgezehrt.

Durch Russlands illegalen Angriffskrieg gegen die Ukraine ist der Krieg mit seinen verheerenden Folgen wieder auf europäischen Boden zurückgekehrt. Die Union wird nicht nachlassen, die Ukraine so lange wie nötig zu unterstützen, und sie wird dem Land auf seinem Weg nach Europa mit Entschlossenheit beistehen. Der Krieg hatte in erster Linie verheerende Folgen für die Ukraine und ihre Bevölkerung, er hatte aber auch erhebliche Auswirkungen auf Europa und auf Drittländer – aufgrund der Menschen, die aus der Ukraine fliehen, bis hin zur Energie- und Nahrungsmittelkrise. Dieser Krieg machte eine massive Mobilisierung humanitärer Hilfe erforderlich, die es aufrechtzuerhalten gilt, sowie eine Förderung der landwirtschaftlichen Lebensmittelerzeugung und des Katastrophenschutzes in Drittländern. Für kurzfristige Hilfe und Erholung sowie den langfristigen Wiederaufbau der Ukraine wird es nachhaltiger Unterstützung bedürfen.

Die Migration hat nach der Pandemie wieder zugenommen, was die Aufnahme- und Integrationskapazitäten der Mitgliedstaaten unter Druck setzt. Die Bekämpfung der Migrationsursachen, die Verbesserung des Grenzmanagements und die Erhaltung wirksamer Migrationspartnerschaften mit Drittländern – sowohl Herkunfts- und Transitländern als auch Ländern, die Flüchtlinge in großen Zahlen aufnehmen – werden weitere finanzielle Mittel benötigen. Darüber hinaus wird in der zu den Kernelementen des neuen Migrations- und Asylpakets, auf die sich der Rat am 8. Juni 2023 geeinigt hat, sowohl in Bezug auf die interne als auch die externe Dimension der Migration betont, dass die Union und die Mitgliedstaaten der neuen Verantwortung, die sie übernehmen, gerecht werden und auch die damit verbundenen Kosten aufbringen müssen.

Nicht nur die Folgen des Kriegs in der Ukraine, sondern auch wachsende geopolitische Instabilität, Krisen und Naturkatastrophen, die zudem durch den Klimawandel noch verschärft werden, ziehen die Nachbarländer der EU und die Entwicklungsländer weltweit besonders stark in Mitleidenschaft, sodass vermehrt Soforthilfe und humanitäre Hilfe vonnöten sind.

Auch zur Förderung der langfristigen Wettbewerbsfähigkeit bedarf es umfangreicher Investitionen. Wenn die Union den grünen und den digitalen Wandel in Europa beschleunigt, kann es ihr gelingen, durch intelligente öffentliche und private Investitionen in strategischen Branchen die Führungsrolle in Schlüsselsektoren wiederzuerlangen und dabei gleiche Wettbewerbsbedingungen im Binnenmarkt und damit den Zusammenhalt zu erhalten. Dies ist in Anbetracht der derzeitigen strategischen Abhängigkeiten und des anhaltenden demografischen Wandels ebenso wichtig wie zur Gewährleistung einer erschwinglichen Energieversorgung.

Seit 2022 verzeichnen die EU und andere große Wirtschaftsräume einen enormen Anstieg der Inflation – den stärksten seit über 40 Jahren –, der durch die Engpässe während der Erholungsphase nach der Pandemie und Russlands Invasion der Ukraine verstärkt wurde. Infolgedessen haben die Zentralbanken weltweit ihre Geldpolitik verschärft. Die Zinssätze an den internationalen Kapitalmärkten sind so schnell gestiegen wie noch nie. Der Zinssatz für EU-Anleihen mit einer Laufzeit von zehn Jahren stieg von fast null zum Zeitpunkt der Annahme des Mehrjährigen Finanzrahmens in weniger als einem Jahr auf mehr als 3 %. Diese Volatilität zieht den EU-Haushalt unmittelbar in starke Mitleidenschaft.

Durch die zahlreichen Zusatzaufgaben, die den EU-Organen seit Beginn des Mehrjährigen Finanzrahmens übertragen wurden, in Verbindung mit der hohen Inflation gerät die EU-Verwaltung unter Druck. Die EU-Organe unternehmen zwar außergewöhnliche Anstrengungen, um neue Prioritäten zu setzen und Verwaltungskosten einzusparen, doch sie haben inzwischen Schwierigkeiten, ihren rechtlichen Verpflichtungen ohne eine entsprechende Aufstockung des Personals nachzukommen.

In dieser Mitteilung wird ein Weg dafür aufgezeigt, die grundlegendsten Mittel bereitzustellen, damit wir den gemeinsamen Prioritäten und Erfordernissen der Union gerecht werden können. Sie erhebt keinesfalls Anspruch darauf, die Auswirkungen der verschiedenen Krisen auf den EU-Haushalt umfassend zu behandeln oder zu korrigieren, sondern konzentriert sich auf die dringlichsten Bereiche, in denen eine Anpassung unausweichlich ist, um dafür zu sorgen, dass die Union ihren gemeinsamen Erfordernissen und Zielsetzungen in einem völlig neuen globalen Umfeld gerecht werden kann.

2.DER HAUSHALT UNTER DRUCK

Der mehrjährige Charakter verleiht dem EU-Haushalt zwar Stabilität und Berechenbarkeit, doch ist seine Reaktionsfähigkeit bei folgenschweren unerwarteten Ereignissen schwach und seine Spielräume sind zudem nahezu ausgeschöpft. 90 % der Mittel des EU-Haushalts und von NextGenerationEU sind bereits spezifischen Zwecken, Programmen oder nationalen Programmen zugewiesen. Bereits 75 % der für den Zeitraum 2021–2027 ursprünglich verbliebenen Spielräume (die ohnehin nur 5,5 Mrd. EUR bzw. 0,45 % der Gesamtausgaben betrugen) wurden bereits für die Anpassung an neue Erfordernisse und die Reaktion auf unerwartete Krisen verwendet oder eingeplant. Das Flexibilitätsinstrument, das über die Obergrenzen des mehrjährigen Finanzrahmens hinaus einen begrenzten zusätzlichen Spielraum in Höhe von etwa 1 Mrd. EUR pro Jahr bietet, wurde vollständig ausgeschöpft. Diese Umstände berauben die Union ihrer Fähigkeit, auch nur auf die dringendsten Notfälle zu reagieren, die langfristige Wettbewerbsfähigkeit Europas in kritischen Bereichen zu fördern, das einzigartige europäische Sozialmodell zu bewahren und zu stärken, ganz zu schweigen von der Fähigkeit, neue Herausforderungen zu bewältigen, mit denen angesichts des instabilen geopolitischen und wirtschaftlichen Umfelds in den nächsten vier Jahren zu rechnen sein wird.

Um diesen unvorhergesehenen Herausforderungen zu begegnen, mussten zusätzlich zu den bestehenden Flexibilitätsspielräumen des Haushalts umfangreiche Umschichtungen und Neuprogrammierungen vorgenommen werden. Es wurden erhebliche kohäsionspolitische Mittel mobilisiert, um sowohl den Menschen, die vor dem Krieg in der Ukraine fliehen, als auch den Mitgliedstaaten, die sie aufnehmen, mit den Paketen „Einsatz von Kohäsionsmitteln zugunsten von Flüchtlingen in Europa“ und „Flexible Unterstützung der Gebiete“ (CARE und FAST-CARE) zu helfen. Die Änderungen von Programmen mit den Laufzeiten 2014-2020 und 2021-2027 haben Druck von den Haushalten der Mitgliedstaaten genommen und eine schnellere und flexiblere Nutzung der verfügbaren Mittel ermöglicht. Der Plan REPowerEU, mit dem die Abhängigkeit der EU von fossilen Brennstoffen aus Russland beendet und die Klimakrise bewältigt werden soll, wird im Wesentlichen durch Umschichtungen und Umwidmungen von Mitteln aus anderen Fonds 1 finanziert. Das Programm der Union für sichere Konnektivität, das infolge zunehmender hybrider Bedrohungen und Cyberbedrohungen sowie von Naturkatastrophen aufgelegt wurde, wurde mit Mitteln aus mehreren EU-Programmen, die ähnliche Ziele wie diese Initiative verfolgen, 2 sowie aus ungenutzten Spielräumen des Haushalts ausgestattet. Die vorgeschlagene Verordnung zur Förderung der Munitionsproduktion (ASAP), mit der der Ausbau der Kapazitäten für die Munitionsherstellung in der EU unterstützt wird, wird durch Umschichtungen des Europäischen Verteidigungsfonds für 2024 in Höhe von 260 Mio. EUR und mit 240 Mio. EUR, die ursprünglich für das Instrument zur Stärkung der europäischen Verteidigungsindustrie durch gemeinsame Beschaffung (EDIRPA) im Zeitraum 20232024 vorgesehen waren, finanziert. Das Chip-Gesetz wird über den Spielraum unter der Rubrik 1 und über Umschichtungen aus anderen Programmen oder deren Komponenten finanziert. Darüber hinaus wurde das Flexibilitätspolster für neue Herausforderungen und Prioritäten des Instruments für Nachbarschaft, Entwicklungszusammenarbeit und internationale Zusammenarbeit weitestgehend (und zwar 7,4 der 9,3 Mrd. EUR) genutzt, um unter anderem Mittel für COVID-19-Impfstoffe weltweit bereitzustellen, der Ukraine (auch durch MFA-Darlehen) zu helfen und syrische Flüchtlinge in der Türkei zu unterstützen. Weitere Umschichtungen oder eine Neuordnung der Prioritäten sind daher nur in äußerst engen Grenzen möglich.

Angesichts dieser Lage sieht die Kommission keine andere Lösung, als eine zielgerichtete Revision des Mehrjährigen Finanzrahmens 2021–2027 vorzuschlagen, um dafür zu sorgen, dass die EU bis Ende 2027 all ihren Zielen – sowohl den dringlichen als auch den üblichen -– gewachsen ist.

3.Eine zielgerichtete und ausgewogene Anpassung des HAUSHALTS zur Bewältigung neuer Herausforderungen 

Unerschütterliche Unterstützung der Ukraine auf lange Sicht durch die neue Fazilität für die Ukraine

Die EU steht fest an der Seite der Ukraine, um den Widerstand des Landes gegen die russische Invasion zu unterstützen und die europäische Zukunft der Ukraine gemeinsam zu gestalten. Der Mehrjährige Finanzrahmen 2021–2027 war nicht dafür konzipiert, die direkten und indirekten Folgen eines Krieges auf europäischem Boden zu bewältigen; derartig dramatische Ereignisse und die damit einhergehenden Erfordernisse waren einfach nicht vorhersehbar. Dennoch wurden bis Juni 2023 30,5 Mrd. EUR aus dem EU-Haushalt für die Unterstützung der Ukraine mobilisiert. Dazu gehört auch das Instrument der neuen Makrofinanzhilfe Plus, über die 2023 bis zu 18 Mrd. EUR mit Garantien aus dem EU-Haushalt bereitgestellt werden. 

Darüber hinaus wurden mehrere bestehende Programme zur Unterstützung der Ukraine und Bewältigung der Kriegsfolgen umgewidmet. So sind etwa in der Fazilität „Connecting Europe“, mit der die Ukraine nun assoziiert ist, die Solidaritätskorridore zwischen der EU und der Ukraine – die für die fortdauernde Anbindung der ukrainischen Wirtschaft an den Binnenmarkt und die übrige Welt von wesentlicher Bedeutung sind – und die militärische Mobilität vorgesehen. Es wurden regionalpolitische Mittel in Höhe von insgesamt 17 Mrd. EUR dafür mobilisiert, die Mitgliedstaaten bei der Hilfe für Menschen, die vor dem Krieg fliehen, oder bei der Bewältigung der durch den Krieg bedingten hohen Energiepreise zu unterstützen. Die EU-Fonds für den Bereich Inneres erhielten größere Spielräume, um die Verwendung nicht in Anspruch genommener Mittel des Zeitraums 2014-2020 zu erleichtern. 400 Mio. EUR wurden den Mitgliedstaaten an den Außengrenzen über den Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds und das Instrument für finanzielle Hilfe im Bereich Grenzverwaltung und Visumpolitik bereitgestellt, um die Erstaufnahme und frühzeitige Integration von Ukrainern, die in die EU kommen, zu unterstützen. Auch das Programm Erasmus+ leistet Hilfestellung für Ukrainerinnen und Ukrainer, einschließlich vieler Kinder und Jugendlicher; zu diesem Zweck wurden 2023 die Mittel sogar um 100 Mio. EUR aufgestockt.

Zusätzliche Unterstützung wird außerhalb des EU-Haushalts bereitgestellt, etwa militärische Hilfe in Höhe von 5,6 Mrd. EUR im Rahmen der neu eingerichteten Europäischen Friedensfazilität (EFF). Die EFF hat sich als große Hilfe für die Selbstverteidigung der Ukraine erwiesen.

Alles in allem beläuft sich die von der EU und ihren Mitgliedstaaten zur Unterstützung der Ukraine und ihrer Bevölkerung mobilisierte Unterstützung auf insgesamt 70 Mrd. EUR.

Seit Beginn des Krieges hat die Union zudem beispiellose Sanktionen gegen Russland verhängt, die zu denen hinzukommen, die bereits nach der rechtswidrigen Annexion der Krim im März 2014 von der EU verhängt worden waren. Derzeit wird daran gearbeitet, wie eingefrorene Vermögenswerte zur Unterstützung der Erholung und des Wiederaufbaus der Ukraine genutzt werden können.

Die Europäische Union ist fest entschlossen, der Ukraine voll und ganz zur Seite zu stehen und sie und ihre Bevölkerung weiterhin mit politischer, wirtschaftlicher, militärischer, finanzieller und humanitärer Hilfe so lange zu unterstützen, wie es nötig ist. Es braucht Gelder für den Sofortbedarf der Ukraine, für ihre Erholung und ihren langfristigen Wiederaufbau. Die Makrofinanzhilfe Plus erfasst nur das Jahr 2023 und sie kann auch nur den dringendsten unmittelbaren Haushaltsbedarf decken. Sie kann weder alle Bereiche abdecken, in denen die Union Hilfszusagen gemacht hat, noch bietet sie langfristig Unterstützung für eine rasche Erholung. Die Europäische Union muss sich dieser Herausforderung stellen und bekräftigen, dass sie die Ukraine über viele Jahre unterstützen wird. 

Die Unterstützung für eine rasche Erholung der Ukraine sollte sich jeweils der veränderten Lage anpassen. Die Aufrechterhaltung der Wirtschaftstätigkeit und der Wiederaufbau der Basisinfrastruktur würden Arbeitsplätze schaffen und Einnahmen generieren, den Flüchtlingen eine Rückkehrperspektive eröffnen und den Bedarf an internationalen Hilfen zu verringern. Nach Schätzungen des Internationalen Währungsfonds 3 beläuft sich die Finanzierungslücke der Ukraine im Zeitraum 2024 bis 2027 auf 81,6 Mrd. USD. Darüber hinaus legte im März 2023 die Weltbank zusammen mit der Regierung der Ukraine, der Europäischen Kommission und den Vereinten Nationen eine aktualisierte Schadensbewertung vor, die sich auf ein ganzes Jahr des Angriffs Russlands gegen die Ukraine erstreckte. Demnach beträgt der geschätzte Gesamtbedarf der Ukraine für den Wiederaufbau in den nächsten zehn Jahren 384 Mrd. EUR – 142 Mrd. EUR allein für den Zeitraum 20232027. Das am 31. März abgeschlossene Programm des Internationalen Währungsfonds wird einen Anteil dieses Bedarfs in Höhe von 10,2 Mrd. USD decken und das fünfjährige Hilfspaket Norwegens einen weiteren Anteil von 7 Mrd. EUR.

Die Union ist entschlossen, zusammen mit anderen internationalen Gebern ein strukturiertes Engagement, insbesondere über die von vielen Akteuren getragene Geberkoordinierungsplattform für die Ukraine, einzugehen und eine mehrjährige Partnerschaft mit der Ukraine aufzubauen, um dem Land bei seinen Reformen und dem Weg zum EU-Beitritt zu helfen. Dadurch könnte die Ukraine ihren unmittelbaren Finanzierungsbedarf decken und den Schwerpunkt auf die Reform der öffentlichen Verwaltung, eine gute Regierungsführung, Rechtsstaatlichkeit, die schrittweise Integration in den Binnenmarkt und die Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung (einschließlich Maßnahmen zur Korruptions- und Betrugsbekämpfung) legen. Dies bietet der Ukraine die Chance auf Fortschritte, während sie ihren Wiederaufbau in Angriff nimmt, den Übergang zu einer resilienten, klimaneutralen, digitalen und inklusiven Wirtschaft fördert und Grundrechte und Chancengleichheit stärkt.

Es bedarf einer nachhaltigen Lösung, wenn wir die Ukraine auch während der Restlaufzeit des derzeitigen Mehrjährigen Finanzrahmens unterstützen wollen. Bei einer solchen Lösung wird ein starkes Engagement der Union mit der Flexibilität zur Anpassung an die wechselhafte Lage Hand in Hand gehen müssen. Die finanzielle Unterstützung für die Ukraine sollte daher aus einer flexiblen Kombination von Darlehen und Zuschüssen bestehen. Durch Anleihen finanzierte und aus dem EU-Haushalt garantierte Darlehen – wie im Rahmen der Makrofinanzhilfe Plus vorgesehen – werden eine Schlüsselrolle dabei spielen, die Liquidität der ukrainischen Regierung sicherzustellen. Die EU kann anbieten, die Zinsen für diese Darlehen zu übernehmen. Gleichzeitig wird ein angemessener Anteil der Zuschüsse die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Haushalte der Ukraine unterstützen und bestimmte Investitionsmaßnahmen oder technische Hilfe finanzieren.

Durch die anhaltende Unterstützung durch die EU muss auch das Vertrauen des europäischen und des ukrainischen Privatsektors für Investitionen in die Ukraine und ihren Wiederaufbau gestärkt werden. Wenn sich im Laufe der Zeit die Bedingungen für das Engagement des Privatsektors verbessern, sollte die Unterstützung durch Garantien erfolgen – mit zusätzlichen Beiträgen internationaler Finanzinstitutionen –, um das Investitionsrisiko für den Privatsektor zu verringern und die Hebelwirkung der EU-Mittel zu steigern. Dadurch sollte eine Einbindung der Ukraine in die europäischen Lieferketten und in den Binnenmarkt zum Nutzen der Bevölkerung und der Unternehmen sowohl der EU als auch der Ukraine erreicht werden.

Um den Sofortbedarf der Ukraine für die Erholung und Modernisierung zu decken, schlägt die Kommission die Schaffung eines integrierten und flexiblen Instruments mit einer Gesamtkapazität von bis zu 50 Mrd. EUR für den Zeitraum 2024–2027 vor. Die Unterstützung wird in Form von Darlehen, Finanzhilfen und Garantien gewährt. Dies wird eine stabile und berechenbare Finanzierung sicherstellen und gleichzeitig einen geeigneten Rahmen vorgeben, der die Priorisierung von Reformen und Investitionen auf der Grundlage eines Ukraine-Plans, die Tragfähigkeit der ukrainischen Finanzen und den Schutz des EU-Haushalts gewährleistet. Die nicht rückzahlbaren Hilfen werden aus einer Ukrainereserve finanziert, die jährlich über die Ausgabenobergrenzen hinaus Gelder für die Fazilität für die Ukraine bereitstellt. Die Unterstützung in Darlehensform wird durch Anleihen auf den Finanzmärkten finanziert und durch den Handlungsspielraum zwischen den Eigenmittelobergrenzen und den EU-Haushaltsausgaben abgesichert. Dieser flexible Ansatz ist nötig, um dem sich wandelnden Bedarf des Landes bis 2027 Rechnung zu tragen.

Migrationsmanagement, Stärkung von Partnerschaften mit wichtigen Drittländern und Bewältigung von Notlagen

Der EU-Haushalt trägt zu einem umfassenden Konzept bei, bei dem die Politik in den Bereichen Migration, Asyl, Integration, Rückkehr und Grenzverwaltung zusammengeführt wird und die Verbindung zwischen den internen und externen Dimensionen der Migration sowie die Erfordernisse anerkannt werden, die sich aus den globalen Folgen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine – wie Ernährungssicherheit und hybride Bedrohungen – ergeben. Was die externe Dimension der Migration anbelangt, so wird die Europäische Union die Zusammenarbeit durch umfassende, ausgewogene und maßgeschneiderte Partnerschaften mit den wichtigsten Herkunfts- und Transitländern intensivieren. Die Finanzierung ist ganz allgemein nicht einfach, besonders schwierig ist die Lage aber in den Ländern der südlichen Nachbarschaft und in der Türkei. Die Bedürfnisse im Zusammenhang mit den syrischen Flüchtlingen in der Türkei und der Großregion nehmen nicht ab und könnten angesichts der mit den jüngsten Erdbeben verbundenen zusätzlichen Herausforderungen eher weiter steigen. Für den Zeitraum 2024–2027 sind die Bedürfnisse in der Region weitgehend noch nicht gedeckt. Zusätzlich werden diese nach Auslaufen des Treuhandfonds für Afrika noch weiter in die Höhe gehen, da die Erwartungen steigen, dass die Mittel für die südliche Mittelmeerroute (208 Mio. EUR pro Jahr), zu denen sich die Kommission ebenfalls verpflichtet hatte, mindestens auf dem gleichen Niveau gehalten werden. Dies ist ein Punkt, dem nach der Tagung des Europäischen Rates vom 9. Februar 2023 weitere Aufmerksamkeit gewidmet werden muss, denn der Rat hatte die Notwendigkeit herausgestellt, die Zusammenarbeit mit Herkunfts- und Transitländern durch für beide Seiten vorteilhafte Partnerschaften zu intensivieren und so für mehr Rückkehr zu sorgen, wobei alle Migrationsrouten abgedeckt werden sollten, „auch mit angemessenen Ressourcen“, einschließlich des Instruments für Nachbarschaft, Entwicklungszusammenarbeit und internationale Zusammenarbeit.

Was die interne Dimension des Migrationsmanagements und die Grenzverwaltung angeht, so werden die Unterstützung der dem zunehmenden Migrationsdruck ausgesetzten Mitgliedstaaten und die Umsetzung des neuen Migrations- und Asylpakets zusätzliche Finanzmittel erfordern. Dies gilt insbesondere für die Screening- und Grenzverfahren, die Aufnahmekapazitäten, Umsiedlungen und Rückführungen. Was das Paket anbelangt, so sind gute Fortschritte zu verzeichnen, denn das Europäische Parlament und der Rat sind bestrebt, die Legislativvorschläge bis Februar 2024 4 zu verabschieden, und eine Reihe von Dossiers wurde bereits angenommen. Die im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens vorgeschlagenen Änderungen haben die Bedarfe im Vergleich zu den ursprünglichen Schätzungen noch weiter erhöht. Dies gilt insbesondere für die Einrichtung und Unterhaltung der Aufnahmestrukturen, intensivierte Rückführungen und Umsiedlungen. Die für die bestehenden Prioritäten und für die Unterbringung einer wachsenden Zahl von Flüchtlingen verfügbaren Mittel sind bereits zweckgebunden. So werden 30 % der Mittel im Politikbereich Migration 5 im Rahmen der Thematischen Fazilitäten eingesetzt, die grundsätzlich eine gewisse Flexibilität bieten. Die Thematischen Fazilitäten werden allerdings intensiv genutzt, um Notfälle zu bewältigen und Mitgliedstaaten zu unterstützen, die außergewöhnlichem Druck ausgesetzt sind, wie etwa aufgrund der Krise in Afghanistan, der vom belarussischen Regime organisierten Krise und zuletzt der Aufnahme von Millionen von Menschen, die vor dem russischen Krieg in der Ukraine geflohen sind. Daher können diese Mittel nicht für die Umsetzung des Pakets vorgesehen werden.

Eine wirtschaftlich und politisch instabiler gewordene Welt lässt den Bedarf an Unterstützung global ansteigen, in seiner derzeitigen Form kann der EU-Haushalt allerdings nicht mehr in vollem Umfang für die erforderliche Reaktion der Union auf Krisen in Drittländern sorgen. Der Angriffskrieg Russlands trifft über seine Auswirkungen auf die Ukraine hinaus auch Nachbarländer wie Moldau, ein EU-Kandidatenland, das zusätzliche Unterstützung benötigen wird. 6 Zudem haben die großen Konflikte im Jemen, im Sudan und in Afghanistan sowie die daraus resultierende weltweite Nahrungsmittelkrise und die zunehmende Instabilität in Subsahara-Afrika und anderen Teilen der Welt den Bedarf an EU-Unterstützung und humanitärer Hilfe noch dringlicher als erwartet werden lassen.

Das Programm für humanitäre Hilfe musste mit Haushaltsmitteln aus der Solidaritäts- und Soforthilfereserve beträchtlich aufgestockt werden, nachdem Umschichtungen vorgenommen und die Spielräume voll ausgeschöpft worden waren. In einer Reihe von Krisenherden, insbesondere im Nahen Osten und in Afrika, rationieren humanitäre Organisationen bereits ihre Unterstützung und fahren ihre Programme herunter. Der verbleibende nicht zugewiesene Spielraum in Rubrik 6 (Nachbarschaft und die Welt) beläuft sich im Zeitraum 2024–2027 im Durchschnitt auf 83 Mio. EUR pro Jahr. Die begrenzten noch verfügbaren Mittel des gemeinsamen Dotierungsfonds für die Bereitstellung zusätzlicher Makrofinanzhilfedarlehen – insbesondere die jüngste Ankündigung eines Makrofinanzhilfedarlehens für Tunesien in Höhe von 900 Mio. EUR – bedeuten, dass im derzeitigen Mehrjährigen Finanzrahmen nur sehr wenig Handlungsspielraum für eventuell erforderliche weitere Maßnahmen dieser Art bestehen wird. Darüber hinaus wurden rund 80 % der verfügbaren Mittel des Flexibilitätspolsters für neue Herausforderungen und Prioritäten des Instruments für Nachbarschaft, Entwicklungszusammenarbeit und internationale Zusammenarbeit für den Zeitraum 2021–2027 bereits entweder verwendet oder zugewiesen, um einem breiten Spektrum von Bedürfnissen gerecht zu werden. Dies steht im Widerspruch zum Grundgedanken des Polsters, mit dem eine flexible Reserve bereitgestellt werden sollte, um auf unerwarteten Bedarf reagieren zu können.

Parallel dazu und angesichts der veränderten geopolitischen Landschaft ist es umso wichtiger, unsere Partner im Westbalkan stärker zu unterstützen, die Konvergenz mit den EU-Mitgliedstaaten zu beschleunigen und stabile, wohlhabende und gut funktionierende demokratische Gesellschaften auf ihrem Weg zur EU-Mitgliedschaft zu unterstützen.

Die Solidaritäts- und Soforthilfereserve trägt zur Bewältigung von Naturkatastrophen größeren Ausmaßes oder Krisen im Bereich der öffentlichen Gesundheit sowohl innerhalb als auch außerhalb der EU bei, hat jedoch bei Weitem nicht ausgereicht, um alle seit Anlaufen des Mehrjährigen Finanzrahmens gestellten Anträge abzudecken. In den Jahren 2021 und 2022 war die Mittelzuweisung vollständig durch unvorhergesehene Großereignisse wie Naturkatastrophen (z. B. Überschwemmungen, Waldbrände, Erdbeben) ausgeschöpft worden, und die eingegangenen Anträge lagen weit über den verfügbaren jährlichen Haushaltsmitteln in Höhe von 1,2 Mrd. EUR (zu Preisen von 2018). Daher konnte nicht allen Anträgen entsprochen werden. Bis Mitte des Jahres 2023 dürfte die Solidaritäts- und Soforthilfereserve aufgrund der Erdbeben in der Türkei und Syrien bereits voll aufgebraucht sein, sodass bis Ende des Jahres kein Raum für zusätzliche Mobilisierungen bliebe.

Um ausreichende Mittel zur Unterstützung der Mitgliedstaaten bei der Bewältigung dringender Herausforderungen im Zusammenhang mit Migration und Grenzen sowie bei der Umsetzung des neuen Migrations- und Asylpakets nach seiner Annahme bereitstellen zu können, schlägt die Kommission vor, die Obergrenze der Rubrik 4 um 2 Mrd. EUR anzuheben.

Damit die Union vor dem Hintergrund außergewöhnlicher geopolitischer Spannungen den absoluten Grundbedarf decken kann, schlägt die Kommission ferner vor, die Obergrenze der Rubrik 6 um 10,5 Mio. EUR anzuheben.

Die Fähigkeit der Union, Krisen und Notlagen zu bewältigen, muss gestärkt werden, weshalb die Solidaritäts- und Soforthilfereserve um 2,5 Mrd. EUR aufgestockt werden sollte.

Förderung der langfristigen Wettbewerbsfähigkeit bei kritischen Technologien durch eine Plattform für strategische Technologien für Europa

Die EU verfolgt seit einigen Jahren das strategische Ziel, die europäische Wirtschaft durch den ökologischen und den digitalen Wandel wettbewerbsfähiger zu machen und strategische Abhängigkeiten zu vermeiden. Mithilfe von NextGenerationEU, dem Leitprogramm der EU für die wirtschaftliche Erholung, hat die Union die vor der Pandemie erzielten Produktionsniveaus bereits im Sommer 2021 wieder erreicht. Die für den ökologischen und den digitalen Wandel bereitgestellten Mittel sorgen dafür, dass die Wirtschaft wettbewerbsfähiger wird und niemand zurückbleibt. Die beispiellosen Anstrengungen der EU-Mitgliedstaaten zur Umsetzung wichtiger Reformen machen die EU widerstandsfähiger. Die Bemühungen in diese Richtung sollten fortgesetzt werden, damit die EU bei der Bewältigung bestehender und sich abzeichnender Herausforderungen, einschließlich strategischer Abhängigkeiten in Schlüsselsektoren, weiterhin an vorderster Stelle stehen kann. Darüber hinaus standen grüne und digitale Technologien im Mittelpunkt des Mehrjährigen Finanzrahmens: 30 % der 2 Bio. EUR des Mehrjährigen Finanzrahmens 2021–2027 und des Aufbauprogramms NextGenerationEU werden für Klimaschutzmaßnahmen ausgegeben, und mehr als 20 % der Aufbau- und Resilienzfazilität sind für die Digitalpolitik bestimmt. Die Kohäsionspolitik trägt mit 110 Mrd. EUR zur Klimawende und mit 37 Mrd. EUR zum digitalen Wandel bei. Darüber hinaus unterstützt das Programm „Digitales Europa“ digitale Technologien für Unternehmen, Bürgerinnen und Bürger und öffentliche Verwaltungen. Der EU-Haushalt ist das ultimative Instrument der EU, um gemeinsame Maßnahmen auf EU-Ebene zu unterstützen, die Integrität des Binnenmarkts zu wahren, Skaleneffekte, Wirksamkeit, Konvergenz und Solidarität zu sichern und die klare politische Botschaft zu vermitteln, dass die EU Herausforderungen geeint angeht.

Die EU-Industrie hat die ihr inhärente Widerstandsfähigkeit unter Beweis gestellt, steht aber aktuell – bedingt durch die hohe Inflation, den Arbeitskräftemangel, Unterbrechungen der Lieferketten, steigende Zinssätze und Preisspitzen bei Energie und Betriebsmitteln – vor großen Herausforderungen. Dies geht mit einem starken, aber nicht immer fairen Wettbewerb auf dem fragmentierten Weltmarkt einher. Während die EU-Mittel häufig auf den Einsatz von sauberen Technologien, Biotechnologien, digitalen Technologien und technologieintensiven Innovationen ausgerichtet sind, konzentrieren sich unsere globalen Partner zunehmend auf die Unterstützung der Herstellung dieser Technologien, wie es etwa in den USA mit dem kürzlich verabschiedeten Inflation Reduction Act oder – bereits seit längerer Zeit – in China der Fall ist.

Die Aufnahme bzw. Ausweitung von Entwicklung und Herstellung strategischer Technologien in der Union wird von entscheidender Bedeutung sein, um die Chancen des ökologischen und des digitalen Wandels zu nutzen und die entsprechenden Ziele zu erreichen und damit die Souveränität und die wirtschaftliche Sicherheit Europas zu stärken. Daher sind sofortige Maßnahmen erforderlich, um die Entwicklung und Herstellung strategischer Technologien in der Union zu unterstützen, insbesondere von kritischen sauberen Technologien, Biotechnologien, digitalen Technologien und technologieintensiven Innovationen. Es sollte mehr für den Schutz und die Stärkung bestehender und die Entwicklung neuer Wertschöpfungsketten und damit die Verringerung der strategischen Abhängigkeiten der Union getan werden. Wie die COVID-19-Pandemie gezeigt hat, können komplexe globale Wertschöpfungsketten für die Herstellung und den Vertrieb von Produkten wie Arzneimitteln zu Engpässen bei lebensnotwendigen Gütern führen. Die Union muss auch den Arbeitskräfte- und Qualifikationsmangel in diesen strategischen Sektoren angehen und zusätzliche Arbeitskräfte durch hochwertige Arbeitsplätze, Schulungen und Ausbildungsstellen anziehen.

Die EU hat bereits mehrere Initiativen zur Unterstützung ihrer Industrie vorgelegt. Mit dem Industrieplan zum Grünen Deal sollen die Wettbewerbsfähigkeit der Netto-Null-Industrie in Europa verbessert, der rasche Übergang zur Klimaneutralität gefördert und die Schaffung hochwertiger Arbeitsplätze gesteigert werden. Der Plan bietet ein günstigeres Umfeld für den Ausbau der Produktionskapazitäten der EU im Bereich saubere Technologien. Er umfasst vier Säulen: ein vorhersehbares und vereinfachtes Regelungsumfeld, einen schnelleren Zugang zu Finanzmitteln, den Ausbau von Kompetenzen und einen offenen Handel für robuste Lieferketten. Mit der europäischen Innovationsagenda verfolgt die EU das Ziel, Europa an der Spitze der neuen Welle technologieintensiver Innovationen und Start-up-Unternehmen zu positionieren. Gleichzeitig ändern die Mitgliedstaaten auch ihre nationalen Aufbau- und Resilienzpläne derzeit dahin gehend, dass sie Kapitel zu REPowerEU aufnehmen, was ihnen die wichtige Möglichkeit eröffnet, Unternehmen unmittelbar zu unterstützen und deren Wettbewerbsfähigkeit zu stärken sowie strategische Abhängigkeiten zu verringern.

Diese Überbrückungslösungen bieten zwar schnelle und gezielte Unterstützung, doch benötigt die EU eine stärker strukturell ausgerichtete Antwort auf den Investitionsbedarf ihrer Industrie, um den Vorsprung der Union bei kritischen und neu entstehenden Technologien, die für den ökologischen und den digitalen Wandel von Bedeutung sind, beizubehalten – von Konnektivitäts- und Computertechnologien, einschließlich Mikroelektronik, Quanteninformatik, 6G und künstlicher Intelligenz, über Biotechnologie und Bioherstellung bis zu Netto-Null-Technologien. Die Aufnahme einer solchen Investitionstätigkeit in der EU wird sich sehr positiv auf die offene strategische Autonomie der Union auswirken, indem ihre strategischen Abhängigkeiten verringert und gleichzeitig der saubere und der digitale Wandel unterstützt werden.

In einem nächsten Schritt wird eine neue Plattform für strategische Technologien für Europa (STEP) bestehende EU-Instrumente für eine rasche Bereitstellung finanzieller Unterstützung stärken und mobilisieren. Die EU verfügt über mehrere budgetäre und außerbudgetäre Fonds und Programme zur Unterstützung von sauberen Technologien, Biotechnologien und Digitalisierung. Zu diesen Instrumenten gehören insbesondere der Innovationsfonds, InvestEU, Horizont Europa, der Europäische Verteidigungsfonds, die Aufbau- und Resilienzfazilität und die Fonds der Kohäsionspolitik. Der Europäische Rat forderte auf seiner Tagung vom 23. März die „Gewährleistung einer vollständigen Mobilisierung der verfügbaren Mittel und der bestehenden Finanzierungsinstrumente und deren flexiblere Bereitstellung, damit in strategischen Sektoren zügig und gezielt Unterstützung geleistet werden kann, ohne die kohäsionspolitischen Ziele zu beeinträchtigen“. Die Nutzung bestehender Instrumente und Governance-Rahmen als Hebel wird die Umsetzung beschleunigen und es ermöglichen, höhere Beträge an finanzieller Unterstützung zu mobilisieren.

Die STEP wird dazu beitragen, vorhandene Finanzmittel in Projekte zu lenken, die für die Souveränität relevant sind, und die Umsetzung in einer Reihe von Bereichen zu beschleunigen, die eine entscheidende Bedeutung für die führende Rolle Europas haben, wobei gleichzeitig der Zusammenhalt und gleiche Wettbewerbsbedingungen im Binnenmarkt gewahrt werden. Dies beinhaltet auch, dass die Obergrenze für die Verwendung von Mitteln aus der Aufbau- und Resilienzfazilität im Rahmen von InvestEU von 4 % auf 10 % angehoben und ein Fenster für Investitionen im Bereich der Souveränität eingeführt wird. In Bezug auf die kohäsionspolitischen Fonds – die größte aus dem EU-Haushalt finanzierte Einzelpolitik der EU – schlägt die Kommission eine neue STEP-Priorität für alle großen Fonds vor: den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Kohäsionsfonds und den Fonds für einen gerechten Übergang. Im Einklang mit den kohäsionspolitischen Zielen und als Beitrag zur Wettbewerbsfähigkeit der Regionen im Binnenmarkt regt die Kommission an, STEP-Investitionen in andere Unternehmen als KMU zu unterstützen; dies kann einen wesentlichen Beitrag zur Entwicklung von weniger entwickelter Regionen und Übergangsregionen sowie in stärker entwickelten Regionen von Mitgliedstaaten mit einem Pro-Kopf-BIP unter dem EU-Durchschnitt leisten. Im Rahmen dieser Fonds schlägt die Kommission im Jahr 2024 auch eine Vorfinanzierung in Höhe von 30 % vor, um Anreize für Investitionen zu schaffen, sowie eine Erhöhung der EU-Kofinanzierung auf 100 % für europäische STEP-Projekte. Gleichzeitig können die Verwaltungsbehörden die Gelegenheit nutzen, um den Arbeitskräftemangel anzugehen sowie attraktive und zugängliche hochwertige Arbeitsplätze zu fördern.

Die STEP sollte auch durch eine Verstärkung ausgewählter Programme unterstützt werden. Im Falle von InvestEU wird dies die Schaffung eines neuen Politikbereichs („fünftes Fenster“) ermöglichen, mit dem Investitionen in die Souveränität unterstützt werden sollen. Die Mittel werden den Durchführungspartnern Garantien bieten, um Investitionen in die für die Souveränität relevanten Sektoren durch Schulden (einschließlich Garantien) und Eigenkapital-Finanzprodukte für Unternehmen, einschließlich KMU, und Projekte in den von der STEP unterstützten Sektoren zu ermöglichen. InvestEU wird zusätzliche Investitionen, insbesondere aus dem Privatsektor, mobilisieren, indem Marktversagen und suboptimale Investitionsbedingungen in den von der STEP erfassten Sektoren behoben werden. Die Mitgliedstaaten werden aufgefordert, Ressourcen für die Mitgliedstaaten-Komponenten von InvestEU bereitzustellen, um Finanzprodukte im Einklang mit den STEP-Zielen zu fördern.

Der Innovationsfonds ist ein zentrales Instrument auf EU-Ebene zur Entwicklung innovativer CO2-armer Technologien und zum Ausbau der Fertigung sauberer Technologien. Er ist daher das wichtigste Instrument, um die europäische grüne Industriestrategie voranzubringen, ohne die Kohäsionsziele aus den Augen zu verlieren. Eine Erhöhung seiner Schlagkraft und die Erzeugung von Synergien mit anderen Finanzierungsquellen durch das Souveränitätssiegel ist ein wesentlicher Teil der EU-Reaktion auf den globalen Wettbewerb bei der Fertigung sauberer Technologien und den Übergang von Wirtschaftszweigen zur Klimaneutralität. Um den Einsatz von Netto-Null- und innovativen Technologien in der gesamten Union zu beschleunigen, wird der Innovationsfonds mit zusätzlichen Ressourcen ausgestattet, die für Mitgliedstaaten vorgemerkt werden, deren Pro-Kopf-BIP im Zeitraum 2015–2017 unter dem EU-Durchschnitt lag.

Durch die Aufstockung der Mittel für den Europäischen Innovationsrat im Rahmen von Horizont Europa werden richtungweisende Innovationen von der Forschung im Anfangsstadium bis zu Start-ups und Scale-ups unterstützt.

Der Accelerator des Europäischen Innovationsrats (EIC) wird zwischen 15 und 50 Mio. EUR an Unterstützung nur in Form von Beteiligungskapital für nicht bankfähige KMU mit hohem Risiko einschließlich Start-ups sowie für nicht bankfähige kleine Unternehmen mit mittlerer Kapitalisierung und hohem Risiko bereitstellen und so bahnbrechende Innovationen in den durch die STEP unterstützen kritischen Technologien fördern. Solche Investitionen durch eine neue STEP-Komponente des EIC-Fonds werden Privatinvestitionen mobilisieren und können durch Zusatzfinanzierungen durch die EIB-Gruppe und/oder Mitgliedstaaten unter Nutzung der großzügigen Möglichkeiten zur Förderung der Risikofinanzierung im Rahmen der Vorschriften für staatliche Beihilfen ergänzt werden. Die Komplementarität zwischen dem EIC-Fonds und InvestEU ist gewährleistet, da der EIC-Fonds nur in Unternehmen investieren wird, deren Anlagerisikoprofil eine Förderung durch InvestEU nicht zulässt. Durch Investitionen aus dem EIC-Fonds sollen Koinvestitionen durch andere Eigenkapitalgeber in etwa fünffacher Höhe mobilisiert werden, die durch zusätzliche Finanzierungen durch die EIB-Gruppe ergänzt werden. Darüber hinaus fordert die Kommission die EIB auf, den EIC-Fonds weiterhin in Investitionsfragen zu beraten, damit hochwertige Geschäftsabschlüsse sichergestellt und zusätzliche Koinvestitionen angezogen werden, und die Kommission wird die Ausweitung des derzeitigen Anwendungsbereichs dieser beratenden Tätigkeit in Betracht ziehen.

Die Welt hat sich verändert. Die unprovozierte Aggression Russlands zeigt, dass das Land für Europa ein Sicherheitsrisiko darstellt und auch in den kommenden Jahren darstellen wird. Daher wird die STEP den Europäischen Verteidigungsfonds stärken, was die Innovationsfähigkeit der technologischen und industriellen Basis der europäischen Verteidigung steigern und somit zur offenen strategischen Autonomie der Union beitragen wird. Die Aufstockung des Europäischen Verteidigungsfonds wird für Maßnahmen genutzt, deren Schwerpunkt auf technologieintensiven Innovationen und digitalen Technologien liegen wird, die die Leistungsfähigkeit künftiger Ressourcen in der gesamten Union erheblich steigern können, mit dem Ziel, Innovation zu maximieren und neue Verteidigungsgüter und -technologien einzuführen.

Durch die STEP werden auch Synergien zwischen bestehenden Instrumenten gefördert. Das im Rahmen der STEP vorgeschlagene höhere Maß an Flexibilität wird es den Mitgliedstaaten ermöglichen, Projekte mit kohäsionspolitischen Mitteln zu finanzieren, und zwar entweder eigenständig oder in Kombination mit anderen EU-Mitteln, etwa durch Nutzung der Vorteile des vorgeschlagenen „Souveränitätssiegels“. In dieser Hinsicht werden die Mitgliedstaaten Projekte, die ein Souveränitätssiegel erhalten haben, direkt aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung und dem Europäischen Sozialfonds+ fördern können.

Um das Verfahren zu straffen, arbeitet die Kommission außerdem an der Schaffung maximaler Synergien zwischen den Vorschriften des Innovationsfonds und den Vorschriften für staatliche Beihilfen. Die Kommission wird Kriterien weiter aufeinander abstimmen und Verfahren weiter straffen, um sicherzustellen, dass die Entscheidung über staatliche Beihilfen zeitgleich mit dem Beschluss zum Innovationsfonds getroffen wird, sofern rechtzeitig eine vollständige Notifizierung durch den Mitgliedstaat vorliegt. Solche Synergien werden auch im Hinblick auf andere ausgewählte EU-Instrumente, darunter der EIC-Fonds, bewertet. Die Kommission wird die Mitgliedstaaten auch zu einem Vorschlag über etwaige höhere Beihilfesätze im Wege eines Bonus für in Fördergebieten vorgesehene Projekte im Anwendungsbereich der STEP konsultieren, was die wirtschaftliche Entwicklung noch stärker ankurbeln und zugleich zur Wahrung der Kohäsionsziele beitragen soll. Es wird eine neue einzige Anlaufstelle geschaffen, um die neuen Prioritäten auf drei Ebenen zu lenken: i) Innerhalb der Kommission wird sie die einschlägigen Leitlinien ausarbeiten, um die strategische Richtung vorzugeben, und die Erfüllung der Priorisierung der STEP in den Arbeitsprogrammen und Investitionsbeschlüssen der Kommission für die verschiedenen Instrumente koordinieren; ii) als Zugangspunkt für Projektträger, die EU-Mittel für Investitionen beantragen wollen, wird sie Informationen zu den Finanzierungsmöglichkeiten und zur Umsetzung aller einschlägigen Finanzierungsinstrumente auf der EU-Ebene und der nationalen Ebene zentral zusammenfassen; iii) den Mitgliedstaaten wird sie Beratung zu Regulierungsfragen anbieten und mit den benannten nationalen Behörden in wechselseitigem Kontakt stehen, um eine angemessene Koordinierung und Förderung kritischer Investitionen in EU-Ländern sicherzustellen.

Wenngleich die STEP darauf ausgelegt ist, zur Unterstützung strategischer Investitionen bereits vorhandene Programme neu zu planen und zu stärken, ist sie auch ein wichtiger Prüfstein für die nächsten Schritte hin zu einem Europäischen Souveränitätsfonds.

Die Kommission schlägt die Schaffung eines neuen Instruments (der STEP-Plattform) vor, das bestehende Programme wie InvestEU, den Innovationsfonds, Horizont Europa, den Europäischen Verteidigungsfonds, die Aufbau- und Resilienzfazilität und kohäsionspolitische Fonds nutzen soll.

Zur Stärkung der Investitionskapazitäten, die speziell der Förderung von STEP-Investitionen dienen, schlägt die Kommission ferner vor, gezielten Programmen 10 Mrd. EUR zuzuweisen:

·InvestEU 3 Mrd. EUR, wodurch sich die Investitionen angesichts einer Dotierungsquote von 40 % und eines durchschnittlichen Multiplikatoreffekts um den Faktor 10 auf 75 Mrd. EUR belaufen werden;

·Horizont Europa 0,5 Mrd. EUR, ergänzt durch 2,1 Mrd. EUR aus der Umschichtung und Verwendung freigegebener Mittel, was angesichts eines durchschnittlichen Multiplikatoreffekts um den Faktor 5 Investitionen in Höhe von 13 Mrd. EUR ergibt;

·dem Innovationsfonds 5 Mrd. EUR, was nach bisherigem Ermessen bei der Umsetzung zu gut 20 Mrd. EUR Investitionen führen könnte;

·dem Europäischen Verteidigungsfonds 1,5 Mrd. EUR, was Investitionen von bis zu 2 Mrd. EUR ergeben könnte.

Allein auf der Grundlage dieser Mittel könnte die STEP zu Neuinvestitionen in Höhe von schätzungsweise 110 Mrd. EUR führen. 

Darüber hinaus ermöglicht es diese Plattform, für die europäische Souveränität relevanten STEP-Projekten bestehende Finanzmittel zuzuführen und die Umsetzung in einer Untergruppe von Bereichen zu beschleunigen, die als kritisch für die Führungsrolle Europas ermittelt werden. Durch die Bereitstellung finanzieller Anreize über die kohäsionspolitischen Fonds in Form höherer Vorfinanzierung und Kofinanzierung werden die Mitgliedstaaten darin unterstützt, die Prioritäten ihrer Programme neu auszurichten. Durch Umplanungen im Umfang von 5 % werden jeweils 18,9 Mrd. EUR an Ressourcen zusätzlich zu den aus dem Fonds für einen gerechten Übergang auszuzahlenden 6 Mrd. EUR verfügbar.

Programmübergreifend schlägt die Kommission ein „Souveränitätssiegel“ für Projekte vor, die zu den Zielen der STEP-Plattform beitragen, sofern das Projekt im Rahmen von Horizont Europa, des Programms „Digitales Europa“, des Europäischen Verteidigungsfonds, des Programms EU4Health oder des Innovationsfonds ausgewählt wurde. Das Siegel wird als Gütezeichen dienen, um Investitionen anzuziehen, und außerdem einem Projekt, das von einem Programm wegen fehlender Mittel nicht gefördert werden kann, im Rahmen anderer Instrumente besseren Zugang zu Finanzmitteln sichern. Die Erhöhung der Obergrenze für die Verwendung von Ressourcen für InvestEU-Produkte im Rahmen der Aufbau- und Resilienzfazilität über ihre nationalen Komponenten bedeutet zusätzliche Flexibilität für die Mitgliedstaaten in Höhe von 30 Mrd. EUR, welche damit potenziell für solche für die europäische Souveränität relevanten Investitionen verfügbar sind.

Insgesamt könnte sich der geschätzte Betrag der neuen Investitionen über die STEP auf bis zu 160 Mrd. EUR belaufen.

Zur Umsetzung dieser Veränderungen schlägt die Kommission vor, die Obergrenze der Rubrik 1 um 3,5 Mrd. EUR, diejenige der Rubrik 3 um 5 Mrd. EUR und diejenige der Rubrik 5 um 1,5 Mrd. EUR anzuheben.

Technische Anpassungen an die neuen wirtschaftlichen Realitäten

I)Eine tragfähige Lösung für die Finanzierungskosten von NextGenerationEU

Die Kommission hat in kurzer Zeit ein solides Kredit- und Darlehensprogramm aufgelegt, das sich auf eine verlässliche Zahlungs-, Abwicklungs- und Rechnungslegungsinfrastruktur stützt. Diese Infrastruktur liefert die Kapazitäten für die Verwaltung der Darlehen im Zusammenhang mit mehreren laufenden und möglichen künftigen politischen Programmen der EU im Einklang mit international bewährten Verfahren. Zur Finanzierung von EU-Programmen durch gemeinsame EU-Emissionen musste die Schuldenmanagementarchitektur der Kommission erheblich ausgebaut werden. Die Angemessenheit der Finanzierungsmethode der EU zur Deckung des Bedarfs von NextGenerationEU wurde durch den Sonderbericht des Europäischen Rechnungshofs zum Schuldenmanagement im Rahmen von NextGenerationEU 7 bestätigt, in dem festgehalten wird, dass die Schuldenmanagementverfahren der Kommission die rechtzeitige Aufnahme der erforderlichen Mittel unter Einhaltung der regulatorischen Vorgaben und zu Kosten, die ihrer Marktposition entsprechen, ermöglicht haben. Die Kommission wird allein im Rahmen von NextGenerationEU bis Ende 2026 rund 800 Mrd. EUR aufnehmen, zuzüglich weiterer Emissionen nach diesem Datum aufgrund des Refinanzierungsbedarfs. Von diesem Betrag werden bis zu 420 Mrd. EUR für nicht rückzahlbare Unterstützung aufgewendet, deren Schuldendienstlast aus dem Haushalt bestritten wird. Die Kommission baut ihre Schuldenmanagementkapazität weiter aus, unter besonderer Berücksichtigung der Nachfragesteigerung durch Entwicklung der Liquidität und Infrastruktur des Sekundärmarkts, um den bestmöglichen Preis zum Vorteil des Haushalts und aller EU-Mitgliedstaaten sicherzustellen.

Der bisherige Erfolg des EU-Finanzierungsprogramms schlägt sich in einem größeren Vertrauen der Investoren in das Kreditpotenzial der EU als Emittent und im Interesse der Investoren an EU-Anleihen einschließlich grüner Anleihen nieder. Die ausstehenden Schuldverschreibungen der EU beliefen sich Ende Mai 2023 auf 394 Mrd. EUR, wobei der größte Teil des Emissionserlöses NextGenerationEU zugewiesen wurde.

Seit 2022 sind die Zinsen an den Finanzmärkten infolge einer strikteren Geldpolitik zur Begrenzung der Inflation steil angestiegen. Die Finanzierungskosten nahmen für alle Emittenten von Schuldverschreibungen einschließlich EU erheblich zu. Der Zinssatz für Zehnjahresanleihen der EU stieg von fast null zum Zeitpunkt der ersten Emission von NextGenerationEU-Anleihen im Jahr 2021 auf mehr als 3 %. Das Ergebnis ist, dass die gesamte Mittelausstattung für 2021–2027 in Höhe von 14,9 Mrd. EUR zur Deckung der Finanzierungskosten bis zum Sommer 2023 ausgeschöpft sein dürfte. Die Zinsschwankungen sind sehr viel größer, als zum Zeitpunkt der Annahme des Mehrjährigen Finanzrahmens erwartet werden konnte, sodass feste mehrjährige Obergrenzen für Ausgaben im Zusammenhang mit Mittelbeschaffungskosten ungeeignet sind.

Vor diesem Hintergrund großer Zinsschwankungen an den Finanzmärkten sollte der EU-Haushalt über die nötige Flexibilität verfügen, um steigende Mittelbeschaffungskosten bedienen zu können. Während der bestehende Rechtsrahmen die nötigen Mechanismen vorsieht, die gewährleisten, dass die Union ihren Verpflichtungen gegenüber Anleihegläubigern jederzeit und unter allen Umständen nachkommt, sollte der EU-Haushaltsplan mit den Mitteln und Instrumenten für die möglichst effiziente Zahlung der Schulden ausgestattet werden.

Daher wird ein neues Sonderinstrument vorgeschlagen, dessen einziger Zweck die Deckung der zusätzlichen Kosten im Zusammenhang mit den NextGenerationEU-Anleihen ist. Die Finanzierung von NextGenerationEU wird sich weiterhin im Rahmen der Obergrenzen des Mehrjährigen Finanzrahmens bewegen. Haushaltstechnisch würde den Zinsschwankungen mit einem neuen Sonderinstrument über die Obergrenzen hinaus begegnet, mit dem ausschließlich die Mittelüberschreitungen gegenüber den für die Mittelaufnahme für NextGenerationEU eingeplanten Beträgen gedeckt würden. Die Mobilisierung würde während des Haushaltsverfahrens auf der Grundlage einer Vorausschätzung nach dem bestmöglichen Bemühen aktiviert.

Die Kommission schlägt ein neues Sonderinstrument zur Deckung der zusätzlichen Finanzierungskosten für NextGenerationEU vor, das über die Obergrenzen des Mehrjährigen Finanzrahmens hinausgeht. Das neue Sonderinstrument wird sich auf die Finanzierungskosten für NextGenerationEU beschränken, die die ursprünglich für 2021–2027 vorgesehenen Beträgen übersteigen. Dies wird im Fall steigender Zinsausgaben die rechtzeitige Zuweisung zusätzlicher Haushaltsmittel ermöglichen.

II)Aufrechterhaltung einer funktionierenden Verwaltung zur Umsetzung der politischen Prioritäten der EU

Die Ressourcen der europäischen Verwaltung (Rubrik 7) stehen aufgrund der zusätzlichen Aufgaben, die der Union übertragen wurden, steigender Energiepreise und der hohen Inflation unter starkem Druck.

Wegen der zahlreichen neuen Initiativen, die in den letzten zwei Jahren eingeleitet wurden, kamen seit dem Beginn des aktuellen Mehrjährigen Finanzrahmens erhebliche zusätzliche Aufgaben für die Union hinzu, ohne dass ihr Personal entsprechend aufgestockt wurde. Hinzu kommt die neue geopolitische Realität. Die Initiativen betreffen außer der Koordinierung der finanziellen, humanitären und militärischen Hilfe für die Ukraine beispielsweise die Interoperabilität, die Cybersicherheit, die sichere Konnektivität, den Schengen-Evaluierungs- und ‑Überwachungsmechanismus, die Europäische Friedensfazilität, das Gesetz über digitale Märkte und das Gesetz über digitale Dienste, die Europäische Behörde für die Krisenvorsorge und ‑reaktion bei gesundheitlichen Notlagen, das Paket „Fit für 55“ (einschließlich des CO2-Grenzausgleichssystems), REPowerEU und die EU-Energieplattform. Wie aus den Finanzbögen zu den entsprechenden Legislativvorschlägen hervorgeht, würden für diese neuen Initiativen für die Kommission 600 zusätzliche Planstellen bis 2027 benötigt. Berücksichtigt man auch die anderen Organe und den Bedarf im Zusammenhang mit der Cybersicherheit, so wären 885 zusätzliche Stellen erforderlich. Dies bringt die Ressourcen der europäischen Verwaltung an ihre Grenzen. Mit ihren derzeitigen Ressourcen wird sie nicht länger in der Lage sein, die ständig wachsende Zahl der ihr übertragenen Aufgaben zu erfüllen.

Die Kommission hat außergewöhnliche Anstrengungen unternommen, um die Verwaltungskosten zu senken, und wird weiterhin strukturelle Veränderungen vornehmen. Sie hat seit 2019 über 900 Stellen intern umgeschichtet, unter anderem im Rahmen erheblicher Anstrengungen zur Modernisierung der bestehenden Dienststellen, wodurch diese schlanker und effizienter wurden; allerdings sind die Möglichkeiten für Einsparungen mittlerweile ausgeschöpft. Es wurden neue Arbeitsmethoden eingeführt, und es wurde eine neue Gebäudepolitik für den Zeitraum 2022 bis 2030 ausgearbeitet, in deren Rahmen eine intelligentere Raumnutzung vorgesehen ist, wobei die Standardbürogestaltung zur Optimierung des genutzten Raums ersetzt wird.

Obwohl die erhebliche Volatilität der makroökonomischen Daten treffende Vorhersagen objektiv erschwert und jegliche langfristige Planung für Rubrik 7 behindert, weisen fast alle derzeit verfügbaren Prognosen darauf hin, dass die im Dezember 2020 auf der Grundlage eines jährlichen Deflators von 2 % vereinbarten Mittel nicht ausreichen und aufgestockt werden müssen.

Damit die Organe ihren rechtlichen Pflichten nachkommen können und die Kommission die zusätzlichen Zuständigkeiten, die ihr von den Legislativorganen übertragen wurden, bewältigen kann, muss die Obergrenze der Rubrik 7 um 1,9 Mrd. EUR angehoben werden.

III)Flexibilisierung des EU-Haushalts mit Blick auf einen unvorhergesehenen Bedarf

Drei Viertel der Spielräume für den Zeitraum 2021 bis 2027 wurden bereits genutzt. Für die Jahre 2024 bis 2027 verbleiben insgesamt nur rund 1,4 Mrd. EUR, einschließlich früherer Spielräume im Rahmen des Instruments für einen einzigen Spielraum, und die Lage ist bei mehreren Rubriken prekär. Die begrenzten Spielräume sind in diesem Stadium des Programmplanungszeitraums und in einem äußerst volatilen Umfeld beispiellos; daher besteht die Gefahr, dass das Flexibilitätsinstrument stärker unter Druck gesetzt wird als ursprünglich geplant. Unterstützung in Bezug auf jegliche zusätzlichen Erfordernisse oder Krisen, egal welcher Art, kann nämlich nur über das Flexibilitätsinstrument geleistet werden. Bei Verwirklichung dieses Ziels werden die Mittel des Instruments im Zeitraum 2021 bis 2024 vollständig ausgeschöpft, wobei 4 Mrd. EUR eingesetzt werden; folglich bleiben keine Mittel übrig, die auf die Folgejahre übertragen werden könnten. Da die verschiedenen Rubriken unter hohem Druck stehen, kommt dem Flexibilitätsinstrument eine entscheidende Rolle dabei zu, den EU-Haushalt in die Lage zu versetzen, die angestrebten Ergebnisse zu liefern.

Der Haushalt der Union muss über die Mittel verfügen, die für die Reaktion auf einen potenziellen unvorhergesehenen Bedarf notwendig sind. Da die Haushaltsspielräume für den verbleibenden Zeitraum des Mehrjährigen Finanzrahmens sehr begrenzt sind, sollten die Mittel des Flexibilitätsinstruments um 3 Mrd. EUR aufgestockt werden.

IV)Tragfähigkeit der Obergrenze der Mittel für Zahlungen

Die Zahlungen im Rahmen des Mehrjährigen Finanzrahmens werden voraussichtlich – ähnlich wie in vorherigen Programmplanungszeiträumen – 2026 und 2027 ihren Höhepunkt erreichen, wobei die Verzögerungen aufgrund der späten Annahme der einschlägigen Rechtsakte das Problem verstärken. Damit die verfügbaren Mittel für Zahlungen den vorgeschlagenen Erhöhungen vollumfänglich entsprechen, sollte die entsprechende Obergrenze des Mehrjährigen Finanzrahmens angehoben werden.

Im Unionshaushalt müssen genügend Mittel für Zahlungen zur Erfüllung der Haushaltsverpflichtungen verfügbar sein. Daher sollte die Obergrenze der Mittel für Zahlungen für 2026 um 7,7 Mrd. EUR zu Preisen von 2018 und für 2027 um 2,8 Mrd. EUR zu Preisen von 2018 angehoben werden, was 50 % des Vorschlags zur Anhebung der Obergrenze der Mittel für Verpflichtungen zu Preisen von 2018 entspricht.

4.SCHLUSSFOLGERUNGEN UND NÄCHSTE SCHRITTE

Im Rahmen des EU-Haushalts stehen derzeit nicht mehr genügend Mittel zur Verfügung, um die dringendsten Herausforderungen für die EU – geschweige denn den potenziellen künftigen Bedarf der nächsten Jahre – bewältigen zu können. Vor diesem Hintergrund wird in dieser Mitteilung eine begrenzte, gezielte und ausgewogene Revision des Mehrjährigen Finanzrahmens für den Zeitraum 2021 bis 2027 vorgeschlagen, damit der EU-Haushalt in den nächsten Jahren die angestrebten Ergebnisse liefern kann.

Diese Mitteilung wird von folgenden Dokumenten begleitet:

-Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen mit einer detaillierten Analyse der Umsetzung des Mehrjährigen Finanzrahmens für die Jahre 2021 bis 2027 (SWD(2023336),

-Vorschlag zur Änderung der Verordnung (EU, Euratom) 2020/2093 des Rates zur Festlegung des mehrjährigen Finanzrahmens für die Jahre 2021 bis 2027 in der durch die Verordnung (EU, Euratom) 2022/2496 des Rates vom 15. Dezember 2022 geänderten Fassung 8 (COM(2023337),

-Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einrichtung der Fazilität für die Ukraine (COM(2023338),

-Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einrichtung der Plattform für strategische Technologien für Europa (STEP) (COM(2023335).

Angesichts der dringenden Haushaltszwänge, die schon 2024 auftreten werden, fordert die Kommission das Europäische Parlament und den Rat auf, dafür zu sorgen, dass dieses Paket im Einklang mit den Verfahren gemäß den Verträgen am 1. Januar 2024 in Kraft sein wird. Die Kommission wird alles in ihrer Macht Stehende tun, um eine rasche Einigung zu ermöglichen. 9  



Anhang 1 – Übersichtstabelle

 Politische Prioritäten

 

Fazilität für die Ukraine (Darlehen und Finanzhilfen)

50,0

Darlehen

33,0

Finanzhilfen

17,0

Migration und externe Herausforderungen

15,0

Migration

2,0

Syrische Flüchtlinge (Syrien, Jordanien, Libanon)

1,7

Südliche Migrationsroute (Route durch die südliche Nachbarschaft)

0,3

NDICI-Flexibilitätspolster

3,0

Syrische Flüchtlinge (Türkei)

3,5

Westbalkan

2,0

Solidaritäts- und Soforthilfereserve

2,5

Plattform für strategische Technologien für Europa

10,0

Innovationsfonds

5,0

InvestEU

3,0

Europäischer Innovationsrat im Rahmen von Horizont Europa (**)

0,5

Europäischer Verteidigungsfonds

1,5

Technische Anpassungen

 

Gesamtsumme Verwaltung

1,9

Instrument für das Aufbauinstrument der Europäischen Union

18,9 (***)

Flexibilitätsinstrument

3,0

(*) Darüber hinaus wird mit Mitteln in Höhe von 0,6 Mrd. EUR, die im Rahmen des NDICI-Programms für die östliche Nachbarschaft umgeschichtet wurden, dazu beigetragen, die Unterstützung Moldaus und die Dotierung für Makrofinanzhilfen zu verstärken.

(**) Darüber hinaus wird der Beitrag im Rahmen des Europäischen Innovationsrats mit umgeschichteten Mitteln in Höhe von 2,1 Mrd. EUR erhöht: von Säule 2 auf Säule 3 (Europäischer Innovationsrat) übertragene Mittel in Höhe von 0,8 Mrd. EUR, wiederverwendete Mittel in Höhe von 1,2 Mrd. EUR und 0,1 Mrd. EUR an Rückflüssen.

(***) Richtbetrag auf der Grundlage von Marktprognosen vom 16. Juni 2023. Ausgehend von den verschiedenen Annahmen in Bezug auf die Entwicklung der Zinssätze, die von den größten europäischen Schuldenverwaltungsstellen herangezogen werden, könnte sich dieser Betrag auf zwischen 17 Mrd. EUR und 27 Mrd. EUR belaufen.

Anhang 2 – Finanzierungsfazilität für die Ukraine – Überblick


Anhang 3 – Plattform für strategische Technologien für Europa (STEP)

(1)

Restliche Darlehen im Rahmen der Aufbau- und Resilienzfazilität in Höhe von bis zu 225 Mrd. EUR, zusätzliche Mittel aus dem Verkaufserlös von Zertifikaten im Rahmen des EU-Emissionshandelssystems (EHS) (außerhalb des EU-Haushalts) in Höhe von bis zu 20 Mrd. EUR; freiwillige Übertragungen aus der Reserve für die Anpassung an den Brexit. SAFE (Unterstützung erschwinglicher Energie) wurde eingeführt, damit die Mittel der Kohäsionsfonds 2014–2020 flexibel eingesetzt werden können, um benachteiligte Familien und kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die unter den höheren Energiekosten leiden, direkt zu unterstützen.

(2)

Horizont Europa, das Weltraumprogramm der Union und das Instrument für Nachbarschaft, Entwicklungszusammenarbeit und internationale Zusammenarbeit.

(3)

Quelle: https://www.imf.org/-/media/Files/Publications/CR/2023/English/1UKREA2023001.ashx  

(4)

Gemeinsamer Fahrplan des Europäischen Parlaments und des turnusmäßig wechselnden Ratsvorsitzes für die Organisation und Koordinierung sowie den zeitlichen Ablauf der Verhandlungen zwischen den Mitgesetzgebern über das GEAS und das neue Europäische Migrations- und Asylpaket.

(5)

Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds (AMIF) und Instrument für Grenzmanagement und Visa (BMVI).

(6)

Die Einrichtung der Ukraine-Fazilität wird es ermöglichen, Mittel aus dem NDICI auf andere Nachbarschaftsländer, einschließlich Moldau, umzuschichten.

(7)

Europäischer Rechnungshof: „Sonderbericht 16/2023: NGEU-Schuldenmanagement bei der Kommission – Ermutigender Start, aber weitere Abstimmung mit bewährten Verfahren erforderlich“, veröffentlicht am 12. Juni 2023, abrufbar unter https://www.eca.europa.eu/de/publications/sr-2023-16 (abgerufen am 15. Juni 2023).

(8)

 ABl. L 433I vom 22.12.2020, S. 11 und ABl. L 325 vom 20.12.2022, S. 11. 

(9)

Die Entscheidung der Legislativorgane vom 10. Mai 2023 in Bezug auf den Klima-Sozialfonds und der Umstand, dass es aufgrund der stark gestiegenen Zinssätze nicht mehr möglich ist, einen Mechanismus zur frühzeitigen Rückzahlung der meisten im Rahmen von NextGenerationEU aufgenommenen Mittel einzurichten, machen die Vorschläge im Dokument COM(2021) 569 hinfällig. Daher wird die Kommission ihren Vorschlag aus dem Jahr 2021 im Jahr 2024 zurückziehen.

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