EUROPÄISCHE KOMMISSION
Brüssel, den 26.4.2022
COM(2022) 166 final
Empfehlung für einen
BESCHLUSS DES RATES
zur Ermächtigung der Kommission, Verhandlungen über die Änderung der Übereinkunft zwischen der Europäischen Union und dem Königreich Norwegen über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden, die Betrugsbekämpfung und die Beitreibung von Forderungen auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer aufzunehmen
BEGRÜNDUNG
1.KONTEXT DES VORSCHLAGS
•Gründe und Ziele des Vorschlags
Die Übereinkunft zwischen der Europäischen Union und dem Königreich Norwegen (im Folgenden „Norwegen“) über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden, die Betrugsbekämpfung und die Beitreibung von Forderungen auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer (im Folgenden „Übereinkunft“) trat im September 2018 in Kraft. Die Übereinkunft ermöglicht es den EU-Mitgliedstaaten und Norwegen, in ähnlicher Weise, wie es die Mitgliedstaaten untereinander im Rahmen der Verordnung (EU) Nr. 904/2010 des Rates und der Richtlinie 2010/24/EU des Rates tun, zusammenzuarbeiten, um Mehrwertsteuerbetrug zu bekämpfen, und sich gegenseitig bei der Beitreibung von Forderungen im Bereich der Mehrwertsteuer zu unterstützen.
Zwischenzeitlich wurden jedoch mehrere Änderungen an der Verordnung (EU) Nr. 904/2010 vorgenommen und neue Instrumente für die Verwaltungszusammenarbeit eingeführt, insbesondere durch die Änderungsverordnung (EU) 2018/1541 des Rates. Zu den neuen Instrumenten zählen:
– Verbesserung des Eurofisc-Netzes durch verstärkte Governance, die sogenannten Folgemaßnahmen (gemeinsame Verarbeitung und Analyse von Daten), und gemeinsam durchgeführte behördliche Ermittlungen (gemeinsame Prüfungen);
– Zusammenarbeit mit anderen Strafverfolgungsbehörden der EU (Europol, OLAF);
– Austausch wichtiger Informationen über Einfuhren und Fahrzeuge.
Außerdem wurde die Möglichkeit eingeführt, andere Mittel als die Standardformulare für den Informationsaustausch zu verwenden.
In Artikel 41 Absatz 5 der Übereinkunft sind die Formalitäten für den Fall festgelegt, dass eine Vertragspartei das Abkommen ändern möchte. Die betreffende Vertragspartei legt dem Gemischten Ausschuss einen Vorschlag mit Empfehlungen insbesondere zum Verhandlungsbeginn gemäß den Vorschriften der Vertragsparteien für internationale Verhandlungen der Vertragsparteien vor.
Während der zweiten Sitzung des mit Artikel 41 Absatz 1 der Übereinkunft eingesetzten Gemischten Ausschusses EU-Norwegen am 25. November 2021 übermittelte das Königreich Norwegen förmlich einen Antrag auf Ergänzung und Änderung der Übereinkunft,
·um den neu eingeführten Instrumenten der Verwaltungszusammenarbeit Rechnung zu tragen (Verwendung anderer Mittel als den Standardformularen für den Informationsaustausch, gemeinsam durchgeführte behördliche Ermittlungen und die Folgemaßnahmen im Rahmen von Eurofisc);
·um den Verweis auf die Richtlinie 95/46/EG zu aktualisieren, die durch die Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr aufgehoben wurde.
Norwegen hat sich bislang aktiv in die meisten Eurofisc-Arbeitsbereiche eingebracht. In den Jahren 2020 und 2021 wies Norwegen die Mitgliedstaaten auf mögliche Betrugsfälle und potenzielle MwSt-Verluste in Höhe von 5 Mrd. EUR im Bereich der CO2-Gutschriften hin.
Die Änderung der Übereinkunft durch die Aufnahme der vorstehend genannten neuen Instrumente würde eine bessere Zusammenarbeit ermöglichen und die Betrugsbekämpfung verstärken, wodurch sich ein Mehrwert für beide Vertragsparteien (Norwegen und die Mitgliedstaaten) ergeben würde.
•Kohärenz mit den bestehenden Vorschriften in diesem Politikbereich
Die Verbesserung der Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer mit Drittländern ist eine der Maßnahmen, die in der Mitteilung der Europäischen Kommission mit dem Titel „Aktionsplan für eine faire und einfache Besteuerung zur Unterstützung der Aufbaustrategie“ aus dem Jahr 2020 angekündigt wurde.
Des Weiteren ist darauf hinzuweisen, dass die Verhandlungen mit Norwegen Instrumente der Zusammenarbeit betreffen würden, die bereits in Kraft sind und von den Mitgliedstaaten auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 904/2010 genutzt werden.
Diese Initiative steht daher im Einklang mit der derzeitigen Politik der Kommission im Bereich der Mehrwertsteuer und würde die Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten mit Norwegen an den Besitzstand der EU angleichen.
2.RECHTSGRUNDLAGE, SUBSIDIARITÄT UND VERHÄLTNISMÄẞIGKEIT
•Rechtsgrundlage
Der vorliegende Vorschlag an den Rat wird gemäß Artikel 218 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) vorgelegt.
Gemäß Artikel 3 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) hat die Union zusätzlich zu den in Artikel 3 Absatz 1 AEUV aufgeführten Bereichen ausschließlicher Zuständigkeit „ferner die ausschließliche Zuständigkeit für den Abschluss internationaler Übereinkünfte, wenn der Abschluss einer solchen Übereinkunft in einem Gesetzgebungsakt der Union vorgesehen ist, wenn er notwendig ist, damit sie ihre interne Zuständigkeit ausüben kann, oder soweit er gemeinsame Regeln beeinträchtigen oder deren Tragweite verändern könnte“.
Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs kann eine Übereinkunft, die einen vollständig harmonisierten Bereich abdeckt, gemeinsame Regeln beeinträchtigen oder deren Tragweite verändern.
Der Gegenstand der Überarbeitung der Übereinkunft, d. h. die mit der Verordnung (EU) 2018/1541 des Rates eingeführten neuen Instrumente der Verwaltungszusammenarbeit aufzunehmen, fällt in die ausschließliche Zuständigkeit der Union. Die Aktualisierung der Verweise auf die Richtlinie 95/46/EG durch die Verordnung (EU) 2016/679 könnte im Rahmen des Gemeinsamen Ausschusses gemäß Artikel 41 Absatz 2 Buchstabe k der Übereinkunft erfolgen. Diese Aktualisierung könnte jedoch auch im Rahmen der Wiederaufnahme der Verhandlungen über den Wortlaut der Übereinkunft vorgenommen werden.
Bei der zweiten Sitzung des Gemischten Ausschusses am 25. November 2021 beantragte Norwegen nach Artikel 41 Absatz 5 förmlich die Änderung der Übereinkunft.
•Verhältnismäßigkeit
Die Instrumente der Zusammenarbeit, die in die geänderte Übereinkunft aufgenommen werden sollen, werden dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen und nicht über das hinausgehen, was für die Erreichung des Ziels, einen gemeinsamen Rahmen für die Verwaltungszusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und dem Königreich Norwegen auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer zu schaffen, erforderlich ist, Die Änderung der Übereinkunft wird es den für die Anwendung der MwSt-Vorschriften zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten ermöglichen, mit den norwegischen Steuerbehörden in gleicher Weise zusammenzuarbeiten, wie dies zwischen den Mitgliedstaaten und auf der Grundlage des EU-Besitzstands geschieht.
3.ERGEBNISSE DER EX-POST-BEWERTUNG, DER KONSULTATION DER INTERESSENTRÄGER UND DER FOLGENABSCHÄTZUNG
•Konsultation der Interessenträger
Bei der zweiten Sitzung des Gemischten Ausschusses am 25. November 2021 legte Norwegen den Entwurf eines Beschlusses des Gemischten Ausschusses vor, mit dem die Wiederaufnahme von Verhandlungen zur Änderung der Übereinkunft gemäß Artikel 41 Absatz 5 vorgeschlagen wird.
Dieser Entwurf eines Beschlusses des Gemischten Ausschusses ist für die Kommission nicht bindend und wird erst (im schriftlichen Verfahren) angenommen, nachdem der Rat die Ermächtigung der Kommission zur Wiederaufnahme der Verhandlungen über die Änderung der Übereinkunft genehmigt hat.
Die Arbeitsgruppe „Steuerfragen“ des Rates wurde am 8. Dezember 2021 über den Antrag Norwegens auf Änderung der Übereinkunft unterrichtet.
Die Arbeitsgruppe wird während des gesamten Verfahrens über den Stand der Verhandlungen unterrichtet und zu den Ergebnissen konsultiert.
•Folgenabschätzung
Gemäß Instrument Nr. 7 des Instrumentariums für eine bessere Rechtsetzung ist eine Folgenabschätzung nicht erforderlich, wenn die Auswirkungen nicht im Voraus eindeutig ermittelt werden können, die Auswirkungen gering sind oder die Kommission in dieser Angelegenheit wenig oder gar keine Wahlmöglichkeiten hat.
Da eine Empfehlung sehr allgemein gehalten ist und ein hohes Maß an Flexibilität gewährleistet, ist die erste Bedingung, die in Instrument Nr. 7 des Instrumentariums für eine bessere Rechtsetzung genannt wird, erfüllt. Der Weiteren ist die Kommission zum gegenwärtigen Zeitpunkt durch die Empfehlung nicht an einen bestimmten Standpunkt gebunden. Die geplante Empfehlung der Kommission wird lediglich die „Ermächtigung“ durch den Rat zur Aufnahme von Verhandlungen mit Norwegen umfassen. Es ergeben sich keinerlei Auswirkungen für die Steuerbehörden oder die Steuerpflichtigen in der EU. Die Verhandlungen werden sich auf einige wenige Verwaltungsinstrumente konzentrieren, die möglicherweise der bereits in Kraft getretenen Übereinkunft zwischen der EU und Norwegen über die Zusammenarbeit im Bereich der Mehrwertsteuer hinzugefügt werden. Die Kommission hat kaum oder gar keine Wahlmöglichkeiten, da die Empfehlung der vorgeschriebene Verfahrensschritt zur Aufnahme von Verhandlungen mit einem Drittland ist.
In der Praxis wird das Ergebnis der geplanten Empfehlung kein neuer Rechtsakt sein, sondern nur die Wiederaufnahme der Verhandlungen.
•Grundrechte
Die vorgesehene Übereinkunft wird die zentralen Werte der Europäischen Union gemäß Artikel 2 des Vertrags über die Europäischen Union und der Charta der Grundrechte der Europäischen Union respektieren.
4.AUSWIRKUNGEN AUF DEN HAUSHALT
Der Vorschlag hat keine Auswirkungen auf den EU-Haushalt.
Empfehlung für einen
BESCHLUSS DES RATES
zur Ermächtigung der Kommission, Verhandlungen über die Änderung der Übereinkunft zwischen der Europäischen Union und dem Königreich Norwegen über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden, die Betrugsbekämpfung und die Beitreibung von Forderungen auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer aufzunehmen
DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —
gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 218 Absätze 3 und 4,
auf Empfehlung der Europäischen Kommission,
in Erwägung nachstehender Gründe:
(1)
Die Zusammenarbeit im Rahmen der Übereinkunft zwischen der Europäischen Union und dem Königreich Norwegen über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden, die Betrugsbekämpfung und die Beitreibung von Forderungen auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer (im Folgenden „Übereinkunft“) hat bereits zu sehr positiven Ergebnissen geführt, wie die zweite Sitzung des Gemischten Ausschusses am 25. November 2021 in Oslo gezeigt hat.
(2)
Den Mitgliedstaaten würde eine Ausweitung der Instrumente für die Zusammenarbeit zugutekommen, die eine wirksamere Zusammenarbeit mit Norwegen ermöglichen würde, insbesondere in Bezug auf die Folgemaßnahmen im Rahmen von Eurofisc.
(3)
Es sollten Verhandlungen aufgenommen werden, um die Übereinkunft zu ändern —
HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:
Artikel 1
Die Kommission wird hiermit ermächtigt, im Namen der Union Verhandlungen aufzunehmen, um die Übereinkunft zwischen der Europäischen Union und dem Königreich Norwegen über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden, die Betrugsbekämpfung und die Beitreibung von Forderungen auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer zu ändern.
Artikel 2
Die Verhandlungsrichtlinien sind im Anhang festgelegt.
Artikel 3
Die Verhandlungen werden in Abstimmung mit der Arbeitsgruppe „Steuerfragen“ des Rates geführt.
Artikel 4
Dieser Beschluss ist an die Kommission gerichtet.
Geschehen zu Brüssel am […]
Im Namen des Rates
Der Präsident /// Die Präsidentin