EUROPÄISCHE KOMMISSION
Brüssel, den 12.1.2021
COM(2021) 18 final
BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT
über die gemeinsame Evaluierung des Abkommens zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und der Europäischen Union über die Verwendung von Fluggastdatensätzen und deren Übermittlung an das United States Department of Homeland Security
{SWD(2021) 4 final}
BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT
über die gemeinsame Evaluierung des Abkommens zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und der Europäischen Union über die Verwendung von Fluggastdatensätzen und deren Übermittlung an das United States Department of Homeland Security
Einführung
Das Abkommen zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika (USA) und der Europäischen Union (EU) über die Verwendung von Fluggastdatensätzen (PNR) und deren Übermittlung an das Department of Homeland Security (DHS) ist am 1. Juli 2012 in Kraft getreten. Nach Artikel 23 Absatz 1 des Abkommens evaluieren die Parteien gemeinsam das Abkommen vier Jahre nach seinem Inkrafttreten.
Die gemeinsame Evaluierung besteht in einer gründlicheren Prüfung des Abkommens, wobei das allgemeine Funktionieren und der operative Mehrwert untersucht und die Ergebnisse, Auswirkungen, Wirksamkeit, Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit bewertet werden. Sie bietet auch Gelegenheit, über Auswirkungen Bilanz zu ziehen, die sich aus der Entwicklung des einschlägigen Rechtsrahmens und der Rechtsprechung beider Parteien ergeben. Somit folgt die gemeinsame Evaluierung einem umfassenderen Ansatz als die gemeinsamen Überprüfungen, bei denen beide Parteien bewerten, ob das Abkommen korrekt umgesetzt wird.
Verfahren für die Erstellung der gemeinsamen Evaluierung und des Berichts
·Die Kommission übermittelte am 2. August 2019 im Vorfeld der gemeinsamen Evaluierung einen Fragebogen an die USA. Das Department of Homeland Security legte vor der gemeinsamen Evaluierung einen schriftlichen Entwurf der Antworten auf den Fragebogen und anschließend eine endgültige konsolidierte Fassung vor.
·Das EU-Team führte am 5. und 6. September 2019 einen Besuch zur gemeinsamen Evaluierung durch, gefolgt von einem Besuch der USA bei den belgischen und niederländischen PNR-Zentralstellen sowie einem Besuch bei Europol am 22. und 23. Oktober 2019.
·Das EU-Team hatte außerdem Gelegenheit und Zeit, weitere Fragen an das für das PNR-Programm zuständige Personal des DHS zu richten und sich mit allen Aspekten des Abkommens zu befassen.
·Die Ergebnisse des EU-Teams wurden in der begleitenden Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen dargelegt, die dem DHS zur Verfügung gestellt wurde und den USA die Möglichkeit bot, zu Ungenauigkeiten Stellung zu nehmen und Informationen zu identifizieren, die der Öffentlichkeit nicht zugänglich gemacht werden dürfen.
Die begleitende Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen enthält ausführlichere Informationen und eine umfassende Analyse der Methodik der gemeinsamen Evaluierung und aller in diesem Bericht behandelten Themen.
Ergebnisse der gemeinsamen Evaluierung
Die wichtigsten Ergebnisse der gemeinsamen Evaluierung lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Die Evaluierungsteams haben verschiedene Arten der Verwendung von PNR-Daten zur Verhütung, Aufdeckung, Ermittlung und Verfolgung terroristischer und damit zusammenhängender Straftaten sowie bestimmter anderer grenzübergreifender Straftaten erörtert. Die gemeinsame Evaluierung bestätigte, dass PNR-Daten Elemente enthalten, die nicht auf andere Weise verfügbar sind, und dass insbesondere die in PNR-Daten enthaltenen Informationen in keiner anderen Datensammlung vorliegen.
Die Notwendigkeit der Erfassung von PNR-Daten wurde auch damit belegt, dass PNR-Daten den zuständigen Behörden die Ermittlung von Reisenden mit hohem Risikopotenzial, die den Strafverfolgungsbehörden ansonsten nicht bekannt sind, erleichtern. Darüber hinaus wurde der Nutzen gespeicherter – sogenannter historischer – PNR-Daten anhand zahlreicher Beispiele aufgezeigt, in denen historische PNR-Daten für die Lösung im Fokus der Öffentlichkeit stehender Terrorismusbekämpfungsfälle nicht nur in den USA, sondern auch in der EU von entscheidender Bedeutung waren.
Außerdem wird in der gemeinsamen Evaluierung das zunehmende Interesse an der weltweiten Verwendung von Fluggastdatensätzen für Terrorismusbekämpfungs- und Strafverfolgungszwecke sowie im Zusammenhang mit neu geschaffenen internationalen Verpflichtungen zur Kenntnis genommen. In diesem Kontext wird insbesondere auf die Annahme der PNR-Richtlinie der EU und weltweit auf die neuen Richtlinien und Empfehlungen (SARP) für die Erhebung, Verwendung, Verarbeitung und den Schutz von PNR-Daten durch die Internationale Zivilluftfahrt-Organisation (ICAO) gemäß der Resolution 2396 (2017) des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen verwiesen.
In der gemeinsamen Evaluierung wurden auch die im PNR-Abkommen zwischen der EU und den USA enthaltenen Garantien analysiert und bewertet. Dazu gehören die Anwendung des Validierungs- und Überprüfungsverfahrens für die Zugangsrechte für Beamte und die gezielten Vorschriften, die Verarbeitung sensibler Daten durch die US-Behörden sowie die Mechanismen zur Gewährleistung von Transparenz, Zugang, Berichtigung und Rechtsbehelfsmöglichkeiten. Darüber hinaus umfasste die Bewertung ferner die von den USA durchgeführten Aufsichtstätigkeiten und die Weitergabe von PNR-Daten sowohl an andere US-Behörden als das DHS als auch an Drittländer.
Schließlich erörterten die Evaluierungsteams auch das Gutachten 1/15 des Gerichtshofs zum geplanten PNR-Abkommen zwischen der EU und Kanada.
Schlussfolgerungen
Die gemeinsame Evaluierung hat eindeutig den Mehrwert und die operative Wirksamkeit des Abkommens bei der Bekämpfung des Terrorismus und grenzübergreifender schwerer Kriminalität nachgewiesen. Die im Zuge der Evaluierung angeführten Beispiele haben gezeigt, dass mithilfe von PNR-Daten, einschließlich historischer PNR, als einem einzigen Datensatz, die Rückkehr ausländischer terroristischer Kämpfer verhindert und insbesondere Drogendelikte und die Ausbeutung von Kindern bekämpft werden können. Ferner stehen die Ziele des Abkommens mit den internationalen Verpflichtungen im Einklang, PNR-Daten für wirksame Grenzkontrollen zu erheben, zu verarbeiten und zu analysieren, um Reisen von Terroristen zu verhindern und Verbindungen zwischen Personen, die mit organisierter Kriminalität im Zusammenhang stehen, herzustellen sowie Terrorismus und organisierte Kriminalität strafrechtlich zu verfolgen.
Die Kommission erkennt die Bemühungen der USA an, die Anforderungen des Abkommens seit 2012 sowohl in technischer als auch in organisatorischer Hinsicht zu erfüllen, und empfiehlt dem DHS, seine Bemühungen fortzusetzen, um i) die Zahl der Nutzer, die über Zugangsrechte zu PNR-Daten verfügen, zu beschränken, ii) die Anforderungen an sensible Daten zu erfüllen und Mechanismen einzuführen, um sensible Daten bei Eingang unverzüglich zu löschen, iii) die Notwendigkeit der Speicherung „ruhender“ PNR zu überprüfen, iv) die bestehenden Systeme für die fallweise Weitergabe von PNR-Daten an andere US-Behörden als das DHS und die Übermittlung von Daten an Drittländer zu verbessern, v) Rückmeldungen über die Wirksamkeit von Zielkriterien auf regionaler und lokaler Ebene zu gewährleisten und vi) sicherzustellen, dass die Verpflichtung für Fluggesellschaften, dem DHS Zugang zu gewähren, regelmäßig überprüft und insgesamt reduziert wird.
Gleichzeitig stellte das EU-Team fest, dass trotz der zahlreichen im Abkommen enthaltenen Garantien mehrere Aspekte des Abkommens nicht gänzlich im Einklang mit dem Gutachten 1/15 des Gerichtshofs zum geplanten PNR-Abkommen mit Kanada stehen, da das Abkommen mit den USA geschlossen wurde, bevor der Gerichtshof sein Gutachten veröffentlicht hatte. Diese betreffen die Speicherung von PNR-Daten, die Verarbeitung sensibler Daten, die Mitteilung an die Fluggäste, die vorherige unabhängige Überprüfung der Verwendung von PNR-Daten, Vorschriften für die Weitergabe im Inland und die Weiterübermittlungen, die Unabhängigkeit der Aufsicht und die ausschließliche Nutzung der Datenbanken im Zusammenhang mit der Bekämpfung von Terrorismus und grenzübergreifender schwerer Kriminalität für den Abgleich von PNR-Daten.
Die Kommission nimmt den Standpunkt und die Argumente der USA zur Kenntnis. Ferner nimmt sie zur Kenntnis, dass die USA der Notwendigkeit, historische PNR-Daten zu speichern, große Bedeutung beimessen.
Vor diesem Hintergrund verpflichteten sich die Parteien, ihren konstruktiven Dialog über die Durchführung des Abkommens fortzusetzen und die Empfehlungen aus der gemeinsamen Überprüfung (2015) und dieser Evaluierung im Lichte des Gutachtens des Gerichtshofs zum geplanten PNR-Abkommen zwischen der EU und Kanada auszuarbeiten. In diesem Zusammenhang wird die Kommission die notwendigen Folgemaßnahmen auch unter Berücksichtigung der Rückmeldungen zu dieser Evaluierung an das Europäische Parlament und den Rat prüfen.
Generell wird die Kommission die externe Strategie der EU für die Übermittlung von PNR-Daten an Drittländer im nächsten Jahr prüfen.