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Document 52020DC0343

    BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT über die Überprüfung der Verordnung (EU) 2019/125 vom 16. Januar 2019 über den Handel mit bestimmten Gütern, die zur Vollstreckung der Todesstrafe, zu Folter oder zu anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe verwendet werden könnten

    COM/2020/343 final

    Brüssel, den 30.7.2020

    COM(2020) 343 final

    BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT

    über die Überprüfung der Verordnung (EU) 2019/125 vom 16. Januar 2019 über den Handel mit bestimmten Gütern, die zur Vollstreckung der Todesstrafe, zu Folter oder zu anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe verwendet werden könnten


    1.EINLEITUNG

    Der Handel mit Gütern, die a) zur Vollstreckung der Todesstrafe und b) zum Zwecke der Folter oder anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe verwendet werden könnten, wird durch die Verordnung (EU) 2019/125 1 (im Folgenden „Verordnung“) geregelt. Die 2005 angenommene Verordnung ist Ausdruck des nachdrücklichen Engagements der EU für die Abschaffung von Folter und Todesstrafe.

    Die Anti-Folter-Verordnung der EU hat dazu beigetragen, eine große Lücke in menschenrechtsbasierten Handelskontrollen zu schließen. Mit ihr wurden beispiellose, verbindliche Handelsbeschränkungen für eine Reihe von Gütern eingeführt, die oft nicht auf Ausfuhrkontrolllisten für militärische Güter, Güter mit doppeltem Verwendungszweck oder andere strategische Güter stehen. Die Verordnung wurde von der internationalen Menschenrechtsgemeinschaft weithin gelobt. So bezeichnete beispielsweise ein ehemaliger VN-Sonderberichterstatter über Folter, Theo van Boven, die Verordnung als Meilenstein im Kampf gegen Folter und als Modell, dem Länder in anderen Regionen folgen könnten 2 .

    Die Verordnung wurde 2011 und 2014 zweimal geändert, um die Anhänge der Verordnung, in denen verbotene und regulierte Güter aufgeführt sind, zu aktualisieren und zu erweitern. Im Jahr 2016 wurde die Verordnung, insbesondere im Hinblick auf ihre Verfahrensbestimmungen, wesentlich geändert.

    In Übereinstimmung mit den Anforderungen von Artikel 32 der Verordnung liefert dieser Bericht Informationen über die Durchführung und die Auswirkungen der Verordnung im Zeitraum zwischen 2017 und 2019, also seit ihrer letzten Änderung im Jahr 2016. Der Bericht behandelt insbesondere folgende Bereiche: Änderungen der Verordnung durch delegierte Rechtsakte; nationale Durchführungsmaßnahmen; Informationsanforderungen sowie eine Bewertung der Tätigkeiten der Anti-Folter-Koordinierungsgruppe und von Unionsbürgern im Ausland.

    Dieser Bericht gibt auch einen Überblick über die Schlüsseldaten im Rahmen der Verordnung und bewertet die Durchführung der Verordnung mit Blick auf die Grundprinzipien Relevanz, Wirksamkeit, Effizienz, Kohärenz und EU-Mehrwert.

    2.VERORDNUNG (EU) 2019/125

    2.1 Ziel und wichtigste Bestimmungen der Verordnung (EU) 2019/125

    Ziel der Verordnung ist es, die Todesstrafe einerseits und Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe in Drittländern andererseits zu verhindern. Sie unterscheidet Güter nach folgenden Kriterien:

    -Güter, die grundsätzlich missbräuchlich sind und überhaupt nicht gehandelt werden sollten (Anhang II);

    -Güter, die legitime Verwendungszwecke haben können, wie z. B. Strafverfolgungs- und Vollzugsausrüstung (Anhang III) sowie bestimmte pharmazeutische Chemikalien (Anhang IV), wobei der Handel mit diesen Gütern bestimmten Beschränkungen unterliegt.

    Zu diesem Zweck führt die Verordnung Beschränkungen für den Handel mit Nicht-EU-Ländern ein. Die Verordnung untersagt insbesondere:

    I.die Ein- und Ausfuhr sowie die Durchfuhr in, aus oder durch die EU von (in Anhang II aufgeführten) Gütern, die außer zur Vollstreckung der Todesstrafe oder der Folter keine praktische Verwendung haben. Die Bereitstellung technischer Hilfe im Zusammenhang mit diesen Gütern, insbesondere einschließlich der Ausbildung in ihrem Gebrauch, ist ebenfalls verboten. Darüber hinaus ist die Werbung für solche Güter im Internet, im Fernsehen, im Radio oder auf Handelsmessen verboten;

    II.(in Anhang III aufgeführte) Güter, die zu diesen Zwecken verwendet werden könnten, aber auch andere legitime Zwecke (Strafverfolgung und -vollzug) haben können, unterliegen einer vorherigen Ausfuhrgenehmigung, und werden einer Einzelfallprüfung unterzogen; Diese Genehmigung ist auch für die Erbringung technischer Hilfe oder von Vermittlungstätigkeiten erforderlich, die sich auf diese Kategorien von Gütern beziehen. Anhang III umfasst nicht: a) Feuerwaffen, die den Kontrollen gemäß der Verordnung (EU) Nr. 258/2012 3 unterliegen; b) Güter mit doppeltem Verwendungszweck, die den Kontrollen gemäß der Verordnung (EG) Nr. 428/2009 4 unterliegen; c) Güter, die den Kontrollen gemäß dem Gemeinsamen Standpunkt 2008/944/GASP 5 unterliegen;

    III.Die Verordnung regelt den Handel mit Gütern - Chemikalien oder pharmazeutischen Stoffen (Anhang IV) -, die zur Vollstreckung der Todesstrafe verwendet werden könnten (z. B. Produkte, die zur Hinrichtung von Menschen durch tödliche Injektion verwendet werden könnten). Diese Güter wurden 2011 in die Liste der Güter aufgenommen, die der Ausfuhrkontrolle unterliegen. Eine gesonderte Genehmigung („Allgemeine Ausfuhrgenehmigung der Union") wurde eingeführt, um die Ausfuhr von Anästhesiechemikalien zu kontrollieren und ihre Weitergabe zur Verwendung bei Hinrichtungen durch die tödliche Injektion zu verhindern, ohne den Handel mit solchen Chemikalien für medizinische, veterinärmedizinische oder andere legitime Zwecke einzuschränken. Ist für die Ausfuhr von Arzneimitteln eine Ausfuhrgenehmigung nach der Verordnung erforderlich und bestehen überdies für diese Ausfuhr Genehmigungserfordernisse gemäß internationalen Übereinkommen zur Kontrolle von Suchtstoffen und psychotropen Stoffen wie dem Übereinkommen von 1971 über psychotrope Stoffe, so können die Mitgliedstaaten zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen nach dieser Verordnung und nach dem betreffenden Übereinkommen ein einheitliches Verfahren anwenden.

    Die Verordnung enthält detaillierte Listen der unter Kategorie i oben genannten Güter mit den folgenden Überschriften:

    -Güter und ihre Bestandteile, konstruiert zur Hinrichtung von Menschen;

    -Güter, deren Verwendung durch Strafverfolgungs-/Vollzugsbehörden zur Fesselung von Menschen nicht angemessen ist;

    -Tragbare Geräte, sowie bestimmte Arten von Peitschen, deren Verwendung durch Strafverfolgungs-/Vollzugsbehörden zur Bekämpfung von Ausschreitungen und Unruhen oder zum Selbstschutz nicht angemessen ist.

    Güter der Kategorie ii fallen derzeit unter die folgenden Überschriften:

    -Güter, konstruiert zur Fesselung von Menschen;

    -Waffen und Geräte, konstruiert zur Bekämpfung von Ausschreitungen und Unruhen oder zum Selbstschutz;

    -Waffen und Ausrüstungen zur Ausbringung handlungsunfähig machender oder reizender chemischer Substanzen zur Bekämpfung von Ausschreitungen und Unruhen oder zum Selbstschutz sowie bestimmte zugehörige Substanzen;

    Zu den Waren der Kategorie iii gehören insbesondere Arzneimittel, die besonders für die Verwendung in tödlichen Injektionen eingesetzt werden. Um die regulatorische Belastung der Unternehmen bei der Ausfuhr lebensrettender Arzneimittel so gering wie möglich zu halten, enthält die Verordnung ein System globaler Ausfuhrgenehmigungen 6 , das die Unternehmen von der Pflicht entbindet, für jede Arzneimittelsendung eine einzelne Ausfuhrgenehmigung einzuholen. Um eine globale Ausfuhrgenehmigung zu erhalten, müssen die Unternehmen nachweisen, dass sie über angemessene Kontrollen verfügen, um den Verkauf dieser Arzneimittel zur Verwendung bei Hinrichtungen zu verhindern.

    Die Durchfuhr (Transport innerhalb des Zollgebiets der EU von Nicht-EU-Waren, die dieses Zollgebiet durchqueren und für Drittländer bestimmt sind) von in Anhang II aufgeführten Gütern ist untersagt. Die Durchfuhr von in Anhang III aufgeführten regulierten Gütern, ist im Allgemeinen nicht verboten; sie ist jedoch untersagt, wenn den durchführenden Betreibern „bekannt ist, dass Teile der Lieferung solcher Güter dazu bestimmt sind, zu Folter oder zu anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe in einem Drittland verwendet zu werden“.

    Die Verordnung kontrolliert weder die Einfuhr in die EU noch die Verbringung von Strafverfolgungs- und Vollzugsausrüstung und damit zusammenhängenden Gütern zwischen den EU-Mitgliedstaaten, die legitime Strafverfolgungs- und Vollzugszwecke haben können, aber auch für Folter und andere Misshandlungen missbraucht werden könnten. Die Verordnung untersagt auch nicht die Verbringung von Gütern innerhalb der Union, die immanent missbräuchlich oder unangemessen sind.

    Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen rechtlich verbindlich und gilt unmittelbar in jedem EU-Mitgliedstaat; sie enthält Pflichten für „Ausführer“. Die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten sind dafür verantwortlich, die Einhaltung der Verbote und Genehmigungsanforderungen der Verordnung zu überwachen.

    Die Verordnung verpflichtet die EU-Mitgliedstaaten zur Erstellung jährlicher Tätigkeitsberichte, in denen die entsprechenden Genehmigungsanträge und Genehmigungen im Einzelnen aufgeführt sind. Sie enthält weitere Maßnahmen, um die Transparenz zu erleichtern und einen EU-Mitgliedstaat davon abzuhalten, die Verweigerung einer Ausfuhrgenehmigung eines anderen Mitgliedstaates zu umgehen. Sie enthält auch Bestimmungen zur Erleichterung der regelmäßigen Überprüfung und Änderung von Listen verbotener und regulierter Güter, die es den EU-Mitgliedstaaten ermöglichen, einen hinreichend begründeten Antrag zur Prüfung an die Kommission zu richten.

    2.2Handelsbeschränkungen: ein Schlüsselinstrument zur Verhinderung von Folter und Todesstrafe

    Das bedingungslose und umfassende Verbot der Folter und anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe ist in Artikel 5 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, Artikel 7 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte, Artikel 3 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten und insbesondere im VN-Übereinkommen von 1984 gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe festgeschrieben.

    7 Die Generalversammlung der Vereinten Nationen (VN-Generalversammlung) forderte 2019 alle Staaten auf, geeignete wirksame gesetzgeberische, administrative, gerichtliche und andere Maßnahmen zu ergreifen, um die Herstellung, den Handel, die Ausfuhr, die Einfuhr und die Verwendung von Ausrüstungsgegenständen zu verhindern und zu verbieten, die außer zum Zwecke der Folter oder anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe keine praktische Verwendung haben.

    Das absolute Verbot der Folter, das in den Menschenrechtskonventionen der Vereinten Nationen verankert ist, spiegelt sich auf EU-Ebene in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden „Grundrechtecharta“) wider 8 . Gemäß Artikel 2 Absatz 2 der Grundrechtecharta darf niemand zur Todesstrafe verurteilt oder hingerichtet werden. Gemäß Artikel 4 der Grundrechtecharta darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe unterworfen werden.

    Trotz der völkerrechtlichen Verpflichtungen der Staaten kommt es nach wie vor zu Folterungen und anderen Misshandlungen. In den letzten Jahren hat die internationale Gemeinschaft zunehmend erkannt, dass der Handel mit bestimmten Strafverfolgungsausrüstungen reguliert und eingeschränkt werden muss, um sicherzustellen, dass diese Güter nicht für Folter oder andere Misshandlungen verwendet werden.

    In Anlehnung an die EU-Verordnung wurde 2017 die Allianz zur Beendigung des Handels mit Folterwerkzeugen ins Leben gerufen, die von der Europäischen Union gefördert und von Argentinien und der Mongolei unterstützt wird. Ihr Ziel ist es, den Handel mit Gütern, die für die Vollstreckung der Todesstrafe und Folter bestimmt sind oder potenziell dafür verwendet werden können, auf internationaler Ebene erheblich zu erschweren. Mit dem Beitritt zu dieser Allianz verpflichten sich die Länder unter anderem dazu, durch innerstaatliche Rechtsvorschriften und eine effiziente Durchsetzung wirksame Maßnahmen zu ergreifen, um den Handel mit Gütern, die für Folter und für die Todesstrafe verwendet werden, einzuschränken.

    Im Juni 2019 verabschiedete die Generalversammlung der Vereinten Nationen eine wichtige Resolution, durch die gemeinsame internationale Standards in diesem Bereich festgelegt wurden 9 . In der Resolution, die vom Rat der EU 10 begrüßt wurde, werden die Länder aufgefordert, die Durchführbarkeit, den Umfang und die Kriterien für mögliche gemeinsame internationale Standards für den Handel mit relevanten Gütern zu prüfen. Es wird erwartet, dass der Generalsekretär der Vereinten Nationen der 74. Tagung der VN-Generalversammlung einen Bericht über die Umsetzung dieser Resolution vorlegt. In einem zweiten Schritt wird auf der Grundlage dieses Berichts von einer Gruppe von Regierungsexperten (die innerhalb des VN-Systems gemäß den in der Resolution vom Juni 2019 festgelegten Kriterien ernannt werden) ein weiterer Bericht erstellt, der der 75. Tagung der VN-Generalversammlung bis 2021 vorgelegt werden soll.

    Der Europarat seinerseits untersucht ebenfalls die Durchführbarkeit einer Initiative in diesem Bereich. Am 28. November 2019 kam der Lenkungsausschuss für Menschenrechte des Europarates überein, einen Vorschlag zur Entwicklung von Leitlinien für die Europarat-Mitgliedstaaten zu unterstützen, die die Kontrollen der Europarat-Mitgliedstaaten beim Handel mit Gütern, die für Folter, Misshandlung und die Todesstrafe verwendet werden, fördern oder erleichtern. Der Vorschlag ermutigt ferner alle Mitgliedstaaten des Europarates, der Allianz zur Beendigung des Handels mit Folterwerkzeugen beizutreten und den VN-Prozess zur Entwicklung internationaler Maßnahmen in diesem Bereich zu unterstützen. Die Schweiz, Nordmazedonien und Montenegro haben sich dafür entschieden, dem Modell der Verordnung zu folgen, wobei auch das Vereinigte Königreich angekündigt hat, dass es die Bestimmungen der Verordnung nach seinem Austritt aus der EU beibehalten wird.

    2.3 Umfang dieses Berichts (Artikel 32 der Verordnung)

    Artikel 32 der Verordnung schreibt vor, dass die Kommission bis 31. Juli 2020 und danach alle fünf Jahre dem Europäischen Parlament und dem Rat einen umfassenden Durchführungs- und Folgeabschätzungsbericht vorlegt; dieser Bericht kann Vorschläge zur Änderung der Verordnung enthalten. Die Verordnung schreibt vor, dass im Rahmen der Überprüfung beurteilt wird, ob es notwendig ist, die Tätigkeiten von Unionsbürgern im Ausland einzubeziehen.

    Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, der Kommission alle für die Ausarbeitung des Berichts sachdienlichen Informationen zu übermitteln. Besondere Abschnitte des Berichts befassen sich mit der durch die Verordnung (Artikel 31) eingesetzten Anti-Folter-Koordinierungsgruppe und mit ihren Tätigkeiten, außerdem muss der Bericht Informationen über die von den Mitgliedstaaten gemäß Artikel 33 Absatz 1 (Sanktionen) ergriffenen Maßnahmen enthalten.

    Dieser Bericht enthält Informationen über die Durchführung und Folgen der Verordnung seit ihrer letzten Änderung im Jahr 2016 bis Ende 2019 und deckt somit im Wesentlichen die Tätigkeiten in den Jahren 2017, 2018 und 2019 ab.

    In dem Bericht wird auch die Durchführung der Verordnung in Bezug auf die Grundprinzipien Relevanz, Wirksamkeit, Effizienz, Kohärenz und EU-Mehrwert beurteilt. Diese Bewertung konzentriert sich darauf, ob die Verordnung ihre Hauptziele erreicht und ob seit 2016 neue Anliegen und Herausforderungen entstanden sind. Dies soll dabei helfen festzustellen, ob weitere Maßnahmen erforderlich sind, um festgestellte Mängel zu beheben.

    3.DURCHFÜHRUNG DER VERORDNUNG

    3.1Regulierungsrahmen

    Die Verordnung wurde ursprünglich als Verordnung (EG) Nr. 1236/2005 des Rates betreffend den Handel mit bestimmten Gütern, die zur Vollstreckung der Todesstrafe, zu Folter oder zu anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe verwendet werden könnten, angenommen. Die Verordnung wurde am 27. Juni 2005 angenommen und trat am 30. Juli 2006 in Kraft 11 . Die letzte inhaltliche Änderung wurde 2016 angenommen 12 .

    Die Verordnung wurde als Verordnung (EU) 2019/125 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Januar 2019 über den Handel mit bestimmten Gütern, die zur Vollstreckung der Todesstrafe, zu Folter oder zu anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe verwendet werden könnten, kodifiziert 13 .

    3.1.1 Änderungen der Verordnung

    Die Verordnung wurde zweimal durch delegierte Rechtsakte geändert, einmal während des Berichtszeitraums und einmal im Jahr 2020.

    Durch die DELEGIERTE VERORDNUNG (EU) 2018/181 DER KOMMISSION vom 18. Oktober 2017 14 wurden die Dominikanische Republik, São Tomé und Principe sowie Togo in die Liste der Länder aufgenommen, für die die allgemeine Ausfuhrgenehmigung der Union (derzeit Anhang V) gilt.

    -Durch die DELEGIERTE VERORDNUNG (EU) 2020/621 DER KOMMISSION vom 18. Februar 2020 15 wurden Anhang I (Aktualisierung der Einträge mehrerer zuständiger Behörden) und Anhang V (Aufnahme von Gambia und Madagaskar in die Liste der Bestimmungsländer, für die die allgemeine Ausfuhrgenehmigung der Union gilt) geändert.

    Die Kommission ist befugt, delegierte Rechtsakte zur Änderung der Liste der entweder verbotenen oder kontrollierten Güter zu erlassen, auch im Wege eines „Dringlichkeitsverfahrens“, wenn zwingende Gründe der Dringlichkeit dies erfordern.

    3.1.2 Nationale Durchführungsmaßnahmen

    Die Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat. Für ihre Durchführung sind die zuständigen Behörden in den Mitgliedstaaten verantwortlich. Es obliegt den Mitgliedstaaten, von Fall zu Fall zu entscheiden, ob sie für die in Anhang III und IV der Verordnung aufgeführten regulierten Güter eine Ausfuhrgenehmigung erteilen oder einen Antrag ablehnen.

    Um Umgehungen zu verhindern, verpflichtet die Verordnung die zuständigen Behörden in den Mitgliedstaaten, alle anderen Behörden der Mitgliedstaaten und die Kommission zu unterrichten, wenn sie die Erteilung einer Genehmigung verweigern oder eine bestehende Genehmigung für ungültig erklären. Folglich muss jeder EU-Mitgliedstaat, der erwägt, eine Transaktion zu genehmigen, die „im Wesentlichen identisch“ mit einer Transaktion ist, die von einem Mitgliedstaat abgelehnt wurde, innerhalb von drei Jahren nach dieser Ablehnung den Mitgliedstaat konsultieren, der die Transaktion abgelehnt hatte. Wenn eine Genehmigung dennoch erteilt wird, muss der genehmigende Mitgliedstaat der Kommission und allen Mitgliedstaaten eine detaillierte Erläuterung seiner Gründe vorlegen. Bei der Prüfung eines Antrags haben die Behörden Überlegungen über die beabsichtigte Endverwendung und das Risiko einer Umlenkung für unrechtmäßige Zwecke zu berücksichtigen.

    Die Mitgliedstaaten erteilen keine Genehmigung, wenn hinreichender Grund zu der Annahme besteht, dass in Anhang III aufgeführte Güter von einer Strafverfolgungs-/Vollzugsbehörde oder einer natürlichen oder juristischen Person in einem Drittland zum Zwecke der Folter und anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe, einschließlich gerichtlich angeordneter körperlicher Züchtigung, oder zur Vollstreckung der Todesstrafe verwendet werden könnten.

    Die Verordnung führt die folgenden Informationsquellen auf, an denen sich die Behörden bei ihren Entscheidungen orientieren können:

    -verfügbare internationale Gerichtsurteile;

    -Erkenntnisse der zuständigen Organe der Vereinten Nationen, des Europarates und der EU;

    -Berichte des vom Europarat eingesetzten Europäischen Ausschusses zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe und des VN-Sonderberichterstatters über Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe.

    Weitere Informationen, die die Behörden bei der Entscheidungsfindung verwenden können, sind:

    -verfügbare nationale Gerichtsurteile

    -Berichte von Organisationen der Zivilgesellschaft

    -Informationen über die vom Bestimmungsland angewandten Ausfuhrbeschränkungen für die in den Anhängen II und III aufgeführten Güter.

    Dieselben Kriterien gelten bei der Entscheidung über Anträge im Zusammenhang mit der Bereitstellung von Vermittlungsdiensten oder technischer Hilfe.

    Die Mitgliedstaaten haben der Kommission im Berichtszeitraum 13 Ablehnungen mitgeteilt. Einzelheiten zu den während des Berichtszeitraums erteilten und abgelehnten Ausfuhrgenehmigungen sind in Abschnitt 3.5 zu finden.

    Die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten werden außerdem aufgefordert, in einer Datenbank der Kommission alle Daten über die Ablehnung von Anträgen auf eine Ausfuhrgenehmigung einzutragen. In der Datenbank werden die zuständige EU-Behörde, der endgültige Bestimmungsort, das betreffende Gut, die Beschreibung des Gutes und der Name des Empfängers sowie des Endverwenders angegeben.

    Die Verordnung definiert einen Mechanismus zur Aufnahme von Gütern in Anhang II, Anhang III oder Anhang IV, der es einem EU-Mitgliedstaat ermöglicht, einen hinreichend begründeten Antrag zur Prüfung an die Kommission zu richten. Die Kommission hat während des Berichtszeitraums keinen derartigen Antrag erhalten.

    Neben der Liste der Güter, deren Handel verboten oder reguliert ist, enthält die Verordnung auch Bestimmungen, die es den EU-Mitgliedstaaten erlauben, autonom weitere nationale Maßnahmen zur Regulierung des Handels mit bestimmten zusätzlichen Gütern einzuführen.

    Gemäß Artikel 10 der Verordnung können die Mitgliedstaaten einzelstaatliche Maßnahmen ergreifen oder aufrechterhalten, um die Beförderung, Finanzdienstleistungen, die Versicherung und Rückversicherung sowie allgemeine Werbung und Verkaufsförderung im Zusammenhang mit in Anhang II aufgeführten Gütern zu beschränken. Insbesondere hält das Vereinigte Königreich 16 nationale Beschränkungen für den Warenverkehr zwischen Drittländern außerhalb der EU aufrecht.

    Ferner kann ein Mitgliedstaat gemäß Artikel 14 der Verordnung ein Verbot der Aus- und Einfuhr von Fußeisen, Mehr-Personen-Fesseln und tragbaren Elektroschock-Geräten beschließen oder aufrechterhalten. Die Mitgliedstaaten können auch eine Genehmigungspflicht für die Ausfuhr von übergroßen Handschellen auferlegen. Basierend auf den Informationen, die der Kommission zur Verfügung gestellt wurden, haben Belgien 17 , Griechenland 18 , Luxemburg 19 , Spanien 20 und das Vereinigte Königreich 21  solche zusätzlichen Beschränkungen eingeführt. Ungarn und Italien haben ebenfalls entsprechende Maßnahmen eingeführt. Die Slowakei hat der Kommission mitgeteilt, dass sie im Jahr 2020 ein Gesetzgebungsverfahren zur Änderung ihres Gesetzes von 2007 über den Handel mit bestimmten Gütern einleiten wird, die zur Vollstreckung der Todesstrafe, zu Folter oder zu anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung verwendet werden könnten.

    Die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten informieren die Kommission über ihre Tätigkeiten im Rahmen der Verordnung. Der Jahresbericht der Kommission stützt sich auf die von den Mitgliedstaaten übermittelten Informationen, unter anderem durch die gemäß Artikel 26 Absatz 3 erstellten nationalen Berichte. Während des Berichtszeitraums legte die Kommission einen Bericht über die Genehmigungen der Mitgliedstaaten in den Jahren 2017 und 2018 für die Ausfuhr von Gütern, die zur Folter oder zur Vollstreckung der Todesstrafe verwendet werden könnten, vor 22 . Ein Bericht über die Ausfuhrgenehmigungen im Jahr 2019 wird voraussichtlich in der zweiten Hälfte des Jahres 2020 angenommen.

    3.2Tätigkeit der Anti-Folter-Koordinierungsgruppe

    23 24 Die Anti-Folter-Koordinierungsgruppe wurde nach der Änderung der Verordnung im Jahr 2016 eingerichtet und „prüft alle Fragen im Zusammenhang mit der Anwendung dieser Verordnung“. Die Koordinierungsgruppe, in der die Kommission den Vorsitz führt, dient den Vertretern der Mitgliedstaaten und der Kommission als Plattform für den Informationsaustausch über Verwaltungspraktiken. Außerdem konsultiert die Kommission die Gruppe bei der Erarbeitung delegierter Rechtsakte entsprechend den Grundsätzen der Interinstitutionellen Vereinbarung über bessere Rechtsetzung vom 13. April 2016.

    Die Koordinierungsgruppe trat im Berichtszeitraum viermal zusammen: am 12. Juli 2017, 28. Juni 2018, 29. April 2019 und 17. Dezember 2019.

    25 In Übereinstimmung mit Artikel 31 Absatz 4 der Verordnung legt die Kommission dem Europäischen Parlament einen Bericht über die Tätigkeiten, Prüfungen und Konsultationen der Anti-Folter-Koordinierungsgruppe vor. Im Berichtszeitraum nahm die Kommission im Oktober 2019 einen Bericht an, der die Jahre 2017 und 2018 abdeckt. Ein Bericht über die Aktivitäten der Anti-Folter-Koordinierungsgruppe im Jahr 2019 wird voraussichtlich in der zweiten Hälfte des Jahres 2020 angenommen werden.

    Die Anti-Folter-Koordinierungsgruppe führte einen Datenaustausch über die in der elektronischen Datenbank der Kommission verfügbaren Instrumente durch, einem sicheren und verschlüsselten System, das geschaffen wurde, um den für Ausfuhrkontrollfragen zuständigen nationalen Behörden beim Informationsaustausch mit der Kommission zu helfen. Nach Artikel 23 Absatz 5 der Verordnung sind die zuständigen Behörden verpflichtet, dieses System zur Übermittlung von Informationen über Fälle zu nutzen, in denen ein Antrag auf eine Ausfuhrgenehmigung abgelehnt wurde (sogenannte „Ablehnungen“).

    Die Anti-Folter-Koordinierungsgruppe erörterte die in Artikel 15 und 19 der Verordnung festgelegte Vorabgenehmigungspflicht für bestimmte Arten von technischer Hilfe und Vermittlungsdiensten. Die Anti-Folter-Koordinierungsgruppe hat einen technischen Informationsaustausch zu den Verboten gemäß den Artikeln 8 und 9 der Verordnung betreffend Handelsmessen bzw. Werbung durchgeführt. Diese Verbote wurden mit der Änderung der Verordnung von 2016 eingeführt. Der Informationsaustausch betraf insbesondere etwaige Anleitungen für die zuständigen Behörden sowie Durchführungsmodalitäten. Es wurde festgestellt, dass es Fälle gegeben hat, in denen auf den Websites einiger europäischer Anbieter für Güter geworben wurde.

    Im Einklang mit Erwägungsgrund 48 prüfte die Anti-Folter-Koordinierungsgruppe auch die vorgeschlagenen delegierten Rechtsakte zur Änderung der Anhänge der Verordnung, die schließlich am 18. Oktober 2017 und am 18 Februar 2020 angenommen wurden (siehe Abschnitt 3.1.1 oben).

    Ein weiterer Aspekt, der in der Arbeit der Anti-Folter-Koordinierungsgruppe eine Rolle spielte, betraf die Berichtspflichten der zuständigen nationalen Behörden. Im Anschluss an diese Diskussionen wird nun ein breiteres Spektrum an Handelsdaten für den Jahresbericht der Kommission für 2019 erfasst.

    Abschließend hatte die Anti-Folter-Koordinierungsgruppe einen Meinungsaustausch über die Allianz zur Beendigung des Handels mit Folterwerkzeugen und die Fortschritte auf dem Weg zu möglichen gemeinsamen internationalen Standards in diesem Bereich. 

    3.3Transparenz und Information

    Gemäß Artikel 26 Absatz 3 der Verordnung (EU) 2019/125 erstellen die Mitgliedstaaten einen jährlichen, öffentlichen Tätigkeitsbericht mit Informationen über die Zahl der eingegangenen Anträge, die von diesen Anträgen betroffenen Güter und Länder sowie über die zu diesen Anträgen getroffenen Entscheidungen.

    Tschechien 26 , Dänemark 27 , Deutschland 28 , Rumänien 29 und das Vereinigte Königreich 30  haben der Kommission ihren jährlichen, öffentlichen Tätigkeitsbericht 2019 vorgelegt 31 . Es sei darauf hingewiesen, dass dieser Bericht gemäß Artikel 26 Absatz 3 der Verordnung keine Informationen enthält, „deren Weitergabe ein Mitgliedstaat als unvereinbar mit seinen wesentlichen Sicherheitsinteressen ansieht“.

    Eine begrenzte Anzahl von zuständigen Behörden hat auf ihrer jeweiligen Regierungswebsite Informationen über die Regeln und Vorschriften veröffentlicht, die für die in den Geltungsbereich der Verordnung fallenden Güter gelten, um die Wirtschaftsbeteiligten über Ausfuhrgenehmigungsverfahren und weitere Anforderungen zu informieren.

    3.4Durchsetzung der Ausfuhrkontrollen

    Für die Durchsetzung von Ausfuhrkontrollen sind die zuständigen Behörden in den Mitgliedstaaten zuständig. Gemäß Artikel 33 der Verordnung erlassen die Mitgliedstaaten „Vorschriften über Sanktionen, die bei Verstößen gegen diese Verordnung zu verhängen sind, und treffen alle für die Anwendung der Sanktionen erforderlichen Maßnahmen. Die vorgesehenen Sanktionen müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein“. Daher entwickeln die EU-Mitgliedstaaten nationale Sanktionen, die für Verstöße gegen die Verordnung seitens Personen und Organisationen gelten. 

    Diese nationalen Sanktionen umfassen sowohl Verwaltungs- als auch strafrechtliche Sanktionen, die in der Regel von Geldstrafen bis hin zu Freiheitsstrafen einschließlich der Beschlagnahme der Güter reichen.

    Während des Berichtszeitraums haben die zuständigen Behörden die Kommission nicht über Verstöße gegen die Verordnung unterrichtet. Die Verordnung verpflichtet die zuständigen Behörden nicht dazu.

    3.5Ausfuhrgenehmigungen: Eckdaten

    Die Kommission holt bei den zuständigen Behörden Daten ein, die es ihr ermöglichen, einen Überblick über die erteilten (oder abgelehnten) Ausfuhrgenehmigungen für die in den Anhängen III und IV der Verordnung aufgeführten kontrollierten Güter zu erhalten.

    Ausgehend von den Daten aus dem Bericht der Kommission 32 sowohl für 2017 als auch für 2018 und von den Daten, die für den Bericht der Kommission für das Jahr 2020, der sich auf das Jahr 2019 33 bezieht, erfasst werden, lässt sich die Zahl der erteilten (oder abgelehnten) Ausfuhrgenehmigungen für 2017-2019 wie folgt zusammenfassen 34 : Im Jahr 2017 wurden insgesamt 292 von 12 Mitgliedstaaten erteilte Genehmigungen gemeldet. Im Jahr 2018 meldeten 11 Mitgliedstaaten die Erteilung von insgesamt 231 Genehmigungen. Im Jahr 2019 wurden insgesamt 281 von 10 Mitgliedstaaten erteilte Genehmigungen gemeldet 35 . Somit beläuft sich die Gesamtzahl der über den gesamten dreijährigen Berichtszeitraum erteilten Genehmigungen auf 804.

    Die übrigen fünfzehn Mitgliedstaaten teilten der Kommission mit, dass im Berichtszeitraum keine Anträge auf Genehmigungen gemäß der Verordnung (EU) 2019/125 eingegangen waren.

    Die Verordnung legt eine Ausfuhrgenehmigungspflicht fest, damit die zuständigen Behörden prüfen können, ob es Anhaltspunkte dafür gibt, dass die Güter, sollten sie ausgeführt werden, zu Folter oder anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe (Anhang III) oder zur Vollstreckung der Todesstrafe (Anhang IV) verwendet werden könnten. Zu diesem Zweck muss die zuständige Behörde nach Artikel 20 Absatz 8 der Verordnung „alle Informationen erhalten, insbesondere über den Endverwender, das Bestimmungsland und die Endverwendung der Güter“.

    Während des dreijährigen Berichtszeitraums wurden 13 Anträge auf eine Ausfuhrgenehmigung als abgelehnt gemeldet: 4 im Jahr 2017, 5 im Jahr 2018 und 4 im Jahr 2019.

    Die der Kommission zur Verfügung stehenden Informationen, die auf den von den zuständigen Behörden übermittelten Daten basieren, ermöglichen es der Kommission, zwischen der Endverwendung zum Zwecke der Strafverfolgung, Wissenschaft oder Gesundheitsfürsorge , der Endverwendung durch Sicherheitsfirmen, der medizinischen Endverwendung (Krankenhäuser und Veterinärmedizin) der in Anhang IV aufgeführten Güter, der industriellen Verwendung und der Ausfuhr an Handelsunternehmen zu unterscheiden. Während des von diesem Bericht abgedeckten Dreijahreszeitraums wurden den Berichten zufolge 56 Ausfuhrgenehmigungen für Strafverfolgungszwecke erteilt, 52 für Zwecke der Wissenschaft/Gesundheitsfürsorge, während die übrigen (74) für andere Zwecke, meist für Handelsunternehmen und private Sicherheitsfirmen, ausgestellt wurden. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass nicht alle Mitgliedstaaten vollständige Angaben und/oder Informationen über die Endverwender vorlegen, sodass die Daten über die Endverwendung nicht mit der Gesamtzahl der oben genannten Genehmigungen übereinstimmen.

    3.6Unionsbürger im Ausland

    Obwohl dies streng genommen nicht Teil der Bewertung der Durchführung der Verordnung ist, sieht Artikel 32 der Verordnung vor, dass bei der Überprüfung auch geprüft wird, ob es notwendig ist, die Tätigkeiten von Unionsbürgern im Ausland einzubeziehen. In diesem Abschnitt werden Bereiche umrissen, in denen die Tätigkeiten von in der EU niedergelassenen Unternehmen, Unionsbürgern oder Einwohnern eines EU-Mitgliedstaats, die in Drittländern tätig sind, bewertet werden könnten. Dies betrifft die folgenden Aktivitäten:

    -Vermittlungstätigkeiten, d. h. die Organisation der Verbringung von Ausrüstungen zwischen Drittländern außerhalb der EU, wenn die Güter nicht in das Zollgebiet der EU gelangen und wenn solche Tätigkeiten von EU-Organisationen außerhalb der EU durchgeführt werden:

    Die Verordnung verbietet weder Vermittlungstätigkeiten für in Anhang II aufgeführte Güter noch kontrolliert sie Vermittlungstätigkeiten für in Anhang III aufgeführte Güter, wenn sie von außerhalb der EU tätigen EU-Vermittlern durchgeführt werden.

    -Werbung/Vermarktung einschlägiger Waren und Dienstleistungen durch EU-Einrichtungen außerhalb der EU oder die Erleichterung einer solchen Vermarktung, z. B. durch die Organisation von Ausstellungen und Handelsmessen in den Bereichen Waffen, Sicherheit und damit zusammenhängende Angelegenheiten in Drittländern:

    Artikel 8 der Verordnung sieht folgendes Verbot vor: „Natürlichen und juristischen Personen, Organisationen und Einrichtungen, einschließlich Vereinigungen, ist es unabhängig davon, ob sie in einem Mitgliedstaat ansässig oder niedergelassen sind oder nicht, untersagt, in Anhang II aufgeführte Güter im Rahmen einer Ausstellung oder einer Messe in der Union auszustellen oder zum Verkauf anzubieten“ (Hervorhebung hinzugefügt).

    -Bereitstellung von technischer Hilfe und Ausbildung im Hinblick auf den Einsatz von Strafverfolgungsausrüstung oder -techniken durch EU-Einrichtungen für Militär-, Sicherheits- oder Polizeikräfte oder für nichtstaatliche Akteure wie private Sicherheitsunternehmen in Drittländern:

    Artikel 7 der Verordnung untersagt einem „Erbringer von technischer Hilfe bzw. einem Vermittler“ „für Personen, Organisationen oder Einrichtungen in einem Drittland Ausbildungsmaßnahmen zur Verwendung von in Anhang I aufgeführten Gütern zu erbringen oder sie ihnen anzubieten“. Darüber hinaus sind die Mitgliedstaaten nach Artikel 15 verpflichtet, die „Erbringung von technischer Hilfe im Zusammenhang mit in Anhang III aufgeführten Gütern“ ausdrücklich zu genehmigen. Die Erbringung von technischer Hilfe, einschließlich Ausbildung, ist nur dann verboten oder wird nur dann kontrolliert, wenn sie sich direkt auf Ausrüstungen bezieht, die unter die Verordnung (Anhang II oder Anhang III) fallen. Technische Hilfe kann unabhängig von der Lieferung der unter die Verordnung fallenden Ausrüstung geleistet werden.

    Zwei Nichtregierungsorganisationen (NRO), die sich mit Menschenrechten befassen und an der Überprüfung beteiligt waren, haben auf den Fall von Unionsbürgern aufmerksam gemacht, die außerhalb der EU tätig sind und die z. B. an der Bereitstellung von Sicherheits- und Strafverfolgungsausbildungsdiensten unter unangemessener oder missbräuchlicher Verwendung von Strafverfolgungsausrüstung beteiligt waren. Sie haben auch auf den Fall von Unternehmen aufmerksam gemacht, die Waffenmessen oder -ausstellungen in Drittländern organisieren. Insbesondere sind sie der Auffassung, dass die derzeitige geographische Beschränkung gemäß Artikel 8 aufgehoben werden sollte und dass es allen natürlichen oder juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen der EU untersagt werden sollte, auf Ausstellungen oder Messen für in Anhang II aufgeführte Güter zu werben, unabhängig davon, in welchem Land diese stattfinden. Darüber hinaus sind sie der Ansicht, dass (entweder durch die Verordnung oder durch andere geeignete Maßnahmen) Kontrollen eingeführt werden sollten, um die Erbringung von Anleitung oder Ausbildung durch alle einschlägigen Lehranstalten zu regeln, damit diese Erbringung keine unangemessenen oder missbräuchlichen Maßnahmen, Praktiken oder Techniken fördert oder einschließt, die Folter oder andere Misshandlungen in Drittländern erleichtern oder dazu angewendet werden könnten.

    Die Behandlung der hervorgehobenen Fragen wirft Schwierigkeiten in Bezug auf den räumlichen Anwendungsbereich der EU-Gerichtsbarkeit auf. Im Völkerrecht ist die Gerichtsbarkeit grundsätzlich räumlich begrenzt und kann von einem Staat außerhalb seines Staatsgebiets nur aufgrund einer permissiven Regel ausgeübt werden, die sich aus dem Völkergewohnheitsrecht oder aus einem Übereinkommen ergibt. Es gibt jedoch Ausnahmen von diesem Grundsatz, die hier relevant sind. Das Völkerrecht sieht beispielsweise die Bestrafung extraterritorialer Tätigkeiten von Staatsangehörigen eines Staates vor, wenn es um Straftaten geht, die außerhalb des Staatsgebiets begangen wurden 36 . Bei besonders schweren Verbrechen, die entweder durch einen multilateralen Vertrag 37  oder nach Völkergewohnheitsrecht der universellen Gerichtsbarkeit unterstellt worden sind, wie Völkermord , Kriegsverbrechen , Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Folter, kann ein Staat die Gerichtsbarkeit für Verbrechen unabhängig vom Ort des Verbrechens und unabhängig von der Staatsangehörigkeit des Täters oder des Opfers ausüben. 

    Einseitige Entscheidungen zur Ausübung der Gerichtsbarkeit außerhalb des Gebiets der Union sollten im Lichte des Völkerrechts und der internationalen Praxis sorgfältig geprüft werden. Da die Frage, ob ein Staat rechtmäßig extraterritoriale Gerichtsbarkeit ausüben darf, eine Frage des Völkerrechts ist, ist es wichtig, den folterfreien Handel in den entsprechenden internationalen Foren mit Nachdruck und wirksam zu fördern, um die globale Antwort auf die Ziele, die mit der Verordnung gefördert werden sollen, auszuweiten. 

    Es könnten auch andere geeignete Maßnahmen geprüft werden, z. B. Maßnahmen zur Stärkung der Transparenz und Bewusstseinsbildung oder Maßnahmen zur Förderung einer wirksamen Einhaltung der Leitprinzipien der Vereinten Nationen zu Wirtschaft und Menschenrechten 38 . In der Tat besagen die Leitprinzipien der Vereinten Nationen zu Wirtschaft und Menschenrechten, dass Unternehmen die Menschenrechte zu achten haben. Sie verletzen die Menschenrechte anderer nicht und begegnen nachteiligen Auswirkungen auf die Menschenrechte. Nachteiligen Auswirkungen auf die Menschenrechte zu begegnen, erfordert die Ergreifung geeigneter Maßnahmen zu deren Verhütung, Minderung und gegebenenfalls Abhilfe.

    4.ÜBERPRÜFUNG DER DURCHFÜHRUNG DER VERORDNUNG

    4.1Beurteilungskriterien und Datenquellen

    Unter Einbeziehung der inhaltlichen Beurteilungskriterien von Artikel 32 der Verordnung hat die Kommission die Wirkung der Verordnung in Übereinstimmung mit ihren Leitlinien 39 für eine bessere Rechtsetzung überprüft und dabei die folgenden Elemente berücksichtigt:

    -Relevanz: Das Ausmaß, in dem die Gesamtziele der Verordnung, ihre Gestaltung und die in der Verordnung vorgesehenen nationalen Durchführungsmaßnahmen den EU-Prioritäten zum Zeitpunkt der Annahme der Verordnung sowie den aktuellen EU-Prioritäten entsprechen.

    -Effizienz: Inwieweit die Verordnung effizient durchgeführt wird. Dies umfasst die Effizienz der Durchführung durch die Mitgliedstaaten und die Überwachung durch die Europäische Kommission, während gleichzeitig bewertet wird, ob es Lücken oder Überschneidungen bei den Informationsanforderungen gibt, die die Wirksamkeit oder effiziente Durchführung der Verordnung untergraben könnten, und ob die Berichtspflichten angemessen und verhältnismäßig sind.

    -Wirksamkeit: Inwieweit die Verordnung ihren Zielen und EU-Prioritäten gerecht wird.

    -Kohärenz und Komplementarität: Inwieweit die Verordnung die Kohärenz und Komplementarität mit anderen relevanten Initiativen der EU und der Mitgliedstaaten erleichtert.

    -Europäischer Mehrwert: Inwieweit die Verordnung den Einzelmaßnahmen der EU-Mitgliedstaaten einen Mehrwert verleiht.

    40 Die Hauptinformationsquellen für das Einholen von Anhaltspunkten für die Bewertung waren schriftliche Eingaben, darunter eine Studie, Umfragen, Befragungen und ein Seminar mit wichtigen Interessenträgern.

    Über 30 Teilnehmer nahmen am Seminar der Interessenträger teil. Sie kamen aus einem breiten Spektrum von Organisationen, darunter die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten, die Europäische Kommission, internationale Organisationen wie die Vereinten Nationen und der Europarat sowie NRO.

    Die Bewertung der eingeholten Daten und Informationen führte zu folgenden Ergebnissen.

    4.2Relevanz

    4.2.1 Politische Erwägungen

    Die Verordnung, so wie sie 2005 angenommen wurde, erfüllte den Bedarf, „in Bezug auf den Handel mit Drittländern mit Gütern, die zur Vollstreckung der Todesstrafe, und Güter, die zum Zwecke der Folter und anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe verwendet werden könnten, Unionsregeln aufzustellen“. Diese Regeln zielten darauf ab, eine festgestellte Lücke in den menschenrechtsbasierten Handelskontrollen der EU zu schließen, und stellten weltweit das erste verbindliche Instrument dar, das sich speziell mit diesem Thema befasste. Um ihre Relevanz zu erhalten, wurde die Verordnung in den Jahren 2011, 2014 und 2016 geändert.

    Sie stellt nicht nur den weltweit ersten operativen Rahmen zur Regulierung des Handels mit Foltergütern dar, ihre Bedeutung wurde vielmehr auch dadurch bestätigt, dass sie eine Inspirationsquelle für die Arbeit anderer Länder und Organisationen in diesem Bereich war. Vor allem hat sie die Entscheidung der VN inspiriert, gemeinsame internationale Standards für den Handel mit Folterwerkzeugen zu entwickeln 41 . Der Verordnung wird auch das Verdienst zugeschrieben, die Entwicklung regionaler Maßnahmen des Europarats inspiriert zu haben, die sich mit dem Handel mit Ausrüstungsgegenständen befassen, die für Folter, Misshandlung und die Vollstreckung der Todesstrafe verwendet werden.

    Die wahrgenommene Relevanz dieses Instruments wird dadurch verstärkt, dass einige Nicht-EU-Mitgliedstaaten sich dafür entschieden haben, dem Modell der Verordnung zu folgen, z. B. die Schweiz, Nordmazedonien und Montenegro; auch das Vereinigte Königreich hat angekündigt, die Bestimmungen der Verordnung nach seinem Austritt aus der EU beizubehalten.

    4.2.2 Relevanz der unter die Verordnung fallenden Güter und Dienstleistungen

    Die Verordnung deckt derzeit ein breites Spektrum von Gütern im Zusammenhang mit der Vollstreckung der Todesstrafe und Folter ab.

    Hinsichtlich des Geltungsbereichs der Verordnung in Bezug auf Güter, Tätigkeiten und Personen sieht Artikel 25 der Verordnung vor, dass jeder Mitgliedstaat bei der Kommission einen hinreichend begründeten Antrag auf Aufnahme von Gütern in Anhang II, Anhang III oder Anhang IV stellen kann.

    Zwei NRO, die sich mit Menschenrechten befassen und sich an der Überprüfung beteiligt haben, sind insbesondere der Ansicht, dass die Verordnung in der Lage sein sollte, auf Veränderungen auf dem internationalen Sicherheitsmarkt zu reagieren, auf dem es häufig zu Technologie- und Marktentwicklungen kommt. Ihrer Ansicht nach sollte die Verordnung auch Veränderungen in der Art der Verwendung und des Missbrauchs von Strafverfolgungs- und Vollzugsausrüstung berücksichtigen. Der besondere Fall des Rebranding von Produkten zur Umgehung des Geltungsbereichs der Verordnung wurde ebenfalls als besorgniserregender Punkt angesprochen, was die Notwendigkeit einer regelmäßigen Aktualisierung der Listen der unter die Verordnung fallenden Güter bestätigte. Diesen NRO zufolge könnten einige der derzeit in Anhang III aufgeführten Güter, wie z. B. Elektroschockwaffen für den direkten Körperkontakt (einschließlich Elektroschockstöcken, Schilden und Betäubungspistolen) in Anhang II aufgenommen werden, und auch andere Güter könnten sinnvollerweise hinzugefügt werden, wie z. B. Hinrichtungskapuzen und Augenbinden, Zwangsstühle, Bretter und Betten mit Gurten, die für Strafverfolgungszwecke bestimmt sind. Diesen NRO zufolge könnten in Anhang III unter anderem „Standard-Handschellen“, handgehaltene Schlagwaffen und bestimmte nichttödliche Schusswaffen in die Liste der kontrollierten Güter aufgenommen werden.

    Reizstoffe stellen ein spezifisches Problem dar. In den letzten Jahren kam es zu einem Anstieg ihrer Verfügbarkeit und ihres Einsatzes. Zwei im Bereich der Menschenrechte tätige NRO, die sich an der Überprüfung beteiligt haben, sind der Ansicht, dass diese nicht ausreichend von der Verordnung abgedeckt werden, da eine gewisse Inkonsistenz mit der „Gemeinsamen Militärgüterliste“ der EU besteht 42 . Bei der Ausarbeitung (und Überarbeitung) der Verordnung wurden Güter, die bereits durch andere EU-Instrumente abgedeckt sind, ausdrücklich vom Anwendungsbereich der Verordnung ausgenommen. In der Praxis führte dieser Ausschluss zu einer Situation, in der die Verordnung die Kontrolle einiger Mittel zur Bekämpfung von Ausschreitungen abdeckt, wie Pfefferspray und OC (Oleoresin Capsicum), aber nicht diejenigen, die in der Gemeinsamen Militärgüterliste aufgeführt sind. Die NRO, die sich mit Menschenrechten befassen und an der Überprüfung beteiligt waren, weisen darauf hin, dass diese derzeit nicht unter die Verordnung fallenden Reizstoffe häufig eingesetzt werden, um Folter und andere Misshandlungen oder interne Repression zu erleichtern oder durchzuführen.

    Was die in Anhang IV aufgeführten Güter angeht, sind in der Verordnung bestimmte Chemikalien/Arzneimittel aufgelistet, die dazu bestimmt sind, das Leben und die Gesundheit von Patienten zu retten und zu verbessern, die aber zur Verwendung als tödliche Injektion verwendet werden könnten. Nach Angaben einer Organisation, die sich für die Verhinderung des Missbrauchs von Arzneimitteln in tödliche Injektionen einsetzt, deckt die Verordnung zwei der 14 Arzneimittel ab, die derzeit in den Protokollen für tödliche Injektionen auf staatlicher und bundesstaatlicher Ebene in den USA aufgeführt sind. Im Gegensatz zu den in den Anhängen II und III aufgeführten Gütern erfüllen diese Arten von Chemikalien und Arzneimitteln eine wesentliche lebensrettende Funktion, weshalb Maßnahmen, die ihren Handel einschränken könnten, sorgfältig geprüft werden müssen, um zu verhindern, dass dieser Handel mit legitimen lebensrettenden medizinischen Hilfsmitteln negativ beeinflusst wird. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang das Selbstregulierungssystem mehrerer EU-Unternehmen, die freiwillig verschiedene Vertriebsprotokolle anwenden, was von verschiedenen Interessengruppen als Verhinderung eines unangemessenen Gebrauchs von aus der EU exportierten Arzneimitteln angesehen wird.

    Bei der Bewertung der Relevanz der unter die Verordnung fallenden Waren und Dienstleistungen könnte auch die Einführung einer gezielten Endverwendungs- oder Generalklausel in die Verordnung in Erwägung gezogen werden. An der Überprüfung beteiligte im Bereich der Menschenrechte tätige NRO und eine Behörde eines Mitgliedstaates haben sich für die Einführung einer solchen Klausel ausgesprochen. Konkret würde eine solche Klausel einzelnen EU-Mitgliedstaaten die Möglichkeit geben, eine spezifische Verbringung eines bestimmten Gutes, das nicht ausdrücklich in den Anhängen II oder III der Verordnung aufgeführt ist, zu stoppen. Es müsste festgestellt werden, dass ein solches Gut eindeutig keinen anderen praktischen Nutzen hat als die Todesstrafe, Folter und andere Misshandlungen. Die Klausel könnte auch Fälle abdecken, in denen es Beweise dafür gibt, dass die potenzielle Verbringung des nicht im Anhang aufgeführten Gutes zu seiner Verwendung für solche Zwecke führen würde.

    In Bezug auf die in den Anwendungsbereich der Verordnung fallenden Dienstleistungen, d. h. Vermittlungsdienste, technische Hilfe, Aus- und Weiterbildung und Werbung im Zusammenhang mit den unter die Verordnung fallenden Waren, hat die Bewertung keine Hinweise darauf ergeben, dass eine diesbezügliche Änderung erforderlich wäre. Zu beachten ist jedoch, dass die Bereitstellung von technischer Hilfe, einschließlich Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen, nur dann verboten wird oder der Kontrolle unterliegt, wenn sie sich direkt auf die unter die Verordnung fallende Ausrüstung bezieht (Anhang II oder Anhang III).

    4.2.3 Relevanz der Einbeziehung des Intra-EU-Handels

    Während der Konsultationen zur Durchführung der Verordnung gab es Vorschläge, den Anwendungsbereich der Verordnung auf den Intra-EU-Handel mit in Anhang II und Anhang III aufgeführten Gütern sowie auf die Einfuhr von in Anhang III aufgeführten Gütern in die EU auszudehnen. Die Verordnung reagiert ursprünglich auf die Überlegung, dass es angebracht ist, „in Bezug auf den Handel mit Drittländern mit Gütern, die zur Vollstreckung der Todesstrafe, und Gütern, die zum Zwecke der Folter und anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe verwendet werden könnten, Gemeinschaftsregeln aufzustellen.“ Diese Betonung der Beziehungen zu Drittländern wurde in der Präambel klar festgelegt, in der es heißt: „Zweck der in dieser Verordnung vorgesehenen Maßnahmen ist die Verhinderung der Vollstreckung der Todesstrafe, der Folter und anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe in Drittländern“. Sie umfassen Maßnahmen zur Beschränkung des Handels mit Nicht-EU-Ländern mit Gütern, die zur Vollstreckung der Todesstrafe oder zum Zwecke der Folter und anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe verwendet werden könnten. Es wird nicht für erforderlich angesehen, für den Intra-EU-Handel entsprechende Beschränkungen einzuführen, da die Mitgliedstaaten die Todesstrafe abgeschafft haben und geeignete Maßnahmen ergriffen haben dürften, um Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe zu verbieten und zu verhindern.

    Zwei im Bereich der Menschenrechte tätige NRO, die über Expertenwissen über den Handel mit Gütern verfügen, die für Folter oder Misshandlung verwendet werden könnten, haben sich dafür ausgesprochen, den Geltungsbereich der Verordnung auf die Einfuhr in die EU oder die Intra-EU-Verbringung von Strafverfolgungsausrüstung und ähnlichen Gütern auszuweiten, die legitime Strafverfolgungs- und Vollzugszwecken haben, aber missbraucht werden können.

    Die Verordnung konzentriert sich eindeutig auf die Beschränkung des Handels mit Drittländern. Daher scheint die Regelung der Einfuhr von Strafverfolgungsausrüstung in die EU und ihrer Intra-EU-Verbringung zur Bekämpfung mutmaßlicher Fälle von Folter und anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe innerhalb der EU durch die Verordnung nicht mit den erklärten Zielen der Verordnung vereinbar zu sein. Andere Instrumente und Mittel im Zusammenhang mit dem Schutz der Menschenrechte, die der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten derzeit zur Verfügung stehen, können in dieser Hinsicht als geeigneter betrachtet werden.

    4.3Effizienz

    4.3.1 Genehmigungen und Ablehnungen

    Ausgehend von den Daten in diesem Bericht und dem vorherigen Bericht der Kommission über die Ausfuhrgenehmigungen in den Jahren 2017 und 2018 43 (siehe Abschnitt 3.5) ist festzustellen, dass eine beträchtliche Anzahl von Mitgliedstaaten (15) über den Dreijahreszeitraum keine Genehmigungen gemeldet hat. Darüber hinaus melden einige Mitgliedstaaten deutlich mehr Genehmigungen als andere.

    Die vorgelegten Daten zeigen auch eine begrenzte Anzahl von Ablehnungen von Genehmigungen für Güter (13 von 4 Mitgliedstaaten im Dreijahreszeitraum), wobei für die unter die Verordnung fallenden Dienstleistungen keine Genehmigungen (oder Ablehnungen) erteilt wurden. Für die Durchführung sind die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten zuständig. Zu Fragen wie den nationalen Risikobewertungsverfahren und der Überwachung der Endverwendung der ausgeführten Güter und Dienstleistungen liegen derzeit nur begrenzte Informationen vor.

    Aus den oben dargestellten Informationen ergibt sich ein Bedarf an Leitlinien der Europäischen Union oder an bewährten Verfahren zur Durchführung der Verordnung (z. B. im Hinblick auf die Definition der erfassten Güter, Risikobewertungen, Ablehnungen, Meldungen usw.) sowie an mehr Informationen seitens der zuständigen Behörden über die praktische Anwendung der Verordnung.

    4.3.2 Berichterstattung

    Wie in Abschnitt 3.3 erwähnt, sind in Artikel 26 Absatz 3 der Verordnung die Berichtspflichten der zuständigen Behörden festgelegt. Fünf Mitgliedstaaten bestätigten, dass sie jährliche Tätigkeitsberichte im Einklang mit Artikel 26 Absatz 3 der Verordnung veröffentlichen. Es sei darauf hingewiesen, dass diese Berichte gemäß Artikel 26 Absatz 3 der Verordnung keine Informationen enthalten, „deren Weitergabe ein Mitgliedstaat als unvereinbar mit seinen wesentlichen Sicherheitsinteressen ansieht“.

    Der in diesen Jahresberichten enthaltene Grad der Detailgenauigkeit ermöglicht unter Umständen nicht immer eine genaue Bewertung der Durchführung der Verordnung auf nationaler Ebene. Nur wenige Mitgliedstaaten stellen öffentlich zugängliche Informationen über Verfahren zur Risikobewertung von Gütern oder über Folgemaßnahmen, die zur Überwachung der Endverwendung ergriffen wurden, zur Verfügung, noch melden sie das Volumen und den Wert der betreffenden Güter oder geben an, ob bei Verstößen gegen die Verordnung Sanktionen verhängt wurden. Auch über den Notifizierungs- und Konsultationsmechanismus nach Artikel 23 sind nur begrenzte Informationen verfügbar.

    Artikel 26 Absatz 4 verpflichtet die Kommission, einen jährlichen Tätigkeitsbericht zu erstellen. Ein Bericht wurde im Oktober 2019 für die Ausfuhrgenehmigungen der Mitgliedstaaten in den Jahren 2017 und 2018 veröffentlicht, während ein weiterer Bericht über 2019 im Jahr 2020 angenommen wird. Im Berichtsformular für 2019 werden Daten zu einem breiteren Themenspektrum angefordert. Weitere einschlägige Informationen, die sinnvollerweise in die jährliche Gesamtberichterstattung aufgenommen werden könnten, umfassen Informationen über festgestellte Verstöße und die verhängten Strafen. Um mehr Transparenz zu gewährleisten, könnten auch weitere Aspekte wie der Wert und das Volumen der Ausfuhren einbezogen werden.

    4.4Wirksamkeit

    Die Verordnung hat das spezifische Ziel erreicht, den EU-Handel mit Drittländern mit Gütern, die zur Vollstreckung der Todesstrafe oder zu Folter und anderer grausamer, erniedrigender oder unmenschlicher Behandlung oder Strafe verwendet werden könnten, wirksamer zu kontrollieren. Der Behörde eines Mitgliedstaates zufolge hat die Verordnung das Abfangen relevanter Güter erleichtert, während Gewerbetreibende von dem Versuch abgehalten wurden, verbotene Güter zu exportieren (was durch den begrenzten Umfang dieses Handels insgesamt belegt wird).

    Mehr Informationen über die Verhängung von Sanktionen durch die EU-Mitgliedstaaten gemäß Artikel 33 der Verordnung wären jedoch von Interesse, um besser beurteilen zu können, inwieweit Verstöße gegen die Verordnung festgestellt und geahndet werden. Die Kommission verfügt zwar über ein nahezu vollständiges Bild der in den EU-Mitgliedstaaten geltenden nationalen Rechtsvorschriften betreffend Sanktionen bei Verstößen, doch liegen ihr keine ausreichenden Informationen darüber vor, ob die Behörden diese Sanktionen in konkreten Fällen von Verstößen angewendet haben.

    Inwieweit das umfassendere Ziel, zur Verhinderung der Todesstrafe und von Folter und anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe in Drittländern beizutragen, erreicht wurde, ist schwieriger zu beurteilen, da viele andere Faktoren eine Rolle spielen. Die Beschränkung des Handels mit diesen Gütern und Dienstleistungen ist nur ein Element im Kampf gegen Folter. Darüber hinaus sind zum Zwecke der Folter oder anderer Misshandlungen nicht unbedingt hochentwickelte Instrumente erforderlich; oft werden die einfachsten und am leichtesten verfügbaren Instrumente, z. B. Schlagstöcke, Knüppel oder Standard-Handschellen, und übermäßige körperliche Gewalt eingesetzt.

    4.5Kohärenz und Komplementarität

    Um die Komplementarität zu gewährleisten, nimmt die Verordnung ausdrücklich Bezug auf andere verwandte EU-Instrumente oder -Rahmenregelungen und schließt die von ihnen erfassten Güter ausdrücklich vom Anwendungsbereich der Verordnung aus. Die Verordnung bezieht sich auf Güter, die in keinem anderen Rechtsinstrument aufgeführt sind, und ist in dieser Hinsicht komplementär zu anderen europäischen Regelungsrahmen. Die Verordnung vermeidet es, auf Güter abzustellen, die im Zusammenhang mit anderen Verordnungen stehen und für die bereits ein Zulassungssystem besteht, d. h.:

    I.Feuerwaffen, die den Kontrollen gemäß der Verordnung (EU) Nr. 258/2012 unterliegen

    II.Güter mit doppeltem Verwendungszweck, die den Kontrollen gemäß der Verordnung (EG) Nr. 428/2009 unterliegen

    III.Güter, die gemäß dem Gemeinsamen Standpunkt 2008/944/GASP und der dazugehörigen Gemeinsamen Militärgüterliste kontrolliert werden 44 .

    Obwohl dieser Ansatz zur Gewährleistung der Komplementarität zwischen den Ausfuhrkontrollinstrumenten weitgehend erfolgreich war, sind einige Inkonsistenzen aufgetreten. Wie bereits erwähnt, ist dies bei den Reizstoffen der Fall. Einige, wie z. B. Pfefferspray und Oleoresin Capsicum (OC), sind in der Verordnung enthalten, während andere, wie z. B. gewöhnliche Tränengase (CS-Gas, CR-Gas und CN-Gas), die in der Gemeinsamen Militärliste aufgeführt sind, nicht enthalten sind, obwohl sie häufig zur Erleichterung oder Durchführung von Folter und anderen Misshandlungen eingesetzt werden. Es wäre angebracht zu untersuchen, wie am besten sichergestellt werden kann, dass beide Instrumente konsistenter sind, dass die Genehmigungsverfahren einheitlich sind und dass Ablehnungsmitteilungen unter beiden Kontrollregelungen übermittelt werden.

    In ähnlicher Weise hat die EU zwar Waffenembargos eingeführt, um ausdrücklich auf Fälle „interner Repression“ zu reagieren, und zu diesem Zweck eine Liste der zur „internen Repression“ verwendeten Ausrüstungen erstellt, doch enthält diese Liste keine Gegenstände, die unter die Verordnung fallen. Die Möglichkeit, bestimmte von der Verordnung kontrollierte Güter des Anhangs III ausdrücklich in den Geltungsbereich von Embargos einzubeziehen, die sich spezifisch auf Bedenken im Zusammenhang mit „interner Repression“ beziehen, könnte geprüft werden.

    Im Hinblick auf ihr umfassenderes EU-Menschenrechtsziel steht die Verordnung weitgehend im Einklang mit anderen einschlägigen EU-Instrumenten und -Initiativen und ergänzt diese. Es besteht jedoch Raum für größere Synergien zwischen der Menschenrechtsüberwachungsarbeit in Drittländern einerseits und der Kontrolle der Endverwendung der im Rahmen der Verordnung ausgeführten Güter und Dienstleistungen andererseits.

    Es besteht ein hohes Maß an Kohärenz und Komplementarität mit Initiativen auf globaler und regionaler Ebene (Allianz zur Beendigung des Handels mit Folterwerkzeugen, Europarat). In den letzten drei Jahren stand die Europäische Union (sowohl auf technischer als auch auf diplomatischer Ebene) an vorderster Front bei Initiativen zur Sensibilisierung der internationalen Regierungen für den Handel mit Ausrüstungen, die für Folter, Misshandlung und die Vollstreckung der Todesstrafe verwendet werden. Die EU hat aktiv dazu beigetragen, internationale Maßnahmen zur Bekämpfung dieses Handels zu entwickeln, insbesondere durch ihre Unterstützung bei der Einrichtung der Allianz zur Beendigung des Handels mit Folterwerkzeugen. Die Arbeit führte zur Resolution „Towards torture-free trade: examining the feasibility, scope and parameters for possible common international standards“ (Auf dem Weg zu einem folterfreien Handel: Prüfung der Durchführbarkeit, des Anwendungsbereichs und der Parameter möglicher gemeinsamer internationaler Standards), verabschiedet von der VN-Generalversammlung am 28. Juni 2019.

    Auf regionaler Ebene hat die Verordnung die Entwicklung potenzieller regionaler Handelskontrollmaßnahmen des Europarates in diesem Bereich angeregt.

    4.6Europäischer Mehrwert:

    Bei der Bewertung des EU-Mehrwerts wird geprüft, ob es aufgrund des Einsatzes der EU zu Änderungen kam, die über das hinausgehen, was vernünftigerweise von nationalen Maßnahmen der Mitgliedstaaten zu erwarten gewesen wäre.

    Der Handel ist gemäß Artikel 207 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union ein Bereich der ausschließlichen Zuständigkeit der Union. Der EU-Mehrwert der Verordnung liegt auf der Hand, da die Verordnung in einen Bereich fällt, in dem die EU ausschließliche Zuständigkeit hat, und die Ziele der Verordnung daher am besten auf Unionsebene erreicht werden können.

    Obwohl die Verordnung den Mitgliedstaaten erlaubt, zusätzliche Maßnahmen zu ergreifen, können die in der Verordnung vorgesehenen Maßnahmen im Großen und Ganzen als angemessen betrachtet werden. Fünf Mitgliedstaaten haben zusätzliche Maßnahmen gemäß Artikel 10 und 14 der Verordnung ergriffen oder beibehalten.

    4.7Anti-Folter-Koordinierungsgruppe

    Die Rechtsgrundlage dieser Koordinierungsgruppe ist in der Verordnung selbst enthalten. Unter dem Vorsitz der Kommission ist ihre Zusammensetzung auf einen von jedem Mitgliedstaat ernannten Vertreter beschränkt. Die Koordinierungsgruppe hat einen spezifischen, aber begrenzten Aufgabenbereich: Sie kann Fragen zur Anwendung der Verordnung prüfen, einschließlich des Informationsaustauschs über Verwaltungspraktiken. Die Koordinierungsgruppe kann sich auf Ad-hoc-Basis mit Ausführern, Vermittlern, Anbietern von technischer Hilfe und anderen von der Verordnung betroffenen relevanten Interessengruppen beraten. Gemäß Erwägungsgrund 48 der Verordnung kommt der Koordinierungsgruppe eine besondere Rolle bei der Vorbereitung delegierter Rechtsakte zu, da die Mitgliedstaaten über die Koordinierungsgruppe formell zu Entwürfen delegierter Rechtsakte konsultiert werden, die von der Kommission gemäß den in der Interinstitutionellen Vereinbarung über bessere Rechtsetzung festgelegten Grundsätzen vorgelegt werden.

    Angesichts der Ergebnisse dieses Berichts und im Einklang mit ihrem Mandat könnte die Koordinierungsgruppe beispielsweise eingehendere Diskussionen über Fragen wie mögliche Verstöße gegen die Verordnung oder potenziell besorgniserregende Fälle führen. Die Analyse der Durchführung von Artikel 23 durch die Mitgliedstaaten (Notifizierung von Ablehnungsentscheidungen, Konsultationen mit anderen Mitgliedstaaten und Maßnahmen zur Bereitstellung von Informationen) ist ebenfalls ein wichtiges Element, das regelmäßig in die Arbeit der Koordinierungsgruppe einfließen könnte 45 .

    5.SCHLUSSFOLGERUNGEN UND AUSBLICK

    Die Verordnung wurde angenommen, um ein Instrument der Europäischen Union mit Drittländern zu schaffen, das den Handel mit Gütern und damit zusammenhängenden Dienstleistungen, die zur Vollstreckung der Todesstrafe, zu Folter und zu anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe verwendet werden könnten, regulieren soll. Sie hat maßgeblich zur Förderung der Achtung des menschlichen Lebens und der grundlegenden Menschenrechte beigetragen. 

    Die Verordnung füllt eine festgestellte Lücke in den menschenrechtsbasierten Handelskontrollen der EU. Sie leistet einen positiven Beitrag zur Erreichung ihres Hauptziels, wirksame, konkrete Maßnahmen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe zu ergreifen. Als weltweit erstes rechtsverbindliches Regulierungsinstrument in diesem Bereich diente sie auch als Beispiel für die Entwicklung ähnlicher handelspolitischer Maßnahmen durch Drittländer und internationale Organisationen.

    Die Überprüfung hat bestätigt, dass die Verordnung insgesamt zufriedenstellend durchgeführt wird und weiterhin zweckdienlich ist. Sie wird als ausreichend solide erachtet, weshalb eine vollständige Aktualisierung der Rechtsvorschriften zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht für notwendig erachtet wird. Andererseits zeigte die Überprüfung, dass nicht-legislative Maßnahmen zur Unterstützung einer wirksameren Durchführung einiger Bestimmungen der Verordnung weiter untersucht werden könnten.

    Was den Geltungsbereich der unter die Verordnung fallenden Güter anbelangt, sollte sie auf die sich verändernden technologischen und marktwirtschaftlichen Entwicklungen reagieren und Änderungen in der Art der Verwendung und des Missbrauchs von Strafverfolgungs- und Vollzugsausrüstung berücksichtigen. Inkohärenzen mit anderen verwandten EU-Instrumenten (Gemeinsamer Standpunkt 2008/944/GASP des Rates und Waffenembargos, die speziell eingeführt wurden, um Fälle von „interner Repression“ anzugehen) könnten ebenfalls weiter geprüft werden. Die Abwägung zwischen Menschenrechtserwägungen und der Notwendigkeit, den Handel mit rechtmäßigen lebensrettenden medizinischen Hilfsgütern zu schützen, sollte bei der Bewertung der (etwaigen) Möglichkeit, den Umfang der erfassten Chemikalien zu aktualisieren, ebenfalls weiterhin sorgfältig geprüft werden.

    Um die Mitgliedstaaten bei der wirksameren und kohärenteren/einheitlicheren Durchführung der Verordnung in Schlüssel- oder Problembereichen zu unterstützen, kann es notwendig sein, Anleitungen für die praktische Anwendung bestimmter Aspekte der Verordnung zu geben, wie z. B. die Definition der in den Anhängen aufgeführten Güter, Handelsmessen- und Ausstellungsprotokolle, Risikobewertung, Verweigerungen der Notifizierungen. Die Möglichkeiten einer genaueren Überwachung möglicher Verstöße gegen die Verordnung und der Endverwendung der ausgeführten Güter sollten weiter untersucht werden. Es gibt auch Raum für mehr Synergie zwischen der Menschenrechtsüberwachungsarbeit in Drittländern einerseits und den Kontrollen der Endverwendung von Gütern und Dienstleistungen, die im Rahmen der Verordnung ausgeführt werden, andererseits, die weiter untersucht werden könnte.

    Die Notwendigkeit, für mehr Transparenz und Rechenschaftspflicht (insbesondere durch die Veröffentlichung jährlicher Tätigkeitsberichte) zu sorgen, wird ebenfalls bestätigt. Darüber hinaus unterstreicht die Überprüfung die Notwendigkeit eines verstärkten Informationsaustauschs über die Art und Weise, wie die Verordnung umgesetzt wird, insbesondere in Bezug auf Risikobewertungen und die Lizenzpolitik. Zusätzliche relevante Informationen könnten sinnvollerweise in die jährliche Berichterstattung aufgenommen werden, z. B. Daten über Verstöße und Sanktionen.

    Ein systematischeres Zusammenwirken mit Nichtregierungsorganisationen, internationalen Organisationen und anderen Interessenträgern mit einschlägiger Sachkenntnis sollte gefördert werden, unter anderem durch die Vorlage von Berichten, Briefings oder anderen Informationen im Zusammenhang mit der Verordnung und ihrer Durchführung. Dies würde eine solidere Überwachung und Aufdeckung von Fällen möglicher Verstöße erleichtern und könnte als Informationsbasis für die nationalen Risikobewertungsverfahren verwendet werden.

    Um die aufgeworfenen Fragen zu untersuchen und weitere Beweise und Expertenmeinungen zu sammeln, schlägt die Kommission vor, eine Expertengruppe einzusetzen. Einer solchen Gruppe könnten unter anderem entsprechend qualifizierte Experten von einschlägigen Nichtregierungsorganisationen (namentlich solchen, die auf dem Gebiet der Menschenrechte und der Rüstungskontrolle tätig sind), internationalen Organisationen, der Wissenschaft und der Industrie angehören. Die Gruppe würde die Kommission regelmäßig bei der Suche nach Wegen unterstützen, um die Einhaltung der Verordnung zu stärken und die Verordnung und ihre Durchführung wirksamer zu gestalten. Ihre Aufgabe würde darin bestehen, ein breites Fachwissen zur Verfügung zu stellen, das die Rolle der Anti-Folter-Koordinationsgruppe ergänzt, einen wesentlichen Beitrag zu leisten, um die Diskussion über Maßnahmen und Durchführung voranzutreiben, und allen beteiligten Interessengruppen einen kontinuierlichen Dialog zu ermöglichen.

    Darüber hinaus könnten nicht-legislative Maßnahmen geprüft werden, um bestimmte unangemessene Tätigkeiten von Unionsbürgern und in der Union ansässigen Unternehmen, die im Ausland tätig sind, abzuschrecken (wie z. B. die Förderung oder Vermarktung von Waren und Dienstleistungen und die Bereitstellung von technischer Hilfe und Aus- und Fortbildungsmaßnahmen für einen unangemessenen oder missbräuchlichen Einsatz von Strafverfolgungsausrüstung). Diese Maßnahmen könnten z. B. Maßnahmen für mehr Transparenz und Bewusstseinsbildung oder zur Förderung der wirksamen Einhaltung der Leitprinzipien der Vereinten Nationen zu Wirtschaft und Menschenrechten umfassen.

    (1)

    Verordnung (EU) Nr. 2019/125 vom 16. Januar 2019 betreffend den Handel mit bestimmten Gütern, die zur Vollstreckung der Todesstrafe, zu Folter oder zu anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe verwendet werden könnten (ABl. L 30 vom 30.1.2019, S. 1).

    (2)

    Wie im Dokument des Generalsekretariats des Europäischen Rates „Umsetzung der Leitlinien der Europäischen Union betreffend Folter und andere grausame, unmenschliche und erniedrigende Behandlung oder Strafe - Standortbestimmung und neue Durchführungsmaßnahmen“, 8407/1/08 REV 1 vom 18. April 2008, zitiert.

    (3)

    VERORDNUNG (EU) Nr. 258/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. März 2012 zur Umsetzung des Artikels 10 des Protokolls der Vereinten Nationen gegen die unerlaubte Herstellung von Feuerwaffen, dazugehörigen Teilen und Komponenten und Munition und gegen den unerlaubten Handel damit, in Ergänzung des Übereinkommens der Vereinten Nationen gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität (VN-Feuerwaffenprotokoll) und zur Einführung von Ausfuhrgenehmigungen für Feuerwaffen, deren Teile, Komponenten und Munition sowie von Maßnahmen betreffend deren Einfuhr und Durchfuhr (ABl. L 94 vom 30.3.2012, S. 1).

    (4)

     Verordnung (EG) Nr. 428/2009 des Rates vom 5. Mai 2009 über eine Gemeinschaftsregelung für die Kontrolle der Ausfuhr, der Verbringung, der Vermittlung und der Durchfuhr von Gütern mit doppeltem Verwendungszweck (ABl. L 134 vom 29.5.2009, S. 1).

    (5)

    Gemeinsamer Standpunkt 2008/944/GASP des Rates betreffend gemeinsame Regeln für die Kontrolle der Ausfuhr von Militärtechnologie und Militärgütern (GASP) (2020/C 85/01) (ABl. C 85-1 vom 13.3.2020).

    (6)

    Eine „allgemeine Ausfuhrgenehmigung der Union“ ist eine Ausfuhrgenehmigung, die für Chemikalien gilt, die zur Hinrichtung durch tödliche Injektion verwendet werden könnten (Anhang IV der Verordnung). Diese wird verwendet, wenn die Güter/Chemikalien in Länder ausgeführt werden, die die Todesstrafe vollständig abgeschafft und diese Abschaffung durch eine internationale Verpflichtung bekräftigt haben. In Bezug auf die Länder, die nicht Mitglied des Europarats sind, enthält diese Liste jene Länder, die nicht nur die Todesstrafe vollständig abgeschafft, sondern auch das zweite Fakultativprotokoll zum Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte ohne Vorbehalt ratifiziert haben.

    (7)

    Resolution der Generalversammlung der VN, verabschiedet am 18. Dezember 2019, A/RES/74/143. Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe.

    (8)

    ABl. C 202 vom 7.6.2016, S. 389.

    (9)

    A/RES/73/304, verabschiedet von der Generalversammlung am 28. Juni 2019.

    (10)

    Schlussfolgerungen des Rates zu den Leitlinien für die Politik der Europäischen Union gegenüber Drittländern betreffend Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe - Überarbeitung der Leitlinien (2019), angenommen bei der 3712. Tagung am 16. September 2019.

    (11)

    ABl. L 200 vom 30.7.2005, S. 1.

    (12)

    Verordnung (EU) 2016/2134 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. November 2016 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1236/2005 des Rates betreffend den Handel mit bestimmten Gütern, die zur Vollstreckung der Todesstrafe, zu Folter oder zu anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe verwendet werden könnten (ABl.  L 338 vom 13.12.2016, S. 1).

    (13)

    ABl. L 30 vom 31.1.2019, S. 1.

    (14)

    ABl. L 40 vom 13.2.2018, S. 1.

    (15)

    ABl. 144 vom 7.5.2020, S. 1.

    (16)

     Dieser Bericht deckt die Jahre 2017, 2018 und 2019 ab, d. h. die Jahre vor dem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union am 31. Januar 2020.

    (17)

    Das flämische Waffenhandelsgesetz vom 15. Juni 2012 verbietet die Einfuhr aller tragbaren Elektroschock-Geräte, die Personen wehrlos machen oder Schmerzen zufügen können, mit Ausnahme von medizinischen oder veterinärmedizinischen Geräten (Ausnahmen gelten für den offiziellen Gebrauch). Was die Wallonische Region anbelangt, sind gemäß dem Waffenhandelserlass vom 21. Juni 2012 die Ein-, Aus- und Durchfuhr aller Arten von tragbaren Elektroschock-Geräten, mit Ausnahme von medizinischen oder veterinärmedizinischen Geräten, die Personen wehrlos machen oder ihnen Schmerzen zufügen können, verboten.

    (18)

    Griechenland behält nationale Zusatzmaßnahmen für zwei in Anhang II der Verordnung aufgeführte Güter bei, nämlich Elektroschock-Geräte und Handschellen (siehe Gesetz 2168/1993 in der geänderten Fassung). 

    (19)

    Die Aus- und Einfuhr von Fußeisen und Mehr-Personen-Fesseln ist gemäß Artikel 36 Absatz 1 des geänderten Gesetzes vom 27. Juni 2018 zur Ausfuhrkontrolle verboten. Die Aus- und Einfuhr von tragbaren Elektroschock-Geräten ist verboten, es sei denn, diese begleiten den Benutzer zum Zwecke des persönlichen Schutzes gemäß Artikel 36 Absatz 1 des geänderten Gesetzes vom 27. Juni 2018 zur Ausfuhrkontrolle. Darüber hinaus ist eine Genehmigung für die Ausfuhr von Handschellen erforderlich, deren Gesamtabmessung einschließlich Ketten, gemessen von der Außenkante einer Handschelle bis zur Außenkante der anderen Handschelle, 240 mm überschreitet (Artikel 36 Absatz 2 des geänderten Gesetzes vom 27. Juni 2018 zur Ausfuhrkontrolle).

    (20)

    Gemäß dem Königlichen Erlass 679/2014 vom 1. August 2014 zur Einführung der Kontrolle des Außenhandels mit Verteidigungsmaterial, anderem Material und Gütern und Technologien mit doppeltem Verwendungszweck kontrolliert Spanien die Ausfuhr von Standard-Handschellen, wobei potenzielle Ausführer eine Genehmigung für die Ausfuhr dieser Beschränkungen einholen müssen.

    (21)

    Artikel 9 der Ausfuhrkontrollverordnung 2008 (Export Control Order 2008) sieht eine Genehmigung für die in Artikel 14 Absatz 1 vorgesehenen Güter vor.

    (22)

    COM (2019) 445 vom 1.10.2019.

    (23)  Verordnung (EU) 2016/2134 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. November 2016 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1236/2005 des Rates betreffend den Handel mit bestimmten Gütern, die zur Vollstreckung der Todesstrafe, zu Folter oder zu anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe verwendet werden könnten (ABl. L 338 vom 13.12.2016, S. 1).
    (24)

    ABl. L 123 vom 12.5.2016, S. 1.

    (25)

    COM (2019) 449 final vom 7.10.2019.

    (26)

    Tschechien: https://www.mpo.cz/cz/zahranicni-obchod/licencni-sprava/mucici-nastroje/zprava-ministerstva-prumyslu-a-obchodu-o-plneni-narizeni-rady-es-c--1236-2005-za-rok-2018--54368/

    (27)

    Dänemark: https://eksportkontrol.erhvervsstyrelsen.dk/produkter  

    (28)

    Deutschland:

    https://www.bafa.de/DE/Aussenwirtschaft/Ausfuhrkontrolle/Antragsarten/Anti_Folter_Verordnung/anti_folter_node.html

    (29)

    Rumänien: http://www.imm.gov.ro/adaugare_fisiere_imm/2019/10/Rapoarte-anuale-comert-tortura-2017-2018.pdf

    (30)

    Nach Artikel 127 Absatz 6 des Abkommens über den Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft (ABl. L 29 vom 31.1.2020, S. 7) ist während des in Artikel 126 dieses Abkommens vorgesehenen Übergangszeitraums jeder Verweis auf die Mitgliedstaaten in den einschlägigen Rechtsvorschriften der Union so zu verstehen, dass dieser das Vereinigte Königreich einschließt.

    (31)

    Vereinigtes Königreich: https://www.gov.uk/government/collections/strategic-export-controls-licensing-data

    (32)

    Bericht über Ausfuhrgenehmigungen gemäß der Verordnung betreffend den Handel mit bestimmten Gütern, die zur Vollstreckung der Todesstrafe, zu Folter oder zu anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe verwendet werden könnten, in den Jahren 2017 und 2018 - COM/2019/445 final.

    (33)

    Siehe Artikel 26 Absatz 4 der Verordnung.

    (34)

    Diese Informationen der Mitgliedstaaten bezüglich der Anzahl der erteilten Genehmigungen erstrecken sich nicht auf Ausfuhren, die Gegenstand einer allgemeinen Ausfuhrgenehmigung der Union (Anhang V der Verordnung) sind.

    (35)

    Zum Zeitpunkt der Fertigstellung dieses Berichts hatten drei EU-Mitgliedstaaten der Kommission die Handelsdaten für 2019 noch nicht vorgelegt.

    (36)

    Siehe Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe b des VN-Übereinkommens von 1984 gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe ([abgeschlossen am 10. Dezember 1984 und in Kraft getreten am 26. Juni 1987] 1465 UNTS 112; „CAT“) .

    (37)

    Siehe die Genfer Konventionen I–IV (1949 ).

    (38)

    Die „Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte: Umsetzung des Rahmens der Vereinten Nationen ‚Schutz, Achtung und Abhilfe“ wurden vom VN-Sonderbeauftragten des Generalsekretärs zum Thema Menschenrechte und transnationale Konzerne sowie andere Wirtschaftsunternehmen entwickelt. Der Menschenrechtsrat hat die Leitprinzipien in seiner Resolution 17/4 vom 16. Juni 2011 verabschiedet.

    (39)

    Siehe https://ec.europa.eu/info/law/law-making-process/planning-and-proposing-law/better-regulation-why-and-how/better-regulation-guidelines-and-toolbox_de.

    (40) Elf Mitgliedstaaten gaben Rückmeldungen, während 15 Befragte an der öffentlichen Umfrage teilnahmen, davon acht als Vertreter von Behörden, vier von NRO, zwei aus der Privatwirtschaft und einer aus dem akademischen Bereich. Die Kommission erhielt auch Beiträge außerhalb der öffentlichen Umfrage.
    (41)

    Resolution A/73/L.94: „Towards torture-free trade: examining the feasibility, scope and parameters for possible common international standards“ (Auf dem Weg zu einem folterfreien Handel: Prüfung der Durchführbarkeit, des Anwendungsbereichs und der Parameter möglicher gemeinsamer internationaler Standards), angenommen von der VN-Generalversammlung am 28. Juni 2019.

    (42)

    Gemeinsame Militärgüterliste der Europäischen Union, vom Rat am 17. Februar 2020 angenommen (vom Gemeinsamen Standpunkt 2008/944/GASP des Rates betreffend gemeinsame Regeln für die Kontrolle der Ausfuhr von Militärtechnologie und Militärgütern erfasste Ausrüstung) (GASP) (2020/C 85/01), ABl. C 85-1 vom 13.3.2020.

    (43)

     COM/2019/445 final.

    (44)

    Siehe Gemeinsame Militärgüterliste der Europäischen Union, angenommen vom Rat am 17. Februar 2020 (vom Gemeinsamen Standpunkt 2008/944/GASP des Rates betreffend gemeinsame Regeln für die Kontrolle der Ausfuhr von Militärtechnologie und Militärgütern erfasste Ausrüstung) (GASP) (2020/C 85/01), ABl. C 85-1 vom 13.3.2020.

    (45)

    Gemäß Artikel 23 unterrichtet ein Mitgliedstaat die anderen Mitgliedstaaten und die Kommission bei Ablehnung oder Ungültigerklärung eines Genehmigungsantrags für die Ausfuhr oder Durchfuhr von Gütern oder die Erbringung technischer Hilfe oder von Vermittlungstätigkeiten. Ferner müssen die Mitgliedstaaten die betroffenen Mitgliedstaaten informieren und konsultieren, wenn sie erwägen, einen Antrag zu genehmigen, der „im Wesentlichen identisch mit einer Transaktion ist“, im Hinblick auf welche in einem anderen Mitgliedstaat die Genehmigung abgelehnt oder für ungültig erklärt wurde. Schließlich wird durch Artikel 23 vorgeschrieben, dass jeder Mitgliedstaat, der eine Genehmigung für solche „im Wesentlichen identischen“ Transaktionen erteilt, die Kommission und alle Mitgliedstaaten über seine Entscheidung und die Gründe dafür zu informieren hat.

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