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Document 52019DC0481

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN EUROPÄISCHEN RAT UND DEN RAT Fortschrittsbericht über die Umsetzung der Europäischen Migrationsagenda

COM/2019/481 final

Brüssel, den 16.10.2019

COM(2019) 481 final

MITTEILUNG DER KOMMISSION

Fortschrittsbericht über die Umsetzung der Europäischen Migrationsagenda


1.EINLEITUNG

Vor vier Jahren stand die Europäische Union vor einer beispiellosen Herausforderung, als innerhalb von zwei Jahren rund 2 Millionen Menschen, die oft unter Lebensgefahr vor Krieg, politischer Unterdrückung und wirtschaftlicher Not aus der Heimat geflohen waren, auf der Suche nach Schutz oder einer besseren Zukunft die europäischen Küsten erreichten. In Anbetracht der menschlichen Tragödie, die sich auf dem Mittelmeer abspielte, ergriff die EU rasch und entschlossen Maßnahmen, um weitere Verluste von Menschenleben zu verhindern. Allerdings verfügte die EU zum damaligen Zeitpunkt noch nicht über eine gemeinsame Strategie für die Migrationssteuerung und die Grenzsicherung.

Es wurde rasch deutlich, dass die Mitgliedstaaten dieser Aufgabe allein nicht gewachsen waren und sie nur im Rahmen gemeinsamer europäischer Lösungen wirksam angegangen werden konnte. Die Europäische Kommission legte daraufhin im Mai 2015 eine umfassende Europäische Migrationsagenda vor, mit der zum einen die dringendsten Herausforderungen bewältigt und zum anderen der EU Instrumente für eine bessere mittel- und langfristige Steuerung der Migration in den Bereichen irreguläre Migration, Grenzen, Asyl und legale Zuwanderung an die Hand gegeben werden sollten. Die Europäische Migrationsagenda dient seitdem als Handlungsrahmen für die Kommission, die EU-Agenturen und die Mitgliedstaaten. In der Folge wurde eine neue Infrastruktur im Bereich Migration entwickelt, mit neuen Rechtsvorschriften, neuen Systemen für die Koordinierung und Zusammenarbeit sowie direkter operativer und finanzieller Unterstützung durch die EU. Obwohl durchaus noch Handlungsbedarf besteht, wurden in den letzten Jahren nicht zu unterschätzende Fortschritte erzielt.

Wichtigste Fortschritte im Rahmen der Europäischen Migrationsagenda

·Die Zahl der irregulären Grenzübertritte in die EU ging 2018 auf 150 000 zurück – die niedrigste Zahl der letzten fünf Jahre. Maßgeblich dafür sind innovative Konzepte für Partnerschaften mit Drittländern, wie die Erklärung EU-Türkei vom März 2016.

·Durch Maßnahmen der EU konnten Leben gerettet werden: Seit 2015 wurden fast 760 000 Migranten auf See und mehr als 23 000 in der nigrischen Wüste gerettet.

·Die EU hat konkrete und rasche Unterstützung für die am stärksten belasteten Mitgliedstaaten geleistet.

   - Zur operativen Unterstützung wurden Hotspots eingerichtet, um an den am stärksten betroffenen Orten rasch und effizient Hilfe zu leisten. Mittlerweile gibt es fünf dieser Hotspots in Griechenland und vier in Italien.

   - Seit Beginn der Krise wurden die EU-intern bereitgestellten Mittel für Migration und Grenzen auf über 10 Mrd. EUR verdoppelt.

   - 34 700 Personen wurden im Rahmen spezieller Regelungen von Italien und Griechenland aus innerhalb der EU umgesiedelt. Zudem wurden seit Sommer 2018 auch 1103 Personen im Rahmen von Umverteilungen auf freiwilliger Basis umgesiedelt – eine von der Kommission seit Januar 2019 koordinierte Maßnahme.

·Die neue Europäische Agentur für die Grenz- und Küstenwache hat die Mitgliedstaaten beim Schutz der EU-Außengrenzen unterstützt, wobei ihre Kapazitäten nun in einer zweiten Phase der Reform mit einer ständigen Reserve von 10 000 operativen Mitarbeitern ausgebaut werden.

·Die EU hat die Neuansiedlungsanstrengungen, die Menschen, die internationalen Schutz benötigen, einen sicheren und legalen Weg in die EU bieten, verstärkt, so dass seit 2015 beinahe 63 000 Menschen neu angesiedelt wurden.

·Die EU hat für Millionen von Flüchtlingen in Drittländern Schutz und Unterstützung bereitgestellt:

   - Im Rahmen der Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei werden derzeit vor Ort 90 Projekte durchgeführt, die täglich beinahe 1,7 Millionen Flüchtlinge unterstützen und den Bau neuer Schulen und Krankenhäuser fördern.

   - Der Regionale Treuhandfonds der EU als Reaktion auf die Syrien-Krise fördert im Rahmen von über 75 Projekten die Gesundheitsversorgung, Bildung, Existenzsicherung und sozioökonomische Unterstützung von syrischen Flüchtlingen, Binnenvertriebenen und Aufnahmegemeinschaften in der gesamten Region.

   - Die Maßnahmen, die als Reaktion auf die katastrophalen Bedingungen in Libyen ergriffen wurden, umfassen die Evakuierung von mehr als 4000 Personen sowie die Unterstützung der freiwilligen Rückkehr von mehr als 49 000 Personen seit 2017. Die Task Force Afrikanische Union - Europäische Union - Vereinte Nationen stellt in diesem Zusammenhang ein innovatives Partnerschaftsmodell dar.

   - 210 Projekte in 26 Ländern, die im Rahmen des EU-Treuhandfonds für Afrika gefördert werden, haben konkrete Ergebnisse, u. a. durch die Bereitstellung grundlegender Unterstützung für über 5 Millionen Schutzbedürftige, erbracht.

·Anstrengungen zur Zerschlagung von Schleusernetzen auf allen Routen, einschließlich Maßnahmen in Niger, haben zu einem erheblichen Rückgang der Zahl der Migranten, die aus dem Süden nach Libyen gelangen, geführt.

·- Bislang wurden mit 23 Herkunfts- und Transitländern förmliche Rückübernahmeabkommen oder praktische Vereinbarungen über die Rückführung und Rückübernahme geschlossen, für die von der EU als Anreiz für wirksame Rückführungsmaßnahmen zusätzliche Unterstützung bereitgestellt wird.

Dennoch sind weitere Bemühungen vonnöten. Die EU verfügt über wirksamere Systeme für die Kontrolle ihrer Grenzen und kann den besonders unter Druck geratenen Mitgliedstaaten jetzt rasch die erforderliche finanzielle und operative Unterstützung leisten. Sie hat neue Möglichkeiten eröffnet, um besonders gefährdete Menschen zu unterstützen und Schutzbedürftigen Alternativen durch organisierte, sichere und legale Wege nach Europa zu bieten. Bei der Migrationssteuerung arbeitet sie enger als je zuvor mit Partnerländern außerhalb Europas zusammen. Auf dieser Grundlage müssen die Arbeiten nun fortgesetzt werden, um ein nachhaltiges System zu schaffen, das eine effiziente und humane Migrationssteuerung gewährleistet, die den voraussichtlichen künftigen Herausforderungen gewachsen ist, nicht zuletzt durch die Schaffung des geeigneten Rahmens für ein verantwortungsvoll und gerecht verwaltetes Gemeinsames Europäisches Asylsystem. Dazu sind weitere Anstrengungen in allen Bereichen erforderlich, und die Migration wird auch in den kommenden Jahren weiterhin ganz oben auf der politischen Tagesordnung stehen.

Der vorliegende Bericht wird den Beratungen auf der Tagung des Europäischen Rates im Oktober 2019 als Grundlage dienen. Er befasst sich mit den zentralen Elementen der Reaktion der EU seit 2015, wobei der Schwerpunkt auf den von der EU seit dem letzten Fortschrittsbericht vom März 2019 1 ergriffenen Maßnahmen liegt. In dem genannten Bericht wurden insbesondere eine Reihe wichtiger Sofortmaßnahmen, die auf den Mittelmeerrouten zu treffen sind, dargelegt, sowie die Fortschritte bei den laufenden Arbeiten zur Konsolidierung des EU-Instrumentariums in den Bereichen Migration, Grenzen und Asyl.

2.DIE SITUATION ENTLANG DER WICHTIGSTEN MIGRATIONSROUTEN

Insgesamt befindet sich die Migrationslage auf allen Routen wieder auf dem Vorkrisenniveau – so wurden im September 2019 etwa 90 % weniger Ankünfte verzeichnet als im September 2015. Dennoch ist die Lage weiterhin instabil. In den ersten acht Monaten des Jahres 2019 wurden an den Außengrenzen der EU rund 70 800 irreguläre Grenzübertritte festgestellt. Darüber hinaus haben bis zum 7. Oktober 2019 fast 1100 Migranten bei der Mittelmeerüberquerung ihr Leben verloren oder gelten als vermisst.

Irreguläre Grenzübertritte auf den drei Hauptrouten

Der Druck auf die nationalen Asylsysteme hat sich auf einem Durchschnittsniveau von rund 54 000 Asylanträgen pro Monat im Jahr 2019 in der EU+ stabilisiert und liegt damit zwar deutlich unter den Spitzenjahren (im Zeitraum 2015-2016 wurden monatlich mehr als 100 000 Anträge gestellt), aber immer noch höher als vor der Krise. 2

Östliche Mittelmeerroute

In jüngster Zeit hat sich die Zahl der Neuankömmlinge auf den griechischen Inseln deutlich erhöht. Von Anfang des Jahres bis zum 6. Oktober 2019 wurden in Griechenland mehr als 47 500 Neuankömmlinge (auf dem Seeweg und auf dem Landweg) verzeichnet, was einen Anstieg um 29 % gegenüber dem entsprechenden Vorjahreszeitraum bedeutet. Der Hauptteil dieser Neuankömmlinge ist auf den Ägäischen Inseln gelandet, wo seit Juni wieder deutlich mehr Menschen ankommen. Die Zahl der Personen, die auf dem Landweg ins Land kommen, ist 2019 gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 27 % zurückgegangen. In den Monaten Juli, August und September 2019 stieg die Zahl der monatlichen Neuankömmlinge auf das höchste Niveau seit Inkrafttreten der Erklärung EU-Türkei. Dies hatte eine weitere Zuspitzung der Lage auf den Ägäischen Inseln zur Folge, wo die Bedingungen immer schwieriger werden und mit Stand vom 6. Oktober noch immer mehr als 31 000 Menschen in den eigentlich für maximal 8000 Menschen konzipierten Hotspots leben – obwohl in diesem Jahr bereits mehr als 20 000 Menschen auf das Festland gebracht wurden. Im Gegensatz dazu ist die Zahl der Rückführungen in die Türkei im Rahmen der Erklärung EU-Türkei auf den niedrigsten Stand seit 2016 gesunken. Auf den Ägäischen Inseln machen Afghanen im Jahr 2019 mit fast 41 % die größte Gruppe der Neuankömmlinge aus. Über die Landgrenze kamen 2019 hingegen vor allem türkische Staatsangehörige, auf die etwa 75 % der Grenzübertritte entfielen.

Zypern ist 2019 mit einem Anstieg der Zahl der Einreisen konfrontiert und verzeichnet derzeit die höchste Pro-Kopf-Zahl von Neuankömmlingen in der EU. Bis zum 29. September wurden nach dem Überschreiten der Grünen Linie mehr als 5700 Neuankömmlinge in den von der Regierung kontrollierten Landesteilen Zyperns gemeldet. Eine deutlich geringere Zahl an Menschen 3 ist mit dem Boot direkt aus dem Libanon gekommen.

Westbalkanroute

Nachdem die Zahl der auf dieser Route aufgegriffenen irregulären Migranten 2018 gegenüber dem Vorjahr um die Hälfte zurückgegangen war, hat sich 2019 die Zahl der irregulären Grenzübertritte im Westbalkan insgesamt wieder erhöht. Zwischen Januar und August wurden mehr als 6600 4 irreguläre Einreisen in die EU verzeichnet. Bei mehr als der Hälfte dieser irregulär Eingereisten handelte es sich um afghanische Staatsangehörige. In den letzten Monaten wurde in Bosnien und Herzegowina wöchentlich die Ankunft von bis zu 900 Personen verzeichnet. Trotz dieses Anstiegs der Zahl irregulärer Einreisen über die Westbalkanroute ist die Lage noch weit von der Flüchtlingskrise der Jahre 2015 und 2016 entfernt.

Zentrale Mittelmeerroute

Insgesamt bewegt sich die Zahl der irregulären Einreisen über die zentrale Mittelmeerroute weiterhin auf einem niedrigen Niveau, wobei die Zahl der Neuankömmlinge in Malta erheblich zugenommen und bis zum 6. Oktober 2019 mit mehr als 2 800 Personen fast das Dreifache der 2018 im gleichen Zeitraum gemeldeten Zahl erreicht hat.

Zusammen genommen liegt die Zahl der Neuankömmlinge in Italien und Malta am 6. Oktober 2019 knapp unter 11 000, was einem Rückgang von über 52 % gegenüber dem Vorjahreszeitraum entspricht. Die Zahl der Personen, die bis zum 6. Oktober 2019 in Italien angekommen waren (etwas weniger als 8000), lag rund zwei Drittel niedriger als 2018 während des gleichen Zeitraums. Tunesien ist, gefolgt von Libyen, 2019 bislang das wichtigste Ausgangsland für Menschen, die nach Italien aufbrechen. Die Zahl der von der libyschen Küstenwache aufgegriffenen oder geretteten Personen belief sich 2019 bislang auf 7100 gemeldete Fällen (2018 belief sich die Gesamtzahl auf ungefähr 15 000). Tunesier bildeten im Jahr 2019 mit 28 % die größte Gruppe der Neuankömmlinge in Italien.

Westliche Mittelmeerroute/Atlantikroute

Während Spanien 2018 mit fast 64 300 noch die höchste Zahl irregulärer Einreisen in die EU verzeichnete, ist die Zahl der monatlichen Neuankömmlinge seit Februar 2019 gegenüber 2018 deutlich zurückgegangen. So belief sich die Gesamtzahl der Neuankömmlinge in Spanien bis Anfang Oktober 2019 auf etwa 23 600, was einem Rückgang um 47 % gegenüber dem Vorjahreszeitraum entspricht. Einen wichtigen Beitrag dazu leistete die Stärkung der Beziehungen zwischen der EU und Marokko durch Investitionen, einschließlich erheblicher finanzieller Unterstützung der EU für das Grenzmanagement und die Bekämpfung der irregulären Migration. Dies hat die marokkanische Regierung in die Lage versetzt, die Grenzkontrollen zu verstärken und Schleuser zu bekämpfen.

Bislang ist Marokko 2019 mit einem Anteil von etwa 30 % das wichtigste Herkunftsland der in Spanien ankommenden irregulären Migranten, gefolgt von Algerien, Guinea, Mali und Côte d’Ivoire. Die große Mehrzahl der irregulären Migranten, die in Spanien ankommen, ist also von Marokko aus aufgebrochen, obwohl in jüngster Zeit eine geringfügige Zunahme der Migranten aus Algerien zu verzeichnen ist.

Asylsituation

In den ersten neun Monaten des Jahres 2019 wurden in der EU+ über 500 000 Anträge gestellt (eine geringe Zunahme gegenüber den fast 497 000 Anträgen im Vorjahreszeitraum). Die meisten Anträge (über 72 % der Gesamtzahl) wurden im Jahr 2019 bislang in Deutschland, Frankreich, Spanien, Griechenland und dem Vereinigten Königreich gestellt. Im Jahr 2018 waren Syrien, Afghanistan und Irak die häufigsten Herkunftsländer, 2019 waren dies bislang Afghanistan, Syrien und Venezuela. Im ersten Halbjahr 2019 wurden in der EU+ 96 800 positive Asylbescheide ausgestellt. 5 Die Anerkennungsquote erstinstanzlicher Entscheidungen, die zwischen Februar und Juli 2019 ergingen, lag bei 34 %. 6

Eine erhebliche Anzahl dieser Anträge ist das Ergebnis von Sekundärbewegungen, die dazu führen, dass Personen, die bereits in einem Mitgliedstaat registriert sind, einen Antrag in einem weiteren Mitgliedstaat stellen. Obwohl sich die Bewertung der Sekundärbewegungen derzeit hauptsächlich auf Daten stützt, die ausschließlich die Anträge und nicht die Personen berücksichtigen, und eine Person in mehreren Mitgliedstaaten Anträge gestellt haben könnte, wurden in den ersten neun Monaten des Jahres 2019 mehr als 280 000 dieser Auslandstreffer in der Eurodac-Datenbank ermittelt. Zwar entfallen auf die wichtigsten Ersteinreiseländer wie Italien und Griechenland auch die meisten der vorhandenen Einträge, doch sind Frankreich und Deutschland mit den meisten ermittelten Auslandstreffern nach wie vor die Hauptzielländer von Sekundärbewegungen.

3.EU-UNTERSTÜTZUNG FÜR MITGLIEDSTAATEN UND MASSNAHMEN AN DEN HAUPTROUTEN

·Östliche Mittelmeerroute

Erklärung EU-Türkei vom März 2016 und Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei

Die Türkei ist ein wichtiger Partner für die EU, auch bei der Migrationssteuerung im östlichen Mittelmeerraum. Seit März 2016 spielt die Erklärung EU-Türkei eine entscheidende Rolle bei der wirksamen und gemeinsamen Steuerung der irregulären Migrationsströme im östlichen Mittelmeerraum durch die EU und die Türkei. Die Erklärung trägt auch konkret dazu bei, die Zahl der irregulären und gefährlichen Überfahrten sowie den Verlust von Menschenleben in der Ägäis zu verringern. Auch wenn sich die Zahl der Flüchtlinge, die auf dem See- und Landweg nach Griechenland gelangen, in der zweiten Jahreshälfte 2019 erhöht hat, ist sie nicht mit der Zahl der Neuankömmlinge vergleichbar, die 2015 dort eintrafen. Ebenso wichtig ist, dass die Erklärung den syrischen Flüchtlingen und Aufnahmegemeinschaften in der Türkei in großem Umfang Unterstützung gebracht hat und die sichere Neuansiedlung von Syrern aus der Türkei in Europa ermöglicht.

Die Türkei nimmt so viele Flüchtlinge auf wie kein anderer Staat in der Welt – rund 4 Millionen Menschen 7 – und die EU stellt mit ihrer Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei im Umfang von 6 Mrd. EUR grundlegende Unterstützung für die Bedürftigen bereit. Derzeit laufen 90 Projekte, die mit EU-Mitteln finanziert werden, 30 weitere Projekte sollen 2020 anlaufen. Bei der Fazilität handelt es sich um einen innovativen Ansatz, bei dem die Mitgliedstaaten und die Türkei gleichermaßen an der Ausarbeitung von Projekten beteiligt sind und beschleunigte Verfahren für ihre Umsetzung vorgesehen sind 8 . Viele dieser Hilfsprojekte sollen bis 2024-25 weiterlaufen. Mit der Fazilität wurde rasch auf die grundlegenden Bedürfnisse reagiert, wobei viele dieser Bedürfnisse zweifellos auch in naher Zukunft noch bestehen werden.

Die Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei: wichtigste laufende Maßnahmen

·Beinahe 1,7 Millionen Syrer erhalten Unterstützung zur Deckung des täglichen Bedarfs.

·Mehr als eine halbe Million Flüchtlingskinder erhalten Unterstützung, damit sie in die Schule gehen können.

·4500 Türkischlehrer werden angestellt, die mehr als 250 000 Kindern Sprachunterricht erteilen sollen.

·Das Impfprogramm, mit dem bislang 650 000 Flüchtlingskinder geimpft wurden, wird fortgesetzt.

·Für fast 40 000 Kinder werden Schultransport-Leistungen angeboten.

·Rund 1,5 Millionen pränatale Versorgungsleistungen wurden bislang bereitgestellt.

·Rund 8,1 Millionen medizinische Untersuchungen haben bereits stattgefunden.

·180 Schulen und 179 Gesundheitszentren für Migranten befinden sich im Aufbau.

Bislang wurden 97 % der Mittel aus der Fazilität zugewiesen (die Bereitstellung der vollen 6 Mrd. EUR wird bis Ende 2019 erwartet), wobei sich die bisherigen Auszahlungen auf insgesamt 3 Mrd. EUR 9 belaufen. Zu den Projekten, die Anfang 2020 anlaufen sollen, zählen die weitere Unterstützung des Zugangs zu Gesundheitsversorgung und Bildung für Flüchtlinge, die Entwicklung der Infrastruktur für die Abfall- und Wasserbewirtschaftung sowie die Unterstützung der Arbeitsmarktintegration und Beschäftigung von Flüchtlingen.

Die Türkei ist heute mit einem zunehmenden Migrationsdruck konfrontiert, da die Lage in der gesamten Region weiterhin instabil ist. Die Zahl der von den türkischen Behörden im Jahr 2019 aufgegriffenen irregulären Migranten liegt bei fast 270 000 10 . Insbesondere erhöhte sich die Zahl der irregulär eintreffenden afghanischen Staatsangehörigen, die in der Türkei aufgegriffen werden. Die Türkei kündigte im Mai 2019 an, bis Ende des Jahres rund 100 000 afghanische Staatsangehörige in ihre Heimat zurückschicken zu wollen, und nahm mit der afghanischen Regierung Kontakt auf, um die Zahl und den Rhythmus der Rückführungen zu vereinbaren. Die Aufnahme syrischer Flüchtlinge in einer Situation anhaltender Vertreibung ist nicht nur eine Herausforderung für die Türkei, sondern sie würde eine Herausforderung für jedes Land darstellen und ist daher gebührend zu unterstützen.

Steuerung der Migrationsströme an der östlichen Route

Seit 2016 unterstützt die EU den politischen Dialog zwischen Afghanistan, Pakistan und Iran, um dauerhafte Lösungen für afghanische Flüchtlinge in den Aufnahmeländern zu finden. Dieser Dialog wird durch finanzielle Unterstützung in Höhe von 300 Mio. EUR für Afghanistan, Bangladesch, Pakistan, Iran und Irak ergänzt. 11 Ziel ist es, Migranten, Flüchtlinge, Binnenvertriebene und Rückkehrer sowie Aufnahmegemeinschaften zu unterstützen und den Behörden bei der Migrationssteuerung und der nachhaltigen Wiedereingliederung von Rückkehrern behilflich zu sein. So wurden in Afghanistan bislang fast 10 000 Haushalte mit 70 000 Bewohnern durch Gemeindeentwicklung, berufliche Bildung und Förderung von Kleinunternehmen unterstützt. Auch afghanische Staatsangehörige in Iran und Pakistan erhalten Unterstützung. So haben beispielsweise 45 000 afghanische Flüchtlinge inzwischen Zugang zur Krankenversicherung in Iran.

Seit Sommer 2018 hat die EU ihre Unterstützung für Rückkehrer im Rahmen des Plan für ein gemeinsames Vorgehen Afghanistans und der EU in Migrationsfragen von Rückkehrern aus der EU auf afghanische Staatsangehörige ausgeweitet, die von der Türkei rückgeführt wurden. Seither hat die EU mehr als 15 000 Menschen, die aus der Türkei nach Afghanistan zurückkehrten, unterstützt, indem sie ihnen Beratung, medizinische Betreuung, vorübergehende Unterbringung, Bargeldhilfe und Weiterbeförderung zum Zielort bereitstellte.

Im Rahmen der Erklärung hat sich die Türkei verpflichtet, eine Zunahme der irregulären Migrationsströme auf neuen See- oder Landrouten zu verhindern, was sich als schwierig erwiesen hat, wie der jüngste Anstieg der Zahl der Neuankömmlinge in Griechenland und Zypern sowie zuvor an der Landgrenze zu Bulgarien und Griechenland deutlich gemacht hat.

Die Rückführung aller neuen irregulären Migranten aus Griechenland in die Türkei im Rahmen der Erklärung stellt eine kontinuierliche Herausforderung dar. Griechenland gelang es lediglich, 1908 Migranten im Rahmen der Erklärung rückzuführen, und der Rhythmus verlangsamt sich weiter (rund 100 Rückführungen in diesem Jahr). Dies ist ein großes Hindernis für weitere Fortschritte und hängt unter anderem mit den derzeit langwierigen Asylverfahren in Griechenland zusammen. Die Kommission bemüht sich weiter, sowohl Neuansiedlungen als auch beschleunigte Rückführungen zu unterstützen. Eine bessere Bearbeitung der Asylanträge, und zwar sowohl auf dem Festland als auch auf den Inseln, würde erheblich zur Beschleunigung der Rückführungen beitragen.

Die im Rahmen der Erklärung erfolgte Neuansiedlung syrischer Flüchtlinge in den EU-Mitgliedstaaten war ein klarer Erfolg: Fast 25 000 Personen‚ die internationalen Schutz benötigen, wurden seit April 2016 in 18 Mitgliedstaaten neuangesiedelt. Diese Bemühungen, die von der Kommission auch weiterhin unterstützt werden, sollten aufrechterhalten werden. Die Kommission hat die Aktivierung der Regelung über die freiwillige Aufnahme aus humanitären Gründen 12 für Flüchtlinge aus der Türkei gefordert. Dadurch soll die Umsetzung der Erklärung EU-Türkei vorangetrieben und zugleich die Verpflichtung der EU gegenüber der Erklärung verdeutlicht werden.

Die Erklärung EU-Türkei umfasst auch ein breites Spektrum weiterer wichtiger Themen der Beziehungen zwischen der EU und der Türkei. Ein Bereich, in dem jüngst Entwicklungen zu verzeichnen waren, ist die Visaliberalisierung. Die Benchmark in Bezug auf die Dokumentensicherheit wurde seit dem Bericht vom März erfüllt. Damit verbleiben nunmehr sechs von insgesamt 72 Benchmarks, die es zu erfüllen gilt. Die Türkei hat im September 2019 neue Anstrengungen zur Erfüllung dieser Benchmarks unternommen. Die Kommission bestärkt die Türkei weiter in ihren Anstrengungen, alle noch ausstehenden Vorgaben des Fahrplans für die Visaliberalisierung so bald wie möglich zu erfüllen.

Die vollständige und nachhaltige Umsetzung der Erklärung EU-Türkei erfordert kontinuierliche Anstrengungen und politische Entschlossenheit auf allen Seiten. Die jüngsten politischen Kontakte 13 haben gezeigt, dass die Kommission diese Arbeit vorantreiben und die nächsten Schritte in Angriff nehmen wird. Dabei wird sie die Herausforderungen, die sich ihr stellen, annehmen. Neben der Hilfe für Flüchtlinge in der Türkei unterstützt die EU die Türkei durch regelmäßige Heranführungshilfe mit dem Ziel, die Kapazitäten der Behörden zur Eindämmung der irregulären Einreisen in die Türkei und der Weiterreisen in die EU weiter zu stärken. Dazu gehören auch die Unterstützung der freiwilligen Rückkehr durch die Türkei, Wiedereingliederungsprogramme und die Unterstützung des integrierten Grenzmanagements. Derzeit laufen Gespräche zwischen der Kommission und der Türkei über eine weitere direkte Unterstützung der Migrationssteuerung in diesem Jahr.

Die EU hat bei der humanitären Hilfe für den durch die Syrien-Krise verursachten Bedarf eine Vorreiterrolle gespielt und zwischen 2014 und 2019 humanitäre Hilfe für Syrien und die Region in Höhe von 1,6 Mrd. EUR geleistet. Allein im Jahr 2019 stellte die EU 170 Mio. EUR bereit, um lebensrettende sektorübergreifende Hilfe für benachteiligte Bevölkerungsgruppen in Syrien zu leisten, gleich wo sie sich befinden. Im Jahr 2018 erreichte die humanitäre Hilfe der EU rund 9 Millionen Empfänger in Syrien.

Der Regionale Treuhandfonds der EU als Reaktion auf die Syrien-Krise

Der Regionale Treuhandfonds der EU als Reaktion auf die Syrien-Krise führt Beiträge aus 22 Mitgliedstaaten, der Türkei und dem EU-Haushalt zusammen, um Aufnahmegemeinschaften, Flüchtlinge und Binnenvertriebene in Jordanien, Libanon, der Türkei und Irak zu unterstützen. Der Fonds, der im Jahr 2014 zur Bereitstellung von Soforthilfe für den Wiederaufbau und die Deckung der Grundbedürfnisse eingerichtet wurde, umfasst heute auch die Aufgabe, die Aufnahmeländer bei der Stärkung der nationalen Systeme und Infrastrukturen zu unterstützen und die Eigenständigkeit und Resilienz der Flüchtlinge zu stärken. Die Programme mit einem Gesamtvolumen von mehr als 1,6 Mrd. EUR, verteilt über mehr als 75 Projekte, sind auf Bereiche wie Bildung, Lebensgrundlagen, Gesundheit und sozioökonomische Unterstützung ausgerichtet. Im Juni 2019 wurde ein weiteres Mittelpaket von 100 Mio. EUR für Hochschulbildung, Resilienz und Schutz in Libanon, Jordanien und Irak vereinbart.

Insgesamt wurden seit Beginn der Krise im Jahr 2011 fast 4 Mrd. EUR in eine Reihe von Programmen zur Unterstützung von Flüchtlingen und Aufnahmegemeinschaften in Jordanien und Libanon investiert. Zu den Ergebnissen im Jahr 2018 zählen der Zugang zur Grundbildung für fast 290 000 Flüchtlingskinder in Jordanien und Libanon, der Zugang zur Gesundheitsversorgung in Libanon für 375 000 Menschen sowie monatliche Geldüberweisungen für fast 143 000 Flüchtlinge in Jordanien zur Deckung ihres täglichen Bedarfs.

Im März 2019 veranstaltete die EU eine dritte Konferenz zum Thema „Unterstützung der Zukunft Syriens und der Region“. Die internationale Gemeinschaft sowie die Aufnahmeländer von Flüchtlingen bekräftigten ihre Entschlossenheit, die von dem Konflikt betroffenen Millionen von Menschen sowie die Länder und Gemeinschaften, die sie aufnehmen, darunter Libanon, Jordanien und die Türkei, zu unterstützen. Die internationale Gemeinschaft hat für 2019 mehr als 6,2 Mrd. EUR (92 % dieses Betrags wurde bereits ausgezahlt) sowie weitere 2,1 Mrd. EUR für 2020 und die Zeit danach zugesagt. Über 80 % dieser Zusagen stammen von der EU und ihren Mitgliedstaaten. Auch internationale Finanzinstitutionen und Geber kündigten für 2019 und darüber hinaus Darlehen in Höhe von 18,5 Mrd. EUR an.

Unterstützung für Griechenland und Zypern

In früheren Fortschrittsberichten wurde betont, dass in Griechenland dringend weitere Fortschritte erforderlich sind. Die zunehmende Zahl der Neuankömmlinge seit dem Sommer hat erneut deutlich gemacht, dass Handlungsbedarf besteht, insbesondere zur Verbesserung der Aufnahmebedingungen auf den griechischen Inseln. Außerdem müssen die Rückführungen von Griechenland im Rahmen der Erklärung EU-Türkei erheblich beschleunigt werden. Erste Schritte wurden mit neuen nationalen Strategien für die Aufnahme von Migranten und für unbegleitete Minderjährige unternommen. Zudem hat die Regierung zugesagt, bestimmte Aspekte des Asylrechtsrahmens zu überprüfen, um die Bearbeitung der Anträge und die Rückführungen zu beschleunigen. Die schwierigen Bedingungen, die durch die zunehmende Zahl der Neuankömmlinge und den Einbruch des Winters verursacht werden, zeigen jedoch, dass dringender Handlungsbedarf besteht. Die Kommission und die zuständigen EU-Agenturen leisten Griechenland jede erdenkliche Unterstützung, um die erforderlichen Arbeiten zu beschleunigen.

Seit 2015 hat die EU Hilfe im Wert von über 2,2 Mrd. EUR für Griechenland bereitgestellt. 14 Dies umfasst 8 Mio. EUR, die im September 2019 für zwei Projekte der Internationalen Organisation für Migration bereitgestellt wurden, um den Schutz und die Aufnahmebedingungen für unbegleitete Minderjährige sowie die Sicherheit in den Festlandlagern zu verbessern. Im Laufe des Jahres 2019 wurden im Rahmen des Programms für die Soforthilfe für Integration und Unterbringung (ESTIA), das vom Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) durchgeführt wird, weitere Unterkünfte für mehr als 25 000 Asylsuchende und Flüchtlinge sowie monatliche Geldleistungen für mehr als 72 000 Menschen bereitgestellt. Die EU hat auch die Arbeit der Internationalen Organisation für Migration sowie des Notfonds der Vereinten Nationen für Kinder finanziert, um Aufnahmeeinrichtungen auf dem Festland vor Ort zu unterstützen. 15 Die EU-Agenturen spielen eine wichtige Rolle, aber die Arbeit des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen und der Europäischen Agentur für die Grenz- und Küstenwache stützt sich auf die Bereitstellung von Sachverständigen aus den Mitgliedstaaten. Defizite bei der Zahl der zugesagten Sachverständigen haben eine anhaltende Personalknappheit vor Ort zur Folge, was die Wirksamkeit der Maßnahmen verringert. Darüber hinaus unterstützt die Kommission eine Reihe laufender Programme, die von den griechischen Behörden verwaltet werden und darauf abzielen, bestehende Lücken bei der Rechtshilfe, der medizinischen Versorgung und der Verdolmetschung auf den Inseln und auf dem Festland zu schließen.

Seit 2014 beläuft sich die EU-Finanzierung für Zypern auf fast 100 Mio. EUR 16 , darunter 4 Mio. EUR an Soforthilfe. Darüber hinaus werden Sachverständige der Mitgliedstaaten entsandt, wobei der zunehmende Druck, der auf Zypern lastet, eine Erhöhung der Zusagen erfordert. Zypern hat in Zusammenarbeit mit der EU einen umfassenden Aktionsplan zur wirksamen Steuerung der Migration entwickelt, dessen Umsetzung mit finanzieller und operativer Unterstützung der Kommission und der EU-Agenturen im Gange ist.

Die Kommission unterstützt weiterhin Maßnahmen, die zu einer spürbaren Solidarität auch im östlichen Mittelmeerraum führen könnten. Auf die von Griechenland und Zypern gestellten Anträge auf Unterstützung durch Neuansiedlungen müssen die Mitgliedstaaten zeitnah reagieren. Die Kommission wird diese Bemühungen auch weiterhin im erforderlichen Maße unterstützen, unter anderem durch finanzielle Unterstützung aus dem EU-Haushalt, die den Mitgliedstaaten, die freiwillig Flüchtlinge aufnehmen, zur Verfügung gestellt werden kann. 17  

·Westbalkanroute

Seit Beginn der Krise im Jahr 2015 hat die EU mehr als 141 Mio. EUR zur Unterstützung des Westbalkans bei der direkten Bewältigung der Flüchtlings- und Migrationskrise bereitgestellt. 18 Unterstützung wurde auch in Form von Fachwissen der EU-Agenturen und Mitgliedstaaten geleistet, wobei ein besonderer Schwerpunkt auf die Umsetzung der EU-Normen und -Standards in die nationalen Politik- und Rechtsrahmen für Migration gelegt wurde. 48 Gast-Grenzschutzbeamte wurden nach Serbien entsandt, 146 nach Nordmazedonien. Dies hat zwar zu einer Stärkung der Migrations-, Asyl- und Grenzmanagementsysteme beigetragen, die Verwaltungskapazitäten auf nationaler Ebene sind jedoch nach wie vor begrenzt und können neue Migrationsströme oft nur unter großen Schwierigkeiten bewältigen.

Bosnien und Herzegowina verzeichnete einen erheblichen Anstieg der Zahl der Neuankömmlinge. Schätzungen zufolge kamen dort seit Januar 2018 mehr als 45 000 Flüchtlinge und Migranten an. Dies stellt eine große Herausforderung für das Land dar, das bisher rund 3300 Menschen in offiziellen Zentren unterbringen konnte. Seit 2018 arbeitet die Kommission mit humanitären Partnern und den Behörden zusammen, um den Grundbedarf der Flüchtlinge und Migranten zu decken und das Land beim Ausbau seiner Kapazitäten für das Migrationsmanagement zu unterstützen, und hat dafür zusätzliche EU-Mittel in Höhe von 34 Mio. EUR bereitgestellt. Damit werden Zentren für die vorübergehende Aufnahme und der Zugang zu Nahrungsmitteln, Grundversorgungsleistungen und Schutz für besonders Schutzbedürftige unterstützt‚ was mehr als 3500 Menschen zugutekommt.

Vor Einbruch des Winters müssen die Behörden von Bosnien und Herzegowina rasch geeignete Unterbringungsmöglichkeiten für die im Land gestrandeten Flüchtlinge und Migranten ausfindig machen. Die EU ist bereit, bei der Finanzierung dieser zusätzlichen Einrichtungen zu helfen, solange die international anerkannten Standards eingehalten und die am stärksten betroffenen lokalen Gemeinschaften unterstützt werden.

·Zentrale Mittelmeerroute

Libyen und die Nothilfe-Transitmechanismen

Die Lage in Libyen stellt nach wie vor ein großes Problem dar. Den Rahmen für die Maßnahmen der EU zum Schutz von libyschen Binnenvertriebenen, Flüchtlingen und Migranten bildete die Arbeit der Taskforce der Afrikanischen Union, der Europäischen Union und der Vereinten Nationen. Nachdem im April 2019 in und um Tripolis ein gewaltsamer Konflikt ausgebrochen war, hat die Taskforce dazu beigetragen, die Evakuierung von Flüchtlingen und Migranten aus den Auffanglagern nahe der Front zu beschleunigen und ihnen nach Möglichkeit zu helfen, außerhalb Libyens Zuflucht zu finden.

Der Konflikt in und um Tripolis führte dazu, dass Hunderte von Zivilisten ums Leben kamen oder verletzt wurden und mehr als 150 000 Menschen aus ihren Häusern fliehen mussten. Ein dauerhafter Waffenstillstand wurde seitdem nicht geschlossen, und trotz Schritten hin zu einer politischen Lösung ist die Lage weiterhin instabil.

Der Konflikt wirkte sich besonders auf Migranten und Flüchtlinge aus, vor allem auf die fast 3300 Bewohner der Auffangeinrichtungen in den von dem Konflikt betroffenen Gebieten. Als eine dieser Einrichtungen, das Auffanglager Tajoura, bei Luftangriffen getroffen wurde, starben mehr als 50 Menschen. Die 482 verbliebenen Flüchtlinge und Migranten suchten nach ihrer Freilassung Zuflucht im Sammel- und Transitzentrum des UNHCR in Tripolis. Wegen der gestiegenen Zahl der Neuankömmlinge ist das Zentrum überbelegt, sodass es nicht möglich war, dort eine nennenswerte Zahl Schutzbedürftiger aus den Auffanglagern aufzunehmen.

Die umfangreichen Kooperationsprogramme der EU in Libyen (mit einem Wert von insgesamt 467 Mio. EUR) werden trotz der Sicherheitslage fortgesetzt, und im Juli wurden neue Programme des EU-Treuhandfonds für Afrika 19 beschlossen. Die EU-Unterstützung für Schutzbedürftige‚ die von dem Konflikt betroffen sind, wurde beschleunigt. Hierzu zählen unter anderem direkte Soforthilfe und Schutz, z. B. medizinische Hilfe oder psychosoziale Betreuung, auch an libyschen Ausschiffungsorten und in Auffanglagern, sofern ein Zugang möglich ist. Rund 185 000 Bedarfsartikel und Hygiene-Sets sowie medizinische Hilfe wurden als Soforthilfe für Flüchtlinge und schutzbedürftige Migranten bereitgestellt. Ende September konnte ein Kernteam der EU-Mission zur Unterstützung des integrierten Grenzmanagements in Libyen, das seine Arbeit von Tunis aus fortgesetzt hatte, nach Tripolis zurückkehren.

Die Evakuierung aus Libyen ist ein wichtiger Rettungsweg. Seit September 2017 wurden über 4000 Menschen evakuiert, davon rund 3000 über den von der EU finanzierten Nothilfe-Transitmechanismus (Emergency Transit Mechanism – ETM) des UNHCR nach Niger. Neben diesen ETM-Evakuierungen gab es auch direkte Evakuierungen nach Italien (808) und in das Nothilfe-Transitzentrum in Rumänien (303). Von den nach Niger evakuierten Menschen wurden inzwischen 1856 neu angesiedelt. 20 Die Einrichtung in Niger wird nun durch einen neuen ETM in Ruanda ergänzt. Ruanda hat sich bisher bereit erklärt, jederzeit bis zu 500 Menschen aufzunehmen. Fast 200 Menschen wurden in den letzten Wochen nach Ruanda evakuiert. Weitere Evakuierungen sind für die kommenden Monate geplant. Ein neues EU-Unterstützungspaket für den ETM in Ruanda wird derzeit fertiggestellt.

Gleichzeitig haben die nigrischen Behörden die Obergrenze für ETM-Maßnahmen wieder auf das frühere Niveau gesenkt, sodass sie möglicherweise bis Ende des Jahres keine weiteren Evakuierten aufnehmen können. Ein wichtiger Grund für diesen Schritt ist das langsame Tempo der Neuansiedlungen. Es ist daher von größter Bedeutung, dass die Mitgliedstaaten die Neuansiedlungen aus dem ETM ausweiten und beschleunigen.

Eine weitere zentrale Maßnahme ist die Zusammenarbeit im Bereich der freiwilligen Rückkehr. Durch gemeinsame Maßnahmen der EU und der Internationalen Organisation für Migration wurde seit November 2015 ein wesentlicher Beitrag zur Rückkehr von mehr als 49 000 Migranten aus Libyen 21 geleistet und Unterstützung und Wiedereingliederungshilfe für mehr als 76 000 Rückkehrer in ihren Herkunftsländern bereitgestellt. In diesem Rahmen wurde auch die Rettung von über 23 000 Migranten aus der Wüste Nigers unterstützt.

Um diese weiter bestehenden Herausforderungen zu bewältigen und die Lage der Migranten und Flüchtlinge in Libyen anzugehen, trat die Taskforce der Afrikanischen Union, der Europäischen Union und der Vereinten Nationen am Rande der Generalversammlung der Vereinten Nationen auf politischer Ebene zusammen und legte gemeinsame Prioritäten für die nächsten Schritte fest. 22 Dies sind unter anderem die Unterstützung für die Vertriebenen in Libyen und für die Registrierung durch die Internationale Organisation für Migration sowie die Entwicklung weiterer Evakuierungsmöglichkeiten und die Aufrechterhaltung des Drucks, um das derzeitige System der willkürlichen Inhaftierung zu beenden. Weitere Bereiche sind bessere Wiedereingliederungsmaßnahmen und eine verstärkte Kommunikation, um Menschen von gefährlichen Reisen abzuhalten.

Unterstützung Italiens und Maltas

Seit 2014 wurde Italien von der EU mit fast 1 Mrd. EUR 23 für das Asyl-, Migrations-, Sicherheits- und Grenzmanagement unterstützt. Die EU hat dem italienischen Innenministerium und dem UNHCR im Juli 2019 Soforthilfe in Höhe von 0,7 Mio. EUR zur Verfügung gestellt, um die humanitäre Evakuierung von rund 450 Personen aus Libyen und Niger nach Italien zu unterstützen. Ein weiteres aktuelles Beispiel ist ein mit 30 Mio. EUR dotiertes Projekt in fünf italienischen Regionen, mit dem gegen die Ausbeutung der Arbeitskraft von Migranten in der Landwirtschaft vorgegangen und die Integration von Migranten in den regulären Arbeitsmarkt gefördert werden soll. Unterstützung wurde auch in Form von Fachwissen der EU-Agenturen und Mitgliedstaaten geleistet, das 2019 in Gestalt von insgesamt 144 Experten der Europäischen Agentur für die Grenz- und Küstenwache und 180 Experten des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen bereitgestellt wurde. Damit dieses Fachwissen ein wesentlicher Bestandteil des Beitrags der EU zur Migrationssteuerung und zu den Vorkehrungen im zentralen Mittelmeerraum bleiben kann, müssen die Mitgliedstaaten weiter im erforderlichen Umfang Mitarbeiter entsenden.

Die finanzielle Unterstützung für Malta beläuft sich auf insgesamt mehr als 105 Mio. EUR 24 seit 2014. Die wichtigste Unterstützung der EU für Malta bestand darin, die Umverteilung ausgeschiffter Migranten und Flüchtlinge zu erleichtern. Um Malta bei der Umverteilung von bis zu 500 Personen zu helfen, wurde der Internationalen Organisation für Migration Soforthilfe in Höhe von knapp 0,5 Mio. EUR bereitgestellt.

Vorübergehende Regelungen für die Ausschiffung

Im Fortschrittsbericht der Kommission vom März wurde hervorgehoben, dass eine stärker strukturierte Übergangslösung für die Ausschiffung nach Such- und Rettungseinsätzen gefunden werden muss.

Die Ausschiffungen im zentralen Mittelmeerraum, auch durch Schiffe nichtstaatlicher Organisationen, haben die Notwendigkeit deutlich gemacht, europäische Lösungen für einen nachhaltigen Ansatz zur Migrationssteuerung zu finden, der auf Solidarität, gemeinsamer Verantwortung und der Achtung der Grundrechte beruht. Auf Wunsch der Mitgliedstaaten hat die Kommission das ganze Jahr über Ad-hoc-Umverteilungsaktionen koordiniert. 25 Durch diese aktive Koordinierung des Vorgehens nach der Ausschiffung hat die Kommission auch dazu beigetragen, die Ausschiffung zu erleichtern. Diese Bemühungen stützten sich auf die Solidarität der Aufnahmemitgliedstaaten 26 , die sich unter Federführung der Kommission freiwillig an diesen Aktionen beteiligten, aber auch auf die Unterstützung durch die EU-Agenturen und insbesondere das Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen. Mit EU-Mitteln wurde ferner ein Beitrag dazu geleistet, Mitgliedstaaten im Falle von Ad-hoc-Ausschiffungen zu unterstützen und geeignete Verfahren für die Erfassung und Umverteilung von Migranten einzuführen.

Parallel dazu fördert und unterstützt die Kommission aktiv die Entwicklung vorübergehender Regelungen für die Ausschiffung, bis im Zuge der Reform des europäischen Asylsystems eine Einigung über ein langfristig tragfähiges Verfahren erzielt wird. Im Anschluss an Beratungen der Mitgliedstaaten wurde im Juni ein Arbeitspapier des Ratsvorsitzes mit Leitlinien für eine vorübergehende Regelung für die Ausschiffung vorgelegt. In einer Reihe von Gesprächen, die im Juli in Helsinki und Paris stattfanden, wurde der Weg für ein Ministertreffen in Malta am 23. September frei gemacht. Bei diesem Treffen kamen Minister aus Italien, Frankreich, Malta und Deutschland im Beisein des finnischen Ratsvorsitzes und der Kommission zusammen und legten die Eckpunkte für berechenbare und strukturierte Regelungen fest. Diese wurden dann auf der Tagung des Rates (Justiz und Inneres) vom 8. Oktober mit allen Mitgliedstaaten erörtert, auf der die Kommission die Mitgliedstaaten dazu aufrief, sich in möglichst großer Zahl an dieser Solidaritätsanstrengung zu beteiligen. Nach konstruktiven Beratungen der Minister organisierte die Kommission Gespräche auf fachlicher Ebene mit den an der Umverteilung teilnehmenden Mitgliedstaaten, um die bestehenden Verfahren und Arbeitsabläufe bei den von der Kommission koordinierten und von den EU-Agenturen unterstützten freiwilligen Umverteilungsaktionen zu erörtern. Die Kommission ist nach wie vor entschlossen, gemeinsam mit den Mitgliedstaaten auf eine nachhaltige Lösung für die Ausschiffung nach Suche und Rettung im Mittelmeer hinzuarbeiten.

Diese vorübergehenden Regelungen zeigen, dass Mitgliedstaaten bereit sind, sich an praktischer Solidarität zu beteiligen, und könnten bei der Bewältigung der Migrationsströme in anderen Teilen des Mittelmeers als Vorbild dienen.

·Westliche Mittelmeerroute

Unterstützung Marokkos 

Marokko steht seit einigen Jahren als Transitland, aber auch als Zielland unter hohem Migrationsdruck. Um dem Land bei der Bewältigung dieser Lage zu helfen, hat die EU für die Zusammenarbeit im Bereich der Migration insgesamt 238 Mio. EUR, einschließlich der Unterstützung aus dem EU-Treuhandfonds für Afrika, bereitgestellt. Diese Unterstützung, die in enger Zusammenarbeit mit Spanien geleistet wurde, war ein wichtiger Beitrag zur Verringerung der Zahl der über das westliche Mittelmeer eintreffenden Neuankömmlinge, zur Bekämpfung der irregulären Migration und zur Zerschlagung krimineller Netze sowie zur Unterstützung Schutzbedürftiger. Der Schwerpunkt der Unterstützung durch die EU lag auf dem Ausbau der Kapazitäten Marokkos für die Steuerung der Migrationsströme in und aus seinem Hoheitsgebiet, z. B. im Rahmen der nationalen Strategie Marokkos für Migration und Asyl, die mit institutioneller Unterstützung in den Bereichen Migrationssteuerung, Kapazitätsausbau und Grenzmanagement umgesetzt wird. Schutzbedürftige Migranten und Flüchtlinge erhielten Schutz und Zugang zu rechtlichem Beistand, wobei die Rechte unbegleiteter Minderjähriger im Mittelpunkt standen. Freiwillige Rückkehr und Wiedereingliederung wurden ebenfalls finanziell gefördert. Marokko, ein wichtiger Partner auch bei der Entwicklung legaler Migrationswege, arbeitet an Pilotprojekten, bei denen die Ausbildung von Fachkräften in Marokko mit dem Arbeitskräftebedarf in den Mitgliedstaaten in Verbindung gebracht werden kann. Die mit den laufenden Programmen gesammelten Erfahrungen werden in die Entwicklung neuer Programme im Rahmen einer umfassenderen langfristigen Zusammenarbeit in Migrationsfragen einfließen.

Als wichtiger Schritt zur Neubelebung der Beziehungen zwischen Marokko und der EU wurden auf der 14. Tagung des Assoziationsrates EU-Marokko im Juni Mobilität und Migration als Schlüsselbereiche in die künftige Zusammenarbeit einbezogen. Darüber hinaus hat das verbesserte bilaterale Klima zur Wiederaufnahme des Dialogs über Migration und Mobilität im Rahmen der Mobilitätspartnerschaft geführt. Dieser Dialog wurde in jüngster Zeit durch eine Reihe von Treffen auf hoher Ebene und Expertenkontakten in Brüssel und Marokko unterstützt.

Unterstützung Spaniens 

Mit einer Gesamtzuweisung von 737 Mio. EUR für den Zeitraum 2014-2020 ist Spanien einer der Hauptempfänger von Mitteln aus dem Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds und den nationalen Programmen im Rahmen des Fonds für die innere Sicherheit. Finanzierungsprioritäten sind u. a. der Ausbau des Asylamts und des Aufnahmesystems, die Integration von Ausländern, der verstärkte Einsatz von Ausrüstung und Personal an den Grenzen sowie die Rückkehr. Darüber hinaus wurde seit 2018 Soforthilfe in Höhe von mehr als 42 Mio. EUR gewährt, um den nationalen Behörden bei der Steuerung der Migrationsströme an der Südküste zu helfen, u. a. mit neuen lokalen Registrierungszentren, der Verstärkung von Guardia Civil und Polizei sowie der Unterstützung von Migranten bei ihrer Ankunft. Im Jahr 2019 wurden zudem 240 Experten von der Europäischen Agentur für die Grenz- und Küstenwache entsandt.

·Bekämpfung der Ursachen irregulärer Migration

Mittel- bis langfristig ist es unerlässlich, mit den Partnerländern bei der Verbesserung von Resilienz und Stabilität sowie bei der Schaffung von Arbeitsplätzen und Chancen für Migranten und Flüchtlinge sowie für die Aufnahmegemeinschaften zusammenzuarbeiten.

In Nordafrika hatten die Programme das Ziel, sowohl die soziale Infrastruktur als auch wirtschaftliche Chancen zu entwickeln. So haben zum Beispiel zwei Gemeinschaftsstabilisierungsprogramme in mehr als 50 libyschen Gemeinden dazu beigetragen, den Zugang von mehr als 1,7 Millionen Menschen zu Grundversorgungsleistungen zu verbessern, und 2500 jungen Unternehmern bei der beruflichen Weiterbildung geholfen. In Tunesien hat die EU über 200 Mio. EUR in Programme zur Förderung der Schaffung von Arbeitsplätzen und der wirtschaftlichen Entwicklung investiert, in deren Rahmen mehr als 60 000 junge Menschen Mikrokredite zur Förderung der Entwicklung kleiner Unternehmen erhalten haben. Die Unterstützung durch die EU im Rahmen der bilateralen Zusammenarbeit mit Marokko, die sich auf 1 Mrd. EUR seit 2014 beläuft, kam der Schaffung von Arbeitsplätzen und den Rahmenbedingungen für Unternehmen 27 zugute.

Am Horn von Afrika sowie in der Sahelzone und im Tschadseebecken liegt der Schwerpunkt auf der Förderung von wirtschaftlichen Chancen und Beschäftigungsmöglichkeiten sowie auf der Resilienz von Gemeinschaften, der Governance und einer besseren Migrationssteuerung. Im Bereich Sahelzone und Tschadseebecken galt die besondere Aufmerksamkeit Schmuggel und Sicherheit. Die Programme für das Horn von Afrika zielten in vielen Fällen auf die große Zahl von Flüchtlingen und Binnenvertriebenen in der Region ab. Im Mai 2019 wurden neue Programme genehmigt, unter anderem zur Unterstützung von Gesundheit und Bildung in Südsudan und zur Unterstützung schutzbedürftiger und vertriebener Bevölkerungsgruppen in Sudan, in Äthiopien und in der Region der Großen Seen.

Als ein Beispiel für Maßnahmen in Asien sei ein zusätzliches Programm im Umfang von 27 Mio. EUR genannt, das Afghanistan helfen soll, in Städten mit einem großen Zustrom von Vertriebenen wirtschaftliche Chancen zu schaffen.

Die EU-Investitionsoffensive für Drittländer wird Existenzgrundlagen und Wirtschaft in den afrikanischen Ländern südlich der Sahara und in den Nachbarländern der EU weiter unterstützen und so auch zur Bekämpfung der Ursachen irregulärer Migration beitragen. Bisher sind im Rahmen des Plans mehr als 4 Mrd. EUR genehmigt worden (1,54 Mrd. EUR für 28 Garantieprogramme und 2,6 Mrd. EUR für 121 genehmigte Mischfinanzierungsprojekte 28 ). Die Garantien dürften Investitionen in Höhe von bis zu 17,5 Mrd. EUR in Bereiche wie Zugang von Kleinstunternehmen, kleinen und mittleren Unternehmen zu Finanzmitteln, Energie und Konnektivität, Städte, Landwirtschaft und Digitalisierung mobilisieren. Mit den genehmigten Mischfinanzierungsprojekten werden voraussichtlich fast 24 Mrd. EUR mobilisiert, und bis 2020 soll der Plan sein Ziel erreichen, Gesamtinvestitionen von mehr als 44 Mrd. EUR anzustoßen.

Der EU-Treuhandfonds für Afrika

Seit seiner Gründung im Jahr 2015 hat der Treuhandfonds lebensrettende Evakuierungen unterstützt, die Migrationssteuerung verbessert, beim Kampf gegen Schleusernetze geholfen und zur Bekämpfung der Ursachen irregulärer Migration in 26 afrikanischen Ländern beitragen. Insgesamt umfasst der Fonds rund 4,5 Mrd. EUR, davon rund 4 Mrd. EUR aus EU-Mitteln und 528 Mio. EUR aus den Mitgliedstaaten, der Schweiz und Norwegen. Der Treuhandfonds hat sich als flexibles Instrument erwiesen, das mit bisher 210 beschlossenen Programmen eine rasche Reaktion auf neuen Bedarf ermöglicht hat.

Zu den wichtigsten Maßnahmen, die bis heute vom Treuhandfonds unterstützt wurden, zählen die folgenden:

   Mit einem Beitrag zur unterstützten freiwilligen Rückkehr in rund 49 000 Fällen und zu Evakuierungen in mehr als 4000 Fällen wurde Menschen geholfen, Libyen zu verlassen.

   Libyen, Marokko und Tunesien wurden in ihren Anstrengungen zur Migrationssteuerung bei der Bekämpfung der irregulären Migration, des Menschenhandels und der Schleusung von Migranten unterstützt.

   In Gambia kommt ein Programm, bei dem u. a. der soziale Zusammenhalt und die Beschäftigung in den Bereichen erneuerbare Energien, Ökotourismus und moderne Landwirtschaft im Mittelpunkt stehen, 25 000 Menschen zugute.

   Mit den Behörden von Côte d’Ivoire wird zurzeit über ein Programm beraten, das die Modernisierung des Melderegistersystems unterstützen und dazu beitragen soll, ein sicheres nationales Melderegistersystem aufzubauen.

   Im Mittelpunkt der Hilfe am Horn von Afrika standen die Ernährungssicherheit (Unterstützung für die Erhaltung des Viehbestands zugunsten von mehr als 300 000 Menschen) und die Beschäftigung (Verbesserung der beruflichen Fähigkeiten von mehr als 30 000 Menschen durch Ausbildung).

   Ein Programm in Südsudan bietet mehr als 28 000 Grundschullehrern an fast 2500 Schulen Gehaltszulagen, die die Lehrer dazu bewegen sollen, im Dienst zu bleiben und mehr Unterricht zu geben, damit die Kinder länger zur Schule gehen.

Der Treuhandfonds konnte somit viele Grundbedürfnisse befriedigen. In allen drei Programmbereichen (Nordafrika, Horn von Afrika, Sahelzone und Tschadseebecken) werden jedoch Ende des Jahres die Mittel erschöpft sein. Damit diese wichtigen Programme fortgesetzt werden können, kommt es daher entscheidend darauf an, dass der Treuhandfonds für 2020 wieder aufgefüllt wird. Hierfür sind zwangsläufig auch Beiträge der Mitgliedstaaten erforderlich. Die Kommission wird daher den genauen Bedarf ermitteln.

·Anstrengungen der EU zur weltweiten Unterstützung von Flüchtlingen und Migranten

Die Unterstützung von Flüchtlingen, Migranten und Binnenvertriebenen ist eines der wichtigsten Ergebnisse der humanitären Hilfe und der Entwicklungshilfe der EU weltweit. Die entsprechenden Maßnahmen leisten den Betroffenen sofort Hilfe, bieten Solidarität mit den Anstrengungen der Aufnahmeländer und tragen auch zu mehr Stabilität in den Migrationsbewegungen bei. Neben der Arbeit in der Türkei gibt es weltweit viele Beispiele dafür, wie die EU Flüchtlinge schnell und direkt unterstützt.

Die Krise in Venezuela hat eine riesige Fluchtbewegung ausgelöst. Mehr als 4 Millionen Menschen haben das Land bisher verlassen. Die EU hat fast 150 Mio. EUR innerhalb und außerhalb Venezuelas mobilisiert. In der Region ist die Soforthilfe mit einer zusätzlichen Unterstützung für die Kapazitäten der Aufnahmeländer und für Bildung mehr als 1,3 Millionen Menschen zugutegekommen. Im Oktober 2019 wird eine Konferenz in Brüssel 29 eine Gelegenheit für die internationale Gemeinschaft sein, die Länder der Region, die venezolanische Flüchtlinge aufgenommen haben, weiter zu unterstützen.

Das Horn von Afrika, das ein Fünftel aller Flüchtlinge und Vertriebenen weltweit beherbergt, war in den letzten Jahren ein Schwerpunkt der EU-Unterstützung. Neue Projekte waren dieses Jahr u. a. die Unterstützung von Flüchtlingen in Äthiopien, Sudan und Südsudan sowie direkte humanitäre Hilfe in Höhe von mehr als 67 Mio. EUR.

Im August 2019 jährte sich zum zweiten Mal der massive Zustrom von Rohingya-Flüchtlingen aus Myanmar nach Bangladesch. Die fast eine Million zählenden Rohingya-Flüchtlinge in Bangladesch sind vollständig auf internationale Hilfe angewiesen. Seit 2017 hat die EU für die Bewältigung dieser Krise insgesamt fast 140 Mio. EUR bereitgestellt, mit denen vor allem der Grundbedarf der Flüchtlinge und ihrer Aufnahmegemeinschaften gedeckt wird. Diese Unterstützung folgt zunehmend einem Entwicklungsansatz und berücksichtigt auch die spezifischen Risiken von Naturkatastrophen.

4.BEKÄMPFUNG DER SCHLEUSUNG, VERBESSERUNGEN BEI RÜCKKEHR UND RÜCKÜBERNAHME

·Bekämpfung der Migrantenschleusung

Die Umsetzung des EU-Aktionsplans gegen die Schleusung von Migranten und die ergänzenden operativen Maßnahmen, die der Rat im Dezember 2018 beschlossen hat 30 , zeigen im Kampf gegen die Schleusung von Migranten innerhalb und außerhalb der EU nach wie vor Wirkung.

Das Europäische Zentrum zur Bekämpfung der Migrantenschleusung von Europol bildet nun eine wichtige Drehscheibe für Maßnahmen. Seine Hauptaufgabe besteht darin, Polizei und Grenzbehörden bei der Koordinierung hochkomplexer grenzüberschreitender Operationen gegen die Schleusung zu unterstützen. Es wurde im Juli 2019 durch eine gemeinsame Verbindungstaskforce Migrantenschleusung und Menschenhandel ergänzt, in der Verbindungsbeamte aus den EU-Mitgliedstaaten bei gemeinsamen Ermittlungen noch enger zusammenarbeiten können. In den ersten neun Monaten des Jahres 2019 hat das Zentrum sieben gemeinsame und parallele Aktionstage unterstützt, die zu 474 Festnahmen und 75 vorrangigen Strafverfahren geführt haben. Ferner erarbeitet die Agentur der Europäischen Union für die Aus- und Fortbildung auf dem Gebiet der Strafverfolgung zurzeit gemeinsame Lehrpläne. Am 1. Oktober 2019 fand das zweite Treffen zwischen den Dienststellen der Kommission und Organisationen der Zivilgesellschaft statt, bei dem über die Umsetzung der EU-Rechtsvorschriften über die Schleusung von Migranten vor Ort diskutiert wurde. 31

Eine enge Zusammenarbeit mit Drittländern ist für die Verhinderung der Schleusung von Migranten nach wie vor von zentraler Bedeutung. Ein Schritt in diese Richtung sind Informations- und Sensibilisierungskampagnen, die bisher mit über 27 Mio. EUR und einem neuen Programm 32 unterstützt wurden. In diese Arbeit wurden Diasporagemeinschaften wie die senegalesische Diaspora in mehreren EU-Mitgliedstaaten 33 eingebunden. Im Rahmen des Europäischen Migrationsnetzwerks wurde eigens eine Arbeitsgruppe für Informations- und Sensibilisierungskampagnen eingesetzt, in der Mitgliedstaaten, EU-Organe und internationale Organisationen bewährte Methoden austauschen und für eine engere Koordinierung sorgen können.

Diese Arbeit wird ergänzt durch die Zusammenarbeit im Bereich der Strafverfolgung, um im Rahmen Gemeinsamer Operativer Partnerschaften gegen Netze, die Migranten schleusen, vorzugehen. In Niger hat die Arbeit einer gemeinsamen Ermittlungsgruppe mit Vertretern nigrischer, französischer und spanischer Behörden bislang zu insgesamt 202 Gerichtsverfahren geführt. Senegal und Guinea werden in Kürze zwei Projekte in die Wege leiten, um sowohl die Schleusung von Migranten als auch den Menschenhandel zu bekämpfen. Im Senegal liegt der Schwerpunkt auf der Zusammenarbeit zwischen Ministerien und Agenturen. In Guinea gehören auch die Bereiche Grenzmanagement und Reisedokumente zum Projektvorhaben. Eine weitere wichtige Maßnahme ist die Zusammenarbeit der EU mit dem Büro der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung. Kürzlich wurde im Rahmen des EU-Treuhandfonds für Afrika ein regionales Programm ins Leben gerufen, mit dem kriminelle Netze in Nordafrika, die Migranten schleusen und am Menschenhandel beteiligt sind, zerschlagen werden sollen.

Die Bekämpfung der Schleusung von Migranten ist auch ein wesentlicher Bestandteil der Maßnahmen und Operationen im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik. Dazu gehören die Operation Sophia (EUNAVFOR MED) und die EU-Mission zur Unterstützung des integrierten Grenzmanagements in Libyen (EUBAM Libya). Die Kriminalitätsinformationszelle der Operation Sophia hat sich beim Aufbau eines gemeinsamen Lagebewusstseins zwischen den beteiligten EU-Agenturen und der Operation Sophia als besonders nützlich erwiesen. Wenngleich eine weitere Verlängerung des Mandats der Operation bis zum 31. März 2020 zu begrüßen ist, so kann die Operation ihr Mandat derzeit nicht in vollem Umfang erfüllen, da der Einsatz ihres Schiffsbestands seit März 2019 vorübergehend ausgesetzt wurde. EUBAM Libya arbeitet mit dem Justizwesen und den Koordinierungsmechanismen Libyens darauf hin, insbesondere die Landesgrenzen zu kontrollieren, um organisierte kriminelle Netze, darunter die Schleusung von Migranten, zu zerschlagen.

·Rückkehr/Rückführung und Rückübernahme

2018 wurde laut Angaben von Eurostat die Ausreise von 478 155 illegal in der EU aufhältigen Personen angeordnet; davon wurden 170 380 Personen tatsächlich in ein Drittland rückgeführt. Damit liegt die Rückführungsquote für 2018 bei 36 %, was einen leichten Rückgang gegenüber 2017 (Rückführungsquote von 37 %) darstellt. 34   35 Einige Länder, gegen deren Staatsangehörige eine große Zahl von Rückführungsentscheidungen 36 erlassen wird, haben sehr geringe Rückführungsquoten, wie Mali (1,7 %) und Guinea (2,8 %).

Mehr Engagement für Rückkehr/Rückführung und Rückübernahme erforderlich

Die 23 geltenden Rückübernahmeabkommen und -vereinbarungen 37 , die mit EU-finanzierten Fallmanagementinstrumenten, Projekten zum Kapazitätsaufbau in Drittstaaten und den Austausch von Verbindungsbeamten unterstützt werden, ermöglichen eine bessere Zusammenarbeit und wirksamere operative Abläufe; weitere Abkommen und Vereinbarungen werden im Rahmen des Ausbaus der Beziehungen mit den Partnern geprüft. Dennoch sind die Ergebnisse nach wie vor enttäuschend, was die Zahl der rückgeführten Personen anbelangt.

Für eine Steigerung der Rückführungen sind zusätzliche Anstrengungen sowohl in den Mitgliedstaaten als auch mit Drittstaaten erforderlich. Zunächst gilt es, durch die Rückkehr-/Rückführungssysteme der Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass jene, gegen die Rückführungsentscheidungen erlassen werden, tatsächlich rückgeführt werden können. Zu den wichtigen Maßnahmen gehören die aktive Überwachung der Situation von Drittstaatsangehörigen während des gesamten Rückführungsverfahrens und die Einhaltung ihrer Verpflichtung zur Rückkehr, um Sekundärmigration und ein Untertauchen zu verhindern, sowie eine stärkere Unterstützung der kooperationswilligen Drittstaatsangehörigen, die zur freiwilligen Rückkehr bereit sind. Des Weiteren müssen die Verhandlungen über die Neufassung der Rückführungsrichtlinie 38 abgeschlossen werden, die zumindest vorangeschritten sind, sodass der Rat am 7. Juni 2019 eine partielle allgemeine Ausrichtung annehmen konnte. Das Europäische Parlament hat in seiner Amtsperiode 2014-2019 diesbezüglich keinen Standpunkt angenommen. Solange die Billigung dieser Neufassung aussteht, können die Mitgliedstaaten dennoch bei den Themen Rückkehr/Rückführung und Rückübernahme mehr Fortschritte erzielen, indem sie den von der Kommission 2017 vorgelegten neuen Aktionsplan zur Rückkehrpolitik umsetzen. 39

Die Mitgliedstaaten sollten die Rückübernahmeinstrumente und alle weiteren verfügbaren Instrumente in vollem Umfang nutzen. Die Kommission wird die Mitgliedstaaten weiterhin bei der Umsetzung der Rückführungsabkommen unterstützen und die Verhandlungen über weitere Instrumente in allen Fällen, in denen Maßnahmen auf EU-Ebene einen Mehrwert für das Verfahren mit sich bringen, fortsetzen.

Sowohl für die Verhandlungen als auch für die Umsetzung der Rückübernahmeinstrumente gilt die klare gemeinsame Botschaft, dass die EU und ihre Mitgliedstaaten ein Kooperieren der betreffenden Drittstaaten voraussetzen. Dies kann bedeuten, dass ein breiteres Spektrum an politischen Maßnahmen zum Einsatz kommt, mit denen sich eine Hebelwirkung erzielen lässt. In diesem Zusammenhang wird der überarbeitet Visakodex der EU, der im Februar 2020 in Kraft tritt, ein wichtiges zusätzliches Instrument sein, mit dem die EU restriktive Visamaßnahmen für Drittstaaten, die bei der Rückübernahme nicht ausreichend kooperieren, annehmen kann. Weitere Anreize und Einflussmöglichkeiten sollten auch in anderen Politikbereichen von Fall zu Fall erwogen werden.

Es ist ferner unabdingbar, die volle Funktionsfähigkeit des erweiterten Mandats der Europäischen Agentur für die Grenz- und Küstenwache im Bereich der Rückkehr/Rückführung sicherzustellen. 40 Neben der umfangreichen Stärkung der Agentur sollten ihre Kapazitäten im Bereich Rückkehr/Rückführung gesteigert werden, um die Maßnahmen der Mitgliedstaaten mit einem Pool an Sachverständigen zur Beobachtung, Begleitung und Rückführung in den kommenden Jahren noch stärker zu unterstützen, und so die Rückkehrpolitik der EU wirksamer zu gestalten. Dies wird auch eine der Aufgaben des neuen Europäischen Netzes von Verbindungsbeamten für Einwanderungsfragen sein. 41  

5.VERSTÄRKTES AUSSENGRENZMANAGEMENT

Im Hinblick auf ein integriertes europäisches Grenzmanagement als geteilte Verantwortung zwischen der Agentur und den nationalen Behörden hat die Kommission seit 2016 gemeinsam mit der Europäischen Agentur für die Grenz- und Küstenwache an der Umsetzung der Verordnung über die Europäische Grenz- und Küstenwache gearbeitet. Ein wichtiger Aspekt sind die Arbeiten der neuen Agentur, um die Unionsstandards für das Grenzmanagement an allen Außengrenzen zu gewährleisten, u. a. durch die Schaffung eines Beschwerdemechanismus, der von einem unabhängigen Grundrechtsbeauftragten betreut wird.

Die Europäische Agentur für die Grenz- und Küstenwache steht heute im Mittelpunkt der Arbeit der EU zur Unterstützung der Mitgliedstaaten beim Schutz der Außengrenzen. Was den praktischen Einsatz anbelangt, so wurde ein Soforteinsatzpool aus 1500 Grenzschutzbeamten und weiteren Fachkräften sowie ein Ausrüstungspool für Soforteinsätze im Notfall an den Außengrenzen eines Mitgliedstaats eingerichtet. Die Agentur hat die Mitgliedstaaten an den wichtigsten Migrationsrouten sowohl an den See- als auch an den Landgrenzen – auch im Hinblick auf die Rückkehr/Rückführung – weiterhin operativ unterstützt. Insgesamt waren Mitte Oktober 2019 fast 1400 Grenzschutzbeamte sowie weitere Experten und Ausrüstung im Einsatz. 42 Darüber hinaus verwendet die Agentur seit 2016 auch satellitengestützte Überwachungsverfahren im Rahmen des Copernicus-Programms, um die EU-Grenzen zu beobachten.

Des Weiteren hat die Agentur die Aufgabe, jedes Jahr Schwachstellenbeurteilungen durchzuführen, anhand derer die Kapazität und die Bereitschaft der Mitgliedstaaten zur Bewältigung von Bedrohungen und Herausforderungen an den Außengrenzen bewertet werden. Dazu gehört eine Bewertung der Ausstattung, der Infrastruktur, des Budgets und der finanziellen Ressourcen der Mitgliedstaaten sowie eine Beurteilung ihrer Notfallpläne für eventuelle Krisensituationen an den Außengrenzen. Die Agentur gibt dann Empfehlungen zu den Grenzkontrollkapazitäten der Mitgliedstaaten ab. Die Agentur hat daher Beurteilungen für alle Mitgliedstaaten in drei jährlichen Zyklen in den Jahren 2017, 2018 und 2019 abgeschlossen und konkrete Maßnahmen zu den wichtigsten ermittelten Schwachstellen in insgesamt 131 Fällen empfohlen, die die betreffenden Mitgliedstaaten ergreifen mussten, u. a. um ihre jeweiligen Kapazitäten auszubauen oder den Einsatz von Personal und Ausrüstung anzupassen, um diese Schwachstellen zu beheben. Die Agentur verfolgt die Umsetzung dieser Empfehlungen genau. 

Ein weiterer wichtiger Aspekt der Verordnung von 2016 ist die Verarbeitung von personenbezogenen Daten, die von der Agentur zu Zwecken der Risikoanalyse und zur Übermittlung an die EU-Agenturen und die Mitgliedstaaten erhoben werden. 43 Ferner hat die Europäische Agentur für die Grenz- und Küstenwache auch Drittstaaten unterstützt und einen Beitrag zur Überführung von Drittstaatsangehörigen, die internationalen Schutz benötigen, und damit zur inneren Sicherheit der EU geleistet.

Die Kommission hat mit fünf westlichen Balkanländern Statusvereinbarungen verhandelt, um Einsätze mit Exekutivbefugnissen in deren Hoheitsgebiet zu ermöglichen. Die Vereinbarung mit Albanien trat am 1. Mai 2019 in Kraft, und Teams von Grenzschutzbeamten wurden rasch zur albanisch-griechischen Grenze entsandt. Die Vereinbarung mit Montenegro wurde am 7. Oktober unterzeichnet und bedarf nun der Zustimmung durch das Europäische Parlament. Weitere Abkommen wurden mit Nordmazedonien (Juli 2018), Serbien (September 2018), Bosnien und Herzegowina (Januar 2019) paraphiert und liegen nun zur Unterzeichnung vor.

Im März 2019 erzielten das Europäische Parlament und der Rat eine Einigung über eine gestärkte und voll ausgerüstete Europäische Grenz- und Küstenwache; die neue Verordnung soll Anfang Dezember 2019 in Kraft treten. Wichtige operative Neuerungen sind die Einrichtung einer ständigen Reserve von 10 000 Einsatzkräften mit Exekutivbefugnissen sowie die Einrichtung eines eigenen Ausrüstungspools für die Agentur. Wie wichtig die neuen Rechtsvorschriften sind, wird auch angesichts der fortdauernden Schwierigkeiten deutlich, die die Agentur hat, ausreichende fachliche Unterstützung seitens der Mitgliedstaaten für wichtige Operationen an den Grenzen, darunter in Griechenland, Spanien und Bulgarien, zu bekommen. Die wiederholt unzureichenden Zusagen seitens der Mitgliedstaaten führten dazu, dass personelle Ressourcen und technische Ausrüstung durch die Aufnahmemitgliedstaaten intern umverteilt und von der Agentur finanziert wurden. Zwar konnten so bestehende Lücken vorübergehend geschlossen werden, jedoch steht dieses Vorgehen im Hinblick auf einen wirksamen Schutz der Außengrenzen nicht im Einklang mit der geteilten Verantwortung zwischen den zuständigen Behörden aller Mitgliedstaaten und der Agentur.

Die Agentur wird auch über ein stärkeres Mandat hinsichtlich der Rückkehr/Rückführung verfügen und enger mit Drittstaaten zusammenarbeiten, darunter auch mit Ländern außerhalb der unmittelbaren Nachbarschaft der EU. Die so gestärkte Agentur wird somit so ausgerichtet, dass sie auf die gemeinsamen Herausforderungen reagieren kann, die Europa mit Blick auf die Migrationssteuerung und das Außengrenzmanagement bewältigen muss.

Eine Reihe fortschrittlicher Grenzmanagementinstrumente wird im Zuge der Annahme von Rechtsvorschriften über die Interoperabilität von Informationssystemen und wichtigen neuen Informationssystemen weiterentwickelt werden. 44 Damit werden Informationslücken geschlossen, Schwachstellen beseitigt und die Aufdeckung von Mehrfachidentitäten und Identitätsbetrug ermöglicht. Die Kommission unterstützt die Mitgliedstaaten bei der Umsetzung mit dem Ziel, bis Ende 2020 eine uneingeschränkte Interoperabilität der EU-Informationssysteme für Sicherheit, Grenzmanagement und Migrationssteuerung zu gewährleisten. Der rasche Abschluss aller damit zusammenhängenden Rechtsvorschriften durch das Europäische Parlament und den Rat ist entscheidend, um ein wirksames System zu schaffen, um Informationslücken zu schließen und eine optimale Nutzung dieser wichtigen Instrumente sicherzustellen. Diesbezüglich laufen derzeit auch Verhandlungen über die Überarbeitung des Visa-Informationssystems, von Eurodac und den damit einhergehenden Änderungen des Europäischen Reiseinformations- und -genehmigungssystems.

6.RECHTSRAHMEN, NEUANSIEDLUNG, VISA UND LEGALE EINREISEMÖGLICHKEITEN

Die Krise von 2015 hat klar gezeigt, dass das Gemeinsame Europäische Asylsystem reformiert werden muss. Angesichts des Massenzustroms wurde insbesondere die Notwendigkeit einer besseren Zuweisung der Zuständigkeit für die Asylanträge an den jeweiligen Mitgliedstaat der ersten Einreise deutlich. Im Rahmen der Gespräche zu der 2016 vorgeschlagenen Reform des Dublin-Systems und weiteren sechs Vorschlägen 45 zur Überarbeitung des Asylrechts wurde unterschiedliche Wege geprüft, wie sich die Mitgliedstaaten in Notfällen solidarisch zeigen können. Zu fünf der sieben Vorschläge konnten echte Fortschritte in Richtung einer vorläufigen Einigung erzielt werden. Die Mehrheit der Mitgliedstaaten bestand jedoch auf einem Paket-Konzept, sodass Fortschritte zu den wichtigsten Elementen der Dublin-Verordnung und der Asylverfahrensverordnung erzielt werden müssen. Das Europäische Parlament hat eine alle nötigen Mandate angenommen.

Die Neuansiedlung ist eine sichere und legale Alternative zu irregulären und gefährlichen Reisen der Flüchtlinge und ein Beweis der europäischen Solidarität mit Nicht-EU-Ländern, die eine große Zahl an Personen aufnehmen, die vor Krieg oder Verfolgung fliehen. Bis zur Annahme des vorgeschlagenen Neuansiedlungsrahmens der Union gelten befristete Regelungen. Seit 2015 wurden beinahe 63 000 Flüchtlinge neu angesiedelt. Im Rahmen der laufenden EU-Neuansiedlungsregelung haben sich 20 Mitgliedstaaten verpflichtet, mehr als 50 000 Plätze für die schutzbedürftigsten Personen bereitzustellen. Bis zum 7. Oktober 2019 wurden 39 000 Personen neu angesiedelt (78 % der Zusagen insgesamt). Die Mitgliedstaaten müssen diese Dynamik aufrechterhalten und sicherstellen, dass die verbleibenden Zusagen bis zum Jahresende vor Auslaufen der Regelung erfüllt werden. Die Mitgliedstaaten haben auf die Aufforderung der Kommission zur Fortsetzung der Neuansiedlung im Jahr 2020 reagiert und bereits 30 000 Neuansiedlungsplätze für das Jahr 2020 zugesagt. Damit stellen die Mitgliedstaaten einmal mehr ihr kontinuierliches Engagement zur Neuansiedlung als sicheren und legalen Weg in die EU unter Beweis.

Die Türkei, der Libanon und Jordanien sind nach wie vor die drei Länder mit den höchsten Neuansiedlungen in Europa; die Anstrengungen konzentrieren sich aber auch auf Länder der zentralen Mittelmeerroute, insbesondere Ägypten, Niger/Libyen und Tschad. Neuansiedlungen im Rahmen der Nothilfe-Transitmechanismen in Niger und Ruanda sollten eine besondere Priorität darstellen.

Der neu überarbeitete Visakodex vervollständigt die Reform der Vorschriften für Schengen-Visa, die die Kommission im März 2018 eingeleitet hat und mit der das Verfahren für die Erteilung von Visa für Bona-fide-Reisende oder für kurzfristige Aufenthalte vereinfacht und die Sicherheitsstandards gestärkt sowie irreguläre Migration verringert werden sollen. Eine rasche Einigung zwischen dem Europäischen Parlament und dem Rat über den Vorschlag der Kommission zur Aktualisierung des Visa-Informationssystems würde dies ergänzen. 46  

Die politischen Maßnahmen und Instrumente im Bereich der legalen Migration, insbesondere um Talente von außerhalb der EU anzuwerben, haben in den letzten Jahren bedeutende Entwicklungen erfahren. Dies wirkte sich unter anderem konkret auf die Reform der Einwanderungsvorschriften von 2016 für Studenten, Forscher, Praktikanten und Freiwillige aus, sodass die Zahl der Drittstaatsangehörigen, die zum Studium in die EU einreisen, von knapp 200 000 im Jahr 2011 auf 320 000 im Jahr 2018 gestiegen ist. 47 Bedauerlicherweise sind die Verhandlungen über die vorgeschlagene Reform, um die Blaue Karte EU attraktiver zu gestalten und die Wettbewerbsfähigkeit der EU zu verbessern, ins Stocken geraten. Parallel dazu wurde der Rahmen für die legale Migration auf EU-Ebene insgesamt einer umfassenden Bewertung unterzogen („Fitness-Check“). 48 Die Ergebnisse werden in die laufenden Überlegungen zu den nächsten Schritten einfließen.

Parallel dazu wurden konkrete Fortschritte durch die Entwicklung von Pilotprojekten zur legalen Migration gewährleistet, die gemeinsam von den Mitgliedstaaten mit wichtigen Herkunfts- und Transitländern ausgearbeitet und von der Kommission unterstützt wurden. Diese zielen darauf ab, neue Kompetenzen von Drittstaatsangehörigen an die Bedürfnisse des Arbeitsmarktes in der EU anzupassen. Derzeit werden mit EU-Mitteln fünf Pilotprojekte zur legalen Migration durchgeführt, um Regelungen für zirkuläre Migration und langfristige Mobilitätsprogramme für junge Absolventen und Arbeitnehmer ausgewählter Partnerländer (Ägypten, Marokko, Nigeria und Tunesien) umzusetzen. Neben den Vorteilen, die sich aus diesen Pilotprojekten unmittelbar für die Drittstaaten und die Migranten selbst ergeben können, werden auch Anreize für Partnerländer geschaffen, ihr Engagement mit Blick auf eine wirksame Migrationssteuerung noch weiter zu steigern. Die Kommission ermutigt die Mitgliedstaaten daher weiterhin, Pilotprojekte zu entwickeln und den geografischen Schwerpunkt über Nordafrika (das bislang den Schwerpunkt bildete) hinaus zu erweitern.

Die Kommission hat ihre Unterstützung für die Mitgliedstaaten und alle einschlägigen Interessenträger im Bereich der Integration deutlich verstärkt – sowohl durch die Bereitstellung von Mitteln und die Koordinierung politischer Maßnahmen als auch die Förderung des Austauschs von Erfahrungen und bewährten Verfahren. Seit der Einführung des Aktionsplans für Integration im Jahr 2016 wurde eine Reihe von Maßnahmen in verschiedenen Bereichen, wie Bildung, Eingliederung in den Arbeitsmarkt, Erleichterung des Zugangs zu grundlegenden Dienstleistungen und die Förderung der Teilhabe, umgesetzt. Im Bereich der Eingliederung in den Arbeitsmarkt hat die Kommission ein Instrument zur Erstellung von Kompetenzprofilen für Drittstaatsangehörige 49 entwickelt und eng mit Sozial- und Wirtschaftspartnern zusammengearbeitet, um die europäische Integrationspartnerschaft umzusetzen und die Eingliederung von Flüchtlingen 50 in den Arbeitsmarkt mithilfe verschiedener Maßnahmen und Initiativen in vielen Mitgliedstaaten zu verbessern, sowie auch mit dem privaten Sektor im Rahmen der Initiative „Arbeitgeber gemeinsam für Integration“. 51  

Die Kommission hat darüber hinaus ihre Unterstützung für kommunale und regionale Behörden, die bei der Eingliederung von Migranten in unsere Gemeinschaften an vorderster Front stehen, aufgestockt. So wurden kürzlich acht große Städte- und Regionsnetze ins Leben gerufen, um die Integration voranzutreiben. Die Kommission hat sich ferner mit dem Ausschuss der Regionen zusammengetan, der die Initiative Städte und Regionen für die Integration von Migranten , eine Plattform für Bürgermeister und Regionalpolitiker in Europa zum Austausch positiver Beispiele, ins Leben gerufen hat. Sie hat darüber hinaus die Mitgliedstaaten im Rahmen des Europäischen Integrationsnetzes noch stärker unterstützt, indem drei Projekte zur gegenseitigen Amtshilfe, zur Förderung der gegenseitigen Unterstützung der Mitgliedstaaten bei der Schaffung einer neuen Integrationspolitik bzw. eines neuen Integrationsprogramms auf den Weg gebracht wurden.

7.SCHLUSSFOLGERUNG

In diesem Bericht sind die anhaltenden Bemühungen dargelegt, die die EU seit Beginn der Migrationskrise im Jahr 2015 zur Bewältigung der Migrationsproblematik unternommen hat. So ist es der EU nicht nur gelungen, die Migrationsströme zu steuern, die Zahl der Neuankömmlinge zu verringern und Leben zu retten, ihr umfassender Ansatz hat auch neue Instrumente hervorgebracht und bewiesen, dass die EU fähig ist, Solidarität und Verantwortung zu zeigen und gleichzeitig praktische Unterstützung vor Ort zu leisten. Die EU arbeitet kontinuierlich daran, Migranten und Flüchtlingen Schutz zu bieten, Mitgliedstaaten, die dem stärksten Druck ausgesetzt sind, zu entlasten, die Außengrenzen noch besser zu sichern und mit ihren Partnern weltweit intensiv zusammenzuarbeiten. All diesen Bemühungen ist es zu verdanken, dass die Grundlagen im Bereich der Migrationspolitik der EU heute wesentlich solider sind als bei Ausbruch der Krise im Jahr 2015.

Der Mehrwert, den die EU bei der Bewältigung der Migrationsproblematik leisten konnte, ist essenziell. Die insbesondere durch die Europäische Agentur für die Grenz- und Küstenwache, das Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen und Europol geleistete operative Unterstützung der Mitgliedstaaten ist integraler Bestandteil der Maßnahmen der EU in den Bereichen Grenzsicherheit und Rückkehr, Migration und Asyl sowie Bekämpfung von Schleusern. Sie ist die konkrete Ausprägung jener Solidarität, in der europäische und nationale Bemühungen Hand in Hand gehen und durch die Vertrauen entsteht. Es ist daher von entscheidender Bedeutung, dass die Mitgliedstaaten bei der Entsendung von Experten für die Arbeit dieser Agenturen keine Engpässe zulassen.

Die Finanzierung spielt eine zentrale Rolle, sowohl für die Verwirklichung der politischen Maßnahmen der EU als auch als Ausdruck der Solidarität innerhalb der EU. Dies lassen auch die Vorschläge der Kommission für den nächsten mehrjährigen Finanzrahmen erkennen, die vorsehen, die Mittelausstattung für Migration und Grenzmanagement innerhalb der EU annähernd zu verdreifachen und ein neues kombiniertes Außenfinanzierungsinstrument einzuführen, das mit einem Zehntel der Migrationsausgaben veranschlagt ist und einen flexiblen Puffer umfassen soll, der im Bedarfsfall mobilisiert werden könnte. Eine ausreichende Finanzierung durch die EU wird weiterhin von entscheidender Bedeutung sein, um unmittelbare humanitäre Hilfe leisten zu können und um auf lange Sicht eine solide Migrationsinfrastruktur aufzubauen. In der Zeit des Übergangs von einer mehrjährigen Finanzierungsperiode zur nächsten ist es wichtig, die Maßnahmen vor Ort kontinuierlich fortzuführen, um die bisher erzielten Fortschritte nicht zu gefährden, insbesondere nicht bei den wichtigen Programmen im Rahmen der Treuhandfonds. Die Wiederauffüllung des EU-Treuhandfonds für Afrika im Jahr 2020 ist daher ein zentrales Anliegen.

Nach wie vor sterben aber noch Menschen auf See, und die von Fall zu Fall gefundenen Lösungen sind eindeutig nicht nachhaltig. Die Gefahr, dass der Migrationsdruck wieder zunimmt, hält an, und zwar sowohl aufgrund kurzfristiger instabiler Situationen als auch aufgrund langfristiger Trends wie Demografie und Klimawandel. Geeignete legale Einreisemöglichkeiten und das Thema Integration bleiben weiterhin eine Herausforderung. Auch bei den Themen Rückführungen, Rückübernahmen und Wiedereingliederungen von Personen, die keinen Schutz benötigen, bedarf es weiterer Anstrengungen. Deshalb ist es wichtiger als je zuvor, auf ein nachhaltiges, langfristiges EU-System hinzuarbeiten, das es ermöglicht, die Migration in all ihren Aspekten besser zu steuern. Dazu bedarf es der Fortsetzung der bisherigen Arbeit in Bezug auf die operative und finanzielle Unterstützung, die Vervollständigung und Umsetzung des Rechtsrahmens und die Vertiefung der Partnerschaften mit Drittländern. Das weitere Vorgehen, insbesondere hinsichtlich der Reformierung der Rechtsvorschriften, muss von größerer allgemeiner Solidarität und Kompromissbereitschaft getragen werden.

Es steht außer Zweifel, dass vorübergehende Regelungen für die Ausschiffung notwendig sind und von einer kritischen Masse von Mitgliedstaaten unterstützt werden müssen. Jedoch müssen auch die Bemühungen um einen vollständigen und nachhaltigen Rechtsrahmen der EU für Migration und Asyl beschleunigt werden. Einige Fortschritte wurden bereits erzielt, doch eine umfassende Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems steht noch aus. Um sicherzustellen, dass die EU auf künftigen Bedarf in einer Weise reagieren kann, die sowohl effizient ist als auch unseren Werten gerecht wird, ist ein gemeinsamer Ansatz für ein faires und dauerhaftes Asylsystem erforderlich.

Migration ist nicht nur in den Beziehungen der EU zu ihren Partnern zu einer Priorität avanciert, sondern sie ist auch für ihre Bürgerinnen und Bürger zu einem wichtigen Thema geworden. Nun gilt es, die Thematik in Form einer Vertiefung der Partnerschaften mit Drittländern vollständig umzusetzen‚ sodass echte langfristige Beziehungen entstehen, die auch Bereiche wie legale Migration, Bekämpfung von Schleusern und Rückübernahme umfassen können.

Daneben ist ein uneingeschränkt funktionierendes Schengen-System für die EU und ihre Wirtschaft unerlässlich. Wir müssen das System noch solider machen und Vertrauen aufbauen, um zu einem Schengenraum ohne Binnengrenzen zurückzukehren.

Die letzten vier Jahre der politischen Umsetzung haben gezeigt, dass die EU in der Lage ist, auf unvorhergesehene Ereignisse zu reagieren, gemeinsame Lösungen zu finden und im Wege der Zusammenarbeit echte Ergebnisse zu erzielen. Es liegt jedoch noch ein gutes Stück Arbeit vor uns. Wie der erneute Zustrom von Neuankömmlingen über die östliche Mittelmeerroute sowie die neuerlichen bewaffneten Auseinandersetzungen im Nordosten Syriens, die die Stabilität der gesamten Region noch zusätzlich gefährden, zeigen, bleibt die Lage fragil, sodass kein Anlass besteht, sich mit dem Erreichten zufriedenzugeben. Allerdings verfügen wir nun über die richtige Grundlage, um die Arbeiten zur Errichtung eines soliden und wirksamen europäischen Migrations- und Asylsystems abzuschließen, eines Systems, das von Solidarität und Verantwortung geprägt ist und seine Zielsetzung erfüllt.

(1)    COM(2019) 126 final.
(2)    Zur EU+ gehören alle 28 Mitgliedstaaten sowie die Schweiz, Norwegen, Island und Liechtenstein.
(3)    71 Personen bis 29. September.
(4)     https://frontex.europa.eu/along-eu-borders/migratory-map/ .  
(5)    Quelle: Eurostat.
(6)    https://www.easo.europa.eu/latest-asylum-trends
(7)    Nach Angaben des UNHCR hat die Türkei mehr als 3,6 Millionen syrische Flüchtlinge sowie rund 360 000 Flüchtlinge und Asylsuchende aus anderen Ländern als Syrien, hauptsächlich aus Afghanistan, Irak und Iran, aufgenommen ( http://reporting.unhcr.org/node/2544?y=2019#year ).
(8)    In seinem Bericht über die Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei stellte der Europäische Rechnungshof fest, dass die Fazilität in einem schwierigen Kontext rasch Mittel mobilisiert hat, die bis zu fünfmal schneller vergeben wurden als die traditionelle Hilfe für die Türkei im Rahmen des Instruments für Heranführungshilfe.
(9)    Bislang wurden 5,8 Mrd. EUR (2,23 Mrd. EUR an humanitärer Hilfe und 3,57 Mrd. EUR an nicht humanitärer Hilfe) programmiert, wovon 4,2 Mrd. EUR bereits vertraglich gebunden und 2,57 Mrd. EUR ausgezahlt wurden.
(10)    Siehe Angaben der türkischen Generaldirektion für Migrationssteuerung.
(11)      2016 und 2017 wurden Sondermaßnahmen im Bereich Migration und Vertreibung für Asien und den Nahen Osten angenommen.
(12)    Bei der Regelung über die freiwillige Aufnahme aus humanitären Gründen handelt es sich um eine weitere Neuansiedlungsregelung, die im Rahmen der Erklärung EU-Türkei vorgesehen ist. Die Standardverfahren für die Regelung wurden 2017 sowohl von der Türkei als auch von den EU-Mitgliedstaaten gebilligt. Nach der Erklärung EU-Türkei soll die Regelung aktiviert werden, sobald die irregulären Grenzüberquerungen zwischen der Türkei und der EU enden oder zumindest erheblich und nachhaltig zurückgegangen sind.
(13)    Zum Beispiel der Besuch von EU-Kommissar Avramopoulos und dem deutschen Innenminister Seehofer in der Türkei und in Griechenland am 3. und 4. Oktober 2019.
(14)    Unterstützung aus dem Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds, dem Fonds für die innere Sicherheit und dem Instrument für Soforthilfe. Die Aktivierung des Soforthilfeinstruments zur Deckung der humanitären Bedürfnisse von Migranten und Flüchtlingen, die in Griechenland festsitzen, endete im März 2019. Über drei Jahre wurden insgesamt mehr als 643 Mio. EUR bereitgestellt. Die Finanzierung einiger Aktivitäten, wie z. B. spezifischer Einrichtungen für unbegleitete Minderjährige und der Gesundheitsversorgung, wurde den griechischen Behörden übertragen.
(15)    Auch durch Zugang zu Gesundheitsversorgung und nicht formaler Bildung, spezielle Sicherheitszonen für unbegleitete Minderjährige und Schulungen für das Hilfspersonal.
(16)    Fast 40 Mio. EUR im Rahmen des Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds (zum Beispiel für die Aufnahme von Flüchtlingen) und fast 52 Mio. EUR im Rahmen des Fonds für die innere Sicherheit zur Unterstützung der Visumpolitik, der Grenzkontrollen und der polizeilichen Zusammenarbeit.
(17)    Die betreffenden Mitgliedstaaten könnten unter Anwendung des geänderten Artikels 18 der Verordnung (EU) Nr. 516/2014 zur Einrichtung des Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds einen Pauschalbetrag von 6000 EUR je überstellter Person erhalten.
(18)    Darüber hinaus wurden seit 2007 Mittel in Höhe von 216,1 Mio. EUR bereitgestellt, um die Partner im Westbalkan im Bereich der Migration mit regulärer finanzieller Hilfe im Rahmen des Instruments für Heranführungshilfe zu unterstützen.
(19)    Diese Programme verstärken die laufenden Maßnahmen zum Schutz und zur Unterstützung von Flüchtlingen und schutzbedürftigen Migranten insbesondere in Libyen, zur Verbesserung der Lebensbedingungen und der Resilienz der libyschen Bevölkerung sowie zur Förderung von wirtschaftlichen Chancen, Arbeitsmigration und Mobilität in den nordafrikanischen Ländern.
(20)    Belgien, Deutschland, Finnland, Frankreich, Italien, Kanada, die Niederlande, Norwegen, Schweden, die Schweiz, das Vereinigte Königreich und die Vereinigten Staaten haben Neuansiedlungen aus Libyen und dem Nothilfe-Transitmechanismus vorgenommen.
(21)    Insgesamt kehrten über 61 000 Personen freiwillig aus Libyen, Niger, Mali, Mauretanien und Dschibuti zurück.
(22)    Gemeinsame Pressemitteilung unter https://eeas.europa.eu/headquarters/headquarters-homepage/67915/joint-press-release-meeting-joint-au-eu-un-taskforce-address-migrant-and-refugee-situation_en .
(23)    Aus dem Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds und dem Fonds für die innere Sicherheit, davon 275 Mio. EUR als Soforthilfe.
(24)    Dieser Betrag umfasst 21 Mio. EUR aus dem Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds und 84 Mio. EUR aus den nationalen Programmen im Rahmen des Fonds für die innere Sicherheit für den Zeitraum 2014-2020.
(25)      Bis zum 7. Oktober hatten die teilnehmenden Mitgliedstaaten bei den 14 von der Kommission koordinierten Ausschiffungen zugesagt, 1187 Migranten umzuverteilen, von denen 368 bereits umverteilt sind.
(26)    Seit 2018 haben Belgien, Finnland, Frankreich, Deutschland, Irland, Italien, Litauen, Luxemburg, Malta, die Niederlande, Portugal, Rumänien, Slowenien, Bulgarien und Spanien an mindestens einer Ad-hoc-Umverteilungsaktion teilgenommen. Auch Norwegen hat teilgenommen.
(27)     Im „Doing Business Index“ der Weltbank stieg Marokko von Platz 128 im Jahr 2010 auf Platz 60 im Jahr 2018 auf.
(28)    Die Garantien sollen zusätzliche Finanzmittel insbesondere aus der Privatwirtschaft mobilisieren, da sie das Risiko für private Investitionen verringern und einen Teil der Verluste, die Geldgebern und Investoren entstehen könnten, ausgleichen. Bei der Mischfinanzierung werden Zuschüsse mit Mitteln aus anderen, eher kommerziellen Quellen kombiniert.
(29)    Die Konferenz am 28./29. Oktober wird von der EU, dem Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) und der Internationalen Organisation für Migration gemeinsam organisiert.
(30)     https://www.consilium.europa.eu/de/press/press-releases/2018/12/06/migrant-smuggling-council-approves-a-set-of-measures-to-fight-smuggling-networks/  
(31)    Im Anschluss an die Evaluierung des sogenannten Beihilfe-Pakets (SWD(2017) 120) hatte die Kommission zugesagt, sich mit den einschlägigen Interessenträgern über die Umsetzung der Rechtsvorschriften auszutauschen, insbesondere hinsichtlich der Nichtkriminalisierung humanitärer Hilfe für Migranten.
(32)    Die Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen ist abrufbar unter: https://ec.europa.eu/info/funding-tenders/opportunities/portal/screen/opportunities/topic-details/amif-2019-ag-call-04 .
(33)    Belgien, Deutschland, Spanien, Griechenland, Italien, Malta, Portugal.
(34)      Die Zahl der Rückführungen in Länder des westlichen Balkans, die in der Regel sehr gute Rückkehrquoten aufweisen, ist insgesamt zurückgegangen. Die Rückführungsquote (ohne Berücksichtigung der Länder des westlichen Balkans) ist von 29 % im Jahr 2017 auf 32 % im Jahr 2018 gestiegen.
(35)      Die durchschnittlichen Rückkehrquoten der einzelnen Mitgliedstaaten weichen erheblich voneinander ab. Diese Unterschiede spiegeln nicht unbedingt die Wirksamkeit von Rückkehrsystemen wieder, sondern können auch auf unterschiedliche Ansätze bei der Erhebung und Verarbeitung von Daten zurückzuführen sein. Abgesehen von internen Faktoren kann der Migrationsmix angesichts der unterschiedlichen Ebenen der Zusammenarbeit auch bei der Rückführung und Rückübernahme zwischen Herkunftsländern einen wesentlichen Einfluss haben.
(36)      Die Drittstaaten mit der höchsten Zahl an Staatsangehörigen (mehr als 10 000 pro Jahr), gegen die eine Rückführungsentscheidung erlassen wurde, blieben 2018 weitgehend unverändert: Marokko, Ukraine, Albanien, Afghanistan, Algerien, Irak, Pakistan, Guinea, Mali, Tunesien, Indien und Nigeria.
(37)      Die Verhandlungen über eine 24. Vereinbarung mit Belarus wurden abgeschlossen, die Unterzeichnung steht jedoch noch aus.
(38) COM(2018) 634 final.
(39) COM(2017) 200 final.
(40)      Das Mandat ermöglicht es der Agentur, die Mitgliedstaaten in allen Phasen des Rückkehr-/Rückführungsverfahrens zu unterstützen, u. a. bei der Ermittlung von Drittstaatsangehörigen ohne Aufenthaltsrecht, der Beschaffung gültiger Reisedokumente aus Drittstaaten und der Unterstützung der freiwilligen Ausreise und der Wiedereingliederung im Herkunftsstaat.
(41)      Die Verordnung (EU) 2019/1240 trat am 24. August 2019 in Kraft. Mit ihr wird ein Koordinierungsmechanismus auf EU-Ebene mit einem Lenkungsausschuss und einer Plattform für den Informationsaustausch geschaffen. Ferner sind gemeinsame Maßnahmen und Maßnahmen zum Kapazitätsaufbau vorgesehen, die mit EU-Mitteln finanziert werden.
(42)

     Offshore-Patrouillenschiffe, 18 Küstenpatrouillenschiffe/-boote, 5 Flugzeuge; 4 Hubschrauber, 103 Patrouillenfahrzeuge, 14 mobile Büros und weitere leichte Ausrüstung.

(43)    Personenbezogene Daten werden in den endgültigen Risikoanalyseprodukten anonymisiert. 
(44)      Verordnung (EU) 2019/817 vom 20. Mai 2019 und Verordnung (EU) 2019/818 vom 20. Mai 2019. Wichtige neue Systeme sind das EU-Einreise-/Ausreisesystem und das Europäische Reiseinformations- und -genehmigungssystem (ETIAS). Entscheidend sind ferner die Maßnahmen zur Stärkung des Schengener Informationssystems und zur Ausweitung des Europäischen Strafregisterinformationssystems auf Drittstaatsangehörige.
(45)      Die Vorschläge betreffen die Überarbeitung 1) der Dublin-Verordnung (Festlegung des für einen Asylsuchenden zuständigen Mitgliedstaats), 2) der Eurodac-Verordnung (Erweiterung des Anwendungsbereichs der Fingerabdruck-Datenbank auf Asylsuchende), 3) der EU-Asylagentur-Verordnung (Agentur zur operativen Unterstützung der Mitgliedstaaten), 4) der Asylverfahrensverordnung (Ersetzung der derzeitigen Richtlinie und Straffung der Vorschriften), 5) der Anerkennungsverordnung (Festlegung der Kriterien für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft), 6) der Richtlinie über die Aufnahmebedingungen (Gewährleistung von Mindeststandards für die Aufnahme von Asylsuchenden) und 7) der Verordnung über den Neuansiedlungsrahmen (ein neues Instrument für einen legalen Weg für schutzbedürftige Personen).
(46)      Die Datenbank mit Informationen über Visumanträge und Entscheidungen wird durch wirksamere Hintergrundprüfungen der Visumantragsteller und die Beseitigung von Informationslücken durch einen besseren Informationsaustausch gestärkt. Die Verhandlungen über das Visa-Informationssystem sind im Gange und die Triloge werden in Kürze aufgenommen.
(47)      Erste Genehmigungen für Studienzwecke, die durch die Mitgliedstaaten erteilt wurden und unter die frühere Richtlinie für Studenten und die derzeitige Richtlinie für Studenten und Forscher fallen (somit ohne Dänemark, Irland und das Vereinigte Königreich).
(48)      https://ec.europa.eu/home-affairs/what-we-do/policies/legal-migration/fitness-check_en.
(49)       https://ec.europa.eu/migrantskills/#/ .
(50)      Die Partnerschaft wurde im Dezember 2017 zwischen der Kommission und Sozial- und Wirtschaftspartnern mit dem Ziel unterzeichnet, eng zusammenzuarbeiten und die Eingliederung von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt zu fördern. https://ec.europa.eu/home-affairs/sites/homeaffairs/files/e-library/documents/policies/legal-migration/integration/docs/20171220_european_partnership_for_integration_en.pdf .
(51)       https://ec.europa.eu/home-affairs/what-we-do/policies/legal-migration/european-dialogue-skills-and-migration/integration-pact_en  
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