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Document 52017DC0531

BERICHT DER KOMMISSION Belgien Bericht nach Artikel 126 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union

COM/2017/0531 final

Brüssel, den 22.5.2017

COM(2017) 531 final

BERICHT DER KOMMISSION

Belgien

Bericht nach Artikel 126 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union


BERICHT DER KOMMISSION

Belgien

Bericht nach Artikel 126 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union

1.    Einleitung

In Artikel 126 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV oder „Vertrag“) ist ein Verfahren bei einem übermäßigen Defizit („Defizitverfahren“, VÜD) vorgesehen. Dessen Einzelheiten regelt die zum Stabilitäts- und Wachstumspakt (SWP) gehörige Verordnung (EG) Nr. 1467/97 über die Beschleunigung und Klärung des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit 1 . Besondere Vorschriften für die dem Euro-Währungsgebiet angehörenden Mitgliedstaaten, die Gegenstand eines Defizitverfahrens sind, sind in der Verordnung (EU) Nr. 473/2013 2 festgelegt.

Nach Artikel 126 Absatz 2 AEUV prüft die Kommission die Einhaltung der Haushaltsdisziplin anhand von zwei Kriterien, nämlich daran, a) ob das Verhältnis des geplanten oder tatsächlichen öffentlichen Defizits zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) den Referenzwert von 3 % überschreitet und b) ob das Verhältnis des öffentlichen Schuldenstands zum BIP den Referenzwert von 60 % überschreitet (es sei denn, es ist hinreichend rückläufig und nähert sich rasch genug dem Referenzwert).

Laut Artikel 126 Absatz 3 AEUV erstellt die Kommission einen Bericht, falls ein Mitgliedstaat keines oder nur eines dieser Kriterien erfüllt. In diesem Bericht wird auch „berücksichtigt, ob das öffentliche Defizit die öffentlichen Ausgaben für Investitionen übertrifft; berücksichtigt werden ferner alle sonstigen einschlägigen Faktoren, einschließlich der mittelfristigen Wirtschafts- und Haushaltslage des Mitgliedstaats“.

In diesem Bericht, der die erste Stufe des Defizitverfahrens darstellt, wird analysiert, ob Belgien das im Vertrag vorgesehene Defizit- und Schuldenstandskriterium erfüllt, wobei den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und sonstigen einschlägigen Faktoren gebührend Rechnung getragen wird.

Am 18. Mai 2016 veröffentlichte die Kommission einen vorhergehenden Bericht nach Artikel 126 Absatz 3 AEUV, da Belgien 2015 keine ausreichenden Fortschritte im Hinblick auf die Einhaltung des Richtwerts für den Schuldenabbau erzielt hatte. Dort kam die Kommission zu dem Ergebnis, dass nach der Bewertung sämtlicher einschlägiger Faktoren, die die dem Anschein nach mangelnde Einhaltung der Schuldenregel rechtfertigen könnten, das im Vertrag und in der Verordnung (EG) Nr. 1467/1997 festgelegte Schuldenstandskriterium als zum damaligen Zeitpunkt erfüllt angesehen werden sollte. Zu diesen Faktoren zählten unter anderem: i) die damals ungünstigen wirtschaftlichen Bedingungen, die die Einhaltung der Übergangsregelung für den Schuldenabbau besonders erschwerten, ii) die Erwartung, dass die Einhaltung der erforderlichen Anpassung in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel weitgehend sichergestellt sei und iii) die erwartete Umsetzung der ehrgeizigen, wachstumsfördernden Strukturreformen gemäß der von den Behörden ausgesprochenen Verpflichtung, die mittel- bis langfristig zur Senkung des Schuldenstands beitragen sollte.

Aus den Daten, die von den belgischen Behörden am 31. März 2017 gemeldet 3 und anschließend von Eurostat validiert 4 wurden, geht hervor, dass sich das gesamtstaatliche Defizit Belgiens 2016 auf 2,6 % des BIP belief, während der Schuldenstand bei 105,9 % des BIP und damit über dem Referenzwert von 60 % des BIP lag. Für 2017 wurden ein Defizit von 1,7 % des BIP und eine Schuldenquote von 105,6 % des BIP veranschlagt, während im Stabilitätsprogramm 2017, das die Kommission am 28. April 2017 erhielt, von einem Defizit von 1,6 % des BIP und einer Schuldenquote von 105,2 % des BIP ausgegangen wurde. Eurostat hat qualitative Vorbehalte hinsichtlich der von Belgien gemeldeten Daten zur Sektorzuordnung der Krankenhäuser angemeldet. Laut Eurostat sollten vom Staat kontrollierte Krankenhäuser gemäß dem ESVG 2010 dem Staatssektor zugeordnet werden, was derzeit nicht der Fall ist. Eine etwaige künftige Neuzuordnung hätte einen begrenzten Anstieg der Schuldenquote um rund 0,3 Prozentpunkte des BIP zur Folge.

Nach den übermittelten Daten hat Belgien 2016 keine ausreichenden Fortschritte in Richtung auf den Richtwert für den Schuldenabbau gemacht (siehe Tabelle 1). Die Änderung des strukturellen Saldos wird für 2016 auf 0,1 % des BIP veranschlagt (gegenüber einer erforderlichen minimalen linearen strukturellen Anpassung von 2,2 % des BIP). 5 Ferner wird Belgien 2017 und 2018 den Prognosen zufolge den Richtwert für den Schuldenabbau verfehlen, da die Schuldenquote nach der Frühjahrsprognose 2017 der Kommission um 2,7 bzw. 2,1 Prozentpunkte über dem Richtwert verharren dürfte. Auf der Grundlage des im Stabilitätsprogramm 2017 enthaltenen Szenarios würde die Lücke 2017 0,8 Prozentpunkte des BIP und 2018 nur 0,1 Prozentpunkte betragen und die Einhaltung des Schuldenstandskriteriums 2019 erreicht werden. Die Differenz zur Kommissionsprognose beruht auf einem um 0,3 Prozentpunkte (2017) bzw. 1 Prozentpunkt (2018) höher veranschlagten Defizitabbau, was daran liegt, dass die Kommissionsprognose mit der Annahme einer unveränderten Politik arbeitet, wohingegen im Stabilitätsprogramm Anpassungsmaßnahmen eingerechnet werden. Der Unterschied macht deutlich, wie wichtig Maßnahmen zur Defizitsenkung für die Einhaltung des Schuldenkriteriums sind.

Die insgesamt nicht ausreichenden Fortschritte Belgiens in Richtung auf den Richtwert für den Schuldenabbau im Jahr 2016 deuten darauf hin, dass in Belgien allem Anschein nach ein übermäßiges Defizit im Sinne des SWP besteht – ohne dass jedoch bereits alle im Folgenden aufgeführten Faktoren berücksichtigt wären.

Die Kommission hat den vorliegenden Bericht deswegen erstellt, um die Abweichung vom Richtwert für den Schuldenabbau und den Überhang im Vergleich zum im Vertrag festgesetzten Referenzwert umfassend zu bewerten und zu prüfen, ob – nach Berücksichtigung aller einschlägigen Faktoren – die Einleitung eines Defizitverfahrens angebracht ist. Abschnitt 2 des Berichts hat das Defizitkriterium zum Gegenstand, Abschnitt 3 das Schuldenstandskriterium. Abschnitt 4 behandelt die öffentlichen Investitionen und sonstige einschlägige Faktoren, wobei auch die Einhaltung des erforderlichen Anpassungspfads in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel bewertet wird. Der Bericht trägt der am 11. Mai 2017 veröffentlichten Frühjahrsprognose 2017 der Kommission sowie ihrer Bewertung der weiteren makroökonomischen und haushaltspolitischen Entwicklungen Rechnung.

Tabelle 1. Defizit und Schuldenstand des Gesamtstaats (in % des BIP)

2.Defizitkriterium

Belgiens Gesamtdefizit stieg von 2,5 % des BIP im Jahr 2015 auf 2,6 % im Jahr 2016. Die Kommission projiziert in ihrer Frühjahrsprognose 2017 für 2017 eine Verringerung des Defizits auf 1,9 % und damit eine Einhaltung des im Vertrag festgesetzten Referenzwerts von 3 % des BIP. Für 2018 wird in der Prognose der Kommission unter Annahme einer unveränderten Politik von einem erneuten Anstieg des Defizits auf 2,0 % des BIP ausgegangen.

In dem im Stabilitätsprogramm von 2017 enthaltenen mehrjährigen Horizont ist vorgesehen, das Defizit auf 1,6 % im Jahr 2017 und 0,7 % im Jahr 2018 zurückzuführen. Die Differenz zwischen Kommissionsprognose und Stabilitätsprogramm beruht mit Blick auf 2017 auf einer Reihe von in der Kommissionsprognose nicht vollumfänglich berücksichtigten Maßnahmen wie der steuerlichen Regularisierung, der Wiedereingliederung von chronisch Kranken ins Erwerbsleben oder Betrugsbekämpfungsmaßnahmen. In Bezug auf 2018 geht diese Differenz auf den Umstand zurück, dass in den Kommissionsprojektionen lediglich ausreichend detailliert beschriebene Maßnahmen berücksichtigt werden.

Belgien erfüllt somit das Defizitkriterium im Sinne des Vertrags und der Verordnung (EG) Nr. 1467/97.

3.Schuldenstandskriterium

Der gesamtstaatliche Bruttoschuldenstand stieg von 87 % des BIP im Jahr 2007 auf 106,7 % des BIP Ende 2014 und damit um nahezu 20 BIP-Prozentpunkte an. 2015 ging er dank einer Bestandsanpassung nach unten im Zusammenhang mit der Rückzahlung einer einem Finanzinstitut gewährten Beihilfe auf 106 % zurück. 2016 stabilisierte sich der Schuldenstand weitgehend, da ein geringfügiger Primärüberschuss eine Bestandsanpassung nach oben ausglich und der Schneeballeffekt (die Differenz zwischen Zinssatz und Wachstumsrate) ungefähr neutral blieb. Auf das Thema der Schuldendynamik wird im Abschnitt 4.3 näher eingegangen.

Der Kommissionsprognose zufolge dürfte der Schuldenstand in den kommenden Jahren leicht auf 105,6 % (2017) und 105,1 % des BIP (2018) zurückgehen. Im Zeitraum 2017-2018 dürften die jährlich mit 1,5 Prozentpunkten des BIP zu Buche schlagenden schuldensenkenden Auswirkungen der Primärüberschüsse und des Schneeballeffekts durch Bestandsanpassungen nach oben teilweise zunichte gemacht werden. Die Kommissionsprognose wurde am 25. April 2017 fertiggestellt, d. h. bevor Belgien am 3. Mai 2017 mit dem Verkauf eines Teils seiner Beteiligung an BNP Paribas begann. Die Veräußerung wird auf eine Größenordnung von rund 0,5 % des BIP veranschlagt. Würde die Kommissionsprognose um diese Bestandsanpassung nach unten angepasst (unter der Annahme, dass die Einnahmen vollständig in den Schuldenabbau fließen würden), beliefe sich der gesamtstaatliche Schuldenstand 2017 auf 105,2 % des BIP und 2018 auf 104,6 % des BIP. Die Anpassungslücke gegenüber dem Richtwert für den Schuldenabbau würde sich 2017 leicht (von 2,7 auf 2,6 Prozentpunkte) verringern und 2018 unverändert bei 2,1 Prozentpunkten verbleiben.

In dem von Belgien übermittelten Stabilitätsprogramm für 2017 wird davon ausgegangen, dass die Schuldenquote Ende 2017 auf 105,2 % und 2018 auf 103,4 % zurückgeht. Die Differenz gegenüber der von einer unveränderten Politik ausgehenden Kommissionsprojektion beruht auf einem anvisierten niedrigeren Gesamtdefizit und geringeren Bestandsanpassungen, während die Nominalwachstumsannahmen weitgehend übereinstimmen. Zudem berücksichtigt das Szenario des Stabilitätsprogramms nicht die Teilveräußerung der BNP Paribas-Anteile. Bei entsprechender Korrektur des Szenarios (unter der Annahme, dass die Einnahmen vollständig in den Schuldenabbau fließen würden) um diesen Umstand würde der gesamtstaatliche Schuldenstand 2017 104,7 % des BIP und 2018 102,9 % des BIP betragen. Die Anpassungslücke gegenüber dem Richtwert für den Schuldenabbau würde sich 2017 leicht (von 0,8 auf 0,7 Prozentpunkte) verringern und 2018 unverändert bei 0,1 Prozentpunkten verbleiben.

Tabelle 2: Schuldendynamik

 

Nach der Einstellung des Defizitverfahrens im Juni 2014 hatte Belgien einen Übergangszeitraum von drei Jahren (2014-2016), um den Richtwert für den Schuldenabbau einzuhalten. Um sicherzustellen, dass in der Übergangsphase kontinuierlich wirksame Fortschritte hinsichtlich der Einhaltung des Richtwerts erzielt werden, sollten die Mitgliedstaaten gleichzeitig die beiden folgenden Bedingungen erfüllen:

a.    Erstens sollte die jährliche strukturelle Anpassung um nicht mehr als ¼ % des BIP von der MLSA abweichen, damit gewährleistet ist, dass der Richtwert für den Schuldenabbau am Ende des Übergangszeitraums eingehalten wird.

b.    Zweitens sollte die verbleibende jährliche strukturelle Anpassung während des Übergangszeitraums zu keinem Zeitpunkt mehr als ¾ % des BIP betragen (es sei denn, die erste Bedingung erfordert eine jährliche Anpassung von mehr als ¾ % des BIP, was auf Belgien zutrifft).

Nach der Frühjahrsprognose 2017 der Kommission wäre 2015 für ausreichende Fortschritte in Richtung auf den Richtwert für den Schuldenabbau eine strukturelle Konsolidierung von 1,4 % des BIP erforderlich gewesen; dieser Wert liegt deutlich über dem vom Rat im Juli 2015 empfohlenen Anpassungspfad in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel von jährlich mindestens 0,6 % des BIP. Der strukturelle Saldo hat sich 2015 um schätzungsweise 0,6 % des BIP verbessert, sodass die erste Bedingung nicht erfüllt war.

Angesichts der Anpassungslücke im Jahr 2015 belief sich die verbleibende erforderliche Anpassung im Jahr 2016, dem letzten Jahr des Übergangszeitraums, auf 2,2 % des BIP. Der strukturelle Saldo dürfte sich 2016 um 0,1 Prozentpunkte des BIP verbessert haben. Somit hat Belgien den Richtwert für den Schuldenabbau zum Ende des Übergangszeitraums nicht eingehalten.

Aus der Analyse ergibt sich, dass das Schuldenstandskriterium im Sinne des Vertrags und der Verordnung (EG) Nr. 1467/1997 des Rates dem Anschein nach nicht erfüllt ist, wenn man die Haushaltsdaten für 2016, die Frühjahrsprognose 2017 der Kommission und das Stabilitätsprogramm 2017 zugrunde legt; dabei sind die im Folgenden aufgeführten einschlägigen Faktoren jedoch noch nicht berücksichtigt.

4.    Einschlägige Faktoren

Nach Artikel 126 Absatz 3 AEUV wird im Bericht der Kommission „berücksichtigt, ob das öffentliche Defizit die öffentlichen Ausgaben für Investitionen übertrifft; berücksichtigt werden ferner alle sonstigen einschlägigen Faktoren, einschließlich der mittelfristigen Wirtschafts- und Haushaltslage des Mitgliedstaats“. Diese Faktoren werden in Artikel 2 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 näher erläutert. Zudem heißt es darin, dass „allen sonstigen Faktoren gebührende … Beachtung [zu schenken ist], die aus Sicht des betreffenden Mitgliedstaats von Bedeutung sind, um die Einhaltung der Defizit- und Schuldenkriterien in umfassender Weise zu beurteilen, und die der Mitgliedstaat dem Rat und der Kommission vorgelegt hat.“

Bei offensichtlicher Nichteinhaltung des Schuldenstandskriteriums ist eine Analyse der einschlägigen Faktoren umso mehr gerechtfertigt, als die Schuldendynamik stärker als das Defizit durch Faktoren beeinflusst wird, die außerhalb der Kontrolle der Regierung liegen. Dies wird in Artikel 2 Absatz 4 der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 des Rates anerkannt, wonach bei der Bewertung der Einhaltung des Schuldenstandskriteriums die einschlägigen Faktoren ungeachtet des Umfangs der Nichteinhaltung zu berücksichtigen sind. Aufgrund ihrer Auswirkungen auf die Dynamik und die Tragfähigkeit der Verschuldung sind bei der Bewertung der Einhaltung des Schuldenstandskriteriums zumindest die folgenden drei zentralen Faktoren zu berücksichtigen (und in der Vergangenheit auch berücksichtigt worden):

1.    Einhaltung des mittelfristigen Haushaltsziels oder des dorthin führenden Anpassungspfads, was unter normalen makroökonomischen Bedingungen Tragfähigkeit gewährleisten oder zu raschen Fortschritten in Richtung Tragfähigkeit führen soll. Seiner Konzeption nach trägt das länderspezifische mittelfristige Haushaltsziel dem Schuldenstand sowie impliziten Verbindlichkeiten Rechnung. Die Einhaltung des mittelfristigen Haushaltsziels bzw. des dorthin führenden Anpassungspfads sollte zumindest mittelfristig gewährleisten, dass sich die Schuldenquote auf ein vertretbares Niveau zubewegt;

2.    Strukturreformen, die bereits durchgeführt wurden oder in einem Strukturreformplan vorgesehen sind und von denen erwartet wird, dass sie dank ihrer Wachstumswirkung die Tragfähigkeit der Verschuldung mittelfristig stärken und dazu beitragen, die Schuldenquote auf einen zufriedenstellenden Abwärtskurs zu bringen. Unter normalen wirtschaftlichen Bedingungen dürften die Einhaltung des mittelfristigen Haushaltsziels (oder des dorthin führenden Anpassungspfads) und die Durchführung von Strukturreformen (im Rahmen des Europäischen Semesters) die Verschuldung auf einen tragfähigen Pfad führen, und zwar durch ihre doppelte Wirkung auf den Schuldenstand selbst (Erreichen einer soliden Haushaltslage bei Erfüllung des mittelfristigen Haushaltsziels) und auf das Wirtschaftswachstum (durch die Reformen);

3.ungünstige makroökonomische Bedingungen und insbesondere niedrige Inflation, die die Verringerung der Schuldenquote und die Einhaltung der Bedingungen des SWP stark erschweren können. Im derzeitigen Niedriginflationsumfeld muss ein Mitgliedstaat eine anspruchsvollere strukturelle Anpassung vornehmen, um während des Übergangzeitraums die erforderliche lineare strukturelle Mindestanpassung für den Schuldenabbau einzuhalten, während eine unerwartet negative Inflationsentwicklung im Laufe der Zeit zusätzlich zu einer Aufwärtskorrektur der erforderlichen MLSA beigetragen kann. Zudem wird beim Richtwert für den Schuldenabbau der Konzeption nach davon ausgegangen, dass das Wachstum des BIP-Deflators erst 2021 wieder den langfristigen Durchschnittswert von 2 % erreicht, was die Einhaltung der zukunftsorientierten Schuldenregel zu einer besonderen Herausforderung macht. Unter solchen Bedingungen stellt die Einhaltung des mittelfristigen Haushaltsziels oder des dorthin führenden Anpassungspfads einen wesentlichen einschlägigen Faktor für die Bewertung der Einhaltung der Schuldenregel dar.

Im Lichte dieser Bestimmungen werden in den folgenden Abschnitten bewertet: 1) die mittelfristige Wirtschaftslage, 2) die mittelfristige Haushaltslage, einschließlich einer Bewertung der Einhaltung der erforderlichen Anpassung in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel und der Entwicklung der öffentlichen Investitionen, 3) die mittelfristige Entwicklung der Schuldenstandsquote, ihre Dynamik und Tragfähigkeit, 4) sonstige Faktoren, die aus Sicht der Kommission von Bedeutung sind, und 5) sonstige Faktoren, die aus Sicht des Mitgliedstaats von Bedeutung sind.

4.1.    Mittelfristige Wirtschaftsentwicklung

Konjunkturlage, Potenzialwachstum und Inflation

Nach der weltweiten Wirtschaftskrise im Jahr 2009 erwies sich die belgische Wirtschaft als relativ robust. Dank des starken Wirtschaftswachstums in den Jahren 2010 und 2011 stieg das BIP rasch wieder auf Vorkrisenniveau. Dieser Erholungsphase folgte allerdings eine Stagnation, mit einer flachen BIP-Wachstumskurve 2012 und 2013. 2014 und 2015 lebte die Wirtschaftstätigkeit wieder auf, und das Wachstum erreichte 1,7 % bzw. 1,5 %. 2016 ging es auf 1,2 % zurück, wobei sowohl den Terroranschlägen vom März 2016 als auch der Sicherheitslage in den Monaten vor und nach diesen Ereignissen negative, gleichwohl vorübergehende Auswirkungen auf die belgische Wirtschaft beigemessen werden. Nach der Frühjahrsprognose 2017 der Kommission dürfte das Wirtschaftswachstum wieder Fahrt aufnehmen und gestützt auf die Inlandsnachfrage und insbesondere den privaten Verbrauch und die Investitionstätigkeit 2017 1,5 % und 2018 1,7 % erreichen.

Schätzungen bezüglich des Potenzialwachstums Belgiens fallen eher gering aus und liegen für den Zeitraum 2014-2018 bei durchschnittlich 1,2 %. Die Verlangsamung der Wirtschaftstätigkeit im Vergleich zur Lage vor 2009 hat viele Ursachen, da sie sowohl die Fortsetzung des langfristigen Trends nachlassender Fortschritte in der totalen Faktorproduktivität (bei der davon ausgegangen wird, dass sie sich in den letzten Jahren auf niedrigem Niveau stabilisiert hat) als auch den nachlassenden Beitrag des Faktors Arbeit zum Potenzialwachstum (wegen einer langsameren Zunahme der Erwerbsbevölkerung) und die wohl geringere Kapitalbildung widerspiegelt. Die negative Produktionslücke hat sich seit ihrem Tiefstand im Jahr 2013 (-1,6 %) verringert und lag 2015 bei -0,3 %. 2016 nahm sie wieder geringfügig zu, nachdem das Wachstum hinter seinem Potenzial zurückgeblieben war, aber sie dürfte 2017 und 2018 erneut abnehmen und sich 2018 sogar ganz schließen.

Ebenso wie andere Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets durchlief Belgien einen längeren Zeitraum niedrigen inländischen Preiswachstums. Der BIP-Deflator, der im historischen Durchschnitt bei rund 2 % liegt, stieg um 0,7 % im Jahr 2014 und um 0,9 % im Jahr 2015. 2016 beschleunigte er sich auf 1,6 %. Dieser relativ langsame Anstieg des BIP-Deflators beeinflusste in den letzten Jahren maßgeblich die Entwicklung der Schuldenquote und führte dazu, dass mehr strukturelle Anpassungen erforderlich wurden, um für den Schuldenstand im Einklang mit dem zukunftsorientierten Richtwert für den Schuldenabbau einen soliden Abwärtskurs zu gewährleisten 6 . Infolgedessen lag die MLSA für Belgien (2,2 % des BIP im Jahr 2016, siehe Tabelle 1) deutlich über dem vom Rat im Juli 2016 empfohlenen Anpassungspfad in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel von 0,6 % des BIP. Angesichts der oben dargelegten konjunkturellen Umstände ist eine solch große Anstrengung möglicherweise weder realisierbar noch wünschenswert. Darüber hinaus wurde der Primärsaldo ebenfalls durch diese konjunkturellen Bedingungen belastet, die auf die Staatsschulden durchwirkten. Die Wirtschaftslage erklärt daher zum Teil, warum die MLSA 2016 verfehlt wurde.

Die anhaltende Verbesserung der makroökonomischen Bedingungen bedeutet jedoch, dass diese nicht mehr als wesentlicher mildernder Umstand gelten können, der die deutlichen Lücken zum zukunftsorientierten Richtwert für den Schuldenabbau (2017: 2,7 %) erklären würde. Der BIP-Deflator dürfte 2017 im Zuge der Annäherung des Preiswachstums an seinen langfristigen Durchschnittswert und angesichts eines Anstiegs des nominalen Wachstums, das sowohl 2017 als auch 2018 voraussichtlich 3,4 % betragen wird, 1,8 % erreichen.

Tabelle 3: Makroökonomische und budgetäre Entwicklungen a

Die sinkenden Zinsen haben günstige Rahmenbedingungen für eine Haushaltskonsolidierung geschaffen. Der rechnerische Nominalzins für belgische Staatsschulden ist in den vergangenen zwei Jahrzehnten kontinuierlich zurückgegangen, und dieser Trend hat sich in den letzten Jahren noch beschleunigt. Infolgedessen sind auch die Zinsaufwendungen des Gesamtstaats als Anteil am BIP in den letzten Jahren weiter zurückgegangen. Zwischen 2007 und 2016 sanken die Zinsaufwendungen um rund 1,1 Prozentpunkte des BIP. Diese Mitnahmegewinne betrugen 2015 wie auch 2016 0,2 Prozentpunkte und dürften sich 2017-2018 in ähnlicher Größenordnung bewegen. Vor diesem Hintergrund rückläufiger Zinsaufwendungen geht die von der Kommission prognostizierte Veränderung des strukturellen Saldos 2016 und 2017 (+0,1 % bzw. + 0,6 %) 2016 mit einer Verschlechterung des strukturellen Primärsaldos (-0,1 %) und 2017 mit einer geringfügigeren Verbesserung (0,3 %) einher. Die Sensitivitätsanalyse im Stabilitätsprogramm 2017 veranschaulicht, wie ein linearer Anstieg der Renditekurve um 100 Basispunkte für 2017 höhere Kosten in der Größenordnung von 0,1 % des BIP zur Folge hätte, die bis 2020 auf 0,4 % des BIP zulegen könnten 7 , wenn auch vor dem Hintergrund rückläufiger Zinszahlungen. Sie hebt die Gefahren einer Konsolidierungsstrategie hervor, die sich in erheblichem Ausmaß auf Mitnahmeeffekte aus niedrigeren Zinsaufwendungen verlässt.



Strukturreformen

In ihrer Mitteilung vom 13. Januar 2015 sprach sich die Kommission für eine stärkere Verknüpfung von Strukturreformen, Investitionen und verantwortungsvoller Haushaltspolitik zur Unterstützung von Wachstum und Beschäftigung im Rahmen des SWP aus.

Im Länderbericht 2017 kam die Kommission zu dem Schluss, dass Belgien einige Fortschritte bei der Erfüllung der länderspezifischen Empfehlungen für 2016 erzielt hatte. Substanzielle Fortschritte wurden im Hinblick auf die Reform des Rechtsrahmens für die Tarifverhandlungen der Sozialpartner, das sogenannte Gesetz von 1996 über die Beschäftigungsförderung und die vorbeugende Sicherung der Konkurrenzfähigkeit, erzielt. Die vom Parlament im März 2017 verabschiedete Reform stärkt die präventive Komponente des Gesetzes und soll verhindern, dass die Arbeitskosten pro Stunde künftig erneut schneller wachsen als bei den drei wichtigsten Handelspartnern. Zu diesem Zweck müssen die Sozialpartner bei der Deckelung der Reallohnanhebung eine Sicherheitsspanne respektieren, um gegebenenfalls einer höheren Inflation im Inland oder einem langsameren Lohnwachstum in den Vergleichsländern Rechnung zu tragen. Zudem schreibt das neue Gesetz den allmählichen Abbau der Abstände bei den Stundenlöhnen vor, die sich vor 1996 herangebildet hatten. Ferner verhindert das neue Gesetz, dass eine Senkung der Sozialversicherungsbeiträge sich vollumfänglich in Lohnerhöhungen niederschlägt. Sollten dennoch neue Lohngefälle auftreten, würden verstärkte Korrekturmechanismen automatisch dafür sorgen, dass sich die Abstände verkürzen. Mit jenen Reformen wurde ein wichtiger Punkt der länderspezifischen Empfehlungen umgesetzt. Sie ermöglichen eine kontinuierliche Fortsetzung der in den letzten Jahren erzielten Zugewinne an Wettbewerbsfähigkeit, die 2016 zu der Schlussfolgerung führten, dass Belgien keine makroökonomischen Ungleichgewichte mehr aufweist.

Im Länderbericht wurden auch einige Fortschritte im Hinblick auf die Funktionsweise des Arbeitsmarkts vermerkt. Der kräftige Stellenzuwachs, insbesondere in der Privatwirtschaft, wurde durch eine steuerliche Entlastung des Faktors Arbeit und durch Lohnzurückhaltung beflügelt. Die Fortschritte im Hinblick auf die übrigen Empfehlungen seit Juli 2016 treten weniger deutlich hervor. Dennoch hat es in der jüngsten Vergangenheit wichtige Fortschritte an einer Reihe von Fronten gegeben, vor allem im Renten- und im Steuersystem. Wie schon in früheren Berichten nach Artikel 126 Absatz 3 erörtert, hat Belgien sein Rentenwesen reformiert. Um das tatsächliche Renteneintrittsalter anzuheben, wurden die Möglichkeiten für ein vorzeitiges Ausscheiden aus dem Erwerbsleben durch eine weitere Verschärfung der Zulassungsvoraussetzungen für Vorruhestand und Frührente eingeschränkt. Das gesetzliche Renteneintrittsalter wird zudem 2025 von 65 auf 66 und 2030 auf 67 angehoben. In den jüngsten Projektionen der Arbeitsgruppe zur Bevölkerungsalterung werden die langfristigen Auswirkungen dieser Maßnahmen sichtbar: Die Rentenausgaben sollen zwischen 2013 und 2060 um 1,3 Prozentpunkte des BIP steigen. Vor den jüngsten Reformen lag dieser Wert bei 3,3 Prozentpunkten. Die Differenz ist im Wesentlichen auf die Rentenreform zurückzuführen (-1,6 Prozentpunkte des BIP), während andere Faktoren, wie beispielsweise die vorübergehende Aussetzung der Lohnindexierung und die geringere Beschäftigung im öffentlichen Dienst (-0,4 Prozentpunkte des BIP), das Ausgabenwachstum ebenfalls bremsen werden. Dank dieser positiveren Annahmen im Hinblick auf die Rentenausgaben konnte Belgien sein mittelfristiges Haushaltsziel nach dem Stabilitätspakt von einem strukturellen Überschuss von 0,75 % des BIP auf einen strukturell ausgeglichenen Haushalt senken.

Somit haben bereits eingeleitete Reformen den projizierten Anstieg der öffentlichen Rentenausgaben zwar erheblich reduziert, doch durch eine weitere Verringerung des erwarteten Anstiegs der alterungsbedingten Ausgaben mittels zusätzlicher Reformen ließe sich die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen auch auf lange Sicht verbessern. 8 Überdies gibt es Anzeichen für eine erhebliche Umschichtung von Vorruhestandsansprüchen von den Renten- und Arbeitslosenkassen auf die Kranken- und Berufsunfähigkeitsversicherung, wodurch die mit den durchgeführten Reformen verbundene finanzielle Entlastung teilweise zunichte gemacht würde. Die Ausgaben der Kranken- und der Berufsunfähigkeitsversicherungen haben rapide zugenommen. Während sie bis 2007 weitgehend stabil bei rund 1,2 % verharrten, stiegen sie bis 2016 auf 1,9 %. Zum Ende der laufenden Legislaturperiode (2019) möchte die Regierung den Grundstein für die Einführung eines auf Anrechnungspunkten basierenden Rentensystems ab 2030 gelegt haben. Sobald es vollständig umgesetzt wäre, würde ein solches System automatische Anpassungsmechanismen zur Reaktion auf demografische oder wirtschaftliche Entwicklungen ermöglichen.

Im Rahmen der 2016 eingeführten, über mehrere Jahre angelegten Steuerreform wird die Abgabenbelastung des Faktors Arbeit verringert. Diese Maßnahmen zur Verringerung der Steuer- und Abgabenbelastung werden sowohl den Arbeitgebern als auch den Arbeitnehmern zugute kommen. Zum einen werden die von den Arbeitgebern zu entrichtenden gesetzlichen Sozialabgaben bis 2018 schrittweise auf 25 % gesenkt werden, wobei für niedrige bis mittlere Löhne noch geringere Sätze gelten werden. Ferner wurden die Lohnzuschüsse für Schicht- und Nachtarbeit erhöht. KMU und Selbständige sind für den ersten eingestellten Arbeitnehmer von den Sozialversicherungsbeiträgen befreit, und für die nächsten fünf Mitarbeiter gelten reduzierte Beiträge. Zum anderen erhöht sich das Nettoentgelt der Arbeitnehmer durch die Anhebung der Pauschale für Werbungskosten, des „Zuschlags für Arbeit“ im Niedriglohnbereich und des Steuerfreibetrags und durch die Neuorganisation der Steuerklassen. Die angekündigte Senkung der Steuer- und Abgabenbelastung der Arbeit wird bis 2020 11,5 Mrd. EUR bzw. 2,2 % des BIP ausmachen. Während die steuerliche Entlastung des Faktors Arbeit in die in der Vergangenheit wiederholt vom Rat empfohlene Richtung weist, wurde das Steuerreform-Paket nicht haushaltsneutral konzipiert, selbst wenn man die positiven Wachstums- und Beschäftigungsfolgen mitberücksichtigt. Dieser Umstand hat zu der nachstehend erörterten Haushaltsschieflage im Jahr 2016 beigetragen und belastet auch die Aussichten für die kommenden Jahre. Trotz der jüngsten Reformen behindern überdies weit verbreitete Verzerrungen nach wie vor das belgische Steuersystem: sie verengen die Steuerbemessungsgrundlagen und machen das System kompliziert. Zudem wird der Faktor Arbeit selbst nach den jüngsten Reformen nach wie vor sehr stark durch das Steuersystem beansprucht, und zusätzliche Steuerentlastungen am unteren Ende der Lohnskala würden zur Senkung der Arbeitslosigkeit und zum Abbau von Niedriglohnfallen für Zweitverdiener, Einpersonenhaushalte und Alleinerziehende beitragen.

Im Länderbericht 2017 werden eine Reihe weiterer struktureller Engpässe der belgischen Volkswirtschaft und Hindernisse für die Wirtschafts- und Haushaltspolitik aufgeführt. Diesen Herausforderungen wurde in den länderspezifischen Empfehlungen Rechnung getragen, die die Kommission am 16. Mai 2017 abgegeben hat. Abgesehen von den Verpflichtungen, die sich aus dem Stabilitäts- und Wachstumspakt ergeben, wird Belgien empfohlen, die haushaltspolitische Koordinierung zwischen den verschiedenen Staatsebenen zu verbessern, weitere Steuerreformen vorzunehmen, um die Komplexität des Steuersystems zu verringern und Verzerrungen abzubauen, die Arbeitsmarkt- und die Bildungspolitik besser auf die am stärksten benachteiligten Gruppen auszurichten, die Funktionsweise bestimmter Dienstleistungsmärkte zu verbessern, die Investitionen sowohl in materielle als auch in immaterielle Werte durch eine allgemeine Umlenkung von Staatsausgaben insbesondere in die Investitionstätigkeit zu fördern.

4.2.    Mittelfristige Entwicklung des öffentlichen Haushalts

Gesamtsaldo, struktureller Saldo und Anpassung in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel

Belgiens Gesamtdefizit ist von 2,5 % des BIP im Jahr 2015 auf 2,6 % im Jahr 2016 angestiegen. Die Einnahmenquote und die Ausgabenquote gingen um 0,7 Prozentpunkte bzw. 0,5 Prozentpunkte zurück. Das Gesamtdefizit im Jahr 2016 wurde durch zusätzliche Ausgaben für Asylsuchende und Sicherheitsmaßnahmen belastet.

In ihrem Stabilitätsprogramm 2016 haben die belgischen Behörden ihr mittelfristiges Haushaltsziel von einem strukturellen Überschuss in Höhe von 0,75 % des BIP auf einen strukturell ausgeglichenen Haushalt korrigiert. Das mittelfristige Haushaltsziel erscheint angesichts der als normal anzusehenden wirtschaftlichen Bedingungen als ausreichend streng, um die Einhaltung der Schuldenregel mittel- und langfristig zu gewährleisten. Im Stabilitätsprogramm 2017 hat Belgien das mittelfristige Ziel bestätigt, die anvisierte Erreichung dieses Ziels aber von 2018 auf 2019 verschoben. Der Prognose der Kommission zufolge würde dies eine strukturelle Verbesserung von 1,6 % des BIP im Zeitraum 2018-2019 erforderlich machen. Gleichzeitig dürfte sich laut der Prognose der Kommission der strukturelle Saldo bei unveränderter Politik im Jahr 2018 (dem letzten Jahr des Prognosezeitraums der Kommission) um 0,3 Prozentpunkte des BIP verschlechtern, wobei der Hohe Finanzrat von einer Verschlechterung im Jahr 2019 von 0,4 % des BIP ausgeht. 9 Vor dem Hintergrund der Umsetzungsrisiken zum Ende der Legislaturperiode wird die Erreichung des mittelfristigen Ziels im Jahr 2019 somit umfassende zusätzliche Maßnahmen und einen strikten Haushaltvollzug erfordern.

Im Stabilitätsprogramm 2017 wird auf die signifikanten Haushaltsauswirkungen des außergewöhnlichen Flüchtlingszustroms und der Sicherheitsmaßnahmen verwiesen, und es werden ausreichend Belege für Umfang und Art der zusätzlichen Haushaltsbelastung dargebracht. Nach Auffassung der Kommission beliefen sich die berücksichtigungsfähigen zusätzlichen Ausgaben im Zusammenhang mit dem außergewöhnlichen Zustrom von Flüchtlingen und den Sicherheitsmaßnahmen 2016 auf 0,08 % bzw. 0,05 % des BIP. Nach Artikel 5 Absatz 1 und Artikel 6 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 ist eine Berücksichtigung dieser zusätzlichen Ausgaben möglich, da der Flüchtlingszustrom und die akute terroristische Bedrohung außergewöhnliche Ereignisse mit signifikanten Auswirkungen auf den belgischen Haushalt darstellen, dessen Tragfähigkeit nicht infrage gestellt würde, wenn Belgien eine vorübergehende Abweichung vom Anpassungspfad in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel gestattet würde. Die im Jahr 2016 erforderliche strukturelle Verbesserung wurde daher von 0,6 % des BIP auf 0,47 % des BIP gesenkt. Für 2017 werden die zusätzlichen sicherheitsbezogenen Ausgaben derzeit auf 0,01 % des BIP geschätzt. Im Frühjahr 2018 wird auf der Grundlage der von den belgischen Behörden für 2017 übermittelten beobachteten Daten eine endgültige Bewertung vorgenommen, die auch die berücksichtigungsfähigen Beträge umfassen wird.

Ausgehend von den Ist-Daten und der Prognose der Kommission hat das Wachstum der staatlichen Primärausgaben ohne Anrechnung diskretionärer einnahmenseitiger Maßnahmen und Einmalausgaben den Ausgabenrichtwert – bereinigt um die Auswirkungen außergewöhnlicher Ereignisse – im Jahr 2016 um 0,6 % des BIP überschritten, was auf eine erhebliche Abweichung hindeutet. Der strukturelle Haushaltssaldo hat sich im Jahr 2016 um schätzungsweise 0,1 % des BIP verbessert, liegt aber mit 0,4 % des BIP unter der empfohlenen Anstrengung von 0,47 % des BIP und signalisiert somit eine gewisse Abweichung. Die höher als erwartet ausgefallene Inflation wirkte sich 2016 nachteilig auf die Gesamtausgaben aus. Während die Referenzwachstumsrate für den Ausgabenrichtwert auf einem Deflator von 1 % basiert, lag der für den strukturellen Saldo verwendete tatsächliche BIP-Deflator bei 1,6 % des BIP und damit näher am langfristigen Durchschnittswert. Die Auswirkungen der höher als erwartet ausgefallenen Inflationsrate auf das Ausgabenwachstum fanden ihren Niederschlag darin, dass die automatische Indexierung der Sozialleistungen und der Löhne und Gehälter im öffentlichen Sektor vier Monate früher erfolgte als in der Herbstprognose 2015 der Kommission, die zum Zeitpunkt des Entwurfs des Haushaltsplans für 2016 vorbereitet wurde, angenommen worden war. Die Auswirkungen werden auf rund 0,2 % des BIP geschätzt. Nimmt man eine entsprechende Korrektur vor, beläuft sich die Abweichung für den Ausgabenrichtwert auf 0,4 % des BIP, wobei von beiden Werten dasselbe Signal ausgeht, sodass von einer gewissen Abweichung vom empfohlenen Anpassungspfad in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel im Jahr 2016 auszugehen ist. Für den Zeitraum 2015-2016 lassen beide Werte zusammen auf eine erhebliche Abweichung schließen. Werden jedoch der Ausgabenrichtwert um die Auswirkungen der höher als erwartet ausgefallenen Inflation im Jahr 2016 und der strukturelle Haushaltssaldo um die aufgrund des niedrigen Lohnwachstums und der geringen Inflation aufgetretenen Einnahmenausfälle im Vergleich zu Standardelastizitäten korrigiert (wie im Bericht vom Frühjahr 2016 erörtert), weisen beide Werte auf eine gewisse Abweichung im Zeitraum 2015-2016 hin.

Im Jahr 2017 dürfte die Wachstumsrate der Gesamtausgaben den Ausgabenrichtwert um 0,4 % des BIP überschreiten, was darauf schließen lässt, dass die Gefahr einer gewissen Abweichung besteht. Die Verbesserung des strukturellen Saldos um 0,6 % des BIP steht im Einklang mit der empfohlenen strukturellen Anpassung. Betrachtet man die Jahre 2016 und 2017 zusammen, deutet der Ausgabenrichtwert allerdings auf das Risiko einer erheblichen Abweichung von durchschnittlich -0,5 % des BIP hin. In ihrer Prognose geht die Kommission von einer durchschnittlichen Abweichung des strukturellen Saldos im selben Zeitraum von -0,2 % des BIP aus, was das Risiko einer gewissen Abweichung nahe legt. Nach einer Korrektur um die Auswirkungen der unvorhergesehenen Inflation im Jahr 2016 (s. o.) verringert sich die Abweichung vom Ausgabenrichtwert im Zeitraum 2016-2017 auf 0,4 % des BIP und liegt damit weiter über dem Schwellenwert für eine erhebliche Abweichung. Die verbleibende Differenz mit der durchschnittlichen Abweichung des strukturellen Saldos spiegelt die Auswirkungen der rückläufigen Zinsausgaben in beiden Jahren wider. Angesichts dieser unerwarteten und günstigen Entwicklung der Zinsausgaben fällt die Bewertung der Konsolidierungsanstrengungen auf der Grundlage des strukturellen Saldos positiver aus. Die Einhaltung des Ausgabenrichtwerts bleibt hiervon jedoch unberührt; er wird daher als verlässlicherer Indikator für die zugrunde liegende Konsolidierungsanstrengung betrachtet. Insgesamt weist die Bewertung folglich auf die Gefahr einer erheblichen Abweichung vom empfohlenen Anpassungspfad in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel in den beiden Jahren 2016 und 2017 zusammen hin, wenngleich sich die projizierte Abweichung im Jahr 2017 noch korrigieren lässt.

Öffentliche Investitionen

Bedingt durch den Investitionszyklus auf kommunaler Ebene erreichten die öffentlichen Investitionen im Jahr 2012 einen Höchststand von 2,5 % des BIP. Aus demselben Grund gingen sie in den Folgejahren wieder auf 2,4 % des BIP und 2016 auf 2,3 % zurück. Investitionshilfen für nichtfinanzielle Kapitalgesellschaften (unter anderem für die Eisenbahninfrastruktur, Krankenhäuser und Seniorenheime) sind in diesen Zahlen nicht enthalten. Aufgrund großer Investitionsvorhaben auf regionaler Ebene und einer Beschleunigung der Investitionen der Kommunen im Vorfeld der Kommunalwahlen im Jahr 2018 dürften die Investitionen den Projektionen zufolge über den Prognosezeitraum hinweg wieder auf 2,5 % des BIP steigen. Seit 2009 liegt die Quote der öffentlichen Investitionen unter dem gesamtstaatlichen Defizit, doch ab 2017 wird das Defizit voraussichtlich wieder unter die Investitionsquote fallen.

Die belgische Regierung hat einen „nationalen Investitionspakt“ auf den Weg gebracht, der darauf abzielt, die Investitionstätigkeit in Schlüsselbereichen zu beschleunigen, indem öffentliche und private Mittel mobilisiert und Hindernisse ermittelt werden, die privaten Investitionen entgegen stehen. Den Regionen und Gemeinschaften steht es frei, sich an dieser Initiative zu beteiligen.

4.3.    Mittelfristige Entwicklung der Schuldenstandsquote

Schuldendynamik

Dank beträchtlicher (wenngleich allmählich sinkender) Primärüberschüsse verringerte sich Belgiens Schuldenquote zwischen 1997 und 2007 um 36 Prozentpunkte. Dieser Trend des anhaltenden Schuldenabbaus wurde durch die Finanz- und Wirtschaftskrise des Jahres 2008 gestoppt. Ende 2007 belief sich der gesamtstaatliche Schuldenstand Belgiens auf 87 % des BIP. Er erhöhte sich im Jahr 2014 auf 106,7 % des BIP, was einem Anstieg um fast 20 Prozentpunkte entspricht. Im Vergleich dazu wurde im Euro-Währungsgebiet ein Anstieg um 27 Prozentpunkte verzeichnet.

Abbildung 1: Aufschlüsselung der Veränderung der Schuldenquote 1997-2018 (in Prozentpunkten des BIP)

Die Hauptgründe für den Anstieg im Zeitraum von 2007 bis 2014 waren der Schulden erhöhende „Schneeballeffekt“ (+ 10,5 Prozentpunkte) sowie Bestandsanpassungen (+ 9,4 Prozentpunkte); darüber hinaus blieben die in der Vergangenheit erzielten Primärüberschüsse nun aus (siehe Abbildung 1). Der Schneeballeffekt veranschaulicht, in welchem Umfang die Zinsausgaben seit 2008 in der Regel über dem nominalen Wachstum lagen. Dennoch entsprach der durch diese Dynamik bedingte jährliche Aufwärtsdruck in den Jahren 2008 bis 2015 mit im Durchschnitt 1,4 Prozentpunkten dem der Jahre 1997 bis 2007, da der Nennereffekt des niedrigeren Nominalwachstums durch den auf die niedrigeren Zinszahlungen zurückzuführenden Zählereffekt aufgehoben wurde. Dieses Verhältnis ging nach 2007 weiter zurück, da die steigende Schuldenquote durch die kontinuierlich sinkenden Zinsen ausgeglichen wurde. Ein weiterer Rückgang der Zinsausgaben in den letzten Jahren führte 2016 zum ersten Mal seit 2011 wieder zu einem leicht nach unten wirkenden Schneeballeffekt.

Vor allem in den Jahren 2008 und 2011, als der belgische Staat ins Finanzsystem eingreifen musste, war ein beträchtlicher Schuldenanstieg infolge von Bestandsanpassungen zu verzeichnen. Im Jahr 2008 war staatliche Hilfe nötig, um Fortis, KBC, Dexia und Ethias zu retten. 2011 erwarb der belgische Staat Dexia Belgium (mittlerweile Belfius). Die Rückgewinnung eines Teils der für die Rettungsmaßnahmen zugunsten des Finanzsektors eingesetzten Mittel führte in den Jahren 2012-2015 zu einer Abwärtskorrektur der Bestände im Umfang von 3,4 % des BIP. Im Jahr 2016 gab es keine Änderung. Zu den nach wie vor bestehenden Beteiligungen gehören ein Anteil von 7,8 % an BNP Paribas – 10,3 % vor der teilweisen Veräußerung im Mai 2017 –, ein Anteil von 100 % an Belfius und am Versicherer Ethias (darunter auch Anteile regionaler und kommunaler Gebietskörperschaften) sowie ein Anteil von 50 % an der Bank Dexia. Die von BNP Paribas und Belfius ausgeschütteten Dividenden beliefen sich 2016 auf 0,1 % des BIP.

Die positive Bestandsanpassung von 0,2 % des BIP im Jahr 2016 war im Wesentlichen auf Zinsswaps, die Differenz zwischen aufgelaufenen und gezahlten Zinsen sowie regionale Darlehen für den sozialen Wohnungsbau zurückzuführen.

Zwar liegen die kumulierten Auswirkungen des Primärsaldos auf die Schuldenquote seit 2008 bei ungefähr Null, doch wie gegensätzlich sich die Lage im Vergleich zur Situation vor 2008 ausnimmt, ist bemerkenswert. Im Zeitraum von 1997 bis 2007 ermöglichten die beträchtlichen Primärüberschüsse einen jährlichen Schuldenabbau um rund 5 Prozentpunkte. Vor diesem Hintergrund kann davon ausgegangen werden, dass die ausbleibenden Primärüberschüsse hauptverantwortlich für die Erhöhung der Schuldenquote seit 2007 waren. Dies zeigt deutlich, dass wieder substanzielle Primärüberschüsse erwirtschaftet werden müssen, um die Schuldenquote auf einen klaren Abwärtskurs zu lenken und den Richtwert für den Schuldenabbau einzuhalten.

Laut der Frühjahrsprognose 2017 der Kommission dürfte die Schuldenquote im Jahr 2017 um 0,3 Prozentpunkte sinken. Ein Primärüberschuss von 0,7 % des BIP und ein erheblicher nach unten wirkender Schneeballeffekt von 0,8 % des BIP infolge des steigenden nominalen Wachstums und der sinkenden Zinsausgaben werden weitgehend durch eine Aufwärtskorrektur bei den Beständen aufgehoben, die auf Darlehen auf regionaler Ebene für die Finanzierung von Investitionen in den sozialen Wohnungsbau und Zinsswaps zurückzuführen ist. 10 Der Trend dürfte sich im Jahr 2018 fortsetzen, sodass die Schuldenquote bei unveränderter Politik voraussichtlich auf 105,1 % des BIP zurückgehen wird.

Zinsausgaben

Im Einklang mit der allgemeinen Entwicklung im Euro-Währungsgebiet sind die Zinssätze für belgische Schuldtitel so niedrig wie nie zuvor. Die Renditen zehnjähriger Staatsanleihen beliefen sich Ende April 2017 auf 0,8 %. Der Renditeabstand zwischen belgischen und deutschen Staatsanleihen ist seit einigen Jahren weitgehend stabil. Gegenüber einem Höchstwert von 366 Basispunkten Ende November 2011 lag der Spread in den Jahren 2014, 2015, 2016 und in den ersten vier Monaten des Jahres 2017 durchschnittlich bei 50, 32, 37 und 48 Basispunkten. Der rechnerische Zinssatz ist in den letzten Jahren von 4,6 % im Jahr 2007 auf 2,7 % im Jahr 2016 kontinuierlich gefallen. 2018 dürfte er sich weiter auf 2,3 % verringern.

Tragfähigkeit der Schulden

Der belgische Staat hat diese günstigen Marktbedingungen zur Refinanzierung der ausstehenden Schulden zu deutlich niedrigeren Zinsen und mit erheblich längeren Laufzeiten genutzt. Die durchschnittliche Laufzeit langfristiger Papiere stieg 2016 auf 17,5 Jahre (2015: 14,1 Jahre, 2014: 15 Jahre) und die durchschnittliche gewichtete Rendite lag bei 0,8 % (2015: 0,9 %, 2014: 2,2 %). Ende 2016 belief sich die durchschnittliche Restlaufzeit des föderalen Schuldenportfolios insgesamt 11 auf 8,7 und Ende April 2017 auf 9,2 Jahre 12 . Dies ist historisch gesehen die längste Restlaufzeit; bis 2009 lag die Laufzeit bei rund 6 Jahren, Ende 2015 bei 8 Jahren. 13 Das Refinanzierungsrisiko der Schulden des Zentralstaats bei 12 und bei 60 Monaten 14 sank von rund 20 % und 57 % zum Ende des Jahres 2012 auf rund 19 % und 43 % Ende 2016. 15 Momentan scheint Belgien kurzfristig nicht mit dem Risiko einer finanziellen Stresssituation konfrontiert zu sein. Falls die Zinsen steigen, würde die hohe Verschuldung im Laufe der Zeit einen erheblichen Anstieg der Zinsausgaben nach sich ziehen, doch durch die lange durchschnittliche Restlaufzeit würde dieser Anstieg nur allmählich Wirkung entfalten.

Die Empfindlichkeit gegenüber möglichen Schocks in Bezug auf das nominale Wachstum und die Zinssätze sowie die ungünstige Ausgangslage ziehen auf mittlere Sicht erhöhte Risiken für die Tragfähigkeit der Finanzen nach sich. Bei unveränderter Politik dürfte der Schuldenstand bis 2027 auf 102 % des BIP zurückgehen. 16 Bei einer Erhöhung der Annahmen für die Zinssätze um 1 Prozentpunkt oder bei einem um 0,5 Prozentpunkte niedrigeren BIP-Wachstum würde der Schuldenstand im Jahr 2027 auf 108-109 % des BIP steigen. Angemessene Fortschritte in Richtung auf Belgiens mittelfristiges Haushaltsziel, wie im Stabilitäts- und Wachstumspakt gefordert, würden die Verschuldung auf einen dauerhaften Abwärtskurs bringen und bis 2027 auf 80 % des BIP sinken lassen. Da das strukturelle Defizit bei unveränderter Politik 2018 schätzungsweise bei 2,0 % des BIP liegen wird, ist allerdings zur Erreichung des mittelfristigen Ziels eine beträchtliche Konsolidierungsanstrengung erforderlich. Zudem könnten wegen steigender Ausgaben zusätzliche Maßnahmen notwendig werden, wenn das mittelfristige Ziel erreicht ist.

Letztlich wird die Tragfähigkeit der öffentlichen Verschuldung auch durch das Wachstumspotenzial der Wirtschaft bestimmt. Wie oben beschrieben, hat sich das Potenzialwachstum durch das schrittweise rückläufige Wachstum der totalen Faktorproduktivität seit Beginn der 1990er Jahre verringert. Das zeigt, wie wichtig es ist, zur Förderung des Potenzialwachstums strukturelle Reformen umzusetzen. Fortschritte in Bezug auf Reformen wurden in Abschnitt 4.1 erörtert.

4.4.    Sonstige Faktoren, die aus Sicht der Kommission von Bedeutung sind

Unter den sonstigen Faktoren, die aus Sicht der Kommission von Bedeutung sind, kommt den folgenden besonderes Gewicht zu: den finanziellen Beiträgen zur Förderung der internationalen Solidarität und zur Verwirklichung der politischen Ziele der Union, den Schulden infolge der bilateralen und multilateralen Unterstützung zwischen Mitgliedstaaten im Rahmen der Wahrung der Finanzstabilität und den Schulden im Zusammenhang mit Maßnahmen zur Stabilisierung der Finanzen bei größeren finanziellen Störungen (Artikel 2 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1467/97).

Rettungsaktionen im Finanzsektor erklären einen Teil des Schuldenanstiegs seit 2007 (siehe Abschnitt 4.3). Die direkten kumulativen Auswirkungen dieser Transaktionen erreichten im Jahr 2011 beinahe 7 % des BIP, gingen jedoch im Jahr 2015 durch den Verkauf eines Teils der erworbenen Vermögenswerte sowie die Rückerstattung der gewährten Darlehen auf rund 3,5 % des BIP zurück. Sämtliche Eventualverbindlichkeiten im Zusammenhang mit Garantien für den Finanzsektor sind Dexia zuzuschreiben. Bis zur vollständigen Abwicklung garantiert der belgische Staat 51,4 % der Verbindlichkeiten von Dexia. Die Garantien beliefen sich Ende 2016 auf 8,7 % des BIP (Ende 2015: 7,7 %).

Gemäß Artikel 12 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 473/2013 muss dieser Bericht auch in Betracht ziehen, in welchem Maß der betroffene Mitgliedstaat die Stellungnahme der Kommission zur Übersicht über die Haushaltsplanung nach Artikel 7 Absatz 1 der Verordnung berücksichtigt. In ihrer Stellungnahme zu Belgiens Übersicht über die Haushaltsplanung 2017 wies die Kommission darauf hin, dass die Gefahr der Nichterfüllung der Bestimmungen des SWP für den Zeitraum 2016-2017 besteht, und forderte die Behörden auf, im Rahmen des nationalen Haushaltsverfahrens alle geplanten Maßnahmen umzusetzen und sicherzustellen, dass der Haushalt 2017 den Vorgaben des SWP entspricht. 17 Der föderale Haushalt wurde am 22. Dezember 2016 vom Parlament ohne größere Änderungen im Vergleich zur Übersicht über die Haushaltsplanung angenommen. Im März 2017 führte die belgische Regierung eine Überprüfung des Haushalts durch, die hauptsächlich aktualisierte Bewertungen früher angekündigter Maßnahmen und zugrunde liegender Annahmen umfasste, wobei auch einige zusätzliche Maßnahmen auf der Ausgabenseite angekündigt wurden. Die Gesamtauswirkungen der im März durchgeführten Überprüfung der Prognosen der Kommission sind daher begrenzt.

4.5.    Sonstige Faktoren, die aus Sicht des Mitgliedstaats von Bedeutung sind

Am 9. Mai 2017 übermittelten die belgischen Behörden ein Schreiben, in dem sie verschiedene Faktoren im Sinne von Artikel 2 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 anführten. In der in den vorangehenden Abschnitten vorgestellten Analyse wird bereits weitgehend auf die wichtigsten von den Behörden genannten Faktoren eingegangen.

Die Behörden führen insbesondere an, die MLSA für Belgien sei zu anspruchsvoll, und beziehen sich auf die Berichte der Kommission nach Artikel 126 Absatz 3 AEUV vom 27. Februar 2015 und vom 18. Mai 2016, in dem festgestellt wird, eine solche Anstrengung sei weder realisierbar noch wünschenswert. Zweitens verweisen die Behörden im Einklang mit den Ausführungen in Abschnitt 4.1. auf die weitere Umsetzung der Strukturreformagenda durch die belgische Regierung. Zusätzlich zu den Reformen in den Bereichen Wettbewerbsfähigkeit und Renten weist die Regierung auf die in den Jahren 2015-2020 erfolgte bzw. geplante Verlagerung der Besteuerung weg vom Faktor Arbeit sowie auf geplante Änderungen des Rentensystems wie die Reform der Anrechnungszeiten, die Ausweitung der zweiten Rentensäule auf sämtliche Arbeitnehmer und die Einführung einer Teilrente hin.

In ihrem Schreiben machen die belgischen Behörden außerdem darauf aufmerksam, dass die Schuldenquote 2015-2016 zum ersten Mal seit der Wirtschafts- und Finanzkrise von 2008 gesunken ist und sich ab 2017 weiter rückläufig entwickeln dürfte. Besonders hervorgehoben wird der Aufwärtsdruck, den schwaches Wirtschaftswachstum, Hilfen für den Finanzsektor, Darlehen an Griechenland und die Beiträge an den EFSF/ESM auf die Schuldenquote entfacht hätten. Ferner kündigen die belgischen Behörden an, dass die jüngste Veräußerung eines Teils der staatlichen Anteile an BNP Paribas den Schuldenstand ab 2017 um nahezu 0,5 Prozentpunkte des BIP reduzieren wird. Nach den Berechnungen der Behörden soll es der im Stabilitätsprogramm 2017 dargelegte haushaltspolitische Kurs ermöglichen, das Schuldenstandskriterium spätestens 2019 zu erfüllen. Die Behörden weisen ferner auf die außergewöhnlichen flüchtlings- und sicherheitsbezogenen Ausgaben hin. Diese wurden zwar im Hinblick auf den Anpassungspfad in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel neutralisiert, wirken sich aber auf das Gesamtdefizit und somit auf die Entwicklung des öffentlichen Schuldenstands aus.


5.    Schlussfolgerungen

Der gesamtstaatliche Bruttoschuldenstand lag mit 105,9 % des BIP Ende 2016 deutlich über dem Referenzwert von 60 % des BIP. Belgien hat keine ausreichenden Fortschritte erzielt, um den Richtwert für den Schuldenabbau 2016 einzuhalten. Darüber hinaus wird Belgien der Prognose der Kommission zufolge auf der Grundlage der Annahme einer unveränderten Politik weder 2017 noch 2018 den Richtwert für den Schuldenabbau einhalten. Dies deutet darauf hin, dass das im Vertrag festgelegte Schuldenstandskriterium ohne Berücksichtigung aller einschlägigen Faktoren 2016 offenbar nicht erfüllt wurde. In Übereinstimmung mit dem Vertrag wurden in diesem Bericht auch die einschlägigen Faktoren untersucht.

Die Nichteinhaltung des Schuldenstandskriteriums im Jahr 2016 lässt sich teilweise durch die ungünstigen wirtschaftlichen Bedingungen in den letzten Jahren erklären. Allerdings haben sich die konjunkturellen Bedingungen verbessert und gelten nicht mehr als wichtiger mildernder Umstand bei der Begründung dafür, dass Belgien dem Richtwert für den Schuldenabbau in seiner zukunftsorientierten Dimension für 2017 und 2018 gemäß der Prognose der Kommission hinterherhinkt.

Auf der Grundlage der Frühjahrsprognose 2017 der Kommission wurde festgestellt, dass Belgien die nach der präventiven Komponente erforderliche Anpassung in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel hin im Jahr 2016 weitgehend erreicht hat. Dies gilt auch für das Jahr 2017. Für die Jahre 2016 und 2017 zusammen besteht für Belgien allerdings in Anbetracht der kumulierten Abweichung das Risiko der Nichteinhaltung. Die projizierte Abweichung lässt sich aber im Jahr 2017 noch korrigieren.

Belgien hat bei der Umsetzung der seit Beginn des Jahres 2015 angekündigten Strukturreformen gute Fortschritte erzielt, insbesondere in den Bereichen Renten, Wettbewerbsfähigkeit und Besteuerung. Die bei einigen dieser Reformen erreichten Fortschritte werden als wesentlich angesehen. Die Reformen werden voraussichtlich dazu beitragen, das Wachstumspotenzial der Wirtschaft zu stärken und die Risiken makroökonomischer Ungleichgewichte zu verringern, woraus sich mittel- bis langfristig positive Auswirkungen auf die Tragfähigkeit der Verschuldung ergeben. Durch die nicht haushaltsneutrale Steuerreform hat sich die Haushaltsposition jedoch verschlechtert. In einem Schreiben vom 9. Mai 2017 kündigte Belgien weitere Reformen insbesondere des Rentenwesens an.

Insgesamt enthält die in diesem Bericht vorgelegte Analyse eine Bewertung aller einschlägigen Faktoren, darunter insbesondere i) die zuvor ungünstigen makroökonomischen Rahmenbedingungen, die sich aber allmählich verbessern und weniger eine Erklärung dafür bieten, dass Belgien den Richtwert für den Schuldenabbau bei weitem nicht einhält; ii) der Umstand, dass die Abweichungen von der erforderlichen Anpassung in Richtung auf das mittelfristige Ziel auf der Grundlage der Kommissionsprognose auf die Gefahr einer gewissen Abweichung in den Jahren 2016 und 2017 hindeuten, wenn diese Jahre einzeln betrachtet werden, diese Abweichung aber für beide Jahre zusammengenommen erheblich ist, auch wenn sie im Jahr 2017 noch korrigiert werden kann; und iii) die Umsetzung von ehrgeizigen und vielfach substanziellen wachstumsfördernden Strukturreformen in den letzten Jahren, die zu einer Verbesserung der Schuldentragfähigkeit beitragen dürften. Zusammenfassend ergibt die vorstehende Analyse, dass das Schuldenstandskriterium im Sinne des Vertrags und der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 derzeit als erfüllt gelten sollte. Gleichzeitig müssen 2017 zusätzliche haushaltspolitische Maßnahmen ergriffen werden, damit sichergestellt ist, dass der Anpassungspfad in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel in den Jahren 2016 und 2017 eingehalten wird.

(1) 1ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 6. Im Bericht wird auch den „Spezifikationen für die Umsetzung des Stabilitäts- und Wachstumspakts“ sowie den „Leitlinien zu Inhalt und Form der Stabilitäts- und Konvergenzprogramme“ Rechnung getragen, die am 5. Juli 2016 vom Wirtschafts- und Finanzausschuss gebilligt wurden und unter folgender Webadresse einzusehen sind:
http://ec.europa.eu/economy_finance/economic_governance/sgp/legal_texts/index_de.htm.  .
(2) 2Verordnung (EU) Nr. 473/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates über gemeinsame Bestimmungen für die Überwachung und Bewertung der Übersichten über die Haushaltsplanung und für die Gewährleistung der Korrektur übermäßiger Defizite der Mitgliedstaaten im Euro-Währungsgebiet (ABl. L 140 vom 27.5.2013, S. 11).
(3) Gemäß der Verordnung (EG) Nr. 479/2009 müssen die Mitgliedstaaten der Kommission zweimal jährlich die Höhe des tatsächlichen und des geplanten öffentlichen Defizits und Schuldenstands mitteilen. Die jüngste Meldung Belgiens ist abrufbar unter: http://ec.europa.eu/eurostat/web/government-finance-statistics/excessive-deficit-procedure/edp-notification-tables.
(4) Siehe die Eurostat-Pressemitteilung Nr. 67/2017: http://ec.europa.eu/eurostat/documents/2995521/7997684/2-24042017-AP-EN.pdf/d83f50f3-ecab-457a-a46b-f58d3e42a030
(5) Ursprünglich hätte eine – tatsächlich durchgeführte – jährliche strukturelle Anpassung in Höhe von 0,9 % des BIP im Zeitraum 2014-2016 gewährleistet, dass Belgien nach Ablauf der Übergangszeit die Schuldenregel einhält. Angesichts der Anpassungslücke im Jahr 2014 war für den Zeitraum 2015-2016 eine höhere jährliche strukturelle Anpassung von 1,4 % erforderlich. Wegen der zusätzlichen Anpassungslücke gegenüber diesem erhöhten erforderlichen minimalen linearen strukturellen Anpassungsbedarf im Jahr 2015 wuchs der erforderliche jährliche Anpassungsbedarf im Jahr 2016, dem letzten Jahr des Übergangszeitraums, auf 2,2 %.
(6)  Die Einhaltung des Richtwerts für den Schuldenabbau wird auf dreierlei Weise analysiert: mittels eines vergangenheitsorientierten, eines zukunftsorientierten und eines konjunkturbereinigten Richtwerts.
(7)  Belgisches Stabilitätsprogramm 2017-2020, S. 18.
(8)  So würde beispielsweise die Vereinheitlichung der Anrechnung von Studienjahren in den drei Rentenkassen Schätzungen zufolge den projizierten Anstieg der Alterungskosten um 0,1 Prozentpunkte des BIP 2060 reduzieren. S. Föderales Planungsbüro (2017), Une réforme de la régularisation des périodes d'études dans les régimes belges de pension – Estimation des effets budgétaires.
(9)  Hoher Finanzrat (2017), „Avis Trajectoire budgétaire en préparation du Programme de Stabilité 2017-2020“. Auf der Grundlage von Daten des Föderalen Planungsbüros.
(10)  Unter Berücksichtigung der Teilveräußerung der BNP Paribas-Anteile im Mai 2017 könnte in der Prognose der Kommission von einem Rückgang der Verschuldung von 105,9% des BIP im Jahr 2016 auf 105,2 % im Jahr 2017 und auf 104,6 % im Jahr 2018 ausgegangen werden, sofern die Erlöse aus der Veräußerung vollständig in den Schuldenabbau fließen.
(11) Die föderalen Schulden machen 84 % des gesamtstaatlichen Schuldenstands aus.
(12)  Belgische Schuldenagentur, Jahresbericht 2016.
(13) Belgische Schuldenagentur, Kreditanforderungen & Finanzierungsplan 2017.
(14) Der Anteil der ausstehenden Schulden, die in einem bestimmten Zeitraum fällig werden oder von Änderungen der Zinssätze betroffen sind (aufgrund eines variablen Zinssatzes).
(15) Belgische Schuldenagentur, Kreditanforderungen & Finanzierungsplan 2017.
(16) 2016 Debt Sustainability Monitor. Diese Projektionen gehen von der Winterprognose 2017 der Europäischen Kommission aus, wobei die Annahme einer unveränderten Politik bedeutet, dass der strukturelle Primärsaldo des letzten Jahres der Prognose (2018) (mit Ausnahme der Kosten der Bevölkerungsalterung) konstant fortgeschrieben wird. Das Basisszenario beruht auf den folgenden langfristigen makroökonomischen Annahmen: Das potenzielle BIP-Wachstum bewegt sich bei etwa 1,4 %; die Inflation und die Änderung des BIP-Deflators stabilisieren sich mittelfristig bei 2 %; die langfristigen Zinssätze für Neuverschuldung und Prolongation konvergieren bis 2026 real gegen 3 % und die kurzfristigen Zinssätze nähern sich einem Wert, der dem langfristigen Zinssatz und der historischen Renditekurve (vor der Krise) im Euro-Währungsgebiet entspricht (siehe Europäische Kommission, 2012). Die voraussichtlichen Kosten der Bevölkerungsalterung beruhen auf dem Bericht 2015 über die Bevölkerungsalterung.
(17)  In seinen Stellungnahmen und Erläuterungen zum Haushaltsplan 2017 meldete der belgische Rechnungshof eine Reihe von Vorbehalten an, die sich mit den Punkten deckten, die von der Kommission in ihrer Bewertung der Übersicht über die Haushaltsplanung angesprochen worden waren, und wies auf mehrere Risikofaktoren im Zusammenhang mit dem Haushalt hin. Eine allgemeine Bemerkung betraf die unzureichenden Detailangaben zu mehreren Maßnahmen und Prognosen. Siehe Commentaar en opmerkingen bij de ontwerpen van staatsbegroting voor het begrotingsjaar 2017, Rekenhof, 2016.
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