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Document 52017DC0290

    MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT Folgen einer etwaigen Nichtannahme der Halbzeitrevision des Mehrjährigen Finanzrahmens 2014-2020 für den Haushaltsplan der Europäischen Union in den Jahren 2018 und darüber hinaus

    COM/2017/0290 final

    Brüssel, den 30.5.2017

    COM(2017) 290 final

    MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT

    Folgen einer etwaigen Nichtannahme der Halbzeitrevision des Mehrjährigen Finanzrahmens 2014-2020 für den Haushaltsplan der Europäischen Union in den Jahren 2018 und darüber hinaus


    MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT

    Folgen einer etwaigen Nichtannahme der Halbzeitrevision des Mehrjährigen Finanzrahmens 2014-2020 für den Haushaltsplan der Europäischen Union in den Jahren 2018 und darüber hinaus

    Die Kommission legt ihren Vorschlag für den Haushaltsplan 2018 1 vom 30. Mai 2017 unter der Annahme vor, dass die Halbzeitrevision des Mehrjährigen Finanzrahmens angenommen wird. In dieser Mitteilung soll aufgezeigt werden, welche Folgen eine Nichtannahme der Revision hätte.

    1.Herausforderungen für den Haushalt der Europäischen Union

    Der Europäischen Union (EU) stehen nur begrenzte Haushaltsmittel zur Verfügung (etwa 1 % des Bruttonationaleinkommens der EU), dennoch ist der Haushaltsplan das zentrale Instrument der Union, um Ergebnisse für ihre Bürgerinnen und Bürger zu erzielen. Es handelt sich vorrangig um einen Investitionshaushalt, der Ressourcen in Bereichen bündelt, in denen EU-Maßnahmen sinnvoll sind, beispielsweise zur Verbesserung der Verkehrs-, Kommunikations- und Energienetze zwischen EU-Mitgliedstaaten, im Umweltschutz und zur Entwicklung ländlicher Gebiete, zur Förderung der Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft, zur Unterstützung von Forschern bei der grenzübergreifenden Zusammenarbeit und von jungen Menschen beim Studium im Ausland sowie zur Förderung der Kohäsion zwischen verschiedenen Regionen.

    Der EU-Haushalt ist darüber hinaus ein Anker der Stabilität und Vorhersehbarkeit. In Grundzügen wird er für fünf bis sieben Jahre durch den mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) abgesteckt, in dem die Höchstbeträge festgelegt sind, die die EU jeweils pro Jahr für die verschiedenen Politikbereiche ausgeben kann. In der heutigen Welt, die komplexer und unvorhersehbarer geworden ist, muss der Entwurf des EU-Haushaltsplans erheblichen Anforderungen gerecht werden.

    Die Europäische Union muss eine Reihe großer langfristiger Herausforderungen bewältigen. Angesichts der Auswirkungen der schlimmsten Wirtschaftskrise seit dem Zweiten Weltkrieg muss sie zu nachhaltigem Wachstum zurückfinden und gegen Ausgrenzung und Jugendarbeitslosigkeit vorgehen. In der Migrationskrise hat sich gezeigt, dass die EU nicht nur humanitäre Hilfe für Flüchtlinge leisten und ihnen Zuflucht bieten, sondern auch ihre eigenen Grenzen schützen und die Ursachen der Migration bekämpfen muss. Terroranschläge haben unsere Gesellschaften erschüttert und erfordern eine wirksamere Zusammenarbeit in Sicherheits- und nachrichtendienstlichen Fragen. Der EU-Haushalt sollte nicht nur der Umsetzung der ursprünglichen Pläne des MFR dienen, sondern auch flexibel an neue Herausforderungen angepasst werden können und vor Ort schnell Ergebnisse liefern.

    Bisher wurde der EU-Haushalt bis aufs Letzte ausgereizt, um auf sich verändernde Umstände zu reagieren: verbliebene Spielräume und Flexibilitätsmöglichkeiten wurden intensiv genutzt, insbesondere um a) den Europäischen Fonds für strategische Investitionen im Rahmen der Investitionsoffensive für Europa einzurichten, b) die Migrations-, Flüchtlings- und Sicherheitskrise zu bewältigen und c) zur Finanzierung neuer Initiativen beizutragen, wie der Beschäftigungsinitiative für junge Menschen, des Europäischen Solidaritätskorps sowie des kommenden Vorschlags zur Auflage eines Programms zur industriellen Entwicklung im Verteidigungsbereich.

    Die Möglichkeiten, mit EU-Haushaltsmitteln im Zeitraum 2017-2020 auf weitere unvorhergesehene Ereignisse zu reagieren, sind nun deutlich eingeschränkt.

    2.Breiter politischer Konsens über die Halbzeitrevision

    Die Kommission schlug im September 2016 eine Halbzeitrevision des laufenden Mehrjährigen Finanzrahmens 2014-2020 vor. Die Hauptziele dabei waren, mehr Mittel und Flexibilitätsmöglichkeiten zur Verfügung zu stellen, damit weiterhin in den beiden wichtigsten politischen Prioritätsbereichen – Wachstum und Beschäftigung sowie Reaktion auf die Migration – eine angemessene haushaltspolitische Antwort gegeben werden kann, und für eine größere Flexibilität und Dynamik des Haushalts zu sorgen.

    Nach intensiven Verhandlungen zwischen den drei Organen wurde am 7. März 2017 eine einstimmige Einigung im Rat erzielt, und am 5. April stimmte das Europäische Parlament einer Kompromissfassung des Halbzeitrevisionspakets zu, in dem neben der überarbeiteten MFR-Verordnung auch eine Reihe politischer Vereinbarungen insbesondere über die Aufstockung bestimmter Programme enthalten waren.

    Nach den einschlägigen Verfahren hätte der Rat (Allgemeine Angelegenheiten) am 25. April den mehrjährigen Finanzrahmen nach Ablauf der Hälfte seiner Laufzeit endgültig billigen sollen. Auf in letzter Minute eingereichten Antrag des Vereinigten Königreichs wurde dieser Punkt jedoch von der Tagesordnung gestrichen. Die vorgebrachten Argumente standen mit der als „Purdha“ bezeichneten Stillhalteperiode im Vorfeld von Wahlen im Zusammenhang, in der es der Regierung untersagt ist, wichtige Beschlüsse zu fassen.

    Die förmliche Verabschiedung im Rat dürfte kurz nach den Wahlen im Vereinigten Königreich am 8. Juni erfolgen, wenn die Regierung des VK nicht mehr an die Regeln für die Vorwahlperiode gebunden sein wird.

    Angesichts des breiten politischen Konsenses sowohl im Europäischen Parlament als auch im Rat, wird mit dem Haushaltsplanentwurf 2018 bereits die förmliche Annahme des Halbzeitrevisionspakets vorweggenommen, indem die 2018 betreffenden Aspekte darin bereits berücksichtigt wurden.

    3.Was ist mit der Halbzeitrevision gewonnen?

    Die Halbzeitrevision wird der EU wichtigen Handlungsspielraum für die Reaktion auf neue Entwicklungen bis 2020 verschaffen. Obwohl die Obergrenzen für den Haushalt insgesamt nicht erhöht werden, erlaubt sie eine Aufstockung der Ausgaben und bietet zusätzliche Flexibilität in bestimmten Bereichen, auf die sich das Europäische Parlament und der Rat geeinigt haben.

    Innerhalb der vereinbarten Gesamtobergrenze für den MFR sieht die Halbzeitrevision für den Zeitraum 2017-2020 eine potenzielle Aufstockung der Ausgaben um etwa 6 Mrd. EUR vor, insbesondere in den folgenden Bereichen:

    -Jugendarbeitslosigkeit (1,2 Mrd. EUR für die Beschäftigungsinitiative für junge Menschen, die um einen Beitrag in gleicher Höhe aus dem Europäischen Sozialfonds ergänzt werden)

    -Sicherheit und EU-interne Dimension der Migration (2,5 Mrd. EUR für Programme wie die Europäische Grenz- und Küstenwache, Europol, die EU-Asylagentur, das neue Einreise-/Ausreisesystem und die Soforthilfe für Flüchtlinge)

    -Bekämpfung der Migrationsursachen (1,4 Mrd. EUR insbesondere für einen neuen Partnerschaftsrahmen mit afrikanischen Ländern und den Europäischen Fonds für nachhaltige Entwicklung (EFSD) als Teil der Investitionsoffensive für Drittländer)

    -Erasmus+ (100 Mio. EUR, die auch zum neuen Europäischen Solidaritätskorps beitragen)

    -Aufstockung erfolgreicher Wachstumsförderungsprogramme (775 Mio. EUR für Horizont 2020, die Fazilität „Connecting Europe“, COSME, EFSI-2 und Wifi4EU)

    Zudem würde die Vereinbarung erheblich mehr Flexibilität bieten, damit in neuen Krisensituationen Finanzmittel bereitgestellt werden können (mindestens 1,3 Mrd. EUR stünden sofort ab 2017 zur Verfügung). Das ist ein entscheidender Punkt, denn ohne die erhöhte Flexibilität könnte die Europäische Union in den kommenden drei Jahren nur in einem äußerst eingeschränkten Rahmen auf etwaige unvorhergesehene Entwicklungen reagieren.

    Die Halbzeitrevision sieht ferner zusätzliche Flexibilität vor, verbleibende Spielräume bei den Mitteln für Zahlungen auf die Jahre 2019 und 2020 zu verschieben. Dadurch entsteht ein zusätzlicher Sicherheitspuffer, der dafür sorgen soll, dass die Obergrenzen für die Mittel für Zahlungen in diesen Jahren ausreichen, um sämtliche Rechnungen im Zusammenhang mit der Umsetzung der Strukturfonds fristgerecht zu begleichen. Somit würde das Auflaufen eines Zahlungsrückstands bei unbeglichenen Rechnungen wie im Zeitraum 2013-2015 verhindert, der das Europäische Parlament seinerzeit in große Sorge versetzte.

    4.Was passiert, sollte die Halbzeitrevision nicht angenommen werden?

    Einige Teile der Halbzeitrevision, denen die gesetzgebenden Organe bereits zugestimmt haben, wurden bereits im Haushaltsplan 2017 berücksichtigt (insbesondere die 750 Mio. EUR für den Partnerschaftsrahmen mit afrikanischen Ländern) oder sollen im Wege vorab auf politischer Ebene vereinbarter Berichtigungshaushaltspläne für 2017 bald in ihn aufgenommen werden (und zwar die erste Tranche in Höhe von 500 Mio. EUR für die Beschäftigungsinitiative für junge Menschen sowie 275 Mio. EUR für den Europäischen Fonds für nachhaltige Entwicklung).

    Sämtliche anderen, oben aufgeführten zusätzlichen Ausgaben für den Zeitraum 2018-2020 wären aber in Gefahr, da sie nicht mehr als vorab politisch vereinbart gelten können.

    Das betrifft in erster Linie die verbleibenden 700 Mio. EUR für die Beschäftigungsinitiative für junge Menschen – was ein negatives Signal Europas an die junge Bevölkerung wäre, die Unterstützung braucht – und die anderen Gelder zur Förderung von Bildung, Forschung, Investitionen und Wachstum. Das Programm Horizont 2020, das die gemeinsame Forschung und innovative KMU unterstützt, sowie CEF-Verkehr zur Schaffung transeuropäischer Netze würden beeinträchtigt. Bei Wifi4EU, einem Vorschlag zur Bereitstellung kostenloser WLAN-Technik für Kommunen in der ganzen Union, käme es ebenso zu einer Finanzierungslücke wie bei neuen Vorschlägen wie dem Europäisches Solidaritätskorps und dem Verteidigungs-Aktionsplan. Auch die Finanzmittel für unsere Reaktion auf die Migration und für die Kontrolle der Außengrenzen könnten insofern zur Debatte stehen, als bestimmte Vorschläge der Kommission noch nicht vom Europäischen Parlament und dem Rat angenommen wurden, insbesondere was die Dublin-Verordnung oder die Aufstockung der Kapazitäten für Makrofinanzhilfen angeht.

    Ferner wäre dann keine zusätzliche Flexibilität gegeben und somit die Kapazität des EU-Haushalts stark eingeschränkt, in einem sinnvollen Umfang finanziell auf unvorhergesehene Ereignisse zu reagieren, insbesondere im Bereich der Migration, sollte der Europäische Rat beispielsweise beschließen, die Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei zu verlängern.

    Für den Haushaltsplanentwurf 2018 würde eine Nichtannahme der Halbzeitrevision bedeuten, dass der einzige verfügbare Flexibilitätsmechanismus zur Deckung zusätzlicher Ausgaben für Migration, Sicherheit oder die etwaige Verlängerung der Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei eine Verringerung der Spielräume in anderen Bereichen, wie der Landwirtschaft, erfordern würde.

    Ein weiteres Beispiel für die direkten Folgen einer Nichtannahme der Halbzeitrevision ist die von Italien zur Beseitigung der bei den Erdbeben 2016 entstandenen Schäden beantragte Solidaritätshilfe bei Naturkatastrophen. Ohne die gemäß der Halbzeitrevision vorgesehene Flexibilität stünden der EU nur äußerst begrenzte Mittel zur Verfügung, um in diesem Fall oder bei jedweder großen Naturkatastrophe, einer weiteren internationalen Krise oder einem anderen unvorhergesehenen Ereignis zu handeln.

    All dies würde als Zeichen mangelnder Einigkeit in Europa und fehlender Handlungsfähigkeit bei plötzlich auftretenden Krisen aufgefasst.

    5.Die Zukunft gestalten

    Wie im Weißbuch zur Zukunft Europas dargelegt, hat Europa in den letzten 60 Jahren viel für seine Bürgerinnen und Bürger erreicht. Wenngleich das Projekt Europa derzeit enorme Unterstützung erfährt und die Erwartungen hoch sind, dass die Union mehr für das Gemeinwohl tun kann, klaffen diese Erwartungen und die Fähigkeiten der EU, ihnen gerecht zu werden, immer weiter auseinander, insbesondere weil ihre finanziellen Mittel begrenzt sind.

    Eine rasche Annahme der Halbzeitrevision ist ein entscheidender Schritt in die richtige Richtung. Sie wird dafür sorgen, dass die Sicherheit und die Steuerung der Migrationsströme verbessert werden, der durch die Finanz- und Wirtschaftskrise entstandene Investitionsrückstand aufgeholt werden kann sowie die Beschäftigung, insbesondere die Jugendbeschäftigung, gefördert wird.

    Sollte die Halbzeitrevision allerdings nicht angenommen werden, muss der Haushaltsplan 2018 unverzüglich angepasst werden. Die EU würde damit ihren budgetären Handlungsspielraum für die Reaktion auf neue Notfälle einengen.

    (1)

    Haushaltsvoranschlag der Europäischen Kommission für das Haushaltsjahr 2018 (SEC(2017) 250 von Mai 2017).

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