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Document 52007DC0317

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat für einen europäischen Konsens zur humanitären Hilfe {SEK(2007) 781} {SEK(2007) 782}

/* KOM/2007/0317 endg. */

52007DC0317

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat für einen europäischen Konsens zur humanitären Hilfe {SEK(2007) 781} {SEK(2007) 782} /* KOM/2007/0317 endg. */


[pic] | KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN |

Brüssel, den 13.6.2007

KOM(2007) 317 endgültig

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT

für einen europäischen Konsens zur humanitären Hilfe

{SEK(2007) 781}{SEK(2007) 782}

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT

für einen europäischen Konsens zur humanitären Hilfe

1. DIE HUMANITÄRE HILFE IN EINER VERÄNDERTEN WELT

Humanitäre Hilfe, bei der Menschen im Zeichen der Solidarität anderen von Krisen betroffenen Menschen helfen, hat bereits seit Jahrhunderten Tradition. Die humanitäre Hilfe will Menschenleben retten und in schweren Natur- oder von Menschen verursachten Katastrophen sofortige Nothilfe leisten. In den letzten dreißig Jahren ist ein verstärktes Interesse an Prinzipien, Qualität und Professionalität in der internationalen humanitären Hilfe zu verzeichnen.

Die Akteure der humanitären Hilfe sehen sich jedoch heutzutage mit einer Reihe spezifischer Herausforderungen konfrontiert. Humanitäre Krisen brechen immer häufiger aus und sind mit immer schwerwiegenderen Folgen verbunden, häufige Ursachen sind der Klimawandel, neuartige konfliktuelle Auseinandersetzungen, der sich verschärfende Kampf um den Zugang zu Energieträgern und natürlichen Ressourcen, extreme Armut, unverantwortliche Regierungsführung und staatliches Versagen, worunter vor allem die Zivilbevölkerung leidet, zumeist in Entwicklungsländern. Zudem ist zunehmend zu beobachten, dass humanitäres und internationales Recht mehr und mehr missachtet, wenn nicht gar grob mit Füßen getreten wird. Der Freiraum für humanitäre Aktionen [1] wird mehr und mehr beschnitten, so dass gefährdete Personengruppen immer schwerer zu erreichen sind und die Sicherheit und Handlungsfreiheit der Mitarbeiter der humanitären Hilfe zunehmend beeinträchtigt werden – diese Sicherheit und Handlungsfreiheit sind die wichtigsten Vorbedingungen dafür, dass die humanitäre Hilfe der EU und ihrer Partner die Menschen in Not erreicht.

Die humanitäre Hilfe ist einer der wichtigsten Aspekte der Aussenpolitik der EU. Die EU zählt zu den führenden Gebern, und die Bürger in der Europäischen Union engagieren sich stark für derartige Aktionen. Das bedeutet für die EU besondere Verantwortung und konfrontiert sie mit besonderen Erwartungen. Es ist an der Zeit, der humanitären Aktion der Gemeinschaft angesichts dieser zunehmend schwierigen Lage im Wege eines klar formulierten EU-Konsenses über gemeinsame ethische Normen und Grundsätze mehr Rückhalt zu verleihen. Es ist ebenso an der Zeit, nach Mitteln und Wegen zu suchen, um die Komplementarität der humanitären Maßnahmen der Mitgliedstaaten und der Gemeinschaft zwecks erhöhter Wirksamkeit der europäischen Hilfe zu verbessern. Bei einem europäischen Konsens zur humanitären Hilfe müsste es ferner darum gehen, dem Konzept der humanitären Hilfe mehr Kohärenz und Konsistenz zu verleihen. Zur Wahrung des für die Leistung humanitärer Hilfe erforderlichen Freiraums, und damit uns die Fähigkeit erhalten bleibt, Menschen in Not zu helfen, ist eine klare Aussage zu verantwortlicher Geberpraxis und zur genauen Funktion der jeweiligen Akteure von wesentlicher Bedeutung. Ein solcher Konsens zur humanitären Hilfe würde sich somit vom Europäischen Konsens zur Entwicklungszusammenarbeit vom Dezember 2005 deutlich unterscheiden und ihn gleichzeitig ergänzen[2].

Im Zuge der Ausarbeitung dieser Mitteilung hat die Europäische Kommission die aus ihren Kriseneinsätzen[3] zu ziehenden Lehren gesichtet und ihre Partner der humanitären Hilfe eingehend konsultiert. Hierbei stellte sich heraus, dass bei diesen Partnern erhebliche Übereinstimmung darüber besteht, mit welch schwierigen Aufgaben die Akteure der humanitären Hilfe[4] konfrontiert sind, wozu auch die Pflicht zählt, die Hilfebedürftigen zu schützen und für ihre Sicherheit zu sorgen.

2. EINE ALLSEITS GETEILTE SICHTWEISE

2.1. Gemeinsame ethische Normen und Prinzipien und entsprechendes Handeln

Die humanitäre Hilfe gehorcht einem sittlichen Gebot, und sie ist eine der wichtigsten Äußerungen der zwischenmenschlichen Solidarität der EU-Bürger mit der Menschheit in Not. Angesichts immer häufigerer verheerender Naturkatastrophen und angesichts sich aus Konfliktsituationen ergebendem menschlichen Leiden, von dem die in größter Armut lebenden Menschen am schwersten betroffen sind, müssen die Akteure der humanitären Hilfe der Europäischen Gemeinschaft zusammenarbeiten, um zu gewährleisten, dass die Opfer humanitärer Krisen adäquate Unterstützung erfahren und ihre Gefährdung gemindert wird.

Die in Drittländern durchgeführte humanitäre Hilfe ist Teil eines Kontinuums von der EU im Außenbereich verfolgter Aktionen. Sie ist ein aktiver Beitrag zum Schutz von Katastrophenopfern und zur Rückgewinnung ihrer Eigenständigkeit, doch sie ist kein Instrument des Krisenmanagements: Die EU ist eindeutig den Prinzipien der Humanität , Neutralität , Unparteilichkeit und der Unabhängigkeit im Handeln verpflichtet. Dieses durch feste Grundsätze bestimmte Vorgehen ist die wesentliche Voraussetzung für die Akzeptanz der Hilfe der EU auf Seiten der Krisenopfer in häufig vielschichtigem politischem und sicherheitspolitischem Umfeld und ist zugleich die Grundvoraussetzung dafür, dass diese Hilfe der EU Wirklichkeit werden kann. Die Wahrnehmung der Europäischen Gemeinschaft und ihrer Verpflichtung zu Neutralität und Unabhängigkeit bei der Leistung humanitärer Hilfe stehen in engem Zusammenhang zu dem im jeweiligen Einsatzgebiet an den Tag gelegten Verhalten und Engagement. Sämtliche im Kriseneinsatz befindlichen Akteure aus der EU müssen sich in ihrer Arbeit nach diesen Prinzipien richten.

Die humanitäre Hilfe unterscheidet sich von anderen Formen der Hilfe dadurch, dass sie einzig dem Ziel dient, in Notsituationen Menschenleben zu retten bzw. menschliches Leiden zu lindern, wenn die lokalen Akteure überfordert, außer Stande bzw. nicht willens sind, angemessene Hilfe zu leisten. Entscheidend für die Rettung von Menschenleben ist, dass man für den Katastrophenfall vorbereitet und für Noteinsätze vor Ort gerüstet ist. Für die humanitäre Hilfe gelten zwar ganz spezifische Grundsätze und Modalitäten – dennoch ist Kohärenz mit anderen politischen Instrumenten und Vorgehensweisen speziell mit Krisenmanagement und der Entwicklungszusammenarbeit zu gewährleisten.

Die Erfahrung der letzten Jahre zeigt bedauerlicherweise, dass permanent gegen internationales Recht und somit auch gegen das Internationale Humanitäre Recht verstoßen wird. 2005 hat die EU operative Leitlinien für stärkere Disziplin in Bezug auf die Einhaltung der Internationalen Humanitären Rechts durch Drittstaaten und ggf. durch regierungsunabhängige Akteure verabschiedet[5]. Diese Leitlinien betreffen eine Vielfalt von Maßnahmen, die von der Bewertung und Berichterstattung über den Politikdialog und restriktive Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Krisenmanagement bis hin zur Bekämpfung der Straffreiheit reichen. Die Europäische Kommission verweist mit Nachdruck auf die Bedeutung eines proaktiven Konzepts im Zusammenhang mit der Wahrung der für jegliche Maßnahme der humanitären Hilfe unabdingbaren Rahmenbedingungen.

Engagiertes Handeln nach festen Grundsätzen Für die EU gilt grundsätzlich folgendes: Einhaltung und Propagierung humanitärer Grundsätze wie Humanität, Neutralität, Unparteilichkeit und Unabhängigkeit im Handeln als Beitrag zur Erhaltung des für die Leistung humanitärer Hilfe erforderlichen Freiraums; entschiedenes und beharrliches Eintreten für die Wahrung des internationalen Rechts; Gewährleistung von Kohärenz, Komplementarität und Effektivität in der humanitären Hilfe durch Einsatz der zur Verfügung stehenden Instrumente und Einflussmöglichkeiten, um bei den Ursachen humanitärer Krisen ansetzen bzw. um solche Krisen abwenden zu können. |

- 2.2. Die Europäische Union und die humanitäre Hilfe

Insgesamt war die Europäische Union 2006 mit einem Beitrag von mehr als 2 Mrd. € der wichtigste Geber öffentlicher humanitärer Hilfe, und das sind mehr als 40 % der offiziell erfassten weltweit geleisteten humanitären Hilfe[6]. Allein 2006 ging diese Hilfe in 75 Staaten und erreichte schätzungsweise 100 Millionen Menschen[7], wodurch viele Menschenleben namentlich in den in Vergessenheit geratenen Krisengebieten gerettet werden konnten. Dieser Beitrag der Europäischen Union setzt sich aus der humanitären Hilfe der Gemeinschaft, (unter der Verwaltung der Kommission) und der Bereitstellung der substantiellen, von EU-Mitgliedstaaten direkt geleisteten bilateralen humanitären Hilfe zusammen, mit geteilter Kompetenz.

Die Wirksamkeit dieser humanitären Hilfe ließe sich durch bessere Koordinierung und durch aktiven Erfahrungsaustausch erheblich steigern. Auf diese Weise könnten die Mitgliedstaaten in die Lage versetzt werden, die Qualität der humanitären Hilfe insgesamt zu steigern. Wenn sie ihre einzelnen Positionen in den humanitären Gremien besser abstimmt und die Unterstützung für humanitäre Hilfe koordiniert, kann sich die EU mehr Gehör verschaffen. Die starke Präsenz der EG im Bereich der humanitären Hilfe vor Ort ist ein wertvolles Element, wodurch die EU Repräsentanten bei der Zusammenarbeit in der Nothilfe, Vorbereitung auf den Katastrophenfall und im Rahmen internationaler Hilfs- und Koordinierungsanstrengungen (das sogenannte Cluster-Konzept) über einen natürlichen Bezugspunkt verfügen.

Ziel der verstärkten Koordinierung auf Seiten der EU Gemeinsames abgestimmtes Handeln zur Stärkung und Optimierung der Gesamtleistung der humanitären Hilfe; Unterstützung von Strategien der gut organisierten Hilfeleistung; Abstimmung bei der Bedarfsbewertung und der Entscheidung über adäquate Maßnahmen; Feststellung der Lücken im System und Gewährleistung tragfähiger Systeme, um ein Tätigwerden vor Ausbruch von Krisen zu ermöglichen. |

- 2.3. Beispielhaftes Geberverhalten

Das Geberverhalten nach festen Grundsätzen muss fester Bestandteil der internationalen Hilfeanstrengungen sein. Die Initiative Beispielhaftes Geberverhalten im Rahmen der humanitären Hilfe vom Juni 2003 bietet dazu eine nützliche Basis und enthält zudem eine Definition der humanitären Hilfe, ein festes Engagement zur Wahrung der großen Prinzipien der humanitären Hilfe und einen Leitfaden für beispielhaftes Geberverhalten. Die EG hält den Zeitpunkt für gekommen, dass die EU sich in ihrer Gesamtheit stärker um das bemüht, was den Kern des beispielhaften Geberverhaltens ausmacht, um sich sodann aktiver für dessen praktische Verwirklichung einzusetzen. Dies wäre mit einem breiter angelegten partnerschaftlichen Konzept zu verknüpfen. Im Zuge einer Weiterentwicklung der Initiative Beispielhaftes Geberverhalten im Rahmen der humanitären Hilfe und anderer bereits vorhandener Verhaltensnormen und existierender Prozesse[8] müsste die EU ein alle Aspekte einschließendes Konzept zur Propagierung bewährter Methoden im Zusammenhang mit der humanitären Hilfe unterstützen, und zwar im Rahmen der ‘Beispielhaften Humanitären Partnerschaft’, in der sich die "traditionellen" Geber und die sich allmählich als neue Geber profilierenden Schwellenländer einerseits sowie die Partner – international und lokal – der humanitären Hilfe zusammenfinden.

Die EU müsste sich an folgende Grundsätze halten: Bekräftigung ihres Engagements und Bewertung der Umsetzung der von ihr geleisteten humanitären Hilfe im Rahmen der bereits feststehenden Prinzipien des beispielhaften Geberverhaltens und bewährter Methoden; Unterstützung eines ambitionierten internationalen Konzepts, bei dem sich Geber und Partner zusammenfinden, um die für die humanitäre Hilfe maßgeblichen Prinzipien, Verhaltensnormen und Methoden zu überprüfen(‘Beispielhafte Humanitäre Partnerschaft’). |

- 3. VERWIRKLICHUNG DER PRINZIPIEN IN DER PRAKTISCHEN ARBEIT

3.1. Adäquate und gerechte Leistung der humanitären Hilfe unter Berücksichtigung des Bedarfs und unter Wahrung der Verhaltensnormen

Da nach wie vor der Eindruck überwiegt, dass für die humanitäre Hilfe zu wenig Geld ausgegeben wird - und dies trotz der eingegangenen Verpflichtung, das Niveau der öffentlichen Entwicklungshilfe anzuheben – muss die Europäische Union die Größenordnung und Wirksamkeit des Finanzierungsaufwands überprüfen. Eine einvernehmliche Vereinbarung von Mindeststandards für Hilfeleistungen und den Schutz von Katastrophenopfern müsste die Grundlage für die Finanzierung der humanitären Hilfe sein.

Außerdem muss die am Bedarf ausgerichtete Finanzierung der humanitären Hilfe mit der notwendigen Transparenz erfolgen. Zurzeit besteht für die Bedarfsbewertung weder ein einheitlicher Rahmen noch ein einvernehmlich festgelegtes Konzept. Die EG bedient sich einer spezifischen globalen Bedarfsbewertungsmethode, die an die jeweilige Jahresprogrammierungsstrategie geknüpft ist und zieht zudem jährlich Bilanz zu den "in Vergessenheit geratenen Krisen". Die Ergebnisse werden allen Beteiligten mitgeteilt. Ins Detail gehende Bedarfsbewertungen nimmt ein weit gespanntes Netz von mit den jeweiligen Verhältnissen vor Ort vertrauten ECHO-Experten und Länder- bzw. Regionalbüros vor und zwar in enger Zusammenarbeit mit anderen Dienststellen der Kommission und mit einzelnen Mitgliedstaaten.

Nach Möglichkeit sollte im Sinne optimaler Wirksamkeit bei Hilfen in Form von Sachleistungen auf örtliche und regionale Auftragnehmer, Ressourcen und Lagerbestände zurückgegriffen werden, um auf diese Weise die durch lange Transportwege von Europa bis zum Einsatzort entstehenden Umweltkosten und budgetären Belastungen zu vermeiden. Die Entscheidung darüber, wo Hilfsgüter zu beschaffen sind, ist jedoch stets vom jeweiligen Kontext abhängig zu machen. Innovative Formen der Hilfeleistung wie der Rückgriff auf Barzahlungen oder die Aushändigung von Gutscheinen anstelle der Bereitstellung von Hilfsgütern wären ebenfalls in Betracht zu ziehen.

Gewährleistung der Wirksamkeit der Hilfeleistungen Für die EU gilt grundsätzlich folgendes: Sie sollte sich neben ihrer Selbstverpflichtung, die öffentliche Entwicklungshilfe aufzustocken, für eine adäquate Bereitstellung humanitärer Hilfe einsetzen. Sie sollte die Hilfe auf der Grundlage von einvernehmlich vereinbarten Mindeststandards in Bezug auf die Hilfe und den Opferschutz leisten. Sie sollte sich um einen einheitlichen Rahmen für die Bedarfsbewertung und die Weitergabe der Ergebnisse der Expertenarbeit bemühen. Sie sollte sich um Ausgewogenheit der Hilfeeinsätze bemühen und dabei sogenannten in Vergessenheit geratenen Krisen und anderweitig nicht gebührend beachteten Bedarfssituationen besondere Aufmerksamkeit zuwenden und sich bei eindeutig nachweisbarem Bedarf mit Krisen mit schwerer Unterfinanzierung befassen. |

- 3.2. Partnerschaftliches Handeln

Partnerschaftliches Handeln ist eine wesentliche Voraussetzung für den Erfolg humanitärer Hilfeaktionen. Die Geber der EU arbeiten bei der Umsetzung der Hilfe mit einer Vielzahl von Partnern zusammen, und zwar den europäischen und jeweils örtlichen regierungsunabhängigen Organisationen, den Sonderorganisationen der Vereinten Nationen und den Rotkreuzorganisationen, von denen eine jede eine wesentliche sich ergänzende Funktion erfüllt. Humanitäre Hilfe unter erschwerten Bedingungen erfordert Qualitätsarbeit, berufliches Können, Erfahrung und Zusammenarbeit mit anderen. Alle Partner der Geber der EG müssten sich die für Hilfemaßnahmen geltenden internationalen Standards, Verhaltensnormen und Leitlinien zu eigen machen, ihr Handeln müsste die gebührende Transparenz aufweisen, und sie müssten sich gegenüber den Hilfeempfängern und den Gebern zu Rechenschaft verpflichten.

Die EU erkennt die zentrale Rolle der Vereinten Nationen – und namentlich des VN-Amtes für die Koordinierung der humanitäre Hilfe (OCHA) - bei den Bemühungen um kohärentes internationales Handeln im Falle von humanitären Krisen an und unterstützt sie darin vorbehaltlos; ferner begrüßt sie die konzertierten Anstrengungen bei der Reform des humanitären Hilfesystems. Eine genaue Koordinierung der Beiträge der Partner und der Geber namentlich vor Ort, auf der Grundlage einer breiten Mitwirkung beim sogenannten Cluster-Konzept und ein flexibler Umgang mit diesem Konzept sind wesentliche Voraussetzungen für den Erfolg der humanitären Hilfe.

Partnerschaft: Vielfalt und Qualität Die EU sollte: mit Nachdruck darauf hinweisen, dass sie bei den Partnern der Umsetzung für das Prinzip der Pluralität eintritt (regierungsunabhängige Organisationen, Sonderorganisationen der Vereinten Nationen und Rotkreuzorganisationen); anerkennen, dass jeder einzelne Partner über komparative Vorteile verfügt und somit in der Lage ist, in spezifischen Situationen bzw. unter spezifischen Umständen erfolgreich Hilfe zu leisten; die VN in ihrer zentralen Rolle unterstützen, Reformen im Sinne einer Verbesserung der gesamten internationalen humanitären Hilfe voranzubringen. Für die Auswahl der Partner der Umsetzung humanitärer Hilfe sollten folgende Kriterien ausschlaggebend sein: Professionalität Fähigkeit, dem festgestelltem Bedarf entsprechend zu handeln (u.a. Präsenz vor Ort und Zugang zu den Opfern) absolute Einhaltung der Prinzipien der humanitären Hilfe, der international festgelegten Leitlinien und der bewährten Methoden bezüglich der Leistung humanitärer Hilfe spezielle Fachkenntnisse Kosteneffizienz Zugehörigkeit zu lokalen Partnerschaften und Einbindung in einen lokalen Kontext Einhaltung des Grundsatzes der Rechenschaftspflicht, einschließlich transparente Rechenschaftsberichte |

- 3.3. Wirksamkeit und Qualität der Hilfeleistung und Rechenschaftspflicht

Schnelligkeit und Qualität sind die entscheidenden Kriterien für sinnvolle und erfolgreiche humanitäre Hilfe. Die Geber stehen in der Pflicht zu gewährleisten, dass die geleistete Hilfe stets der bestmöglichen Option entspricht und dass sie den Erwartungen entspricht. Die zu erbringende Hilfeleistung muss den spezifischen Umständen der jeweiligen humanitären Krise angepasst sein. Die EU muss sorgfältig darauf achten, dass Qualitäts- und Leistungsindikatoren, die Kriterien der Kosteneffizienz (z.B. Verhältnismäßigkeit des Betriebskostenaufwands im Vergleich zu der geleisteten Hilfe) gebührend beachtet und dass vor allem in Langzeitkrisen die Hilfe in Partnerschaft mit den Menschen vor Ort organisiert wird, denn nur so lässt sich sicherstellen, dass die humanitäre Hilfe tatsächlich zum Wohle der Menschen in Not geleistet wird. Das Qualitätsgebot erfordert es, dass durch Auswahl der Partner für die Umsetzung nach bestimmten Eignungskriterien und durch Leistungskontrolle für ein hohes Maß an Zuverlässigkeit dieser Partner und ihrer Arbeit gesorgt wird. Das Beispiel der EG zeigt, dass es möglich ist, die geforderte Schnelligkeit und Wirksamkeit im Wege systematischer Akkreditierung der Partner und durch Maßnahmen der Finanzkontrolle mit einer rigorosen Rechenschaftspflicht zu verbinden[9] Dies ist fester Bestandteil der gegenüber der europäischen Öffentlichkeit und gegenüber den Hilfeempfängern bestehenden Rechenschaftspflicht.

3.4. Kapazitäten für rasches Handeln

Der Bericht über die Aktionen der humanitären Hilfe aus dem Jahr 2005 verweist auf erhebliche Lücken in den globalen Kapazitäten der Organisationen der humanitären Hilfe, wobei in einigen Fällen durch die Reformierung des Systems inzwischen Abhilfe geschaffen wird. Die EU muss ihre Soforthilfekapazitäten ausbauen, um die verbleibenden Lücken zu schließen. Sie sieht ihre Aufgabe darin, internationale Initiativen zur Ermittlung und Behebung von Lücken auf globaler Ebene zu unterstützen (z.B. im Bereich Logistik und Vorbereitung auf den Ernstfall) und zu gewährleisten, dass ein breites Aufgebot von Partnern Zugang zu diesen Kapazitäten hat. Dabei sind u.a. regionale Stützpunkte der humanitären Hilfe zu bedienen und im Falle von Großkrisen Vorkehrungen für die kurzfristige Bereitstellung zusätzlicher Kapazitäten – beispielsweise Transporteinheiten und Experten – zu treffen.

Ferner müssen die langfristigen Maßnahmen zum Aufbau von Kapazitäten weiter verstärkt werden, und das gilt für Bereiche wie Frühwarnsysteme auf lokaler, gesamtstaatlicher und regionaler Ebene sowie gemeinsame Ausbildungs- und Informationsnetze. Bei der Unterstützung des Kapazitätenaufbaus auf lokaler Ebene, namentlich in Gebieten mit lang andauernden bzw. häufig wiederkehrenden Krisen, sollte man sich klar für eine größere Leistungsfähigkeit der lokalen unabhängigen humanitären Hilfe entscheiden und dabei das Schwergewicht auf Qualität und Nachhaltigkeit legen.

Der Ausbau der EU-Kapazitäten könnte nach einer flexiblen, aber nichtsdestoweniger systematischen operativen Methode vor sich gehen, um zu gewährleisten, dass die Koordinierung der Geber aus der EU rechtzeitig erfolgt und dass eine zusätzliche Möglichkeit entsteht, Kompetenzen, Mittel und Expertise zu mobilisieren. Es bedarf ferner praktischer Maßnahmen, um Komplementarität zu vorhandenen Noteinsatzplänen bzw. Soforthilfemannschaften zu gewährleisten. Die Europäische Kommission sollte unter voller Nutzung der Vorteile, die ihr die ständige Präsenz vor Ort bietet, den Weg dafür ebnen, dass eine hohen Qualitätsansprüchen genügende von der EU koordinierte, in der internationalen Nothilfe verankerte und vor Ort rasch einsetzbare humanitäre Nothilfe aufgebaut werden kann.

3.5. Einsatz von Mitteln des Zivilschutzes und des Militärs

Die humanitäre Hilfe der EG bedient sich verschiedener Instrumente der Gemeinschaft und der Mitgliedstaaten, und dazu zählt auch der Zivilschutz der einzelnen Mitgliedstaaten, der in Verbindung mit dem EU-Vorsitz durch die Zentrale für begleitende Beobachtung und Information[10] koordiniert, bzw. dessen Einsatz bilateral organisiert wird; der Zivilschutz betätigt sich außer bei Katastrophennoteinsätzen noch in einer Vielfalt anderer Bereiche. Die Mitgliedstaaten setzen ihren Zivilschutz zunehmend bei Katastrophen außerhalb der EU ein, worin der unter ihren Bürgern verbreitete Wunsch zum Ausdruck kommt, die vorhandenen Kapazitäten in den Dienst der internationalen Solidarität zu stellen. Eine perfekte Koordinierung der verschiedenen EU-Akteure und Instrumente ist die wesentliche Prämisse für optimale Komplementarität und Kohärenz.

Der Zivilschutz kann auf der Basis einer entsprechenden Bedarfsermittlung und durch Einbringung der jeweiligen komparativen Vorteile in Bezug auf Schnelligkeit, Sektorkenntnis und Leistung namentlich in der Frühphase der Nothilfe einen wertvollen Beitrag zu Aktionen der humanitären Hilfe leisten. Bei Einsätzen außerhalb der EU kommt es wesentlich darauf an, dass die Zivilschutzkräfte die Arbeit der Akteure der humanitären Hilfe auf der Grundlage international gültiger Prinzipien und Leitlinien – insbesondere was die Neutralität, Unparteilichkeit und Unabhängigkeit ihres Handelns betrifft – unterstützen und ergänzen.

Die Mittel des Zivilschutzes schließen eine Vielfalt von staatseigenen militärischen und zivilen Mitteln ein. Mittel dieser Art werden auf formelles Begehren des jeweiligen Staates in Not hin bereitgestellt. Im Falle von Staaten im Kriegszustand bedeutet dies nahezu zwangsläufig, dass ein solches Begehren von einer der Kriegsparteien ausgeht, was wiederum die Gefahr in sich birgt, dass die Neutralität und Unparteilichkeit der Nothilfe ins Zwielicht gerät und folglich die Mitarbeiter der Nothilfe und die notleidenden Menschen der Gefahr ausgesetzt sein könnten, zur Zielscheibe für Angriffe von Seiten der kriegführenden Partei zu werden. Eine zusätzliche Gefahr besteht darin, dass den Mitarbeitern der humanitären Hilfe daraufhin der Zutritt zu den Notleidenden nicht nur in der jeweils aktuellen Notsituation, sondern auch bei allen künftigen Gelegenheiten verwehrt wird. Diese Risiken sind sorgfältig gegen die Dringlichkeit der Notsituation und die Notwendigkeit der Einschaltung des Zivilschutzes abzuwägen. Das hat zur Folge, dass in komplexen Notsituationen eher nur in Ausnahmefällen auf den staatlichen Zivilschutz zurückgegriffen wird. Überall dort, wo der Zivilschutz zu Rettungsaktionen in komplexen Notsituationen herangezogen wird, sollte dies unter der Führung der VN und der humanitären Organisationen geschehen. Dabei ist zwischen humanitären Einsätzen und Operationen der EU zur Krisenbewältigung zu unterscheiden.

Da die Neutralität humanitärer Maßnahmen absolut gewährleistet sein muss, ist eine Verwässerung der Unterscheidung zwischen humanitären und militärischen Aufgaben unbedingt zu vermeiden. Militärkräfte und Mittel des Militärs sollten im Einklang mit internationalen Leitlinien bei Operationen der humanitären Hilfe lediglich als "letzte Möglichkeit" zum Einsatz kommen.

Nutzung komparativer Vorteile bei humanitären Einsätzen Die EU sollte: die internationalen Anstrengungen unterstützen, bei denen es darum geht, Lücken im Zusammenhang mit Kapazitäten, namentlich in den Bereichen Verkehr, Kommunikation, Logistik und Mobilisierung von Katastrophensoforteinsätzen zu lokalisieren und zu schließen; Mittel und Wege prüfen, wie sich durch Bündelung der komparativen Vorteile, über die die einzelnen Partner verfügen, ihre eigenen Soforthilfekapazitäten verstärken lassen; die Leitlinien für den Einsatz von Mitteln des Militärs und Zivilschutzes sowie die Leitlinien von Oslo einhalten und für ihre Einhaltung eintreten; bekräftigen, dass die Verteidigungs- bzw. Schutzkapazitäten des Militärs und des Zivildienstes in einer Art und Weise eingesetzt werden müssen die Arbeit der humanitären Organisationen ergänzt und unterstützt, basierend auf Bedarf und Umständen die den Einsatz von Spezialisten erforderlich machen. |

- 4. GANZHEITLICHES KONZEPT FÜR DIE HUMANITÄRE HILFE

4.1. Katastrophenrisikominderung – bessere Vorbereitung auf den Ernstfall

Angesichts der Tatsache, dass Naturkatastrophen vor allem als Folge des Klimawandels immer häufiger auftreten und in der Regel die sozial Schwächsten treffen, kommen der Propagierung von Strategien der Katastrophenrisikominderung und von Vorkehrungen zur Vorbereitung auf den Ernstfall wesentliche Bedeutung zu. Dies muss in Entwicklungsländern auf lokaler, regionaler oder gesamtstaatlicher Ebene geschehen, je nachdem, welches Instrument dafür gewählt wird. Nach der Weltkonferenz über Katastrophenrisikominderung in der japanischen Provinz Hyogo vom Januar 2005 hat sich die internationale Gemeinschaft wieder stärker für wirksame Strategien der Katastrophenrisikominderung und der Abschwächung der Folgen von Katastrophen eingesetzt. Die EU liegt in dieser Hinsicht voll im Trend und gestaltet ihr Hilfekonzept entsprechend; sie tut dies in Form einer einmaligen Unterstützung von Aktivitäten in Kommunen, die sich auf den Katastrophenfall vorbereiten und greift dabei auf das DIPECHO-Programm der EG zurück; eine andere Initiative besteht darin, diese Dimension als Querschnittsthema in die humanitäre Hilfe und die Entwicklungshilfe der EG einzuführen, was seinen Niederschlag in dem Engagement des Konsens der EU zur Entwicklungszusammenarbeit findet, Maßnahmen zur Katastrophenprävention und zur Vorbereitung auf den Erntfall zu unterstützen; ein zusätzliches Mittel besteht darin, für Maßnahmen zur Minderung des Katastrophenrisiko zu werben.

Propagierung der Vorbereitung auf den Katastrophenfall Die EU sollte: Die internationalen Anstrengungen im Zusammenhang mit dem Hyogo-Aktionsrahmen unterstützen, wobei es darum geht, die Bereitschaftskapazitäten auf lokaler, regionaler und gesamtstaatlicher Ebene im Wege strategischer Planung und strategischer Maßnahmen zu verstärken; Einführung der Strategie der Katastrophenrisikominderung als Querschnittsthema in die humanitären und entwicklungspolitischen Tätigkeiten und Gewährleistung einer angemessenen Finanzierung der Vorbereitung auf den Katastrophenfall und der Maßnahmen zur Risikominderung seitens der EU; Erarbeitung eines strategischen Gesamtkonzepts der EU für die Unterstützung diesbezüglicher Aktivitäten. |

- 4.2. Nahtlose Verknüpfung von Nothilfe, Wiederaufbau und Entwicklung

Der Wiederaufbau nach einer Katastrophe ist eine Großaufgabe, die über die Nothilfe hinausgehende Struktur- und Entwicklungsmaßnahmen erfordert. Die Notwendigkeit der sinnvollen und wirksamen Verknüpfung von Nothilfe, Wiederaufbau und Entwicklung , um auf diese Weise zur Eindämmung der Armut, zur Ernährungssicherung und zur zukunftsfähigen Entwicklung beizutragen ist zwar ein allseits anerkanntes wesentliches Ziel[11], doch seine Verwirklichung verlangt von sämtlichen mit Hilfeaktivitäten befassten Akteuren für den Übergang flexibles und innovatives Vorgehen. Die humanitäre Hilfe und die Entwicklungshilfe verlaufen immer häufiger und über immer längere Zeiträume synchron nebeneinander, wobei die Beendigung der humanitären Hilfe je nach Sektor und Standort unterschiedlich lange Zeit beansprucht. Für die Wirksamkeit der Hilfemaßnahmen und für die Gewährleistung eines reibungslosen Übergangs kommt es wesentlich darauf an, dass beide Seiten mehr und mehr erkennen, dass sie nach unterschiedlichen Modalitäten, unter Einsatz unterschiedlicher Instrumente und nach unterschiedlichen Konzepten arbeiten. Die EG hat mit der Einführung neuer Finanzierungsinstrumente ab 2007 - namentlich mit dem Finanzierungsinstrument Entwicklung und Kooperation und dem Stabilitätsinstrument - erneut Gelegenheit, in Staaten nach einem Katastrophenfall das Problem der Verknüpfung von Nothilfe, Wiederaufbau und Entwicklung durch Anwendung eines wohldosierten Strategiegemischs anzugehen, was eine frühzeitige Einleitung der Entwicklungsprogrammierung und den Einsatz von Instrumenten zur Förderung einer raschen wirtschaftlichen Erholung ebenso einschließt wie die sorgfältige Planung der Exit-Strategien für den reibungslosen Übergang zu stärker strukturierten Programmen. Die Erfahrungen der EU mit der Bewältigung von Übergangssituationen in vielen Staaten wäre Anlass dafür, zur Verknüpfung von Nothilfe, Wiederaufbau und Entwicklung eine systematischere Vorgehensweise zu entwickeln.

Stärkere Verknüpfung mit anderen Instrumenten der Hilfe Die EU sollte: Einen Rahmen ausarbeiten, um die Verknüpfung von Nothilfe, Wiederaufbau und Entwicklung in der Praxis auf der Grundlage gemachter Erfahrungen weiter voranzubringen; eine Reihe von Ländern im Zusammenhang mit der Verknüpfung von Nothilfe, Wiederaufbau und Entwicklung für Pilotvorhaben auswählen, um die Umsetzung auf spezifische Fälle zugeschnittener gemeinsamer Konzepte der EU zu testen; das Zusammenwirken der für humanitäre Hilfe und für Entwicklungshilfe zuständigen Organisationen und anderer Akteure der Hilfe verbessern, namentlich vor Ort im Einsatzgebiet und in Situationen vielschichtiger Krisen und instabiler staatlicher Strukturen. |

- 5. UMSETZUNG DER HUMANITÄREN HILFE DER GEMEINSCHAFT

Rechtsgrundlage für die humanitäre Hilfe der EG ist die Verordnung (EG) Nr. 1257/96 des Rates vom 20. Juni 1996, die ein klares Mandat zur Gewährung von Hilfe und Schutz von Menschen erteilt, die Opfer humanitärer Krisen sind.

Die Kommission ist bestrebt, der EG-Hilfe insgesamt auf folgende Weise einen Mehrwert zu verleihen:

- sie praktiziert beispielhaftes Geberverhalten und bemüht sich, andere dafür zu gewinnen;

- sie wirbt für qualitätvolle bedarfsorientierte Hilfeeinsätze, die auf Erfahrungen der praktischen Arbeit und Lehren aus früheren Kriseneinsätzen aufbauen;

- sie entwickelt mustergültige Methoden und sektorspezifische Leitfäden und sorgt für deren Verbreitung;

- sie unterstützt den Strategiedialog und den Austausch operativer Informationen;

- als lernfähige Organisation ist sie kontinuierlich um Leistungsverbesserung und Professionalität ihrer Hilfeeinsätze bemüht;

- sie ebnet den Weg dafür, dass die koordinierten Beiträge der EU zum Erfolg der humanitären Einsätze beitragen und stellt die Weichen für eine Verknüpfung von Nothilfe, Wiederaufbau und Entwicklung.

Das Engagement der EG besteht darin, bei Hilfeeinsätzen ein hohes Qualitätsniveau und Schnelligkeit zu gewährleisten. Sie verstärkt im Hinblick darauf ihre Reaktionsbereitschaft für den Katastrophenfall, einschließlich der Fähigkeit der Lagebewertung und Prüfung der Einsatzkapazitäten, und sie baut ihre eigenen Kapazitäten für Einsätze in Verbindung mit Partnern aus. Vor diesem Hintergrund wird das Expertennetz der Generaldirektion ECHO verstärkt und die Kriseneinsatzkapazitäten von sechs regionalen EG-Delegationen ausgebaut.

Die Kommission sollte vermittels ihrer eigenen, auf humanitäre Hilfe spezialisierten Generaldirektion in enger Partnerschaft mit den vor Ort tätigen Helfern ihre Vorbildfunktion als aktiver Geber und Akteur der humanitären Hilfe pflegen. Sie muss auch weiterhin, anknüpfend an von der GD ECHO im operativen Bereich gesammelte Erfahrungen, an den bereits geschaffenen Mehrwert und die bereits gewonnene internationale Anerkennung bei humanitären Aktivitäten ein gewichtiges Wort mitreden. Das schließt ein, dass sie die Kapazitäten für eine enge Zusammenarbeit mit Partnern ausbauen muss, die im Mittelpunkt der humanitären Anstrengungen der EU steht. Zurzeit werden einige spezifische Maßnahmen zur Verbesserung der Noteinsatzkapazitäten und deren Flexibilität geprüft.

Auf Gemeinschaftsebene gibt es eine Reihe von Politikfeldern wie Krisenbewältigung, Ernährungssicherung, Entwicklung, die Förderung von Menschenrechten und Sicherheit sowie öffentliche Gesundheit, die enge Berührungspunkte zur humanitären Hilfe aufweisen. Die EG ist entschlossen zu gewährleisten, dass Kohärenz und Komplementarität der verfolgten Strategie stets ihren Niederschlag in koordinierter praktischer Umsetzung der Hilfeleistung findet. Es handelt sich darum, Synergien zu nutzen und Fehlleistungen bzw. Doppelarbeit unbedingt zu vermeiden[12].

6. EU-KONSENS ZUR HUMANITÄREN HILFE

Die Europäische Kommmission ersucht den Rat der Europäischen Union und das Europäische Parlament, eine gemeinsame Erklärung zum europäischen Konsens zur humanitären Hilfe zu verabschieden, der auf den in dieser Mitteilung dargelegten Grundsätzen und Modalitäten aktiver Geberschaft basiert; das Engagement der EU/EG für eine koordinierte, kohärente und komplementäre Zusammenarbeit zu bekräftigen, um zu gewährleisten, dass dem Konsens praktische Taten folgen. Die Europäische Kommission hält sich bereit, auf der Grundlage des europäischen Konsenses einen Arbeitsplan für von der EU durchzuführende spezifische Maßnahmen der Umsetzung vorzuschlagen. |

- Mit der gemeinsamen Ausarbeitung eines europäischen Konsenses zur humanitären Hilfe und ihrer praktischen Umsetzung verfolgt die Europäische Kommission das Ziel, den Beitrag der EU durch partnerschaftliche Zusammenarbeit mit anderen zur weltweit geleisteten humanitären Hilfe zu potenzieren. Diese Initiative ist eine Bekräftigung des Engagements der Kommission, als Ausdruck der Solidarität der EU gegenüber der Welt allen Menschen in Not zu helfen.

***

ANHANG

GLOSSAR

In Vergessenheit geratene Krisen

Das System der EG zur Bestimmung "Vergessener Krisen" definiert solche als Krisen , denen die Medien geringe oder keine Beachtung schenken und bei denen die Opfer bei der Verteilung der internationalen Hilfe fast oder ganz leer ausgehen.

Initiative ‚BEISPIELHAFTES GEBERVERHALTEN IM RAHMEN DER HUMANITÄREN HILFE’

Die Initiative ‚Beispielhaftes Geberverhalten im Rahmen der humanitären Hilfe’ legt die Prinzipien für ein solch beispielhaftes Verhalten fest; sie wurde 2003 in Stockholm von Deutschland, Australien, Belgien, Kanada, der Europäischen Kommission, Dänemark, den USA, Finnland, Frankreich, Irland, Japan, Luxemburg, Norwegen, den Niederlanden, dem VK, Schweden und von der Schweiz verabschiedet. Seitdem sind Österreich, Tschechien, Griechenland, Italien, Portugal und Spanien dieser Initiative beigetreten, die sich bemüht mit Hilfe von gegenseitiger Evaluierung, Dialog und Erfahrungsaustausch die Umsetzung von beispielhaften Geberverhalten voranzutreiben

SICHERHEIT DES MENSCHEN

In der Resolution 60/1 vom 24. Oktober 2005 erkennt die Generalversammlung an, „dass alle Menschen und insbesondere die sozial schwachen das Recht haben, ein Leben frei von Angst und Not zu führen, und dass ein jeder Mensch die Chance haben muss, im Genuss aller seiner Rechte sich ungehindert nach seinen Möglichkeiten zu entfalten. Um dies zu erreichen, verpflichten wir uns dazu, den Begriff der Sicherheit des Menschen in der Generalversammlung zu erörtern und zu definieren.“ Mit der Betonung auf „ein Leben frei von Angst und Not“ soll gewährleistet werden, dass die sozial Schwächsten in die Lage versetzt werden, für ihre eigene Sicherheit zu sorgen.

HUMANITÄRE GRUNDSÄTZE

Die Definition dieser Grundsätze ist im Verhaltenskodex der Rot-Kreuz-Gesellschaften und der regierungsunabhängigen Organisationen bezüglich Nothilfe sowie in der Resolution 46/182 der Generalversammlung der Vereinten Nationen enthalten. Sie sind von den Grundprinzipien der Rot-Kreuz-Gesellschaften abgeleitet und umfassen im Einzelnen: Grundsatz I: Humanität, Grundsatz II: Unparteilichkeit, Grundsatz III: Neutralität und Grundsatz IV: Unabhängigkeit.

Humanität

Der Grundsatz der Humanität besagt, dass Menschen unter allen Umständen menschlich zu behandeln sind, d.h. Menschenleben müssen gerettet werden, menschliches Leiden muss gelindert werden, und in jedem Fall ist die Würde des Einzelnen zu wahren. Dies ist der wichtigste Grundsatz der humanitären Hilfe.

Unparteilichkeit

Die humanitäre Hilfe muss unparteilich handeln und darf nicht nach Kriterien der Volkszugehörigkeit, Rassenzugehörigkeit, Religionszugehörigkeit und der politischen Anschauungen geleistet werden. Einziges Kriterium ist die zu lindernde Not.

Unabhängigkeit

Die Organisationen der humanitären Hilfe müssen ihr Vorgehen unabhängig von Strategien und Maßnahmen jedweder Regierung formulieren und umsetzen.

Neutralität

Der Grundsatz der Neutralität besagt, dass es in Feindseligkeiten zu keiner Parteinahme kommen darf und dass die Hilfe unter keinen Umständen in Auseinandersetzungen politischer, rassischer, religiöser oder ideologischer Natur Stellung beziehen darf.

Die Resolution 46/182 der Generalversammlung der Vereinten Nationen nennt in ihrem Anhang die Grundsätze Neutralität, Humanität und Unparteilichkeit als Leitfaden für das Handeln der humanitären Hilfe.

FREIRAUM FÜR HUMANITÄRE AKTIONEN

Es handelt sich um den Freiraum, den die Akteure der humanitären Hilfe benötigen, um ungehinderten Zugang zu den Opfern zu haben um Nothilfe zu leisten und die Opfer schützen zu können, ohne die Sicherheit und das Leben der Hilfeleistenden zu gefährden.

DER HYOGO-AKTIONSRAHMEN

Im Januar 2005 haben die Vertreter von 168 Regierungen anlässlich der Weltkonferenz zur Katastrophenrisikominderung in Kobe (in der japanische Provinz Hyogo) einen Zehnjahresplan verabschiedet, demzufolge das Naturkatastrophenrisiko weltweit gemindert werden soll. Dieser Hyogo-Aktionsrahmen zeigt die allgemeinen Leitlinien für Katastrophenrisikominderungsanstrengungen in den nächsten zehn Jahren weltweit auf. Ziel ist es, die durch Naturkatastrophen verursachten Verluste an Menschenleben sowie an sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Mitteln und Werten in den betroffenen Gemeinwesen und Staaten bis 2015 wesentlich zu verringern.

VERKNÜPFUNG VON NOTHILFE, WIEDERAUFBAU UND ENTWICKLUNG (LRRD)

Die Verknüpfung von Nothilfe, Wiederaufbau und Entwicklung ist ein Konzept, hinter dem das Bemühen steht, die Eingangs- und Ausgangsstrategien der verschiedenen Akteure und Instrumente soweit abzustimmen, dass bei dem Übergang von einer Phase zur anderen keine Lücke entsteht. Soll diese Verknüpfung von Nothilfe, Wiederaufbau und Entwicklung erfolgreich sein, so erfordert sie eine Planung der Hilfe, die vorausschauend vorgeht und vom ersten Moment an spätere Stufen des Prozesses wie beispielsweise die Ablösung von Nothilfe- und Wiederaufbauinstrumenten durch entwicklungspolitische Instrumente vorwegnehmend in Rechnung stellt.

DIE LEITLINIEN VON OSLO UND DIE LEITLINIEN FÜR DEN EINSATZ VON MITTELN DES MILITÄRS UND ZIVILSCHUTZES

Mit den Leitlinien von Oslo und den Leitlinien für den Einsatz von Mitteln des Militärs und Zivilschutzes ist die Absicht verbunden, die Unparteilichkeit und Neutralität der humanitären Maßnahmen auch dann zu gewährleisten, wenn Mittel des Militärs bzw. des Zivilschutzes für die Durchführung humanitärer Maßnahmen herangezogen werden. Bei den Leitlinien geht es vor allem darum, einen festen Rahmen zur formalen Regelung des Einsatzes ausländischer Mittel des Militärs und Zivilschutzes in der internationalen Katastrophenhilfe zu schaffen und die Wirksamkeit dieses Einsatzes zu verbessern.

Die Leitlinien von Oslo beziehen sich auf den Einsatz von Mitteln des Militärs und des Zivilschutzes bei der Unterstützung humanitärer Maßnahmen der Vereinten Nationen im Zusammenhang mit Naturkatastrophen . Dagegen dienen die Leitlinien für den Einsatz von Mitteln des Militärs und Zivilschutzes der Unterstützung der humanitären Maßnahmen der Vereinten Nationen in komplexen Notsituationen (in Konfliktregionen) .

SCHUTZVERPFLICHTUNG

Resolution 60/1 vom 24. Oktober 2005 der Generalversammlung der Vereinten Nationen fordert für „jeden einzelnen Staat die Pflicht, sein Volk vor Völkermord, Kriegsverbrechen, ethnischer Säuberung und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu schützen“. Darin ist ferner vorgesehen, dass „die internationale Völkergemeinschaft im Rahmen der Vereinten Nationen verpflichtet ist, im Einklang mit Kapitel VI und VII der Charta zum Schutz der Völker vor Völkermord, Kriegsverbrechen, ethnischer Säuberung und Verbrechen gegen die Menschlichkeit geeignete diplomatische, humanitäre und sonstige friedliche Mittel einzusetzen“. Ferner verweist die Resolution für den Fall, dass friedliche Mittel nicht ausreichen, auf die Möglichkeit, auf Kapitel VII der Charta zurückzugreifen.

[1] Unterstrichene Begriffe sind im Glossar im Anhang definiert.

[2] “Der Europäische Konsens" (ABl. C 46 vom 24.2.2006).

[3] Vgl. Arbeitsdokument der Kommissionsdienststellen SEK(2007) 781: Krisenseinsätze.

[4] Vgl. Arbeitsdokument der Kommissionsdienststellen SEK(2007) 782: Bericht zu den mit Blick auf einen Konsens zur Europäischen Strategie der humanitären Hilfe geführten Konsultationen.

[5] "Leitlinien der Europäischen Union zur Förderung der Einhaltung der Normen des humanitären Völkerrechts" (ABl. C 327 vom 23.12.2005, S. 4).

[6] Nach Auskunft des Erfassungssystems der VN (UN-OCHA).

[7] Empfänger direkter und indirekter EG-finanzierter humanitärer Hilfe.

[8] U. a. der Verhaltenskodex des Internationalen Roten Kreuzes, der Rot-Kreuz-Bewegung und der regierungsunabhängigen Organisationen für die Durchführung von Katastrophennothilfeprogrammen (1994) und die "Charta der Humanitären Hilfe" und Mindeststandards (SPHERE).

[9] Vgl. dazu Sonderbericht 3/2006 der ERH zur Tsunami-Nothilfe der Europäischen Kommission.

[10] Mit Ratsbeschluss 2001/792/EG wurde der gemeinschaftliche Mechanismus für Interventionen innerhalb und außerhalb der EU eingeführt.

[11] Der Europäische Konsens zur Entwicklung verpflichtet die EU darauf, Nothilfe, Wiederaufbau und langfristige Entwicklung miteinander zu verknüpfen.

[12] Dies entspricht den Zielen der Kommissionsmitteilung: „Europa und die Welt – praktische Vorschläge zur Steigerung der Kohärenz, Wirksamkeit und Wahrnehmbarkeit“ - KOM(2006) 278 vom 8.6.2006.

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