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Document 32008D0716

2008/716/EG: Entscheidung der Kommission vom 2. April 2008 über die von Frankreich gewährte Staatliche Beihilfe C 38/07 (vormals NN 45/07) zugunsten von Arbel Fauvet Rail SA (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2008) 1089) (Text von Bedeutung für den EWR)

ABl. L 238 vom 5.9.2008, p. 27–32 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

Legal status of the document No longer in force, Date of end of validity: 30/07/2015; Aufgehoben durch 32015D1321 Das Ende des Gültigkeitszeitraums richtet sich nach dem Datum der Veröffentlichung des aufhebenden Rechtsakts, der am Datum der Bekanntgabe wirksam wird. Der aufhebende Rechtsakt wurde bekannt gegeben, doch das Datum der Bekanntgabe ist auf EUR-Lex nicht verfügbar, sodass stattdessen das Datum der Veröffentlichung verwendet wird.

ELI: http://data.europa.eu/eli/dec/2008/716/oj

5.9.2008   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 238/27


ENTSCHEIDUNG DER KOMMISSION

vom 2. April 2008

über die von Frankreich gewährte Staatliche Beihilfe C 38/07 (vormals NN 45/07) zugunsten von Arbel Fauvet Rail SA

(Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2008) 1089)

(Nur der französische Text ist verbindlich)

(Text von Bedeutung für den EWR)

(2008/716/EG)

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 88 Absatz 2 Unterabsatz 1,

gestützt auf das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum, insbesondere auf Artikel 62 Absatz 1 Buchstabe a,

nach Aufforderung der Beteiligten zur Abgabe einer Stellungnahme gemäß den genannten Artikeln (1),

in Erwägung nachstehender Gründe:

1.   VERFAHREN

(1)

Im Wege einer Beschwerde wurde die Kommission über bestimmte Stützungsmaßnahmen informiert, die Frankreich zugunsten des Unternehmens Arbel Fauvet Rail („AFR“) durchgeführt hat. Mit Schreiben vom 28. Januar 2006, 25. Oktober 2006, 30. Januar 2007 und 6. Juni 2007 übermittelte Frankreich ergänzende Informationen.

(2)

Mit Schreiben vom 12. September 2007 informierte die Kommission Frankreich über ihre Entscheidung, in Bezug auf diese Beihilfe das förmliche Prüfverfahren gemäß Artikel 88 Absatz 2 EG-Vertrag einzuleiten.

(3)

Frankreich nahm mit Schreiben vom 12. Oktober 2007 sowie vom 18. und 19. Dezember 2007 Stellung.

(4)

Die Entscheidung der Kommission über die Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens wurde im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht (2). Die Kommission forderte die Beteiligten auf, zu der in Rede stehenden Beihilfe Stellung zu nehmen.

(5)

Es gingen keine Stellungnahmen bei der Kommission ein.

2.   BESCHREIBUNG DER BEIHILFE

2.1.   Das begünstigte Unternehmen

(6)

AFR ist ein auf Güterwagen und Flüssigkeits-Container spezialisierter Eisenbahnmaterialhersteller. Das Unternehmen ist einer der größten Fabrikanten auf dem europäischen Markt für Schienenfahrzeuge. Es ist im nordfranzösischen Douai ansässig und beschäftigt zurzeit rund 265 Mitarbeiter.

(7)

Im Jahr 2005 stand AFR zu 100 % im Eigentum des Unternehmens Arbel SA (3). AFR beschäftigte damals rund 330 Mitarbeiter.

(8)

Die Geschäftsergebnisse von AFR waren über mehrere Jahre hinweg negativ. Die wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Unternehmens nahmen ab dem Jahr 2001 zu. Dieser Trend verstärkte sich in den Jahren 2002 bis 2005 weiter. Die folgende Tabelle enthält einige wichtige Kennzahlen von AFR in der Zeit vor der Gewährung der Beihilfe:

(in EUR)

 

Zum 31.12.2004

Zum 31.12.2003

Zum 31.12.2002

Zum 31.12.2001

Umsatz

22 700 000

42 700 000

42 000 000

70 000 000

Nettoergebnis

–11 589 620

–14 270 634

–2 083 746

–10 500 000

Eigenkapital

–21 090 000

–23 000 000

–8 700 000

–6 600 000

2.2.   Die Stützungsmaßnahmen

(9)

Am 4. Juli 2005 gewährten die Region Nord-Pas-de-Calais und der Gemeindeverband Douaisis (Communauté d’agglomération du Douaisis) AFR gemeinsam einen rückzahlbaren Vorschuss von jeweils 1 Mio. EUR, d. h. insgesamt 2 Mio. EUR.

(10)

Nach Angaben der französischen Behörden wurden die beiden Vorschüsse zu folgenden Bedingungen gewährt:

Der rückzahlbare Vorschuss der Region wurde zu einem Jahreszinssatz von 4,08 % (zum Zeitpunkt der Gewährung geltender Referenzsatz der Gemeinschaft) gewährt und war an die Bedingung gebunden, dass AFR den in Arbeit befindlichen Finanzierungsplan fertig stellte. Der Vorschuss war in halbjährlichen Tranchen über einen Zeitraum von drei Jahren ab dem 1. Januar 2006 zurückzuzahlen. Nach Informationen der Kommission ist er noch nicht vollständig zurückgezahlt.

Der Vorschuss des Gemeindeverbands Douaisis wurde zu einem Jahreszins von 4,08 % (zum Zeitpunkt der Gewährung geltender Referenzsatz der Gemeinschaft) gewährt und war an die Bedingungen gebunden, dass der rückzahlbare Vorschuss der Region zu denselben Bedingungen ausgezahlt wurde und der Beweis über den unwiderruflichen Zusammenschluss von AFR und Lormafer, einem anderen von der Arbel SA kontrollierten Unternehmen, erbracht wurde. Dieser Vorschuss war ebenfalls innerhalb von drei Jahren ab dem 1. Januar 2006 in halbjährlichen Tranchen zurückzuzahlen.

3.   GRÜNDE FÜR DIE EINLEITUNG DES FÖRMLICHEN PRÜFVERFAHRENS

(11)

In ihrer Entscheidung, das Verfahren einzuleiten, vertrat die Kommission die Auffassung, dass die rückzahlbaren Vorschüsse staatliche Beihilfen im Sinne des Artikels 87 Absatz 1 EG-Vertrag bilden. Dazu stellte die Kommission insbesondere fest, dass die Maßnahmen AFR einen Vorteil verschafften, da das Unternehmen angesichts seiner finanziellen Situation nicht in der Lage gewesen wäre, auf dem Finanzmarkt zu ebenso günstigen Bedingungen Mittel aufzunehmen.

(12)

Die Kommission vertrat ferner die Ansicht, dass AFR ein Unternehmen in Schwierigkeiten im Sinne der Leitlinien der Gemeinschaft für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten (nachfolgend „Leitlinien“) (4) und die Vereinbarkeit der Beihilfe daher anhand dieser Leitlinien zu bewerten ist. Nach Auffassung der Kommission bestand Anlass, daran zu zweifeln, dass die gewährte Beihilfe nach Maßgabe der Leitlinien mit dem gemeinsamen Markt vereinbar ist.

4.   STELLUNGNAHME FRANKREICH

(13)

Die französischen Behörden machten geltend, dass AFR sich in der Zeit, in der die rückzahlbaren Vorschüsse gewährt und ausgezahlt wurden (d. h. im Juli und im zweiten Halbjahr 2005), zwar in einer schwierigen Phase befunden, aber stets das Vertrauen seiner Kunden und Banken besessen habe.

(14)

Zur Unterstützung ihrer Angaben machten die französischen Behörden folgende Elemente geltend, die sie als „Vertrauensbeweise“ der Kunden und Banken gegenüber AFR bezeichneten:

[…] (5) hat eine Erhöhung des Überziehungskredits von AFR um 2 Mio. EUR (garantiert von […]) genehmigt.

AFR hat von seinen Kunden Anzahlungen in Höhe von 7 Mio. EUR erhalten (garantiert von […] (5)), zu denen im Januar 2006 weitere Anzahlungen in Höhe von 4 Mio. EUR hinzukamen.

Das Unternehmen verfügte in derselben Zeit über „Lieferantengarantien“ in Höhe von 4 Mio. EUR von […] (5).

(15)

Zur Unterstützung ihrer Stellungnahme haben die französischen Behörden Unterlagen vorgelegt, aus denen insbesondere Folgendes hervorgeht:

Der Zinssatz des Überziehungskredits lag zum 1. Juli 2005 bei 4,4199 %.

Der Umfang der verschiedenen Garantien (Lieferantengarantien, Auftragsbürgschaften, Finanzgarantien), die […] (5) zugunsten von AFR gewährt hat, lag zum 6. Mai 2005 bei 29 Mio. EUR.

5.   WÜRDIGUNG DER BEIHILFE NACH MASSGABE VON ARTIKEL 87 EG-VERTRAG

5.1.   Vorliegen einer staatlichen Beihilfe

5.1.1.   Staatliche Mittel

(16)

In Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag heißt es: „Soweit in diesem Vertrag nicht etwas anderes bestimmt ist, sind staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen.“

(17)

In Bezug auf die rückzahlbaren Vorschüsse stellt die Kommission Folgendes fest:

(18)

Artikel 87 EG-Vertrag bezieht sich nicht nur auf die von den nationalen Regierungen der Mitgliedstaaten gewährten Beihilfen, sondern auch auf die Beihilfen von Gebietskörperschaften wie der Region Nord-Pas-de-Calais oder den Gemeinden des Gemeindeverbands Douaisis. Die Mittel dieser Gebietskörperschaften sind staatliche Mittel und ihre Entscheidung, AFR die in Rede stehenden Vorschüsse zu gewähren, ist dem Staat zuzurechnen.

5.1.2.   Beihilfen, die bestimmte Unternehmen begünstigen

(19)

Die Vorschüsse wurden gewährt, als AFR sich in einer heiklen finanziellen Lage befand. In der Entscheidung zur Einleitung des Verfahrens vertrat die Kommission die Auffassung, dass AFR angesichts seiner aus Erwägungsgrund 8 hervorgehenden wirtschaftlichen Situation zum Zeitpunkt der Gewährung der Beihilfe ein Unternehmen in Schwierigkeiten im Sinne der Leitlinien war. Die Kommission machte ferner geltend, dass die Vorschüsse ohne jede Sicherheit zur Gewährleistung ihrer Rückzahlung gewährt worden waren, wohingegen die angewandten Zinssätze dem Zins für „mit den üblichen Sicherheiten versehene Darlehen“ entsprechen (6). Nach Auffassung der Kommission wäre AFR angesichts seiner finanziellen Situation mit Sicherheit nicht in der Lage gewesen, auf dem Kreditmarkt zu so günstigen Bedingungen Mittel aufzunehmen. Daher stellen die in Rede stehenden Vorschüsse einen Vorteil zugunsten von AFR dar.

(20)

Dazu ist anzumerken, dass die französischen Behörden unter Berufung auf die in Erwägungsgrund 14 genannten Beispiele geltend gemacht haben, dass AFR zum Zeitpunkt der Gewährung der Beihilfe noch das Vertrauen seiner Banken und Kunden genoss. Nach Verständnis der Kommission bestreitet Frankreich damit, dass es AFR nicht möglich gewesen wäre, auf dem Kreditmarkt Mittel zu vergleichbaren Bedingungen aufzunehmen (beziehungsweise dass die rückzahlbaren Vorschüsse AFR einen Vorteil verschafft haben) und dass AFR zum Zeitpunkt der Gewährung der rückzahlbaren Vorschüsse ein Unternehmen in Schwierigkeiten im Sinne der Leitlinien war.

(21)

Die Anmerkungen Frankreichs ändern jedoch aus folgenden Gründen nichts an der Analyse, die der Einleitungsentscheidung zugrunde liegt:

(22)

Die von den französischen Behörden angeführten Kreditbeispiele (insbesondere die Überziehungsgenehmigung und die Anzahlungen der Kunden) sind nicht mit den rückzahlbaren Vorschüssen vergleichbar. Ein Überziehungskredit ist ein sehr kurzfristiger Kredit, während die Vorschüsse über drei Jahre zurückzuzahlen sind. Für diese verschiedenen Kreditarten führen die Geldgeber daher nicht dieselben Risikoanalysen durch, und von der Tatsache, dass ein Schuldner einen kurzfristigen Kredit erhält, kann nicht darauf geschlossen werden, dass er auch in der Lage ist, ein längerfristiges Darlehen zu erlangen, dessen Rückzahlung von seiner Existenzfähigkeit abhängt.

(23)

Im Hinblick auf die Anzahlungen der Kunden stellt die Kommission fest, dass sie bei […] (5), einer unabhängigen Einrichtung, rückgedeckt waren, so dass die Kunden und Lieferanten im Hinblick auf die finanzielle Situation von AFR kein Risiko eingingen und daher keinen Grund hatten, die Bonität des Unternehmens vor der Leistung der Anzahlungen so gründlich zu prüfen, wie es ein Gläubiger getan hätte, der ein unbesichertes Darlehen zu gewähren beabsichtigte.

(24)

Daher lässt die Stellungnahme Frankreichs den Schluss zu, dass AFR in der Lage gewesen wäre, auf dem Kreditmarkt zu vergleichbaren Bedingungen Mittel aufzunehmen.

5.1.3.   Unternehmen in Schwierigkeiten

(25)

Im Hinblick auf die Einstufung von AFR als Unternehmen in Schwierigkeiten im Sinne der Leitlinien stellt die Kommission Folgendes fest:

(26)

Aus Randnummer 10 Buchstabe a der Leitlinien geht hervor, dass ein Unternehmen sich in Schwierigkeiten befindet, wenn mehr als die Hälfte des gezeichneten Kapitals verschwunden und mehr als ein Viertel dieses Kapitals während der letzten zwölf Monate verloren gegangen ist. Diese Bestimmung basiert auf der Annahme, dass ein Unternehmen mit einem massiven Verlust an gezeichnetem Kapital nicht in der Lage sein wird, Verluste aufzufangen, die es auf kurze oder mittlere Sicht so gut wie sicher in den wirtschaftlichen Untergang treiben werden. Nach Ansicht der Kommission gilt diese Annahme noch viel mehr für ein Unternehmen, dass sein gesamtes gezeichnetes Kapital verloren hat und ein negatives Eigenkapital aufweist.

(27)

Wie aus den in Erwägungsgrund 8 aufgeführten Finanzdaten (die von Frankreich im Rahmen des förmlichen Prüfverfahrens nicht angefochten worden sind) hervorgeht, hatte AFR seit 2001 ein negatives Eigenkapital und war zum Zeitpunkt der Gewährung der Beihilfe nicht in der Lage, wieder zu einem positiven Eigenkapital zurückzufinden. Deshalb war AFR zum Zeitpunkt der Gewährung der Beihilfe nach Ansicht der Kommission ein Unternehmen in Schwierigkeiten im Sinne der Randnummer 10 der Leitlinien.

(28)

Hilfsweise stellt die Kommission fest, dass AFR zum Zeitpunkt der Gewährung der Beihilfe auch der in Randnummer 11 der Leitlinien aufgeführten Definition eines Unternehmens in Schwierigkeiten entspricht. Gemäß Randnummer 11 kann ein Unternehmen auch als in Schwierigkeiten befindlich angesehen werden, wenn keine der in Randnummer 10 der Leitlinien genannten Voraussetzungen erfüllt ist. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die hierfür typischen Symptome auftreten, wie zunehmende Verluste und sinkende Umsätze. Randnummer 11 ist jedoch ebenfalls zu entnehmen, dass ein Unternehmen in Schwierigkeiten nur dann für eine Beihilfe in Betracht kommt, wenn es nachweislich nicht in der Lage ist, sich aus eigener Kraft oder mit Mitteln seiner Eigentümer/Anteilseigner oder mit Fremdmitteln zu sanieren. Daraus geht hervor, dass die Einstufung als Unternehmen in Schwierigkeiten unter Berücksichtigung aller relevanten Symptome erfolgen muss, wobei der Fähigkeit des Unternehmens, sich ohne staatliche Interventionen zu sanieren, ein wesentlicher Stellenwert beigemessen wird.

(29)

In diesem Zusammenhang stellt die Kommission fest, dass AFR (wie aus der Tabelle in Erwägungsgrund 8 hervorgeht) seit 2001 eine kontinuierliche Verringerung seines Umsatzes sowie fortlaufende Verluste hinnehmen musste. Gemäß Randnummer 11 der Leitlinien sind dies typische Symptome für ein Unternehmen in Schwierigkeiten. In ihrer Entscheidung zur Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens hatte die Kommission mit diesen Symptomen bereits ihre vorläufige Schlussfolgerung begründet, dass AFR ein Unternehmen in Schwierigkeiten war. Darüber hinaus ergibt sich die negative Entwicklung der finanziellen Situation von AFR aus der Tatsache, dass das Unternehmen ab Januar 2004 nicht mehr in der Lage war, Sozialabgaben und Steuerverbindlichkeiten in Höhe von 4,3 Mio. EUR rechtzeitig zu begleichen und daher gezwungen war, bei den zuständigen Behörden einen Zahlungsaufschub und die Erstellung eines Tilgungsplans zu beantragen.

(30)

Die einzigen von Frankreich angeführten Elemente, die entgegengesetzte Anzeichen darstellen könnten, sind die AFR gewährten Kredite (Überziehungskredit und Vorschüsse) sowie die Tatsache, dass AFR über bestimmte Garantien von […] (5) verfügte. Nach Ansicht der Kommission ist diesen Anzeichen bei der nach Randnummer 11 dieser Leitlinien erforderlichen Prüfung, ob das Unternehmen in der Lage ist, sich mit auf dem Finanzmarkt aufgenommenen Mitteln zu sanieren, Rechnung zu tragen. In diesem Zusammenhang stellte die Kommission fest:

Aus der Tatsache, dass das Eigenkapital von AFR negativ war, ergibt sich, dass das Unternehmen nicht in der Lage war, seine Schwierigkeiten aus eigener Kraft auszuräumen.

Die französischen Behörden teilten mit, dass der Aktionär von AFR (Arbel SA) trotz seines Beitrags zur Unterstützung von AFR nicht in der Lage war, seine Tochtergesellschaft allein zu sanieren.

In Bezug auf die Fremdmittel ist schließlich festzustellen, dass die von Frankreich geltend gemachten Kredite und Garantien höchstens darauf schließen lassen, dass AFR nach wie vor eine bestimmte Fähigkeit besaß, kurzfristige Kredite in beschränkter Höhe aufzunehmen. Angesichts des Ausmaßes der Schwierigkeiten von AFR und insbesondere seines Eigenkapitalbedarfs kann auf der Grundlage der geltend gemachten Kredite jedoch nicht festgestellt werden, dass AFR seine Probleme mit einer Finanzierung durch Fremdmittel hätte ausräumen können.

(31)

Daher ist der Schluss zu ziehen, dass AFR sich zum Zeitpunkt der Gewährung der Beihilfe in großen finanziellen Schwierigkeiten befand, die seine Existenz auf kurze oder mittlere Sicht gefährdeten und die das Unternehmen ohne staatliche Interventionen nicht auffangen konnte.

(32)

Angesichts der vorstehenden Erwägungen und insbesondere der in Erwägungsgrund 8 aufgeführten Finanzkennzahlen vertritt die Kommission daher die Auffassung, dass AFR zum Zeitpunkt der Gewährung der rückzahlbaren Vorschüsse ein Unternehmen in Schwierigkeiten im Sinne der Randnummer 10 der Leitlinien und hilfsweise im Sinne der Randnummer 11 der Leitlinien war. Angesichts der Schwierigkeiten, mit denen AFR konfrontiert war, wäre AFR nach Ansicht der Kommission nicht in der Lage gewesen, zu ebenso günstigen Bedingungen Mittel auf dem Kreditmarkt aufzunehmen. Die in Rede stehenden Vorschüsse haben AFR somit einen Vorteil verschafft, da es sich zu Bedingungen finanzieren konnte, die günstiger waren als diejenigen, die es auf dem Kreditmarkt hätte erzielen können.

5.1.4.   Beeinträchtigung des Handels und des Wettbewerbs

(33)

Die rückzahlbaren Vorschüsse begünstigen AFR gegenüber anderen Unternehmen in vergleichbarer Situation, da sie ausschließlich AFR gewährt wurden.

(34)

Der Wirtschaftszweig der Eisenbahnmaterialherstellung ist dadurch gekennzeichnet, dass es mehrere europäische Akteure gibt und innergemeinschaftlicher Handel besteht. Daher könnte der AFR gewährte Vorteil den Wettbewerb und den Handel zwischen den Mitgliedstaaten verfälschen.

5.1.5.   Schlussfolgerung

(35)

Angesichts der vorstehenden Erwägungen vertritt die Kommission die Auffassung, dass die AFR gewährten rückzahlbaren Vorschüsse eine staatliche Beihilfe im Sinne des Artikels 87 Absatz 1 EG-Vertrag darstellen.

5.2.   Höhe der Beihilfe

(36)

Bei Beihilfen, die in Form von Krediten an Unternehmen in Schwierigkeiten gewährt werden, besteht das Beihilfeelement in der Differenz aus dem effektiv angewendeten Zinssatz und dem Zinssatz, den das begünstigte Unternehmen für einen Kredit zu Marktkonditionen hätte entrichten müssen (7).

(37)

In ihrer Mitteilung über die Methode der Festsetzung der Referenz- und Abzinsungssätze (6) stellt die Kommission fest, dass der Referenzsatz ein Mindestsatz ist, welcher in besonderen Risikofällen erhöht werden kann (z. B. Unternehmen in Schwierigkeiten, Mangel an üblicherweise von Banken geforderten Sicherheiten usw.), wobei der Zuschlag in derartigen Fällen bei 400 Basispunkten und sogar darüber liegen kann.

(38)

So vertrat die Kommission in der Sache Chemische Werke Piesteritz  (7) die Auffassung, dass bei einem Darlehen an ein Unternehmen in Schwierigkeiten ein Zuschlag von 400 Basispunkten gerechtfertigt ist. Die Kommission hat diese Einschätzung in der SacheBiria  (8) bestätigt und darauf hingewiesen, dass das durch das Fehlen von Sicherheiten bedingte Risiko einen weiteren Zuschlag von 400 Basispunkten rechtfertigt, so dass sich ein Aufschlag von insgesamt 800 Basispunkten ergibt. Die Kommission vertritt die Auffassung, dass die Umstände der in Rede stehenden Sache weitgehend mit denen der vorstehend genannten Fälle vergleichbar sind, insbesondere im Hinblick auf das Fehlen von Sicherheiten und das Ausmaß der vorhandenen Schwierigkeiten. Die Risiken, die mit den AFR gewährten rückzahlbaren Vorschüssen verbunden sind, können daher in derselben Weise gewürdigt werden.

(39)

Die staatliche Beihilfe, die die rückzahlbaren Vorschüsse darstellen, besteht somit aus der Differenz aus den für die rückzahlbaren Vorschüssen effektiv zu entrichtenden Zinsen und den Zinsen, die bei Anwendung des zum Zeitpunkt der Gewährung der Beihilfe geltenden Referenzsatzes zuzüglich 800 Basispunkten zu entrichten wären.

5.3.   Vereinbarkeit der Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt

(40)

Angesichts der in Erwägungsgrund 8 dargelegten wirtschaftlichen Situation von AFR zum Zeitpunkt der Gewährung der Beihilfe (negative Geschäftsergebnisse über mehrere Jahre, negatives Eigenkapital, sinkender Umsatz) vertritt die Kommission die Auffassung, dass AFR zum Zeitpunkt der Gewährung der rückzahlbaren Vorschüsse ein Unternehmen in Schwierigkeiten im Sinne der Leitlinien war. Aus den in den Erwägungsgründen 22 und 23 genannten Gründen hat die Stellungnahme Frankreichs auf diese Einschätzung keinen Einfluss.

(41)

Im Jahr 2005 gehörte AFR zu einem von der Holding Arbel SA kontrollierten Konzern. Neben der (aus AFR und Lormafer bestehenden) Eisenbahnsparte umfasste der Konzern eine „Bausparte“ mit auf den Bau von Fenstern für die Bauindustrie spezialisierten Unternehmen. Aus den Informationen, die die französischen Behörden vor der Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens übermittelt haben, geht jedoch hervor, dass AFR als einziges Konzernunternehmen von den Schwierigkeiten betroffen war, da seine Tätigkeit in keiner Weise mit der „Bausparte“ verbunden war. Darüber hinaus stellt die Kommission heraus, dass die Schwierigkeiten von AFR angesichts der schwachen Ergebnisse des Konzerns wohl zu gravierend waren, als dass der Konzern sie hätte bewältigen können. Die Kommission vertritt daher die Auffassung, dass AFR unbeschadet Randnummer 13 der Leitlinien trotz seiner Zugehörigkeit zu einer Gruppe für Rettungs- oder Umstrukturierungsbeihilfen in Frage kommen könnte.

(42)

Die Vereinbarkeit der Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt muss daher anhand der Leitlinien geprüft werden.

(43)

Die Kommission stellt fest, dass die in den Leitlinien festgelegten Voraussetzungen für die Vereinbarkeit von Umstrukturierungsbeihilfen mit dem Gemeinsamen Markt aus folgenden Gründen nicht erfüllt sind.

Die französischen Behörden haben ihr keinen Umstrukturierungsplan gemäß den Randnummern 34 bis 37 der Leitlinien vorgelegt.

Der Kommission sind keine Ausgleichsmaßnahmen bekannt, mit denen jede durch die Beihilfe möglicherweise verursachte unzumutbare Wettbewerbsverfälschung vermieden werden soll (Randnummern 38 bis 42 der Leitlinien).

(44)

Die Beihilfe erfüllt auch nicht die in den Leitlinien festgelegten Voraussetzungen für die Vereinbarkeit von Rettungsbeihilfen mit dem Gemeinsamen Markt, da die rückzahlbaren Vorschüsse für einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten gewährt wurden (vgl. Randnummer 25 der Leitlinien).

(45)

Diese Erwägungen genügen für die Schlussfolgerung, dass die Beihilfe nicht mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ist.

6.   SCHLUSSFOLGERUNG

Die Kommission stellt fest, dass Frankreich die in Rede stehende Beihilfe unter Verstoß gegen Artikel 88 Absatz 3 EG-Vertrag rechtswidrig gewährt hat. Da die Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar ist, muss Frankreich sie beenden und die bereits gewährten Beträge vom Begünstigten zurückfordern —

HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Die Beihilfe, die Frankreich der Arbel Fauvet Rail SA gewährt hat, ist nicht mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar.

Artikel 2

(1)   Frankreich ergreift alle notwendigen Maßnahmen, um die in Artikel 1 genannte, rechtswidrig zur Verfügung gestellte Beihilfe vom Begünstigten zurückzufordern.

(2)   Die Rückforderung der Beihilfe hat unverzüglich nach den nationalen Verfahren zu erfolgen, sofern diese die sofortige, tatsächliche Vollstreckung dieser Entscheidung ermöglichen. Die zurückzufordernde Beihilfe umfasst Zinsen, die von dem Zeitpunkt, zu dem die rechtswidrige Beihilfe dem Begünstigten zur Verfügung gestellt wurde, bis zur tatsächlichen Rückzahlung der Beihilfe zu entrichten sind.

(3)   Die Zinsen werden gemäß den Bestimmungen des Kapitels V der Verordnung (EG) Nr. 794/2004 der Kommission (9) nach der Zinseszinsformel berechnet.

(4)   Frankreich stellt mit dem Tag der Notifizierung dieser Entscheidung alle ausstehenden Zahlungen für die in Artikel 1 genannte Beihilfe ein.

Artikel 3

(1)   Frankreich stellt sicher, dass diese Entscheidung binnen vier Monaten nach ihrer Notifizierung umgesetzt wird.

(2)   Frankreich teilt der Kommission innerhalb von zwei Monaten nach Notifizierung dieser Entscheidung mit, welche Maßnahmen ergriffen wurden, um dieser Entscheidung nachzukommen und übermittelt ihr insbesondere Folgendes:

a)

Gesamtbetrag der Rückforderung (Hauptforderung und Zinsen);

b)

ausführliche Beschreibung der bereits getroffenen und der geplanten Maßnahmen zur Umsetzung dieser Entscheidung;

c)

Schriftstücke, mit denen der Begünstigte zur Rückzahlung der Beihilfe aufgefordert wurde.

(3)   Frankreich unterrichtet die Kommission über den Stand der Durchführung seiner Maßnahmen zur Umsetzung dieser Entscheidung, bis die Rückzahlung der in Artikel 1 genannten Beihilfe abgeschlossen ist. Auf einfache Aufforderung der Kommission teilt Frankreich mit, welche Maßnahmen es bereits getroffen hat bzw. plant, um diese Entscheidung umzusetzen, und in welcher Höhe der Begünstigte bereits Beihilfe und Zinsen zurückgezahlt hat.

Artikel 4

Diese Entscheidung ist an die Französische Republik gerichtet.

Brüssel, den 2. April 2008

Für die Kommission

Neelie KROES

Mitglied der Kommission


(1)  ABl. C 249 vom 24.10.2007, S. 17.

(2)  Vgl. Fußnote 1.

(3)  Am 29. Juni 2007 wurde AFR von dem Unternehmen IGF Industries übernommen. Es wurde in „IGF Industries — Arbel Fauvet Rail“ umbenannt.

(4)  ABl. C 244 vom 1.10.2004, S. 2.

(5)  Vertrauliche Angaben.

(6)  Vgl. die Mitteilung der Kommission über die Methode der Festsetzung der Referenz- und Abzinsungssätze (ABl. C 273 vom 9.9.1997, S. 3).

(7)  Vgl. die Entscheidung der Kommission vom 2. März 2005 in der Sache Chemische Werke Piesteritz (ABl. L 296 vom 12.11.2005, S. 19, Erwägungsgründe 107—108) und die Entscheidung der Kommission vom 24. Januar 2007 in der Sache C 38/2005 „Biria“ (ABl. L 183 vom 13.7.2007, S. 27, Erwägungsgrund 83 ff.).

(8)  Sache C 38/05, vgl. Fußnote 6 (Erwägungsgründe 83 bis 86).

(9)  ABl. L 140 vom 30.4.2004, S. 1


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