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Dokument 31999D0275

1999/275/EG: Entscheidung der Kommission vom 25. November 1998 über die staatliche Beihilfe Deutschlands zugunsten der Draiswerke GmbH (Text von Bedeutung für den EWR) [Bekanntgegeben unter Aktenzeichen K(1998) 3800]

UL L 108, 27.4.1999, S. 44-51 (ES, DA, DE, EL, EN, FR, IT, NL, PT, FI, SV)

Rechtlicher Status des Dokuments In Kraft

ELI: http://data.europa.eu/eli/dec/1999/275(1)/oj

31999D0275

1999/275/EG: Entscheidung der Kommission vom 25. November 1998 über die staatliche Beihilfe Deutschlands zugunsten der Draiswerke GmbH (Text von Bedeutung für den EWR) [Bekanntgegeben unter Aktenzeichen K(1998) 3800]

Amtsblatt Nr. L 108 vom 27/04/1999 S. 0044 - 0051


ENTSCHEIDUNG DER KOMMISSION

vom 25. November 1998

über die staatliche Beihilfe Deutschlands zugunsten der Draiswerke GmbH

(Bekanntgegeben unter Aktenzeichen K(1998) 3800)

(Nur der deutsche Text ist verbindlich)

(Text von Bedeutung für den EWR)

(1999/275/EG)

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN -

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 93 Absatz 2 Unterabsatz 1,

gestützt auf das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum, insbesondere auf Artikel 62 Absatz 1 Buchstabe a),

nach Aufforderung der Beteiligten zur Stellungnahme gemäß den vorgenannten Bestimmungen,

in Erwägung nachstehender Gründe:

1. VERFAHREN

Mit Schreiben vom 30. August 1996 unterrichtete Dänemark die Kommission über eine angebliche staatliche Beihilfe zugunsten der Draiswerke GmbH, Mannheim, (im folgenden Draiswerke) über die in einem Presseartikel der Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 8. August 1996 berichtet worden war. Mit Schreiben vom 26. September 1996 bat die Kommission Deutschland um Stellungnahme. Deutschland antwortete mit Schreiben vom 18. Februar 1997 und bestätigte, daß mehrere staatliche Transaktionen stattgefunden hatten. Die Kommission vertrat die Auffassung, daß diese Transaktionen eine nicht durch genehmigte Beihilferegelungen abgedeckte staatliche Beihilfe beinhalten könnten. Daher wurde die Sache am 19. März 1997 als "nichtnotifizierte Beihilfe" registriert. Mit Schreiben vom 21. März 1997 bat die Kommission Deutschland um die zur wettbewerbsrechtlichen Würdigung einer Umstrukturierungsbeihilfe erforderlichen Informationen. Deutschland antwortete darauf am 2. Juni 1997. Weitere Auskünfte wurden mit Schreiben vom 18. Juli 1997 angefordert, da wichtige Angaben nicht übermittelt worden waren. In dem Antwortschreiben Deutschlands vom 8. September 1997 wurden u. a. frühere Angaben zum Teil revidiert und eine weitere staatliche Transaktion erwähnt. Mit Schreiben vom 26. Januar 1998 bat die Kommission Deutschland um Klärung dieser Punkte. Deutschland antwortete darauf mit Schreiben vom 16. Februar 1998.

Mit Schreiben vom 25. März 1998 setzte die Kommission Deutschland über ihren Beschluß in Kenntnis, das Verfahren nach Artikel 93 Absatz 2 EG-Vertrag im Hinblick auf die nicht notifizierten Maßnahmen einzuleiten.

Die entsprechende Mitteilung der Kommission wurde im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften veröffentlicht(1). Die Kommission forderte die Beteiligten auf, ihr etwaige Stellungnahmen zu übermitteln. Es gingen keine Stellungnahmen von Beteiligten bei der Kommission ein.

2. DIE MASSNAHMEN IM EINZELNEN

Das Unternehmen hatte 1996 ernsthafte Liquiditätsprobleme. Die Stadt Mannheim vermittelte Verhandlungen zwischen Banken und Eigentümern, um die Geschäftstätigkeit des Unternehmens aufrechtzuerhalten. Die beteiligten Seiten beschlossen Umstrukturierungsmaßnahmen und wandten so die Eröffnung eines Konkursverfahrens ab. Im Beschluß zur Verfahrenseinleitung stellte die Kommission auf folgende Maßnahmen ab:

a) Im August 1996 stellte die Stadt Mannheim ein Darlehen in Höhe von 0,8 Mio. DEM (0,4 Mio. ECU) mit einer Laufzeit von zehn Monaten und zu einem Zinssatz von 5 % bereit.

b) Am 21. August 1996 gewährte die Landeskreditbank Baden-Württemberg (im folgenden "LAKRA" genannt) eine Ausfallbürgschaft von 50 % für 6 Mio. DEM (3 Mio. ECU). Die ursprünglich bis zum 30. Juni 1997 befristete Laufzeit wurde am 27. Juni 1997 um ein weiteres Jahr bis zum 30. Juni 1998 verlängert. Erhoben wurde ein Bürgschaftsantragsentgelt von 1 % sowie eine Gebühr von jährlich 0,5 % des aushaftenden Bürgschaftsbetrags.

c) Die Sparkasse Mannheim stellte Kredite bereit, die durch die vorgenannte Bürgschaft abgesichert wurden. Dabei handelte es sich um einen Kontokorrentkredit in Höhe von 4 Mio. DEM (2 Mio. ECU) mit einem Zinssatz von anfangs 8 % (derzeit 8,25 %) sowie einen Avalkredit über 2 Mio. DEM (1 Mio. ECU) mit einem Zinssatz von 1 %. Die Kredite der Sparkasse Mannheim wurden ursprünglich bis zum 30. Juni 1996 zur Verfügung gestellt, doch wurde ihre Laufzeit dann bis zum 30. Juni 1998 verlängert. Die Sparkasse Mannheim gehörte nicht zu den früheren Kreditgebern des Unternehmens.

d) Im August 1996 erwarb die Stadt Mannheim aus dem Privatbesitz der Altgesellschafter ein Grundstück mit einer Fläche von 5944 m2. Den Verkaufserlös von 1,2 Mio. DEM (0,6 Mio. ECU) ließen die Altgesellschafter dem Unternehmen als abschließenden Beitrag zur Umstrukturierung zufließen.

In ihrem Beschluß über die Verfahrenseinleitung vertrat die Kommission die Auffassung, mit den übermittelten Informationen habe Deutschland nicht aufgezeigt, daß die Umstrukturierungsmaßnahmen die in den Leitlinien für die Beurteilung von staatlichen Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten(2) (im folgenden Leitlinien der Gemeinschaft) festgelegten Voraussetzungen erfuellen. Nach Ansicht der Kommission war zunächst davon auszugehen, daß das Darlehen der Stadt Mannheim und die LAKRA-Bürgschaft staatliche Beihilfen im Sinne von Artikel 92 EG-Vertrag darstellen und unrechtmäßig waren, da sie nicht nach dem Verfahren des Artikels 93 Absatz 3 EG-Vertrag vorher angemeldet wurden. Außerdem stellte die Kommission fest, daß die Kredite der Sparkasse Mannheim und der beim Grundstückskauf gezahlte Preis Beihilfeelemente enthalten könnten.

3. STELLUNGNAHME DEUTSCHLANDS

Deutschland übermittelte seine Stellungnahme zu der Einleitung des Verfahrens durch die Kommission mit Schreiben vom 17. Juli 1998.

Deutschland wies darauf hin, daß es bereits ein im August 1996 erstelltes Gutachten der Deutschen Gesellschaft für Mittelstandsberatung mbH (DGM) vorgelegt habe. Das Umstrukturierungsprogramm diene dazu, die Sanierungswürdigkeit des Unternehmens unter Beweis zu stellen. Des weiteren lieferte Deutschland Angaben zu einem weiterreichenden Umstrukturierungskonzept (vom 16. Dezember 1996), ein umfassendes Unternehmenskonzept der Draiswerke (vom 20. Mai 1998), den Jahresabschluß 1997 der Draiswerke und Vorausschätzungen der monatlichen Liquidität sowie der Gewinn- und Verlustrechnung und der Bilanzentwicklung für die Jahre 1998 bis 2001. Nach Ansicht von Deutschland liegt nunmehr ein realistischer und kohärenter Umstrukturierungsplan vor.

Deutschland legte Schreiben der Banken der Draiswerke vor, nämlich der Deutschen Bank (vom 4. Juni 1998), der Dresdner Bank (vom 12. Juni 1998) und der Sparkasse Mannheim (vom 19. Juni 1998). In diesen Schreiben nahmen die Banken positiv zu den Zukunftsaussichten der Draiswerke Stellung.

Deutschland gab an, das Darlehen von 0,8 Mio. DEM (0,4 Mio. ECU) der Stadt Mannheim, das eine Laufzeit von zehn Monaten hatte, sei termingerecht mit Zinsen Ende Mai 1997 zurückgezahlt worden. Zwar befinde sich das Unternehmen in Schwierigkeiten, doch könne der Darlehensbetrag nicht als staatliche Beihilfe angesehen werden. Etwaige Zinsvorteile seien durch die de-minimis-Regel abgedeckt.

Die Bürgschaftsgewährung durch die LAKRA unterlag nach Angabe von Deutschland den Richtlinien für die Übernahme von Bürgschaften des Landes Baden-Württemberg für die gewerbliche Wirtschaft. Deutschland legte genaue Angaben über die Belegschaftsentwicklung in den Jahren 1996 bis 1998 vor und zeigte, daß das Unternehmen zum Zeitpunkt der Bürgschaftsverlängerung 279 Beschäftigte hatte, was unter der Schwelle von 300 Mitarbeitern liegt, zu der sich Deutschland bereit erklärt hatte, Bürgschaften einzeln zu notifizieren.

Deutschland führte aus, daß die Draiswerke das M& A-Unternehmen B. Metzler mit der Investorensuche beauftragt hätten, und legte einen Bericht von B. Metzler vom 23. Juni 1998 vor. Werde für das Unternehmen ein Neuinvestor gefunden, so sei dies einer Umstrukturierung zuträglich, stelle hierfür aber durchaus keine unabdingbare Voraussetzung dar.

Deutschland legte ein Schreiben der Sparkasse Mannheim vom 16. Juni 1998 vor, in dem diese angibt, sie habe bei der Kreditvergabe an die Draiswerke entsprechend dem Grundsatz des marktwirtschaftlich orientierten privaten Kapitalgebers gehandelt.

Deutschland äußerte die Auffassung, der Preis für das erworbene Grundstück enthalte keine Beihilfeelemente, und verwies auf das Verkehrswertgutachten des Gutachterausschusses für die Ermittlung von Grundstückswerten des Stadtkreises Mannheim.

Außerdem legte Deutschland im Rahmen seiner Stellungnahme Erklärungen der Draiswerke vom 30. Juni 1998 vor, in denen das Unternehmen seine Überzeugung äußert, daß die Umstrukturierung Erfolg habe.

4. WETTBEWERBSRECHTLICHE WÜRDIGUNG

Aufgrund der Angaben, die Deutschland ihr mit Schreiben vom 17. Juli 1998 hat zukommen lassen, hat die Kommission den Fall unter dem Gesichtspunkt des Wettbewerbsrechts geprüft.

4.1. Empfänger

Der Standort der Draiswerke GmbH ist Baden-Württemberg; er liegt nicht in einem Fördergebiet. 1996 beschäftigten die Draiswerke durchschnittlich 334 Mitarbeiter und erreichten einen Umsatz von 55 Mio. DEM (27,5 Mio. ECU) und eine Bilanzsumme zum Jahresende von 41 Mio. DEM (20,5 Mio. ECU). Nach der Definition in der Empfehlung der Kommission vom 3. April 1996 betreffend die Definition von kleinen und mittleren Unternehmen(3) handelte es sich um ein Großunternehmen, da die Beschäftigtenzahl über der Schwelle von 250 Mitarbeitern lag. Die Gesellschafteranteile wurden von den Altgesellschaftern, die ein und derselben Familie angehörten, 1996 an die Belegschaft veräußert.

Das Unternehmen produziert Spezialmaschinen in zwei Produktbereichen, nämlich der Dispergler- und Mikro-Naßmahltechnik sowie der Misch- und Reaktionstechnik. Beliefert werden die chemische Industrie, Beschichtungsunternehmen, die Nahrungsmittel und die Papierindustrie sowie die pharmazeutische Industrie, der Wasch- und Reinigungsmittelsektor sowie die Keramikbranche.

Das Unternehmen verzeichnete in der ersten Jahreshälfte 1996 schwere Verluste. Der Hauptkreditgeber verlor daraufhin das Vertrauen in das Unternehmen und kündigte zum 31. Juli 1996 seinen Kredit. Ein weiteres Kreditinstitut kündigte daraufhin ebenfalls seinen Kredit, so daß die Draiswerke zahlungsunfähig wurden. Zu diesem Zeitpunkt waren die Draiswerke also ein Unternehmen in Schwierigkeiten.

4.2. Staatliche Beihilfen

Die Draiswerke sind in zwei Teilmärkten der Spezialmaschinenbranche tätig, in denen es innerhalb des EWR eine Anzahl von Wettbewerbern gibt. Im Produktbereich der Dispergler- und Mikro-Naßmahltechnik, auf den annähernd 60 % des Umsatzes entfallen, sind die Hauptkonkurrenten der Draiswerke die schweizerische Bühler AG und die deutsche Erich NETZSCH GmbH Holding KG. Beide Wettbewerber sind mit Tochtergesellschaften in mehreren Mitgliedstaaten der Gemeinschaft vertreten. Beim zweiten Produktbereich, der Misch- und Reaktionstechnik, in dem etwa 40 % des Umsatzes erwirtschaftet werden, ist der Hauptkonkurrent die deutsche Gebrüder Lödige Maschinenbau GmbH, die ebenfalls in verschiedenen Mitgliedstaaten Tochtergesellschaften besitzt.

Das Darlehen der Stadt Mannheim und die Bürgschaft der LAKRA wurden von staatlichen Organen vergeben und damit aus staatlichen Mitteln finanziert. Beide Maßnahmen erfolgten in der Absicht, dem angeschlagenen Unternehmen die Weiterführung seiner Geschäftstätigkeit zu ermöglichen, so daß sie die Draiswerke gegenüber den Konkurrenten des Unternehmens begünstigten. Sie könnten daher die wirtschaftliche Stellung der Wettbewerber in anderen Mitgliedstaaten beeinträchtigen, weshalb es sich bei dem Darlehen der Stadt Mannheim und der LAKRA-Bürgschaft um eine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 92 Absatz 1 EG-Vertrag und Artikel 61 Absatz 1 EWR-Abkommen handelt, die den Wettbewerb verfälscht oder zu verfälschen droht.

Das Umstrukturierungsdarlehen der Stadt Mannheim wurde nicht im Rahmen einer genehmigten Regelung gewährt. Die Kommission kann nicht die Auffassung Deutschlands teilen, der Darlehensbetrag stelle keine Beihilfe dar und etwaige Zinsvorteile seien durch die de-minimis-Regelung abgedeckt. Nach der ständigen Entscheidungspraxis der Kommission ist der Darlehensbetrag in Höhe von 0,8 Mio. DEM (0,4 Mio. ECU) als staatliche Beihilfe anzusehen, da sich das Unternehmen in Schwierigkeiten befindet und das Darlehen auf den Finanzmärkten nicht hätte aufnehmen können. Entsprechend der Mitteilung der Kommission über "de-minimis"-Beihilfen(4) übersteigen die 0,8 Mio. DEM (0,4 Mio. ECU) die de-minimis-Schwelle von 100000 ECU während eines Dreijahreszeitraums. Darüber hinaus erinnert die Kommission Deutschland daran, daß das Darlehen zusammen mit anderen Umstrukturierungsbeihilfen und insbesondere der LAKRA-Bürgschaft kumuliert werden muß. Deutschland hätte also das Darlehen gemäß Artikel 93 Absatz 3 EG-Vertrag der Kommission melden müssen. Diesem Erfordernis ist Deutschland nicht nachgekommen, so daß die Maßnahme unrechtmäßig war.

Die in staatlichem Eigentum befindliche LAKRA gewährte ihre Bürgschaft auf der Grundlage der Richtlinien für die Übernahme von Bürgschaften des Landes Baden-Württemberg für die gewerbliche Wirtschaft. Diese Regelung war von der Kommission mit Schreiben vom 5. Juni 1984 genehmigt worden. Im Rahmen des Verfahrens in der Sache C 57/86 erklärte sich Deutschland mit Schreiben vom 6. Februar 1987 bereit, etwaige Bürgschaften, die nach dieser Regelung für Unternehmen in Schwierigkeiten mit mehr als 300 Beschäftigten übernommen werden, einzeln zu notifizieren. Dem Jahresabschluß des Unternehmens zufolge hatten die Draiswerke im Jahre 1996 eine Beschäftigtenzahl von 334. Die Kommission hätte also aufgrund von Artikel 93 Absatz 3 EG-Vertrag über die geplante Bürgschaftsvergabe unterrichtet werden müssen. Als die LAKRA die Bürgschaft im Juni 1997 verlängerte, betrug die Beschäftigtenzahl 279 und lag unter der 300-Mitarbeiter-Schwelle. Die Laufzeitverlängerung für die Bürgschaft ist jedoch der erstmaligen Bürgschaftsgewährung im Jahre 1996 zuzurechnen, als die Draiswerke noch mehr als 300 Beschäftigte hatten. Die Kommission kann daher nicht die Auffassung Deutschlands teilen, die Verlängerung der Bürgschaftsgewährung durch die LAKRA sei durch die Richtlinien für Übernahmen von Bürgschaften des Landes Baden-Württemberg für die gewerbliche Wirtschaft abgedeckt. Die Bürgschaftsverlängerung erforderte also ebenfalls eine Einzelnotifizierung im Sinne von Artikel 93 Absatz 3 EG-Vertrag. Diesen Erfordernissen ist Deutschland nicht nachgekommen, so daß sowohl die Gewährung als auch die Verlängerung der Bürgschaft unrechtmäßig waren.

Wie Deutschland darlegte, bildeten die Sparkasse Mannheim und die beiden anderen Kreditgeber der Draiswerke, die Deutsche Bank und die Dresdner Bank, ein Bankenkonsortium. Die Kredite wurden unter der Voraussetzung vergeben, daß alle drei Banken in Übereinstimmung miteinander handelten. So vergab die Sparkasse Mannheim die Darlehen unter der Bedingung, daß die beiden anderen Kreditinstitute ihre Kreditlinien wieder eröffneten. Auch knüpfte die Sparkasse Mannheim ihre weitere Kreditvergabe daran, daß die beiden anderen Banken ihre Kreditlinien verlängern und die wirtschaftlichen Aussichten der Draiswerke die Vergabe weiterer Mittel an das Unternehmen rechtfertigen(5). Außerdem stützte sich die Sparkasse Mannheim wie auch die beiden anderen Banken bei ihrer Kreditvergabe auf den Umstrukturierungsplan, den die Draiswerke und die Unternehmensberatungsfirma DGM aufgestellt hatten(6). Die Sparkasse Mannheim hat außerdem einen Vertreter im Beirat der Draiswerke, was ihr fundierte Kenntnisse über die finanzielle und strategische Lage des Unternehmens verschafft. Ferner wurden die Kredite der Sparkasse Mannheim über eine LAKRA-Bürgschaft gesichert. In Anbetracht dessen gelangte die Kommission zu der Auffassung, daß die Finanzierungstätigkeit der Sparkasse Mannheim mit dem Grundsatz des privaten Kapitalgebers übereinstimmt und keine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 92 EG-Vertrag darstellt.

Deutschland wies nach, daß der Preis von 1,2 Mio. DEM (0,6 Mio. ECU), den die Stadt Mannheim für das 5944 m2 große Grundstück an die Altgesellschafter zahlte, auf einem Gutachten des Ausschusses für die Ermittlung von Grundstückswerten des Stadtkreises Mannheim beruhte. Die Kommission überprüfte den ermittelten Wert und fand, daß das Verkehrswertgutachten den allgemeinen Regeln für die Grundstückswertermittlung entsprach. Außerdem stellte der Gutachterausschuß nicht den Sachwert, sondern den niedrigeren Ertragswert als Verkehrswert fest, so daß der Marktpreis also eher vorsichtig eingeschätzt wurde. In Anbetracht dessen gelangte die Kommission zu der Auffassung, daß der Preis marktgerecht ist und keine Beihilfeelemente im Sinne von Artikel 92 EG-Vertrag enthält.

4.3. Ausnahmeregelungen

In Artikel 92 Absatz 1 EG-Vertrag und Artikel 61 Absatz 1 EWR-Abkommen ist der Grundsatz niedergelegt, daß Beihilfen, die die in diesen Bestimmungen genannten Bedingungen erfuellen, mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar sind. In Artikel 92 Absätze 2 und 3 EG-Vertrag und Artikel 61 Absätze 2 und 3 EWR-Abkommen werden die Beihilfen aufgeführt, die als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden können. Die Kommission prüfte, ob staatliche Beihilfen in Höhe von 3,8 Mio. DEM (l,9 Mio. ECU), nämlich das Darlehen der Stadt Mannheim in Höhe von 0,8 Mio. DEM (0,4 Mio. ECU) und die 50%ige Bürgschaft der LAKRA für 6,0 Mio. DEM (3,0 Mio. ECU) im Rahmen einer dieser Ausnahmeregelungen als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden könnten.

Die Ausnahmeregelungen im Sinne von Artikel 92 Absatz 2 EG-Vertrag und Artikel 61 Absatz 2 EWR-Abkommen finden keine Anwendung, da es sich weder um Beihilfen sozialer Art an einzelne Verbraucher noch um Beihilfen zur Beseitigung von Schäden durch Naturkatastrophen noch um Beihilfen für die Wirtschaft bestimmter, durch die Teilung Deutschlands betroffener Gebiete der Bundesrepublik Deutschland handelt.

Die in Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe a) EG-Vertrag und Artikel 61 Absatz 3 Buchstabe a) EWR-Abkommen niedergelegten Ausnahmeregelungen und der regionale Aspekt der in Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c) EG-Vertrag und Artikel 61 Absatz 3 Buchstabe c) EWR-Abkommen niedergelegten Ausnahmeregelungen finden keine Anwendung, da das Unternehmen nicht in einem Fördergebiet liegt.

In bezug auf die in Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe b) EG-Vertrag und Artikel 61 Absatz 3 Buchstabe b) EWR-Abkommen niedergelegten Ausnahmeregelungen gelangte die Kommission zu der Auffassung, daß die fragliche Maßnahme die Kriterien nicht erfuellt, die die Kommission üblicherweise an Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse knüpft, und die Beihilfe auch nicht zur Behebung einer beträchtlichen Störung im Wirtschaftsleben eines Mitgliedstaates diente.

Auch die in Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe d) EG-Vertrag und Artikel 61 Absatz 3 Buchstabe d) EWR-Abkommen niedergelegten Ausnahmeregelungen finden keine Anwendung, da die Beihilfen nicht der Förderung der Kultur und der Erhaltung des kulturellen Erbes dienen.

Damit könnte lediglich der erste Teil der Ausnahmeregelungen, die in Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c) EG-Vertrag und Artikel 61 Absatz 3 Buchstabe c) EWR-Abkommen niedergelegt sind, Anwendung finden, wenn nämlich die Beihilfe zur Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige beiträgt, soweit dadurch die Handelsbedingungen nicht in einer Weise verändert werden, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft.

4.4. Die Leitlinien der Gemeinschaft

Die Draiswerke sind ein Unternehmen mit Schwierigkeiten. Das Darlehen der Stadt Mannheim und die LAKRA-Bürgschaft stellen Umstrukturierungsbeihilfen dar. In den Leitlinien der Gemeinschaft(7) wird dargelegt, unter welchen Voraussetzungen Umstrukturierungsbeihilfen als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden können.

Danach hat die Umstrukturierung im Rahmen eines realistischen, kohärenten und weitreichenden Plans zur Wiederherstellung der langfristigen Rentabilität des betreffenden Unternehmens innerhalb eines angemessenen Zeitraums auf der Grundlage realistischer Annahmen hinsichtlich seiner künftigen Betriebsbedingungen zu erfolgen. Umstrukturierungspläne haben unter anderem die Umstände zu berücksichtigen, die den Schwierigkeiten des Unternehmens zugrunde liegen, sowie Angebot und Nachfrage auf dem Markt der betreffenden Erzeugnisse und deren voraussichtliche Entwicklung und die besonderen Stärken und Schwächen des Unternehmens. Sie haben einen planmäßigen Übergang des Unternehmens zu einer langfristig tragfähigen neuen Struktur zu ermöglichen, die das Unternehmen in die Lage versetzt, aus eigener Kraft ohne weitere staatliche Unterstützung fortzubestehen.

Zur Umstrukturierung gehören in der Regel die Neuordnung und Rationalisierung der Tätigkeiten des Unternehmens auf einer effizienteren Grundlage, was normalerweise den Rückzug aus Tätigkeitsbereichen bedeutet, die nicht mehr rentabel sind oder bereits Verluste verursachen, sowie die Umstrukturierung derjenigen Tätigkeitsbereiche, die wieder wettbewerbsfähig werden können, und gegebenenfalls den Ausbau oder die Aufnahme neuer rentabler Aktivitäten. Die materielle Umstrukturierung muß in der Regel mit einer finanziellen Umstrukturierung einhergehen.

Nach Abschnitt 3 der Leitlinien der Gemeinschaft hat die Kommission insbesondere zu prüfen, ob die Umstrukturierung folgenden Bedingungen entspricht: erstens muß sie innerhalb eines angemessenen Zeitraums die langfristige Rentabilität des Unternehmens wiederherstellen; zweitens darf durch die Beihilfe der Wettbewerb nicht in unzumutbarer Weise verzerrt werden; und drittens muß zwischen Kosten und Nutzen der Umstrukturierung und der Beihilfe Verhältnismäßigkeit bestehen.

4.5. Langfristige Rentabilität

Mit Schreiben vom 17. Juli 1998 legte Deutschland einen realistischen, kohärenten und weitreichenden Umstrukturierungsplan vor, den die Draiswerke und die Unternehmensberatungsfirma DGM aufgestellt hatten. In dem Plan werden die den Schwierigkeiten des Unternehmens zugrundeliegenden Umstände berücksichtigt, insbesondere eine ungünstige Kostenstruktur, ungenügende Kostentransparenz und eine unsolide Finanzlage.

Zur Verbesserung der Kostenstruktur hatten die Draiswerke in erster Linie den Personalaufwand zu verringern, der 1996 nahezu 50 % des Umsatzes betrug. Wie im Umstrukturierungsplan vorgesehen, stimmten die Beschäftigten der Draiswerke einer erheblichen Kürzung der Stundenlöhne zu. Darüber hinaus verringerten die Draiswerke ihre Belegschaft um 62 Mitarbeiter. Aufgrund dessen lagen die Lohnkosten 1998 um 5,2 Mio. DEM (2,6 Mio. ECU) niedriger als im Jahr 1996, was einer Verringerung um 18 % entspricht. Darüber hinaus nahmen die Draiswerke mehrere Maßnahmen zur Erhöhung der Wirksamkeit der Produktionsabläufe vor.

Zur Verbesserung der Kostentransparenz modernisierten die Draiswerke in erheblichem Maße ihre Kostenrechnungs- und Kostenkontrollmethoden. Dies führte dazu, daß die Draiswerke auch den Produktbereich schlüsselfertige Anlagen aufgaben, die Angebotspalette verkleinerten und sich zu einer stärkeren Konzentration auf ihr Kerngeschäft entschlossen.

Die finanzielle Gesundung des Unternehmens wurde in erster Linie durch die Altgesellschafter, die Beschäftigten und Maßnahmen des Unternehmens finanziert. Die Altgesellschafter gaben Anfang August 1996 eine Nachrangigkeitserklärung für ein Gesellschafterdarlehen in Höhe von 7,2 Mio. DEM (3,6 Mio. ECU) ab. Gleichzeitig gab die Gustav Eirich KG, die sich im Eigentum der Alteigentümer befindet, eine Nachrangigkeitserklärung für ein Darlehen in Höhe von 2 Mio. DEM ( 1 Mio. ECU) ab. Außerdem führten die Altgesellschafter den Grundstückskauferlös in Höhe von 1,2 Mio. DEM (0,6 Mio. ECU) dem Unternehmen als abschließenden Umstrukturierungsbeitrag zu. Im November 1996 gewährten die Beschäftigten dem Unternehmen ein nachrangiges unverzinstes Darlehen in Höhe von 746000 DEM (373000 ECU). Auch gelang es den Draiswerken, ihre Forderungen aus Lieferungen und Leistungen von 17,8 Mio. DEM (8,9 Mio. ECU) Ende des Jahres 1996 auf 9,3 Mio. DEM (4,6 Mio. ECU) Ende des Jahres 1997 zu verringern. Der Umfang des Lagerbestands wurde im gleichen Zeitraum von 6,5 Mio. DEM (3,2 Mio. ECU) auf 3,5 Mio. DEM (l,7 Mio. ECU) herabgesetzt. Hinzu kam schließlich noch das Darlehen der Stadt Mannheim in Höhe von 0,8 Mio. DEM (0,4 Mio. ECU) und die 50%ige Bürgschaft der LAKRA für 6,0 Mio. DEM (3,0 Mio. ECU).

Die Umstrukturierung ging auch mit einer Änderung der Gesellschafter einher. Die Belegschaft übernahm das Unternehmen für 1 Deutsche Mark von den Alteigentümern. Zwei neue Geschäftsführer mit Erfahrungen in Umstrukturierungsfragen wurden bestellt. Die Geschäftsführung und die neuen Gesellschafter der Draiswerke entschlossen sich, einen strategischen Investor zu gewinnen. Mit der Investorensuche beauftragten die Draiswerke die Firma B. Metzler GmbH. Die Kommission nimmt zur Kenntnis, daß ein neuer Investor Deutschland zufolge die strategische Stellung des Unternehmens begünstigen würde, aber keine unabdingbare Voraussetzung für eine erfolgreiche Umstrukturierung darstellt.

Die Kommission prüfte die bis zum Jahre 2001 angestellten Vorausschätzungen für die Bilanzentwicklung, die Gewinn- und Verlustrechnung und die Liquiditätssituation, um zu beurteilen, ob die Umstrukturierungsmaßnahmen zur Wiederherstellung der Rentabilität der Draiswerke führen. Sie stellt fest, daß die Prognosen ausführlich dargestellt und die Ausgangsannahmen erläutert werden. Entsprechend der Strategie, Verluste machende Geschäftsbereiche aufzugeben und sich statt dessen auf die Kerntätigkeit der eigenen Firma zu konzentrieren, setzten die Draiswerke ihre Betriebsleistung im Jahre 1997 um mehr als 10 % gegenüber dem Vorjahr herab. Festzustellen ist, daß trotz der geringeren Betriebsleistung das Betriebsergebnis im Jahre 1997 bereits wieder positiv war. Das Unternehmensergebnis war in dem Jahr negativ, da materielle Umstrukturierungsmaßnahmen in Höhe von 4,7 Mio. DEM (2,4 Mio. ECU) vorgenommen wurden. Dem Umstrukturierungsplan nach werden die Draiswerke 1998 wieder die Gewinnzone erreichen. 1998 dürften die Draiswerke mit einem positiven Ergebnis von 1,2 Mio. DEM (0,6 Mio. ECU) aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit eine Umsatzrendite von 2,2 % erwirtschaften. Nach den Hochrechnungen erhöht sich der Unternehmensgewinn bis zum Jahre 2001 auf 8,8 Mio. DEM (4,4 Mio. ECU) (Umsatzrendite 12,8 %). Das würde bedeuten, daß das Unternehmen im Jahre 2001 hochrentabel und wettbewerbsfähig ist.

Bei den Hochrechnungen wird von einer Umsatzsteigerung von durchschnittlich 9 % pro Jahr bis zum Jahre 2001 und einer kontinuierlichen Verringerung des Personalaufwands bis auf 35 % des Umsatzes im Jahre 2001 ausgegangen, bei mehr oder weniger gleichbleibenden prozentuellen Anteilen aller anderen Aufwandsposten. Die Umstrukturierung wird somit in erster Linie über eine Verringerung des Personalaufwands, mit der bereits begonnen wurde, und Verbesserungen bei den Produktionsabläufen bewerkstelligt. Die Kommission hält diese Annahmen für optimistisch, aber für durchaus umsetzbar. Sie stellt außerdem fest, daß die Draiswerke eine genaue geographische Aufschlüsselung der Umsatzentwicklung für beide Unternehmensbereiche vorgelegt und aufgezeigt haben, daß sie ihre Umsatzerwartungen in Asien aufgrund der Wirtschaftskrise und der Währungsabwertungen erheblich zurückgeschraubt haben.

Das Unternehmen wird im Jahre 1998 immer noch mit einem negativen Wert für das Eigenkapital abschließen. In der Perspektive der Fortführung der Geschäftstätigkeit verfügt das Unternehmen nach Darstellung von Deutschland jedoch über erhebliche stille Reserven in Höhe von 16,8 Mio. DEM (8,4 Mio. ECU), wie von dem Wirtschaftsprüfungsunternehmen Schitag Ernst Young bestätigt worden ist. Daher waren die Draiswerke in der Lage, eine Konkurseröffnung zu vermeiden. Außerdem werden die Draiswerke laut Umstrukturierungsplan ihre künftigen Gewinne einbehalten. Damit wird sich das Eigenkapital bis zum Jahre 2001 auf 15,4 Mio. DEM (7,7 Mio. ECU) erhöhen (37,7 % im Verhältnis zur Bilanzsumme). Nach den Vorausschätzungen planen die Draiswerke bis zum Jahre 2001 keine erheblichen Investitionen. Sie wären daher in der Lage, ihre Verbindlichkeiten abzubauen, um bis zum Jahre 2001 eine solide Finanzlage zu erreichen.

Nach Auffassung der Kommission ergibt sich aus den Prognosen, daß die Draiswerke tragfähige langfristige Geschäftsaussichten besitzen und in der Lage sind, aus eigenen Kräften ohne weitere staatliche Hilfe zu operieren.

Die folgenden Tabellen bieten einen Überblick über die wichtigsten Größen, auf die sich die Beurteilung der Kommission stützt:

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Die Kommission stellt fest, daß sich die Draiswerke dazu verpflichtet haben, den Umstrukturierungsplan umzusetzen.

Die Kommission stellt außerdem fest, daß die Banken der Draiswerke, nämlich die Deutsche Bank, die Dresdner Bank und die Sparkasse Mannheim, die Geschäftsaussichten der Draiswerke günstig beurteilt und sich bereit erklärt haben, die Draiswerke mit Krediten zu versorgen.

4.6. Keine unzumutbare Wettbewerbsverfälschung

Die Kommission hat geprüft, ob Maßnahmen ergriffen werden müssen, um nachteilige Auswirkungen der Umstrukturierungsbeihilfe auf die Wettbewerber auszugleichen.

Die Umstrukturierungsbeihilfe in Form eines Darlehens der Stadt Mannheim und der LAKRA-Bürgschaft kann sich in zweierlei Hinsicht verzerrend auf den Wettbewerb auswirken. Ihr erster Markteffekt liegt darin, daß die Draiswerke ihre Geschäftstätigkeit fortführen. Zweitens könnte die Umstrukturierungsbeihilfe bedeuten, daß die Draiswerke ihren Finanzaufwand verringern.

Bei der Beurteilung des ersten Aspekts stützte sich die Kommission auf ihr vorliegende Marktdaten und den von Deutschland vorgelegten Marktbericht. Im ersten Produktbereich, der Dispergler- und Mikro-Naßmahltechnik, wird mit einer Ausweitung der Nachfrage in den nächsten Jahren gerechnet. Im zweiten Produktbereich, der Misch- und Reaktionstechnik, hängt die Nachfrage in hohem Maße von den Investitionen der chemischen Industrie ab, so daß auch hier gute Wachstumschancen bestehen. In keinem der beiden Produktbereiche waren Überkapazitäten festzustellen. Diese Einschätzung entspricht dem Umstand, daß sich kein Beteiligter geäußert hat. Wie in Nummer 3.2.2. Ziffer ii) der Leitlinien der Gemeinschaft ausgeführt wird, verlangt die Kommission normalerweise keinen Kapazitätsabbau als Gegenleistung für die Beihilfe, wenn auf dem relevanten Markt der Gemeinschaft, auf dem der Beihilfeempfänger tätig ist, keine strukturellen Überkapazitäten bestehen.

Auch ist festzustellen, daß die Draiswerke bestimmte Geschäftsbereiche aufgegeben und die Produktpalette verkleinert haben. In Rechnung zu stellen ist des weiteren, daß die Draiswerke, die gegenwärtig zu den KMU zählen, auf dem relevanten Markt einen kleinen Marktanteil besitzen und ihre Hauptkonkurrenten, nämlich die Bühler AG, die Erich NETZSCH GmbH Holding KG und die Gebrüder Lödige Maschinenbau GmbH nach Umsatz und Beschäftigtenzahl sehr viel größer sind als die Draiswerke.

Was den zweiten Aspekt, die mögliche Verringerung des Finanzaufwands, anbetrifft, so stellt die Kommission fest, daß die Draiswerke für das Darlehen von 0,8 Mio. DEM (0,4 Mio. ECU), das die Stadt Mannheim für zehn Monate gewährte, 5 % Zinsen zahlten. Dieser Zinssatz lag unter dem Referenzzinssatz, der 1996 für Deutschland 6,7 % betrug. Damit würde sich der Vorteil der Draiswerke aus der niedrigeren Verzinsung des Darlehens der Stadt Mannheim auf 11000 DEM (5500 ECU) belaufen. Selbst wenn die Kommission den Darlehenszins mit der von der Sparkasse Mannheim geforderten höheren Verzinsung (8,25 %) vergleicht, ist der Vorteil des geringen Finanzaufwandes immer noch gering (21000 DEM oder 10500 ECU).

Für die 50-%-Bürgschaft der LAKRA zahlten die Draiswerke, wie die Kommission feststellt, ein Antragsentgelt von 1 % sowie eine Gebühr von jährlich 0,5 % des aushaltenden Bürgschaftsbetrags. Die 0,5-%-Gebühr kann man der 1%igen Verzinsung des Avalkredits von 2 Mio. DEM (1 Mio. ECU), den die Sparkasse Mannheim den Draiswerken zur Verfügung stellte, gegenüberstellen. Da die LAKRA und die Sparkasse Mannheim ein gleichhohes Risiko zu tragen haben, geht die Kommission davon aus, daß die LAKRA-Gebühr um 0,5 Prozentpunkte unter den marktüblichen Bedingungen liegt. Für die 22 Monate Laufzeit des Avalkredits führt dies zu einem Vorteil von 50000 DEM (25000 ECU) für die Draiswerke.

Der Darlehensbetrag von 0,8 Mio. DEM (0,4 Mio. ECU) und der von der Bürgschaft gedeckte Betrag von 3 Mio. DEM (1,5 Mio. ECU) (50 % von 6 Mio. DEM) stellen staatliche Beihilfen dar, da es sich um ein Unternehmen in Schwierigkeiten handelt, das ein solches Darlehen und eine solche Bürgschaft auf den Finanzmärkten nicht erhalten hätte. Nach Auffassung der Kommission sind die Vorteile aus dem Darlehen und der Bürgschaft in Form einer geringeren finanziellen Belastung gering (0,1 % des Umsatzes) und wirken sich nicht erheblich auf Betriebsaufwand und Rentabilität des Unternehmens aus. Darüber hinaus ist in Rechnung zu stellen, daß keine Überkapazitäten festzustellen sind, die Gesellschaft nur einen kleinen Marktanteil besitzt und bestimmte Geschäftsbereiche aufgegeben wurden. Die Kommission ist daher der Ansicht, daß keine Maßnahmen zum Ausgleich nachteiliger Auswirkungen der Beihilfe auf die Wettbewerber erforderlich sind.

4.7. Verhältnismäßigkeit

Die Kommission hat untersucht, ob sich die Beihilfe auf das für die Umstrukturierung notwendige Mindestmaß beschränkte.

Die Umstrukturierungsbeihilfe trug dazu bei, die durch schwere Verluste in den zurückliegenden Jahren bewirkte Liquiditätskrise der Draiswerke zu überwinden. 1995 hatten die Draiswerke bei ihrer gewöhnlichen Geschäftstätigkeit einen Verlust von 8,9 Mio. DEM (4,4 Mio. ECU) zu verzeichnen (in Höhe von 18 % des Umsatzes). 1996 betrug der Verlust 1,9 Mio. DEM (1,0 Mio. ECU) (3,3 % des Umsatzes). 1997 schlossen die Draiswerke mit einem Verlust von 4,3 Mio. DEM (2,2 Mio. ECU) ab, vor allem aufgrund der Kosten der materiellen Umstrukturierung in Höhe von etwa diesem Betrag. Durch die Verluste verloren die Draiswerke im Zeitraum 1995 bis 1997 annähernd 14 Mio. DEM (7,0 Mio. ECU) an Liquidität.

Aufgrund der Prüfung der Cash-flow-Berechnungen und Bilanzprognosen gelangt die Kommission zu der Beurteilung, daß das Darlehen der Stadt Mannheim in Höhe von 0,8 Mio. DEM (0,4 Mio. ECU) und die 50-%-Bürgschaft der LAKRA für die Kreditlinie der Sparkasse Mannheim in Höhe von 6 Mio. DEM (3 Mio. ECU) nicht zu einem Liquiditätsüberschuß führten, sondern sich auf das beschränkten, was notwendig war, um die Geschäftstätigkeit der Draiswerke zu erhalten und sie in die Lage zu versetzen, die erforderlichen Umstrukturierungsmaßnahmen zu finanzieren. Die Kommission weist erneut auf den Umstand hin, daß die Draiswerke die 0,8 Mio. DEM (0,4 Mio. ECU) nur für zehn Monate in Anspruch nahmen und das Darlehen im Juni 1997 zu einem Zeitpunkt zurückzahlten, als die Finanzlage des Unternehmens immer noch sehr schwach war; so war das Eigenkapital des Unternehmens noch immer negativ. Die bis Juni 1998 laufende Bürgschaft war erforderlich, um die Zwischenfinanzierung der laufenden Geschäftstätigkeit auf dem Finanzmarkt zu sichern. Dies war eine Voraussetzung für die Aufrechterhaltung der Geschäftstätigkeit.

Die Kommission berücksichtigt den Umstand, daß die Umstrukturierungsbeihilfe mit umfangreichen Kapitalzuführungen seitens der Altgesellschafter (in Höhe von 10,4 Mio. DEM, gleich 5,2 Mio. ECU) und der neuen Gesellschafter (in Höhe von 746000 DEM oder 373000 ECU) einherging. Sie erinnert daran, daß die Altgesellschafter Anfang August 1996 eine Nachrangigkeitserklärung für ein Gesellschafterdarlehen in Höhe von 7,2 Mio. DEM (3,6 Mio. ECU) abgaben und die ebenfalls im Besitz der Altgesellschafter befindliche Gustav Eirich KG eine Nachrangigkeitserklärung für ein Darlehen von 2 Mio. DEM (1 Mio. ECU) abgab. Darüber hinaus führten die Altgesellschafter den Grundstücksverkaufserlös von 1,2 Mio. DEM (0,6 Mio. ECU) dem Unternehmen als abschließenden Umstrukturierungsbeitrag zu. Im November 1996 gewährten die Mitarbeiter des Unternehmens, die die neuen Gesellschafter sind, dem Unternehmen ein nachrangiges und zinsfreies Darlehen von 746000 DEM (373000 ECU). Außerdem stimmte die Belegschaft einer erheblichen Lohnkürzung und einem Personalabbau zu, wodurch sich der Personalaufwand 1998 gegenüber dem Jahr 1996 um 5,2 Mio. DEM (2,6 Mio. ECU) verringerte.

Aufgrund dessen ist die Kommission der Ansicht, daß zwischen den staatlichen Beihilfen und den Umstrukturierungskosten sowie den Kapitalbeiträgen der Gesellschafter Verhältnismäßigkeit bestand.

5. SCHLUSSFOLGERUNGEN

Nach Auffassung der Kommission sind das Darlehen und die Bürgschaft unrechtmäßig gewährt worden, da gegen Artikel 93 Absatz 3 EG-Vertrag verstoßen wurde. Jedoch trägt die Kommission dem Umstand Rechnung, daß die Draiswerke zum ersten Mal eine Umstrukturierungshilfe erhielten und das Darlehen der Stadt Mannheim und die LAKRA-Bürgschaft den Bedingungen entsprechen, die in den Leitlinien der Gemeinschaft niedergelegt sind, nämlich daß durch die Umstrukturierungsbeihilfe innerhalb eines angemessenen Zeitraums die langfristige Rentabilität des Unternehmens wiederhergestellt wird, eine unzumutbare Wettbewerbsverfälschung nicht eintritt und zwischen Kosten und Nutzen der Umstrukturierung und der Beihilfe Verhältnismäßigkeit besteht.

Die Kommission gelangt deswegen zu dem Schluß, daß die staatlichen Beihilfen zur Entwicklung von Wirtschaftstätigkeiten beitrugen, die die Handelsbedingungen nicht in einer dem gemeinsamen Interesse zuwiderlaufenden Weise beeinträchtigen. Die Kommission hat daher entschieden, daß die staatlichen Beihilfen aufgrund des ersten Teils der in Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c) EG-Vertrag und Artikel 61 Absatz 3 Buchstabe c) EWR-Abkommen niedergelegten Ausnahmeregelung als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar anzusehen sind.

Die Kommission fordert Deutschland auf, ausführliche Jahresberichte vorzulegen, um darzulegen, daß der Umstrukturierungsplan ordnungsgemäß umgesetzt wird -

HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Die staatliche Beihilfe, die Deutschland den Draiswerken in Form eines Darlehens der Stadt Mannheim in Höhe von 0,8 Mio. DEM (0,4 Mio. ECU) und der 50-%-Bürgschaft der LAKRA gewährt hat, ist mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar.

Artikel 2

Deutschland legt der Kommission ausführliche Jahresberichte vor, aus denen hervorgeht, daß die Umstrukturierungspläne ordnungsgemäß umgesetzt werden.

Artikel 3

Diese Entscheidung ist an die Bundesrepublik Deutschland gerichtet.

Brüssel, den 25. November 1998

Für die Kommission

Karel VAN MIERT

Mitglied der Kommission

(1) ABl. C 207 vom 3.7.1998, S. 14.

(2) ABl. C 368 vom 23.12.1994, S. 12.

(3) ABl. L 107 vom 30.4.1996, S. 4.

(4) ABl. C 68 vom 6.3.1996, S. 9.

(5) In ihren Schreiben äußerten sich die Banken der Draiswerke positiv über die Zukunftsaussichten des Unternehmens.

(6) Wie noch ausgeführt wird, ist die Kommission der Auffassung, daß der Umstrukturierungsplan realistisch, kohärent und weitreichend ist und dazu dient, innerhalb eines angemessenen Zeitrahmens die langfristige Rentabilität des Unternehmens wiederherzustellen.

(7) Vgl. Fußnote 2.

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